Urteil des FG Münster vom 15.09.2010
FG Münster (zeuge, grund, prüfer, ergebnis, höhe, berichtigung, versehen, form, inhalt, unrichtigkeit)
Finanzgericht Münster, 10 K 4377/06 F
Datum:
15.09.2010
Gericht:
Finanzgericht Münster
Spruchkörper:
10. Senat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
10 K 4377/06 F
Sachgebiet:
Finanz- und Abgabenrecht
Tenor:
Es wird festgestellt, dass bei Erlass des Bescheides über die gesonderte
und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen 2001 der
X................... GmbH & Co. KG vom 08.08.2005 in Form der
Einspruchsentscheidung vom 15.09.2006 die Voraussetzungen zur
Berichtigung des Bescheides über die gesonderte und einheitliche
Feststellung von Besteuerungsgrundlagen 2001 der X................... GmbH
& Co. KG vom 24.02.2005 nach § 129 Abgabenordnung gegeben
waren.
Die Kostenentscheidung bleibt dem Endurteil vorbehalten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
G r ü n d e:
1
I.
2
In dem vorliegenden Zwischenurteil ist zu entscheiden, ob ein Feststellungsbescheid
nach § 129 Abgabenordnung (AO) berichtigt werden durfte.
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Die Klägerin betreibt ihr Unternehmen in der Rechtsform der GmbH & Co. KG.
Persönlich haftende Gesellschafterin der Klägerin war die A.......-Werke
Geschäftsführungs GmbH. Als Kommanditisten waren im Streitzeitraum Herr B... C...
(Beigeladener zu 2.), Herr Werner Gehring (Beigeladener zu 3.), Herr Dr. D... E...
(Beigeladener zu 4.) sowie die F...-Beteiligungsgesellschaft mbH (Beigeladene zu 5.) an
der Klägerin beteiligt.
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Die Klägerin war ihrerseits alleinige Kommanditistin der im Jahre 1999 gegründeten
X................... GmbH & Co. KG. Sie war zugleich alleinige Gesellschafterin der
X................... Beteiligungsgesellschaft mbH, der Komplementärin der X................... GmbH
& Co. KG.
5
Sowohl die Klägerin als auch die X................... GmbH & Co. KG hatten im Streitzeitraum
vom Kalenderjahr abweichende Wirtschaftsjahre. Diese liefen jeweils vom 01.10. bis
zum 30.09. des Folgejahres.
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Mit Vertrag vom 23.12.1999 brachte die Klägerin ihren Produktionsbereich der
Y.......fertigung zu Beginn des Wirtschaftsjahres 1999/2000 unter Aufdeckung der stillen
Reserven in die X................... GmbH & Co. KG ein. Zugleich verpachtete sie die für die
Produktion erforderlichen Grundstücke und Hallen für fünf Jahre an die X...................
GmbH & Co. KG.
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Mit notariellem Vertrag vom 29.09.2000 trat die Klägerin ihre Beteiligung an der
X................... GmbH & Co. KG sowie ihre Beteiligung an deren Komplementärin mit
Wirkung vom 01.10.2000 0.00 Uhr an die Z......... Systems Holding GmbH ab. Der an die
X................... GmbH & Co. KG verpachtete Grundbesitz blieb im Eigentum der Klägerin
und wurde von dieser weiterhin an die X................... GmbH & Co. KG verpachtet.
8
Im Rahmen ihrer Erklärung zur gesonderten und einheitlichen Feststellung von
Besteuerungsgrundlagen 2001 erfasste die Klägerin einen Veräußerungsgewinn i.H.v.
20.591.574,37 DM aus der Veräußerung ihrer Beteiligung an der X................... GmbH &
Co. KG. Der Beklagte führte die Veranlagung 2001 für die Klägerin erklärungsgemäß
durch und stellte mit Feststellungsbescheid vom 26.02.2003 einen entsprechenden
Veräußerungsgewinn bei der Klägerin fest.
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Die X................... GmbH & Co. KG erklärte für die Klägerin im Rahmen ihrer Erklärung
zur gesonderten und einheitlichen Feststellung von Besteuerungsgrundlagen 2001
keinen Veräußerungsgewinn. Mit Bescheid über die gesonderte und einheitliche
Feststellung von Besteuerungsgrundlagen 2001 vom 13.06.2002, der gem. § 164 AO
unter dem Vorbehalt der Nachprüfung erging, veranlagte der Beklagte die X...................
GmbH & Co. KG ebenfalls erklärungsgemäß, d.h. ohne einen Veräußerungsgewinn für
die Klägerin zu erfassen. Aus einem Aktenvermerk des Beklagten zu den
Veranlagungszeiträumen ab dem Wirtschaftsjahr 2000 vom 27.04.2001 geht insoweit
hervor, dass der Veräußerungsgewinn eigentlich im Rahmen der einheitlichen und
gesonderten Feststellung 2001 für die X................... GmbH & Co. KG zu erfassen wäre.
Auf diese Feststellung könne jedoch verzichtet werden, da der Veräußerungsgewinn
bereits direkt bei der Klägerin mitgeteilt worden sei und somit dort berücksichtigt werden
könne. Auf den Aktenvermerk vom 27.04.2001 wird Bezug genommen.
10
Für die Feststellungszeiträume 1999 bis 2002 führte das Finanzamt für Groß- und
Konzernbetriebsprüfung A-Stadt sowohl bei der Klägerin als auch bei der X...................
GmbH & Co. KG eine Außenprüfung durch. Der Betriebsprüfer vertrat für beide Firmen
die Auffassung, der Veräußerungsgewinn betrage lediglich 18.410.761,37 DM und sei
zunächst im Verfahren über die gesonderte und einheitliche Feststellung der
Besteuerungsgrundlagen 2001 auf der Ebene der X................... GmbH & Co. KG zu
erfassen. In Tz. 2.4.3.1 des Betriebs über die Außenprüfung bei der X................... GmbH
& Co. KG vom 13.12.2004, auf den wegen der Einzelheiten verwiesen wird, führte der
Prüfer aus, der Veräußerungsgewinn sei im Feststellungsbescheid 2001 der
Berichtsfirma (der X................... GmbH & Co. KG) auszuweisen und belaufe sich auf
18.410.761,37 DM. Er sei nicht tarifbegünstigt, da das Sonderbetriebsvermögen nicht
mit verkauft worden sei. In den Anlagen 19 (Ermittlung des steuerlichen Gewinns) sowie
20 (Verteilung des steuerlichen Gewinns) des Prüfungsberichts vom 13.12.2004 wies
der Außenprüfer den Veräußerungsgewinn für den Feststellungszeitraum 2001 nicht
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gesondert aus, sondern vermerkte lediglich handschriftlich "ohne Veräußerungsgewinn
lt. Tz. 2.4.3.1".
Mit Schreiben vom 23.12.2004 übersandte der Zeuge G...... den Prüfungsbericht vom
13.12.2004 an die X................... GmbH & Co. KG und teilte dieser mit, er beabsichtige,
den Inhalt des Berichts der Besteuerung zu Grunde zu legen. In der Folge änderte er die
gesonderte und einheitliche Feststellung der Besteuerungsgrundlagen 2001 der
X................... GmbH & Co. KG unter Aufhebung des Vorbehalts der Nachprüfung gem. §
164 Abs. 2 AO mit Bescheid vom 24.02.2005. Einen Veräußerungsgewinn
berücksichtigte er insoweit für die Klägerin nicht. Bei Auswertung des
Betriebsprüfungsberichts für Zwecke der Gewerbesteuer berücksichtigte der Zeuge
G...... - abweichend vom Prüfungsbericht - einen Hinzurechnungsbetrag für Spenden in
Höhe von 3.785,00 DM im Jahr 2000 nicht, da dieser bereits im Gewinn enthalten war.
Diese Änderung hatte der Zeuge G...... zuvor mit dem Prüfer sowie dem Steuerberater
der X................... GmbH & Co. KG abgesprochen. Insoweit wird auf die handschriftliche
Anmerkung auf Anlage 21 des Berichts vom 13.12.2004 verwiesen.
12
Mit Bescheid vom 06.07.2005 führte der Beklagte die Korrekturen auf Grund der
Betriebsprüfung bei der Klägerin durch und berichtigte den Feststellungsbescheid 2001
der Klägerin vom 26.02.2003, indem er u.a. den Veräußerungsgewinn aus der
Veräußerung des Kommanditanteils an der X................... GmbH & Co. KG entsprechend
dem Ergebnis der Betriebsprüfung nunmehr mit 18.410.761,37 DM berücksichtigte. Mit
ihrem hiergegen erhobenen Einspruch wandte sich die Klägerin gegen die Erfassung
des Veräußerungsgewinns und wies darauf hin, der Veräußerungsgewinn sei nach den
Feststellungen der Groß- und Konzernbetriebsprüfung A-Stadt auf der Ebene der
X................... GmbH & Co. KG zu erfassen und der Klägerin im dortigen
Feststellungsverfahren 2001 zuzurechnen. Die Bescheide über die gesonderte und
einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen 2001 der X................... GmbH &
Co. KG und der Klägerin stünden insoweit zueinander im Verhältnis von
Grundlagenbescheid zu Folgebescheid.
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Der Beklagte änderte daraufhin am 08.08.2005 den Bescheid über die gesonderte und
einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen 2001 der X................... GmbH &
Co. KG dahingehend, dass er den Veräußerungsgewinn i.H.v. 18.410.761,30 DM
nunmehr als nicht tarifbegünstigt im Rahmen dieses Feststellungsverfahrens
berücksichtigte. Seine Berichtigung stützte er auf § 129 AO und führte aus, bei der
Auswertung des Prüfungsberichts sei der in Tz. 2.4.3.1 aufgeführte
Veräußerungsgewinn auf Grund eines mechanischen Versehens nicht angesetzt
worden. Den Änderungsbescheid vom 08.08.2005 gab der Beklagte an die Klägerin als
ausgeschiedene Gesellschafterin der X................... GmbH & Co. KG einzeln bekannt.
14
Mit Einspruchsentscheidung vom 15.09.2006 wies der Beklagte den Einspruch der
Klägerin gegen den berichtigten Bescheid über die gesonderte und einheitliche
Feststellung von Besteuerungsgrundlagen 2001 vom 08.08.2005 als unbegründet
zurück.
15
Die Klägerin hat sodann die vorliegende Klage erhoben, mit der sie geltend macht, der
Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von
Besteuerungsgrundlagen 2001 vom 24.02.2005 sei bestandskräftig geworden und habe
insbesondere nicht nach § 129 AO berichtigt werden können.
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Eine ähnliche offenbare Unrichtigkeit sei nur gegeben, wenn die Möglichkeit eines
Fehlers bei der Anwendung rechtlicher Vorschriften (Rechtsirrtum) oder eines Fehlers
bei der Beurteilung oder Aufklärung (Tatsachenirrtum) praktisch ausgeschlossen sei.
Lasse jedoch die Würdigung eines unstreitigen Sachverhalts sowohl den Schluss zu,
dass ein mechanisches Versehen des zuständigen Bearbeiters vorliege, als auch den
Schluss, dass eine falsche rechtliche Beurteilung vorliegen könne, die nicht nur
theoretischer Natur sei, sei eine offenbare Unrichtigkeit nicht gegeben. Verbleibende
Unklarheiten müssten insoweit zu Lasten der Finanzbehörde gehen.
17
Es sei unstreitig, dass die Änderung eines Steuerbescheides nach § 129 AO bei unter-
bliebener Auswertung eines Punktes eines Prüfungsberichts unter der Voraussetzung,
dass es sich um ein Versehen im Sinne eines rein mechanischen Fehlers handelt,
zulässig sei.
18
Der Beklagte übersehe jedoch, dass notwendige Voraussetzung für die Annahme eines
rein mechanischen Versehens sei, dass ausgeschlossen werden könne, dass die
unterbliebene Auswertung auf Grund rechtlicher Überlegungen geschehen sei. Dies sei
im vorliegenden Klageverfahren nicht der Fall.
19
Es liege vielmehr der Schluss nahe, dass der Sachbearbeiter sich den komplizierten
und aufwendigen formalen Weg über die Änderung des Bescheides bei der X...................
GmbH & Co. KG aus Vereinfachungsgründen habe ersparen wollen, da er in der
Konsequenz davon ausgegangen sei, dass dieser Gewinn letztlich bei den
Gesellschaftern der Klägerin zu erfassen sei und dieses Ergebnis im Rahmen der
bestehenden Bescheide auch ohne den Umweg über geänderte Bescheide der
X................... GmbH & Co. KG erreicht werden könne. Insoweit verweist die Klägerin auf
eine Aktennotiz vom 29.07.2005 über ein Telefongespräch mit dem Sachbearbeiter des
Beklagten. Dieser solle geäußert haben, er hätte keine andere Möglichkeit gesehen, die
Veräußerungsgewinne bei den Gesellschaftern der Klägerin zu erfassen.
20
Ferner sei es bei der Auswertung der Prüfungsberichte zu einer Häufung von
Unachtsamkeit gekommen, die die Anwendung des § 129 AO ausschließen würden.
Die Häufung der Fehler im Rahmen der Veranlagung und Auswertung beider
betroffener Prüfungsberichte sowie die Vielzahl der einzelnen Hinweise widerlege das
Vorliegen eines rein mechanischen Versehens.
21
Es käme nicht darauf an, welche Gedanken sich der Sachbearbeiter tatsächlich
gemacht habe. Entscheidend sei vielmehr die Möglichkeit, dass rechtliche
Überlegungen stattgefunden haben könnten.
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Die Klägerin beantragt,
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1. den Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von
Besteuerungsgrundlagen 2001 vom 08.08.2005 in Form der
Einspruchsentscheidung vom 15.09.2006 aufzuheben,
2. hilfsweise für den Fall, dass eine Änderung des Feststellungsbescheides 2001
vom 08.08.2005 gem. § 129 AO für zulässig erachtet wird, den Bescheid über die
gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen 2001 vom
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08.08.2005 in Form der Einspruchsentscheidung vom 15.09.2006 dahingehend zu
ändern, dass der Veräußerungsgewinn als tarifbegünstigt i.S.d. §§ 16, 34 EStG
festgestellt wird,
3. hilfsweise für den Fall, dass eine Änderung des Feststellungsbescheides 2001
vom 08.08.2005 für zulässig erachtet wird, die Revision zuzulassen,
4. die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu
erklären.
25
Der Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
27
Zur Begründung trägt er vor, der Bescheid über die gesonderte und einheitliche
Feststellung von Besteuerungsgrundlagen 2001 der X................... GmbH & Co. KG sei
zulässigerweise nach § 129 AO berichtigt worden.
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Eine unvollständige Sachverhaltsaufklärung liege im Falle der Nichtberücksichtigung
des Veräußerungsgewinns bei der X................... GmbH & Co. KG nicht vor. Die
Veräußerung sei im Rahmen der Außenprüfung sowohl dem Grunde als auch der Höhe
nach steuerrechtlich gewürdigt worden.
29
Nach der Aktenlage habe der Veranlagungsbezirk unzweifelhaft nicht vom Inhalt des
Betriebsprüfungsberichts abweichen wollen. Insbesondere sei in keiner Weise
erkennbar, dass Änderungen auf Grund eigener Tatsachenfeststellungen oder einer
eigenen rechtlichen Beurteilung erfolgen sollten.
30
Es liege ein schlichtes Versehen vor.
