Urteil des FG Münster vom 03.06.2004

FG Münster: stadt, rahmenvertrag, verwertung, abstimmung, kaufpreis, verwaltungskostenbeitrag, innenverhältnis, bemessungsgrundlage, zusammenwirken, unterdeckung

Finanzgericht Münster, 8 K 5275/01 GrE
Datum:
03.06.2004
Gericht:
Finanzgericht Münster
Spruchkörper:
8. Senat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
8 K 5275/01 GrE
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.
Die Revision wird nicht zugelassen.
T a t b e s t a n d :
1
Streitig ist, ob die Klägerin (Klin.) aufgrund eines in 1996 abgeschlossenen
sogenannten Rahmenvertrages eine grunderwerbsteuerliche Verwertungsbefugnis im
Sinne von § 1 Abs. 2 Grunderwerbsteuergesetz (GrEStG) hinsichtlich von
Grundstücken, die von einem Dritten erworben worden sind, erlangt hat.
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Die Klin. ist die Stadt A (A.). Sie schloss am 10.04.1996 (UR-Nr.: 206/1996 A des Notars
X , A ) mit der Y-GmbH (im folgenden GmbH) einen sogenannten Rahmenvertrag.
Diesen änderten die Vertragsbeteiligten mit Vertrag vom 30.07.1996 (UR-Nr.: 359/1996
A des Notars X ) in einigen Punkten ab.
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Nach § 1 Abs. 1 des Rahmenvertrages sollen bestimmte Grundstücke sowie weitere
Wohn- und Gewerbegebiete aus privatem und städtischem Eigentum von der GmbH in
Abstimmung und in Zusammenwirken mit der Klin. für Zwecke der Wohnbebauung oder
Gewerbeansiedlung sowie als Austausch-/Ersatzflächen erworben, vorgehalten und an
Interessenten veräußert werden. Die von dem Rahmenvertrag betroffenen Gebiete sind
in § 1 Abs. 2 des Rahmenvertrages aufgeführt. Weitere zur Vorhaltung vorgesehene
Gebiete, die sich innerhalb der Vertragslaufzeit ergeben könnten, sollten auf Wunsch
der Klin. durch eine Ergänzung zum Bestandteil des Vertrages werden.
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Der Umfang der Grundstücksbevorratung sollte zunächst einen Gesamtbetrag von
5.000.000 DM nicht übersteigen und einvernehmlich in Abstimmung mit der Klin.
fortgeschrieben werden. Die Bereitstellung der Finanzierungsmittel erfolgte gemäß § 2
Abs. 2 auf einem Objektkonto, unterteilt in Objektkonten zu Kreditbedingungen
kommunalverbürgter Konditionen. Die Aufnahme der jeweils notwendigen Darlehen
sollte im Einvernehmen mit der Klin. durch die GmbH erfolgen.
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Laut § 3 Abs. 3 bildeten die in § 1 Abs. 2 genannten bereits aufgestellten oder noch
aufzustellenden Pläne sowie die hierzu ergangenen und noch notwendigen Beschlüsse
und Genehmigungen der Klin. die Grundlage für die Tätigkeit der GmbH. Die
Vertragschließenden waren sich darüber einig, dass die Entwicklung der Grundstücke
zu Bauland zügig durchgeführt werden sollte (§ 3 Abs. 4). Das Zusammenwirken
zwischen der Klin. und der GmbH bei der Erschließung sollte in einem gesonderten
Erschließungsvertrag geregelt werden (§ 3 Abs. 7).
6
Nach § 4 Abs. 1 des Rahmenvertrages verpflichtete sich die GmbH, in Abstimmung mit
der Klin. tätig zu werden; sie werde von sich aus alle Angelegenheiten von wesentlicher
Bedeutung rechtzeitig an die Klin. herantragen.
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Laut § 5 oblagen der GmbH folgende Aufgaben:
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a. Die Aufstellung eines Zeit- und Maßnahmenplans im Zusammenwirken mit der
Stadt A.
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1. Die Finanzierung des Erwerbs und der sonstigen notwendigen Maßnahmen.
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1. Der Erwerb der im Vertragsgebiet gelegenen Grundstücke im eigenen Namen und
für eigene Rechnung.
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1. Die Unterstützung der Stadt A. bei den das Vertragsgebiet betreffenden
Planungen und bei der Vorbereitung der zu treffenden Beschlüsse und der
einzuholenden Genehmigungen.
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1. Die Vermessung des Vertragsgebietes.
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1. Die Ausarbeitung der rechtlichen und wirtschaftlichen Grundsätze, zu denen die
Grundstücke im Einvernehmen mit der Stadt A. an Dritte zu veräußern sind. Da die
Verkaufspreise nur im Einvernehmen mit der Stadt A. festgelegt werden können,
ist eine Unterdeckung von der Stadt A. zu genehmigen.
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1. Die Veräußerung der Baugrundstücke oder Austausch-/Ersatzflächen an
Bauwillige entsprechend den mit der Stadt A. in diesem Vertrag getroffenen
Vereinbarungen; von der Stadt A. vorgeschlagene Bewerber sind vorrangig zu
berücksichtigen.
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1. Die Übertragung der für die öffentliche Nutzung bestimmten Grundstücksteile an
die Stadt A. zu einem einvernehmlichen Preis.
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1. Die GmbH darf sich hinsichtlich einzelner der ihr übertragener Aufgaben im
Einvernehmen mit der Stadt A. Dritter bedienen."
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Nach § 6 Abs. 1 des Rahmenvertrages erstellte die GmbH nach Veräußerung aller
Grundstücke, spätestens mit Ablauf des Rahmenvertrages, eine Übersicht über die
finanzielle Abwicklung der Maßnahme. Dabei werden die von der GmbH
übernommenen Kosten, die im Rahmen der Baureifmachung sowie der
Objektbewirtschaftung und Vermarktung entstehen, mit den für die erworbenen
Grundstücke erzielten Verkaufserlöse verrechnet. Die wesentlichen Kostenarten sind:
Steuern, Grundbesitzabgaben, Planungskosten, Grunderwerbs- und Notarkosten,
Vermessungskosten, Erschließungs- und Finanzierungskosten.
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Sofern für die Grundstücksvermarktung eine kostenverursachende Beteiligung Dritter in
Anspruch genommen werden sollte, bedurfte es einer ausdrücklich schriftlichen
Vereinbarung und der Zustimmung der Stadt A..
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Gemäß § 6 Abs. 2 des Rahmenvertrages berechnet die GmbH zur Deckung ihres
eigenen Aufwands der Klin. einen Verwaltungskostenbeitrag von jährlich 0,75 % p. a.
einer definierten Bemessungsgrundlage (Grundstücksankaufspreise zzgl. der dort
aufgeführten Erwerbsnebenkosten abzgl. Erlöse aus Flächenverkäufen zu
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Einstandspreisen), jedoch mindestens 32.000,00 DM jährlich zzgl. MwSt.. Die
Bemessungsgrundlage soll jeweils zum 30.11. eines jeden Jahres festgestellt werden.
Der Verwaltungskostenbeitrag werde auf der Grundlage der festgestellten
Bemessungsgrundlage jeweils zum 20.12. eines jeden Jahres den Objektkonten
belastet, die die GmbH führt.
Die GmbH hatte der Stadt A. laut § 7 Abs. 1 halbjährlich und auf Anforderung über den
Stand der Maßnahme zu berichten (Grundstückszugänge, -abgänge, Kaufpreis,
Unternehmensaufwand, Erlöse). Gemäß § 7 Abs. 2 hat die GmbH der Stadt A. eine
Schlussrechnung über die Gesamtkosten der Maßnahme und die erzielten
Verkaufserlöse zu erstellen.
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Gemäß § 8 Abs. 1 verpflichtete sich die Klin., bei Erwerb der Grundstücke auf Wunsch
und in Abstimmung mit der GmbH die notwendigen Verhandlungen mit den Verkäufern
bis zur Abschlussreife zu führen. Außerdem verpflichtete sich die Klin., die
Baureifmachung der Grundstücke zu betreiben und die dafür notwendigen rechtlichen
und tatsächlichen Voraussetzungen zu schaffen (§ 8 Abs. 2). Weiterhin verpflichtete sich
die Klin., die GmbH bei der Weiterveräußerung der Grundstücke an Bauwillige zu
unterstützen; sie könne dabei auch die Verkaufsverhandlungen für die GmbH
übernehmen und im Rahmen einer zu erteilenden Generalvollmacht selbständig
notarielle Kaufverträge schließen.
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Der Vertrag sollte gemäß § 9 Abs. 1 8 Jahre laufen und am 30.04.2004 enden. Er
verlängerte sich jeweils stillschweigend um 1 Jahr, wenn nicht einer der beiden
Vertragspartner unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von 3 Monaten vor dem
jeweiligen Beendigungszeitpunkt gegenüber dem anderen Vertragspartner schriftlich
kündigen würde. Die Klin. hat dabei das Recht, innerhalb der Vertragslaufzeit durch
Ablösung das Vertragsverhältnis zu beenden. Gemäß § 9 Abs. 2 des Vertrages
verpflichtete sich die Klin., auf Verlangen der GmbH Grundstücke - hierzu gehörten auch
öffentliche Flächen - die bei Vertragsablauf bzw. -kündigung gemäß Abs. 1 nicht an
Dritte verkauft worden seien, zu übernehmen und den Ankaufspreis unter Einbeziehung
aller angefallenen Kosten (Aufwendungen gemäß § 6) an die GmbH zu zahlen. Hierfür
sei ein Grundstückskaufvertrag abzuschließen, der den Regelungen dieses
Rahmenvertrages entsprechen müsse, und über dessen Inhalt sich die Klin. und die
GmbH rechtzeitig verständigen würden.
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Gemäß § 9 Abs. 3 übernimmt die Klin. ersatzweise gegenüber der Westdeutschen
Landesbank Girozentrale oder einem anderen refinanzierenden Kreditinstitut eine
Ausfallbürgschaft für die von der GmbH im Hinblick auf die Maßnahme eingegangenen
Verpflichtungen, die zum Zeitpunkt der Übernahme der Grundstücke durch die
Kommune gemäß Abs. 2 noch bestehen würden.
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Zur Einhaltung der Bedingungen des Rahmenvertrages vereinbarten die
Vertragsbeteiligten außerdem die Eintragung folgender Rückauflassungsvormerkung:
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a. die Parteien haben zur Urkundenrolle des amtieren Notars 206/96 A einen
Rahmenvertrag über die Grundstücksbevorratung im Gebiet der Stadt A.
geschlossen. Dieser soll gemäß § 2 Abs. 2 finanziert werden zu
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Kreditbedingungen kommunalverbürgter Konditionen.
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Gleichzeitig ist zur Urkundenrolle des amtierenden Notars 207/96 A ein
Kaufvertrag geschlossen worden, mit dem Grund und Boden der Stadt A. an
die GmbH für etwa 2,2 Millionen veräußert worden ist.
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In diesem Vertrag ist in § 11 eine Rückauflassungsvormerkung zur Einhaltung
der Bedingungen des vorerwähnten Rahmenvertrages (UR-Nr.: 206/96 A)
vereinbart. Die Parteien ergänzen den schuldrechtlichen Rahmen für die
Rückauflassungsvormerkung wie folgt:
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Die Rückauflassungsvormerkung soll auch jegliche Aufwendungen
absichern, die auf die Stadt A. für etwa gemäß §§ 2 Abs. 2, 9 Abs. 3 des
Rahmenvertrages UR-Nr.: 206/96 A des amtierenden Notars eingegangene
Ausfallbürgschaften gegenüber der Westdeutschen Landesbank oder dritter
finanzierender Stellen zukommen. Die Parteien bewilligen und beantragen
auch insoweit die Eintragung einer Rückauflassungsvormerkung zugunsten
der Stadt A.
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...
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a. Die GmbH verpflichtet sich, auch bei zukünftigen Einkäufen von Grund und Boden
im Rahmen dieses Vertrages entsprechende Auflassungsvormerkungen
zugunsten der Stadt A. zu bestellen."
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Ebenfalls am 10.04.1996 schlossen die Vertragsparteien einen notariellen Kaufvertrag
(UR-Nr. 207/1996 A des Notars X ), mit dem die Klin. mehrere dort aufgeführte und zum
Vertragsgebiet lt. Rahmenvertrag gehörende Grundstücke an die GmbH zu einem
Kaufpreis in Höhe von ca. 2,16 Mio. DM verkaufte.
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Lt. § 11 dieses Vertrages waren sich die Vertragsparteien darüber einig, dass die GmbH
in der Verwendung des mit diesem Vertrag veräußerten Grundbesitzes an die
Regelungen des geschlossenen Rahmenvertrages (UR-Nr. 206/1996 A des Notars X )
gebunden sei. Verstoße die GmbH gegen den Rahmenvertrag, sei sie verpflichtet,
gegen Erstattung des Kaufpreises und der anteiligen Kosten den jeweiligen Grundbesitz
an die Klin. zurück zu übereignen. Zur Absicherung dieser Verpflichtungen bewilligten
und beantragten die Vertragsbeteiligten die Eintragung einer
Rückauflassungsvormerkung zugunsten der Klin.
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Laut § 14 trug die GmbH alle durch die Beurkundung und Durchführung des Vertrages
entstehenden Kosten einschließlich der Vermessungskosten und der GrESt zu Lasten
der Objektkonten.
45
Die Laufzeit des gem. § 9 Abs. 1 am 30.04.2004 endenden Rahmenvertrages wurde um
ein Jahr verlängert.
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Den Verwaltungskostenbeitrag gem. § 6 Abs. 2 des Rahmenvertrages berechnete die
GmbH aus Vereinfachungsgründen pauschal in Höhe von jährlich jeweils 32.000,00 DM
zzgl. USt.
47
Eine generelle Ausarbeitung der rechtlichen und wirtschaftlichen Grundsätze, zu denen
die Grundstücke im Einvernehmen mit der Klin. an Dritte zu veräußern waren
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(§ 5 Nr. 6 des Rahmenvertrages) ist nach Angaben der Klin. nicht erfolgt. Vielmehr habe
die GmbH bei jedem Projekt Kostenkalkulationen vorgenommen, anhand derer die
Verkaufspreise festgelegt worden seien.
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Auf der Grundlage des o. a. Rahmenvertrages erwarb die GmbH u. a. beginnend am
25.09.1996 bis zum 07.02.2000 Grundstücke zu Kaufpreisen in Höhe von insgesamt
6.003.346 DM. Die GmbH kaufte u. a. mit notariellem Vertrag vom 19.12.1996 (UR-Nr.:
560/1996 des Notars Z , A ) vom Landwirt L ein Grundstück zu einem Kaufpreis in Höhe
von 13.500 DM. Die GmbH wurde dabei als vollmachtloser Vertreter durch Herrn M
(Bevollmächtigter und Mitarbeiter der Klin.) vertreten.
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Der Beklagte (das Finanzamt -FA-) setzte aufgrund dieses Vertrages gegenüber der
GmbH mit Bescheid vom 16.01.1997 Grunderwerbsteuer nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG
fest. Ferner setzte das FA gegenüber der Klin. mit Bescheid vom 13.12.2000
Grunderwerbsteuer (GrESt) nach § 1 Abs. 2 GrEStG in Höhe von 316 DM (2 % von
15.825 DM) fest, wobei es bei der Bemessungsgrundlage neben dem Kaufpreis GrESt i.
H. v. 303,00 DM und Notarkosten i. H. v. 200,00 DM zugrunde legte. Zur Begründung
führte es, laut Rahmenvertrag vom 10.04.1996 habe die Klin. die Verwertungsbefugnis
an dem genannten Grundstück erworben. Nur in Abstimmung und Zusammenwirken mit
der Klin. könne die GmbH das Grundstück ankaufen, verwalten und veräußern. Die von
der Klin. vorgeschlagenen Bewerber seien vorrangig zu berücksichtigen. Bei den
Kaufverträgen sei die Klin. vertreten, wobei ihr Bevollmächtigter gleichzeitig der
Bevollmächtigte der GmbH sei. Die GmbH erhalte für ihre Tätigkeit einen
Verwaltungskostenbeitrag. Verluste aus den Grundstücksverkäufen würden von der
Stadt getragen.
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Dieser Sachverhalt entspreche dem Sachverhalt, der dem Urteil des Finanzgerichts
Nürnberg vom 20.03.1997 IV R 327/96 EFG 1998, 1537 zu Grunde liege. Diese
Rechtsauffassung sei durch das BFH-Urteil vom 26.07.2000 II R 33/98 BFH/NV 2001,
206 bestätigt worden.
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Den hiergegen eingelegten Einspruch wies das FA als unbegründet zurück
(Einspruchsentscheidung -EE- vom 24.08.2001).
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Das FA meinte, die Klin. habe durch den Abschluss des Rahmenvertrages mit der
GmbH an dem von der GmbH erworbenen Grundstück eine Verwertungsbefugnis im
Sinne von § 1 Abs. 2 GrEStG erlangt. Nach § 1 Abs. 2 GrEStG würde der
Grunderwerbsteuer auch Rechtsvorgänge unterliegen, die es ohne Begründung eines
Anspruchs auf Übereignung einem anderen rechtlich oder wirtschaftlich ermöglichen
würden, ein inländisches Grundstück auf eigene Rechnung zu verwerten.
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Die Klin. habe hier eine derartige Einflussmöglichkeit durch den Abschluss des
Rahmenvertrages (Geschäftsbesorgungsvertrages) erlangt. Durch einen
Geschäftsbesorgungsvertrag im Sinne von § 675 des Bürgerlichen Gesetzbuches
(BGB), der sich auf den Erwerb eines Grundstücks durch den Verpflichteten im eigenen
Namen richte, erlange der Geschäftsherr - wie generell beim sogenannten
Auftragserwerb - die Rechtsmacht, von dem Beauftragten die Auflassung des
Grundstücks (§ 925 BGB) zu verlangen (§ 667 BGB i. V. m. § 675 BGB) oder es - bei
entsprechender Ausge-
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staltung des Vertrages - durch andere Maßnahmen der Substanz nach auf eigene
Rechnung zu verwerten. Diese Rechtsmacht begründe eine Verwertungsbefugnis im
Sinne von § 1 Abs. 2 GrEStG.
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Im vorliegenden Fall habe die GmbH zwar im eigenen Namen, im Innenverhältnis aber
im Auftrag und für Rechnung der Klin. Grundbesitz für städtebauliche Vorhaben (z. B.
Schaffung von Gewerbe- und/oder Wohnungsbaugebieten) erworben. Vertragliche
Grundlage dieser Auftragserwerbe sei der zuvor geschlossene
Geschäftsbesorgungsvertrag (hier als Rahmenvertrag bezeichnet) gewesen, durch den
der Klin. von der GmbH im Innenverhältnis so weitgehende Einflussmöglichkeiten
eingeräumt worden seien, dass die Klin. und nicht mehr die GmbH über die Verwertung
der Grundstücke habe entscheiden können. Im Gegenzug trage die Klin. allein das
wirtschaftliche Risiko des Geschäfts. Die GmbH habe lediglich Anspruch auf eine an der
wirtschaftlichen Größenordnung ausgerichteten prozentualen
Verwaltungskostenentschädigung, jedoch mindestens 32.000 DM jährlich zzgl.
Mehrwertsteuer.
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Die Klin. sollte durch die im Vertrag getroffenen Regelungen im Innenverhältnis so
gestellt werden, als sei sie Eigentümerin des von der GmbH zu erwerbenden
Grundstücks. Die für die öffentliche Nutzung bestimmten Grundstücksteile seien zudem
nach § 5 des Vertrages an die Klin. zu übertragen. Die GmbH sei in Bezug auf
Verfügungen über das Grundstück von der Zustimmung der Klin. abhängig. Dies werde
auch dadurch dokumentiert, dass die Klin. bei Abschluss des Kaufvertrages die GmbH
vertrete.
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Die Erlangung einer solchen Einflussmöglichkeit durch die Klin. unterliege als Erwerb
der Verwertungsbefugnis der Grunderwerbsteuer.
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Der Einwand der Klin., dass es ihr nicht möglich gewesen sei, das von der GmbH
erworbene Grundstück auf eigene Rechnung zu verwerten, weil die GmbH nicht für ihre,
der Klin., Rechnung gehandelt habe, gehe fehl. Das Handeln der GmbH auf Rechnung
der Klin. ergebe sich, auch ohne dass dies ausdrücklich hervorgehoben werden müsse,
schon daraus, dass die GmbH sowohl zur Herausgabe des aus der
Geschäftsbesorgung Erlangten verpflichtet gewesen sei (§ 667 BGB) als auch Ersatz
ihrer zur Ausführung des Auftrags gemachten Aufwendungen habe verlangen können (§
670 BGB).
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Dafür spreche auch, dass die GmbH verpflichtet sei, der Klin. nach Veräußerung der
Grundstücke eine Schlussrechnung über die Gesamtkosten der Maßnahme und die
erzielten Verkaufserlöse zu erstellen. Auch sei nicht entscheidend, dass im Vertrag eine
Überschussregelung nicht ausdrücklich angesprochen worden sei, da die Klin. wegen
der beabsichtigten Subventionierung der Baugrundstücke davon ausgehe, dass sich
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Fehlbeträge ergeben würden.
Entgegen der Ansicht der Klin. komme es nicht darauf an, dass der Vertrag vom
10.04.1996 nicht als Geschäftsbesorgungsvertrag bezeichnet worden sei und in ihm
nicht die BGB-Vorschriften ausdrücklich enthalten seien. Denn die Regelungen im
Rahmenvertrag würden dem Inhalt der §§ 667 und 670 BGB entsprechen.
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Hiergegen richtet sich die vorliegende Klage, mit der die Klin. die Aufhebung des
Grunderwerbsteuerbescheides vom 13.12.2000 und der Einspruchsentscheidung (EE)
vom 24.08.2001 erstrebt.
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Sie meint, sie habe keine Verwertungsbefugnis an dem von der GmbH erworbenen
Grundstück erworben.
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Die entscheidende Fragestellung laute, ob sie durch den Rahmenvertrag die
Möglichkeit erhalten habe, dass fragliche Grundstück auf eigene Rechnung zu
veräußern.
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Der nach § 1 Abs. 2 GrEStG steuerpflichtige Erwerb der Verwertungsbefugnis "auf
eigene Rechnung" durch sie würde zum Einen erfordern, dass ihr das wirtschaftliche
Ergebnis einer Verwertung des Grundstücks zustehen solle und zum Anderen, dass sie
die Verwertung auch selbst herbeiführen könne, d. h. von der GmbH die Veräußerung
an bestimmte Personen verlangen könne. Nur wenn beide Merkmale vorliegen würden
und es tatsächlich zum Verkauf auf Weisung komme, sei der Tatbestand des § 1 Abs. 2
GrEStG erfüllt (Hinweis auf BFH-Urteil vom 10.03.1999, II R 35/97, BStBl. II 1999, 491).
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Unter § 1 Abs. 2 GrEStG falle auch der (treuhänderische) Auftragserwerb und der
Erwerb auf Grundlage eines Geschäftsbesorgungsvertrages im Sinne des § 675 BGB.
Das FA vertrete die Auffassung, der Rahmenvertrag zwischen ihr und der GmbH sei als
ein solcher Geschäftsbesorgungsvertrag einzustufen. Dies sei unzutreffend. Der
Rahmenvertrag entspreche weder dem Wortlaut noch dem Wesen nach einem
Geschäftsbesorgungsvertrag.
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Die entgeltliche Geschäftsbesorgung sei dadurch gekennzeichnet, dass sich der
Geschäftsbesorger gegenüber dem Geschäftsherrn dazu verpflichte, eine selbständige
Tätigkeit wirtschaftlicher Art zu Wahrnehmung fremder Vermögensinteressen
auszuführen. Fehle diese Wahrnehmung fremder Vermögensinteressen, sei eine
entgeltliche Geschäftsbesorgung nicht gegeben und im Gefolge auch nicht der
gesetzlich begründete Übereignungsanspruch gemäß § 667 i. V. m. § 675 BGB.
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Zwar übernehme die GmbH mit dem Erwerb und Verkauf der Grundstücke für
Wohnbebauung oder Gewerbeansiedlung Aufgaben, die in ihrem, der Klin., Interesse
liegen würden. Ihre Vermögenssphäre sei jedoch nicht betroffen, da die GmbH die
Grundstücke nach § 5 Abs. 3 des Rahmenvertrages für eigene Rechnung erwerbe. Ein
der Regelung des § 667 BGB vergleichbarer Übereignungsanspruch sei nicht vereinbart
worden und könne auch nicht unterstellt werden, da sonst ihre Verpflichtung nach § 9
Abs. 2 des Rahmenvertrages, auf Verlangen der GmbH die bei Vertragsbeendigung
noch nicht verkauften Grundstücke zu übernehmen, keinen Sinn machen würde.
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Die für die Annahme einer Geschäftsbesorgung erforderliche Fremdnützigkeit beinhalte,
dass die Tätigkeit des Geschäftsbesorgers im Schwerpunkt im Fremdinteresse erfolge.
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Dies korrespondiere damit, dass eine Verwertungsbefugnis im Sinne des § 1 Abs. 2
GrEStG nur vorliegen würde, wenn ihr das wirtschaftliche Ergebnis einer Verwertung
des Grundstücks zustehen würde. Die Tätigkeit der GmbH erfolge jedoch
schwerpunktmäßig in deren eigenem Interesse. Dies zeige sich insbesondere darin,
dass öffentliche Flächen von der GmbH an sie nicht unentgeltlich herausgegeben
würden, sondern an sie zu einem einvernehmlichen Preis zu veräußern seien, eine
Veräußerung durch die GmbH auch ohne ihre, der Klin., Zustimmung möglich sei, und
keine Regelung für die Abführung eines Überschusses der Erlöse über die
Aufwendungen von der GmbH an sie vereinbart worden sei. Nach der vertraglichen
Regelung habe die GmbH somit die Chance, Wertsteigerungen der erworbenen
Grundstücke zu vereinnahmen. Dies entspreche auch der ausdrücklichen Regelung in §
5 Abs. 3 des Rahmenvertrages, nach der die GmbH die Grundstücke auf eigene
Rechnung erwerbe.
Das FA sei der Ansicht, dass das Fehlen einer Überschussregelung unerheblich sei,
weil sie, die Klin., davon ausgehe, dass sich Fehlbeträge ergeben würden. Das sei nicht
der Fall, da die Erzielung von Preisen, die mindestens die Kosten decken würden,
angestrebt würde und teilweise auch Überschüsse erzielt worden seien. Selbst wenn
dies der Fall wäre, wäre die rechtliche Folgerung unzutreffend. Die Beteiligung an
möglichen Veräußerungsgewinnen sei ein entscheidendes Merkmal der
Verwertungsbefugnis. Da eine solche Beteiligung der Klin. - unabhängig von der
Wahrscheinlichkeit einer solchen Gewinnerzielung - von vornherein nicht zustehen
würde, könne der Tatbestand des § 1 Abs. 2 GrEStG nicht erfüllt sein. Aus Sicht der
GmbH seien die Ergebnisse aus ihrer Tätigkeit in wirtschaftlicher Hinsicht auch von der
GmbH getragen worden. Entsprechend seien der Kauf und der Verkauf der Grundstücke
für die GmbH Geschäfte auf eigene Rechnung gewesen. Die GmbH sei durch die
Berechtigung, von der Klin. die Übernahme der nicht veräußerten Grundstücke zu
übernehmen, nur vor Wertverlusten der Grundstücke geschützt worden. Sie habe jedoch
die Chance, nicht nur den Verwaltungskostenbeitrag zu vereinnahmen, sondern eine
Wertsteigerung der Grundstücke selbst zu vereinnahmen.
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Des Weiteren sei zu beachten, dass eine Verwertungsbefugnis im Sinne des § 1 Abs. 2
GrEStG auch voraussetzen würde, dass die Klin. die Verwertung selbst herbeiführen
könne, d. h. von der GmbH die Veräußerung an bestimmte Personen verlangen könne.
Dies sei jedoch nicht der Fall. Das mit dem Vertrag vom 19.12.1996 erworbene
Grundstück werde wie die anderen Grundstücke von der GmbH selbst (teilweise) an
einen Kaufinteressenten veräußert. Die GmbH nehme die Auswahl der Käufer zwar in
Abstimmung und im Zusammenwirken mit der Klin. vor, dies führe jedoch nicht dazu,
dass die Klin. die Veräußerung selbst herbeiführen könne. Auch der Umstand, dass die
von der Klin. vorgeschlagenen potenziellen Käufer vorrangig zu berücksichtigen seien,
ändere nichts an der grundsätzlichen Entscheidungsfreiheit der GmbH. Unerheblich sei
insoweit auch, dass die Klin. die GmbH bei der Weiterveräußerung der Grundstücke
unterstütze, zumal die Klin. diese Unterstützungsfunktion allein auf Wunsch und in
Abstimmung mit der GmbH ausführe.
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Unabhängig von der zivilrechtlichen Einstufung des Rahmenvertrages sei auch nach
allgemeinen Grundsätzen die Tatbestandsvoraussetzungen des § 1 Abs. 2 GrEStG
nicht erfüllt. Der Rahmenvertrag ermögliche der Klin. nicht, sich den Wert des von der
GmbH erworbenen Grundstücks für eigene Rechnung nutzbar zu machen. Der Klin.
stehe weder das wirtschaftliche Ergebnis einer Verwertung des Grundstücks zu noch
könne sie von der GmbH die Veräußerung an bestimmte Personen verlangen. Diese
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Gestaltung des Rahmenvertrages sei für die Klin. aus außersteuerlichen Gründen von
entscheidender Bedeutung gewesen. Denn die haushaltsrechtlichen Einschränkungen,
die aus einem Treuhandverhältnis resultiert hätten, sollten vermieden werden. Die aus
diesem Grund gewollten rechtlichen und wirtschaftlichen Unterschiede des
Rahmenvertrages im Vergleich zu einem Treuhandvertrag seien auch der
grunderwerbsteuerlichen Behandlung zu Grunde zu legen.
Das FA vertrete die Auffassung, durch die Auflassungsvormerkung zugunsten der Klin.
wäre sichergestellt gewesen, dass sie bestimmen könnte, an wen das Grundstück
veräußert würde. Daraus würde eine Verwertungsbefugnis im Sinne des § 1 Abs. 2
GrEStG folgen. Diese Annahme gehe fehl. Das FA lasse außer Acht, dass die in § 5 des
Kaufvertrages enthaltene Auflassungsvormerkung zweckgebunden sei. Nach
ausdrücklicher vertraglicher Bestimmung "diene (sie) zur Absicherung der von der Stadt
A. gewährten Finanzierungsbürgschaft". Die Aufnahme dieser Regelung entspreche
dem Rahmenvertrag (§ 9 Abs. 3 in der geänderten Fassung vom 30.07.1996).
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Es sei somit nicht zutreffend, dass die GmbH in Bezug auf jegliche Verfügung über das
Grundstück von der Zustimmung der Klin. abhängig sei. Vielmehr habe die GmbH über
das Grundstück verfügen können, solange sie ihren Verpflichtungen aus dem
Rahmenvertrag nachgekommen sei und durch eine Veräußerung nicht das Risiko einer
Inanspruchnahme der Klin. aus der Finanzierungsbürgschaft begründet worden sei. In
diesem Regelfall habe sich aus den vertraglichen Vereinbarungen zwischen der Klin.
und der GmbH ein Anspruch der GmbH auf Löschung der Auflassungsvormerkung
ergeben. Dies sei auch anlässlich des Verkaufs dieses Grundstücks erfolgt. Eine solche
Auflassungsvormerkung zur Absicherung der Erfüllung von vertraglichen
Verpflichtungen sei nicht unüblich. Diese bedingte Möglichkeit eines Erwerbs des
Grundstücks führe nicht zu einer Verfügungsmacht im Sinne des
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§ 1 Abs. 2 GrEStG. Entscheidend sei für § 1 Abs. 2 GrEStG gerade nicht die rechtliche
Möglichkeit im Außenverhältnis - sonst würde ein Treuhandvertrag niemals zu einer
Verwertungsbefugnis des Treugebers führen - sondern immer die rechtlichen
Möglichkeiten im Innenverhältnis. Nur wenn durch diese der rechtliche Eigentümer das
Grundstück für Rechnung einer anderen Person verwerten müsse, liege ein Fall des § 1
Abs. 2 GrEStG vor. Die GmbH habe das Grundstück hingegen auf eigene Rechnung
erworben. Sie habe zwar bei der Veräußerung des Grundstücks bestimmten
vertraglichen Einschränkungen aus dem Rahmenvertrag unterlegen, ein Überschuss
aus deren Tätigkeit habe jedoch der GmbH zugestanden. Die Klin. habe aufgrund der
nur sicherungshalber bestellten Auflassungsvormerkung keine Möglichkeit gehabt, eine
Veräußerung des Grundstücks zu verhindern, weil sie im Innenverhältnis verpflichtet
gewesen sei, einer Löschung der Auflassungsvormerkung zuzustimmen, wenn die
GmbH die Verpflichtung aus dem Rahmenvertrag erfüllt habe und somit der
Sicherungszweck einer Löschung nicht entgegen gestanden habe. Eine solche
Verpflichtung zur Löschung der Auflassungsvormerkung im Innenverhältnis sei im
Streitfall gegeben gewesen, weil die GmbH den Veräußerungserlös zur Rückführung
des für den Erwerb aufgenommenen Kredits verwendet habe. Wegen der weiteren
Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Klin. vom 24.09.2001, 03.12.2001, 05.12.2001,
14.03.2002 und vom 26.05.2004 und den jeweils beigefügten Anlagen verwiesen.
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Die Klin. beantragt,
77
den Grunderwerbsteuerbescheid vom 13.12.2000 und die EE vom 24.08.2001
78
aufzuheben
und hilfsweise die Revision zuzulassen.
79
Das FA beantragt,
80
die Klage abzuweisen.
81
Es beruft sich auf die EE vom 24.08.2001 und weist ergänzend darauf hin, aus § 5 des
Kaufvertrages vom 19.12.1996, den die GmbH mit Herrn L geschlossen habe, ergebe
sich, dass zugunsten der Klin. eine Auflassungsvormerkung bestellt worden sei.
Hierdurch sei für die Klin. sichergestellt gewesen, dass sie letztendlich habe bestimmen
können, an wen das Grundstück veräußert würde. Die GmbH sei in Bezug auf jegliche
Verfügung über das Grundstück von der Zustimmung der Klin. abhängig gewesen.
Entgegen der Behauptung der Klin. fehle der GmbH somit die Rechtsmacht, über das
Grundstück frei zu verfügen. Dies sei für die Anwendung des § 1 Abs. 2 GrEStG
ausreichend (BFH-Urteil vom 17.09.1986 II R 105/85 BFH/NV 1987, 808).
82
Auf Aufforderung des Gerichtes legte die Klin. mit Schriftsatz vom 26.05.2004 u. a. die in
§ 8 Nr. 4 des Rahmenvertrages vereinbarte Generalvollmacht vor. In dieser notariell
erteilten Vollmacht vom 03.07.1996 erteilten die Vertretungsberechtigten der GmbH den
drei Angestellten der Klin., den Herren M , O und P , und zwar jedem einzelnen für sich
Vollmacht, alle Erklärungen abzugeben und Verträge zu schließen, die erforderlich sind,
um in der Stadt A. gelegene und im Eigentum der GmbH befindliche Grundstücke zu
veräußern. Die Bevollmächtigten sind danach auch berechtigt, Grundstücke zu
veräußern, Verträge für die Grundstücksveräußerungen anzunehmen, Auflassungen zu
erklären und Eintragungen aller Art in das Grundbuch zu bewilligen und zu beantragen
Rangrücktritte zu erklären und zu bewilligen. Die Bevollmächtigten sind auch befugt,
Anträge jeglicher Art beim zuständigen Katasteramt zu stellen.
83
Außerdem legte die Klin. einen Auszug aus dem Protokoll des Hauptausschusses vom
22.01.1996 zum Punkt "Bevorratung von Bauerwartungsland, Wohnbauland und
Gewerbeflächen sowie Planung und Erschließung durch eine
Finanzierungsgesellschaft" vor.
84
Gegenstand der Beratungen waren u. a. die den Ausschussmitgliedern vor Beginn der
Beratungen übergebenden Kopien der Vertragsentwürfe der GmbH sowie einer
weiteren Gesellschaft.
85
In dem Protokoll heißt es u. a.:
86
"Über den vorstehenden Flächen soll mit einer Anlagegesellschaft ein
Rahmenvertrag abgeschlossen werden. Die Stadt A. strebt eine
Grundstücksvollmacht zur Übertragung und zum Verkauf aus dem Bestand der
Anlagegesellschaft an, um auch letztlich, wie bei der Abwicklung über den
Städtischen Haushalt, ständig die Kostenentwicklung und den Markt beobachten
zu können. Diese Überwachung ist dringend erforderlich, da Vertragslaufzeiten bis
längstens 8 Jahre vorgesehen sind und zu diesem Zeitpunkt entweder eine
Vertragsverlängerung erfolgt, oder die Stadt A. die Grundstücke zu den
aufgelaufenen Kosten zurückerwerben muss."
87
An einer anderen Stelle des Protokolls ist von dem bei der Anlagegesellschaft
"geparkten" Grundstücksbestand die Rede.
88
Bei einer Hauptausschusssitzung am 29.04.1996 ist unter Punkt 4 eine "Information
über die Grundstücksbevorratung bei der GmbH" erteilt worden.
89
Außerdem hat die Klin. betreffend eines Wohngebietes den Erschließungsvertrag vom
27./30.10.1997 über die von der GmbH durchzuführende Erschließung vorgelegt. In der
Präambel heißt es u. a., dass der nachfolgende Vertrag die Durchführung der
Erschließung für die Zeit bis zum Verkauf der erschlossenen Grundstücke an Dritte bzw.
bis zur Übernahme der nicht verkauften Grundstücke durch die Stadt A. regele.
90
Laut § 11 war unter dem Punkt "Kostennachweis und Kostenanteil der Stadt" geregelt,
dass die GmbH für das Vorhaben ein eigenes Objektkonto führt, in das alle mit der
Projektdurchführung entstehenden Kosten eingestellt werden.
91
In § 11 Abs. 2 war u. a. geregelt:
92
"Die Stadt verpflichtet sich, die Erschließungskosten gemäß § 133 Abs. 3 Satz 5
BBauGB durch die Bestimmung einer Ablösung vor der Festsetzung des
Kaufpreises zu ermitteln. Der Grundstückskaufpreis bestehend aus den Kosten des
Grundstückserwerbs, der Grundstücksentwicklung, den Erschließungskosten und
evtl. einen überschreitenden Restbetrag wird einvernehmlich mit der Stadt
festgelegt ..."
93
§ 11 Abs. 3 lautet:
94
"Die GmbH hat der Stadt spätestens sechs Monate nach endgültiger Fertigstellung
der in § 2 genannten Anlagen die Kosten einschließlich der bis dahin
entstandenen Finanzierungskosten und -gebühren für diese Anlagen durch
Vorlage der Schlussrechnung und der Zahlungsbelege nachzuweisen."
95
In § 11 Abs. 4 heißt es:
96
"Die in das Objektkonto gemäß Abs. 1 eingestellten Aufwendungen gehören zu
den Aufwendungen gemäß § 6 des Rahmenvertrages. Sie werden wie alle übrigen
Kosten auf die Netto-Baulandfläche umgelegt. Sofern eine Kostenumlage auf die
Nettobaulandfläche nicht oder nicht vollständig möglich ist, werden diese
Aufwendungen der GmbH durch die Stadt erstattet."
97
Das FA hat mit Schriftsatz vom 25.05.2004 drei notarielle Verträge vorgelegt, in denen
die GmbH drei Grundstücke aus dem Vertragsgebiet für gewerbliche Zwecke an
Interessenten veräußert hat, und zwar
98
Vertrag vom 28.12.1999 UR-Nr. 712/1999 des Notars W , B
99
100
Vertrag vom 04.01.2000 (UR-Nr.: 1/2000 A des Notars X )
101
102
Vertrag vom 18.02.2000 (UR-Nr.: 162/2000 A des Notars X ).
103
104
In allen drei Verträgen war die Klin. als Vertragspartei (auf der Veräußererseite, ohne
direkt als "Verkäufer" bezeichnet zu werden) aufgeführt.
105
Die GmbH wurde darin unter Berufung auf die Generalvollmacht entweder von Herrn P
oder vom Kämmerer O vertreten. Der Kaufpreis war jeweils auf ein angegebenes Konto
der GmbH bei der WestLB unter Angabe der jeweiligen Projektnummer und unter
Angabe des jeweiligen Gewerbegebietes zu zahlen.
106
Die Erwerber verpflichteten sich jeweils, die erworbenen Grundstücke innerhalb einer
bestimmten Frist mit bestimmten Gebäuden zu bebauen. Falls der Erwerber hiergegen
verstoßen würde, verpflichtete er sich, die Grundstücke lasten- und kostenfrei und gegen
zinslose Erstattung gezahlter Beträge für Kaufpreis und Erschließungskosten an die
Stadt A. zurückzuübereignen. Teilweise verpflichteten sich die Erwerber zusätzlich, den
jeweiligen Betrieb in der Stadt A. steuerlich zu führen.
107
Zur Sicherung des Auflassungsanspruches bewilligten und beantragten die
Vertragsschließenden die Eintragung einer Auflassungsvormerkung zugunsten der
Stadt A. in das Grundbuch.
108
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze, die
vorgelegten Steuerakten sowie auf das Protokoll über die mündliche Verhandlung am
03.06.2004 verwiesen.
109
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
110
Die Klage ist nicht begründet.
111
Das FA hat gegenüber der Klin. zu Recht im Grunderwerbsteuerbescheid vom
13.12.2000 Grunderwerbsteuer festgesetzt. Die Klin. hat durch den am 10.04.1996 mit
der GmbH geschlossenen notariellen Rahmenvertrag (in der durch Vertrag vom
30.07.1996 geänderten Fassung) die Verwertungsbefugnis im Sinne des § 1 Abs. 2
GrEStG u. a. auch an dem durch die GmbH mit notariellem Kaufvertrag vom 19.12.1996
vom Landwirt L. erworbenen Grundstück erlangt.
112
Der Grunderwerbsteuer unterliegen gemäß § 1 Abs. 2 GrEStG auch solche
Rechtsvorgänge, die es ohne Begründung eines Anspruchs auf Übereignung einem
anderem rechtlich oder wirtschaftlich ermöglichen, ein Grundstück auf eigene Rechnung
zu verwerten. Durch diese Vorschrift sollen Sachverhalte erfasst werden, bei denen es
113
zwar nicht - wie in den Fällen des § 1 Abs. 1 GrEStG - zu einem Rechtsträgerwechsel, d.
h. zu einer Änderung der Rechtszuständigkeit im Außenverhältnis kommt, bei denen
jedoch der Berechtigte einem anderen im Innenverhältnis so weitgehende
Einflussmöglichkeiten hinsichtlich des Grundstücks einräumt, die den in § 1 Abs. 1
GrEStG beschriebenen Tatbeständen so nahe kommen, das letztlich dieser und nicht
mehr der Eigentümer über die Verwertung des Grundstücks entscheiden kann und der
andere damit sich den Wert des Grundstücks auf eigene Rechnung nutzbar machen
kann (vgl. BFH-Urteile vom 26.07.2000 II R 33/98 a. a. O. und vom 27.07.1994 II R 67/91
BFH/NV 1995, 269).
Demgemäß ist es zur Erfüllung des Tatbestandes des § 1 Abs. 2 GrEStG nicht
erforderlich, dass der Berechtigte wie ein Eigentümer über das Grundstück verfügen, d.
h. es besitzen, verwalten, nutzen, belasten und schließlich veräußern kann. Es genügt
wenn er die Verwertungsbefugnis über das Grundstück erlangt hat, auch wenn das eine
oder andere der genannten Rechte ihm nicht eingeräumt worden ist oder ihm nicht
zusteht (vgl. BFH-Urteil vom 27.07.1994 a. a. O.). Für den Erwerber einer
Verwertungsbefugnis ergeben sich, ebenso wie beim Eigentümer, zwei Möglichkeiten
der Verwertung, nämlich die Nutzung und die Veräußerung. Diese Gegenüberstellung
einer Verwertungsmöglichkeit durch Veräußerung und einer Verwertungsmöglichkeit
durch Nutzung und Substanzbeteiligung schließt aber nicht aus, dass die rechtliche
oder wirtschaftliche Möglichkeit, ein Grundstück auf eigene Rechnung zu verwerten,
durch Umstände begründet wird, die teils dem einen, teils dem anderen Bereich
zugehören. Ob die einzelnen Elemente der Rechtsmacht eines anderen je für sich allein
die Besteuerung (nach § 1 Abs. 2 GrEStG) auslösen können, ist unerheblich.
Entscheidend ist, ob die Gesamtheit der mit dem Grundstückseigentümern getroffenen
Vereinbarungen eine Verwertungsbefugnis in dem dargelegten Sinne begründet (BFH-
Urteil vom 03.10.1984 II R 109/82 BStBl. II 1985, 97 und Urteil des Finanzgerichts
Nürnberg vom 07.12.2000 IV 354/98 juris-Rechtsprechung Nr. DN 104 844).
114
Eine Verwertungsbefugnis in diesem Sinne wurde zugunsten der Klin. an den von der
GmbH erworbenen Grundstücken durch den Rahmenvertrag vom 10.04./30.07.1996
begründet. Nach diesem Vertrag verpflichtete sich die GmbH die in der Anlage des
Vertrages aufgeführten Grundstücke sowie weitere Wohn- und Gewerbegebiete aus
privatem und städtischem Eigentum (sogenanntes Vertragsgebiet) in Abstimmung und
Zusammenwirken mit der Klin. für Zwecke der Wohnbebauung/Gewerbeansiedlung
sowie als Austausch/Ersatzflächen zu erwerben, vorzuhalten und an Interessenten zu
veräußern.
115
Die Ausarbeitung der rechtlichen und wirtschaftlichen Grundsätze, zu denen die
Grundstücke im Einvernehmen mit der Klin. an Dritte zu veräußern sind, oblag der
GmbH, wobei ausdrücklich geregelt war, dass, da die Verkaufspreise, nur im
Einvernehmen mit der Klin. festgelegt werden könnten, eine Unterdeckung von der Klin.
zu genehmigen sei (§ 5 Abs. 1 Nr. 6 des Rahmenvertrages).
116
Die GmbH war nach dem Rahmenvertrag verpflichtet, die Baugrundstücke oder
Austausch- /Ersatzflächen an Bauwillige entsprechend den mit der Klin. in diesem
Vertrag getroffenen Vereinbarungen zu veräußern und dabei die von der Klin.
vorgeschlagenen Bewerber vorrangig zu berücksichtigen. Der von den
Vertragsbeteiligten angestrebte Verkaufspreis sollte mindestens die Kosten decken. Der
Verkaufspreis für die Baugrundstücke war danach gegenüber den Bauinteressenten
bereits durch den Rahmenvertrag im Wesentlichen festgelegt. Er bestimmte sich nach
117
dem Einkaufspreis der Grundstücke und den sonstigen in § 6 Abs. 1 des
Rahmenvertrages aufgeführten bei der GmbH im Rahmen der Baureifmachung,
Objektbewirtschaftung und Vermarktung entstandenen Kosten (Steuern,
Grundbesitzabgaben, Planungskosten, Grunderwerbs- und Notarkosten,
Vermessungskosten, Erschließungs- und Finanzierungskosten). Außerdem war gemäß
§ 6 Abs. 2 des Rahmenvertrages eine Bearbeitungsgebühr der GmbH zu
berücksichtigen.
Diese auf den Objektkonten zu berücksichtigenden Kosten waren gemäß § 6 Abs. 1 des
Rahmenvertrages mit den für die erworbenen Grundstücke erzielten Verkaufserlöse zu
verrechnen.
118
Aus den genannten Regelungen ergibt sich, dass die Klin. den Verkauf der durch die
GmbH erworbenen Grundstücke an Dritte jedenfalls dann von einer eigenen
ausdrücklichen Zustimmung abhängig machte, wenn sich eine Unterdeckung ergeben
sollte. Im Übrigen war in § 5 Abs. 1 Nr. 6 des Rahmenvertrages geregelt, dass die
Grundstücke im Einvernehmen mit der Klin. nach bestimmten rechtlichen und
wirtschaftlichen Grundsätzen an Dritte zu veräußern waren, wobei die Grundsätze
schriftlich niedergelegt werden sollten. Insoweit war die GmbH bei der Verwertung der
von ihr im Vertragsgebiet erworbenen Grundstücke generell von der Zustimmung der
Klin. abhängig.
119
Wenn nun die Klin. im Klageverfahren behauptet, eine schriftliche Ausarbeitung dieser
Grundsätze sei nicht erfolgt, so geht der Senat jedoch davon aus, dass sich die
Vertragsbeteiligten zumindest mündlich über diese Grundsätze geeinigt haben. Zu
diesen Grundsätzen gehört, dass die GmbH bei jedem Projekt Kostenkalkulationen
vorgenommen hat, anhand derer die Verkaufspreise zwischen den Vertragsbeteiligten
einvernehmlich festgelegt worden sind. Dies ergibt sich ebenso aus dem Vorbringen der
Klin. wie die Absicht, dass Preise angestrebt worden seien, die mindestens die Kosten
decken sollten. Dieser Kostendeckungsgesichtspunkt bezog sich - wie sich aus den für
die einzelnen Objekte vorgelegten Abrechnungen ergibt - nicht jeweils auf das einzelne
Objekt. Denn insoweit konnten und haben sich bei den einzelnen Objekten zum Teil
Überschüsse zum Teil Unterdeckungen ergeben. Er bezog sich offensichtlich auf alle
Objekte in der gesamten Vertragslaufzeit des Rahmenvertrages, dessen Laufzeit
inzwischen über den 30.04.2004 hinaus um ein Jahr verlängert worden ist.
120
Laut Angaben der Klin. im außergerichtlichen Verfahren müsste sie einen negativen
Saldo ausgleichen (Aktenvermerk des FA vom 23.11.2000 - Bl. 30 der GrESt-Akte). Die
Übertragung der für die öffentliche Nutzung bestimmten Grundstücke auf die Klin. sollte
gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 8 zu einvernehmlichen Preisen erfolgen. Wie sich aus § 9 Abs. 2
des Rahmenvertrages ergibt, sollte es sich auch dabei um kostendeckende Preise
handeln. Gemäß § 9 Abs. 2 des Rahmenvertrages hatte die Klin. die bei dem zunächst
zum 30.04.2004 vorgesehenen Vertragsende (mit Verlängerungsmöglichkeit) noch nicht
an Dritte verkauften Grundstücke - hierzu gehörten auch die öffentlichen Flächen - unter
Abschluss entsprechender Kaufverträge zu übernehmen und den Ankaufspreis unter
Einbeziehung aller angefallenen Kosten (Aufwendungen gemäß § 6 Abs. 1) an die
GmbH zu zahlen.
121
Die GmbH war gemäß § 4 Abs. 1 des Rahmenvertrages verpflichtet, in Abstimmung mit
der Klin. tätig zu werden und alle Angelegenheiten von wesentlicher Bedeutung
rechtzeitig an die Klin. heranzutragen. Gemäß § 7 Abs. 1 musste sie die Klin.
122
halbjährlich und auf Anforderung über den Stand der Maßnahme unterrichten
(Grundstückszugänge, -abgänge, Kaufpreis, Unternehmensaufwand, Erlöse).
Nach § 7 Abs. 2 hat die GmbH der Klin. eine Schlussrechnung über die Gesamtkosten
der Maßnahme und die erzielten Verkaufserlöse zu erstellen.
123
Eine derartige Regelung macht im Zusammenhang mit den anderen Regelungen des
Rahmenvertrages (u. a. § 5 Abs. 1 Nr. 6 und § 6 Abs. 1) nur Sinn, wenn sich hieraus
auch für die Klin. die Verpflichtung ergab, der GmbH den bei dieser Abrechnung
verbleibenden Unterdeckungsbetrag zu erstatten, wobei ihr im Gegenzug ein nach
vollständiger Verwertung und Abrechnung verbleibender Überschuss zustand.
Dementsprechend hat die Klin. auf Seite 2 (unten) des Einspruchsschreibens vom
09.01.2001 auch nicht bestritten, dass sie das wirtschaftliche Risiko übernommen habe.
124
Die Gesamtheit der o. a. Regelungen ergibt nicht nur, dass der Einkauf und die
Verwertung der Grundstücke durch die GmbH auf Rechnung der Klin. erfolgt ist. Der
Klin. waren auch so weitgehende Einwirkungsmöglichkeiten eingeräumt, dass ihr das
Verwertungsrecht an den von der GmbH erworbenen Grundstücken zustand.
125
Der Klin. war zwar wegen eines Verkaufs der Grundstücke durch die GmbH im
Rahmenvertrag kein striktes Weisungsrecht ausdrücklich eingeräumt worden. Jedoch ist
die GmbH nach § 1 Abs. 1 des Rahmenvertrages verpflichtet, die Baugrundstücke an
bauwillige Interessenten zu veräußern. Die Klin. hat dabei das Recht, Käufer zu
benennen, die von der GmbH "vorrangig zu berücksichtigen" sind. Dieses Recht der
Klin., verbunden mit der vertraglichen Verpflichtung der GmbH, die von der Klin.
benannten Käufer bevorzugt zu berücksichtigen, gibt ihr jedoch wegen des Verkaufs der
Grundstücke eine Einflussmöglichkeit, die einem Weisungsrecht weitgehend
gleichkommt. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund der sonstigen Regelungen
des Rahmenvertrages, vornehmlich der konkludent vereinbarten Übernahme eines nach
Gesamtabrechnung verbleibenden Verlustes durch die Klin. bzw. der Auskehrung eines
Überschusses an sie und der Festlegung der Verkaufspreise, die nur im Einvernehmen
mit der Klin. erfolgen konnte. Über das Recht zur Benennung von bevorzugt zu
berücksichtigenden Käufern konnte die Klin. den Grundstücksverkauf in ihrem Sinne
steuern. Wie weit sie von dieser Möglichkeit tatsächlich Gebrauch machte oder ob sie
die Anwerbung von Bauwilligen ausschließlich der GmbH überließ, ist dabei nicht
maßgebend. Es kommt vielmehr auf die dargelegten vertraglichen
Einwirkungsmöglichkeiten der Klin. an.
126
Auch über die mit ihrem Einvernehmen festzulegenden Grundstückspreise (jedenfalls
bei einer aufgrund der Kostenkalkulation zu erwartenden Unterdeckung) hatte die Klin.
hier ebenfalls maßgeblichen Einfluss auf die Verwertung der Grundstücke.
127
Als weitere Einwirkungsmöglichkeit der Klin. ist hier zu berücksichtigen, dass sie sich
gemäß § 8 Abs. 1 des Rahmenvertrages verpflichtet hatte, bei Erwerb der Grundstücke
auf Wunsch und in Abstimmung mit der GmbH die notwendigen Verhandlungen mit den
Verkäufern bis zur Abschlussreife zu führen. Von dieser Regelung ist offensichtlich
Gebrauch gemacht worden. Dies zeigt beispielhaft der im vorliegenden Fall
abgeschlossene Grundstückskaufvertrag vom 19.12.1996, bei dem der städtische
Bedienstete M beim Grundstückserwerb für die GmbH als Vertreter aufgetreten ist. Wie
sich aus Seite 2 unten des Einspruchsschreibens vom 09.01.2001 ergibt, ist die Klin.
ebenfalls bei den Verkaufsverhandlungen für die GmbH tätig geworden.
128
Dies wird auch bestätigt durch die vom FA mit Schriftsatz vom 25.05.2004 vorgelegten
drei Kaufverträge über die Weiterveräußerung von Grundstücksflächen.
129
Eine weitere Einflussmöglichkeit hatte die Klin. aufgrund der gemäß § 9 Abs. 3 b des
Rahmenvertrages in jeden Ankaufsvertrag aufzunehmenden Auflassungsvormerkung zu
ihren Gunsten. Daraus ergibt sich ebenfalls, dass die GmbH nicht ohne weiteres
rechtlich ohne vorherige Freigabe der Auflassungsvormerkung durch die Klin. über die
Grundstücke frei verfügen konnte.
130
Wegen der umfassenden Einflussmöglichkeiten der Klin. nach dem Rahmenvertrag, die
nicht nur den An- und Verkauf der Grundstücke betreffen, sondern auch die Preisbildung
durch die Klin., die Übernahme eines verbleibenden Defizits durch sie und die
Auskehrung eines Überschusses ist der Senat der Auffassung, dass die Befugnis, die
Veräußerung der Grundstücke herbeizuführen, zwar formal bei der GmbH liegt, dass
aber gewährleistet ist, dass die GmbH als Dritte im Interesse der Klin. tätig wird, der das
wirtschaftliche Ergebnis der Grundstücksveräußerung zukommt. Die GmbH ist aufgrund
der Vereinbarungen im Rahmenvertrag als beauftragte Hilfsperson der aus der
Grundstücksverwertung begünstigten Klin. anzusehen (vgl. dazu BFH-Urteil vom
10.03.1999 II R 35/97 BStBl. II 1999, 491).
131
Dass hier die GmbH lediglich einen entgeltlichen Dienstvertrag im Sinne eines
Geschäftsbesorgungsvertrages gemäß § 675 BGB durchführen und keine eigenen
Grundstücksgeschäfte mit den damit einhergehenden Gewinn- und
Verlustmöglichkeiten tätigen wollte, ergibt sich auch aus der Entgeltsregelung in § 6
Abs. 2 des Rahmenvertrages. Danach berechnet die GmbH zur Deckung ihres eigenen
Aufwandes einen Verwaltungskostenbeitrag (zzgl. jeweils gültiger Mehrwertsteuer) von
jährlich 0,75 % der Bemessungsgrundlage, jedoch mindestens 32.000 DM jährlich (zzgl.
der gesetzlichen Mehrwertsteuer). Als Bemessungsgrundlage für den
Verwaltungskostenbeitrag wurden dabei die Grundstücksankaufspreise zzgl. der
grundstücksbezogenen Nebenerwerbskosten wie Notarkosten, Grunderwerbsteuer,
Vermessungskosten, Gerichtsgebühren, abzgl. der Erlöse aus Flächenverkäufen zu den
Einstandspreisen zu Grunde gelegt. Eine derartige Regelung wäre überflüssig
gewesen, wenn die GmbH mit den von ihr erworbenen Grundstücken selbst hätte
Gewinne machen wollen.
132
Aus der Verrechnungs-Regelung in § 6 Abs. 1 des Rahmenvertrages ergibt sich, dass
nach Auffassung der Vertragsbeteiligten rechtlich der jeweils erzielte Verkaufserlös der
Klin. zustehen sollte. Denn wenn ihr nicht rechtlich dieser Anspruch als Gegenanspruch
zustehen sollte, hätte sie diesen Anspruch nicht mit den Kostenerstattungsanspruch der
GmbH verrechnen, d. h. gem. §§ 387 ff. BGB aufrechnen können.
