Urteil des FG Münster vom 14.09.2004

FG Münster (Rücklage, Restriktive Auslegung, Einkünfte, Forstwirtschaft, Verbindlichkeit, Erlass, Sicherheitsleistung, Zivilprozessordnung, Entstehungsgeschichte, Buchführung)

Datum:
Gericht:
Spruchkörper:
Entscheidungsart:
Tenor:
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Aktenzeichen:
Finanzgericht Münster, 2 K 3424/02 E
14.09.2004
Finanzgericht Münster
2. Senat
Urteil
2 K 3424/02 E
Die Einkommensteuerbescheide 1995 und 1996 vom 24.01.2001 in der
Ge-stalt der Einspruchsentscheidung vom 28.05.2002 werden geändert.
Dem Beklagten wird aufgegeben, die geänderten Steuerfestsetzungen
nach Maß-gabe der Urteilsgründe zu errechnen, ferner dem Kläger das
Ergebnis dieser Berechnung unverzüglich mitzuteilen und die Bescheide
mit dem geänderten Inhalt nach Rechtskraft neu bekannt zu geben.
Die Kosten des Verfahrens werden dem Beklagten auferlegt.
Das Urteil ist wegen der Kostenentscheidung ohne Sicherheitsleistung
vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch
Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des
Kostenerstattungsanspruchs des Klägers abwenden, soweit nicht der
Kläger zuvor Sicherheit in derselben Höhe leistet.
Tatbestand:
Zu entscheiden ist, ob § 4 Abs. 2 Satz 2 Einkommensteuergesetz (EStG) in der Fassung
des Steuerbereinigungsgesetzes 1999 (StBereinG 1999) einer Bilanzänderung durch
Bildung einer Rücklage nach § 6 b EStG zulässig ist.
Der Kläger (Kl.) erzielte in den Streitjahren 1995 und 1996 Einkünfte aus Land- und
Forstwirtschaft und aus Kapitalvermögen. Darüber hinaus bezog er Einkünfte aus
Aufsichtsratstätigkeit, und er erhielt Abgeordnetenbezüge, die als sonstige Einkünfte erfasst
waren. Der Kl. ermittelte seine Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft durch Aufstellung
einer Jahresbilanz jeweils auf den 30.06. eines Kalenderjahres.
Mit notariellem Vertrag vom 25.04.1995 veräußerte der Kl. eine Restfläche seines land- und
forstwirtschaftlichen Betriebes in D (Buchwert 44.816,- DM) für 362.682,- DM. Der Kaufpreis
floss am 22.05.1995 auf ein privates Konto des Kl. und wurde buchmäßig nicht erfasst. Der
Grund und Boden wurde weiterhin aktiviert. Der Übergang von Besitz, Nutzen und Lasten
erfolgte zum 01.07.1995. (Anmerkung: Im Wirtschaftsjahr 1995/1996 erwarb der Kl. einen
neuen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb in S (Bundesland T ), in dessen Rahmen er
zukünftig Wirtschaftsgüter i.S.v. § 6b Abs. 1 Satz 2 EStG anschaffen oder herstellen
konnte.)
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Der Beklagte (Bekl.) setzte die Einkommensteuer für die Streitjahre zunächst mit unter dem
Vorbehalt der Nachprüfung stehenden Einkommensteuerbescheiden vom 28.01.1997 auf
22.042,- DM (1995) und vom 22.01.1998 auf 36.600,- DM (1996) fest.
Nach Durchführung einer am 26.06.2000 begonnenen Betriebsprüfung setzte der Bekl.
dem Prüfungsbericht vom 13.10.2000 folgend die Einkommensteuer mit Bescheiden vom
24.01.2001 für 1995 auf 154.819,- DM und für 1996 auf 144.490,- DM fest. Dabei
berücksichtigte er den Veräußerungsgewinn aus der Übertragung der Restfläche im
Wirtschaftsjahr 1995/1996 mit 317.866,- DM. Ein im Verlaufe der Betriebsprüfung gestellter
Antrag auf Bildung einer Rücklage nach § 6 b EStG wurde unter Hinweis auf das BMF-
Schreiben vom 18.05.2000, BStBl. I 2000, 587 zu § 4 Abs. 2 Satz 2 EStG abgelehnt. Eine
Bilanzänderung sei danach nur möglich, soweit die Auswirkung der Bilanzberichtigung
nach § 4 Abs. 2 Satz 1 EStG auf den Gewinn reiche. Die vorgenommene
Bilanzberichtigung (Ausbuchung des Grund und Bodens) löse isoliert betrachtet eine
Gewinnminderung aus (Buchung: Aufwand an Grund und Boden), so dass eine
(gewinnmindernde) Bilanzänderung durch Berücksichtigung der beantragten Rücklage
mangels einer gewinnerhöhenden Bilanzberichtigung nicht in Betracht komme.
Der hiergegen eingelegte Einspruch hatte keinen Erfolg.
Mit seiner Klage verfolgt der Kl. sein Begehren weiter. Das vom Bekl. zur Begründung
herangezogene BMF-Schreiben vom 18.05.2000, a.a.O. trage die von diesem vertretene
Rechtsauffassung nicht. Der Bekl. betrachte nur die separate Ausbuchung des Grund- und
Bodenansatzes und komme hier zu dem Schluss, dass dieser für sich betrachtet keine
gewinnerhöhende Auswirkung habe. Diese Aufteilung der Bilanzberichtigung in einen Teil
"Bestandskonten" und einen zweiten Teil "Gewinn- und Verlustkonten" sei jedoch
unzutreffend. Bereits in dem zitierten Anwendungsschreiben vom 18.05.2000 sei
ausgeführt, dass eine Bilanzberichtigung sich auf den unrichtigen Ansatz von
Wirtschaftsgütern ... dem Grunde und der Höhe nach beziehe. Eine Änderung des
steuerlichen Gewinns ohne Auswirkung auf den Ansatz eines Wirtschaftsgutes ... sei daher
keine Bilanzberichtigung. Hiermit bringe das Bundesfinanzministerium zum Ausdruck, dass
im Zusammenhang mit einer Betriebsprüfung erfolgte Korrekturen, die ausschließlich
Einfluss auf die Gewinn- und Verlustermittelung des Steuerpflichtigen hätten, den
Tatbestand der Bilanzberichtigung nicht erfüllten. Hiermit werde jedoch nicht
ausgeschlossen, dass für die mit einer Bilanzberichtigung in Form des korrigierten
Ansatzes von Wirtschaftsgütern einhergehende Gewinnauswirkung die Möglichkeit versagt
werde, insoweit eine Bilanzänderung durchzuführen.
Die Vorschrift des § 4 Abs. 2 Satz 2 EStG solle verhindern, dass durch eine
Bilanzänderung die damit insgesamt einhergehende Gewinnauswirkung einer
Bilanzberichtigung überschritten würde. Dies wäre der Fall, wenn neben der
Neutralisierung des im Streitfall entstandenen Veräußerungsgewinns nunmehr erstmals
auch noch die Berücksichtigung einer weiteren Rücklage beantragt würde, die die
Gewinnauswirkung des die Bilanzberichtigung auslösenden Geschäftsvorfalls übersteigen
würde.
Die erörterte Rechtsfrage könne letztlich jedoch dahinstehen. Denn die geschilderten
Geschäftsvorfälle seien bilanziell wie folgt zu erfassen: Aufgrund der Kaufpreiszahlung vor
Erfüllung des Übertragungsvertrages hätte im Wirtschaftsjahr 1994/1995 eine Position
"erhaltene Anzahlungen" passiviert werden müssen. Im Wirtschaftsjahr 1995/1996 hätte
dann diese Position "erhaltene Anzahlungen" (362.682,- DM) an Grund und Boden
(44.816,- DM) und Erlöse (317.866,- DM) gewinnerhöhend ausgebucht werden müssen.
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Dem hierdurch entstandenen Gewinn könne die beantragte Rücklage den
Voraussetzungen des § 4 Abs. 2 Satz 2 EStG entsprechend entgegengesetzt werden.
Der Kl. beantragt,
unter Änderung der Einkommensteuerbescheide 1995 und 1996 vom 24.01.2001 in der
Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 28.05.2002 den Veräußerungsgewinn i.H.v.
317.866,- DM unberücksichtigt zu lassen.
Der Bekl. beantragt,
die Klage abzuweisen.
Im Wesentlichen verweist er auf die bereits im Rahmen der Betriebsprüfung und der
Veranlagung dargestellte Rechtsauffassung, wonach eine Bilanzberichtigung i.S.v. § 4
Abs. 2 Satz 1 EStG nur den unrichtigen Ansatz von Wirtschaftsgütern und nicht auch den
mit der Berichtigung in Zusammenhang stehenden Veräußerungsgewinn umfasse. Soweit
der Kl. ausführe, dass die im Wirtschaftsjahr erhaltene Kaufpreiszahlung zum 30.06.1995
bilanziell gewinnneutral (Bank an Verbindlichkeit aus erhaltenen Anzahlungen) und zum
30.06.1996 gewinnwirksam hätte erfasst werden müssen, könnten diese Buchungen nicht
mehr nachgeholt werden (BFH-Urteil vom 27.03.1962 I 132/60 S, BStBl. III 273).
Schließlich sei aufgrund der Entstehungsgeschichte des § 4 Abs. 2 Satz 2 EStG - nach § 4
Abs. 2 Satz 2 i.d.F. des Steuerentlastungsgesetzes 1999 (StEntlG1999 ff) habe die
Möglichkeit einer Bilanzänderung zunächst gänzlich versagt werden sollen - eine restriktive
Auslegung dieser Vorschrift geboten. Auch das Thüringer Finanzgericht habe mit Urteil
vom 18.07.2001 III 1238/00, EFG 2002, 803 einen Antrag auf Bilanzänderung gem. § 4
Abs. 2 Satz 2 EStG StBereinG 1999 unter Hinweis auf die enge Gesetzesfassung der
Vorschrift abgelehnt.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze und die
Steuerakten des Bekl. Bezug genommen.
Der Bekl. hat das Ruhen des Verfahrens im Hinblick auf die gegen das Urteil des
Finanzgerichts Münster vom 24.03.2004, Az. 10 K 704/02 E,G eingelegte
Nichtzulassungsbeschwerde beantragt. Der Kl. hat dem nicht zugestimmt.
Entscheidungsgründe:
Der Senat kann entscheiden. Ein Ruhen des Verfahrens kann gem. § 155
Finanzgerichtsordnung (FGO) i.V.m. § 251 Zivilprozessordnung nur angeordnet werden,
wenn die Beteiligten dies übereinstimmend beantragen. Der Kl. hat dem Antrag des Bekl.
nicht zugestimmt.
Die zulässige Klage ist begründet. Zu Unrecht hat der Bekl. die Berücksichtigung der vom
Kl. nachträglich im Wege der Bilanzänderung gebildeten Rücklage nach § 6 b Abs. 3 EStG
abgelehnt.
Die Voraussetzungen für die Bildung einer Rücklage nach § 6 b Abs. 3 EStG sind sowohl
nach der Aktenlage als auch nach der Auffassung der Beteiligten gegeben.
Die Bilanzänderung durch Ansatz der Rücklage ist auch gem. § 4 Abs. 2 Satz 2 EStG
zulässig.
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Nach § 4 Abs. 2 Satz 2 EStG i.d.F. des StBereinG 1999 ist eine Änderung der Bilanz nur
zulässig, wenn sie in einem engen zeitlichen und sachlichen Zusammenhang mit einer
Bilanzberichtigung nach § 4 Abs. 2 Satz 1 EStG steht und soweit die Auswirkung der
Änderung durch die Bilanzberichtigung auf den Gewinn reicht. Diese die
zustimmungsbedürftige Bilanzänderung nach § 4 Abs. 2 Satz 2 EStG a.F. einerseits und
das durch das StEntlG 1999/2000/2002 eingeführte totale Bilanzänderungsverbot
andererseits ablösende Regelung ist auch für Veranlagungszeiträume vor 1999
anzuwenden (§ 52 Abs. 9 EStG). Diese ihrem Wortlaut nach unklare Übergangsregelung
erfasst ihrem Sinn entsprechend alle nach dem 31.12.1998 gestellten Anträge auf
Bilanzänderung (vgl. BFH-Urteil vom 25.03.2004 IV R 2/02, Der Betrieb 2004, 1345
m.w.N.).
Im Streitfall ist § 4 Abs. 2 Satz 2 EStG StBereinG 1999 anzuwenden, da der Kl. seinen
Antrag auf Berücksichtigung der Rücklage nach § 6 b Abs. 3 EStG im Hinblick auf den im
Wirtschaftsjahr 1995/1996 erfassten Veräußerungsgewinn im Verlaufe der im Jahr 2000
durchgeführten Betriebsprüfung (Beginn 26.06.2000, Bericht vom 13.10.2000) gestellt hat.
Der Antrag auf Bilanzänderung steht auch in einem engen zeitlichen und sachlichen
Zusammenhang mit einer Bilanzberichtigung i.S.v. § 4 Abs. 2 Satz 1 EStG. Denn mit der
Ausbuchung des zum 01.07.1995 übertragenen Grund und Bodens ist ein nicht mehr zum
land- und forstwirtschaftlichen Betriebsvermögen gehörendes Wirtschaftsgut zutreffend aus
der Vermögensübersicht des Kl. herausgenommen worden. Der Antrag auf
Berücksichtigung der Rücklage nach § 6 b Abs. 3 EStG ist anlässlich dieser
Prüfungsfeststellung, d.h. in engem zeitlichen und sachlichem Zusammenhang mit der
durch die Betriebsprüfung durchgeführten Bilanzberichtigung gestellt worden.
Im Streitfall liegt auch eine Bilanzberichtigung mit Auswirkung der Änderung nach § 4 Abs.
2 Satz 1 EStG StBereinG 1999 auf die Höhe des steuerlichen Gewinns vor, die eine
Bilanzänderung i.H.v. 317.866,- DM zulässig macht. Denn die Vorschrift des § 4 Abs. 2
Satz 2 EStG ist nach der Auffassung des Senates so zu verstehen, dass als auslösendes
Moment für eine Bilanzänderung zwar eine (hiermit in zeitlichem und sachlichem
Zusammenhang stehende) Bilanzberichtigung vorliegen muss, der Änderungsrahmen sich
jedoch durch die Gesamtauswirkung des Geschäftsvorfalls auf den Gewinn bestimmt.
Diesem Verständnis der Vorschrift des § 4 Abs. 2 Satz 2 EStG stehen weder deren Wortlaut
noch der dazu ergangene Erlass des BMF vom 18.05.2000 a.a.O. noch die dazu
vorliegenden Kommentierungen z.B. in Schmidt/Heinicke, EStG § 4 Rz. 751 und
Stapperfend in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG § 4 Rdnr. 469 entgegen.
Der Wortlaut der Vorschrift indiziert nach der Auffassung des Senats, dass der
Kompensationsrahmen, innerhalb dessen eine Bilanzänderung noch möglich sein soll,
nicht durch die isolierte Ein- oder Ausbuchung einer Bilanzposition und deren
Gewinnänderung, sondern durch die Auswirkungen des dieser Buchung
zugrundeliegenden Geschäftsvorfalls bestimmt sein soll. Hätte der Gesetzgeber den
Kompensationsrahmen auf die Gewinnänderung beschränken wollen, die allein durch den
(berichtigenden) Buchungsvorgang (hier Ausbuchung eines Wirtschaftsgutes) eröffnet wird,
hätte er dies angesichts der Auswirkungen des dieser Bilanzberichtigung
zugrundeliegenden Geschäftsvorfalls auch auf die Gewinn- und Verlustrechnung bereits im
Wortlaut der Vorschrift deutlich zum Ausdruck gebracht. Angesichts der gewählten
Formulierung Aus-"wirkung" ist jedoch davon auszugehen, dass der Gesetzgeber im
Hinblick auf das Zusammenspiel der Vermögensübersicht und der Gewinn- und
Verlustrechnung (doppelte Buchführung) den Geschäftsvorfall insgesamt betrachtet wissen
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wollte, zumal durch das Erfordernis des zeitlichen und sachlichen Zusammenhangs mit der
Bilanzberichtigung eine dem Begriff "Wirkung" möglicherweise immanente Bedeutung von
"Kausalität" eine diese Auslegung verbietende weitere Schranke gesetzt ist.
Soweit der Bundesfinanzminister in seinem Anwendungsschreiben vom 18.05.2000 a.a.O.
ausführt "Eine Änderung des steuerlichen Gewinns ohne Auswirkung auf den Ansatz eines
Wirtschaftsgutes ... ist daher keine Bilanzberichtigung", sollte hiermit - hierauf hat der Kl.
bereits zutreffend hingewiesen - auch nach der Auffassung des erkennenden Senates nur
deutlich gemacht werden, dass nicht jegliche Gewinnänderung (z.B. im Rahmen einer
Betriebsprüfung) den Tatbestand einer Bilanzberichtigung erfüllt. Dementsprechend weist
das BMF-Schreiben vom 18.05.2000 a.a.O. nur darauf hin, dass eine Bilanzänderung die
Korrektur der Vermögensübersicht dem Grunde nach voraussetzt, wobei eine
Bilanzberichtigung (dem Grunde nach) nur dann verneint wird, wenn eine Änderung des
steuerlichen Gewinns ohne Auswirkung auf den Ansatz eines Wirtschaftsgutes oder eines
Rechnungsabgrenzungspostens vorliegt. Hieraus lässt sich entgegen der Auffassung des
Bekl. nicht folgern, dass die Bilanzänderung der Höhe nach allein auf die
Gewinnänderung, die durch diese Korrekturbuchung entsteht, beschränkt sein sollte.
Der Senat ist mit dem Kl. und den Kommentatoren in Schmidt/Heinicke und Stapperfend
a.a.O. der Auffassung, dass die Vorschrift des § 4 Abs. 2 Satz 2 EStG gerade auch bei
nachträglich erfassten Veräußerungsvorgängen nicht ins Leere laufen darf bzw. dass es
sich hierbei eigentlich um typische Fälle für eine nach § 4 Abs. 2 Satz 2 EStG mögliche
Bilanzänderung handelt. Würde man demgegenüber das Gesetzesverständnis des Bekl.
zugrundelegen, könnte in diesen Fällen - wegen der sich durch die Ausbuchung des
veräußerten Wirtschaftsgutes ergebenden Gewinnminderung - grundsätzlich ein
Kompensationsrahmen für eine Bilanzänderung nicht entstehen. Dass der
Anwendungsbereich nach dem Gesetzeszweck auf die Berichtigung von Bilanzpositionen
wie Rückstellungen, Rechnungsabgrenzungsposten oder wie der Bekl. anführt auch auf
den Tatbestand der Erhöhung des Warenendbestandes etc beschränkt sein soll, ist für den
Senat nicht ersichtlich. Ebenso wenig ist es mit dem Gesetzeszweck vereinbar, im Fall
eines nachträglich, d.h. nach Abgabe der Bilanzen, (sei es durch den Steuerpflichtigen
bzw. seinen Berater oder durch die Finanzverwaltung) festgestellten
Besteuerungstatbestandes, wie z.B. der nachträglichen Erfassung eines
Veräußerungsgewinns, eine Bilanzänderung im Hinblick auf möglicherweise nicht mehr
änderbare Bilanzen für unzulässig zu erklären. Insbesondere im Fall der versehentlichen
Nichterfassung eines solchen Vorgangs lässt sich eine Rechtfertigung für die
Ungleichbehandlung mit einer von Anfang an richtigen Bilanzierung der dem
Besteuerungstatbestand zugrundeliegenden Sachverhalte nicht darstellen.
Aus diesem Grunde wird die vorstehend dargestellte Auslegung der Vorschrift des § 4 Abs.
2 Satz 2 EStG StBereinG 1999 auch durch den vom Kl. als Kontrollüberlegung
aufgezeigten "richtigen Buchungsweg" bestätigt: Dabei kommt es nach der Auffassung des
erkennenden Senates nicht darauf an, ob diese Bilanzkorrekturen aus formellen Gründen
noch vorgenommen werden können oder nicht.
Zutreffend weist der Kl. daher darauf hin, dass - hätte er die Kaufpreisforderung
bereits im Wirtschaftsjahr 1994/1995 als erhaltene Anzahlung erfasst - er diese
Verbindlichkeit mit einer Gewinnauswirkung i.H.v. 317.866,- DM gegen die
Bilanzpositionen Grund und Boden und Erlöse im Wirtschaftsjahr 1995/1996 hätte
ausbuchen müssen. Damit hätte sich ein entsprechender durch Bilanzberichtigung
entstandener Änderungsrahmen ergeben. Gleiches gilt für den Fall der Kaufpreisstundung.
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Die im Wirtschaftsjahr 1995/1996 einzubuchende Forderung hätte ebenfalls mit einer
Gewinnauswirkung von 317.866,- DM ausgebucht werden müssen. Ein sachlicher Grund,
weshalb in diesen Fällen eine Bilanzänderung möglich sein soll, im Fall der versehentlich
unterbliebenen Buchung oder der sofortigen Zahlung und Entnahme des Erlöses in einem
anderen Wirtschaftsjahr jedoch nicht, ist nicht erkennbar.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision sind nicht gegeben. Eine
Entscheidung des BFH über die Zulassung der Revision gegen das Urteil des FG Münster
vom 24.03.2004 Az. 10 K 704/02 E, G liegt noch nicht vor. Das Urteil des Thüringer
Finanzgerichts vom 18.07.2001 III 1238/00 a.a.O. stützt seine Auffassung im Wesentlichen
auf den fehlenden zeitlichen Zusammenhang zwischen Bilanzänderung und
Bilanzberichtigung, weil der Antrag auf Bildung einer Rücklage gem. § 6 b EStG erst im
finanzgerichtlichen Verfahren über zwei Jahre nach Erlass des Steuerbescheides gestellt
worden war.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.