31
Dieses sei zudem objektiv erkennbar gewesen, da zwischen den Beteiligten Überein-
stimmung dahingehend bestanden habe, dass der Veräußerungsgewinn im
Feststellungsbescheid der X................... GmbH & Co. KG anzusetzen sei, und da der
Bearbeiter des Veranlagungsbezirks der X................... GmbH & Co. KG bei
Übersendung des Prüfungsberichts mitgeteilt habe, er beabsichtige, der Veranlagung
den Inhalt des Prüfungsberichts zu Grunde zu legen. Ferner sei in dem
Änderungsbescheid vom 24.02.2005 der Hinweis aufgenommen worden, die
Änderungen beruhten auf dem Betriebsprüfungsbericht. Bei der Klägerin habe daher
nicht der Eindruck entstehen können, der Beklage habe ihr willentlich und bewusst den
Gewinn aus der Veräußerung des Kommanditanteils an der X................... GmbH & Co.
KG nicht zugerechnet.
32
Über die Frage des Vorliegens der Voraussetzungen des § 129 AO hat das Gericht
Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen G......, H...... und K....... Wegen des
Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 15.09.2010
verwiesen.
33
Das Gericht hat die Beteiligten in der mündlichen Verhandlung auf die Möglichkeit eines
Zwischenurteils gem. § 99 Abs. 2 Finanzgerichtsordnung (FGO) hingewiesen. Die
Beteiligten haben insoweit keinen Widerspruch erhoben.
34
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze, die
beigezogenen Verwaltungsvorgänge sowie die Verfahrensakte Bezug genommen.
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II.
36
1. Der Senat entscheidet über die Frage, ob die Voraussetzungen zur Berichtigung des
Bescheides über die gesonderte und einheitliche Feststellung von
Besteuerungsgrundlagen 2001 der X................... GmbH & Co. KG vom 24.02.2005 bei
Erlass des Bescheides über die gesonderte und einheitliche Feststellung von
Besteuerungsgrundlagen 2001 der X................... GmbH & Co. KG vom 08.08.2005 in
Form der Einspruchsentscheidung vom 15.09.2006 nach § 129 AO gegeben waren,
gem. § 99 Abs. 2 FGO vorab durch Zwischenurteil. Die Entscheidung durch
Zwischenurteil erscheint sachdienlich, denn weitere Ermittlungen im Hinblick auf die
Frage, ob der Veräußerungsgewinn nach §§ 16, 34 EStG tarifbegünstigt ist, sind nur
dann anzustellen, wenn die Berichtigung des Bescheides über die gesonderte und
einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen 2001 der X................... GmbH &
Co. KG auf § 129 AO gestützt werden durfte. Die Beteiligten wurden im Termin zur
mündlichen Verhandlung vom 15.09.2010 hierzu angehört und haben keine Bedenken
geäußert.
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2. Der Berichtigungsbescheid vom 08.08.2005 in Gestalt der Einspruchsentscheidung
vom 15.09.2006 ist formell rechtmäßig und verletzt die Klägerin insoweit nicht in ihren
Rechten, § 100 Abs. 1 Satz 1 FGO.
38
Der Beklagte war berechtigt, die Berichtigung des Bescheides über die gesonderte und
einheitliche Feststellung der Besteuerungsgrundlagen 2001 der X................... GmbH &
Co. KG vom 24.02.2005 durch den Bescheid über die gesonderte und einheitliche
Feststellung von Besteuerungsgrundlagen 2001 der X................... GmbH & Co. KG vom
08.08.2005 in Form der Einspruchsentscheidung vom 15.09.2006 auf § 129 AO zu
stützen. Die Voraussetzungen des § 129 AO waren gegeben.
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a) Nach § 129 AO kann die Finanzbehörde Schreibfehler, Rechenfehler und ähnliche
offenbare Unrichtigkeiten, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes unterlaufen sind,
jederzeit berichtigen. "Ähnliche offenbare Unrichtigkeiten" sind mechanische Fehler, die
ebenso mechanisch, d.h. ohne weitere Prüfung, erkannt und berichtigt werden können.
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Bei der nicht nur theoretischen Möglichkeit eines Rechtsirrtums liegt kein mechanisches
Versehen und daher keine offenbare Unrichtigkeit vor, ebenso nicht bei einer
unzutreffenden Tatsachenwürdigung, der unzutreffenden Annahme eines in Wirklichkeit
nicht vorliegenden Sachverhalts oder bei Fehlern, die auf mangelnder
Sachverhaltsaufklärung bzw. Nichtbeachtung feststehender Tatsachen beruhen (BFH-
Urteil vom 01.07.2010 IV R 56/07, Juris-Datenbank).
41
Auch bei der Auswertung von Betriebsprüfungsberichten können offenbare
Unrichtigkeiten i.S.d. § 129 AO vorkommen, wenn ein Punkt des Berichts übersehen
worden ist, wenn die Prüfungsfeststellungen in widersprüchlicher Weise ausgewertet
oder Textziffern des Betriebsprüfungsberichts verwechselt worden sind oder wenn der
gesamte Prüfungsbericht nicht ausgewertet worden ist (BFH-Urteil vom 27.11.2003 V R
52/02, BFH/NV 2004, 605; FG Düsseldorf Urteil vom 04.03.2008 6 K 5337/05, EFG
2008, 1227).).
42
b) Im Streitfall ist ein mechanisches Versehen gegeben.
43
Zur Überzeugung des Gerichts kann nach der bestehenden Aktenlage und dem
Ergebnis der Beweisaufnahme ausgeschlossen werden, dass die
Nichtberücksichtigung des Veräußerungsgewinns im geänderten Feststellungsbescheid
2001 vom 24.02.2005 auf Grund rechtlicher Überlegungen geschehen ist. Es sind keine
Gründe erkennbar, die den Zeugen G...... erwogen haben könnten, die vom Prüfer
hinsichtlich des Veräußerungsgewinns vorgegebene Verfahrensweise - die Erfassung
im Feststellungsbescheid 2001 bei der X................... GmbH & Co. KG - nicht
umzusetzen.
44
Der Zeuge G...... wollte den Prüfungsbericht vom 13.12.2004 vollständig nach den
Vorgaben des Betriebsprüfers auswerten.
45
Dies ergibt sich u.a. daraus, dass der Zeuge G...... der X................... GmbH & Co. KG bei
Übersendung des Prüfungsberichts am 23.12.2004 mitteilte, er beabsichtige, den Inhalt
des Berichts der Besteuerung zu Grunde zu legen. Zudem wies er in den Erläuterungen
zum Änderungsbescheid vom 24.02.2005 auf das Ergebnis der Außenprüfung sowie
den Prüfungsbericht hin.
46
Abweichend vom Bericht des Außenprüfers erfasste der Zeuge G...... bei der
Auswertung des Berichts für Zwecke der Gewerbesteuer des Jahres 2000 einen
Hinzurechnungsbetrag für Spenden in Höhe von 3.785,00 DM nicht, da dieser bereits in
dem vom Prüfer ermittelten Gewinn enthalten war. Ausweislich des handschriftlichen
Vermerks auf der Anlage 21 des Prüfungsberichts hat er diese Abweichung sowohl mit
dem Prüfer als auch mit dem Steuerberater der X................... GmbH & Co. KG vor der
Umsetzung im Berichtigungsbescheid abgesprochen. Da der Zeuge G...... den
Betriebsprüfer bereits über eine Abweichung in Höhe von 3.785,00 DM informiert hat, ist
davon auszugehen, dass er eine Abweichung hinsichtlich des Veräußerungsgewinns in
Höhe von 18.410.761,37 DM ebenfalls mit dem Prüfer und dem Steuerberater
besprochen hätte. Dies ist u.a. auch deshalb anzunehmen, weil die für die Finanzämter
bestehende Weisungslage keine eigenen Entscheidungsspielräume bei Auswertung
von Prüfungsberichten der Groß- und Konzernbetriebsprüfung zulässt und nicht
erkennbar ist, dass sich der Zeuge G...... bewusst über diese Weisungslage
hinwegsetzen wollte.
47
Des Weiteren ergibt sich aus dem Aktenvermerk der Zeugin H...... vom 27.07.2005, dass
der Zeuge G...... zum Zeitpunkt des Anrufs der Zeugin H...... davon ausging, der
Veräußerungsgewinn sei bei der X................... GmbH & Co. KG erfasst. Dies hat der
Zeuge G...... im Rahmen seiner Vernehmung bestätigt.
48
Der Zeuge G...... hat glaubhaft dargelegt, dass er die besondere verfahrensrechtliche
Situation von Ober- und Untergesellschaft kannte. Er hat insbesondere bekundet, ihm
sei bewusst gewesen, dass der Veräußerungsgewinn auf der Ebene der X...................
GmbH & Co. KG zu erfassen sei. Dies untermauerte der Zeuge G...... - für den Senat
insoweit glaubhaft - damit, dass der Betriebsprüfer mit ihm bereits während der
laufenden Prüfung Gespräche geführt habe, und dass in diesem Zusammenhang auch
über die Erfassung des Veräußerungsgewinns gesprochen worden sei.
49
Der Zeuge G...... hat nachvollziehbar und glaubhaft erläutert, dass er die
50
Prüfungsfeststellungen bei der X................... GmbH & Co. KG nach und nach
ausgewertet und die Berichtigungsveranlagung nicht in einem engen zeitlichen
Zusammenhang, d.h. an einem Stück, vorgenommen hat. Nach Auffassung des Gerichts
hat der Zeuge G...... die Erfassung des Veräußerungsgewinns letztlich auf Grund der
gewählten Arbeitsweise übersehen. Nach der Aktenlage und dem Ergebnis der
Beweisaufnahme lässt sich hingegen nicht feststellen, dass der Zeuge G...... den
Veräußerungsgewinn auf Grund rechtlicher Überlegungen nicht im Rahmen des
Bescheides über die gesonderte und einheitliche Feststellung 2001 bei der X...................
GmbH & Co. KG berücksichtigt hat.
Das Vorliegen eines mechanischen Versehens wird aus der Sicht des Senats nach dem
Ergebnis der Beweisaufnahme zudem dadurch untermauert, dass der Zeuge G...... vor
der Freigabe des Änderungsbescheides zum Abgleich der einzelnen Korrekturen mit
den Prüfungsfeststellungen nach seinem glaubhaften Bekunden wohl lediglich die
Anlage 21 des Prüfungsberichts herangezogen hat, auf der nicht zusätzlich auf die Tz.
2. 4.3.1 des Berichts hingewiesen wird. Insoweit hat hier ebenfalls die gewählte
Arbeitsweise dazu geführt, dass der Zeuge G...... nicht mehr auf den
Veräußerungsgewinn aufmerksam wurde. Rechtliche Überlegungen des Zeugen G......
lassen sich hieraus nicht ableiten.
51
Das Nichtvorliegen der Voraussetzungen des § 129 AO lässt sich - entgegen der
Auffassung der Klägerin - darüber hinaus nicht darauf stützen, dass es zu einer Häufung
von Fehlern gekommen sei. Bei der Auswertung des Prüfungsberichts für die
X................... GmbH & Co. KG vom 13.12.2004 ist lediglich der Veräußerungsgewinn
nicht erfasst worden. Weitere Fehler in der Auswertung dieses Berichts sind nicht
erkennbar. Soweit es bei der Auswertung der Prüfungsfeststellungen für die Klägerin zu
Fehlern gekommen ist, ist dies zeitlich später und bei einem anderen Steuersubjekt
erfolgt und daher für die hier zu beurteilende Frage des Vorliegens der
Voraussetzungen des § 129 AO nicht relevant.
52
3. Die Entscheidung über die Kosten bleibt dem Endurteil vorbehalten.
53
4. Die Revision war nicht zuzulassen, da die Rechtssache keine grundsätzliche
Bedeutung hat und zur Fortbildung des Rechts und zur Sicherung der einheitlichen
Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs nicht erforderlich ist.
Insbesondere hat der Bundesfinanzhof zur Frage des Vorliegens einer offenbaren
Unrichtigkeit bei der Auswertung eines Prüfungsberichts bereits Stellung genommen.
54