Urteil des FG Münster vom 14.12.2007

FG Münster: auflösung, stille reserven, realisierung stiller reserven, vermietung, schutzwürdiges interesse, private vermögensverwaltung, hypothekenbank, grundstück, bilanz, disagio

Finanzgericht Münster, 12 K 4369/04 G
Datum:
14.12.2007
Gericht:
Finanzgericht Münster
Spruchkörper:
12. Senat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
12 K 4369/04 G
Tenor:
In Abänderung des Gewerbesteuermessbescheids vom 25.08.2003 in
Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 16.07.2004 wird der
Gewerbesteuermessbe-trag 1998 auf Null EUR festgesetzt.
Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.
Das Urteil ist wegen der Kostenentscheidung gegen Sicherheitsleistung
in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs der Klägerin vorläufig
vollstreckbar.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
1
Streitig ist, ob der Gewinn aus der Auflösung eines nach Forfaitierung von
Leasingforderungen gebildeten passiven Rechnungsabgrenzungspostens (PRAP)
anlässlich einer Betriebsaufgabe wegen Wegfalls der Voraussetzungen einer
Betriebsaufspaltung sowie einer gewerblichen Prägung nach § 15 Abs. 3 Nr. 2
Einkommensteuergesetz (EStG) Teil des laufenden Gewinns und damit des
Gewerbertrags (§ 7 Gewerbesteuergesetz – GewStG --) ist oder Teil des
Aufgabegwinns.
2
Die Klin. wurde durch Gesellschaftsvertrag vom 18.12.1992 gegründet und am
20.09.1993 im Handelsregister – HR -- eingetragen (nunmehr Handelsregister A des
Amtsgerichts , HRA ). Sie ermittelte ihren Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich.
3
Komplementärin ohne Kapitalbeteiligung war die A
Grundstücksvermietungsgesellschaft mbH, (A GmbH). Kommanditisten waren Frau B
(50 v. H.), Herr F (25 v. H.) sowie Herr W (25 v. H.). Zur Geschäftsführung befugt war
zunächst allein die A GmbH. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den
Gesellschaftsvertrag vom 18.12.1992 (vgl. im Erörtungstermin vom 30.08.2007 von der
Klin. vorgelegter Aktenordner mit Anlagen – nachfolgend "Anlagenordner" genannt --,
dort Trennblatt 5) verwiesen.
4
Geschäftsgegenstand der Klin. war der Erwerb und die Bebauung eines Grundstücks
sowie die Überlassung des bebauten Grundstücks an eine x Kunststofftechnik GmbH,
eingetragen im beim Amtsgericht geführten HR unter HRB (x GmbH), zur Nutzung. An
der x GmbH waren zuletzt Frau B (50 v. H.), Herrn F (32,5 v. H.) und Herr W (17,5 v. H.)
beteiligt, wobei Herr W seinen Anteil treuhänderisch i. S. v. § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2
Abgabenordnung (AO) für seine Ehefrau, Frau U, und Herr F einen Teilanteil (15 v. H.)
treuhänderisch für Herrn R (15 v. H.) hielt. Geschäftsgegenstand der x GmbH war die
Produktion technischer Schläuche.
5
Die Klin. erwarb aufgrund notariellen Vertrags vom 22.12.1992 von der Stadt eine
17.000 qm große Grundstücksteilfläche. Nach Zusammenfassung mit einem
angrenzenden Grundstück zu einem Grundstück mit einer Gesamtgröße von 18.691 qm
(Grundbuch des Amtsgerichts , Gemarkung , Blatt , Flur 71, Flurstück 323) erfolgte die
Bebauung mit einer Produktions-/Lagerhalle sowie einem Verwaltungsgebäude; die
Fertigstellung der Gebäude erfolgte zum 01.08.1994. Später errichtete die Klin. zudem
eine – nach einem Produktionsverfahren benannte – Cliphalle, deren Fertigstellung zum
01.10.1996 erfolgte.
6
Mit Generalübernehmerveträgen vom 19./20.03.1993 (Errichtung der Produktions-
/Lagerhallte sowie Verwaltungsgebäude) sowie vom 23.01./06.02.1996 (Errichtung der
Cliphalle) betraute die Klin. die x GmbH als Generalübernehmerin mit der Durchführung
der Bebauung des Grundstücks.
7
Aufgrund Immobilien-Leasingvertrages Nr. 932-2241 (nachfolgend "ILV" genannt) vom
19./20.03.1993 überließ die Klin. der x GmbH das Grundstück nach Bebauung und
Übernahme zum 01.08.1994 zur Nutzung. Zum ILV wurden insgesamt 5 Nachträge
vereinbart, zuletzt am 16.12./17.12.1997 (Nachtrag Nr. 5).
8
Die Gesamtmietzeit betrug 22,5 Jahre wovon 20 Jahre auf die 1. Mietperiode entfielen.
Der ILV war beidseitig unkündbar (§ 11 Abs. 1 ILV); eine Kündigung war nur aus
wichtigem Grund möglich (§ 11 Abs. 2 ILV).
9
Die x GmbH hatte an die Klin. u. a. eine Vormiete sowie eine
Bereitstellungsentschädigung zu zahlen (§ 2 Abs. 2 ILV). Die Vormiete war eine
Vergütung für die von der Klin. ausgezahlten Investitionskosten (§ 2 Abs. 2 a) ILV). Die
Bereitstellungsentschädigung war eine Vergütung für die von der Klin. bereitgestellten,
noch nicht ausgezahlten Investitionskosten (§ 2 Abs. 2 b) ILV).
10
Die Mieten waren auf Basis der endgültigen Gesamtinvestitionskosten (GIK) zu ermitteln
(§ 2 Abs. 3 a) ILV); sie umfassten sämtliche aus dem Erwerb des Grundstücks sowie der
Errichtung der Gebäude resultierenden (Neben-)Kosten (§ 3 ILV). Die GIK betrugen
unter Berücksichtigung eines der Klin. gewährten Investitionszuschusses i. H. v.
1.057.180 DM zuletzt 8.826.848,46 DM (5. Nachtrag vom 16.12./17.12.1997 zum ILV).
11
Daneben hatte die x GmbH der Klin. ab dem 01.01.2005 bis zum Ende der 1.
Mietperiode ein unverzinsliches Mieterdarlehen in jährlich steigenden Beträgen zu
gewähren. Berechnungsgrundlage für das Mieterdarlehen waren die GIK ohne Abzug
des Investitionszuschusses (vgl. Nachtrag Nr. 4, Zusatzvereinbarung Nr. 2, Ziff. 2.2).
Eine Rückzahlung war nach Ablauf der 1. Mietperiode und Sicherstellung der
Anschlussfinanzierung vereinbart (§ 3 Abs. 3 b) ILV).
12
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Leasingvertrag vom 19./20.03.1993
sowie die Nachträge Nr. 1 bis 5 hierzu verwiesen (vgl. Anlagenordner, Trennblatt 9).
13
Mit notariellem Vertrag vom 23.02.1994 – nach Beginn der Bebauung -- räumte die Klin.
der x GmbH oder einem von der x zu benennenden Dritten die Option auf Abschluss
eines Kaufvertrages über das bebaute Grundstück zum Ablauf der ersten Mietperiode
bzw. nach Ablauf der Gesamtmietzeit unter der Bedingung der ordnungsgemäßen
Erfüllung des Leasingvertrages ein. Der Kaufpreis sollte mindestens dem steuerlichen
Restbuchwert des Grundstücks nebst Gebäuden entsprechen. Wegen der weiteren
Einzelheiten wird auf den notariellen Vertrag vom 23.02.1994, Anlage 1 (vgl.
Anlagenordner, Trennblatt 8), verwiesen.
