Urteil des FG Münster vom 15.12.2010

FG Münster (verhältnis zwischen, auflösung, höhe, beteiligung, stille reserven, gewinnanteil, anteil, verhältnis, kapitalerhöhung, verlustverrechnung)

Finanzgericht Münster, 10 K 96/07 F
Datum:
15.12.2010
Gericht:
Finanzgericht Münster
Spruchkörper:
10. Senat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
10 K 96/07 F
Sachgebiet:
Finanz- und Abgabenrecht
Tenor:
Unter Änderung des Bescheides über die gesonderte und einheitliche
Feststellung von Besteuerungsgrundlagen 2002 vom 26.10.2005 in
Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 13.12.2006 werden die
Einkünfte aus Gewerbebetrieb mit 35.444,93 EUR und der auf den
Beigeladenen entfallende Gewinnanteil mit 93.657,30 EUR festgestellt.
Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.
Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind erstattungsfähig.
Das Urteil ist wegen der Kostenentscheidung gegen Sicherheitsleistung
in Höhe der Kostenerstattungsansprüche der Klägerin und des
Beigeladenen vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird zugelassen.
G r ü n d e:
1
I.
2
Umstritten ist die Höhe der jährlichen Auflösung eines Ausgleichspostens in der
Ergänzungsbilanz.
3
Die Klägerin betreibt ihr Unternehmen in der Rechtsform der GmbH & Co. KG.
Persönlich haftende Gesellschafterin ist die XXXXXX Feinkost Verwaltungs GmbH, die
nicht am Kapital der Klägerin beteiligt ist. Kommanditisten sind Frau Yyyyyyy sowie der
Beigeladene, die mit einer Kommanditeinlage i.H.v. 232.500 DM (Frau Yyyyyyy) bzw.
i.H.v. 3.202.500 DM (Beigeladener) am Kapital der Klägerin beteiligt sind.
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Bis zum 28.12.1997 waren Frau Yyyyyyy mit einem Kommanditanteil i.H.v. 750.000 DM
(= 60%) und der Beigeladene mit einem Kommanditanteil i.H.v. 500.000 DM (= 40%) an
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der Klägerin beteiligt.
Mit Vertrag vom 28.12.1997 übertrug Frau Yyyyyyy mit Wirkung ab dem 01.01.1998 ihre
Kommanditbeteiligung im Wege der Sonderrechtsnachfolge zu einem Teilanteil i.H.v.
727.500 DM unentgeltlich auf den Beigeladenen. Gem. § 2 des vorgenannten
Übertragungsvertrages verblieben sämtliche sonstigen Kapitalkonten
(Kapitalberichtigungs- und Kapitalsonderkonten) sowie sämtliche Verrechnungs- und
Darlehenskonten zwischen der Übertragenden und der Gesellschaft bei der
Übertragenden, Frau Yyyyyyy.
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Am 12.12.2000 schlossen Frau Yyyyyyy und der Beigeladene eine
Nachtragsvereinbarung zum Übertragungsvertrag vom 28.12.1997. Hiernach übertrug
Frau Yyyyyyy ihr Verlustausgleichskonto, soweit dieses auf den mit Vertrag vom
28.12.1997 übertragenen Anteil entfiel, ebenfalls mit Wirkung ab dem 01.01.1998 auf
den Beigeladenen.
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Auf die Vereinbarungen vom 28.12.1997 und vom 12.12.2000 wird verwiesen.
8
Im Rahmen einer Gesellschafterversammlung hatten die Gesellschafter der Klägerin am
29.12.1997 für den Beigeladenen mit sofortiger Wirkung eine Kapitalerhöhung um
9
1.000.000 DM auf 2.227.500 DM beschlossen. Hierbei waren sie - unter Einbeziehung
der Anteilsübertragung vom 28.12.1997 - von einem bisherigen Kommanditanteil des
Beigeladenen i.H.v. 1.227.500 DM ausgegangen.
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Mit Vertrag vom 09.07.2000 hatten Frau Yyyyyyy und der Beigeladene zudem ihre
Kommanditbeteiligungen von 210.000 DM (Frau Yyyyyyy) und 975.000 DM
(Beigeladener) an der ZZZZZZZ GmbH & Co. KG, A-Stadt mit Wirkung zum 01.07.2000
in die Klägerin eingebracht. Das Kapital der Klägerin hatte sich hierdurch auf insgesamt
3.435.000 DM erhöht.
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Auf den Gesellschafterbeschluss vom 29.12.1997 sowie die Einbringungsvereinbarung
vom 09.07.2000 wird Bezug genommen.
12
Das Kapital der Klägerin entwickelte sich seit dem 28.12.1998 wie folgt:
13
Yyyyyyy
Beigeladener
Gesamtkapital
28.12.1997
750.000 DM
500.000 DM
1.250.000 DM
29.12.1997
750.000 DM
+ 1.000.000 DM =
1.500.000
DM
2.250.000 DM
01.01.1998 ./. 727.500 DM =
22.500
DM
+ 727.500 DM =
2.227.500 DM
(99%)
2.250.000 DM
01.07.2000 +210.000 DM =
232.500
DM
+ 975.000 DM =
3.202.500 DM
(93,23%)
3.435.000 DM
14
Das Verhältnis des übernommenen Kapitalanteils von 727.500 DM zum gesamten
15
Haftkapital stellt sich wie folgt dar:
übernommener Kommanditanteil
Gesamtkapital
Anteil in %
28.12.1997 727.500 DM
1.250.000 DM
58,2
29.12.1997 727.500 DM
2.250.000 DM
32,33
01.01.1998 727.500 DM
2.250.000 DM
32,33
01.07.2000 727.500 DM
3.435.000 DM
21,179
16
Für die Jahre 1996 - 1998 führte der Beklagte eine Außenprüfung bei der Klägerin
durch, die mit Betriebsprüfungsbericht vom 31.01.2001, auf den wegen der Einzelheiten
verwiesen wird, abschloss. Die Höhe des von Frau Yyyyyyy nach Abzug des
Nominalkapitals übertragenen Verlustausgleichskontos ermittelte der Prüfer zum
31.12.1998 mit 1.472.749,46 DM. Dieser Betrag, der zwischen den Beteiligten unstreitig
ist, ermittelt sich lt. Anlage 2 zum Prüfungsbericht wie folgt:
17
Verlustausgleichskonto
18
der Frau Yyyyyyy
19
zum 31.12.1997 (vor der Anteilsübertragung) 2.268.298,41 DM
20
anteiliger Wegfall mit Übertragung
21
des Kommanditanteils zum 01.01.1998
22
an den Beigeladenen
23
2.268.298,41 DM x 727.500 DM abzgl. 727.500 DM = 1.472.749,46 DM
24
750.000 DM
25
In Höhe des mit der Anteilsübertragung weggefallenen negativen Kapitalkontos nach
Betriebsprüfung hat Frau Yyyyyyy einen Veräußerungsgewinn versteuert, der gem. §
15a Abs. 2 Einkommensteuergesetz (EStG) um den für sie lt. Anlage 4 zum
Prüfungsbericht noch vorhandenen verrechenbaren Verlust nach Betriebsprüfung zu
mindern war.
26
Gleichzeitig ist für den Beigeladenen - mangels stiller Reserven im Betriebsvermögen
der Klägerin - im gegenseitigen Einvernehmen der Beteiligten ein Ausgleichsposten
i.H.v. 1.472.749,46 DM zur Neutralisierung künftiger auf den übernommenen Komman-
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ditanteil entfallender Gewinnanteile in der Ergänzungsbilanz erfasst worden, der zum
31.12.2001 noch i.H.v. 670.403,41 EUR bestand.
28
Im Rahmen ihrer Erklärung zur gesonderten und einheitlichen Feststellung von
Besteuerungsgrundlagen 2002 erklärte die Klägerin Einkünfte aus Gewerbebetrieb
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i.H.v. 28.682 EUR. Den steuerlichen Gewinn der Gesamthand (ohne Sonderbilanz- und
Ergänzungsbilanzergebnisse) ermittelte die Klägerin ausweislich der Bilanz zum
31.12.2002 mit 83.328,25 EUR (Jahresüberschuss 78.578,43 EUR zzgl. Auslagenersatz
Komplementärin 4.749,82 EUR). Hierin sind Erträge aus ihrer Beteiligung an der
ZZZZZZZ GmbH & Co. KG i.H.v. 56.558,55 EUR enthalten. Für den Beigeladenen
berücksichtigte die Klägerin einen Ergänzungsbilanzverlust aus der Auflösung des
Ausgleichspostens i.H.v. 17.730,41 EUR (21,27779% von 83.328,25 EUR). Mit
Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von
Besteuerungsgrundlagen 2002 vom 24.02.2004 veranlagte der Beklagte die Klägerin
insoweit erklärungsgemäß.
Auf Grund geänderter Mitteilungen über das Ergebnis der ZZZZZZZ GmbH & Co. KG
änderte der Beklagte den Feststellungsbescheid 2002 mit Bescheiden vom 15.04.2005
und 26.10.2005 nach § 175 Abs. 1 Nr. 1 Abgabenordnung (AO). Die Erträge aus der
Beteiligung an der ZZZZZZZ GmbH & Co. KG berücksichtigte der Beklagte im Rahmen
der letztgenannten Feststellungen mit 161.167 EUR (Bescheid vom 15.04.2005) bzw.
mit 137.165 EUR (Bescheid vom 26.10.2005). Die Auflösung des Ausgleichspostens in
der Ergänzungsbilanz des Beigeladenen blieb jeweils unverändert mit 17.730,41 EUR
bestehen, obwohl die Beteiligungseinkünfte mit Bescheid vom 26.10.2005 im Vergleich
zum Ausgangsbescheid um 80.607 EUR erhöht wurden.
30
Ebenfalls mit Bescheiden vom 15.04.2005 und 26.10.2005 korrigierte der Beklagte den
im vorliegenden Klageverfahren nicht betroffenen Bescheid über die gesonderte und
einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen 2001 vom 14.02.2003 nach §
175 Abs. 1 Nr. 1 AO und berücksichtigte auch insoweit geänderte Beteiligungserträge
für die Beteiligung an der ZZZZZZZ GmbH & Co. KG. Die Beteiligungseinkünfte
minderten sich hierbei im Vergleich zum Ausgangsbescheid um 9.805 DM (bzw. 5.013
EUR). Die Auflösung des Ausgleichspostens wurde mit 21,18% angesetzt und blieb wie
im Jahr 2002 unverändert bestehen . Die Einkünfte aus der Beteiligung an der ZZZZZZZ
GmbH & Co. KG erhöhten sich im Bescheid
31
vom 15.04.2005 von 352.345 DM auf 366.535 DM und verminderten sich mit Bescheid
vom 26.10.2005 auf 342.540 DM.
32
Den gegen den geänderten Feststellungsbescheid 2001 erhobenen Einspruch verwarf
der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 13.12.2006 unter Hinweis auf § 351 Abs.
1 AO als unzulässig.
33
Mit ihrem gegen den streitgegenständlichen Feststellungsbescheid 2002 vom
26.10.2005 erhobenen Einspruch machte die Klägerin geltend, der Ausgleichsposten
sei in Höhe des auf die übernommene Kommanditbeteiligung entfallenden
Gewinnanteils aufzulösen. Das Verhältnis zwischen dem übernommenen Kapitalanteil
und dem gesamten Haftkapital sei auf den Zeitpunkt der Anteilsübertragung - hier den
28.12.1997 - zu ermitteln und betrage daher 58,2% (727.500 DM zu 1.250.000 DM). Die
im Feststellungszeitraum 2002 zusätzlich zu berücksichtigende Auflösung des
Ausgleichspostens belaufe sich folglich auf 58,2% von 80.606,45 EUR (= 46.912,95
EUR).
34
Der Beklagte berichtigte den Bescheid über die gesonderte und einheitliche
Feststellung von Besteuerungsgrundlagen 2002 mit Einspruchsentscheidung vom
13.12.2006 insoweit als er den für den Beigeladenen gebildeten Ausgleichsposten um
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weitere 16.026 EUR gewinnmindernd auflöste und den Einspruch gegen den
Feststellungsbescheid 2002 als im Übrigen unbegründet zurückwies. Der bisher
angenommene Prozentsatz von 21,2% sei zutreffend. Die Auflösung des
Ausgleichspostens ermittle sich daher (unter Berücksichtigung des vorangegangenen
Feststellungszeitraums) wie folgt:
Erhöhung des Beteiligungsertrags im Gesamthandgewinn 2002 80.607 EUR
36
Minderung des Beteiligungsertrags im Gesamthandgewinn 2001 ./. 5.013 EUR
37
a. 75.594 EUR
38
39
Prozentsatz 21,2%
40
zusätzliche Auflösung des Ausgleichspostens in der Ergänzungsbilanz 16.026 EUR
41
Mit der vorliegenden Klage macht die Klägerin geltend, die Auflösung des
Ausgleichspostens sei jährlich im Verhältnis 727.500 DM zu 1.250.000 DM, d.h. mit
58,2% vorzunehmen.
42
Der Ausgleichsposten, der nicht durch stille Reserven abgedeckt sei, werde mit
künftigen, auf den Kommanditanteil entfallenden steuerpflichtigen Gewinnanteilen
verrechnet und somit für den Erwerber neutralisiert. Anderenfalls würde die
Versteuerung des Veräußerungsgewinns durch Frau Yyyyyyy im Jahr der
Anteilsübertragung zu einer Doppelbesteuerung führen. Der Beigeladene habe in den
Folgejahren steuerpflichtige Gewinne erzielt, die mit der jährlichen Auflösung des
Ausgleichspostens zu verrechnen seien.
43
Sinn und Zweck der Bildung und Auflösung des Ausgleichspostens sei es, dem
Übernehmer - hier dem Beigeladenen - eine Verlustverrechnung gem. § 15a EStG zu
ermöglichen, die dem Grunde und der Höhe nach dem entspreche, was die
Übertragende (Frau Yyyyyyy) ansonsten hätte in Anspruch nehmen können. Bei
Nichtdurchführung der Anteilsübertragung hätte Frau Yyyyyyy die verrechenbaren
Verluste nach § 15a EStG mit künftigen, auf ihren Kommanditanteil entfallenden
steuerpflichtigen Gewinnen verrechnen und an der Kapitalerhöhung teilnehmen können.
Dies hätte zu einer Verlustverrechnung von jährlich 58,2% (727.500 DM / 1.250.000 DM)
geführt.
44
Die Kapitalerhöhung sei erst am 29.12.1997, d.h. nach der Anteilsübertragung
beschlossen worden. Der Beigeladene habe die im Rahmen der Kapitalerhöhung zu
erbringende Einlage für seinen Anteil allein erbracht. Frau Yyyyyyy habe hierfür vor der
Anteilsübertragung keine Zahlungen geleistet. Demnach habe der Beigeladene mit dem
von Frau Yyyyyyy übernommenen Anteil, für den die Auflösung des Ausgleichspostens
vorzunehmen sei, an der Kapitalerhöhung teilgenommen und die Einlage insoweit
selbst geleistet. Soweit Frau Yyyyyyy den Kommanditanteil nicht an den Beigeladenen
45
übertragen hätte, hätte sie für diesen Gesellschaftsanteil die Verlustverrechnung gem. §
15a EStG in Anspruch nehmen können. Der Beigeladene dürfe folglich nicht schlechter
gestellt werden als die Übertragende, Frau Yyyyyyy.
Die Klägerin und der Beigeladene beantragen,
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1. den Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von
Besteuerungsgrundlagen 2002 vom 26.10.2005 in Form der
Einspruchsentscheidung vom 13.12.2006 dahingehend zu ändern, dass die auf
den Beigeladenen entfallenden Einkünfte statt wie bisher mit 153.06,37 EUR mit
93.657,30 EUR festgestellt werden und der Gesamtgewinn sich entsprechend
mindert,
2. hilfsweise die Revision zuzulassen.
47
48
Der Beklagte beantragt,
49
1. die Klage abzuweisen,
2. hilfsweise die Revision zuzulassen.
50
51
Zur Begründung führt er aus, der Prozentsatz zur Auflösung des Ausgleichspostens sei
am 28.12.1997 bzw. 01.01.1998 nicht für die Folgezeit festgeschrieben worden. Für
jedes Jahr müsse eine Relation des übertragenen Kommanditanteils zur Summe des
gesamten Kommanditkapitals, das an der Gewinnverteilung teilnehme, ermittelt werden.
Für das Jahr 2002 betrage der Anteil 21,2% (727.500 DM zu 3.435.000 DM). Der von
der Klägerin ermittelte Prozentsatz sei unzutreffend.
52
Für steuerliche Zwecke sei bei der erstmaligen Beurteilung der Beteiligungsverhältnisse
nicht wie von der Klägerin vorgetragen auf den 28.12.1997 (Zeitpunkt des
Vertragsschlusses), sondern auf den 01.01.1998 (Übergang von Nutzen und Lasten)
abzustellen. Die am 29.12.1997 allein für den Beigeladenen vorgenommene
Kapitalerhöhung sei daher nicht nach, sondern vor der Wirksamkeit des
Übertragungsvertrages erfolgt und müsse bei der Ermittlung der prozentualen
Beteiligung von Frau Yyyyyyy am gesamten Haftkapital der Klägerin einbezogen
werden.
53
Durch die Bildung des Ausgleichspostens sollte dem Übernehmer des
Kommanditanteils - dem Beigeladenen - eine Verlustverrechnung nach § 15a EStG
ermöglicht werden, die von der Höhe und von der zeitlichen Verteilung dem
entsprechen würde, was Frau Yyyyyyy ohne eine Übertragung in 2002 hätte
beanspruchen können. Die im Jahr 2002 auf den Beigeladenen entfallenden Anteile am
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Gesamthandgewinn seien daher gedanklich vorab im Verhältnis der in diesem Jahr für
ihn bestehenden Beteiligungshöhe in einen Gewinn, der auf den übertragenen
Kommanditanteil (727.500 DM zu 3.435.000 DM (= 21,2%)), und einen Gewinn, der auf
den originären Kommanditanteil des Beigeladenen - einschließlich der
Kapitalerhöhungen - entfalle (3.412.500 DM zu 3.435.000 DM (= 78,2 %)), aufzuteilen.
Eine Saldierung von Gewinnen, die auf die originäre Beteiligung des Beigeladenen
bzw. auf dessen Kapitalerhöhungen entfielen, mit den Verlustvorträgen, die aus der
Übertragung der Beteiligung stammten, sei nicht möglich. Maßgeblich sei der
Prozentsatz von 21,2%, da auch die allein vom Beigeladenen vorgenommenen
Kapitalerhöhungen an der Gewinnverteilung in 2002 teilnehmen würden und sich die
auf die übertragene Beteiligung i.H.v. 727.500 DM entfallenden Gewinne gegenüber
1998 verhältnismäßig und prozentual gemindert hätten.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze, die
beigezogenen Verwaltungsvorgänge sowie die Verfahrensakte Bezug genommen.
55
II.
56
Die Klage ist begründet.
57
Der Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von
Besteuerungsgrundlagen 2002 vom 26.10.2005 in Gestalt der Einspruchsentscheidung
vom 13.12.2006 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin sowie den Beigeladenen in
ihren Rechten, § 100 Abs. 1 Satz 1 Finanzgerichtsordnung (FGO).
58
Der in der Ergänzungsbilanz des Beigeladenen gebildete Ausgleichsposten ist im
Feststellungszeitraum 2002 um weitere 59.411,07 EUR zu mindern. Der
Gesamthandgewinn ist auf 35.444,93 EUR und der auf den Beigeladenen entfallende
Gewinnanteil entsprechend auf 93.657,30 EUR festzustellen.
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Die Auflösung des Ausgleichspostens ist nicht auf den prozentualen Anteil des
übernommenen Kapitalanteils am Gesamtkapital zu begrenzen. Soweit ein
entsprechendes Ausgleichsvolumen in der Ergänzungsbilanz vorhanden ist, ist die
Auflösung des Ausgleichspostens in Höhe des jeweiligen Gewinnanteils des
Kommanditisten vorzunehmen.
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1. Der Beigeladene hat mit Verträgen vom 28.12.1997 und 12.12.2000 eine anteilige
Kommanditbeteiligung i.H.v. 727.500 DM gegen Übernahme des anteiligen negativen
Kapitalkontos i.H.v. 1.472.749,46 DM von Frau Yyyyyyy erworben.
61
Entsprechend den in der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs niedergelegten
Grundsätzen (BFH-Urteile vom 21.04.1994 IV R 70/92, BStBl II 1994, 745; vom
14.06.1994 VIII R 37/93, BStBl II 1995, 246; vom 19.02.1998 IV R 59/96, BStBl II 1999,
266), denen sich der erkennende Senat anschließt, wurde für den Beigeladenen -
mangels stiller Reserven im Betriebsvermögen der Klägerin - ein Ausgleichsposten
i.H.v. 1.472.749,46 DM in der Ergänzungsbilanz erfasst. Da keine stillen Reserven
vorhanden und der Geschäftswert geringer war als das anteilige negative Kapitalkonto,
konnte der Beigeladene nach der vorgenannten Rechtsprechung insoweit keinen
Aufwand (Erwerbsverlust) geltend machen. Die Verteilung der Verluste, die seinerzeit
zu dem negativen Kapitalkonto geführt hatten, ließ sich nicht rückgängig machen. Der
Beigeladene hatte auch keine Anschaffungskosten, denn durch die Übernahme des
62
negativen Kapitalkontos wendete er nichts aus seinem Vermögen auf. Er ist insoweit
weder zum Nachschuss verpflichtet noch haftet er den Gesellschaftsgläubigern. Er ist
lediglich damit einverstanden, dass in Zukunft auf ihn entfallende Gewinnanteile zum
Ausgleich des negativen Kapitalkontos verwendet werden (BFH-Urteil vom 19.02.1998
IV R 59/96, BStBl II 1999, 266).
Kommt es - wie im Streitfall - zu künftigen Gewinnen, dürfen diese beim Erwerber nicht
versteuert werden, weil sie bereits beim Veräußerer - hier bei Frau Yyyyyyy - mit dem
Veräußerungsgewinn versteuert wurden. Dementsprechend ist der in der
Ergänzungsbilanz gebildete Ausgleichsposten mit allen künftigen auf den
Kommanditanteil entfallenden steuerpflichtigen Gewinnanteilen zu verrechnen (Wacker
in Schmidt, Einkommensteuergesetz Kommentar, 29. Auflage 2010, § 15a Rn. 222;
Lüdemann in Herrmann/Heuer/Raupach, Einkommensteuergesetz Kommentar, § 15a
Rn. 138; Heuermann in Blümich, Einkommensteuergesetz Kommentar, § 15a Rn. 111).
63
Die erfolgswirksame Auflösung des Ausgleichspostens hat nach der Rechtsprechung zu
erfolgen, soweit die Kommanditgesellschaft Gewinne erzielt, die auf den Erwerber
entfallen und zum Ausgleich des negativen Kapitalkontos zu verwenden sind (BFH-
Urteil vom 19.02.1998 IV R 59/96, BStBl II 1999, 266). Die erfolgsmindernde Auflösung
des Ausgleichspostens dient lediglich dazu, die erneute steuerliche Belastung bereits
versteuerter Gewinne zu vermeiden (BFH-Urteil vom 19.02.1998 IV R 59/96, BStBl II
1999 266). Dies wird dadurch erreicht, dass der Kommanditist die Möglichkeit erhält,
künftige Gewinne in Höhe des bestehenden Ausgleichspostens zu verrechnen.
64
Ein Kommanditist verfügt über ein einheitliches Kapitalkonto und einen einheitlichen
Gewinnanteil (BFH-Urteil vom 21.04.1994 IV R 70/92, BStBl II 1994, 745). Da eine
Aufspaltung des Gewinnanteils nach den zuvor bestehenden Beteiligungsverhältnissen
nicht möglich ist, kommt auch im Rahmen der Auflösung des Ausgleichspostens in der
Ergänzungsbilanz eine Differenzierung zwischen dem übernommenen und dem
originären Kapitalanteil nicht in Betracht.
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Gegen die von beiden Beteiligten vorgenommene Aufteilung des einheitlichen
Kommanditanteils sprechen im Übrigen auch Praktikabilitätserwägungen. Durch
Kapitalauf- und abstockungen kann sich das quotale Verhältnis zwischen dem
originären und dem übernommenen Kapitalanteil verändern. Soweit Kapitaländerungen
innerhalb eines Jahres vorgenommen würden, wären aus Sicht des Senats jeweils
Zwischenbilanzen zu erstellen, um den bis zu diesem Zeitpunkt erwirtschafteten Gewinn
und das jeweilige prozentuale Verhältnis zwischen dem übernommenen und dem
originären Kommanditanteil festzustellen.
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2. Im Rahmen der Einspruchsentscheidung vom 13.12.2006 stellte der Beklagte für den
Beigeladenen einen Gewinnanteil i.H.v. 153.068,37 EUR fest. Da der Ausgleichsposten
zum 31.12.2001 noch i.H.v. 670.403,41 EUR bestand, könnte dieser Gewinnanteil
grundsätzlich in voller Höhe mit dem Ausgleichsposten verrechnet werden.
67
Vorliegend war jedoch zu berücksichtigen, dass mit Bescheid über die gesonderte und
einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen 2002 vom 24.02.2004 für den
Beigeladenen ein Gewinnanteil i.H.v. 93.657,30 EUR bestandskräftig festgestellt wurde.
Der Gewinnanteil des Beigeladenen konnte daher gem. § 351 Abs. 1 AO nicht in einer
geringeren Höhe festgestellt und daher lediglich um weitere 59.411,07 EUR gemindert
werden.
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3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
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4. Die Revision war zuzulassen, da wegen der grundsätzlichen Bedeutung der
Rechtssache und zur Fortbildung des Rechts eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs
erforderlich ist. In der Rechtsprechung geklärt ist lediglich, dass der Ausgleichsposten
erfolgswirksam aufzulösen ist. Offen ist jedoch die Frage, wie bzw. in welcher Höhe die
Auflösung zu erfolgen hat.
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