133
Wegen der umfassenden Einflussmöglichkeiten der Klin. nach dem Rahmenvertrag
steht der vom FA angenommenen Verwertungsbefugnis nicht entgegen, dass die
Übertragung der bei Vertragsende noch nicht verkauften Grundstücke an die Klin. in
dem Vertrag nicht als Herausgabeanspruch für sie formuliert ist, sondern als
Verpflichtung der Klin., auf Verlangen diese Grundstücke zum festgelegten
Verkaufspreis zu erwerben. Denn auch ohne ausdrücklich formulierten
Herausgabeanspruch bewirkt die Regelung in jedem Fall eine Verwertung der
Restgrundstücke ausschließlich auf Rechnung und entsprechend dem Interesse der
Klin. Soweit nach Ablauf der vereinbarten Vertragslaufzeit die Erwerbspflicht der Klin.
134
für die nicht verkauften Grundstücke zum Tragen kommt, erhält sie die von der GmbH
angekauften Grundstücke. Dafür, dass die GmbH nach Ablauf der vereinbarten Zeit der
Klin. gegenüber diese Ankaufsverpflichtung geltend macht, spricht insbesondere, dass
sie nur so ihre Eigen- oder Fremdfinanzierungskosten über den vereinbarten Kaufpreis
ersetzt bekommt.
Sollte dagegen die GmbH wegen besonderer Umstände nach Ablauf der festgelegten
Vertragslaufzeit auf eine Übertragung der Restgrundstücke an die Klin. verzichten - etwa
wegen eines bei einem Verkauf an Bauinteressenten zu erzielenden höheren Preises -,
käme auch ein auf diese Weise von der GmbH erzielter Mehrerlös ausschließlich der
Klin. über eine bei der Gesamtabrechnung höhere Überschussauskehrung oder eine
geringere auszugleichende Unterdeckung zu Gute. In beiden Fällen - sowohl bei
Rückübertragung der Restgrundstücke auf die Klin. als auch bei einem Weiterverkauf
durch die GmbH selbst - erfolgt die Verwertung dieser Restgrundstücke ausschließlich
auf Rechnung und entsprechend dem wirtschaftlichen Interesse der Klin., wobei sie
nach wie vor durch Benennung von Käufern auch auf die Personen und damit den Kreis
der Erwerber Einfluss nehmen kann. Selbst wenn die Rückübertragung bzw. die
Auskehrung des Erlöses von Restgrundstücken an die Klin. erst nach Ablauf mehrerer
Jahre nach Ablauf der im Vertrag genannten Laufzeit erfolgt, steht dies der Annahme
einer Verwertungsbefugnis nicht entgegen. Denn bei einem Auftragserwerb wird die
Grunderwerbsteuerpflicht nach § 1 Abs. 2 GrEStG nicht dadurch gehindert, dass der
Beauftragte erst nach Eintritt bestimmter Voraussetzungen, deren Herbeiführung nicht
vom Willen des Anspruchsberechtigten abhängig sind, zur Herausgabe des durch den
Auftrag erlangten Grundstücks verpflichtet ist (vgl. BFH-Urteile vom 17.09.1986 II R
105/85 BFH/NV 1987, 808 und vom 25.11.1992 II R 122/89 BFH/NV 1993, 688 und
Urteil des Finanzgerichts Nürnberg vom 07.12.2000 a. a. O.).
135
Die Klin. kann sich nicht mit Erfolg darauf berufen, nach der vertraglichen Regelung im
Rahmenvertrag habe die GmbH die Chance, Wertsteigerungen der erworbenen
Grundstücke zu vereinnahmen. Die Klin. beruft sich hierbei zu Unrecht darauf, dass
keine Regelung für die Abführung eines Überschusses der Erlöse über die
Aufwendungen von der GmbH an sie vereinbart sei. Es ist zwar zutreffend, dass eine
Regelung nach dem Wortlaut des Rahmenvertrages nicht in ihm enthalten ist. Der Senat
ist aber der Auffassung, dass sich eine derartige Vereinbarung konkludent aus den
verschiedenen Regelungen im Rahmenvertrag, insbesondere aus der
Rechnungslegungspflicht der GmbH gemäß § 7 Abs. 2 i. V. m. der Kostentragungspflicht
der Klin. und der Verrechnung mit den Verkaufserlösen gemäß § 6 Abs 1 des
Rahmenvertrages ergibt (vgl. oben).
136
An diesem Ergebnis ändert auch die ausdrückliche Regelung in § 5 Abs. 3 des
Rahmenvertrages nichts, nach der die GmbH die Grundstücke auf eigene Rechnung
erwirbt. Es kann sein, dass damit die Vertragsparteien fälschlicherweise gemeint haben,
dass der Erwerb unter Einsatz von Darlehensverbindlichkeiten, die die GmbH selbst
eingegangen ist, als Erwerb "auf eigene Rechnung" einzustufen ist. Letztlich kann dies
dahinstehen. Dieser Regelung kommt keine entscheidende Bedeutung zu. Sie steht im
nicht zu vereinbarenden Gegensatz zu den übrigen Regelungen im Rahmenvertrag. Die
Auslegung dieser übrigen Regelungen und deren Handhabung durch die
Vertragsparteien ergibt, dass die GmbH die Grundstücke auf Kosten der Klin. erworben
hat. Wie oben ausgeführt ist, ist der An- und Verkauf der durch die GmbH erworbenen
Grundstücke auf Rechnung der Klin. erfolgt, weil diese nicht nur die Kosten, sondern
auch das mit diesen Grundstücksgeschäften verbundene wirtschaftliche Risiko zu
137
tragen hatte. Aus diesem Grund ist es auch verständlich, dass die Klin. in dem
Änderungsvertrag vom 30.07.1996 zum Rahmenvertrag ausdrücklich eine ergänzende
Regelung in § 5 Abs. 1 Nr. 6 hat aufnehmen lassen, wonach bei der Festlegung von
Verkaufspreisen die Verkaufspreise bei einer Unterdeckung von der Klin. zu
genehmigen sind. Dies diente eindeutig der Minimierung ihres wirtschaftlichen Risikos.
Im Übrigen zeigt sich auch in den Rückübereignungsregelungen, die bei Nichterfüllung
bestimmter Verpflichtungen der Erwerber in den vom FA mit Schriftsatz vom 25.05.2004
vorgelegten drei Weiterveräußerungsverträgen enthalten sind, dass sowohl nach
Auffassung der GmbH, die als Veräußerin aufgeführt war, als auch nach Auffassung der
Klin., die ebenfalls als Vertragsbeteiligte aufgeführt war, dass an den von der GmbH
angekauften und jetzt durch die GmbH weiterverkauften Grundstücke die wirtschaftliche
Verwertungsbefugnis der Klin. zustand. Denn es wäre ansonsten nicht verständlich,
dass sich der Erwerber bei Nichteinhaltung von darin zugunsten der Klin. geregelten
Verpflichtungen zur Rückübereignung an die Klin. und nicht an die GmbH verpflichtete,
von der er das Eigentum am Grundstück formal erwarb.
138
Außerdem wurde durch die Regelung der Kaufpreiszahlung in den
Weiterveräußerungsverträgen in Verbindung mit der Verrechnungsregelung in § 6 Abs.
1 des Rahmenvertrages sichergestellt, dass die Kaufpreise auch auf den von der GmbH
zu führenden Objektkonten ankamen und damit zugunsten der Klin. für eine
Aufrechnung zur Verfügung standen.
139
Dass die GmbH von der Klin. als beauftragte Hilfsperson angesehen wurde, ergibt sich
auch aus dem Protokoll der Hauptausschusssitzung vom 22.01.1996 zum Punkt
"Bevorratung von Bauerwartungsland, Wohnbauland und Gewerbeflächen sowie
Planung und Erschließung durch eine Finanzierungsgesellschaft". Nach diesem
Protokoll strebte die Klin. an, mit der GmbH die dann später erteilte Grundstück-
Generalvollmacht zu vereinbaren. Diese Überwachung sei - so im Protokoll - dringend
erforderlich, da Vertragslaufzeiten bis längstens acht Jahre vorgesehen seien und zu
diesem Zeitpunkt entweder eine Vertragsverlängerung erfolge oder die Stadt A. die
Grundstücke zu den aufgelaufenen Kosten zurückerwerben müsse.
140
Daraus ergibt sich, dass sich die Klin. als die Geschäftsherrin ansah, die auch
insgesamt das wirtschaftliche Risiko zu tragen hatte. Dementsprechend ist an einer
anderen Stelle des Protokolls von dem bei der Anlagegesellschaft "geparkten"
Grundstücksbestand die Rede.
141
Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.
142
Die Revision war nicht zuzulassen, weil keine der in § 115 Abs. 2 FGO genannten
Voraussetzungen hierfür vorliegen. Es handelt sich um die Entscheidung eines
Einzelfalls auf der Grundlage der feststehenden Rechtsgrundsätze der BFH-
Rechtsprechung.
143