Urteil des FG Münster vom 02.07.2009

FG Münster: partiarisches darlehen, stille gesellschaft, treu und glauben, vorzeitige kündigung, stille reserven, rückzahlung, vergütung, darlehensvertrag, liquidität, beendigung

Finanzgericht Münster, 10 K 4972/05 Kap
Datum:
02.07.2009
Gericht:
Finanzgericht Münster
Spruchkörper:
10. Senat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
10 K 4972/05 Kap
Sachgebiet:
Finanz- und Abgabenrecht
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Revision wird zugelassen.
G r ü n d e :
1
I.
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Streitig ist, ob ein Anspruch der Klägerin auf Herabsetzung der entrichteten
Kapitalertragsteuer auf € 0,00 besteht.
3
Die Klägerin ist eine Publikumsgesellschaft mit Sitz in A-Stadt, an der eine Vielzahl von
Kommanditisten – u.a. die Dr. X...... GmbH mit Sitz in A-Stadt – als Kapitalgeber mit
einer Mindestzeichnung von DM 30.000,- beteiligt sind. Zweck der Gesellschaft ist der
Erwerb und der Betrieb des Containerschiffes MS S........... sowie aller damit im
Zusammenhang stehender Geschäfte. Gemäß § 4 Abs. 9 des Gesellschaftsvertrages
war die persönlich haftende Gesellschafterin berechtigt, ein partiarisches Darlehen bis
zu einem Gesamtbetrag von DM 1.000.000,00 aufzunehmen. Der Inhalt des
Darlehensvertrages wurde in dem Gesellschaftsvertrag bereits dem Wortlaut nach
vorgegeben.
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Die Y....... Shipmanagement Limited (Ltd.) mit Sitz in Zypern (C), ein Unternehmen der
S...... Holdings Ltd. (S) mit Sitz ebenfalls in Zypern, die zugleich mit 50 % an der Dr.
X...... GmbH beteiligt ist, hatte über den Bau dieses Schiffs mit der W...... Werft (Polen)
einen Schiffsbauvertrag abgeschlossen.
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Die Klägerin trat in den Schiffsbauvertrag ein. Die Bereederung und Vercharterung
sollte durch C erfolgen. Der Bereederungsvertrag konnte mit einer Frist von zwölf
Monaten zum Ende eines jeden Jahres gekündigt werden. Eine Kündigung durch die
Klägerin sollte allerdings nur wirksam sein, wenn das "partiarische Darlehen", das C der
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Klägerin im Zusammenhang mit dem Erwerb des Schiffes gewähren sollte, nebst Zinsen
bis zum Ende der Kündigungsfrist an den Darlehensgläubiger zurückgezahlt würde
(Punkt I.12.d des Bereederungsvertrags).
Am 13.12.1994 schloss die Klägerin mit C unter Bezugnahme auf § 4 Abs. 9 des
Gesellschaftsvertrages eine "Vereinbarung über die Gewährung eines partiarischen
Darlehns" über DM 1.000.000,00.
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Das Darlehen war mit 7,5 % p.a. zu verzinsen. Die Zinsen sollten nur insoweit zur
Zahlung fällig werden, als die Liquiditätslage der Gesellschaft unter Berücksichtigung
einer Ausschüttung in Höhe von 5 % auf das Kommanditkapital der KG ab 1996 am
31.12. eines jeden Jahres eine Auszahlung der aufgelaufenen Zinsen unter
Berücksichtigung der prospektierten Liquiditätsreserve zuließ (Ziffer 2 der
Vereinbarung).
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Die Darlehenseinlage und etwaig aufgelaufene Zinsen wurden in dem Moment zur
Rückzahlung fällig, in dem das Schiff veräußert würde. Sie sollten als erlassen gelten,
wenn der Veräußerungserlös zur Rückzahlung nicht ausreichen sollte. Bei vorzeitiger
Beendigung des Bereederungsvertrages durch die Klägerin sollte die Rückzahlung des
Darlehens zuzüglich Zinsen zu diesem Zeitpunkt fällig werden (Ziffer 3 Abs. 1 der
Vereinbarung).
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Im Falle der Veräußerung des Schiffs sollten abzüglich der bestehenden
Verbindlichkeiten und der Veräußerungskosten aus dem Veräußerungserlös zunächst
aufgelaufene Darlehenszinsen und nicht ausgezahlte Ausschüttungen auf das KG-
Kapital (bis zur Höhe von durchschnittlich 5 % ab 1996), sodann das partiarische
Darlehen und sodann das nominelle Kommanditkapital gezahlt werden. Der dann noch
verbleibende Überschuss sollte im Verhältnis des nominellen KG-Kapitals zum
partiarischen Darlehen aufgeteilt werden (Ziffer 3 Abs. 2 der Vereinbarung).
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Mit Nachtrag vom 22.10.1996 schied C aus dem Darlehensvertrag aus; an ihre Stelle
trat ihre Muttergesellschaft S in sämtliche Rechte und Pflichten des Vertrages ein. Am
gleichen Tage erfolgte die Inanspruchnahme des Darlehens durch die Klägerin.
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Die für 1996 angefallenen Zinsen in Höhe von DM 14.375,00 zahlte die Klägerin
abzüglich der darauf entfallenden Kapitalertragsteuer (DM 3.593,75) und des
Solidaritätszuschlages (DM 269,53) im Dezember 1996 an S aus und reichte im
folgenden Monat für den Anmeldungszeitraum Dezember 1996 eine Kapitalertragsteuer-
Anmeldung bei dem Beklagten ein.
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Im Dezember 1999 reichte die Klägerin eine berichtigte Kapitalertragsteuer-Anmeldung
für Dezember 1996 ein, in der sie Einnahmen aus stiller Gesellschaft und partiarischem
Darlehen in Höhe von DM 0,00 erklärte. Zugleich beantragte sie die Erstattung der
bereits gezahlten Kapitalertragsteuer nebst Solidaritätszuschlag.
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Diesen Antrag lehnte der Beklagte ab.
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Nach erfolglos durchgeführtem Einspruchsverfahren verfolgt die Klägerin das Ziel der
Herabsetzung der Kapitalertragsteuer im Klagewege weiter und trägt vor, es liege kein
partiarisches Darlehen, sondern ein normales Darlehen vor, weil keine erfolgsbezogene
Vergütung vereinbart worden sei. Dass S an einem Liquiditätsüberschuss nach
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Rückzahlung des nominalen Kommanditkapitals teilnehme, sei nicht ausreichend. Die
Überschussbeteiligung sei weder gewinn- noch umsatzbezogen.
Die Teilnahme an einer Verteilung des verbleibenden Überschusses könne auch
deshalb nicht zur Annahme eines partiarischen Darlehen führen, weil sie wirtschaftlich
bedeutungslos sei. Die verbleibende Liquidität einer Einschiffsfondsgesellschaft werde
laufend ausgeschüttet, weil das Kapital zum Erwerb eines neuen Schiffs nicht benötigt
werde. Dieses Ausschüttungsverhalten könne der Darlehensgeber nicht beeinflussen.
Vorhanden sei letztlich nur noch die aus dem Verkauf des Schiffs resultierende
Liquidität. Ausgehend von einem Verkaufspreis des Schiffs in Höhe von 60 % des
Neupreises nach 14 Jahren verbleibe keine Restliquidität, sodass keine Zahlung an den
Darlehensgeber zu erwarten sei. Dies sei den Parteien bei Abschluss des
Darlehensvertrages auch bewusst gewesen. Selbst bei einem Verkaufspreis von 60,4 %
des Neupreises nehme der Darlehensgeber nur mit 5,3 % an der verbleibenden
Restliquidität teil. Wirtschaftlich unbedeutend sei die Teilnahme an dem Verkaufserlös
auch dann noch, wenn man davon ausgehe, dass der Verkaufspreis um DM 500.000,00
über 60 % des Neupreises liege. In diesem Fall entfielen auf den Darlehensgeber nur
DM 20.000,00, was angesichts der langen Vertragslaufzeit von 14 Jahren wirtschaftlich
unbedeutend sei.
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Wirtschaftlich unbedeutend sei die Beteiligung an dem Veräußerungserlös auch
deshalb, weil sie verhindert werden könne. Der Darlehensvertrag werde nämlich
beendet, wenn der Bereederungsvertrag mit C – vor Liquidation – vorzeitig durch
Kündigung beendet werde. Dies sei auch zum frühestmöglichen Zeitpunkt zum
31.12.2001 geschehen.
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Die Klägerin behauptet, S sei das erhebliche wirtschaftliche Risiko, das durch die
Darlehensgewährung entstanden sei, eingegangen, um die Emission und die damit
verbundene Bereederungstätigkeit zu ermöglichen.
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Schließlich trägt die Klägerin vor, es liege auch keine stille Gesellschaft vor, weil S auf
die wirtschaftliche Entwicklung der Klägerin keinerlei Einfluss habe nehmen können.
Die wirtschaftliche Entwicklung der Klägerin hänge allein von den Frachtraten ab.
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Die Klägerin beantragt,
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1. den Bescheid vom 25.10.2001 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom
7.12.2005 aufzuheben und die Kapitalertragsteuerschuld für 1996 auf 0 €
festzusetzen,
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hilfsweise die Revision zuzulassen,
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2. die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu
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erklären.
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Der Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen,
27
hilfsweise die Revision zuzulassen.
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Er trägt vor, es liege ein partiarisches Darlehen vor, denn es sei eine Beteiligung an
einem Liquidationserlös bei Beendigung der Gesellschaft eingeräumt worden. Es sei
ausreichend, dass durch den Vertrag nur die Möglichkeit einer Beteiligung eingeräumt
werde; es müsse keine sichere Beteiligung erfolgen.
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Zu berücksichtigen sei ferner, dass die Nutzungsdauer eines Containerschiffes nicht der
steuerlichen Abschreibungszeit entspreche. Der tatsächliche Wertverzehr liege deutlich
niedriger, sodass sich aufgrund der Buchverluste stille Reserven bildeten.
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Dass der Darlehensvertrag bei einer vorzeitigen Beendigung des
Bereederungsvertrages durch den Darlehensnehmer ebenfalls beendet werden könne,
sei lediglich hypothetischer Natur. Der Charterer und Bereederer sei zugleich der
Darlehensgeber und gehöre zu den größten Schiffsmanagementgesellschaften der
Welt. Daneben sei C Finanzierungsvermittler und Platzierungsgarant. Erstmals sei der
Bereederungsvertrag zum 31.12.2000 kündbar; eine vorzeitige Kündigung stelle eine
Vertragsverletzung dar.
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Hilfsweise meint der Beklagte, aufgrund der kapitalmäßigen und personellen
Verflechtung liege eine stille Gesellschaft näher als ein normales Darlehensverhältnis.
Ein normaler Darlehensgeber hätte sich auf ein derart unsicheres Rechtsgeschäft, bei
dem zum einen das Darlehen nicht abgesichert sei und zum anderen erhebliche
wirtschaftliche Risiken bestünden, nicht eingelassen.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Inhalte der
Gerichtsakte sowie der Kapitalertragsteuerakten Bezug genommen.
33
II.
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Die Klage ist unbegründet.
35
Die Ablehnung der begehrten Herabsetzung der Kapitalertragsteuer ist rechtmäßig und
verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (vgl. § 101 der Finanzgerichtsordnung
(FGO)). Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Herabsetzung der Kapitalertragsteuer auf
€ 0,00.
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Die im Jahre 1996 gezahlten Zinsen unterliegen – in dem ursprünglich erklärten Umfang
– der Kapitalertragsteuer.
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Zinszahlungen an einen beschränkt Steuerpflichtigen unterliegen der
Kapitalertragsteuer, wenn es sich um Zahlungen aufgrund eines partiarischen
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Darlehens handelt und der Schuldner seinen Wohnsitz, seine Geschäftsleitung oder
seinen Sitz im Inland hat (§§ 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, 20 Abs. 1 Nr. 4, 49 Abs. 1 Nr. 5 lit. a
des Einkommensteuergesetzes (EStG)); es darf sich hingegen nicht um Zahlungen
aufgrund eines Darlehens gemäß §§ 607 ff. des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) a.F.
(vgl. §§ 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7, 20 Abs. 1 Nr. 7, 49 Abs. 1 Nr. 5 lit. c EStG) handeln.
Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall erfüllt.
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1. Die Zinszahlung im Dezember 1996 erfolgte aufgrund eines partiarischen Darlehens.
