Urteil des FG Münster vom 25.10.2001

FG Münster (Wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, Eltern, Eigene Mittel, Einspruch, Behinderung, Auszahlung, Pflege, Klagefrist, Unterkunftskosten, Einkünfte)

Datum:
Gericht:
Spruchkörper:
Entscheidungsart:
Tenor:
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Aktenzeichen:
Finanzgericht Münster, 14 K 4010/99 KG
25.10.2001
Finanzgericht Münster
14. Senat
Urteil
14 K 4010/99 KG
Der Bescheid des Beklagten vom 18.11.1997 in der Fassung der Ein-
spruchsentscheidung vom 24.09.1998 wird aufgehoben.
Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens. Außergerichtliche Kosten
des Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig.
Das Urteil ist wegen der Kostenentscheidung ohne Sicherheitsleistung
vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch
Sicherheitslei-stung oder Hinterlegung in Höhe des
Kostenerstattungsanspruchs der Klägerin abwenden, soweit nicht die
Klägerin zuvor Sicherheit in derselben Höhe leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist, ob ein volljähriges behindertes Kind, das im eigenen Haushalt lebt und Hilfe
zum Lebensunterhalt erhält, außerstande ist, sich selbst zu unterhalten.
Der Beigeladene erhielt Kindergeld für seine am ******1951 geborene Tochter S*******(S.).
S. ist schwerbehindert. Der Grad der Behinderung ist seit April 1975 auf 50 v.H. festgestellt.
S. ist aufgrund der Behinderung außerstande, ihren Lebensunterhalt durch eigene
Erwerbstätigkeit sicherzustellen.
Der Beigeladene, der -ebenso wie seine Ehefrau- Rentenempfänger war und nicht selbst
Sozialhilfeleistungen bezog, verwandte das Kindergeld für den Lebensunterhalt seiner
Tochter. Diese erhielt durch die Klägerin Sozialhilfe. Dabei rechnete die Klägerin das
Kindergeld als Einkommen des Kindes an.
Mit Bescheid vom 18.11.1997 hob der Beklagte gegenüber dem Beigeladenen die
Festsetzung des Kindergeldes ab Januar 1997 auf. Zur Begründung gab er an, nach Ablauf
der für 1996 geltenden Übergangsregelung sei Kindergeld nicht mehr zu gewähren. Das
Kind sei aufgrund eigener Einkünfte/Bezüge imstande, sich selbst zu unterhalten.
Dagegen legte der Beigeladene am 18.12.1997 Einspruch ein. Die Klägerin machte mit
Schreiben vom 23.12.1997 für den Fall eines Einspruchs durch den
Kindergeldberechtigten einen Erstattungsanspruch nach § 74 Abs. 5 EStG geltend. Für den
Fall, dass der Bescheid Bestandskraft erlangt habe, beantragte sie gem. § 67 Abs. 1 Satz 2
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EStG erneut die Gewährung von Kindergeld. Den Antrag auf Kindergeld lehnte der
Beklagte gegenüber der Klägerin unter dem 08.01.1998 ab. Über den dagegen eingelegten
Einspruch der Klägerin ist noch nicht entschieden.
Den Einspruch des Beigeladenen wies der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom
24.09.1998, auf die verwiesen wird, als unbegründet zurück. Von einer Rückforderung des
Kindergelds für die Zeit von Januar bis einschließlich November 1997 sah der Beklagte
gem. § 227 Abgabenordnung (AO) ab. Die Einspruchsentscheidung wurde dem
Beigeladenen bekannt gegeben. Auf Sachstandsnachfrage durch die Klägerin erhielt diese
mit Schreiben der Beklagten vom 24.09.1999 eine Kopie der Einspruchsentscheidung.
Die Klägerin hat am 05.10.1999 Klage erhoben. Sie beruft sich darauf, dass das Kind
außerstande sei, sich selbst zu unterhalten. Die Bedürftigkeit des Kindes werde durch die
Gewährung von Sozialhilfe nicht ausgeschlossen. Sozialhilfe werde nur nachrangig
gewährt. Außerdem sei der Bedarf des Kindes höher als die gewährte Hilfeleistung.
Insbesondere seien neben einem Grundbedarf von 12.000 DM noch die Unterkunftskosten
zu berücksichtigen.
Die Klägerin hat Unterlagen über die gewährten Sozialleistungen vorgelegt, auf die
verwiesen wird.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid des Beklagten vom 18.11.1997 in der Fassung der
Einspruchsentscheidung vom 24.09.1998 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er macht geltend, der Nachrang der Sozialhilfe finde im Steuerrecht keine Anwendung.
Dem Rechenwerk der Klägerin tritt er mit eigenen Berechnungen, auf die Bezug
genommen wird, entgegen.
Der Beigeladene hat keinen Antrag gestellt.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig.
Die Klägerin ist klagebefugt. Sie ist im Verfahren über die Festsetzung bzw. Aufhebung des
Kindergelds Beteiligte, denn sie hat ein berechtigtes Interesse an der Leistung des
Kindergelds (§ 67 Satz 2, § 74 Abs. 1 Satz 4 Einkommensteuergesetz -EStG-). Dies gilt
nicht nur, wenn das Kindergeld bis zur Aufhebung durch die Familienkasse an den
Sozialleistungsträger ausbezahlt wurde (vgl. dazu Bundesfinanzhof -BFH-, Urteil vom
12.01.2001 VI R 181/97, BStBl II 2001, 443), sondern auch dann, wenn sich die an das
Kind zu zahlende Sozialhilfe aufgrund der Anrechnung des Kindergelds als Einkommen
des Kindes gemindert hat. In beiden Fällen hat der Sozialleistungsträger eigene Mittel nur
unter Abzug des Kindergelds aufzubringen.
Die Klägerin hat die Klagefrist des § 47 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung (FGO) nicht
versäumt. Sie war aufgrund ihres berechtigten Interesses auch Beteiligte des Vorverfahrens
(vgl. BFH a.a.O.), welches der Beigeladene durch seinen fristgerechten Einspruch gegen
den Aufhebungsbescheid eingeleitet hatte. Als Beteiligte war ihr die
Einspruchsentscheidung bekannt zu geben. Dies hat der Beklagte zunächst versäumt. Ob
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in der Übersendung der Einspruchsentscheidung mit Schreiben des Beklagten vom
24.09.1999 eine Bekanntgabe an die Klägerin mit der Folge zu sehen ist, dass nunmehr
auch ihr gegenüber die Klagefrist läuft, kann dahinstehen, denn die Klägerin hat, nachdem
sie Kenntnis erlangt hatte, jedenfalls binnen eines Monats Klage erhoben.
Die Klage ist auch begründet.
Der Bescheid des Beklagten vom 18.11.1997 in der Fassung der Einspruchsentscheidung
vom 24.09.1998 über die Aufhebung der Kindergeldfestsetzung ist rechtswidrig. Dem
Kindergeldberechtigten steht ein Anspruch auf Kindergeld auch für die Zeit ab Dezember
1997 zu.
Gemäß § 62 Abs. 1, § 63 Abs.1 Sätze 1 und 2 i.V.m. § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 EStG in der in
den Streitjahren geltenden Fassung besteht für ein Kind, das das 18. Lebensjahr vollendet
hat, ein Anspruch auf Kindergeld, wenn es wegen körperlicher, geistiger oder seelischer
Behinderung außerstande ist, sich selbst zu unterhalten. Das Kind darf also nicht über eine
wirtschaftliche Leistungsfähigkeit verfügen, die zur Bestreitung seines gesamten
notwendigen Lebensbedarfs ausreicht. Dies ist anhand eines Vergleichs zweier
Bezugsgrößen, nämlich des gesamten Lebensbedarfs des Kindes einerseits sowie der
finanziellen Mittel des Kindes andererseits, zu prüfen (so BFH, Urteil vom 15. Oktober 1999
VI R 183/97, BStBl II 2000, 72, Urteil vom 15. Oktober 1999 VI R 40/98, BStBl II 2000, 75,
Urteil vom 15. Oktober 1999 VI R 182/98, BStBl II 2000, 79).
Dabei setzt sich der gesamte existentielle Lebensbedarf des behinderten Kindes
typischerweise aus dem allgemeinen Lebensbedarf (Grundbedarf) und einem individuellen
behinderungsbedingten Mehrbedarf zusammen (BFH a.a.O.). Nach der Rechtsprechung
des BFH ist der Grundbedarf mit dem am Existenzminimum eines Alleinstehenden
orientierten Betrag in § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG zu beziffern. Bei dem
behinderungsbedingten Mehrbedarf ist, soweit kein Einzelnachweis erfolgt, als Anhalt der
maßgebliche Behinderten-Pauschbetrag des § 33b EStG heranzuziehen. Als einem
Einzelnachweis entsprechend sind die -um Verpflegungsleistungen geminderten-
Heimkosten anzusehen, auch ist ein behinderungsbedingter Pflegebedarf in Höhe des
gezahlten Pflegegelds anzunehmen (BFH a.a.O.).
Vorliegend beträgt der Bedarf des Kindes in 1997 20.511,60 DM, in 1998 21.443,72 DM, in
1999 21.876,05 DM, in 2000 21.666,80 DM und in 2001 voraussichtlich 21.725,48 DM.
Diesen Bedarf hat die Klägerin, wie sich aus den vorgelegten Unterlagen ergibt, ihren
Leistungen zugrunde gelegt. Der ermittelte Bedarf stellt im konkreten Fall auch den
existentiellen Gesamtbedarf dar. Denn aufgrund dieses Bedarfs erbrachte die Klägerin
Sozialhilfeleistungen. Gerade diese sollen das im Sozialstaat anerkannte
Existenzminimum gewährleisten (vgl. Bundesverfassungsgericht -BVerfG-, Beschluss des
Zweiten Senats vom 10. November 1998 2 BvL 42/93, BStBl II 1999, 174).
Der ermittelte Gesamtbedarf setzt sich zusammen aus dem Grundbedarf und einem
behinderungsbedingten Mehrbedarf. Ein behinderungsbedingter Mehrbedarf ist nicht nur
dann anzunehmen, wenn, wie bei vollstationär untergebrachten Kindern, Hilfe in
besonderen Lebenslagen nach Abschnitt 3 Bundessozialhilfegesetz -BSHG-, z.B.
Eingliederungshilfe für Behinderte und/oder Hilfe zur Pflege, geleistet wird ( zu dieser
Fallgestaltung BFH a.a.O.). Er kann vielmehr auch durch Hilfe zum Lebensunterhalt nach
Abschnitt 2 -§§ 11 ff.- BSHG abgedeckt werden. Die Klägerin hat dazu in der mündlichen
Verhandlung erklärt, dass bei von ihr erbrachten Sozialhilfeleistungen an Kinder i.S.d. § 32
Abs. 4 Nrn. 1 und 2 EStG, die nicht behindert seien, die in § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG
bestimmten Beträge i.d.R. ausreichten. Bei volljährigen behinderten Kindern lägen die
Leistungen höher. Zum einen könne ein Mehrbedarf nach § 23 BSHG angesetzt werden,
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zum anderen werde die konkrete Situation gerade des volljährigen behinderten Kindes
aber auch im Übrigen, etwa bei der Höhe einmaliger Leistungen und bei der Höhe der
anzuerkennenden Unterkunftskosten berücksichtigt. Der Senat hat keinen Anlass, an
diesen Angaben über die Leistungen an behinderte Kinder zu zweifeln. Sie entsprechen
den Regelungen des Sozialhilferechts.
Wird mit der Hilfe zum Lebensunterhalt auch behinderungsbedingter Mehrbedarf erfasst, ist
die Gesamtleistung aufzuteilen. Ist dabei der Grundbedarf, der Rechtsprechung des BFH
folgend, mit den in § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG bestimmten Beträgen (12.000 DM für 1997,
12.360 DM in 1998, 13.020 DM in 1999, 13.500 DM in 2000 und 14.040 DM in 2001)
anzusetzen, sieht der Senat den darüber hinausgehenden, mit der Sozialhilfeleistung
abgedeckten Bedarf als behinderungsbedingt an. Ermittelt die Klägerin den Bedarf anhand
des konkreten Einzelfalles, entspricht dies, ähnlich wie bei den anhand der konkreten
Verhältnisse ermittelten Heimkosten (vgl. dazu BFH a.a.O.), einem Einzelnachweis des
Bedarfs, der an die Stelle des Behinderten-Pauschbetrags nach § 33b EStG tritt.
Dem so ermittelten Gesamtbedarf des Kindes sind die Mittel gegenüberzustellen, über die
das Kind verfügt, um seinen gesamten existentiellen Lebensbedarf zu decken.
Vorliegend bezieht das Kind -durch die Klägerin ausgezahltes- pauschaliertes Wohngeld
bzw. Mietzuschuss (§ 32 Wohngeldgesetz) sowie Sozialhilfeleistungen der Klägerin.
Dadurch wird der gesamte Unterhaltsbedarf gedeckt.
Die Leistungen sind jedoch nicht in voller Höhe als Mittel des Kindes anzusetzen. Bei der
Frage der eigenen wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Kindes ist der Zweck des
Kindergeldes zu berücksichtigen. Das Kindergeld dient seit dem 1. Januar 1996 -ebenso
wie der Kinderfreibetrag- in erster Linie der steuerlichen Freistellung des
Existenzminimums des Kindes bei den Eltern (vgl. BFH, Urteil vom 15. Oktober 1999 VI R
183/97 a.a.O.). Die dem Kind gegenüber unterhaltspflichtigen Eltern werden durch das
Kindergeld entlastet. Daraus folgt, dass Leistungen Dritter an das Kind nur dann als dessen
Mittel anzusehen sind, wenn eine Inanspruchnahme der Eltern aufgrund der Gewährung
dieser Mittel nicht in Betracht kommt. Hinsichtlich der Bewilligung von Sozialhilfeleistungen
bedeutet dies, dass der Nachrang solcher Leistungen (vgl. § 2 BSHG) zu berücksichtigen
ist. So gewähren die Familienkassen -zutreffend- Kindergeld, wenn der Träger der
Sozialhilfe aufgrund des -der Durchsetzung des Nachrangprinzips dienenden- Übergangs
von Unterhaltsansprüchen gem. § 91 BSHG die Eltern in Anspruch nimmt (vgl. dazu
Dienstanweisung zur Durchführung des Familienleistungsausgleichs nach dem X.
Abschnitt des Einkommensteuergesetzes -DA-FamEStG- BStBl I, 2000, 639, DA 63.4.2.3).
Darüber hinausgehend werden die Eltern aber auch dann tatsächlich in Anspruch
genommen, wenn der jeweilige Träger der Sozialhilfe die Auszahlung des Kindergelds
nicht an die Eltern, sondern an sich selbst erstrebt. Ein solches Begehren kann auf § 74
Abs. 1 Satz 4 -heute Satz 5- EStG gestützt werden. Dabei greift das Prinzip des Nachrangs
der Sozialhilfe nicht nur gegenüber den Eltern, sondern auch gegenüber anderen
Leistungsträgern ( § 74 Abs. 5 -heute Abs. 3- EStG, §§ 102 ff. SGB X), hier der
Familienkasse, ein. Der Sozialhilfeträger leistet in Höhe des Kindergelds nicht endgültig.
Durch eine Anrechnung der (vorschussweise) geleisteten Sozialhilfe können deshalb auch
nicht die Anspruchsvoraussetzungen für den Kindergeldanspruch verneint werden (so FG
Münster, Urteil vom 06. Mai 1998 4 K 3534/97 Kg, EFG 1998, 1209; im Ergebnis auch FG
Bremen, Urteil vom 25. März 1997 4 96 156 K 1, EFG 1997, 766, Niedersächsisches FG,
Urteil vom 15. April 1997 VI 587/96 Ki, EFG 1997,1213; a.A. FG Münster, Urteil vom 20.
April 1998 1 K 5605/97 Kg). Die Auszahlung des Kindergelds an den Sozialhilfeträger stellt
dann gegenüber den Eltern eine Erfüllung deren Anspruchs dar.
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Vorliegend hat die Klägerin die Auszahlung des Kindergelds an sich selbst bereits im
Dezember 1997 begehrt und damit zum Ausdruck gebracht, dass sie nur nachrangig leisten
will. Bei den Mitteln des Kindes bleiben deshalb Beträge in Höhe des Kindergelds außer
Ansatz. Dadurch ist das Kind außerstande, sich selbst zu unterhalten.
Wird, der Verwaltung folgend, in Anlehnung an § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG darauf abgestellt,
ob das behinderte Kind über eigene Einkünfte oder zur Bestreitung seines
Lebensunterhalts bestimmte oder geeignete Bezüge von mehr als 12.000/ 12.360/ 13.020/
13.500/ 14.040 DM verfügt (vgl. dazu BFH, Urteile vom 15. Oktober 1999 a.a.O., BMF-
Schreiben in BStBl I 1998, 347, 349 Tz. 16 ff.), ergibt sich nichts anderes, denn es sind
auch hier die behinderungsbedingten Mehraufwendungen zu berücksichtigen (vgl. BFH,
Urteile vom 15. Oktober 1999 a.a.O., Urteil vom 24. Mai 2000 VI R 23/99). Anzusetzen sind
demnach die Wohngeld- und Sozialhilfezahlungen bis in Höhe der Grenzbeträge. Die
übrigen Bezüge decken, wie oben aufgeführt, die behinderungsbedingten
Mehraufwendungen ab.
Auch die übrigen Voraussetzungen des § 32 Abs. 4 Nr. 3 EStG liegen vor. Insbesondere
war die Behinderung des Kindes bereits vor Vollendung des 27. Lebensjahres eingetreten.
Der Entscheidung des Senats steht die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs nicht
entgegen. Das Urteil des BFH vom 14. Juni 1996 III R 13/94 (BStBl II 1997, 173) ist vor der
Systemumstellung und insbesondere der Einfügung des § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG durch das
JStG 1996 ergangen, durch die sich die Rechtsfrage, ob ein behindertes Kind außerstande
ist, sich selbst zu unterhalten, nicht mehr in gleicher Weise stellt (vgl. BFH, Urteil vom 15.
Oktober 1999 VI R 40/98, BStBl II 2000, 75 ff., 78). Dies gilt auch für das Urteil vom 02.
August 1974 VI R 148/71, BStBl II 1975, 139. Bei den den Urteilen vom 15. Oktober 1999
zugrunde liegenden Sachverhalten war ein Sozialleistungsträger nicht beteiligt. Dass
dieser gegenüber den Revisionsklägern zum Ausdruck gebracht hätte, nur nachrangig zu
leisten, ist nicht festgestellt. Bei dem im Urteil vom 12. Januar 2001 VI R 181/97 (BStBl II
2001, 443) entschiedenen Fall hat der BFH die von dem Sozialleistungsträger geleistete
Hilfe zur Pflege -bis auf das Taschengeld- bereits als Ausgleich des
behinderungsbedingten Mehrbedarfs außer Ansatz gelassen. Im Verfahren VI S 3/00,
Beschluss vom 14. März 2001 (BFH/NV 2001, 1112) wegen Prozesskostenhilfe für eine
Nichtzulassungsbeschwerde waren die vorliegend streitigen Rechtsfragen von der
Beschwerdeführerin nicht als klärungsbedürftig bezeichnet worden.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 135 Abs. 1, 139 Abs. 4 FGO. Die Entscheidung über
die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 151 Abs. 3, 155 FGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711
Zivilprozessordnung.
Die Revision wird zugelassen (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO).