Urteil des FG Münster vom 30.01.2004

FG Münster (Gewinnerzielungsabsicht, Freier Mitarbeiter, Einkünfte, Umstrukturierung, Unternehmen, Verleger, Liebhaberei, Anschaffungskosten, Laie, Darlehen)

Datum:
Gericht:
Spruchkörper:
Entscheidungsart:
Tenor:
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Aktenzeichen:
Finanzgericht Münster, 11 K 1638/02 E
30.01.2004
Finanzgericht Münster
11. Senat
Urteil
11 K 1638/02 E
Die Einkommensteuerbescheide 1996 bis 1999 in Gestalt der
Einspruchsentscheidung vom 19. Februar 2002 werden insoweit
geändert, als 52% der auf das Darlehen Nr. 000000001 gezahlten
Schuldzinsen als nachträgliche Betriebsausgaben berücksichtigt werden.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreites fallen dem Kläger zur Last.
Die Revision wird nicht zugelassen.
G r ü n d e:
I.
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Tätigkeit des Klägers als Verleger in den Jahren
1996 bis 1999 mit Gewinnerzielungsabsicht unternommen wurde.
Der Kläger ist .............. Bis zum 31. März 1999 beschränkte sich seine Tätigkeit als .............
auf die Übernahme von Notdiensten und Praxisvertretungen. Seit dem 1. April 1999
betreibt er eine eigene .............praxis. In den Streitjahren erzielte der Kläger Einkünfte aus
seiner ........lichen Tätigkeit (§ 18 EStG), aus Vermietung und Verpachtung (§ 21 EStG) und
aus Kapitalvermögen (§ 20 EStG). Außerdem erklärte er die streitgegenständlichen
Verluste aus seiner Tätigkeit als Inhaber des X. Buchverlages (§ 16 EStG). Letztere sind für
die Jahre 1993 bis 1995 bestandskräftig festgesetzt; für die Folgejahre erkannte der
Beklagte diese jedoch - im Anschluss an eine in den Jahren 1993 bis 1995 durchgeführte
Betriebsprüfung - nicht an.
Der Kläger hatte den X. Buchverlag im Jahre 1993 als Einzelunternehmen gegründet. Er
betrieb ihn in gemieteten Räumen in der W.-Straße 01 in C., wo er zu jener Zeit auch
wohnte. Als ............. hatte der Kläger eine lange Zeit in verbracht. Weitere Reisen führten
ihn in den , nach und zu den -Inseln. Durch eine Rundfunkveranstaltung wurde er
schließlich auf den Schriftsteller U. G. aufmerksam, der sein Freund und ständiger
Reisebegleiter werden sollte. Auf den -Inseln sei ihm der Gedanke der Gründung des X.
Buchverlages gekommen. Er habe dem Schriftsteller G., der bis dahin schon viele Bücher
geschrieben hatte, einen Weg eröffnen wollen, seine Werke ohne jede Zensur und
Einschränkung veröffentlichen zu können. Im X. Verlag erschien sodann eine Trilogie des
Schriftstellers G., die sich mit der Inselwelt und deren exotischen Menschen beschäftigt.
Der Absatz der Werke Buch 1 (Erscheinungsjahr 19 ; Anschaffungskosten 9,44 DM,
Verkaufspreis 44,86 DM), Buch 2 (Erscheinungsjahr 19 , Anschaffungskosten 14,13 DM,
Verkaufspreis 46,54 DM) und Buch 3 (Erscheinungsjahr 19 , Anschaffungskosten 14,90
DM, Verkaufspreis 46,54 DM) gestaltete sich schwierig.
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Bestand
Auflage 31.12.19 31.12.19 31.12.19
Buch 1 9.600 6.676 6.566 5.909
Buch 2 4.840 3.550 3.395 1.528
Buch 3 5.000 4.621 4.170 2.259
Die Geschäftsentwicklung stellt sich im Einzelnen wie folgt dar (Verluste lt.
