Urteil des FG Münster vom 09.03.2005
FG Münster: tausch, stadt, grundstück, personengesellschaft, einspruch, tennishalle, kaufpreis, unentgeltlich, eltern, eigentum
Finanzgericht Münster, 1 K 5682/02 E
Datum:
09.03.2005
Gericht:
Finanzgericht Münster
Spruchkörper:
1. Senat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
1 K 5682/02 E
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Kläger.
G r ü n d e:
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Streitig ist, ob der Kläger (Kl.) einen Gewinn nach den §§ 22 Nr. 2, 23
Einkommensteuergesetz (EStG) erzielt hat.
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Der verheiratete Kl. wird zusammen mit seiner Ehefrau zur Einkommensteuer (ESt)
veranlagt. Der haupt- und freiberuflich als Steuerberater tätige Kl. ist gleichzeitig
Kommanditist der Firma L und N GmbH & Co KG (KG). Die KG errichtete und betreibt
eine Tennisanlage.
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Die Kl. gaben ihre ESt-Erklärung für das Streitjahr 1994 am 22.12.1995 beim beklagten
Finanzamt ab. Die Veranlagung erfolgte mit ESt-Bescheid vom 14.03.1995 zunächst
antragsgemäß.
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Auf Grund einer Prüfungsanordnung vom 03.12.1999 fand um die Jahreswende 1999
/2000 eine Betriebsprüfung für das Streitjahr 19994 bei den Kl. statt.
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Der Betriebsprüfer ermittelte folgenden Sachverhalt:
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Der Kl. erwarb mit notariellem Übergabevertrag vom 22.03.1994 ( UR Nr. 249/94 des
Notars I ) das Eigentum an dem Grundstück Gemarkung S , Flur 247, Flurstück 151,
Landwirtschaftsfläche, ..., zur Größe von 3.829 qm. Die Übertragung erfolgte
unentgeltlich. Auf die bei den Akten befindliche Vertragsausfertigung wird verwiesen.
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Mit notariellem Vertrag vom gleichen Tage ( UR Nr. 250/94 des Notars I ) erwarb der Kl.
von der Stadt S durch Tausch die Grundstücke Gemarkung S , Flur 247, Flurstücke 150
und 152 in einer Gesamtgröße von 1.168 qm. Als Gegenleistung übertrag er Flächen
aus der zuvor per Übergabevertrag erworbenen Grundstücksfläche auf die Stadt. Der
Tausch erfolgte wertgleich unter Ansatz eines Kaufpreises von 20 DM/qm, wobei
hinsichtlich der ungleichen Flächengröße eine entsprechende Ausgleichszahlung zu
leisten war. Auf den Inhalt des Vertrages wird ebenfalls verwiesen.
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Mit einem weiteren notariellem Vertrag vom 07.04.1994 ( UR Nr. 278/94 des Notars
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I ) brachte der Kl. den zur Errichtung der Tennishalle und der Tennisplätze
erforderlichen Grundbesitz in die KG ein. Die KG aktivierte das Grundstück mit 250.000
DM, entsprechend einem Preis von 92,97 DM/qm. Im Gegenzug schrieb sie dem Kl. auf
seinem Kapitalkonto einen Betrag von 250.000 DM gut.
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Der Betriebsprüfer vertrat bezüglich dieses Einbringungsvorganges die Auffassung, der
Kl. habe, soweit die eingebrachte Teilfläche in einer Größe von 1.168 qm aus dem o. a.
Tauschvertrages mit der Stadt S stamme, einen Veräußerungsgewinn gem. §§ 22 Nr. 2,
23 Abs. 1 Nr. 1 EStG erzielt. Er habe diese Flächen insoweit zu einem Tausch/Kaufpreis
von 20 DM/qm erworben. Mit der Einbringung habe er die gleichen Flächen entgeltlich
zu einem Preis von 92,97 DM/qm auf die KG übertragen. Der Differenzbetrag von
85.229 DM sei als Spekulationsgewinn zu erfassen.
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Der Bekl. berichtigte den ESt-Bescheid für das Streitjahr 1994 deswegen am 24. 03.
2000 nach § 173 Abs. 1 Abgabenordnung (AO).
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Die Kl. legten gegen den Änderungsbescheid am 29.03.2000 Einspruch ein.
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Sie vertreten sinngemäß die Auffassung, die streitbefangenen Grundstücksflächen
seien bereits mit dem Übertragungsvertrag vom 22.03.1994 Betriebsvermögen bzw.
Sonderbetriebsvermögen des Kl. geworden. Da die Übertragung unentgeltlich erfolgt
und das Grundstück mehr als 5 Jahre im Eigentum des Übertragenden gewesen sei, sei
es zu diesem Zeitpunkt mit dem Wert, der dem späteren Wert der Übertragung in die KG
entspreche, in sein Betriebsvermögen eingelegt worden. Der später stattfindende
Tausch mit der Stadt S sei im betrieblichen Bereich erfolgt, wobei man von einer
Wertgleichheit ausgegangen sei. Die Einbringung in die KG danach habe zu keiner
Gewinnrealisierung geführt.
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Der Bekl. wies den Einspruch der Kl. mit Einspruchsentscheidung vom 25.09.2002
zurück.
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Mit der am 21.10.2002 erhobenen Klage verfolgen die Kl. ihr Begehren weiter.
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Der Kl. vertritt weiterhin die Auffassung, dass ihm letztlich von seinen Eltern
übertragende Grundstück sei bereits mit der unentgeltlichen Übertragung
Betriebsvermögen geworden. Er habe bereits seit Anfang des Jahres 1994 die
Errichtung der Tennishalle unter Einbeziehung dieses Grundstückes geplant. Wegen
der Begründung im Einzelnen wird auf die Klageschrift Bezug genommen.
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Der Senat hat mit Beschluss vom 03.02.2005 die KG sowie den Mitgesellschafter des
Kl. Herrn N zum Klageverfahren beigeladen.
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Die Kl. beantragen,
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den Änderungsbescheid vom 24.03.2000 und die Einspruchsent-
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scheidung vom 25.09.2002 aufzuheben.
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Der Bekl. beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Die Klage ist nicht begründet.
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Der Änderungsbescheid vom 24.03.2000 und die Einspruchsentscheidung vom
25.09.2002 sind rechtmäßig.
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Der Beklagte hat im Anschluss an die bei den Kl. durchgeführte Betriebsprüfung
rechtsfehlerfrei entschieden, dass der Kl. im Streitjahr 1994 einen sog.
"Spekulationsgewinn" nach den §§ 22 Nr. 2, 23 Abs. 1 Nr. 1 EStG i.H.v. 85.229 DM
erzielt hat und diesen Betrag als sonstige Einkünfte der Einkommensbesteuerung
unterworfen.
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Spekulationsgeschäfte i.S. dieser Vorschriften (in der im Streitjahr gültigen Fassung)
sind Veräußerungsgeschäfte, bei denen bei der Veräußerung von Grundstücken der
Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung dieses Wirtschaftsgutes nicht mehr
als zwei Jahre beträgt.
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Für die Berechnung der Spekulationsfrist ist dabei grundsätzlich das der Anschaffung
und Veräußerung zu Grunde liegende obligatorische Geschäft, d.h. der Abschluss des
notariellen Beurkundungsvertrages, maßgebend.
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Im Streitfall hat der Kl. mit notariellem Vertrag vom 22.03.1994 (Urkundsrollennummer
250/94) verschiedene Grundstücksparzellen von der Stadt S zu einem Tausch/Kaufpreis
von 20,00 DM/qm erworben.
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Er hat aus diesem Erwerbsvorgang am 07.04.1994, und damit innerhalb der
maßgeblichen Zweijahresfrist, 1168 qm in die KG gegen die Gewährung von
Gesellschaftsrechten mit einem Wert von 250.000 DM eingebracht.
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Mit diesem Einbringungsvorgang hat der Kl. ein Veräußerungsgeschäft i.S.v. § 23 EStG
verwirklicht. Nach herrschender Auffassung in der Literatur (vgl. Kirchhof/Fischer EStG
2. Aufl., § 23 Rdz. 12; Schmidt/Heinicke EStG 13. Aufl., § 23 Anm. 6 b jeweils m.w.N.) ist
die Einbringung eines Wirtschaftsgutes aus dem Privatvermögen in eine gewerblich
tätige oder gewerblich geprägte Personengesellschaft gegen Gewährung von
Gesellschaftsrechten ein tauschähnlicher Vorgang und - wie der Tausch - ein
Veräußerungsgeschäft i.S.v. § 23 Abs. 1 EStG.
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Der Bundesfinanzhof hat sich dieser Auffassung mit Urteil vom 19.10.1998 (Az.: VIII R
69/95, BStBl. II 2000, 230) angeschlossen.
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Der Kl. hat damit den der Höhe nach nicht streitigen Gewinn i.H.v. 85.229 DM erzielt.
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Der Einwand des Kl., das Grundstück sei bereits mit der Übertragung durch seine Eltern
Betriebsvermögen geworden, ist für diese Entscheidung schon deswegen nicht
erheblich, weil der Bekl. lediglich Grundstücksparzellen in die Gewinnermittlung
einbezogen hat, die der Kl. unmittelbar von der Stadt S durch Tausch/Kauf erworben
hat.
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Auch diese Parzellen sind nicht im Zeitpunkt ihres Erwerbs durch den Kl.
Betriebsvermögen geworden.
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Eine Betriebsvermögenszugehörigkeit bei der KG scheidet schon deswegen aus, weil
die Grundstücke bis zu ihrer Einbringung dem Kl. persönlich zuzurechnen waren.
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Die Grundstücke könnten daher im Zeitpunkt ihres Erwerbs durch den Kl. allenfalls
dessen Sonderbetriebsvermögen geworden sein. Sonderbetriebsvermögen liegt vor,
wenn ein Mitunternehmer ihm gehörende Wirtschaftsgüter seiner Personengesellschaft
zur Nutzung überlässt (Sonderbetriebsvermögen I) oder wenn Wirtschaftsgüter, die
einem Mitunternehmer gehören, zur Begründung oder Stärkung seiner Beteiligung an
der Personengesellschaft dienen (Sonderbetriebsvermögen II - ständige
Rechtsprechung vgl. zuletzt Urteil des BFH vom 23.05.1991, Az.: IV R 94/90, BStBl. II
1991, 800). Das Sonderbetriebsvermögen I umfasst dabei nicht nur die der
Personengesellschaft bereits tatsächlich zur Nutzung überlassenen, sondern auch die
bereits zuvor angeschafften, aber für eine spätere Nutzungsüberlassung endgültig
bestimmten Wirtschaftsgüter (vgl. BFH, Urteil vom 07.12.2000, Az.: III R 35/98, BStBl. II
2001, 316).
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Auch unter Berücksichtigung dieser Grundsätze waren die streitbefangenen
Grundstücke zu keinem Zeitpunkt Sonderbetriebsvermögen des Kl. Er hat nämlich die
streitbefangenen Grundstücke der KG nicht zur Nutzung überlassen bzw. diese zur
Nutzungsüberlassung angeschafft. Er wollte vielmehr mit der Anschaffung dieser
Grundstücke seine gesellschaftsvertraglichen Verpflichtungen im Übrigen dadurch
erfüllen, dass er die Grundstücke unmittelbar in die KG einbringt. Allein diese Absicht ist
nicht geeignet, eine Zugehörigkeit zu einem Betriebsvermögen zu begründen.
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Der Kl. übersieht bei seiner Argumentation überdies, dass bei der Annahme von
Sonderbetriebsvermögen ein Wechsel des Grundstücks von Sonderbetriebsvermögen
in das Gesamthandsvermögen der KG stattgefunden hätte, der nach der im Streitjahr
geltenden Fassung der §§ 4, 6 EStG zu einer entsprechenden Gewinnrealisierung
geführt hätte.
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Nach alledem war die Klage abzuweisen.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung (FGO).
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