14
Mit Verträgen vom 27.12.1995/14.03.1996 (1. Vertrag), vom 16.12.1996/03.01.1997 (2.
Vertrag) sowie vom 15.12.1997 (3. Vertrag) veräußerte die Klin. ihre Miet- und
Mietdarlehensansprüche aus der 1. Mietperiode des ILV an die Hypothekenbank
Aktiengesellschaft, (nachfolgend "Hypothekenbank" genannt), soweit diese auf der
Grundlage von GIK i. H. v. 7.936.670,70 DM (1. Vertrag), 295.000 DM (2. Vertrag) bzw.
515.252,10 DM (3. Vertrag) berechnet waren.
15
Die Haftung der Klin. war dabei auf den rechtlichen Bestand und die Einredefreiheit der
Forderungen (Verität) beschränkt und erstreckte sich nicht auf die Werthaltigkeit der
veräußerten Forderungen, insbesondere nicht auf die Zahlungsfähigkeit (Bonität) der x
GmbH (vgl. jeweils § 4 Abs. 1 der 3 Verträge).
16
Als Kaufpreis waren 7.936.670,70 DM (1. Vertrag), 295.000 DM (2. Vertrag) bzw.
515.252,10 DM (3. Vertrag) vereinbart worden. Die forfaitierten Forderungen waren
durch Grundschulden i. H. v. 8.000.000 DM (1. Vertrag), 295.000 DM (2. Vertrag) bzw.
515.252,10 DM (3. Vertrag) besichert worden. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf
die Forfaitierungsverträge (vgl. Anlagenordner, Trennblatt 4) verwiesen.
17
In Höhe des auf die Mietforderungen entfallenden, vereinnahmten Forfaitierungserlöses
bildete die Klin. einen PRAP, den sie linear über die zum 31.07.2014 endende 1.
Mietperiode auflöste.
18
Zum 19.12.1998 übertrugen sowohl Frau B als auch Herr F die nach Teilung ihrer
Geschäftsanteile entstandenen Geschäftsanteile teilweise unentgeltlich auf deren
Kinder sowie – Frau B – zudem auf deren Ehemann. Die Beteiligungen reduzierten sich
dadurch auf 20, 3 v. H. (Frau B) und 7,5 v. H. (Herr F).
19
In einer Gesellschafterversammlung vom 19.12.1998 wurde zudem eine Änderung von
§ 5 (Geschäftsführung) des Gesellschaftsvertrags der Klin. beschlossen. Danach waren
sämtliche Kommanditisten der Klin. neben der Komplementär-GmbH zur
Geschäftsführung allein oder gemeinschaftlich berechtigt. Zu weiteren Geschäftsführern
wurden Frau B sowie Herr W bestellt.
20
Dem vorausgegangen war ein Antrag der Klin. auf Erteilung einer verbindlichen
Auskunft mit Schreiben vom 26.10.1998. Darin kündigte die Klin. u. a. die Übertragung
der Anteile an der x GmbH (Betriebsgesellschaft) sowie die Änderung der
Geschäftsführungsbefugnisse an. Das Schreiben wurde durch zwei Folgeschreiben
vom 05.11.1998 und 26.11.1998 ergänzt. Im letzten Ergänzungsschreiben wurde u. a.
die tatsächlich vollzogene Teilung und teilweise Übertragung der GmbH-Anteile durch
21
Frau B und Herrn F dargestellt.
Ihr besonderes steuerliches Interesse auf Erteilung einer verbindlichen Auskunft (vgl.
Schreiben des Bundesfinanzministeriums – BMF – vom 24.06.1987 IV A 5 - S 0430 -
9/87, BStBl. I 1987, 474) begründete die Klin. damit, dass sich während der
Betriebsaufspaltung im Grundstück der Klin. (Besitzunternehmen) sowie in den im
Sonderbetriebsvermögen gehaltenen GmbH-Geschäftsanteilen stille Reserven in
erheblichem Umfang gebildet hätten. Die Beendigung der Betriebsaufspaltung und der
gewerblichen Prägung hätten die Auflösung der stillen Reserven zur Folge.
22
Mit Schreiben vom 14.12.1998 teilte der Bekl. mit, dass durch die beabsichtigte
Übertragung der GmbH-Geschäftsanteile gem. Schreiben vom 26.11.1998 die
personelle Verflechtung entfalle. Damit erübrige sich eine weitergehende verbindliche
Zusage, da es sich um rechtliche Konsequenzen aus der Beendigung der
Betriebsaufspaltung handele. Jedoch solle mitgeteilt werden, dass die gewerbliche
Prägung entfalle, wenn einem Kommaditisten auf gesellschaftsrechtlicher Grundlage die
organschaftliche Befugnis zur Geschäftsführung übertragen werde.
23
Die Veräußerungsgewinne, die durch Auflösung der Betriebsaufspaltung entstünden,
seien nicht gewerbesteuerpflichtig und unterlägen der Versteuerung nach § 34 EStG.
Abschließend wurde u. a. darauf hingewiesen, dass die Auskunft Bindungswirkung nur
entfalte, wenn der später verwirklichte Sachverhalt von dem zugrunde gelegten
Sachverhalt nicht abwiche. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Antragsschrift
der Klin. vom 26.10.1998 samt Ergänzungsschreiben vom 05.11.1998 und 05.12.1998
sowie das Schreiben des Bekl. vom 14.12.1998 verwiesen (vgl. Anlagenordner,
Trennblatt 2).
24
Ein Jahresabschluss und eine Aufgabebilanz per 19.12.1998 wurden nicht erstellt. In
der Bilanz zum Jahresabschluss per 31.12.1998 wies die Klin. einen PRAP i. H. v.
5.710.707 DM aus. Auf der Aktivseite setzte sie u. a. in Höhe der Differenz zwischen
dem Nennwert und der von der x GmbH zu leistenden Einzahlungen auf das (forfaitierte)
Mietdarlehen einen aktiven Rechnungsabgrenzungsposten (ARAP) "Disagio" i. H. v.
780.722,33 DM an. Wegen der weiteren Einzelheiten wird insoweit auf die Bilanz per
31.12.1998 (Bilanzakte des Bekl.) verwiesen.
25
Mit Gewerbesteuererklärung 1998 erklärte die Klin. einen Gewerbeertrag i. H. v.
1.079.447 DM. Darin enthalten war u. a. ein Ertrag i. H. v. 29.197 DM aus der Auflösung
eines – in der Gesamthandsbilanz nicht ausgewiesenen -- PRAP zur Abgrenzung
erhaltener Vormieten und Bereitstellungsentschädigungen (nachfolgend kurz
"Mietvorauszahlungen" genannt).
26
Der Gewerbesteuermessbetrag für 1998 wurde daraufhin mit Bescheid vom 04.10.2001
erklärungsgemäß auf 131 DM festgesetzt; die Festsetzung stand gem. § 164 Abs. 1 AO
unter dem Vorbehalt der Nachprüfung (VdN).
27
Im Rahmen einer bei der Klin. u. a. zur Gewerbesteuer 1998 durchgeführten
Betriebsprüfung (Bp) war der Prüfer der Ansicht, dass der Wegfall der
Betriebsaufspaltung sowie der gewerblichen Prägung nach § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG eine
(zwangsweise) steuerliche Betriebsaufgabe zur Folge habe. Da eine gesonderte
Aufgabebilanz per 19.12.1998 nicht erstellt worden sei, könnten wegen der zeitlichen
Nähe zum Jahresende die Werte des Bilanzstichtages (31.12.1998) herangezogen
28
werden.
Weitergehend war der Prüfer der Auffassung, dass mit der Betriebsaufgabe sämtliche
RAP zu Gunsten bzw. zu Lasten des laufenden Gewinns aufzulösen seien.