Einnahme/Überschussrechnung/Einkünfte lt. Erklärung):
1. 1994 1995 1996 1997
2.
3.
4.
5.
1998 1999 2000 2001 2002
a.
b.
c.
d.
*Beträge in DM
** enthalten TW-Abschreibung auf Buchbestand iHv
*** Werte nach BP
Umsätze
1. 1994 1995 1996 1997
1. 1999 2000 2001 2002
*Beträge in DM
Seine Klage begründet der Kläger im Wesentlichen damit, dass die Entscheidung zur
Gründung und Fortführung des Verlages von Gewinnerzielungsabsicht getragen gewesen
sei. Kein vernünftig handelnder Kaufmann erwerbe insgesamt ca. 19.000 Buchexemplare
und wende hierfür etwa DM aus persönlichen Neigungen auf. Er habe aufgrund seiner
eigenen Aufenthalte in der Fachwissen erworben, welches ihn auf die Idee des
Aufschließens eines Marktes für -literatur gebracht habe.
Er - der Kläger - habe alle notwendigen Aktivitäten unternommen, um das Unternehmen in
die Gewinnzone zu führen. Tatsächlich sei der wirtschaftliche Erfolg aus marktbedingten
Gründen ausgeblieben. Einflüsse wie Marktdurchdringung, Probleme durch die
Preisbindung, Wegfall des Vertragspartners H. und andere Umstände hätten verhindert,
dass sich die ursprüngliche Planung habe verwirklichen lassen. Gleichwohl habe er alle
Maßnahmen unternommen, um den wirtschaftlichen Erfolg herbeizuführen. Dies gelte auch
für die Zeit nach der Eröffnung seiner .............praxis. Der Umstand, dass er durch die
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Überschüsse aus seiner ......-lichen Tätigkeit bzw. aufgrund einer Erbschaft im Jahre 1995
das Überleben des Verlages ermöglicht habe, qualifiziere die Verlagstätigkeit nicht zur
Liebhaberei. Denn allein die Tatsache, dass er wegen anderweitiger Einkünfte in der Lage
gewesen sei, die anfallenden Verluste jedenfalls teilweise auszugleichen und den Verlag
fortzuführen, führe auch nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes nicht zur
Verneinung einer Gewinnerzielungsabsicht. Vielmehr scheitere die Annahme einer
Liebhaberei daran, dass die Fortführung des Betriebes ohne jene anderen Einkünfte gar
nicht möglich gewesen wäre. Eine persönliche Neigung, die ihn zur Fortsetzung des
Betriebes veranlasst habe, fehle. Allein der Umstand, dass er - der Kläger - die Bücher in
den Klappentexten begeistert empfohlen habe bzw. er die kenne und schätze, begründe
keine solche Neigung.
Wie die ursprüngliche Kalkulation belege, habe sich eine aussichtsreiche Chance
dargestellt, erhebliche Gewinne zu erzielen. Die Rohgewinnspanne habe für den Verlag
bei etwa 320.000,00 DM gelegen. Damit wären alle Betriebsausgaben bis einschließlich
1999 abgedeckt gewesen, und zwar selbst ohne weitere geplante Veröffentlichungen.
Die Liberalisierung des Buchmarktes habe zu Konzentrationen und Überproduktionen
geführt. Die Großverlage hätten die Konkurrenz verschärft, was für Kleinverleger weder
absehbar noch änderbar gewesen sei. Darüber hinaus sei der Urheberschutz der
Buchverlage besonders schwierig. Der Beginn als Verleger sei zwingend mit
Publikationsrisiken verbunden. Es gebe eine Reihe von Büchern, die jahrelang nicht
veräußerbar gewesen und plötzlich zu Bestsellern geworden seien. Verlage seien zudem
sehr personenbezogen und der Aufbau und Erfolg nicht planbar. Viele der etablierten
Verlagshäuser hätten teilweise vor dem Ende ihrer Existenz gestanden und seien erst nach
Jahren zu rentablen Unternehmen geworden. Stets gebe es das Risiko von Verlusten aus
einzelnen Titeln, die durch die Gewinne aus anderen Publikationen mitfinanziert werden
müssen. Auch die Tendenz zur Diversifikation in der Branche habe mit einer
Risikostreuung zu tun, die jedoch dem Einzelunternehmer, insbesondere dem Anfänger,
nicht zur Verfügung stehe.
