Urteil des FG Münster vom 07.10.2004

FG Münster (Liebhaberei, Zahl, Internet, Bemessungsgrundlage, Akte, Verein, Auslagenersatz, Unternehmen, Reitsport, Unentgeltlich)

Datum:
Gericht:
Spruchkörper:
Entscheidungsart:
Tenor:
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Aktenzeichen:
Finanzgericht Münster, 5 K 1790/04 U
07.10.2004
Finanzgericht Münster
5. Senat
Urteil
5 K 1790/04 U
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.
G r ü n d e :
Streitig ist, ob eine Meldestellentätigkeit der Umsatzsteuer unterliegt bzw. gem. § 4 Nr. 26
UStG steuerfrei ist.
Die Klägerin (Klin.) ist Unternehmerin. Sie hat ein Unternehmen für EDV angemeldet. Seit
1982 ist sie auf Reitturnieren für die sog. Meldestelle tätig. Diese Tätigkeit hat sie zunächst
ehrenamtlich ausgeführt. In den Umsatzsteuer(USt)-Erklärungen hatte sie die Umsätze
nicht erklärt.
Mit ihren USt-Erklärungen hat sie am 02.04.1997 Umsätze von X DM (1995), am
08.10.1998 von X1 DM (1996), am 01.01.1999 von X2 DM (1997), am 15.12.2000 Umsätze
von X3 DM zu 16 % und X4 DM zu 15 % (1998), am 21.11.2001 von X5 DM (1999) und am
07.12.2001 Umsätze von X6 DM (2000) erklärt.
Die Umsätze in 1995 aus der Meldestellentätigkeit betrugen in 1995 Y1 DM (Bl. 18 GA), in
1996 Y2 DM (Bl. 21 GA), in 1997 Y3 DM (Bl. 24 GA), in 1998 Y4 DM (Bl. 27 GA), in 1999
Y5 DM (Bl. 30 GA) und in 2000 Y6 DM (Bl. 33 GA).
Das Finanzamt (FA) hat diese Umsätze zusätzlich als ust-pflichtig angesehen und hat
entsprechend geänderte USt-Bescheide erlassen.
Nach erfolglosem Einspruchsverfahren hat die Klin. Klage erhoben. Sie meint, dass die
Einnahmen nicht umsatzsteuerpflichtig seien. Sie trägt dazu vor, sie habe ihre Aktivitäten
im Reitsport als Liebhaberei angesehen. Sie habe zwar aufgrund ihrer Meldestellentätigkeit
auf Reitturnieren Zahlungen erhalten. Nachdem sie dies zunächst ehrenamtlich und
unentgeltlich ausgeführt habe, habe sie eine Vereinbarung mit den jeweiligen Vereinen
getroffen. Schriftliche Verträge seien jedoch nicht geschlossen worden.
Da die Zahlungen der Reitsportvereine ausschließlich im Ersatz ihrer Zeitversäumnis
bestanden hätten, fehle es an einer Einnahmeerzielungsabsicht i. S. des § 2 UStG. Die
Zahlungen seien auch nach § 4 Nr. 26 b UStG steuerfrei. Das beruhe auf dem Ersatz ihrer
für diese Tätigkeit in Anspruch genommenen Zeit, die sich an manchen Wochenenden bei
4 Personen auf bis zu 16 Stunden pro Person (also insgesamt 240 Stunden) belaufen
habe. Deshalb seien die Zahlungen auch angemessen.
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Die Klin. beantragt,
unter Aufhebung der Einspruchsentscheidungen vom 04.03.2004 und
Abänderung der zugrunde liegenden USt-Bescheide 1995 - 1998 jeweils vom 02.06.2003,
1999 vom 05.06.2003 sowie 2000 vom 28.05.2003 die Umsatzerlöse aus der
Meldestellentätigkeit für diese Streitjahre nicht der USt zu unterwerfen.
Das FA beantragt,
die Klage abzuweisen.
Dazu verweist es auf seine Ausführungen in der Einspruchsentscheidung. Die vom
Vorberater - StB M1 - gefertigten Aufstellungen würden belegen, dass die Zahlungen über
einen bloßen Aufwendungsersatz hinausgingen (Bl. 36 GA). Nachweise über
weitergeleitete Beträge an Personen, die die Klin. unterstützt hätten, seien bisher nicht
erbracht. Es sei insgesamt eine Einnahmeerzielungsabsicht auch für die
Meldestellentätigkeit zu bejahen.
Zum Verfahren sind die Gerichts- und Steuerakten zu den ertragsteuerlichen Verfahren 13
K 3522/03 E und 13 K 3484/03 E beigezogen worden.
Der Senat hat am 07. Oktober 2004 mündlich verhandelt.
Die Klage hat keinen Erfolg.
Die angefochtenen USt-Bescheide sind rechtlich nicht zu beanstanden. Die Umsätze der
Klin. aus der "Meldestellentätigkeit" sind steuerbar und nicht steuerbefreit.
Die Klägerin ist bereits im Hauptberuf Unternehmerin gemäß § 2 UStG. Auch die hier allein
streitigen Erlöse sind als Entgelte der Umsatzsteuer zu unterwerfen. Die Klin. ist bereits seit
vielen Jahren für die Reitvereine tätig geworden und für diese Tätigkeit bezahlt worden.
Damit liegt eine nachhaltige Tätigkeit mit Wiederholungsabsicht vor. Da es bei der
Umsatzsteuer keine "Liebhaberei" gibt und die Einnahmeerzielungsabsicht ausreichend
ist, bestehen keine rechtlichen Zweifel an der inneren Verknüpfung der von der Klin. als
Geschäftsbesorgung erbrachten Leistungen mit den dafür von ihr abgerechneten Entgelten.
Auf den rechtlichen Hinweis vom 03.08.2004 (Bl. 40 GA) wird Bezug genommen. Zu dieser
Rechtsfrage bestand in der mündlichen Verhandlung auch nach Ansicht des Kläger-
Vertreters kein weiterer Klärungsbedarf.
Die von der Klin. erbrachten Leistungen sind auch nicht gemäß § 4 Nr. 26 b UStG
umsatzsteuerfrei. § 4 Nr. 26 b UStG setzt voraus, dass die ehrenamtliche Tätigkeit in der
Weise vergütet wird, dass das Entgelt für diese Tätigkeit nur im Auslagenersatz und einer
angemessenen Entschädigung für Zeitversäumnis besteht. Gegen eine ehrenamtliche
Tätigkeit spricht im Streitfall bereits, dass die Klin. ihre Leistungen als Geschäftsbesorgung
für jeden daran interessierten Reitverein erbracht hat. Anders als ein typischer
ehrenamtlicher Helfer, der nur für "seinen" Verein tätig wird, war die Klin. für eine
unbestimmte, beliebige Vielzahl von Vereinen als Auftraggeber offen. Insofern hat sie - wie
ein typischer Dienstleister - ihre Meldestellentätigkeit für viele Vereine erbracht. Zu diesen
Vereinen bestand keine weitere Beziehung als die jeweils zeitlich beschränkte
Meldestellentätigkeit. Dies wird auch durch die erst seit 1 1/2 Jahren im Internet
veröffentlichte Homepage deutlich, die eine professionelle Abwicklung durch den Q-
Turnierservice (P.Q.@de) anbietet. Dieser offenkundige kommerzielle Ablauf wird dadurch
bestätigt, dass die Klin. zur Abwicklung weitere Hilfspersonen benötigt und beschäftigt
hatte. Die erwerbswirtschaftliche Betätigung der Klin. ergibt sich auch aus der Art der
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Abrechnungen, die als Bemessungsgrundlage auf die Zahl der Pferde, die Dauer des PC-
Einsatzes, die Zahl der Hilfspersonen etc. abstellt. In diesem Zusammenhang wird auf die
in der ESt-Akte enthaltenen Abrechnungen bzw. Quittungen Bezug genommen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.