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Ausschlaggebend für das Wesen einer Vereinbarung als partiarisches Darlehen im
Gegensatz zum Darlehen ist, dass die Hingabe des Kapitals nicht mit einer ihrer Höhe
nach von vornherein feststehenden Gegenleistung entgolten wird, sondern anknüpft an
die bei Vertragsschluss noch nicht absehbare Entwicklung im Geschäftsbereich des
Darlehensnehmers (FG Bremen, Urteil vom 19.03.1998, 497021 K 3, EFG 1998, S.
1136). Mit anderen Worten darf die Vergütung nicht ― oder nicht nur ― durch einen
festen periodischen Betrag erfolgen, sondern muss in einem Anteil an dem vom
Darlehensempfänger erwirtschafteten Erfolg bestehen (BFH-Urteile vom 13.09.2000, I R
61/99, BStBl. II 2001, S. 67; vom 25.03.1992, I R 41/91, BStBl. II 1992, S. 889), wobei
gleichgültig ist, ob es sich um eine gewinnabhängige oder um eine umsatzabhängige
Vergütung handelt (Storg in: Frotscher, EStG, Kommentar, § 20 Rz. 117; Ulmer in:
Münchener Kommentar BGB, Band 5, 5. Aufl. 2009, Vor § 705 Rz. 107). Durch diese
Beteiligung weichen die Parteien von der typusspezifischen Risikoverantwortlichkeit bei
einem Darlehensvertrag ab, nach der die laufzeitabhängige Zinszahlung losgelöst ist
von dem allein im Risiko des Darlehensnehmers stehenden wirtschaftlichen Erfolg der
durch die Valuta ermöglichten Investition (Berger in: Münchener Kommentar BGB, Band
3, 5. Aufl. 2008, § 488 Rz. 158). Die Abgrenzung erfolgt im Einzelfall ausgehend von
dem von den Parteien gewählten Wortlaut der Vereinbarung und den diesem zu
entnehmenden objektiv erklärten Willen der Parteien (vgl. BGH-Urteile vom 31.01.1995,
XI ZR 56/94, NJW 1995, S. 1212; vom 10.12.1992, I ZR 186/90, BGHZ 121, S. 13) unter
Berücksichtigung der Umstände des Vertragsschlusses (§§ 133, 157 BGB, vgl. Berger,
a.a.O, Vor § 488 Rz. 13).
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Ausgehend von diesen Grundsätzen vereinbarten die Klägerin und S im vorliegenden
Fall ein partiarisches Darlehen und nicht ein Darlehen gemäß §§ 607 ff. BGB a.F. Der
Wortlaut der "Vereinbarung über die Gewährung eines partiarischen Darlehens"
wiederholt an verschiedenen Stellen, es solle ein partiarisches Darlehen gewährt
werden. Ausdrücklich knüpft die Vereinbarung zudem an die Ermächtigung in § 4 Nr. 9
des Gesellschaftsvertrages der Klägerin an, nach dem die persönlich haftende
Gesellschafterin zur Aufnahme eines partiarischen Darlehens bis zu einer Höhe von DM
1.000.000,00 berechtigt ist, und geht auch in ihrem Wortlaut von der im
Gesellschaftsvertrag vorgezeichneten Vereinbarung über die Gewährung eines
partiarischen Darlehens aus.
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In Übereinstimmung mit der wiederholten Qualifizierung des Vertragsverhältnisses
räumte die Vereinbarung S eine Beteiligung an dem wirtschaftlichen Erfolg der Klägerin
ein. Sollte nach Veräußerung des Schiffs und Abzug von Verbindlichkeiten noch ein
Überschuss verbleiben, sollte dieser nach der Vereinbarung im Verhältnis des
nominellen KG-Kapitals zum partiarischen Darlehen aufgeteilt werden (Ziffer 3 Abs. 2
der Vereinbarung). Diese Vergütung trat neben die jährliche Verzinsung der
Darlehensvaluta in Höhe von 7,5 %.
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Unerheblich für die Annahme eines partiarischen Darlehens ist, dass es sich nicht um
eine Beteiligung am jährlichen Gewinn oder Umsatz handelt, sondern um eine
Teilnahme an der Verteilung der nach Verkauf des Schiffs noch verbleibenden
Liquidität. Die Teilnahme an einem (im Wesentlichen) durch den Verkauf des Schiffes
entstehenden Veräußerungsgewinn genügt für ein partiarisches Darlehen, das eine
Beteiligung am wirtschaftlichen Erfolg eines Unternehmens verlangt, aber nicht
voraussetzt, es müsse sich um eine fortlaufende Beteiligung am jährlichen Gewinn oder
Umsatz handeln. Auch bei einer Beteiligung des bei Beendigung der Gesellschaft
entstehenden Überschusses wird von der typischen Risikoverteilung bei einem
Darlehensvertrag abgewichen, weil auch in diesem Fall der Darlehensgeber –
abweichend von einem üblichen Darlehen – ein erhebliches eigenes Interesse an dem
wirtschaftlichen Erfolg der durch die Darlehensvaluta getätigten Investition hat.
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Die zugesagte Erfolgsbeteiligung kann auch nicht von vornherein als wirtschaftlich
gehaltlos angesehen werden.
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Hiergegen spricht bereits, dass in diesem Fall kein Grund ersichtlich wäre, warum die
Klägerin und S trotz bestehender Kenntnis eine ausdrückliche Vereinbarung über eine
Überschussbeteiligung in den Vertrag aufgenommen haben sollten.
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Darüber hinaus spricht der durch die Vereinbarung zum Ausdruck kommende objektive
Parteiwille dagegen, dass die Parteien bei Abschluss der Vereinbarung davon
ausgingen, es könne kein zu verteilender Überschuss entstehen. Die vertraglichen
Regelungen mit der in ihnen zum Ausdruck kommenden Risikoverteilung spricht
vielmehr dafür, dass S – im Vergleich zu einem üblichen Darlehen – gesteigerte Risiken
zugunsten der Kommanditisten der Klägerin in Kauf zu nehmen bereit war, weil ihr
hierdurch die Chance auf eine Beteiligung an einem Überschuss, also die Möglichkeit
auf eine zusätzliche Vergütung eröffnet wurde.
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In der Vereinbarung übernahm S nämlich den (anderenfalls nicht hingenommenen)
Nachteil, gegenüber Gesellschaftern der Klägerin nachrangig hinsichtlich seiner
Forderung auf Darlehensrückzahlung und Zinszahlungen befriedigt zu werden, um der
Klägerin die Möglichkeit zu geben, als Publikumsgesellschaft gegenüber potentiellen
Kommanditisten durch Sicherstellung hoher Ausschüttungen zusätzlich attraktiv zu
erscheinen. So verzichtete S auf eine laufende Tilgung des Darlehens bis zur
Veräußerung des Schiffes, weil die Klägerin kaum Liquidität vorhielt, mit Hilfe derer sie
die Tilgung hätte leisten können. Sie nahm sogar hin, mit einer Rückzahlung gänzlich
auszufallen, wenn der Veräußerungserlös zur Tilgung nicht ausreichen sollte. Dennoch
verzichtete S auf die Stellung von Sicherheiten und verlangte nur einen vergleichsweise
moderaten Zinssatz in Höhe von 7,5 % p.a. Sie erklärte sich sogar mit einem
Fälligkeitsaufschub hinsichtlich der Zinsen einverstanden, wenn die Klägerin aufgrund
ihrer Liquiditätslage nach Ausschüttung an die Kommanditisten nicht würde zahlen
können.
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Diese für S nachteiligen Regelungen können nicht mit ihrem Interesse gerechtfertigt
werden, ihrer Tochtergesellschaft C die Bereederung zu sichern. Es ist von der Klägerin
nicht vorgetragen worden und für den Senat auch nicht ersichtlich, dass sie den
Bereederungsvertrag ohne die für S nachteiligen Regelungen nicht abgeschlossen
hätte und die Verhandlungsmacht hatte, als die das Darlehen benötigende Gesellschaft,
der Darlehensgeberin für sie derart nachteilige Regelungen abzuringen.
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An einer wirtschaftlichen Bedeutsamkeit der Überschussbeteiligung fehlt es auch nicht
deshalb, weil bei einer Veräußerung des Schiffs schätzungsweise nur ein
Veräußerungspreis in Höhe von 60 % der Anschaffungskosten erzielt werden und dann
kein zu verteilender Überschuss entstehen könne. Hierbei kann es sich nur um einen
Erfahrungswert handeln, der allerdings nicht die Erwartung der Vertragsparteien
ausschließt, einen höheren Preis möglicherweise erzielen zu können. Erfahrungswerte
sind allenfalls Durchschnittswerte und können im Einzelfall aufgrund der konkreten
Umstände und des Verlaufs der Verkaufsverhandlungen (erheblichen) Schwankungen
unterliegen. Einen festen Veräußerungspreis für Schiffe gibt es – auch nach dem
Vortrag der Klägerin – gerade nicht.
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Selbst wenn die Überschussbeteiligung im Ergebnis im vorliegenden Fall sehr gering
ausfallen würde oder S letztlich überhaupt nicht an einem Überschuss beteiligt würde,
wäre dies für die Qualifizierung der Vereinbarung als partiarisches Darlehen
unerheblich. Für die Annahme eines partiarischen Darlehens ist nicht zwingend
erforderlich, dass mit Sicherheit ein wirtschaftlicher Erfolg eintritt, an dem der
Darlehensgeber wirtschaftlich zu beteiligen ist; ausreichend ist eine Erfolgsbeteiligung
bei ungewisser Entwicklung des Geschäftsbereichs des Darlehensnehmers, was auch
dazu führen kann, dass es im Ergebnis nicht zu einer Erfolgsbeteiligung kommt.
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Die Überschussbeteiligung ist schließlich nicht deshalb wirtschaftlich unbedeutend, weil
sie jederzeit verhindert werden könnte. Zwar ist das Darlehen gemäß Ziffer 3 Abs. 1
Satz 3 der Vereinbarung zur Rückzahlung fällig, wenn der Bereederungsvertrag durch
die Klägerin gekündigt wird. Dies mag man dahingehend auslegen, dass es in diesem
Fall nicht mehr zu einer Beteiligung an einem Überschuss nach Veräußerung des
Schiffs kommt. Allerdings ist eine Kündigung – ausgehend von dem oben ermittelten
Willen der Vertragsparteien – nur unter sehr engen Voraussetzungen ohne Verstoß
gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB) denkbar. Insbesondere konnte die Klägerin den
Bereederungsvertrag nicht willkürlich kündigen, um S von einer Beteiligung an einem
Überschuss auszuschließen. Hinzu kommt, dass es sich um einen eher theoretischen
Fall handelt, dass die Klägerin den Bereederungsvertrag kündigt, weil dies
voraussetzen würde, dass das partiarische Darlehen bis zum Ende der Kündigungsfrist
zurückgezahlt wird, die Klägerin aber selbst vorgetragen hat, dass sie in einem Maße
Ausschüttungen vornimmt, die ihr keine Liquiditätsreserven belassen. Zumindest hätte
eine Kündigung eine erhebliche Zurückhaltung im Ausschüttungsverhalten der Klägerin
erforderlich gemacht, die im Gegensatz zu dem ursprünglichen Willen der Klägerin
stand, eine Ausschüttung an die Kommanditisten sicherzustellen.
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2. S, die Gläubigerin der Zinsforderung, ist in Deutschland beschränkt steuerpflichtig.
Sie ist als Ltd., die weder ihren Sitz (Zypern) noch ihre Geschäftsleitung in Deutschland
hat, mit ihren inländischen Einkünften gemäß § 49 EStG in Deutschland beschränkt
steuerpflichtig (vgl. §§ 2 Nr. 1, 8 Abs. 1 Satz 1 des Körperschaftsteuergesetzes).
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3. Schließlich hat die Klägerin – als Schuldnerin der Zinsforderung – ihren Sitz im
Inland, nämlich in A-Stadt.
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III.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.
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IV.
57
Die Revision war gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO wegen der grundsätzlichen Bedeutung
der Rechtssache zuzulassen. Die Rechtsfrage der Abgrenzung zwischen einem
partiarischen Darlehen und einem Darlehen ist bislang nicht abschließend geklärt. Ihre
Klärung liegt im allgemeinen Interesse.
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Über den Antrag der Klägerin zu 2. musste nicht entschieden werden, weil die Klage
abzuweisen war.
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