Ab dem Jahr 1993 habe er - der Kläger - ca. drei Tage pro Woche beim Aufbau des
Verlagsgeschäftes mitgewirkt. Hierzu habe das Lektorat, die Drucküberwachung, das
Entwerfen von Werbetexten, die Präsenz auf Buchmessen, das Organisieren von
Buchbesprechungen und insbesondere der Besuch von Buchhandlungen gehört. Er sei als
Laie in das Verlagsgeschäft eingestiegen. Aufgrund der günstigen
Produktionsbedingungen bei Abnahme höherer Stückzahlen habe er sich für eine viel zu
hohe Auflage entschieden. Nachdem bereits das 1994 erschienene Werk Buch 1 nicht
komplett wunschgemäß zu verkaufen gewesen sei, habe er Ende 1996 Herrn L1., einen
erfahrenen Buchhändler, zur Optimierung seines Verlagsgeschäftes hinzugezogen.
Aufgabe des Herrn L1. sei gewesen, den Verkauf anzukurbeln, die Gründe für die
Absatzschwierigkeiten zu recherchieren, Insiderwissen in das laufende Verlagsgeschäft
einzubringen, Akquisition, Pressearbeit sowie Magazinredaktion zu betreiben. Ursprünglich
hatte der Kläger dargelegt, dass bis 1999 die Verlagsauslieferung H. für ihn tätig gewesen
sei. H. habe Buchhandlungen kontaktiert und den Verlag auf der Buchmesse vertreten.
Nach dessen Ausscheiden habe Herr L1. vom T. Verlag als freier Mitarbeiter diese Aufgabe
übernommen. Nach intensiver Fortbildung im Jahre 1997 habe Herr L1. 1998
weitestgehend die Geschäftstätigkeit übernommen. Er - der Kläger selbst - sei im Oktober
1998 aus dem laufenden Geschäft ausgeschieden. Herr L1. habe in der Beratung mit ihm -
dem Kläger - nicht nur das neue Unternehmenskonzept entwickelt, sondern erledige seither
auch das Tagesgeschäft in einem Umfang von ca. 14 Stunden pro Woche. Ab 1999 habe
er selbst nur noch den antiquarischen Abverkauf der Werke begleitet. Wegen der weiteren
Einzelheiten der Tätigkeit des Herrn L1. sowie der unternommenen
Umstrukturierungsmaßnahmen wird auf die zum Schriftsatz vom 12. September 2003
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eingereichten Anlagen - Blatt 263 ff. der FG Akte - Bezug genommen.
Mit Vertriebspartnern sei der Markt aktiv angegangen worden. Neben der Präsenz auf den
bekannten Buchmessen seien etwa 7.000 Flyer und etwa 2.000 Werbepostkarten zur
Verteilung auf Messen und in den Buchhandlungen gedruckt worden. Großflächige
Werbeplakate seien bei den Buchpräsentationen eingesetzt worden. Die Romane seien in
verschiedenen Presseveröffentlichungen (...................................) vorgestellt bzw. rezensiert
worden, so im ........... des Deutschen Buchhandels. Die Bücher seien auch in einer Vielzahl
von Magazinen beworben worden (......................................................). Das Buch 1 habe in der
... Bestseller-Liste als Empfehlung platziert werden können. Außerdem habe eine
Präsentation mit der "......................." stattgefunden, einem in der Branche bekannten
Namen.
Letztlich sei es sogar gelungen, mit dem ........-Verlag zwei Lizenzverträge abzuschließen.
Er selbst habe 44 Literaturagenten angeschrieben und dafür gesorgt, dass die Bücher auch
in den Internethandel ( ) aufgenommen worden seien. Zudem habe er eine Vielzahl von
Buchhandlungen besucht (ca. 350) und angeschrieben (ca. 200).
Bis 1996 habe er - der Kläger - sich noch der Hoffnung hingegeben, dass ähnlich wie bei
den Werken "Die Nebel von Avalon" oder "Herr der Ringe", die Präsenz der vollständigen
Trilogie am Markt zum maßgeblichen Verkaufserfolg führen könne. Dieser Optimismus sei
nach Erscheinen des zweiten Werkes, das sich noch schlechter als das erste verkauft
habe, weitestgehend gedämpft gewesen. Gleichwohl habe die Verpflichtung bestanden,
auch das dritte Werk zu verlegen und zu vertreiben. In den Folgejahren seien die Kosten
weitgehend heruntergefahren worden. Gleichzeitig sei nach neuen Aufgabengebieten,
Autoren und Konzepten gesucht worden, um das Verlagsgeschäft in Schwung zu bringen.
Da der dritte Band erst 1998 erschienen sei, habe erst 1999 festgestanden, dass der Verlag
durch die Verlegung der Trilogie nicht aus den roten Zahlen herauskommen könne. Zu
diesem Zeitpunkt habe eine Phase der Umstrukturierung begonnen, die das Unternehmen
aktuell bereits in die Gewinnzone gefahren habe. Die angestrebte und weitgehend bereits
verwirklichte Neuorganisation sehe eine Mischkalkulation aus der Produktion von Büchern
in Lizenz sowie der Produktion digitaler Medien vor. Bei der Arbeit mit Lizenzprodukten
werde inzwischen mit namhaften Verlagen wie und kooperiert.
Aufgrund des schwachen Buchabsatzes habe er außerdem im Jahre 1999 eine begrenzte
Anzahl von Büchern auf dem Ramsch- bzw. Second-Hand-Markt zu einem
Durchschnittspreis von 2,80 DM veräußert. Ziel sei es gewesen, danach wieder in die
Buchpreisbindung einzusteigen. Der Buchbestand zum 31. Dezember 1999 sei auf dieser
Grundlage neu bewertet worden, was zu einer Teilwertabschreibung in Höhe von DM
geführt habe.
Im Rahmen der mündlichen Verhandlung hat die Klägervertreterin betont, dass es für den
Kläger im Jahre 1996 lediglich zwei Alternativen gegeben habe. Er habe entweder die
Veröffentlichung der Trilogie wie geplant fortführen oder aber seine Tätigkeit als Verleger
einstellen können. Für sonstige Umstrukturierungsmaßnahmen hingegen habe es an
finanziellen Mitteln gefehlt. Der Kläger habe sich dafür entschieden, die Trilogie zu
verlegen. Dies möge zwar eine unternehmerisch schlechte, da im Ergebnis erfolglose
Entscheidung gewesen sein. Eine fehlende Gewinnerzielungsabsicht folge hieraus jedoch
nicht.
Der Kläger beantragt,
unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 19. Februar 2002 und
Änderung der Einkommensteuerbescheide der Jahre 1996 bis 1999 die Einkommensteuer
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unter Berücksichtigung der Verluste aus dem X. Verlag (1996: DM, 1997: DM, 1998: - DM,
1999: DM), hilfsweise unter Berücksichtigung von 52% der auf das Darlehen Nr.
000000001 gezahlten Zinsen als nachträgliche Betriebsausgaben herabzusetzen sowie
Gewerbesteuermessbetragsbescheide und die Verlustfeststellungsbescheide nach § 35b
GewStG neu zu erlassen, hilfsweise die Revision zuzulassen.
Der Beklagte beantragt sinngemäß,
die Klage - soweit sie über den Hilfsantrag hinausgeht - abzuweisen.
Zur Begründung verweist er im Wesentlichen auf die Darlegungen der
Einspruchsentscheidung. Die während des Klageverfahrens vorgelegte Auflistung der
Umstrukturierungsaktivitäten führe zu keiner anderen Beurteilung. Denn die aufgeführten
Maßnahmen seien alle in Bezug auf die Vermarktung der Trilogie erfolgt. Soweit der Kläger
vortrage, seit 1996 sei der Markt für "print on demand" Bücher analysiert worden, bestätigte
die Auflistung der Aktivitäten gleichwohl, dass die Vermarktung der Trilogie absolute
Priorität genossen habe. Auch die Akquise des Werkes von I. L2. im Jahre 1999 deute nur
auf den Versuch hin, das Angebot des Buchverlages auf eine andere, breitere Grundlage
zu stellen. Insoweit sei jedoch der Sachvortrag sehr ungenau und nicht geeignet,
tatsächlich Umstrukturierungsmaßnahmen des Klägers nachzuvollziehen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes wird auf die zwischen den Beteiligten
gewechselten Schriftsätze, die Steuerakten und das Protokoll der mündlichen Verhandlung
Bezug genommen.
II.
Die zulässige Klage ist - soweit sie über den Hilfsantrag hinausgeht - unbegründet.
1. Der Beklagte ist zu Recht davon ausgegangen ist, dass der Kläger den X. Verlag in den
Streitjahren ohne Gewinnerzielungsabsicht (fort)geführt hat.
a. Eine einkommensteuerlich relevante Betätigung ist nach der Rechtsprechung des
Bundesfinanzhofes nur gegeben, wenn die Absicht besteht, auf Dauer gesehen nachhaltig
Gewinne bzw. Überschüsse zu erzielen. Das ist dann der Fall, wenn ein betrieblicher
Totalgewinn erstrebt wird (z.B. Beschluss des Großen Senats des BFH vom 25. Juni 1984
GrS 4/82, BFHE 141, 405, BStBl II 1984, 751), d.h. das Handeln auf die Mehrung des
Betriebsvermögens in Gestalt eines Totalgewinns zwischen der Gründung und der
Beendigung des gewerblichen Unternehmens gerichtet ist. Abzustellen ist auf die gesamte
voraussichtliche Betriebsdauer. Die Betriebsvermögensmehrung umfasst auch -
steuerpflichtige - Gewinne aus der Veräußerung von Anlagevermögen (vgl. Beschluss des
Großen Senats des BFH vom 25.06.1984, GrS 4/82, BStBl II 1984, 751, sowie u.a. BFH-
Urteile vom 30.10.1986, IV R 175/84, BStBl II 1987, 89, und vom 02.06.1999, X R 149/95,
BFH/NV 2000, 23).
Ob eine Gewinnerzielungsabsicht gegeben ist, richtet sich nach den Umständen des
Einzelfalles. Es handelt sich um ein subjektives Tatbestandsmerkmal, das nicht nach den
Absichtserklärungen eines Steuerpflichtigen, sondern nach äußeren Merkmalen zu
beurteilen ist. Es muss aus objektiven Umständen auf das Vorliegen oder Fehlen der
Gewinnerzielungsabsicht geschlossen werden (ständige Rechtsprechung, z.B. Beschluss
des Großen Senats des BFH vom 25.06.1984, GrS 4/82, a.a.O., und BFH-Urteil vom
25.06.1996, VIII R 28/94, BStBl II 1997, 202 jeweils m.w.N.). Zu den äußeren Kriterien, an
denen die Gewinnerzielungsabsicht zu messen ist, gehören nicht nur der geschäftliche
Erfolg, sondern auch die Art der auf diesen Erfolg hin ausgerichteten Tätigkeit. Dazu bedarf
es einer in die Zukunft gerichteten, langfristigen Prognose, für welche die Verhältnisse
eines bereits abgelaufenen Zeitraums wichtige Anhaltspunkte bieten können. Anzeichen
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für das Vorliegen einer Gewinnerzielungsabsicht kann eine Betriebsführung sein, bei
welcher der Betrieb nach seiner Wesensart und der Art seiner Bewirtschaftung auf die
Dauer gesehen dazu geeignet und bestimmt ist, mit Gewinn zu arbeiten. Schlüsse können
auch daraus gezogen werden, wie der Steuerpflichtige darauf reagiert, dass er längere Zeit
hindurch Verluste erwirtschaftet hat (z.B. BFH-Urteile vom 17.06.1998, XI R 64/97, BStBl II
1998, 727, und vom 07.08.1991, X R 10/88, BFH/NV 1992, 108 jeweils m.w.N.). Dabei ist
auch zu bedenken, dass bei einer Tätigkeit Gewinnerzielungsabsicht später einsetzen oder
wegfallen kann mit der Folge, dass eine einkommensteuerrechtlich relevante Tätigkeit
entsprechend später beginnt oder wegfällt.
Längere Verlustperioden reichen für sich allein gesehen nicht aus, um eine Betätigung als
Liebhaberei anzusehen und dem Bereich der privaten Lebensführung zuzuordnen. Bei
längeren Verlustperioden muss aus weiteren Anzeichen die Feststellung möglich sein,
dass der Steuerpflichtige die verlustbringende Tätigkeit nur aus im Bereich seiner
Lebensführung liegenden persönlichen Gründen oder Neigungen ausübt (z.B. BFH-Urteile
vom 13.12.1984, VIII R 59/82, BStBl II 1985, 455, vom 22.04.1998, XI R 10/97, BStBl II
1998, 663, und vom 11.12.1997, IV R 86/95, BFH/NV 1998, 950; BFH Urteil vom
31.05.2001 IV R 81/99, BFHE 195, 382, BFH Beschluss vom 15.05.2002, B 169/01,
BFH/NV 2002, 1428; BFH Urteil vom 12.09.2002 IV R 60/01, BFH/NV 2003, 107). Hierzu
gehört auch die Absicht, Steuern zu sparen (Beschluss des Großen Senats des BFH vom
25.06.1984, GrS 4/82, a.a.O., sowie BFH Urteile vom 21.08.1990, VIII R 25/86, BStBl II
1991, 564, und vom 11.12.1997, IV R 86/95, BFH/NV 1998, 950 und vom 02.06.1999, X R
149/95, BFH/NV 2000, 23, BFH Beschluss vom 15. Mai 2002, B 169/01, BFH/NV 2002,
1428).
b. Unter Zugrundelegung dieser Grundsätze gelangt der Senat zu der Überzeugung, dass
der Kläger in den Streitjahren ohne Gewinnerzielungsabsicht gehandelt hat.
Zwar geht der Senat davon aus, dass der Kläger bei der Gründung des Verlages zunächst
mit Gewinnerzielungsabsicht gehandelt hat, so dass die in den Jahren 1993 bis 1995
erzielten (Anlauf-)Verluste steuerlich anzuerkennen sind. Für den streitgegenständlichen
Zeitraum 1996 bis 1999 jedoch teilt der Senat die Auffassung des Beklagten, dass die
Fortführung der Verlagstätigkeit ohne Gewinnerzielungsabsicht erfolgt ist.
Zwar ist dem Kläger zuzugeben, dass die Aufnahme einer Verlagstätigkeit grundsätzlich für
eine bestehende Gewinnerzielungsabsicht spricht. Denn ein Unternehmen dieser Art ist
typischerweise nicht dazu bestimmt und geeignet, der Befriedigung persönlicher
Neigungen oder der Erlangung wirtschaftlicher Vorteile außerhalb der Einkommenssphäre
zu dienen. Jedoch ist die vom Kläger unternommene Tätigkeit als Verleger durchaus als
atypisch zu charakterisieren. Denn im Streitfall beschränkte sich die Tätigkeit des Klägers -
zumindest zunächst - ausschließlich auf die Verlegung der Trilogie des Autors T. G.. Damit
war der Erfolg des Verlages nicht nur von einem einzigen Autor und dessen Trilogie
abhängig, sondern auch vom Erfolg des Marktsegmentes ..................-literatur. Das
Engagement des Klägers in einem derart speziellen Teil des Buchmarktes, beschränkt auf
einen einzigen Autor, unterscheidet sich nach Auffassung des Senates deutlich von der
Tätigkeit sonstiger Verlage. Dies gilt auch im Hinblick darauf, dass der Kläger in den selbst
aus seiner Sicht schwierigen Buchmarkt als Laie eingestiegen war und er seine
Verlagstätigkeit von Beginn an in nur beschränktem zeitlichen Umfang neben seiner
ärztlichen Tätigkeit ausübte.
Insgesamt lassen es aus Sicht des Senates bereits die objektiven Verhältnisse im Jahre
1996 als ausgeschlossen erscheinen, dass der X. Verlag - jedenfalls in seiner
ursprünglichen Form - auf Dauer zu Gewinnen führen konnte. Die in den Streitjahren
erwirtschafteten Verluste stellen letztlich keine typischen Anlaufverluste mehr dar. Bereits
nach dem Erscheinen des ersten Bandes der Trilogie im Jahre 1994 und dem schwachen
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Absatz des Werkes im Folgejahr musste dem Kläger im Jahre 1996 klar sein, dass er allein
durch die Verlegung der Trilogie nicht in die Gewinnzone gelangen würde. In den Jahren
1993 bis 1995 waren bereits Verluste in Höhe von ca. .......... DM aufgelaufen, deren
Ausgleich - allein - durch den Verkauf der Trilogie nicht zu erwarten stand. Dies bestätigen
bereits die Umsatzzahlen der Jahre 1993 bis 1995 ( DM 1993, DM 1994, DM 1995). Aber
auch die Umsätze der Folgejahre ( DM 1996, DM 1997, DM 1998, DM 1999)
unterstreichen, dass allein aus dem Verkauf der Trilogie ein Erreichen der Gewinnzone
oder gar der Ausgleich der bis dato erzielten Verluste nicht möglich war.
Trotz dieser Situation im Jahre 1996 ist nicht ersichtlich, dass der Kläger Maßnahmen zur
Umstrukturierung des Betriebes ergriffen hat, die dazu dienten, das Unternehmen in die
Gewinnzone zu führen. Vielmehr hat er weiterhin an der Verlegung der Trilogie
festgehalten, ohne ein konkretes Konzept zur Umstrukturierung des Verlages zu
entwickeln. Allein die Hoffnung des Klägers, der wirtschaftliche Erfolg werde sich nach dem
Erscheinen der Trilogie einstellen, reicht nicht aus, um von einer fortbestehenden
Gewinnerzielungsabsicht des Klägers auszugehen.
Eröffnet ein Laie nebenberuflich einen Verlag, basierend auf der Idee der Öffnung eines
Marktes für ................-literatur durch Verlegung einer einzigen Trilogie und ergibt sich
bereits in den ersten drei Jahren der Tätigkeit ein Verlust von ca. DM sowie die Erkenntnis,
dass diese Art der Literatur kaum verkäuflich ist, so ist die Fortsetzung dieser Tätigkeit ohne
durchgreifende Änderungen in der Betriebsführung jedenfalls dann durch persönliche, die
Lebensführung betreffende Gründe veranlasst, wenn der Steuerpflichtige - wie im Streitfall -
über weitere positive Einkünfte verfügt, die die Finanzierung der Fortsetzung der
Verlagstätigkeit erst ermöglichen und hinsichtlich derer sich infolge der erzielten Verluste
eine Steuerersparnis ergibt. Der Kläger verfügte spätestens ab dem Jahr 1994 über nicht
unerhebliche Einkünfte aus seiner ärztlichen Tätigkeit
(....................................................................................................................), zu denen ab dem
Jahre 1996 noch weitere, durchaus beachtliche Einkünfte aus Kapitalvermögen sowie
Vermietung und Verpachtung hinzukamen.
Soweit der Kläger darauf hingewiesen hat, dass ihm aufgrund seiner finanziellen
Möglichkeiten nur die Wahl geblieben sei, den Verlag zu schließen oder aber die Trilogie -
wie geplant - auf den Markt zu bringen, folgt der Senat dem nicht. So wie es dem Kläger
wirtschaftlich möglich war, den dritten Band der Trilogie auf den Markt zu bringen, so wäre
es ihm auch möglich gewesen, das Geschäftsfeld des Verlages umzustrukturieren. Statt
weiterhin Zeit und Geld in den Druck und Vertrieb der Trilogie zu investieren, wäre es aus
Sicht des Senates durchaus möglich gewesen, Zeit und Geld in eine Umstrukturierung zu
investieren. Einen entsprechenden Versuch aber hat der Kläger nicht unternommen.
Auch die weitere Entwicklung des Verlages bestätigt, dass eine Umstrukturierung während
des Streitzeitraumes nicht erfolgt ist. Trotz der weiterhin nachhaltig negativen
Geschäftsentwicklung erhöhte der Kläger nicht etwa sein persönliches Engagement im
Rahmen der Verlagstätigkeit. Vielmehr übernahm er im Jahre 1999 eine .............praxis und
schied - nach eigenem Vorbringen - im Oktober 1998 praktisch gänzlich aus dem laufenden
Verlagsgeschäft aus.
Die Übernahme der laufenden Geschäftsführung durch Herrn L1. im Jahre 1998/99 kann
aus Sicht des Senats nicht als Umstrukturierungsmaßnahme angesehen werden, die
geeignet gewesen wäre, den Verlag in den Gewinnzone zu führen. Denn selbst wenn Herr
L1. - anders als der Kläger - über Branchenkenntnisse verfügte, war auch er nur
nebenberuflich und unentgeltlich für den Verlag tätig (ca. 14 Stunden pro Woche). Selbst
wenn Herr L1. bereits in früheren Jahren für den Verlag des Klägers tätig gewesen sein
sollte, was nach dem Sachvortrag letztlich unklar geblieben ist, war mit der Einbindung des
Herrn L1. soweit ersichtlich keine inhaltliche Umstrukturierung der Verlagstätigkeit
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verbunden. Insbesondere ist nicht erkennbar, dass der Kläger und/oder Herr L1. ein echtes
unternehmerisches Konzept zur Neustrukturierung des Verlages entwickelt hätten.
Vielmehr ergibt sich aus der Auflistung der Tätigkeiten des Herrn L1., dass der Verlag
selbst im Jahre 1999 weiterhin praktisch ausschließlich auf die Verlegung bzw. den
Vertrieb der Trilogie ausgerichtet war, obwohl spätestens im Jahre 1996 klar sein musste,
dass hieraus keine Gewinne zu erzielen waren. Die (bloße) Behauptung, bereits 1996 die
Tauglichkeit sog. print on demand Medien geprüft zu haben, reicht für die Annahme einer
Neustrukturierung des Verlages ebenso wenig aus wie die ab 1999 behauptete Akquisition
des Werkes von I. L2.. Derlei Einzelmaßnahmen stellen insbesondere in Anbetracht des
offensichtlich fortbestehenden Tätigkeitsschwerpunktes in Bezug auf die Trilogie
keinesfalls Umstrukturierungsmaßnahmen dar, die geeignet waren, eine positive
Gewinnentwicklung einzuleiten.
2. Aufgrund des im Jahre 1996 erfolgten Überganges zur Liebhaberei sind nachträgliche
Betriebsausgaben in Höhe von 52% der auf das Darlehen Nr. 000000001 geleisteten
Zinszahlungen zu berücksichtigen. Der Senat schließt sich hierzu der von den Beteiligten
vertretenen Auffassung an.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 135 Abs. 1, 137 FGO. Soweit der Kläger obsiegt
hat, fallen ihm die Kosten des Verfahrens zur Last, da sein Obsiegen auf erst im
Klageverfahren substantiiert vorgetragenen Tatsachen beruht.
4. Die Revision war mangels Vorliegen der Voraussetzungen des § 115 FGO nicht
zuzulassen. Die Entscheidung des Senates folgt den Grundsätzen der ständigen
Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes.