Urteil des FG Münster vom 18.01.2006
FG Münster: grundsatz der gleichbehandlung, lieferung, firma, einbau, dienstleistung, schwarzarbeit, entsorgung, anteil, einspruch, begriff
Finanzgericht Münster, 1 K 4132/04 E
Datum:
18.01.2006
Gericht:
Finanzgericht Münster
Spruchkörper:
1. Senat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
1 K 4132/04 E
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens tragen die Kläger.
Die Revision wird zugelassen.
T a t b e s t a n d
1
Die Beteiligten streiten darüber, ob eine Steuerermäßigung für die
Inanspruchnahme haushaltsnaher Dienstleistungen nach § 35 a Abs. 2 EStG
zu gewähren ist.
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Die verheirateten Kläger (Kl.) werden zur Einkommensteuer (ESt)
zusammenveranlagt. Mit der ESt-Erklärung 2003 legten die Kl. eine
Rechnung der Bau- und Möbeltischlerei H vom 15.11.2003 über 3.638,92 € für
die Fertigung und den Einbau einer Hauseingangstür sowie der Firma C über
5.950,51 € für die Lieferung eines Brennwertheizgerätes und eines
Brauchwasserspeichers vor. Der Rechnungsbetrag der Firma H war in bar
und der der Firma C per Banküberweisung beglichen worden. Die Kl.
beantragten insoweit die Steuerermäßigung nach § 35 a Abs. 2 EStG.
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Im ESt-Bescheid 2003 vom 07.05.2004 lehnte der Beklagte (Bekl.) den Ansatz
der Steuerermäßigung mit dem Hinweis ab, die geltend gemachten
Aufwendungen seien nicht für haushaltsnahe Dienstleistungen erbracht
worden. Begünstigt seien ausschließlich Aufwendungen für eine
handwerkliche Tätigkeit bzw. Dienstleistung, nicht jedoch für verwendetes
Material oder Warenlieferungen.
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Der dagegen erhobene Einspruch blieb erfolglos. Mit Schreiben vom
02.08.2004 erhoben die Kl. gegen die Einspruchsentscheidung (EE) vom
06.07.2004 mit gleichem Begehren Klage. Der Gesetzgeber habe mit der
Regelung in § 35 a Abs. 2 EStG die Schwarzarbeit im Bereich der
Dienstleistungen im Privathaushalt bekämpfen wollen. Die eigene und dem
Willen des Gesetzgebers nicht entsprechende Auslegung der
Finanzverwaltung beruhe allein auf fiskalischen Erwägungen.
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Unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung sei es nicht zulässig, dass
der Gesetzgeber die Abzugsfähigkeit der Kosten von der Einhaltung eines
bestimmtes Zahlungsweges abhängig gemacht habe. Der Abzug der Kosten
für die Haustür dürfe daher nicht daran scheitern, dass der Rechnungsbetrag
nicht durch Banküberweisung, sondern in bar beglichen worden sei.
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Seien die Aufwendungen für die neue Haustür nicht als solche für
haushaltsnahe Dienstleistungen zu beurteilen, müssten wenigstens die
fiktiven Kosten einer sachgerechten Aufarbeitung der vorhandenen Haustür
als Bemessungsgrundlage im Rahmen des § 35 a Abs. 2 EStG angesetzt
werden. Auf der Grundlage dieser Kosten sei ebenfalls eine
Steuerermäßigung von 600 € zu berücksichtigen.
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Die Kl. beantragen,
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die ESt 2003 unter Aufhebung der EE vom 06.07.2004 und
Änderung des ESt-Bescheides vom 07.05.2004 unter
Berücksichtigung der Steuerermäßigung nach § 35 a Abs. 2 EStG
für haushaltsnahe Dienstleistungen um 600 € niedriger
festzusetzen,
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hilfsweise, im Fall des Unterliegens, die Revision zuzulassen.
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Der Bekl. beantragt,
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die Klage abzuweisen,
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hilfsweise, im Fall des Unterliegens, die Revision zuzulassen.
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Zur Begründung trägt er vor, zu den haushaltsnahen Dienstleistungen i.S.d. §
35 a EStG gehörten nur Tätigkeiten, die gewöhnlich durch Mitglieder des
privaten Haushalts erledigt und in regelmäßigen, kürzeren Abständen anfallen
würden. Hierzu gehörten die von den Kl. geltend gemachten Aufwendungen
für den Einbau einer neuen Haustür und einer Brennwertheizung nicht.
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die zwischen den Beteiligten
gewechselten Schriftsätze und die Steuerakte verwiesen.
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Am 24.02.2005 hat vor dem Berichterstatter des Senats ein Erörterungstermin
stattgefunden. Auf das Protokoll wird verwiesen. Der Senat entscheidet mit
Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung, § 90 Abs. 2
FGO.
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E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
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Die Klage ist unbegründet.
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Der Bekl. hat es zu Recht abgelehnt, die Steuerermäßigung gemäß § 35 a
Abs. 2 EStG zu berücksichtigen.
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§ 35 a Abs. 2 EStG lässt unter weiteren Voraussetzungen auf Antrag für die
Inanspruchnahme haushaltsnaher Dienstleistungen, die in einem
inländischen Haushalt des Steuerpflichtigen erbracht werden, die
Ermäßigung der tariflichen Einkommensteuer um 20 v.H. der Aufwendungen
des Steuerpflichtigen, höchstens 600 €, zu. Die Aufwendungen dürfen weder
Betriebsausgaben noch Werbungskosten oder Aufwendungen für eine
geringfügige Beschäftigung im Sinne des § 8 des Vierten Buches
Sozialgesetzbuch darstellen und nicht als außergewöhnliche Belastung
berücksichtigt worden sein. Voraussetzung für die Steuerermäßigung ist, dass
der Steuerpflichtige die Aufwendungen durch Vorlage einer Rechnung und
die Zahlung auf das Konto des Erbringers der haushaltsnahen Dienstleistung
durch Beleg des Kreditinstituts nachweist.
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Nach dem eindeutigen Wortlaut der gesetzlichen Vorschrift kommt eine
Steuerermäßigung nach § 35 a Abs. 2 EStG nur für Dienstleistungsaufwand in
Betracht. Die Lieferung von Wirtschaftsgütern und Material ist nicht unter den
Begriff "Dienstleistung" zu fassen.
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Im Streitfall hat die Firma C , eine Großhandlung, das Brennwertheizgerät und
den Brauchwasserspeicher ausschließlich geliefert und nicht etwa darüber
hinaus damit zusammenhängende Montagearbeiten geleistet. Die Rechnung
weist allein die Lieferung der Geräte aus. Eine Berücksichtigung des
Aufwandes im Rahmen des § 35 a Abs. 2 EStG kommt nicht in Betracht, weil
er nicht für eine Dienstleistung, sondern allein für eine Lieferung getätigt
wurde.
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Demgegenüber hat die Firma H zwar neben der Lieferung der Haustür deren
Einbau einschließlich aller Nebenarbeiten, den Ausbau und die Entsorgung
der vorhandenen Tür im pauschalen Rechnungspreis erfasst. Der Senat kann
es im Streitfall jedoch dahinstehen lassen, ob der Gesamtaufwand einheitlich
als Lieferung zu beurteilen ist oder der Anteil, der auf Dienstleistungen beim
Aus- und Einbau entfällt, gegebenenfalls zu schätzen wäre. Er kann es auch
dahingestellt sein lassen, ob diese Dienstleistungen überhaupt
haushaltsnahe Dienstleistungen im Sinne von § 35 a Abs. 2 EStG wären. Die
Berücksichtigung von anteiligem Dienstleistungsaufwand für den Ein- bzw.
Ausbau der Haustür scheitert jedenfalls daran, dass die Zahlung des
Rechnungsbetrages nicht entsprechend den Anforderungen in § 35 a Abs. 2
Satz 3 EStG durch Zahlung auf das Konto des Leistenden erfolgt ist. Ein
Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung ist in dieser
gesetzlichen Abzugsvoraussetzung nicht zu sehen.
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Zweck der Regelung ist die Bekämpfung der Schwarzarbeit bei
Dienstleistungen in privaten Haushalten (Bericht des Ausschusses für
Wirtschaft und Arbeit, BTDrucks 15/91 vom 14. November 2002, S. 19). Das
Erfordernis der Zahlung auf ein Konto des Leistenden erleichtert die
Nachvollziehbarkeit der Zahlungsvorgänge im Zusammenhang mit
haushaltsnahen Dienstleistungen und dient damit dem Gesetzeszweck.
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Der hilfsweise beantragte Ansatz fiktiven Aufwandes für die eine
sachgerechte Aufarbeitung der alten Haustür im Rahmen des § 35 a Abs. 2
EStG ist nicht möglich. Anknüpfungspunkt für die Ermittlung des zu
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versteuernden Einkommens können nur tatsächlich verwirklichte, nicht aber
fiktive Sachverhalte sein.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
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Die Revision wird nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO zugelassen.
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