Urteil des FG Münster vom 08.03.2004

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Finanzgericht Münster, 1 Ko 5693/03 KFB
Datum:
08.03.2004
Gericht:
Finanzgericht Münster
Spruchkörper:
1. Senat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
1 Ko 5693/03 KFB
Tenor:
Der Kostenfestsetzungsbeschluss vom 10.10.2003 (Az. 1 K 1886/02 E)
wird dahingehend geändert, dass zusätzlich Kosten in Höhe von 600
Euro nebst 16% Umsatzsteuer festgesetzt werden. Außerdem sind die
festgesetzten Kosten ab dem 8.8.2003 mit 5% über dem Basiszinssatz
zu verzinsen.
G r ü n d e:
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Zu entscheiden ist, ob im Klageverfahren 1 K 1886/02 E die zu erstattenden Kosten zu
verzinsen sind und ob eine Erledigungsgebühr zu gewähren ist.
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In diesem Verfahren hatte der Erinnerungsgegner (Eg.) im Erörterungstermin vom
10.4.2003 einen Erledigungsvorschlag gemacht. Diesem war eine Erörterung der Sach-
und Rechtslage vorausgegangen. Im Rahmen dieser Erörterung hatten die Beteiligten
jeweils verschiedene Werte für eine gütige Beilegung genannt. Der Prozessvertreter der
Erinnerungsführerin (Ef.) hatte zweimal um Unterbrechung des Erörterungstermins
gebeten, die allerdings nicht gesondert protokolliert worden sind. Während dieser
Unterbrechungen hatte er den Sitzungssaal verlassen, um mit der Ef. die genannten
Beträge zu diskutieren. Die Ef. erklärte sich, so ergibt es sich auch aus dem Protokoll
des Erörterungstermins, grundsätzlich zur Einigung auf den letztlich vom Eg. genannten
Wert von 2,9 Mio. DM bereit, musste aber zunächst die Finanzierung der sich hieraus
ergebenden Steuerforderungen klären. Aus diesem Grund wurde der endgültige
Erledigungsvorschlag als solcher des Eg. protokolliert und der Ef. eine
Stellungnahmefrist eingeräumt. Mit Schreiben vom 2.6.2003 nahm die Ef. den
Erledigungsvorschlag durch Schreiben ihres Prozessvertreters an. Durch Beschluss
vom 30.7.2003 wurde die Hauptsache nach Eingang der entsprechenden
Erledigungserklärungen der Beteiligten für erledigt erklärt. Die Kosten des Verfahrens
wurden den Beteiligten je zur Hälfte auferlegt.
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Im Kostenfestsetzungsantrag vom 6.8.2003, eingegangen bei Gericht am 8.8.2003,
beantragte der Prozessvertreter der Ef. die Erstattung einer Erledigungsgebühr nach §
24 BRAGO in Höhe von 1.200 EUR nebst 16% Umsatzsteuer. Der Eg. wandte sich mit
Schreiben vom 28.8.2003 gegen die Festsetzung der Erledigungsgebühr, da seiner
Meinung nach ein besonderes Tätigwerden des Prozessvertreters der Ef., das über die
normale Prozessführungstätigkeit hinausgegangen sei, nicht feststellbar gewesen sei.
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Durch Beschluss der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle des Senats vom 10.10.2003
wurde der Kostenerstattungsbetrag ohne Erledigungsgebühr und Verzinsung der
beantragten Beträge festgesetzt. Entsprechend dem Kostenbeschluss vom 30.7.2003
wurden die ansonsten beantragten Beträge zur Hälfte festgesetzt.
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Mit Schreiben vom 28.10.2003 legte die Ef. gegen den Beschluss Erinnerung ein. Sie ist
der Ansicht, dass die Verhandlung über den Vorschlag des Eg. bereits für das
Entstehen der Erledigungsgebühr ausreiche. Hinsichtlich der fehlenden Verzinsung
verweist sie auf ihren Antrag und die Vorschriften der §§ 104 Abs. 1 S. 2 ZPO, 155 FGO.
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Die Ef. beantragt,
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den Kostenfestsetzungsbeschluss dahingehend zu ändern, dass auch die
Erledigungsgebühr in Höhe von 1.200 Euro zzgl. 16% Umsatzsteuer festgesetzt
wird sowie die festgesetzten Beträge in Höhe von 5% über dem Basiszinssatz seit
dem Eingang des Kostenfestsetzungsantrags verzinst werden.
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Der Eg. beantragt,
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die Erinnerung zurückzuweisen.
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Die Erinnerung sei unbegründet. Ein besonderes Tätigwerden des Prozessvertreters
der Ef. sei im Erörterungstermin nicht erkennbar gewesen.
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Auf Grund der Erinnerung ist der Kostenfestsetzungsbeschluss in der im Tenor
ausgesprochenen Art zu ändern.
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§ 24 BRAGO sieht vor, dass der mit der Prozessführung beauftragte Rechtsanwalt eine
volle Gebühr erhält, wenn sich eine Rechtssache ganz oder teilweise nach
Zurücknahme oder Änderung des mit einem Rechtsbehelf angefochtenen
Verwaltungsaktes erledigt und dieser Rechtsanwalt bei der Erledigung mitgewirkt hat.
Die Mitwirkung darf sich nicht auf ein bloßes Fördern des Verfahrens beschränken.
Dieses ist bereits durch die Prozessgebühr gemäß § 31 Abs. 1 Nr. 1 BRAGO
abgegolten. Ebenso wenig reicht die bloße Teilnahme an einem Erörterungstermin aus,
eine gesonderte Gebühr nach § 24 BRAGO zu verdienen. Die Erörterung wird durch die
Erörterungsgebühr nach § 31 Abs. 1 Nr. 4 BRAGO entgolten. Damit die
Erledigungsgebühr daneben entstehen kann, bedarf es eines besonderen
Tätigwerdens. Ein solches besonderes Tätigwerden liegt vor, wenn durch die Tätigkeit
des Prozessvertreters beispielsweise eine sog. "tatsächliche Verständigung" zwischen
den Beteiligten erzielt wird (FG Münster, Beschluss vom 26. November 1990, Az. XIV
4959/90 Ko, EFG 1991, 566). Hiervon zu unterscheiden ist der Fall, in dem der
schriftliche und mündliche Vortrag des Prozessvertreters allein zu einem Nachgeben
einer Partei im Verfahren geführt hat. Ein solches Verhalten ist noch nicht ausreichend,
um als besonderes Tätigwerden qualifiziert zu werden (vgl. FG Düsseldorf, Beschluss
vom 15.1.2001, 14 Ko 7271/00 KF, SIS 01 74 13; FG Köln, Beschluss vom 12.9.2002,
10 Ko 2335/02; FG Hessen, Beschluss vom 26.11.2002, 12 Ko 1552/00, SIS 03 15 79).
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Im vorliegenden Fall hat der Prozessbevollmächtigte an der Erledigung des
Rechtsstreites dahingehend mitgewirkt, dass er während des Erörterungstermins
wiederholt mit der Ef. konferiert hat und sie schließlich davon überzeugt hat, den
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abschließend vom Eg. gemachten Erledigungsvorschlag - unter der Voraussetzung der
Finanzierbarkeit - anzunehmen. Ergebnis ist eine sog. "tatsächliche Verständigung" der
Beteiligten über den Wert des betroffenen Grundstücks gewesen. Diese Tätigkeit des
Prozessvertreters geht über die reine Betreibung des Verfahrens wie auch eine bloße
Teilnahme am Erörterungstermin hinaus und rechtfertigt es, eine Erledigungsgebühr
i.S.d. § 24 BRAGO anzusetzen.
Da die Kosten von den Beteiligten je zur Hälfte zu tragen sind, kann nur eine hälftige
Erledigungsgebühr in Höhe von 600 Euro zuzüglich Umsatzsteuer festgesetzt werden.
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Daneben hatte eine Verzinsung der im Kostenausgleichsantrag beantragten Kosten
gemäß § 155 FGO i.V.m. § 104 Abs. 1 S. 2 ZPO ab Eingang dieses Antrags bei Gericht
am 8.8.2003 zu erfolgen.
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Das Verfahren ist nach § 5 Abs. 6 GKG gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.
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