29
Die Auflösung des ARAP (Disagio) i. H. v. 780.722,33 DM berücksichte der Prüfer
dementsprechend gewinnmindernd, die Auflösung der PRAP i. H. v. 5.710.707 DM
(forfaitierte Mietforderungen) gewinnerhöhend. Des weiteren war der Prüfer der Ansicht,
dass wegen der bereits erhaltenen Mietvorauszahlungen in einer Ergänzungsbilanz ein
PRAP i. H. v. 570.497,72 DM hätte ausgewiesen werden müssen, welcher ebenfalls zu
Gunsten des laufenden Gewinns aufzulösen sei. Unter Berücksichtigung einer
Gewerbesteuerrückstellung i. H. v. 1.003.405,00 DM errechnete der Prüfer eine
Gewinnerhöhung von 1.079.447,38 DM (erklärter Gewinn) um 4.497.077,39 DM auf
5.576.524,77 DM. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt des
Betriebsprüfungsberichts vom 04.06.2003 samt Anlagen, dort insbesondere Tz. 2.2
sowie Anlage 2, verwiesen (s. Bp-Akte des Bekl.).
30
Dem folgend erließ der Bekl. am 22.08.2003 einen Änderungsbescheid, mit welchem
ein erhöhter Gewerbesteuermessbetrag 1998 i. H. v. 114.071,78 EUR (223.105 DM)
festgesetzt wurde (zugrunde liegender Gewinn aus Gewerbebetrieb: 5.576.524 DM).
Der VdN blieb bestehen.
31
Mit hiergegen gerichtetem Einspruch machte die Klin. geltend, der Gewinn aus der
Auflösung des PRAP (Forfaitierung) – Gewinnerhöhung daraus: 5.710.707 DM -- sei
Teil des begünstigten Aufgabegewinns und nicht Bestandteil des laufenden Gewinns
bzw. des Gewerbeertrags. Die Auflösung sei Teil eines geschlossenen Konzepts aus
der Übertragung der Geschäftsanteile, der Beendigung der Betriebsaufspaltung und
damit der Überführung der Wirtschaftsgüter in das Privatvermögen. Der Wegfall des
PRAP sei nicht unabhängig von der Betriebsaufgabe erfolgt, sondern durch sie bedingt.
Der Passivposten, der nicht wie eine Verbindlichkeit fortgeführt werden könne, erhöhe
deshalb den Aufgabegewinn. Sinn und Zweck der §§ 16, 34 EStG sei es, die
zusammengedrängte Aufdeckung aller stillen Reserven steuerlich zu begünstigen.
32
Den Einspruch wies der Bekl. mit Einspruchsentscheidung (EE) vom 16.07.2004 als
unbegründet zurück. Zur Begründung verwies der Bekl. auf seine EE vom selben Tag
wegen einheitlicher und gesonderter Feststellung der Besteuerungsgrundlagen zur ESt
1998. Der PRAP habe einen vorzeitig enstandenen Erlös aus der Forfaitierung der
Leasingforderungen ausgewiesen, welcher, gäbe es § 5 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG nicht,
auch bei bilanzierenden Gewerbetreibenden sofort gewinnerhöhend hätte erfasst
werden müssen. Der Ertrag sei bereits bei Abtretung der Forderungen an die
Hypothekenbank entstanden. Nur infolge der zwingenden Bilanzierungsvorschrift des §
5 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG habe sich zunächt nur ein Teilbetrag gewinnerhöhend
ausgewirkt. Nach Betriebsaufgabe seien die Notwendigkeit und die Möglichkeit
entfallen, den betrieblich veranlassten Ertrag auf künftige Perioden zu verteilen. Eine
Rechnungsabgrenzung setze eine Bilanzierung voraus und ende mit ihr. Seit der
Betriebsaufgabe erziele die Klin. nur noch Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung,
welche nach dem Überschuss der Einnahmen über die Ausgaben zu ermitteln seien.
33
Der bisher nicht erfasste Ertrag sei als laufender Gewinn zu erfassen, da die
Versteuerung der bisher nicht erfassten Beträge bei der Betriebsaufgabe lediglich
nachzuholen sei (Verweis auf FG Hamburg Urteil vom 29.06.1988, EFG 1989, 224).
34
Eine Erfassung als Teil des Aufgabegewinns sei nicht möglich. Dies setze voraus, dass
die Erträge unmittelbar durch die Betriebsaufgabe veranlasst seien. Dies sei dann der
Fall, wenn die Erträge wirtschaftlich durch die Betriebsaufgabe bedingt seien (Verweis
auf BFH-Urteil vom 24.08.2000 IV R 42/99, BFHE 193, 107, BStBl. II 2003, 67). Die
Erträge hätten ihre Ursache jedoch im Vertrag mit der Hypothekenbank vom 17.12.1995.
Ein innerer Zusammenhang mit der Betriebsaufgabe könne auch nicht durch das von
der Klin. vorgetragene einheitliche Konzept, bestehend aus der Übertragung der
Geschäftsanteile, Beendigung der Betriebsaufspaltung und der Überführung der
Wirtschaftsgüter in das Privatvermögen hergeleitet werden.
Die BFH-Rechtsprechung zur Auflösung von Rücklagen oder Rückstellungen könne
nicht herangezogen werden.
35
Mit der hiergegen gerichteten Klage wendet sich die Klin. weiterhin gegen die
Behandlung des Gewinns aus der Auflösung des wegen der Forfaitierung der
Leasingforderungen gebildeten PRAP. Zur Begründung führt die Klin. die bereits im
Einspruchsverfahren dargelegten Argumente an.
36
Die Klin. beantragt,
37
unter Abänderung des Gewerbesteuermessbescheids vom 25.08.2003 in Gestalt
der EE vom 16.07.2004 den Gewerbesteuermessbetrag 1998 auf Null EUR
festzusetzen.
38
Der Bekl. beantragt,
39
die Klage abzuweisen;
40
hilfsweise,
41
die Revision zuzulassen.
42
Der Bekl. verweist im Wesentlichen auf die Begründung der EE.
43
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze der Beteiligten
sowie den Inhalt der beigezogenen Steuerakten des Bekl. verwiesen.
44
Die Sache ist mit den Beteiligten am 30.08.2007 erörtert worden. In der Sache ist am
14.12.2007 mündlich verhandelt worden. Auf die Sitzungsniederschriften wird Bezug
genommen.
45
Entscheidungsgründe:
46
Die Klage ist begründet. Der angefochtene Gewerbesteuermessbescheid 1998 vom
25.08.2003 in Gestalt der EE vom 16.07.2004 ist rechtswidrig und verletzt die Klin. in
ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 Finanzgerichtsordnung – FGO --).
47
Der aus der Auflösung des PRAP (Forfaitierung) resultierende Gewinn ist entgegen der
Ansicht des Bekl. nicht Teil des laufenden Gewinns, sondern des Aufgabegewinns und
damit nicht des Gewerbeertrags (§ 7 Abs. 1 GewStG). Ob der geänderten Festsetzung
des Gewerbesteuermessbetrags 1998 zudem die Bindungswirkung der verbindlichen
48
Auskunft (Schreiben des Bekl. vom 14.12.1998) entgegenstand, kann dahin gestellt
bleiben.
1.
Betriebsaufgabe i. S. v. § 16 Abs. 3 EStG zum 19.12.1998
49
50
Die teilweise Übertragung der GmbH-Geschäftsanteile an der x GmbH durch Frau B und
Herrn F sowie die Bestellung der Kommanditisten zu weiteren Geschäftsführern der
Klin. führte – wovon die Beteiligten übereinstimmend ausgehen -- zu einer Aufgabe des
Gewerbebetriebs (§ 16 Abs. 3 EStG).
51
a.
Kein gewerblicher Grundstückshandel
52
53
Die Klin. war mit der Vermietung des bebauten Grundstücks nicht originär gewerblich,
sondern vermögensverwaltend tätig. Ihre Tätigkeit war daher allein aufgrund der
Betriebsaufspaltung sowie der gewerblichen Prägung nach § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG als
gewerblich zu qualifizieren.
54
Nach § 15 Abs. 2 EStG ist Gewerbebetrieb eine selbständige und nachhaltige
Betätigung, die mit Gewinnerzielungsabsicht unternommen wird und sich als Teilnahme
am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellt. Darüber hinaus hat die
Rechtsprechung das negative Erfordernis aufgestellt, dass es sich bei der Tätigkeit nicht
um eine private Vermögensverwaltung handeln darf.
55
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) wird die Grenze von der
privaten Vermögensverwaltung zum Gewerbebetrieb überschritten, wenn (bei Vorliegen
der in § 15 Abs. 2 EStG genannten Voraussetzungen) nach dem Gesamtbild der
Betätigung und unter Berücksichtigung der Verkehrsauffassung die Ausnutzung
substantieller Vermögenswerte durch Umschichtung gegenüber der Nutzung von
Grundbesitz im Sinne einer Fruchtziehung aus zu erhaltenden Substanzwerten (z.B.
durch Selbstnutzung oder Vermietung) entscheidend in den Vordergrund tritt (Beschluss
des Großen Senats (GrS) des BFH vom 03.07.1995 GrS 1/93, BFHE 178, 86, BStBl II
1995, 617).
56
Zur Konkretisierung dieser Unterscheidung im Bereich des gewerblichen
Grundstückshandels hat der BFH mit Urteil vom 09.12.1986 VIII R 317/82 (BFHE 148,
480, 483, BStBl II 1988, 244) die sog. Drei-Objekt-Grenze eingeführt. Sie besagt, dass
kein gewerblicher Grundstückshandel vorliegt, sofern weniger als vier Objekte veräußert
werden. Der Drei-Objekt-Grenze kommt allerdings nur Indizwirkung zu. Daher können
auch bei der Veräußerung von weniger als vier Objekten besondere Umstände auf eine
gewerbliche Betätigung schließen lassen. Der "Drei-Objekt-Grenze" bedarf es nicht,
57
wenn aufgrund objektiver Umstände feststeht, dass der Grundbesitz mit der unbedingten
Absicht erworben oder bebaut worden ist, ihn innerhalb kurzer Zeit zu verkaufen (BFH-
Urteile vom 18.09.2002 X R 183/96, BFHE 200, 293, BStBl II 2003, 238 unter II.3.a., und
vom 09.12.2002 VIII R 40/01, BFHE 201, 180, BStBl II 2003, 294 unter 3.b).
Die Grenzen der privaten Vermögensverwaltung sind auch dann überschritten, wenn
das im zeitlichen Zusammenhang mit der Bebauung und Veräußerung erworbene
Grundstück schon vor seiner Bebauung verkauft oder von vornherein auf Rechnung
oder nach den Wünschen des Erwerbers bebaut worden ist (BFH (GrS) Beschlüsse vom
10.12.2001 GrS 1/98, BFHE 197, 240, BStBl II 2002, 291 sowie vom 15.12.2004 X B
48/04, BFH/NV 2005, 698). Maßgeblich für die Frage, ob der Steuerpflichtige mit
unbedingter Veräußerungsabsicht gehandelt hat, ist dabei der Beginn der Bebauung
(BFH-Urteil vom 01.12.2004 IV R 65/04, BFHE 212, 106, BStBl. II 2006, 259).
58
Für eine zum maßgeblichen Zeitpunkt bereits bestehende (unbedingte)
Veräußerungsabsicht spricht insbesondere, wenn der Steuerpflichtige diese zweifelsfrei
bekundet oder sonstwie dokumentiert hat, wie namentlich durch einen notariellen
Ankaufsrechtsvertrag (vgl. BFH-Beschluss vom 15.12.2004 X B 48/04, BFH/NV 2005,
698).
59
Das Erfordernis der Nachhaltigkeit (§ 15 Abs. 2 Satz 1 EStG) dient dazu, nur
gelegentliche Tätigkeiten aus dem Bereich der gewerblichen Tätigkeiten
auszuschließen. Eine Tätigkeit ist regelmäßig dann nachhaltig, wenn sie auf
Wiederholung angelegt ist, also eine Wiederholungsabsicht in der Weise besteht, dass
weitere Geschäfte geplant sind. Allerdings kann nach der BFH-Rechtsprechung eine
Nachhaltigkeit ausnahmsweise selbst dann zu bejahen sein, wenn der Steuerpflichtige
nur ein einziges Geschäft oder einen einzigen (Veräußerungs-)Vertrag abschließt und
sich insoweit keine Wiederholungsabsicht feststellen lässt (BFH-Urteil vom 01.12.2004
IV R 65/04, BFHE 212, 106, BStBl. II 2006, 259; m. w. N.).
60
Dies ist dann der Fall, wenn die Erfüllung dieses Geschäftes oder Vertrages eine
Vielzahl von unterschiedlichen Einzeltätigkeiten erfordert und wenn mit der
erforderlichen Gewissheit feststeht, dass die maßgeblichen Aktivitäten mit dem Ziel
entfaltet werden, den Verkaufspreis zu erhöhen (BFH-Urteil vom 01.12.2004 IV R 65/04,
BFHE 212, 106, BStBl. II 2006, 259, m. w. N.). Danach kann auch die Errichtung eines
einzigen, aber ungewöhnlich aufwendigen Gebäudes als nachhaltig anzusehen sein,
wobei für die Annahme der Nachhaltigkeit solche Einzeltätigkeiten nicht ausreichen
sollen, die beim Bau eines jeden Hauses erforderlich werden, gleichgültig, ob es selbst
genutzt, vermietet oder veräußert werden soll (BFH-Urteil vom 01.12.2004 IV R 65/04,
BFHE 212, 106, BStBl. II 2006, 259, m. w. N.). Ob infolge der Vielzahl und des Gewichts
der vom Verkäufer im Hinblick auf die Bebauung entfalteten Aktivitäten die
Gesamttätigkeit als nachhaltig anzusehen ist, richtet sich nach dem Gesamtbild der
Verhältnisse eines jeden Falles. Wie bei der Beurteilung der Teilnahme am allgemeinen
wirtschaftlichen Verkehr ist darauf abzustellen, ob der Steuerpflichtige in einer Weise
tätig geworden ist, die dem Bild eines Gewerbetreibenden --insbesondere eines
Bauunternehmers oder eines Bauträgers-- entspricht. Die Höhe der Baukosten spielt im
Rahmen dieser Gesamtwürdigung nur als Beweisanzeichen eine Rolle (BFH-Urteil vom
01.12.2004 IV R 65/04, BFHE 212, 106, BStBl. II 2006, 259).
61
Nach diesen Grundsätzen war die Klin. nach dem Gesamtbild ihrer Tätigkeit nicht
originär gewerblich tätig.
62
Der Geschäftszweck der Klin. war von Beginn an nicht auf den nachhaltigen
marktmäßigen Umschlag von Immobilien, sondern auf die langfristige Fruchtziehung
durch Vermietung eines Grundstücks nach dessen Bebauung ausgerichtet.
63
Die der x GmbH nach Beginn der Bebauung mit den ersten Gebäuden eingeräumte
notarielle Kaufoption spricht zwar für eine von diesem Zeitpunkt an bestehende
unbedingte Veräußerungsabsicht der Klin. Die Tätigkeit der Klin. war jedoch auf die
Veräußerung nur eines Objektes nach langfristiger Vermietung über eine Grundmietzeit
von 20 Jahren beschränkt und damit nicht nachhaltig i. S. v. § 15 Abs. 2 EStG.
64
Die Klin. entfaltete keine Aktivitäten, welche sie einem Bauträger oder Bauunternehmer
vergleichbar erscheinen lassen. Die Bebauung erfolgte nicht mit dem Ziel, den
Verkaufspreis zu erhöhen, sondern eine Fruchtziehung durch Vermietung über einen
langfristigen Zeitraum von mindestens 20 Jahren zu ermöglichen. Die Bebauung
erfolgte zwar – wie die Klin. im Erörterungstermin eingeräumt hat -- nach den Vorgaben
der x GmbH, dies allerdings nicht im Hinblick auf eine kurzfristig nach Fertigstellung
beabsichtigte Veräußerung des bebauten Grundstücks an die x GmbH oder einen von
dieser zu benennenden Dritten, sondern im Hinblick auf die langfristige Vermietung an
die x GmbH.
65
Mit Beauftragung der x GmbH als Generalübernehmerin entfaltete die Klin. auch nur
Tätigkeiten, welche sich auf ein Maß beschränkten, welches vom
Grundstückseigentümer beim Bau eines jeden Hauses erforderlich ist, gleichgültig ob es
selbst genutzt, vermietet oder veräußert werden soll (in diesem Sinne auch BFH-Urteil
vom 01.12.2004 IV R 65/04, BFHE 212, 106, BStBl. II 2006, 259, wenn der dort
entschiedene Sachverhalt von Fällen abgegrenzt wird, in denen lediglich ein einziger
Generalunternehmer beauftragt wird). Hierbei verkennt der Senat nicht, dass es sich
vorliegend nicht um ein Kleinobjekt – vergleichbar einem Einfamilienhaus -- handelt.
Die Gesamtinvestitionskosten i. H. v. zuletzt 9.884.028,46 DM sprechen für sich
genommen vor dem Hintergrund der Einschaltung der x GmbH als
Generalübernehmerin jedoch nicht für eine nachhaltige Tätigkeit der Klin. (ebenso BFH-
Urteil vom 01.12.2004 IV R 65/04, BFHE 212, 106, BStBl. II 2006, 259 zu Baukosten i.
H. v. 12,4 Mio DM bzw. 16,3 Mio DM).
66
b.
Wegfall der Betriebsaufspaltung sowie der gewerblichen Prägung (§ 15 Abs.
3 Nr. 2 EStG)
67
68
Die Vermietungstätigkeit der Klin. war bis zum 19.12.1998 aufgrund einer
Betriebsaufspaltung sowie einer gewerblichen Prägung nach § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG als
gewerblich zu qualfizieren.
69
Bis zum 19.12.1998 bestand aufgrund sachlicher Verflechtung (Überlassung des
Betriebsgrundstücks) sowie personeller Verflechtung (Beherrschungsidentität) eine
Betriebsaufspaltung.
70
Frau B und Herr F beherrschten bis zur teilweisen Übertragung ihrer GmbH-
Geschäftsanteile zum 19.12.1998 sowohl die Klin. als Besitzunternehmen als auch die x
GmbH als Betriebsgesellschaft, da sie in beiden Gesellschafterversammlungen über die
für Entscheidungen über Geschäfte des täglichen Lebens erforderliche
Stimmenmehrheit verfügten (vgl. zum Erfordernis der Stimmenmehrheit betreffend
Geschäfte des täglichen Lebens: BFH-Urteil vom 21.08.1996 X R 25/93, BFHE 181,
284, BStBl II 1997, 44).
71
In der Gesellschafterversammlung der Klin. verfügten beide über zusammen 70 v. H. der
Stimmen. Für Geschäfte des täglichen Lebens galt nach § 9 Gesellschaftsvertrag das
Mehrheitsprinzip (vgl. Gesellschaftsvertrag der Klin., a. a. O.).
72
In der Gesellschafterversammlung der x GmbH verfügten beide – unter
Berücksichtigung der Treuhandabrede zwischen Herrn F (Treuhänder) und Herrn R
(Treugeber) - zusammen über 67,5 v. H. der Stimmen. Sämtliche
Gesellschafterbeschlüsse waren dort mit einer 2/3-Mehrheit zu fassen (vgl. 5 Abs. 1 der
Satzung vom 08.10.1987, Anlagenordner, Trennblatt 7).
73
Mit der teilweisen Übertragung der nach Teilung enstandenen GmbH-Geschäftsanteile
an der x GmbH (Betriebsgesellschaft) entfiel die bis dahin neben der sachlichen
Verflechtung bestehende personelle Verflechtung zwischen der Klin. und der x GmbH
per 19.12.1998, da die Beteiligungsquote der beiden Gesellschafter zusammen unter
die erforderliche 2/3-Mehrheit absank.
74
Nach Wegfall der Betriebsaufspaltung lagen auch nicht die Voraussetzungen für eine
Betriebsverpachtung (Wahlrecht) vor. Dies hätte erfordert, dass die Klin. der x GmbH
sämtliche wesentlichen Betriebsgrundlagen verpachtet hätte (sog. qualifizierte
Betriebsaufspaltung, vgl. u. a. BFH-Urteil vom 17.04.2002 X R 8/00, BFHE 199, 124,
BStBl II 2002, 527). Überlassen wurde von der Klin. jedoch allein das
Betriebsgrundstück als eine wesentliche Betriebsgrundlage. Die zur Produktion der
technischen Schläuche erforderlichen Anlagen wurden der x GmbH von der Klin.
dagegen nicht zur Nutzung überlassen (vgl. hierzu Wacker, in Schmidt, § 16 Rn. 697, m.
w. N.).
75
Zum Stichtag 19.12.1998 entfiel zudem die gewerbliche Prägung der Klin. nach § 15
Abs. 3 Nr. 2 EStG, da fortan neben der Komplementär-GmbH auch Frau B und Herr W
als Kommaditisten zur Geschäftsführung befugt waren (vgl. hierzu: BFH-Urteil vom
23.05.1996 IV R 87/93, BFHE 180, 396, BStBl. II 1996, 523).
76
c.
Betriebsaufgabe per 19.12.1998 aus Rechtsgründen
77
78
Der Wegfall der Voraussetzungen der Betriebsaufspaltung sowie der gewerblichen
Prägung nach § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG zum 19.12.1998 führte zu einer Betriebsaufgabe i.
S. v. § 16 Abs. 3 Satz 1 EStG (vgl. BFH-Urteil vom 25.08.1993 XI R 6/93, BFHE 172, 91,
BStBl II 1994, 23; BFH-Beschluss vom 22.09.1999 X B 47/99, BFH/NV 2000, 559; sowie
79
Wacker, in Schmidt, § 16 Rn. 175 und 233). Das bisherige Betriebsvermögen bzw.
Sonderbetriebsvermögen wurde mit der Betriebsaufgabe aus rechtlichen Gründen
Privatvermögen, soweit es sich – wie das Betriebsgrundstück -- noch im Eigentum der
Klin. bzw. -- wie die nicht übertragenen GmbH-Anteile an der x GmbH -- deren
Gesellschafter (Sonderbetriebsvermögen) befand. Aus der fortgesetzten
Nutzungsüberlassung erzielte die Klin. fortan Einkünfte aus Vermietung und
Verpachtung (vgl. hierzu u. a. BFH-Urteil vom 06.03.1997 XI R 2/96, BFHE 183, 85,
BStBl II 1997, 460). Darin sind sich die Beteiligten auch einig.
d.
Auflösung PRAP (Forfaitierung) zu Gunsten des Aufgabegewinns
80
81
Zutreffend gehen die Beteiligten – insoweit ebenfalls übereinstimmend -- davon aus,
dass der erstmals in der Bilanz per 31.12.1996 ausgewiesene PRAP (Forfaitierung) per
19.12.1998 aufzulösen war.
82
Die Klin. hatte nach der Betriebsaufgabe ihre Einkünfte aus der entgeltlichen
Überlassung des bebauten Grundstücks an die x GmbH gem. § 2 Abs. 2 Nr. 2 EStG
zwingend als Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten zu ermitteln, da es
sich fortan um Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung (§ 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1
EStG) handelte. Eine Steuerbilanz durfte zur Gewinnermittlung nicht mehr erstellt
werden. Ein Ansatz des PRAP kam daher nicht mehr in Betracht.
83
Hierbei ist von dem vom Bekl. als Auflösungsgewinn angesetzten Betrag des PRAP per
31.12.1998 i. H. v. 5.710.707 DM auszugehen. Einerseits steht die Höhe des PRAP
zwischen den Beteiligten nicht im Streit. Andererseits kann dahinstehen, ob
gegebenenfalls eine Erhöhung des PRAP wegen des zum Stichtag (19.12.1998) noch
nicht vollständig abgelaufenen Mietmonats Dezember 1998 vorzunehmen wäre, da eine
Erhöhung des PRAP keine steuerliche Auswirkung hat. Nicht gefolgt werden kann
nämlich der Ansicht des Bekl., die Auflösung hätte zu Gunsten des laufenden Gewinns
und damit bereits in der letzten Schlussbilanz per 19.12.1998 (Rumpfwirtschaftsjahr)
erfolgen müssen.
84
Gewerbeertrag ist nach § 7 Gewerbesteuergesetz (GewStG) 1998 der nach den
Vorschriften des EStG oder des Körperschaftsteuergesetzes zu ermittelnde Gewinn aus
dem Gewerbebetrieb, der bei der Ermittlung des Einkommens für den dem
Erhebungszeitraum entsprechenen Veranlagungszeitraum zu berücksichtigen ist,
vermehrt und vermindert um die in den §§ 8 und 9 GewStG bezeichneten Beträge.
85
Der Gewerbesteuer unterliegt nur das Ergebnis der Ertragskraft des werbenden
Betriebs, d.h. der "laufende Gewinn" (BFH-Urteil vom 28.02.1990 I R 92/86, BFHE 160,
262, BStBl II 1990, 699, unter II. 3. a bb der Gründe), nicht aber das Ergebnis aus der
Aufdeckung der stillen Reserven anlässlich seiner Beendigung (ständige
Rechtsprechung, vgl. BFH-Urteil vom 15.06.2004 VIII R 7/01, BFHE 205, 307, BStBl. II
2004, 754, m. w. N.). Gewinne, die ein Einzelgewerbetreibender oder eine
Personengesellschaft aus der Veräußerung des ganzen Gewerbebetriebs erzielt,
86
bleiben bei der Ermittlung des Gewerbeertrags i.S. von § 7 GewStG daher ebenso
außer Betracht wie Gewinne aus der Aufgabe des Gewerbebtriebs.
Bei der Abgrenzung zwischen laufendem Gewinn und Aufgabegewinn ist grundsätzlich
auf den zeitlichen und wirtschaftlichen bzw. sachlichen Zusammenhang des einzelnen
Geschäftsvorfalls mit dem laufenden Geschäftsbetrieb einerseits und der
Betriebsaufgabe andererseits abzustellen (vgl. BFH-Urteile vom 24.08.2000 IV R 42/99,
BFH/NV 2001, 246; vom 10.11.2004 XI R 69/03, BFHE 208, 190, BStBl. II 2005, 596;
vom 20.12.2006 X R 31/03, BFHE 216, 288, BFH/NV 2007, 824; vom 23.05.2007 X R
35/06, BFH/NV 2007, 1862, m. w. N.), wobei ein zeitlicher Zusammenhang allein nicht
genügt (vgl. BFH-Urteil vom 01.12.1988 IV R 140/86, BFHE 155, 341, BStBl. II 1989,
368).
87
Nach diesen Grundsätzen ist der Gewinn aus der Auflösung des PRAP (Forfaitierung)
dem Aufgabegewinn zuzuordnen, so dass die Auflösung des PRAP erst in der
Aufgabebilanz zu erfolgen hatte. Der Ertrag aus der Auflösung des PRAP (Forfaitierung)
war sowohl zeitlich als auch sachlich unmittelbar durch die Betriebsaufgabe bedingt.
88
Der zeitliche Zusammenhang ergibt sich daraus, dass die Betriebsaufgabe aus
Rechtsgründen einheitlich ("auf einen Schlag") zum 19.12.1998 erfolgte. Die
Voraussetzungen der Betriebsaufspaltung sowie der gewerblichen Prägung gem. § 15
Abs. 3 Nr. 2 EStG fielen gleichzeitig zum 19.12.1998 weg, so dass die originär
vermögensverwaltende Tätigkeit der Klin. fortan nicht mehr als gewerblich qualifziert
werden konnte.
89
Ein unmittelbarer sachlicher Zusammenhang zwischen der Auflösung und der
Betriebsaufgabe war dadurch gegeben, dass die Auflösung des PRAP zum 19.12.1998
vor Ablauf des Kalenderjahres 1998 ausschließlich durch die Betriebsaufgabe
veranlasst war. Ein anderer, zeitlich vor der Betriebsaufgabe liegender Anlass für eine
vollständige oder teilweise Auflösung des PRAP bestand nicht. Auch war der PRAP in
der Bilanz der Klin. dem Grunde und der Höhe nach zu Recht ausgewiesen worden;
dies ist zwischen den Beteiligten auch unstreitig.
90
Mit Forfaitierung der Mietansprüche aus der 1. Mietperiode an die Hypothekenbank war
in der Bilanz der Klin. ein PRAP in Höhe des auf die Mietforderungen entfallenden,
realisierten Kaufpreises auszuweisen und dieser über die 1. Mietperiode
(Grundmietzeit) aufzulösen.
91
So hat der Leasinggeberin im Falle einer sog. echten Forfaitierung nach § 5 Abs. 5 Satz
1 Nr. 2 EStG einen PRAP zu bilden, welcher dem Kaufpreis entspricht und welcher
linear entsprechend der Laufzeit des Leasingvertrages (= Nutzungsüberlassung)
aufzulösen ist (BFH-Urteil vom 24.07.1996 I R 94/95, BFHE 181, 64, BStBl. II 1997,
122). Wenngleich der Forfaitierungsvertrag als solcher als Kaufvertrag qualifiziert
werden kann, aufgrund dessen der Leasinggeber erst noch fällig werdende
Leasingraten gegen Kaufpreiszahlung abtritt, so dass die gegenseitigen Verpflichtungen
mit der Forderungsabtretung und der Zahlung des Forfaitierungserlöses erfüllt sind,
kann für die Frage der Rechnungsabgrenzung nicht unberücksichtigt bleiben, dass der
Leasinggeber – hier: Klin. -- gegenüber dem Forderungskäufer – hier: Hypothekenbank -
- verpflichtet bleibt, für die einredefreie Erfüllung des Leasingvertrages Sorge zu tragen.
Würde man diese Verpflichtung des Leasinggebers bilanzrechtlich vernachlässigen, so
würde dies gegen das Realisationsprinzip, wie es in § 5 Abs. 5 Satz 1 Nr.2 EStG seinen
92
Niederschlag gefunden hat, verstoßen (BFH-Urteil vom 24.07.1996 I R 94/95, BFHE
181, 64, BStBl. II 1997, 122). Danach dürfen nur Gewinne berücksichtigt werden, die am
Abschlussstichtag durch Umsatzakt realisiert sind (BFH-Urteil vom 24.07.1996 I R
94/95, BFHE 181, 64, BStBl. II 1997, 122; vgl. auch § 252 Abs.1 Nr.4 HGB). Die Zahlung
des Forfaitierungserlöses stellt sich daher aus der Sicht des Realisationsprinzips
ähnlich einer Vorauszahlung des Leasingnehmers und damit einer Mietvorauszahlung
dar (BFH-Urteil vom 24.07.1996 I R 94/95, BFHE 181, 64, BStBl. II 1997, 122, m. w. N.).
Die Veräußerung der Mietforderungen aus der 1. Mietperiode an die Hypothekenbank
war ein Fall einer sog. echten Forfaitierung. Die Klin. haftete nicht für die Bonität,
sondern nur für die Verität (Bestand und Einredefreiheit der Leasingforderungen). Die
Klin. hat den PRAP im Jahr der Veräußerung (1996) erstmals in der Bilanz per
31.12.1996 ausgewiesen und bis zum 19.12.1998 über die Mietmonate zutreffend linear
aufgelöst; hierüber besteht zwischen den Beteiligten auch kein Streit.
93
Der Senat sieht keine durchgreifenden Gründe dafür, die Gewinne aus der Auflösung
eines PRAP anders zu behandeln als Gewinne aus der Auflösung von Rückstellungen
und Rücklagen, soweit sie zu Recht gebildet waren und allein wegen der
Betriebsaufgabe entfallen.
94
So ordnete der BFH beispielsweise den Gewinn aus der Auflösung einer
Preissteigerungsrücklage gem. § 74 Einkommensteuerdurchführungsverordnung
(EStDV) a. F. (BFH-Urteil vom 04.06.1973 IV R 133/71, BFHE 110, 330, BStBl II 1974,
27) dem begünstigten Veräußerungsgewinn ebenso zu wie den Gewinn aus der
Auflösung einer Rücklage für Ersatzbeschaffung (BFH-Urteil vom 25.06.1975 I R
201/73, BFHE 116, 532, BStBl. II 1975, 848).
95
Ebenfalls als Teil des Veräußerungs- oder Aufgabegewinns ist nach der
Rechtsprechung des BFH u. a. der Gewinn aus einer im zeitlichen und sachlichen
Zusammenhang mit der Betriebsveräußerung oder –aufgabe vollzogenen Auflösung
einer Ansparrücklage (§ 7 g Abs. 3 EStG) anzusehen (BFH-Urteile vom 10.11.2004 XI R
69/03, BFHE 208, 190, BStBl. II 2005, 596; vom 20.12.2006 X R 31/03, BFHE 216, 288,
BFH/NV 2007, 824; vom 23.05.2007 X R 35/06, BFH/NV 2007, 1862, m. w. N.).
96
Den vorgenannten BFH-Urteilen liegt der Gedanke zugrunde, dass die steuerfreien
Rücklagen gleichsam offen ausgewiesene "stille Reserven" sind, die im Rahmen des
Veräußerungs- oder Aufgabegewinns ebenso realisiert werden müssen wie nicht offen
ausgewiesene stille Reserven der Aktivseite (zuletzt BFH-Urteil vom 23.05.2007 X R
35/06, BFH/NV 2007, 1862). Der gleiche Gedanke muß nach Ansicht des erkennenden
Senats für die Auflösung eines zu Recht gebildeten PRAP aus Anlass der
Betriebsaufgabe gelten, denn dort wie hier wird die Auflösung erst infolge der
Veräußerung oder Aufgabe des Betriebes notwendig, so dass sie wirtschaftlich
betrachtet jeweils allein Folge der Betriebsveräußerung/–aufgabe ist.
97
Bei der Abgrenzung des laufenden Gewinns und des Veräußerungs-/Aufgabegewinns
sind die Regelungen des § 16 Abs. 1, Abs. 3 EStG in einem unlösbaren
Zusammenhang mit der Regelung des § 34 Abs. 1 Nr. 2 EStG zu sehen (BFH (GrS)
Beschluss vom 19.07.1993 GrS 2/92, BFHE 172, 66, BStBl. II 1993, 897, m. w. N.).
98
§ 34 Abs. 1 Nr. 2 EStG sieht als "außerordentliche Einkünfte" u. a. den Veräußerungs-
und Aufgabegewinn i. S. v. § 16 EStG an. Nach der ständigen Rechtsprechung des BFH
99
(Urteile vom 20.10.1978 VI R 107/77, BFHE 126, 408, BStBl II 1979, 176; vom
02.09.1992 XI R 63/89, BFHE 171, 416, BStBl II 1993, 831; vom 04.03.1998 XI R 46/97,
BFHE 185, 429, BStBl II 1998, 787), die bereits auf die Rechtsprechung des
Reichsfinanzhofs (RFH) zurückgeht (RFH-Urteil vom 10.11.1938 IV 168/38, RStBl 1939,
170), verlangt § 34 EStG die Zusammenballung von Einkünften, die sich bei normalem
Ablauf auf mehrere Jahre verteilt hätten (ständige Rechtsprechung des BFH, Urteile
vom 11.12.1970 VI R 66/66, BFHE 100, 530, BStBl II 1971, 137; vom 12.03.1975 I R
180/73, BFHE 115, 261, BStBl II 1975, 485; vom 06.09.1995 XI R 71/94, BFH/NV 1996,
204); anderenfalls ist ein sachlicher Grund für die von der Bestimmung bezweckte
Milderung der tariflichen Spitzenbelastung nicht gegeben. Der Zweck der §§ 16, 34
EStG besteht darin, die zusammengeballte Realisierung der während vieler Jahre
entstandenen stillen Reserven nicht nach dem progressiven Einkommensteuertarif zu
erfassen (BFH (GrS) Beschluss vom 18.10.1999 GrS 2/98, BFHE 189, 465, BStBl. II
2000, 123, m. w. N.; BFH-Urteil vom 26.01.1994 III R 39/91, BFHE 173, 338, 343, BStBl
II 1994, 458; BFH (GrS) Beschluss vom 19.07.1993 GrS 2/92, BFHE 172, 66, BStBl. II
1993, 897, m. w. N.).
Der vorgenannten Zielsetzung der §§ 16, 34 EStG würde es zuwider laufen, wenn man
den PRAP zu Gunsten des laufenden Gewinns auflösen würde. Teil des bis zum
19.12.1998 bereits realisierten Gewinns des Jahres 1998 waren ausschließlich die bis
dahin aus der monatlichen Auflösung des PRAP resultierenden Erträge. In dem PRAP
(Forfaitierung) wurde zum Stichtag (19.12.1998) ein Ertrag abgegrenzt, welcher bei
normaler Fortführung des Gewerbebetriebs über den Stichtag hinaus bis zum Ablauf der
1. Mietperiode zum 31.07.2014 und damit über einen Zeitraum von über 15 Jahre
gestreckt besteuert worden wäre. Der Annahme eines auch insoweit bereits mit
Abschluss des Forfaitierungsvertrags realisierten Ertrags stand § 5 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2
EStG entgegen. Mit Auflösung des PRAP in der letzten Schlussbilanz per 19.12.1998
unterläge mithin ein zuvor aufgrund des Realisationsprinzips (§ 5 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2
EStG) abzugrenzender Ertrag zusammengeballt der progressiven ESt-Besteuerung bei
den einzelnen Gesellschaftern (Mitunternehmern) der Klin.
100
Dem kann auch nicht entgegen gehalten werden, der PRAP habe zuvor den laufenden
Gewinn gemindert, so dass dessen Auflösung nunmehr auch zu Gunsten des laufenden
Gewinns ("nachgeholter Ertrag") zu erfolgen habe.
101
Dabei würde verkannt, dass dieser Effekt hinsichtlich aller stillen Reserven und der
übrigen steuerfreien Rücklagen eintritt (so auch BFH-Urteile vom 23.05.2007 X R 35/06,
BFH/NV 2007, 1862; vom 04.06.1973 IV R 133/71, BFHE 110, 330, BStBl. II 1974, 27).
Insoweit verweist der BFH in ständiger Rechtsprechung zutreffend darauf, dass dem
EStG kein allgemeiner Grundsatz entnommen werden kann, wonach
Steuervergünstigungen, die zu Lasten des laufenden Gewinns in Anspruch genommen
wurden, auch wieder zugunsten des laufenden Gewinns aufzulösen wären (BFH-Urteile
vom 04.06.1973 IV R 133/71, BFHE 110, 330, BStBl. II 1974, 27; vom 23.05.2007 X R
35/06, BFH/NV 2007, 1862). Ein solcher Grundsatz kann damit erst Recht nicht für einen
PRAP gelten, welcher keine "Steuervergünstigung" vergleichbar einer Ansparrücklage
nach § 7 g Abs. 3 EStG darstellt, sondern – wie zuvor ausgeführt wurde -- einer
periodengerechten Gewinnabgrenzung dient (vgl. zur echten Forfaitierung: BFH-Urteil
vom 24.07.1996 I R 94/95, BFHE 181, 64, BStBl. II 1997, 122).
102
Dabei verkennt der Senat nicht, dass ein PRAP ein zeitraumbezogenes Entgelt – hier:
des Forfaitierungserlöses -- ausweist. Ein PRAP kann damit nicht als (passives)
103
Wirtschaftsgut qualifiziert werden. Eine (teleologische) Reduktion des
Anwendungsbereichs der §§ 16, 34 EStG auf Gewinne aus einer zusammengeballten
Realisierung stiller Reserven eines Wirtschaftsguts lässt sich jedoch weder aus dem
Wortlaut der Regelungen noch deren vorgenannter Zielsetzung rechtfertigen. Nach
Wortlaut und Zielsetzung der §§ 16, 34 EStG ist vielmehr nur erforderlich, dass ein
außerordentlicher, zusammengeballter Ertrag im zeitlichen und sachlichen
Zusammenhang mit einer Betriebsaufgabe anfällt. Dies ist vorliegend der Fall.
Anderenfalls wäre auch nicht einsichtig, den Gewinn aus der Auflösung einer
Ansparrücklage (§ 7 g Abs. 3 EStG) dem Aufgabe- bzw. Veräußerungsgewinn
zuzuordnen. Eine Ansparrücklage kann ebenfalls nicht als Wirtschaftsgut qualifiziert
werden (vgl. BFH-Urteil vom 23.05.2007 X R 35/06, BFH/NV 2007, 1862 in Abgrenzung
zur Reinvestitioinsrücklage nach § 6 b EStG). Aus den vorgenannten Gründen lässt sich
eine unterschiedliche Behandlung einer Ansparrücklage auf der einen Seite und eines
PRAP auf der anderen Seite auch nicht damit rechtfertigen, dass die Ansparrücklage im
Gegensatz zum PRAP in wirtschaftlichem Zusammenhang mit der späteren
Anschaffung oder Herstellung eines neuen beweglichen Wirtschafsguts des
Anlagevermögens steht und als "vorgezogene Abschreibung" gewertet werden kann.
Eine derartige Differenzierung würde der Zielsetzung der §§ 16, 34 EStG nicht gerecht.
104
Der Senat weicht damit nicht von dem – vom Betriebsprüfer im Bericht vom 04.06.2003
unter Tz. 2.2.1 zitierten -- BFH-Beschluss vom 11.09.1997 VIII B 101/96, BFH/NV 1998,
452 ab, wonach "Einnahmen aus der Erfüllung von Verträgen, die nicht durch die
Veräußerung oder Aufgabe des Betriebs veranlasst sind", dem laufenden Gewinn
zuzurechnen sind. Während dort ein bereits vor dem Beginn der Betriebsaufgabe
realisierter Ertrag in Gestalt einer Abfindungzahlung zu würdigen war
(Abfindungszahlung im August; Betriebsaufgabe Ende des Jahres), steht hier ein im
Buchwert des PRAP per 19.12.1998 passiv abzugrenzender Ertrag im Streit, welcher
bis zur Betriebsaufgabe nach § 5 Abs. 5 Nr. 2 EStG als noch nicht realisiert angesehen
werden durfte.
105
Soweit aus dem vom Bekl. weiter angeführten BFH-Urteil vom 24.08.2000 IV R 42/99,
BFHE 193, 107, BStBl. II 2003, 67 zu einer Milchaufgabevergütung, sowie dem Urteil
vom 12.07.1984 IV R 76/82, BFHE 141, 522, BStBl. II 1984, 713 zu einem Disagio
abzuleiten sein sollte, dass ein Bilanzposten, welcher ein zeitraumbezogenes Entgelt
bzw. einen zeitraumbezogenen Aufwand ausweist und – anders als die
Milchaufgabevergütung – nicht als Wirtschaftsgut qualifziert werden kann, zugunsten
bzw. zulasten des laufenden Gewinns aufzulösen ist, selbst wenn die Auflösung durch
die Betriebsaufgabe bedingt ist, vermag dem der Senat aus den vorausgegangenen
Gründen nicht zu folgen.
106
Sind hiernach im Streitfall auch die übrigen RAP einheitlich zu Lasten (ARAP) bzw. zu
Gunsten (PRAP) des Aufgabegewinns aufzulösen, da diese ebenfalls ausschließlich
wegen der Betriebsaufgabe entfallen sind, hat allerdings die danach mögliche
Saldierung durch Erhöhung des laufenden Gewinns um das Disagio sowie eine
gegenläufige Saldierung mit dem PRAP (Mietvorauszahlung) vorliegend im Ergebnis
keine steuerliche Auswirkung. Denn selbst bei Auflösung des ARAP (Disagio) zu
Lasten des Aufgabegewinns und entsprechender Erhöhung des laufenden Gewinns ist
ein Gewerbesteuermessbetrag i. H. v. Null EUR festzusetzen.
107
Ein schutzwürdiges Interesse, mit der Klage über eine Nullfestsetzung hinaus zum
108
Zweck des Verlustvortrags nach § 10 a GewStG die Feststellung eines
(weitergehenden) Gewerbeverlusts zu begehren, ist nicht ersichtlich, da aufgrund der
zum 19.12.1998 erfolgten Betriebsaufgabe ein Verlustvortrag nach § 10 a GewStG nicht
mehr in Betracht kommt. Zudem hat die Klin. ihr Begehren auf Minderung des
Gewerbeertrags um den PRAP (Forfaitierung) begrenzt; hieran ist der Senat gebunden
(§ 96 Abs. 1 Satz 2 FGO). Vor diesem Hintergrund erübrigen sich im Streitfall
weitergehende Ausführungen zum ARAP (Disagio) und PRAP (Mietvorauszahlungen).
Hat hiernach die Klage bereits aus den vorstehend aufgeführten Gründen Erfolg, kann
dahin gestellt bleiben, ob die Bindungswirkung der verbindlichen Auskunft des Bekl.
vom 14.12.1998 die Qualifikation des Gewinns aus der Auflösung der RAP mit umfasst
hat.
109
Der von der Klin. begehrten Nullfestsetzung hat auch der vorausgegangene
Gewerbesteuermessbescheid vom 04.10.2001 (Festsetzung: 131 DM) nicht entgegen
gestanden, da dieser unter dem VdN stand und somit einer materiellen Bestandskraft
nicht fähig war; die Vorschriften des § 42 FGO und des § 351 Abs. 1 AO waren demnach
nicht einschlägig.
110
Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.
111
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 155, 151 Abs.
1 FGO i. V. m. § 709 Zivilprozessordnung.
112
Die Revision war nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO zuzulassen.
113