Urteil des FG Münster vom 15.12.2010

FG Münster (bundesrepublik deutschland, vertrag, zeitlich befristet, patent, lizenz, vertrag eigener art, abschluss des vertrages, kaufvertrag, lizenzvertrag, höhe)

Finanzgericht Münster, 8 K 1543/07 E
Datum:
15.12.2010
Gericht:
Finanzgericht Münster
Spruchkörper:
8. Senat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
8 K 1543/07 E
Sachgebiet:
Finanz- und Abgabenrecht
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens werden den Klägern auferlegt.
Die Revision wird nicht zugelassen.
T a t b e s t an d:
1
Streitig ist die ertragsteuerliche Beurteilung des am 02.11.2000 zwischen der Klin. und
der T AG (nachfolgend: AG) abgeschlossenen Vertrages.
2
Die Kläger (Kl.) sind Eheleute und werden im Streitjahr zusammen zur
Einkommensteuer (ESt) veranlagt.
3
Die Klin. ist Erfinderin medizinischer Produkte. Sie erfand als erstes Produkt die Einlage
für einen U-beutel, durch den die einlaufende Flüssigkeit absorbiert wird. Sie ließ sich
diese Erfindung beim Deutschen Patent- und Markenamt in N unter der Nr.: ... (...)
patentieren. Dieses Patent wurde am 27.11.1997 angemeldet und am 26.08.1999
erstveröffentlicht.
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Mit Vertrag vom 02.11.2000 schloss die Klin. mit der AG einen Patentlizenzvertrag über
das vorgenannte Patent ab. Er endet mit Ablauf des Vertragsschutzrechts am
27.11.2017. Die Lizenz gilt für die Bundesrepublik Deutschland und umfasst das
gesamte Anwendungsgebiet der Erfindung sowie die Herstellung, den Gebrauch und
den Vertrieb. Nach den Vertragsbedingungen ist die Klin. nicht berechtigt, die unter die
Lizenz fallenden Gegenstände selbst in der Bundesrepublik Deutschland herzustellen.
Im Falle der Erweiterung des Patentes auf andere Länder gehen die erworbenen
Nutzungs- und Vertriebsrechte auf die AG über; für die Übertragung dieser Rechte
schuldet die AG keine zusätzliche Vergütung. Die AG ist jederzeit berechtigt, ohne
Rücksprache mit der Klin. Lizenzrechte an andere zu vergeben. Im Falle der Auflösung
der AG ist die AG berechtigt, das Patent an Dritte zu veräußern. Für die Laufzeit des
Vertrages hat die AG eine Lizenzgebühr in Höhe von 400.000 DM zuzüglich
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Umsatzsteuer (USt) zu zahlen. Ein Teilbetrag in Höhe von 200.000 DM und die gesamte
USt auf 400.000 DM war mit Abschluss des Vertrages fällig. Der Restbetrag in Höhe von
200.000 DM ist nach den vertraglichen Bestimmungen in monatlichen Teilbeträgen in
Höhe von 5 % des Umsatzes der Lizenznehmerin des jeweiligen vorherigen Monats zur
Zahlung fällig. Für den Fall, dass in der Laufzeit des Vertrages ein Umsatz der
Lizenznehmerin in Höhe von 4 Mio. DM nicht erreicht werden sollte, ist die
Lizenzgebühr von 400.000 DM um 5 % des 4 Mio. DM unterschrittenen Umsatzes, max.
um 200.000 DM, zu kürzen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Vertrag vom
02.11.2000 Bezug genommen und verwiesen.
Die Klin. ermittelt ihren Gewinn aus der Erfindertätigkeit durch Betriebsvermögens(BV)-
Vergleich. Die bei der Veranlagung vorgelegte Bilanz weist im Zusammenhang mit dem
streitgegenständlichen Lizenzvertrag einen passiven Rechnungsabgrenzungsposten
(pRAP) von 396.079,00 DM sowie Erträge aus Patentgebühren in Höhe von 3.921,00
DM (= 400.000,00 DM x 2 Monate/204 Monate - 12 Monate x 17 Jahre -) auf.
6
Der Bekl. setzte mit Bescheid vom 21.10.2002 die ESt unter Berücksichtigung der von
der Klin. vorgelegten Bilanz unter Vorbehalt der Nachprüfung fest.
7
Im Rahmen einer bei der Klin. durchgeführten Außenprüfung gelangte der Beklagte
(Bekl.) zur Auffassung, dass die Lizenzierung des Patentes eine dauerhafte, der
Veräußerung nahekommende Nutzungsüberlassung darstelle. Mit Änderungsbescheid
vom 27.12.2004 berücksichtigte der Beklagte die aus dem Lizenzvertrag bereits
realisierte Forderung in Höhe von 200.000 DM im Streitjahr als Ertrag bei den
Einkünften aus Gewerbebetrieb nach § 15 Einkommensteuergesetz (EStG) und
bewertete den ausstehenden Restbetrag mit 0 DM. Zugleich hob der Bekl. den
Vorbehalt der Nachprüfung auf.
8
Hiergegen legten die Kl. am 27.01.2005 Einspruch ein. Die Klin. begehrte die
Qualifikation der Einkünfte als solche aus selbständiger Arbeit nach § 18 EStG sowie
die Erhöhung des Gewinns im Zusammenhang mit dem Lizenzvertrag rückgängig zu
machen.
9
Nach ihrer Überzeugung stelle der streitgegenständliche Vertrag ein
Dauerschuldverhältnis und keinen Kaufvertrag über das Patentrecht dar. Sie habe das
Schutz- bzw. Verwertungsrecht nicht vollständig und dauerhaft übertragen wollen.
10
Das Vorliegen eines Lizenzvertrages ergebe sich aus Art. 8 des Patentlizenzvertrages,
wonach jede Partei berechtigt ist, auf ihre Kosten die ausschließliche Lizenz in die
Patentrolle eintragen zu lassen.
11
Das zu lizenzierende Recht sei nicht dauerhaft der AG gewährt worden, sondern es sei
ihr lediglich die Verwertung in festgesetzten Grenzen erlaubt. Unbeachtlich sei, dass
sich die Vertragslaufzeit mit der Laufzeit des Patentes decke. Sie verwies auf die
Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) im Urteil vom 15.06.1983 I R 113/79,
wonach auch solche Nutzungsüberlassungen, die bis zum Ablaufen der Patente erfolgt
sind, keine Kaufverträge darstellen. Es sei ständige Vertragspraxis, dass bei
Lizenzverträgen die Lizenz für die Dauer der maximalen Patentlaufzeit eingeräumt
werde. Die Laufzeit sei zudem darin begründet, dass die an das Patentamt zu
zahlenden Gebühren immer nur für einen bestimmten Zeitraum gelten. Zur
Aufrechterhaltung des Patentes müssten nach dem Ablauf dieses Zeitraumes erneut
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Gebühren gezahlt werden.
Entscheidend gegen eine Patentveräußerung spreche, dass die Lizenznehmerin
verpflichtet ist, das Patent bis zum Ende der Laufzeit aufrecht zu erhalten; läge eine
Patentveräußerung vor, könnte die Lizenznehmerin frei über die Ausnutzung der
Laufzeit des Patents entscheiden. Die lange Laufzeit deute darauf hin, dass kein
Rechtskauf, sondern ein Dauerschuldverhältnis von den Vertragsparteien gewollt war.
Anderenfalls wäre mit der Ummeldung beim Patent- und Markenamt ein entsprechender
Kaufvertrag abschlossen worden.
13
Zudem sei in Art. 12 vertraglich festgelegt, dass die AG verpflichtet ist, dass Lizenzrecht
zu nutzen. Dies sei ein vertraglich vereinbarter Erfolg, der über den Inhalt eines
Kaufvertrages hinausgehe.
14
Ferner habe die Klin. ihr Marketingwissen und ihr know-how zur Verfügung gestellt.
Auch eine solche Verpflichtung sei dem Kaufvertrag fremd.
15
Die Klin. verwies auf Art. 14 des Lizenzvertrages, wonach ein Kündigungsrecht
eingeräumt worden ist, wenn die Nichtigkeit des Patents festgestellt wird. Daher ist aus
ihrer Sicht ungewiss, ob das Recht endgültig beim Lizenznehmer verbleibt. Der
Kaufvertrag als solcher kenne kein Kündigungsrecht.
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Ferner verwies die Klin. auf die Modalitäten der Vergütung, wonach es gegen den
Charakter des Kaufvertrages spreche, dass es bei der vereinbarten Lizenzgebühr von
400.000 DM zu einer Kürzung von bis zu 200.000 DM - abhängig vom Umsatz -
kommen könne. Die Entgeltregelung sei ein deutliches Indiz dafür, dass es sich um eine
Lizenzgebühr handelte. Ein umsatzabhängiger Kaufpreis sei völlig lebensfremd.
17
Mit Einspruchsentscheidung (EE) vom 09.03.2007 schloss sich der Bekl. der Auffassung
der Klin. hinsichtlich der Qualifizierung der Einkünfte als solche nach § 18 EStG an. Im
Übrigen wies der Bekl. den Einspruch als unbegründet zurück.
18
Zur Begründung trug der Bekl. vor, dass aus wirtschaftlicher Sicht eine Veräußerung
des Patentes vorläge. Hierbei stellte der Bekl. auf den Zweckübertragungsgrundsatz ab.
Zwar hätten die Vertragsparteien einen Vertragszweck nicht festgelegt. Allerdings sei
aus den Regelungen des Lizenzvertrags abzuleiten, dass das gesamte
Anwendungsgebiet der Erfindungen, nämlich die Herstellung, der Gebrauch und der
Vertrieb der AG allein zustünde.
19
Die Klin. habe das Nutzungs- und Verwertungsrecht an dem Patent vollständig auf die
AG übertragen, da sie nicht berechtigt ist, die unter die Lizenz fallenden Gegenstände in
der Bundesrepublik Deutschland herzustellen. Das Verfügungsrecht der AG über die
Erfindung der Klin. sei umfassend.
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Zudem sei das Lizenzrecht für die gesamte Dauer des Patents übertragen. Da das
Patentrecht nicht verlängerbar sei, verbliebe nach Ende der Vertragszeit nichts beim
Erwerber, da das Wirtschaftsgut nach Ablauf der vertraglichen Laufzeit aufgebraucht ist;
es könne umgekehrt aber auch nichts an die Klin. zurückfallen, da das Patent mit Ende
der Vertragszeit wirtschaftlich verbraucht sei.
21
Ferner wies der Bekl. zur Begründung seiner Ansicht auf die fehlende Rückfallklausel
22
hin. Der Bekl. hob hervor, dass für den Fall, dass das Patentrecht auf Betreiben Dritter
für nichtig erklärt werden sollte, der Lizenznehmerin lediglich ein außerordentliches
Kündigungsrecht gewährt wird. Da kein Kündigungsrecht vereinbart wurde, könne die
Klin. das Patentrecht nicht zurückerlangen.
Auch die Entgeltregelung spreche für die Annahme einer Rechtsveräußerung, da zu
Vertragsbeginn die gesamte USt fällig werde, obwohl nur ein Teilbetrag in Höhe von
200.000 DM fällig ist. Soweit für den umsatzabhängigen Restbetrag ein Kürzungsmodus
vereinbart sei, stelle dieser lediglich eine Stundung einer voraussichtlich festen
Lizenzgebühr dar. Nach Auffassung des Bekl. wäre bei einer reinen Überlassung davon
auszugehen, dass die Parteien auf die Festsetzung eines Höchstbetrages verzichtet
hätten und nur einen Grundbetrag zur Abdeckung der Entwicklungskosten sowie eine
Umsatzbeteiligung vereinbart hätten.
23
Nach der durchgeführten Gesamtbetrachtung sei davon auszugehen, dass,
wirtschaftlich betrachtet, mehr für die Annahme einer der Veräußerung
gleichkommenden Nutzungsüberlassung spreche; die im Vertrag enthaltenen Elemente
mit Dauerschuldcharakter treten in den Hintergrund.
24
Der Verpflichtung der Klin., ihr know-how und Marketingwissen einzubringen, komme
entscheidendes Gewicht nicht zu.
25
Auch das der Klin. in Art. 14 des Vertrages eingeräumte Kündigungsrecht führe zu
keiner anderen Auffassung, da dieses lediglich für den Fall einer Nichtigkeitserklärung
des Vertragsschutzrechtes greife. Das Recht zur außerordentlichen Kündigung bei
Vorliegen eines gewichtigen Grundes könne nicht dazu führen, den abgeschlossenen
Vertrag in seinem Gesamtgehalt als Dauerschuldverhältnis zu qualifizieren.
26
Das von den Klägern genannte Urteil des BFH vom 15.06.1983 sei im vorliegenden Fall
nicht anzuwenden, da im Urteilsfall neben der Überlassung der Lizenz auch die
Vermietung von Spezialmaschinen vereinbart worden war. Eine rechtliche Einordnung
der Lizenzüberlassung als Dauerschuldverhältnis sei dem Urteil nicht zu entnehmen.
27
Auch das gesetzliche Rücktrittsrecht nach §§ 326, 346 ff. Bürgerliches Gesetzbuch
(BGB) spreche nicht gegen die Annahme eines Rechtsverkaufes. Zwar habe sich die
Lizenznehmerin gem. Art. 12 zur Nutzung des Rechts verpflichtet; dies führe jedoch
nicht dazu, dass es sich um eine Hauptleistungspflicht des Vertrages handelt. Die
Verpflichtung diene lediglich dazu, den umsatzabhängigen Teil des Kaufpreises zu
sichern. Auf den Willen der Klin., keinen Kaufvertrag abzuschließen, komme es nicht an.
Es sei allein auf den wirtschaftliche Gehalt der Vereinbarung abzustellen.
28
Die Kl. haben am 11.04.2007 Klage erhoben.
29
Die Klin. nahm zur Begründung ihrer Klage auf die im Rechtsbehelfsverfahren
vorgetragene Argumentation Bezug.
30
Die Klin. beantragt,
31
den Bescheid über ESt, Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer vom 27.12.2004 in
Gestalt der EE vom 09.03.2007 dergestalt aufzuheben, dass der Ertrag um
196.079,00 DM bei den Einkünften aus selbständiger Tätigkeit der Klägerin
32
reduziert wird,
33
hilfsweise für den Fall des ganzen oder teilweisen Unterliegens,
34
die Revision zuzulassen.
35
Der Bekl. beantragt,
36
die Klage abzuweisen,
37
hilfsweise für den Fall des ganzen oder teilweisen Unterliegens,
38
die Revision zuzulassen.
39
Die Bekl. nimmt für die Begründung des Klageabweisungsantrages Bezug auf die EE.
40
Der Senat hat am 15.12.2010 mündlich verhandelt. Auf das Protokoll der mündlichen
Verhandlung wird verwiesen und Bezug genommen.
41
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
42
Die Klage ist zulässig, jedoch unbegründet.
43
Der angefochtene ESt-Änderungsbescheid ist rechtmäßig und verletzt die Kl. nicht in
ihren Rechten.
44
Der Bekl. hat zutreffend die im Streitjahr vereinnahmten 200.000,00 DM bei der
Ermittlung des Gewinnes aus der selbständigen Tätigkeit der Klin. in voller Höhe
erfasst.
45
Nach § 5 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG, der mit § 250 Abs. 2 HGB übereinstimmt, sind
Einnahmen vor dem Abschlussstichtag als Rechnungsabgrenzungsposten auf der
Passivseite auszuweisen, soweit sie Ertrag für eine bestimmte Zeit nach diesem
Zeitpunkt darstellen. Diese Vorschriften sollen gewährleisten, dass ein vom
Steuerpflichtigen vorab vereinnahmtes Entgelt entsprechend dem Realisationsprinzip (§
252 Abs. 1 Nr. 4 2. HS, Nr. 5 Handelsgesetzbuch (HGB)) erst dann - durch Auflösung
des Rechnungsabgrenzungspostens - erfolgswirksam wird, wenn er seine noch
ausstehende Gegenleistung erbracht hat (vgl. BFH, Urteile vom 09.12.1993 IV R 130/91,
BStBl II 1995, 202 und vom 23.02.2005 I R 9/04, BStBl II 2005, 481; BFH, Beschluss
vom 17.04.2007 IV B 91/06, BFH/NV 2007, 1853). Gewinne dürfen erst berücksichtigt
werden, wenn sie am Abschlussstichtag durch Umsatzakte realisiert sind (vgl. BFH,
Urteil vom 24.07.1996 I R 94/95, BStBl II 1997, 122 und vom 23.02.2005 I R 9/04, BFHE
209, 248, BStBl II 2005, 481). Mit der bezeichneten Zielrichtung betreffen
Rechnungsabgrenzungen typischerweise Vorleistungen eines Vertragspartners im
Rahmen eines gegenseitigen Vertrages im Sinne der §§ 320 ff. Bürgerliches
Gesetzbuch (BGB), wenn sie auch nicht auf synallagmatisch schuldrechtliche
Leistungen beschränkt sind (vgl. BFH, Urteile in BStBl II 1997, 122 und in BStBl II 2005,
481; Weber-Grellet, in: Schmidt, Einkommensteuergesetz, 29. Aufl., § 5 EStG, Rn. 241
ff.; Herrmann/Heuer/Raupach, Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz,
46
Kommentar, 2004, § 5 EStG, Rn. 1937). Dabei kann die zu berücksichtigende
Gegenleistung auch in einem Dulden oder Unterlassen bestehen (vgl. FG Köln, Urteil
vom 20.05.2009 5 K 2907/07, EFG 2009, 1369).
In Hinblick auf die für eine Rechnungsabgrenzung erforderliche zeitliche Zuordnung des
Entgelts ("bestimmte Zeit") muss die noch ausstehende Gegenleistung des
Steuerpflichtigen aber zeitbezogen oder periodisch aufteilbar sein (vgl. Bauer, in:
Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, Einkommensteuergesetz, 2004, § 5 EStG, Rn. F 97). Dies
setzt eine zumindest qualitativ gleich bleibende Dauerverpflichtung voraus (vgl. BFH-
Urteile vom 20.05.1992 X R 49/89, BStBl II 1992, 904; vom 10.09.1998 IV R 80/96,
BStBl II 1999, 21 und in BStBl II 2005, 481), die einem "Wertverzehr" unterliegt (vgl.
BFH, Urteil vom 18.12.2002 I R 17/02, BStBl II 2004, 126, m.w.N.).
47
Da das bezogene Entgelt am jeweiligen Bilanzstichtag nur insoweit abzugrenzen ist, als
es Ertrag für eine bestimmte Zeit "nach diesem Zeitpunkt" darstellt, muss darüber hinaus
seitens des Steuerpflichtigen eine Verpflichtung zu einer nach diesem Bilanzstichtag
(zumindest zeitanteilig) noch zu erbringenden Gegenleistung bestehen. Im Hinblick auf
eine bereits vollzogene Leistung kann eine Rechnungsabgrenzung nicht erfolgen (BFH-
Urteile in BStBl II 1995, 202 und in BStBl II 2005, 481).
48
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze kann für die streitigen Zahlungen kein
passiver Rechnungsabgrenzungsposten gebildet werden. Der streitgegenständliche
Vertrag ist nicht als Lizenzvertrag sondern als Rechtskaufvertrag zu werten mit der
Folge, dass die zu erbringende Hauptleistung - Einräumung des Patenrechts - im
Veranlagungszeitraum 2000 erfolgte. Für die Bildung eines passiven
Rechnungsabgrenzungspostens ist kein Raum, da die Kl. im Jahr 2000 den sich aus der
Veräußerung ergebenden Gewinn realisiert hat.
49
Ob ein Kaufvertrag oder ein Lizenzvertrag vorliegt, richtet sich nicht nach den von den
Vertragspartnern verwendeten Ausdrücken, sondern nach dem Gesamtinhalt der
Vereinbarung. Wenn dem Erwerber nicht das unbeschränkte Verfügungsrecht über das
lizenzierte Recht eingeräumt worden ist, liegt kein Kaufvertrag vor. Für die Auslegung
des Vertrages als Patentkauf oder als Lizenzgewährung ist eine wirtschaftliche
Betrachtungsweise maßgebend.
50
Unter einem Lizenzvertrag im engeren Rinne versteht man einen Vertrag, in dem der
Inhaber eines gewerblichen Schutzrechtes als Lizenzgeber gegenüber einem Dritten
(Lizenznehmer) die Benutzung eines geschützten Rechts (z. B. Patent, Warenzeichen
etc.) auf Zeit gegen Entgelt gewährt. Der Vertrag enthält in der Regel Nebenabreden.
Bürgerlich-rechtlich ist der Lizenzvertrag nicht geregelt, sondern bildet einen Vertrag
eigener Art (vgl. Weidenkaff in Palandt, 68. Aufl. 2009, Einführung vor § 581 BGB, RdNr.
7). Je nach Ausgestaltung des Lizenzvertrages enthält dieser Elemente des Kauf-, Miet-
und/oder Gesellschaftsvertrages oder aber des Pachtvertrages (Bundesgerichtshof -
BGH -, Urteil vom 11.06.1970, DB 1970, 1435). Bei der Vergabe einer ausschließlichen
Lizenz kommt nach herkömmlicher Ansicht ein pachtähnlicher Vertrag mit starkem
kaufrechtlichen Einschlag zustande (vgl. Harke, in: Münchener Kommentar zum BGB, §
581 BGB, Rn. 18). Maßgebliche Unterscheidung ist, ob die Überlassung des Rechts für
immer oder auf Zeit erfolgt und ob die Parteien in diesem zweiten Teil damit rechnen,
dass das Recht nach Ablauf der Vertragszeit oder nach dem ersten ordentlichen
Kündigungstermin noch werthaltig ist. Gilt es den Parteien danach als wertlos oder ist es
von vornherein für immer überlassen, liegt ein Rechtskauf vor.
51
Die Lizenz kann einfach oder ausschließlich sein. Bei der einfachen Lizenz behält der
Lizenzgeber das Recht, das Schutzrecht auch anderen Personen zur Nutzung zu
überlassen; bei der ausschließlichen Lizenz ist nur der Lizenznehmer zur Nutzung und
zur Geltendmachung des Schutzrechtes gegen Dritte berechtigt. Von Bedeutung für die
bilanzielle Behandlung ist, ob die Einräumung des Nutzungsrechts zeitlich befristet oder
auf Dauer erfolgt bzw. ob nach Ablauf des Lizenzvertrages noch
Verwertungsmöglichkeiten von wirtschaftlicher Relevanz verbleiben (vgl. Wallis, in:
Hermann/Heuer/Raupach, § 5 EStG, RdNr. 1201). Während beim Lizenzvertrag nur die
Verwertung oder Nutzung gestattet ist, nicht jedoch das Recht selbst übertragen wird,
erfordert die Annahme eines Rechtskaufs, dass das Recht voll oder wenigstens im
wesentlichen Umfang und endgültig übergehen soll (vgl. Weidenkaff, in: Palandt, 68.
Aufl., 2009, Einf. vor § 433 BGB, Rn. 22). Ein Veräußerungsgeschäft im Sinne eines
Rechtskaufs liegt dann vor, wenn die rechtsförmliche Nutzungsüberlassung
wirtschaftlich eine Veräußerung des Schutzrechtes bildet. Das kann der Fall sein, wenn
das Schutzrecht für die gesamte Schutzdauer exklusiv überlassen ist, so dass bei
Vertragsablauf nichts mehr zurückzugeben ist (vgl. BFH-Urteil vom 25.10.1963 IV
429/62, BStBl. III 1964, 44, BFHE 78, 107).
52
Eine zeitliche Überlassung ist nicht gegeben, wenn das Nutzungsrecht dem
Berechtigten mit Gewissheit endgültig verbleibt oder ein Rückfall des Rechtskraft
Gesetzes oder kraft Vertrages nicht in Betracht kommt. Eine zeitlich begrenzte
Überlassung von Rechten ist jedoch zu bejahen, wenn bei Abschluss des Vertrags
ungewiss ist, ob und wann die Rechtsüberlassung endet (vgl. BFH-Beschluss vom
22.01.1988, 111 B 9/87, BStBl. II 1988, 537 m. w. N.). Die Frage, ob es sich um eine
zeitlich begrenzte oder um eine endgültige Überlassung an Rechten handelt, ist nach
dem Vertrag zu beurteilen. Denn dieser Vertrag ist die Rechtsgrundlage für die
Überlassung der Rechte und damit auch maßgeblich für die Rechtsnatur der
Überlassung (vgl. BFH-Urteil vom 07.12.1977 I R 54/74, BStBl. II 1978, 355). Die
Überlassung eines Rechtes ist nicht zeitlich begrenzt, wenn es dem Berechtigten
endgültig verbleibt; soweit und solange sein Verbleib beim Berechtigten hingegen
ungewiss ist, etwa weil das Recht an den Übertragenen zurückfallen kann, liegt eine
zeitlich begrenzte Überlassung vor (vgl. Urteil des BFH vom 23.05.1979 I R 163/77,
BFHE 128, 213, BStBl. II 1979, 757 m. w. N.). Auch wenn nur der Nutzungsberechtigte
die Voraussetzung für den Rückfall herbeiführen kann, führt die Möglichkeit des
Rückfalls zur Annahme einer zeitlich begrenzten Überlassung (vgl. BFH-Urteil vom
07.12.1977 I R 54/75, BFHE 124, 175, BStBl. II 1978, 355). Dies gilt auch, wenn der
mögliche ersatzlose Rückfall Sanktion für die Nichterfüllung einer Vertragspflicht ist
(BFH-Beschluss vom 22.01.1988 III B 9/87, BFHE 152, 539, BStBl. II 1988, 537).
53
Unter Beachtung der vorgenannten Rechtsgrundsätze steht nach Auffassung des
erkennenden Senats die Lizenzvereinbarung vom 02.11.2000 wirtschaftlich der
Veräußerung des Rechts gleich. Die AG erhält durch den Vertrag die Möglichkeit, das
Patent wirtschaftlich in Gänze für ihre Zwecke zu verwenden. Ihr wurde von der Klin. das
Schutzrecht für die gesamte Schutzdauer exklusiv überlassen. Zwar ist die Lizenz
zeitlich befristet. Das Lizenzrecht ist für die gesamte Dauer des Patents eingeräumt und
endet - genauso wie der nicht verlängerbare Patentschutz - am 27.11.2017. Nach dem
Ende der Vertragszeit verbleibt nichts bei der AG, da das Patent nach Ablauf der
vertraglichen Laufzeit wirtschaftlich aufgebraucht ist. Aus diesem Grunde kann an die
Klin. am Ende der Vertragslaufzeit wirtschaftlich auch kein Recht zurückfallen.
54
Der abgeschlossene Vertrag enthält auch keine Rückfallklausel zugunsten der Klin. Es
ist lediglich die Vereinbarung eines außerordentlichen Kündigungsrechts für den Fall
der Nichtigkeitserklärung des Patentes vereinbart worden. Zu beachten ist jedoch, dass
selbst für den Fall, dass das Patentrecht nichtig ist, die bereits gezahlten Beträge von
der Klin. nicht zurückzuzahlen sind. Aus wirtschaftlicher Sicht trägt die AG das Risiko
der Wirksamkeit des Patentrechts und schuldet die Zahlung von 200.000,00 DM auch
dann, wenn ihr kein Schutzrecht zusteht.
55
Die von den Kl. geäußerte Auffassung, es läge ein Dauerschuldverhältnis vor, weil im
Falle einer Pflichtverletzung das Vertragsverhältnis nach §§ 314, 326 BGB gekündigt
werden kann - und somit ungewiss ist, ob das Recht bei der AG verbleibt - beruht auf
einem Zirkelschluss. Denn die Anwendung der vorgenannten gesetzlichen Regelungen
setzt gerade voraus, dass ein Dauerschuldverhältnis vorliegt. Ob ein
Dauerschuldverhältnis vorliegt oder nicht, ist gerade die zu entscheidende Frage. Diese
Frage kann nicht dadurch beantwortet werden, dass ein Dauerschuldverhältnis
unterstellt wird, um in den Anwendungsbereich der §§ 314, 326 BGB zu gelangen und
die sich aus der Anwendung der Normen ergebenden Folgen - Ungewissheit über den
endgültigen Verbleib des Schutzrechtes - als Indiz für das Vorliegen eines
Dauerschuldverhältnisses anzusehen.
56
Entgegen der Ansicht der Kl. spricht die Vergütungsklausel nicht gegen das Vorliegen
einer Veräußerung eines Rechts. Ein Kauf liegt auch dann vor, wenn ein Teil des
Kaufpreises als fester Betrag und der andere Teil als jährliche Mindestlizenz zu zahlen
ist (vgl. Ullmann, in: Beck´scher Kurzkommentar zum Patentgesetz und
Gebrauchsmustergesetz, 9. Aufl., § 15 PatG, Rn. 13 m.w.N.; RG, Bl. 11, 250).
57
Der Einordnung des streitgegenständlichen Vertrages als Kaufvertrag steht die
Regelung des Art. 8 des Vertrages nicht entgegen. Die Berechtigung zur Eintragung der
Lizenz lässt weder auf das Vorliegen eines Dauerschuldverhältnisses schließen noch
bewirkt es, dass aus wirtschaftlicher Sicht die AG das Patent ausschließlich - unter
Ausschluss der Klin. - für sich verwenden darf.
58
Entgegen der Ansicht des Bekl. ist der Wille der Klin., bei Vertragsschluss einen
Lizenzvertrag und keinen Kaufvertrag zu schließen, nicht unbeachtlich. Will ein
Vertragspartner einen Kaufvertrag, der andere Vertragspartner aber einen Lizenzvertrag
abschließen, so liegt ein (versteckter) Dissens vor. Mangels übereinstimmenden
Rechtsbindungswillens kommt in einem solchen Fall der Vertrag zivilrechtlich nicht
zustande. Im vorliegenden Fall kann die Frage nach der Einigung unbeantwortet
bleiben, da nach § 39 AO für steuerliche Zwecke allein die wirtschaftliche Betrachtung
maßgeblich ist. Aus wirtschaftlicher Sicht ist der AG das Patenrecht übertragen worden.
Die AG ist in der Lage über Herstellung, Gebrauch und Vertrieb der Erfindung der Klin.
zu bestimmen. Zudem darf die Lizenznehmerin weitere Lizenzrechte an andere
vergeben, ohne Rücksprache mit der Lizenzgeberin halten zu müssen. Selbst für den
Fall, dass das Patent auf andere Gebiete als die Bundesrepublik Deutschland erweitert
wird, gehen nach Art. 6 des Vertrages die erworbenen Nutzungs- und Vertriebsrechte
auf die AG über. Weiterhin spricht die Exklusivität der Lizenz für die wirtschaftliche
Übertragung des Patents.
59
Für die Auslegung des streitgegenständlichen Vertrages als Kaufvertrag spricht zudem
die im Vertrag von den Parteien gewählte Wortwahl. Entscheidend für das Vorliegen
eines Kaufvertrages ist nach Ansicht des Senates die gewählte Formulierung in Art. 9
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des Patentlizenzvertrages. Hiernach ist die Lizenznehmerin im Falle der Auflösung
berechtigt, das Patent an Dritte zu veräußern. Eine solche Verkaufsberechtigung würde
nicht bestehen und die Vertragsbeteiligten hätten dies auch nicht vereinbart, wenn nicht
zumindest die wirtschaftliche Übertragung des Patentrechts - und nicht nur Einräumung
einer Lizenz - beabsichtigt worden wäre. Auch im Art. 6 des Lizenzvertrages wird von
der Übertragung der Rechte gesprochen.
Zwar ist im Zweifel nur die Bestellung eines Benutzungsrechts und nicht die volle
Übertragung als gewollt anzusehen, da der Erfinder oder Patentinhaber im Falle der
Einräumung eines Rechts in der Regel von seinem Recht so wenig wie möglich
aufgeben will (BGH 1 AZR 171/63, Urteil vom 01.10.1963). Nach den vorgenannten
Ausführungen verbleiben beim erkennenden Senat keine Zweifel, dass die
Vertragsparteien die Übertragung gewollt haben.
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Eine andere Beurteilung des Rechtsstreits ergibt sich auch nicht daraus, dass die AG
sich verpflichtete, das Patentrecht zu nutzen. Diese vertragliche Vereinbarung hat nach
Auffassung des erkennenden Senats den Zweck, die getroffene umsatzabhängige
Vergütung für die Kl. sicherzustellen. Es lag im wirtschaftlichen Interesse der Kl., dass
die AG das (erworbene) Patentrecht nutzt. Eine für die Bildung eines passiven
Rechnungsabgrenzungspostens notwendige noch ausstehende Gegenleistung durch
die Kl. wird durch die Nutzungsverpflichtung der AG nicht generiert.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 FGO.
63
Die Revision war nicht zuzulassen, da Revisionsgründe nicht vorliegen.
64