Urteil des FG Niedersachsen vom 02.07.2013

FG Niedersachsen: landwirtschaftlicher betrieb, stille reserven, erbengemeinschaft, verpachtung, grundstück, tod, einspruch, einkünfte, rechtsnachfolger, pachtvertrag

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Keine Betriebsaufgabe durch Erbteilung verpachteter
Flächen
Wird landwirtschaftliches Betriebsvermögen eines Verpachtungsbetriebs im
Wege der Erbauseinandersetzung auf mehrere Miterben zu Alleineigentum
übertragen, führt dies jedenfalls dann nicht zu einer Betriebsaufgabe, wenn
jeder Erbe Flächen erhält, die die für einen landwirtschaftlichen Betrieb
erforderliche Mindestgröße übersteigen (Änderung der Rspr.).
Revision zugelassen
Niedersächsisches Finanzgericht 15. Senat, Urteil vom 02.07.2013, 15 K 265/11
§ 14 EStG, § 16 Abs 3 EStG
Tatbestand
Streitig ist, ob ein landwirtschaftlicher Betrieb im Streitjahr 2009 aufgegeben
wurde.
Der Kläger und die Beigeladene sind Geschwister und Erben ihrer 2009
verstorbenen Mutter (M). Deren 2002 verstorbener Ehemann (V) hatte einen
landwirtschaftlichen Betrieb bis zum Jahr 1992 selbst bewirtschaftet und ab dem
1. Juli 1992 verpachtet. M war nach dem Tod ihres Mannes dessen Alleinerbin.
Gegenstand des Pachtvertrags, der am 19. August 1992 - rückwirkend zum 1.
Juli 1992 - geschlossen wurde, waren die Grundstücke A (0,5003 ha), B (1,4777
ha) und C (1,6670 ha).
Der jährliche Pachtzins betrug 136 DM je Viertelhektar und war mit Teilbeträgen
zu jeweils 68 DM am 1. April und am 1. Oktober zu zahlen (§ 3 des
Pachtvertrags).
Der Pachtvertrag wurde für 9 Pachtjahre vom 1. Juli 1992 bis zum 30.
September 2001 geschlossen. Das Pachtverhältnis verlängerte sich auf
unbestimmte Zeit, wenn eine schriftliche Anfrage nach Maßgabe von § 2 des
Pachtvertrags nicht abgelehnt werde.
Mit Ergänzungspachtvertrag vom 12. November 1996 vereinbarten V und der
Pächter eine Verlängerung des Pachtverhältnisses bis zum 30. September
2006. Der Pachtpreis wurde auf 544 DM je Hektar (= 4 x 136 DM) jährlich
festgelegt.
Nach Ablauf des schriftlichen Pachtvertrags wurde das Pachtverhältnis aufgrund
mündlicher Absprachen unbefristet zu gleichen Pachtbedingungen fortgeführt.
Nicht Gegenstand des Pachtvertrags war das Betriebsgrundstück D (0,5186 ha),
auf dem sich u.a. die Hofstelle befand. Von diesem Grundstück wurde im Jahr
1995 eine Teilfläche von 694 m², die mit einem Wohnhaus bebaut war,
entnommen. Im Übrigen wurde das Grundstück für Eigenbedarf genutzt.
Anlässlich der Verpachtung des landwirtschaftlichen Betriebs erklärte V in einem
Fragebogen vom 24. August 1995, der Betrieb solle vorerst nicht aufgegeben
werden; er sei im Ganzen an einen Pächter verpachtet. Nicht mitverpachtet
seien die Wirtschaftsgebäude.
In einem am 16. Oktober 1992 errichteten notariellen Testament hatten sich die
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Eheleute V und M gegenseitig zu alleinigen Erben eingesetzt. Der Kläger und
die Beigeladene wurden als Erben nach dem Tod des zuletzt Versterbenden
bestimmt.
Hinsichtlich des Grundbesitzes wurde in dem notariellen Testament folgende
Teilungsanordnung getroffen: Die Beigeladene sollte die Grundstücke B (1,4777
ha) und C (1,6617 ha), der Kläger die Grundstücke D (0,5186 ha) und A (0,5003
ha) erhalten.
Die Einkünfte aus der Betriebsverpachtung wurden von den Eltern des Klägers
und der Beigeladenen als Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft erklärt. Eine
Betriebsaufgabeerklärung wurde nicht abgegeben. Zuletzt wurde eine
entsprechende Erklärung für das Jahr 2009 nach dem Tod der M im Jahr 2010
durch den Kläger und die Beigeladene abgegeben.
Mit notariellem Vertrag vom 2. Oktober 2009 setzten der Kläger und die
Beigeladene die Erbengemeinschaft entsprechend der Teilungsanordnung in
dem Testament vom 16. Oktober 1992 auseinander, indem die Beigeladene die
Grundstücke B und C zu Alleineigentum erhielt; der Kläger erhielt die
Grundstücke A und D ebenfalls zu Alleineigentum. In § 4 Abs. 1 des Vertrags
vereinbarten der Kläger und die Beigeladene, die Übergabe des übertragenen
Grundbesitzes gelte als am 19. Juni 2009 erfolgt. Auch vorhandene
Haushaltsgegenstände wurden zwischen dem Kläger und seiner Schwester
zeitnah nach dem Tod ihrer Mutter aufgeteilt.
Im Jahr 2009 zahlte der Pächter den Pachtzins in 2 Teilbeträgen im April und im
Oktober 2009. Die Zahlung im April 2009 erfolgte dabei noch an die Mutter des
Klägers, die Zahlung im Oktober 2009 an die Beigeladene. Seit dem Jahr 2010
erfolgt jeweils ein Teil der Pachtzahlung an den Kläger und an die Beigeladene
entsprechend der Größe der im jeweiligen Eigentum befindlichen
Pachtgrundstücke. Nach Abschluss der Erbauseinandersetzung baten der
Kläger und die Beigeladene den Pächter im Jahr 2010 jeweils um
entsprechende Überweisungen.
Der Kläger und die Beigeladene benannten die Beigeladene gegenüber dem
Beklagten als Empfangsbevollmächtigte der Erbengemeinschaft.
Der Beklagte war der Ansicht, durch den notariellen Vertrag vom 2. Oktober
2009 sei der landwirtschaftliche Betrieb rückwirkend zum 19. Juni 2009
zerschlagen worden. Für die Erbengemeinschaft sei deshalb ein
Aufgabegewinn zum 19. Juni 2009 zu ermitteln und die Wirtschaftsgüter des
Betriebsvermögens unter Aufdeckung der stillen Reserven in das jeweilige
Privatvermögen der Erben zu überführen.
Am 4. Oktober 2010 erließ der Beklagte einen Bescheid für 2009 über die
gesonderte und einheitliche Feststellung der Besteuerungsgrundlagen. Gegen
diesen Bescheid legte die Erbengemeinschaft am 15. Dezember 2010
Einspruch ein, da die Beigeladene als Empfangsbevollmächtigte der
Erbengemeinschaft einen Original-Bescheid vom 4. Oktober 2010 nicht erhalten
habe. Eine Kopie sei am 8. Dezember 2010 bekannt gegeben worden.
Mit Schreiben vom 18. März 2011 teilte der Beklagte mit, der Bescheid vom 4.
Oktober 2010 sei mangels Bekanntgabe nicht wirksam geworden. Die
Zusendung einer Kopie dieses Bescheids habe lediglich Informationscharakter.
Da noch kein wirksamer Bescheid vorliege, sei auch noch kein Einspruch
gegeben. Der Einspruch vom 15. Dezember 2009 werde deshalb als erledigt
betrachtet. In den nächsten Tagen werde ein neuer Bescheid ergehen, gegen
den dann Einspruch gegeben sei.
Mit Bescheid vom 31. März 2011 stellte der Beklagte die
Besteuerungsgrundlagen für 2009 gesondert und einheitlich fest. Darin stellte er
Einkünfte des Klägers und der Beigeladenen aus Land- und Forstwirtschaft in
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Höhe von … € fest, die jeweils zu 1/2 auf den Kläger und die Beigeladene
verteilt wurden. Die Einkünfte wurden jeweils als Veräußerungsgewinn
qualifiziert.
Diesen Wert hatte der Beklagte wie folgt ermittelt: …
Gegen den Bescheid vom 31. März 2011 legten der Kläger und die Beigeladene
Einspruch ein. Zur Begründung führten sie aus, der Betrieb sei bereits im Jahr
1992 durch den Vater des Klägers und der Beigeladenen aufgelöst worden.
Dieser habe sich 1992 zur Ruhe gesetzt, Rente beantragt und die
landwirtschaftlichen Flächen verpachtet.
Außerdem habe er 1992 die Löschung des Hofvermerks im Grundbuch
beantragt. Diese Handlungen hätten schon 1992 zu einer Betriebsaufgabe
geführt. Durch die testamentarische Übertragung der landwirtschaftlichen
Flächen habe der Vater des Klägers deutlich gemacht, dass er eine
Weiterführung des Betriebs nicht beabsichtige.
Der Beklagte wies den Einspruch mit Einspruchsbescheid vom 20. Juli 2011 als
unbegründet zurück. Auch wenn eine Hofstelle nicht mitverpachtet werde, führe
eine Betriebsverpachtung nicht zwangsläufig zu einer Betriebsaufgabe. Im
Betriebsvermögen enthaltene stille Reserven seien dann nicht aufzudecken,
wenn der Steuerpflichtige zwar seine eigene werbende Tätigkeit eingestellt
habe, aber entweder den Betrieb im Ganzen als geschlossenen Organismus
oder zumindest alle wesentlichen Betriebsgrundlagen verpachtet habe und
gegenüber den Finanzbehörden keine ausdrückliche, klare und eindeutige
Aufgabe des Betriebs erklärt habe. Fehle eine ausdrückliche Aufgabeerklärung,
so könne auf den Willen zur Betriebsaufgabe weder aus der Beantragung der
Altersrente noch aus dem Antrag auf Löschung des Hofvermerks geschlossen
werden. Da keine Betriebsaufgabeerklärung abgegeben worden sei, komme es
auf die subjektive Absicht, die durch die Verpachtung unterbrochene Tätigkeit
nach Pachtende wieder aufzunehmen und deren objektiv wahrscheinliche
Verwirklichung nicht an. Der landwirtschaftliche Betrieb sei in seiner Eigenschaft
als Betriebsvermögen zunächst auf die Mutter des Klägers und der
Beigeladenen und nach deren Tod auf den Kläger und die Beigeladene in
Erbengemeinschaft übergegangen. Erfolge eine (Teil-)Erbauseinandersetzung
in der Weise, dass den beteiligten Miterben jeweils einzelne Wirtschaftsgüter
des Betriebsvermögens übertragen würden, so liege einkommensteuerrechtlich
eine Betriebsaufgabe bzw. (Total-)Entnahme vor. Eine identitätswahrende
Aufnahme der Wiederbewirtschaftung durch den Rechtsnachfolger sei
ausgeschlossen. Durch die Übertragung der betrieblich verpachtet gewesenen
Flächen zum Teil auf die Beigeladene und zum Teil auf den Kläger seien die
Grundlagen des vom Vater des Klägers und der Beigeladenen begründeten und
von der Mutter zunächst fortgeführten landwirtschaftlichen Betriebs
auseinandergerissen worden, so dass keine Möglichkeit mehr bestanden habe,
den Betrieb durch die Erbengemeinschaft oder einen Rechtsnachfolger wieder
aufzunehmen oder fortzuführen. Hierdurch sei es zur Überführung der
übertragenden Wirtschaftsgüter in das Privatvermögen und zur Aufdeckung von
stillen Reserven gekommen.
Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner Klage, die er wie folgt begründet:
Eine Betriebsaufgabe sei bereits durch den Vater des Klägers erfolgt, als dieser
1992 den Betrieb eingestellt habe. Der Kläger wiederholt insoweit sein
Vorbringen aus dem Einspruchsverfahren. Aus der im Jahr 1995 abgegebenen
Erklärung folge nichts Gegenteiliges. Außerdem habe der Vater des Klägers
nicht den Betrieb als solchen verpachtet, sondern lediglich einzelne Flächen.
Für den Fall, dass das Gericht von einer Betriebsverpachtung durch die Eltern
des Klägers ausgehe, sei die Verpachtung durch den Kläger und die
Beigeladene fortgeführt worden. Auch in diesem Fall sei es im Streitjahr 2009
nicht zu einer Betriebsaufgabe gekommen.
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Der Kläger beantragt,
den Bescheid des Beklagten vom 31. März 2011 in Gestalt der
Einspruchsentscheidung vom 20. Juli 2011 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt.
Der Beklagte verweist auf die Einspruchsentscheidung. Ergänzend führt der
Beklagte aus, eine Erbauseinandersetzung könne zu einer Betriebsaufgabe
eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs führen. Hierzu verweist der
Beklagte auf Entscheidungen des FG Bremen (Urteil vom 23. August 2004 2 K
328/03 (1), juris) und des erkennenden Senats (Urteil vom 24. Februar 2009 15
K 375/06, EFG 2009, 1026). Durch die Tatsache, dass jeweils ein Teil der
verpachteten Flächen dem Kläger und der Beigeladenen zu Alleineigentum
zugewiesen worden seien, sei die betriebliche Tätigkeit des geerbten Betriebes
endgültig beendet worden. Eine identitätswahrende Fortführung des
verpachteten Betriebs und eine Wiederaufnahme der aktiven Bewirtschaftung
durch die Erbengemeinschaft sei deshalb - auch in verkleinerter Form - nicht
mehr möglich, da alle wesentlichen Betriebsgrundlagen zu Alleineigentum
übertragen worden seien. Hierin liege eine Betriebsaufgabe.
Weder der Kläger noch die Beigeladene unterhielten ein Einzelunternehmen, bei
dem die zugeteilten Wirtschaftsgüter Betriebsvermögen sein könnten. Ein
Verpächterwahlrecht stehe dem Kläger und der Beigeladenen nicht zu, da diese
die Flächen zuvor nicht selbst bewirtschaftet hätten. Durch gesonderte
Übertragung ehemaliger landwirtschaftlicher Nutzflächen auf verschiedene
Kinder werde ein landwirtschaftlicher Betrieb auch ohne Aufgabeerklärung
zerschlagen, wenn die Kinder die Flächen nicht gemeinsam bewirtschafteten.
Entsprechendes gelte auch dann, wenn eine Erbengemeinschaft zum
Betriebsvermögen gehörende Wirtschaftsgüter auf die einzelnen Miterben
übertrage; ein derartiger Vorgang führe zwingend zur Entnahme.
Mit Beschluss vom 7. Juli 2012 hat der erkennende Senat Frau X zu dem
Verfahren beigeladen.
In der mündlichen Verhandlung stellten die Beteiligten die vom Beklagten
geschätzten Werte für die Ermittlung eines etwaigen Aufgabegewinns unstreitig.
Die Beteiligten erklärten außerdem übereinstimmend, etwaige laufende Erträge
aus einer ggf. fortdauernden Verpachtung des Betriebs seien im Jahr 2009 für
die Erbengemeinschaft mit 14 € festzustellen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig und in dem erkannten Umfang begründet. Der Kläger ist
durch den angefochtenen Feststellungsbescheid des Beklagten vom 31. März
2011 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 20. Juli 2011 in seinen
Rechten verletzt (§ 100 Abs. 1 Satz 1 Finanzgerichtsordnung - FGO).
I.
Die Klage ist zulässig. Der Kläger war nach § 48 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. § 48 Abs. 1
Nr. 1 und Abs. 2 Satz 1 FGO befugt, im eigenen Namen Klage gegen den
Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung der
Besteuerungsgrundlagen zu erheben.
Der Beklagte hat den Bescheid vom 31. März 2011 an die Steuerberatersozietät
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Y als Empfangsbevollmächtigte der Erbengemeinschaft nach Frau M mit
Wirkung für und gegen alle Feststellungsbeteiligte adressiert. Den gegen diesen
Bescheid eingelegten Einspruch des Prozessbevollmächtigten hat der Beklagte
sowohl als Einspruch des Klägers als auch als Einspruch der Beigeladenen
gewertet, da diese „Beteiligte der im Kalenderjahr 2009 aufgelösten
Erbengemeinschaft nach M“ gewesen seien, und eine entsprechend adressierte
Einspruchsentscheidung gegenüber dem Prozessbevollmächtigten erlassen.
Damit hat der Beklagte den Kläger als Mitglied einer aufgelösten
Erbengemeinschaft angesehen und gemäß § 183 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. Abs. 1
AO jedem Miterben gegenüber einen eigenen Feststellungsbescheid erlassen.
Diese Beurteilung war jedenfalls insoweit zutreffend, als die
Erbauseinandersetzung nach der Darlegung der Beteiligten in der mündlichen
Verhandlung im Jahr 2010 beendet wurde, also vor Erlass des Bescheides vom
31. März 2011.
Ein Klagebevollmächtigter i.S.d. § 48 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 48 Abs. 2 Nr. 1 FGO,
der den Kläger von einer Klageerhebung in eigenem Namen ausschließen
könnte, war nach dem Ende der Erbauseinandersetzung über das
gemeinschaftliche Vermögen der Erbengemeinschaft nicht mehr vorhanden.
Ebenso wie nach Abschluss der Liquidation einer handelsrechtlich voll
beendeten Personengesellschaft keine Klagebefugnis nach § 48 Abs. 1 Nr. 1
FGO mehr besteht (vgl. BFH-Urteil vom 26. Oktober 1989 IV R 23/89, BStBl. II
1990, 333), ist auch eine Erbengemeinschaft, bei der das gesamte
Aktivvermögen im Wege der Erbauseinandersetzung unter den Miterben verteilt
wurde, nicht mehr nach § 48 Abs. 1 Nr. 1 FGO klagebefugt. Ob ggf. noch
gemeinschaftliche Verbindlichkeiten der Miterben bestehen (wie im Streitfall
möglicherweise aus dem vom Vater der Erben abgeschlossenen Pachtvertrag),
ist für die Klagebefugnis ohne Bedeutung.
II.
Die Klage ist in dem erkannten Umfang begründet. Der Kläger und die
Beigeladene haben im Streitjahr 2009 einen landwirtschaftlichen (Verpachtungs-
)Betrieb geerbt und gemeinschaftlich laufende Einkünfte aus der
Betriebsverpachtung erzielt. Eine Betriebsaufgabe erfolgte weder vor dem
Erbfall noch im Streitjahr 2009.
Sowohl diejenigen Grundstücke, die Gegenstand des Pachtvertrags waren, als
auch das Grundstück D (mit Ausnahme der 1995 entnommenen Teilfläche)
waren im Streitjahr 2009 weiterhin landwirtschaftliches Betriebsvermögen. Eine
Entnahme dieser Flächen ist nicht erfolgt.
1. Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung kann ein Land- und
Forstwirt, der seinen bisher selbstbewirtschafteten Betrieb verpachtet, wählen,
ob er die Betriebsverpachtung als Betriebsaufgabe i.S. des § 14 EStG
behandeln oder sein Betriebsvermögen während der Zeit der Verpachtung als
sog. ruhenden Betrieb fortführen will (Urteile des Bundesfinanzhofs - BFH - vom
18. März 1964 IV 114/61 S, BFHE 79, 195, BStBl. III 1964, 303; vom 15. Oktober
1987 IV R 66/86, BFHE 152, 62, BStBl II 1988, 260; vom 18. März 1999 IV R
65/98, BFHE 188, 310, BStBl. II 1999, 398; vom 21. September 2000 IV R 29/99,
BFH/NV 2001, 433). Diese Möglichkeit besteht auch, wenn nicht der gesamte
Betrieb, sondern nur dessen wesentliche Betriebsgrundlagen verpachtet
werden; und selbst dann, wenn die Hofstelle nicht mitverpachtet wird. Für einen
landwirtschaftlichen Betrieb ist nämlich nach höchstrichterlicher Rechtsprechung
weder eine Hofstelle, noch eine Mindestgröße noch ein voller Besatz an
landwirtschaftlichen Betriebsgebäuden und -mitteln erforderlich (so BFH-Urteil in
BFHE 188, 310, BStBl II 1999, 398 m.w.N.). Als Faustregel für eine
Mindestgröße, unterhalb derer kein land- und forstwirtschaftlicher Betrieb
möglich ist, wird von der Finanzverwaltung und im Einzelfall in der
Rechtsprechung eine Größe von 3.000 m² genannt (BFH-Urteil vom 5. Mai 2011
IV R 48/08, BStBl. II 2011, 792 m.w.N.).
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Die Rechtsprechung hat den Begriff der wesentlichen Betriebsgrundlage weder
abstrakt definiert noch die Kriterien abschließend aufgezählt. Vielmehr stellt sie
auf die tatsächlichen Verhältnisse des Einzelfalls und die Besonderheiten des
jeweiligen Betriebes ab. Für eine Landwirtschaft sind im Regelfall wesentliche
Grundlagen die Nutzflächen, die Hofstelle sowie das lebende und tote Inventar
(vgl. BFH-Urteil in BFHE 152, 62, BStBl II 1988, 260). Der BFH unterscheidet
aber zwischen sog. Pachtbetrieben und sog. Eigentumsbetrieben. Das
wesentliche Betriebsvermögen des Pächters eines landwirtschaftlichen
Betriebes besteht vor allem aus dem lebenden und toten Inventar, während
maßgebliche Grundlage der sog. Eigentumsbetriebe der eigene Grund und
Boden ist (BFH-Urteil vom 18. März 1999 IV R 65/98, BFHE 188, 310, BStBl. II
1999, 398 m.w.N.).
Gibt der Steuerpflichtige im Zusammenhang mit der Verpachtung seines
Betriebs keine Aufgabeerklärung ab, so führt er den land- und
forstwirtschaftlichen Betrieb --wenn auch in anderer Form-- fort. Geht der
verpachtete Betrieb im Wege der Erbfolge über, treten die Erben in die
Rechtsstellung des Verpächters ein (BFH-Urteile vom 17. Oktober 1991 IV R
97/89, BFHE 166, 149, BStBl II 1992, 392; vom 28. November 1991 IV R 58/91,
BFHE 167, 19, BStBl II 1992, 521, jeweils m.w.N.). Die land- und
forstwirtschaftlich genutzten Grundstücke verlieren ihre Eigenschaft als
Betriebsvermögen grundsätzlich sogar dann nicht, wenn der Betrieb stark
verkleinert wird (BFH-Urteil in BFHE 188, 310, BStBl II 1999, 398, m.w.N.). Denn
letztlich kommt es nach bisheriger Rechtsprechung auf die subjektiven
Absichten des Steuerpflichtigen an, ob er den Betrieb endgültig einstellen will.
Erscheint nach den gegebenen Verhältnissen die Wiederaufnahme der land-
und forstwirtschaftlichen Tätigkeit möglich, kann eine Betriebsaufgabe nur bei
einer unmissverständlichen Erklärung des Verpächters gegenüber dem
Finanzamt angenommen werden (BFH-Urteile vom 23. Februar 1989 IV R
63/87, BFH/NV 1990, 219, und in BFHE 167, 19, BStBl II 1992, 521). Der
bisherige Betriebsinhaber muss die unterbrochene land- und forstwirtschaftliche
Tätigkeit nicht selbst wiederaufnehmen; es genügt, dass diese Absicht von
einem Rechtsnachfolger verwirklicht werden soll (BFH-Urteil in BFHE 152, 62,
BStBl II 1988, 260).
2. Die Rechtsprechung sieht in der Verpachtung eines vollständigen Betriebes
eine Betriebsunterbrechung im weiteren Sinne. Das setzt nach bisheriger
Rechtsprechung die Absicht voraus, die unterbrochene Tätigkeit nach
Pachtende wiederaufzunehmen, und weiter, dass die Verwirklichung dieser
Absicht wahrscheinlich ist (BFH-Urteile vom 27. Februar 1985 I R 235/80, BFHE
143, 436, BStBl II 1985, 456; vom 15. Oktober 1987 IV R 66/86, BFHE 152, 62,
BStBl II 1988, 260). Deshalb müssen nach bisheriger Rechtsprechung der
eingestellte und der wiedereröffnete Betrieb wirtschaftlich als identisch
anzusehen sein (BFH-Urteile vom 24. Juni 1976 IV R 200/72, BFHE 119, 430,
BStBl II 1976, 672, sowie in BFHE 179, 75, BStBl II 1976, 276, und in BFHE 183,
65, BStBl II 1997, 561). Die Identität ist jedoch nicht gewahrt, wenn die
wesentlichen Grundlagen des Betriebes so umgestaltet werden, dass sie nicht
mehr in der bisherigen Form genutzt werden können (vgl. z.B. BFH-Urteile vom
19. Januar 1983 I R 84/79, BFHE 138, 50, BStBl II 1983, 412; in BFHE 183, 65,
BStBl II 1997, 561).
In jüngerer Zeit hat der Bundesfinanzhof allerdings insoweit eine Abkehr von der
bisherigen Rechtsprechung in Aussicht gestellt: Hat der Steuerpflichtige bei
Einstellung der werbenden Tätigkeit von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, die
Aufdeckung der stillen Reserven zu vermeiden und den Betrieb fortzuführen,
muss er sich grundsätzlich daran festhalten lassen. Eine spätere
Betriebsaufgabe kann nur dann angenommen werden, wenn sie den äußeren
Umständen nach klar zu erkennen und der Zeitpunkt eindeutig bestimmbar ist;
dazu bedarf es in der Regel einer ausdrücklichen Aufgabeerklärung. Auf innere
Vorbehalte, Motive oder Absichten kommt es nicht an. Soweit bisher auch in
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Fällen der Betriebsverpachtung eine darüber hinaus gehende Absicht, die
unterbrochene Tätigkeit nach Pachtende wiederaufzunehmen und deren
objektiv wahrscheinliche Verwirklichung für erforderlich gehalten wurde (vgl.
BFH-Urteile vom 16. Dezember 1999 IV R 53/99, BFH/NV 2000, 1078, unter 1.e
der Gründe; vom 18. März 1999 IV R 65/98, BFHE 188, 310, BStBl II 1999, 398,
unter 3.b der Gründe; BFH-Urteil vom 27. Februar 1985 I R 235/80, BFHE 143,
436, BStBl II 1985, 456, unter II.2. der Gründe; BFH-Beschluss vom 20. Januar
1999 IV B 99/98, BFH/NV 1999, 1073), beabsichtigt der BFH, daran in Zukunft
nicht mehr festzuhalten (BFH-Urteil vom 19. März 2009 IV R 45/06, BStBl. II
2009, 902).
3. Bestand ursprünglich ein landwirtschaftlicher Betrieb, sind die Grundstücke in
der Hand der Rechtsnachfolger Betriebsvermögen geblieben, solange sie nicht
entnommen wurden oder der Betrieb aufgegeben wurde. Daran ändert auch ein
späterer Übergang zur Eigenbedarfsbewirtschaftung nichts (BFH-Urteil vom 5.
Mai 2011 IV R 48/08, BStBl. II 2011, 792 m.w.N.).
Früher landwirtschaftlich genutzte Grundstücke bleiben ohne ausdrückliche
Entnahmehandlung landwirtschaftliches Betriebsvermögen, sofern sie nicht
infolge einer Nutzungsänderung zu notwendigem Privatvermögen werden (BFH-
Beschluss vom 5. Juli 2006 IV B 91/05, BFH/NV 2006, 2245, unter 1.a der
Gründe, m.w.N.). Eine Entnahme kann nur bei einer unmissverständlichen, von
einem entsprechenden Entnahmewillen getragenen Entnahmehandlung
angenommen werden. Der Steuerpflichtige muss ggf. die Folgerungen aus der
Entnahme ziehen und einen Entnahmegewinn erklären. Es genügt nicht, dass
er Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erklärt (u.a. BFH-Urteil vom 7.
Februar 2002 IV R 32/01, BFH/NV 2002, 1135). Unzureichend für eine
Entnahme ist es erst recht, wenn der Steuerpflichtige überhaupt keine Einkünfte
erklärt.
Die Verkleinerung eines Eigentumsbetriebs führt nicht zu einer Betriebsaufgabe;
das gilt auch dann, wenn die verbleibenden landwirtschaftlich genutzten
Flächen eine ertragreiche Bewirtschaftung nicht mehr ermöglichen (BFH-Urteil in
BFHE 218, 569, BStBl II 2008, 113, unter II.1.b der Gründe, m.w.N.). Bei einer
Einstellung der werbenden Tätigkeit und Verpachtung des Betriebs ist aus
Beweisgründen in der Regel davon auszugehen, dass der Steuerpflichtige den
Betrieb fortführt, sofern er nicht unmissverständlich und eindeutig die Aufgabe
des Betriebs erklärt (vgl. u.a. BFH-Urteil vom 8. März 2007 IV R 57/04, BFH/NV
2007, 1640, unter II.1.a der Gründe, m.w.N.). Liegt eine derartige Erklärung nicht
vor, so ist das bisherige Betriebsvermögen in der Regel so lange weiter als
Betriebsvermögen anzusehen, wie dies rechtlich möglich ist (BFH-Urteile vom
26. August 2004 IV R 52/02, BFH/NV 2005, 674, unter I.3.a der Gründe; vom 19.
März 2009 IV R 45/06, BFHE 225, 334, BStBl II 2009, 902, unter II.1.e und II.1.f
der Gründe, zu einem gewerblichen Betrieb). Geht der Steuerpflichtige zur
Eigenbedarfsbewirtschaftung über, kann nichts anderes gelten. Denn auch in
einem solchen Fall ist ohne entsprechende Erklärung nicht objektiv erkennbar,
ob --und ggf. ab welchem Zeitpunkt-- der Betrieb aufgegeben oder ob er lediglich
unterbrochen wurde.
Entfällt die Gewinnerzielungsabsicht in einem bestehenden land- und
forstwirtschaftlichen Betrieb, führt dies nicht zu einer Betriebsaufgabe und zur
Überführung des Betriebsvermögens in das Privatvermögen (BFH-Urteil vom 5.
Mai 2011 IV R 48/08, BStBl. II 2011, 792 m.w.N.).
4. Nach diesen Grundsätzen ist im Hinblick auf die verpachteten Grundstücken
bis zum Streitjahr 2009 keine Betriebsaufgabe erfolgt.
a) Die o.g. Grundstücke waren bis zum Jahr 1992 Betriebsvermögen des
landwirtschaftlichen Betriebs des Vaters des Klägers und wurden von diesem
selbst bewirtschaftet. Nach Aufgabe der aktiven Tätigkeit verpachtete der Vater
die o.g. Grundstücke zu landwirtschaftlichen Zwecken (vgl. insbes. § 8 des
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Pachtvertrags). Gegenüber dem Finanzamt gab er keine
Betriebsaufgabeerklärung ab, sondern erklärte am 24. August 1995
ausdrücklich, „der Betrieb soll vorerst nicht aufgegeben werden“.
Bei den verpachteten Flächen handelte es sich um alle wesentlichen
Betriebsgrundlagen des früheren landwirtschaftlichen Betriebs des Vaters des
Klägers. Das nicht verpachtete Grundstück D war keine wesentliche
Betriebsgrundlage. Dieses Grundstück war nach der glaubhaften Erläuterung
des Klägers und der Beigeladenen schon während der aktiven Bewirtschaftung
des Hofes - soweit es nicht bebaut war - für den Eigenbedarf genutzt worden
und wurde nicht mit verpachtet, da dort weiterhin eine Nutzung für eigenen
Bedarf erfolgte. Mit einer Größe von 0,5186 ha machte dieses Grundstück ca.
12,5 % der gesamten Fläche des landwirtschaftlichen Betriebsvermögens aus
(insgesamt 4,1636 ha). Dabei entfiel eine Teilfläche von 694 m² dieses
Grundstücks auf die Altenteilerwohnung, die im Jahr 1995 entnommen wurde.
Daneben waren weitere Flächen mit Nebengebäuden bebaut, die z.T. früher als
Stall gedient hatten und bereits 1992 nur noch als Lagerräume (Holzschuppen)
bzw. als Hühnerstall für den Eigenbedarf genutzt wurden.
Die Tatsache, dass lediglich Stückländereien, nicht dagegen die Hofstelle
verpachtet wurden, steht einer Betriebsverpachtung im Ganzen nicht entgegen
(s. hierzu oben II. 1.). Mit einer Gesamtfläche von 3,6450 ha übertraf die
verpachtete Fläche bei weitem die oben zu II. 1. dargestellte Mindestgröße eines
landwirtschaftlichen Betriebs.
b) Entgegen der Ansicht des Klägers führte weder die Beantragung einer
Altersrente noch die Löschung des Hofvermerks im Grundbuch zu einer
Betriebsaufgabe durch den Vater des Klägers.
Die Beantragung einer Altersrente lässt nicht auf den Willen zur Betriebsaufgabe
schließen (BFH-Urteile vom 27. November 1997 IV R 86/96, BFH/NV 1998, 834;
vom 21. September 2000 IV R 29/99, BFH/NV 2001, 433).
Auf den Willen zur Betriebsaufgabe kann auch nicht aus dem Antrag auf
Löschung des Hofvermerks geschlossen werden. Erfüllt eine land- und
forstwirtschaftliche Besitzung die Voraussetzungen eines Hofs i.S. des § 1 Abs.
1 der Höfeordnung - -HöfeO-- (BGBl I 1976, 1933) und ist ein entsprechender
Vermerk im Grundbuch eingetragen, so bestimmt sich die Erbfolge in den Hof an
Stelle der Regelungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) nach §§ 4 ff.
HöfeO, wonach die Erbschaft nur einem Erben zusteht. Wird der Hofvermerk
gelöscht, gelten die allgemeinen Grundsätze des Erbrechts nach dem BGB. Will
ein Land- und Forstwirt, für dessen Betrieb ein Hofvermerk eingetragen ist,
sicherstellen, dass das zum Hof gehörende Vermögen nicht auf einen Erben,
sondern auf mehrere Erben (z.B. mehrere Abkömmlinge) übergeht, so muss er
den Hofvermerk löschen lassen. Ein entsprechender Antrag hat deshalb allein
erbrechtliche Bedeutung. Die Fortführung des land- und forstwirtschaftlichen
Betriebs bleibt von der Löschung des Hofvermerks vollkommen unberührt (BFH-
Urteil vom 27. November 1997 IV R 86/96, BFH/NV 1998, 834 m.w.N.).
c) Auch der Tod des Vaters des Klägers führte nicht zu einer Betriebsaufgabe.
Vielmehr wurde der bestehende landwirtschaftliche Verpachtungsbetrieb durch
die Mutter des Klägers als Alleinerbin unverändert fortgeführt. Geht der
verpachtete Betrieb im Wege der Erbfolge über, treten die Erben in die
Rechtsstellung des Verpächters ein (BFH-Urteile vom 17. Oktober 1991 IV R
97/89, BFHE 166, 149, BStBl. II 1992, 392; vom 28. November 1991 IV R 58/91,
BFHE 167, 19, BStBl. II 1992, 521, jeweils m.w.N.).
d) Nach den vorgenannten Grundsätzen traten der Kläger und die Beigeladene
als Erben ihrer verstorbenen Mutter nach deren Tod ebenfalls als
Rechtsnachfolger in die Rechtsstellung des Verpächters aus den noch von
ihrem Vater abgeschlossenen Verträgen (Pachtvertrag vom 19. August 1992
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und Ergänzungs-Pachtvertrag vom 12. November 1996) ein. Zwar endete die
Laufzeit dieser Verträge nach § 2 des Ergänzungs-Pachtvertrags am 30.
September 2006. Nach Ende der schriftlich vereinbarten Pachtzeit wurde nach
der Erläuterung der Beteiligten in der mündlichen Verhandlung zwischen der
Mutter des Klägers als damaliger Verpächterin und dem Pächter zumindest
stillschweigend eine Verlängerung des Pachtverhältnisses auf unbestimmte Zeit
vereinbart (vgl. zur konkludenten Verlängerung eines Landpachtvertrags
Weidenkaff in Palandt, BGB, 72. Aufl. 2013, § 594 Rn. 2). Mit dem Erbfall sind
die Rechte und Pflichten aus dem Pachtvertrag nach §§ 1922, 1967, 2032 BGB
auf den Kläger und die Beigeordnete übergegangen.
Im Streitjahr 2009 haben der Kläger und die Beigeladene nach dem Tod ihrer
Mutter die verpachteten Grundstücke noch gemeinschaftlich an den Pächter
verpachtet. Dass die gesamte Pacht im Oktober 2009 allein an die Beigeladene
gezahlt wurde, die im Rahmen der Erbauseinandersetzung den weitaus größten
Teil der verpachteten Flächen erhielt, beruhte dabei auf einer
Einkommensverwendung des Klägers, der gegenüber seiner Schwester für das
2. Halbjahr 2009 auf eine Auszahlung des geringfügigen, auf ihn entfallenden
Pachtanteils verzichtete.
Nach ihrer glaubhaften Erläuterung in der mündlichen Verhandlung baten der
Kläger und die Beigeladene erst im Jahr 2010 nach Abschluss der notariellen
Erbauseinandersetzung den Pächter darum, in Zukunft das anteilige
Pachtentgelt jeweils getrennt an den Kläger und die Beigeladene zu zahlen. Ob
hierdurch mündlich jeweils getrennte Pachtverhältnisse mit dem Kläger
einerseits und der Beigeladenen andererseits abgeschlossen wurden, bedarf für
das Streitjahr keiner Klärung.
e) Der Abschluss des Erbauseinandersetzungsvertrags vom 2. Oktober 2009,
durch den der Kläger und die Beigeladene die Erbengemeinschaft
entsprechend der Teilungsanordnung in dem Testament ihrer Eltern
auseinandersetzten, führte ebenfalls nicht zu einer Betriebsaufgabe. Durch
diese Erbauseinandersetzung wurde zwar das zivilrechtliche Eigentum an den
Betriebsgrundstücken neu geregelt. Gleichwohl beruhte die Verpachtung der
o.g. landwirtschaftlich genutzten Flächen weiterhin noch auf den von dem Vater
des Klägers abgeschlossenen Verträgen, in die der Kläger und die Beigeladene
als Gesamtrechtsnachfolger ihrer Mutter eingetreten sind. Das
Auseinanderfallen von Eigentum und Bewirtschaftung hat nicht zwingend eine
Betriebsaufgabe zur Folge (vgl. BFH-Urteil vom 28. November 1991 IV R 58/91,
BFHE 167, 19, BStBl. II 1992, 521).
Zwar hat der Erwerber eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs, der diesen
nicht selbst bewirtschaftet, sondern sogleich verpachtet, nicht die Möglichkeit ein
Verpächterwahlrecht auszuüben (BFH-Urteil vom 20. April 1989 IV R 95/87,
BStBl. II 1989, 863). Dem entgeltlichen Erwerb eines land- und
forstwirtschaftlichen Betriebs ist jedoch ein Sachverhalt nicht gleichzustellen wie
derjenige des Streitfalls, bei dem eine Erbengemeinschaft, die
Rechtsnachfolgerin eines Landwirts wird, der von seinem Verpächterwahlrecht
Gebrauch gemacht hat, die erworbenen Grundstücke auf die Miterben im Wege
der Erbauseinandersetzung verteilt. An der gegenteiligen Auffassung, die der
erkennende Senat in seinem Urteil vom 24. Februar 2009 (15 K 375/06, EFG
2009, 1026 - rkr., nachdem die Revision IV R 12/09 zurückgenommen wurde)
vertreten hat, hält der Senat nicht mehr fest. Die Rechtsprechung zur
Betriebsverpachtung will zugunsten der Steuerpflichtigen vermeiden, dass bei
der Betriebsverpachtung im ganzen zwangsläufig durch die Annahme einer
Betriebsaufgabe steuerpflichtige stille Reserven aufgelöst werden, ohne dass
dem Steuerpflichtigen --wie z.B. bei einer Betriebsveräußerung-- Mittel zufließen,
mit denen er die auf den Aufgabegewinn entfallende Einkommensteuer
bezahlen könnte (BFH-Urteil vom 20. April 1989 IV R 95/87, BStBl. II 1989, 863).
Bei dem entgeltlichen Erwerber eines Betriebs besteht kein Bedürfnis zur
Anwendung dieser Rechtsgrundsätze, da dieser Erwerber nicht in die Gefahr
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kommen kann, stille Reserven auflösen zu müssen. Dagegen tritt die
Erbengemeinschaft, die einen verpachteten landwirtschaftlichen Betrieb erbt, in
die Rechtsstellung des Erblassers ein. Ebenso wie beim Erblasser besteht auch
bei der Erbengemeinschaft die Gefahr einer Aufdeckung stiller Reserven, ohne
dass den Erben Mittel zufließen. Im Streitfall sind der Kläger und die
Beigeladene als Erben in die Rechtsstellung ihrer Mutter eingetreten. Im Hinblick
auf ihre Rechte und Pflichten aus dem Pachtvertrag hat sich hieran durch die
Erbauseinandersetzung jedenfalls im Streitjahr nichts geändert (s. oben d).
Der Auffassung des FG Bremen (Urteil vom 23. August 2004 2 K 328/03 (1),
juris), durch die Erbauseinandersetzung sei der bisherige Betrieb so
zerschlagen worden, dass keine Möglichkeit mehr bestanden habe, ihn durch
die Erbengemeinschaft oder einen Rechtsnachfolger wiederaufzunehmen oder
fortzuführen, der der erkennende Senat in seinem Urteil vom 24. Februar 2009
(15 K 375/06, EFG 2009, 1026 - rkr.) noch beigepflichtet hatte, schließt sich der
Senat nicht mehr an. Der Bundesfinanzhof hat mit Urteil vom 19. März 2009 (IV
R 45/06, BStBl. II 2009, 902) - wie oben zu II. 2. dargelegt - eine teilweise Abkehr
von der bisherigen Rechtsprechung in Aussicht gestellt: Soweit bisher auch in
Fällen der Betriebsverpachtung eine Absicht, die unterbrochene Tätigkeit nach
Pachtende wiederaufzunehmen und deren objektiv wahrscheinliche
Verwirklichung für erforderlich gehalten wurde, beabsichtigt der BFH, daran in
Zukunft nicht mehr festzuhalten (BFH-Urteil vom 19. März 2009 IV R 45/06,
BStBl. II 2009, 902). Nach diesen neuen Maßstäben, denen sich der
erkennende Senat anschließt, kann auch im Falle einer Erbauseinandersetzung
nicht verlangt werden, dass jeder der Erben mit den in seinem Eigentum
befindlichen Flächen in der Lage wäre, den früheren landwirtschaftlichen Betrieb
eines Rechtsvorgängers wieder aufzunehmen oder fortzuführen. Auch wenn
weder der Kläger noch die Beigeladene nach der notariellen
Erbauseinandersetzung noch die Möglichkeit hatten, den früheren Betrieb ihres
Vaters allein mit den in ihrem jeweiligem Eigentum befindlichen Grundstücken
identitätswahrend wieder aufzunehmen, führt dies nicht zwingend zu einer
Betriebsaufgabe.
5. Das Grundstück D, auf dem sich die Hofstelle befand und das im Übrigen für
den Eigenbedarf genutzt wurde, wurde - abgesehen von der Teilfläche, die 1995
als Altenteilerwohnung entnommen wurde - ebenfalls weder im Jahr 1992 noch
im Streitjahr 2009 entnommen.
Dieses Grundstück war ursprünglich Betriebsvermögen des landwirtschaftlichen
Betriebs des Vaters des Klägers. Bestand ursprünglich ein landwirtschaftlicher
Betrieb, sind die Grundstücke in der Hand der Rechtsnachfolger
Betriebsvermögen geblieben, solange sie nicht entnommen wurden oder der
Betrieb aufgegeben wurde. Daran ändert auch ein späterer Übergang zur
Eigenbedarfsbewirtschaftung nichts (BFH-Urteil vom 5. Mai 2011 IV R 48/08,
BStBl. II 2011, 792 m.w.N.). Erst recht gilt Entsprechendes dann, wenn - wie im
Streitfall - nur ein Teil der Betriebsflächen für den Eigenbedarf genutzt und der
weit überwiegende Teil verpachtet wird.
6. Die oben zu 4. und 5. vertretene rechtliche Würdigung entspricht nach
Auffassung des erkennenden Senats sowohl der gesetzlichen Regelung der
Realteilung in § 16 Abs. 3 Satz 2 EStG i.V.m. § 14 Satz 2 EStG als auch der
Auffassung der Finanzverwaltung, wie sie in Schreiben des Bundesministeriums
der Finanzen (BMF) zum Ausdruck gebracht wird. Nach Ziff. IV. 2. des BMF-
Schreibens zur Realteilung (IV B 2 - S 2242 - 6/06 vom 28. Februar 2006, BStBl.
I 228) kann das Verpächterwahlrecht auch dann fortgeführt werden, wenn ein
land- und forstwirtschaftlicher Betrieb im Wege der Realteilung mit
Einzelwirtschaftsgütern geteilt wird, sofern die erhaltenen Wirtschaftsgüter bei
dem Realteiler nach der Realteilung einen selbständigen land- und
forstwirtschaftlichen Betrieb darstellen. Hierzu verweist das o.g. BMF-Schreiben
ergänzend auf das BMF-Schreiben vom 1. Dezember 2000 (BStBl. 2000 I
1556). Nach jenem Schreiben ist maßgeblich, ob die im jeweiligen Eigentum
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verbleibenden Flächen noch ausreichen, um einen land- und
forstwirtschaftlichen Betrieb zu bilden.
Als Faustregel für eine Mindestgröße, unterhalb derer kein land- und
forstwirtschaftlicher Betrieb möglich ist, wird von der Finanzverwaltung und im
Einzelfall in der Rechtsprechung eine Größe von 3.000 m² genannt (vgl. BFH-
Urteil vom 5. Mai 2011 IV R 48/08, BStBl. II 2011, 792 m.w.N.).
Nach diesen Maßstäben hatten sowohl der Kläger als auch die Beigeladene
zum landwirtschaftlichen Betriebsvermögen gehörende Flächen im Wege der
Erbauseinandersetzung als alleiniges Eigentum erhalten, die jeweils die
erforderliche Mindestgröße deutlich überschritten. Eigentum der Beigeladenen
wurden verpachtete Grundstücke in einer Größe von insgesamt 3,1394 ha
(Größenangaben im Vertrag über die Erbauseinandersetzung) bzw. 3,1447 ha
(Größenangaben im Pachtvertrag). Eigentum des Klägers wurden ein
verpachtetes Grundstück mit einer Größe von 0,5003 ha und weiteres
Betriebsvermögen in einer Größe von 0,4492 ha auf dem Grundstück D (davon
0,3280 ha Ackerfläche und 0,1212 ha Gebäude- und Freifläche).
7. Im Streitjahr 2009 sind laufende Einkünfte der Erbengemeinschaft als Land-
und Forstwirtschaft in Höhe von 14 € festzustellen.
Bei einem Feststellungsbescheid können die Höhe des laufenden Gewinns
einerseits und die eines etwaigen Veräußerungs- oder Aufgabegewinns
andererseits verschiedene Streitgegenstände bilden. Allerdings sind einzelne
Feststellungen nur insoweit gesondert anfechtbar, als sie eine rechtlich
selbständige Würdigung beinhalten und eines rechtlich selbständigen
Schicksals fähig sind. Soweit dagegen die Änderung einer gesondert
festgestellten Besteuerungsgrundlage zwangsläufig Auswirkungen auf andere
Besteuerungsgrundlagen hat, z.B. indem die beantragte Herabsetzung eines
Veräußerungsgewinns zur Erhöhung des laufenden Gewinns führt, erstreckt
sich die Anfechtung des Feststellungsbescheides auch auf die materiell-
rechtlich hiervon ebenfalls betroffene Besteuerungsgrundlage. Insoweit wird der
Feststellungsbescheid nicht teilbestandskräftig (BFH-Urteil vom 8. Juni 2000 IV
R 65/99, BStBl. II 2001, 89 m.w.N.).
Nach diesen Maßstäben ist im Streitfall ein laufender Gewinn festzustellen. Der
Beklagte hat lediglich einen Aufgabegewinn festgestellt, da er der Ansicht war,
durch die notarielle Erbauseinandersetzung sei mit Rückwirkung auf den
Todestag der Mutter des Klägers eine Betriebsaufgabe erfolgt. Dies hätte
zwangsläufig zur Folge gehabt, dass die Erbengemeinschaft keinen laufenden
Gewinn aus Land- und Forstwirtschaft erzielt hätte. Da der erkennende Senat
die Erbauseinandersetzung dagegen nicht als Betriebsaufgabe wertet, ist für die
Zeit nach dem Tod der Mutter ein laufender Gewinn der Erbengemeinschaft
festzustellen. Dieser beträgt unstreitig 14 €.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 136 Abs. 1 Satz 3 FGO. Der Senat hat die
gesamten Kosten dem Beklagten auferlegt, da der Kläger nur zu einem sehr
geringen Teil unterlegen ist.
Das Gericht hat die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen gemäß § 139
Abs. 4 FGO dem unterliegenden Beklagten auferlegt, da dies der Billigkeit
entsprach. Es liegt eine notwendige Beiladung vor, die ohne Zutun der
Beigeladenen erfolgte. Der erkennende Senat hat außerdem zur weiteren
Aufklärung des Sachverhalts ein persönliches Erscheinen der Beigeladenen in
der mündlichen Verhandlung angeordnet, da diese im Verwaltungsverfahren als
Empfangsbevollmächtigte der Erbengemeinschaft persönlich beim Beklagten
vorgesprochen hatte. Bei dieser Sachlage entsprach es der Billigkeit, die
außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen dem unterliegenden Beklagten
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aufzuerlegen (vgl. Brandt in Beermann/Gosch, Komm. zur FGO, § 139 Rn. 292;
Schwarz in Hübschmann/Hepp/Spitaler, Komm. zur FGO, § 139 Rn. 574).
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 151 Abs. 3,
Abs. 1 FGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 der Zivilprozessordnung (ZPO).
Die Revision wurde nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 und 2 FGO zugelassen. Die Frage,
ob eine Erbauseinandersetzung, bei der bisher landwirtschaftliches
Betriebsvermögen einzelnen Miterben als alleiniges Eigentum zugewiesen wird,
zwingend zur Betriebsaufgabe eines landwirtschaftlichen Verpachtungsbetriebs
führt, hat grundsätzliche Bedeutung. Außerdem weicht der erkennende Senat
von den oben zitierten finanzgerichtlichen Entscheidungen des FG Bremen
(Urteil vom 23. August 2004 2 K 328/03 (1), juris) und des erkennenden Senats
(Urteil vom 24. Februar 2009 15 K 375/06, EFG 2009, 1026) ab.