Urteil des FG Münster vom 06.05.2010
FG Münster (ausbildung, berufsausbildung, kläger, beruf, berufliche tätigkeit, prüfung, tätigkeit, abschluss, berufsbildungsgesetz, einkünfte)
Finanzgericht Münster, 3 K 3347/07 F
Datum:
06.05.2010
Gericht:
Finanzgericht Münster
Spruchkörper:
3. Senat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
3 K 3347/07 F
Sachgebiet:
Finanz- und Abgabenrecht
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger.
Die Revision wird zugelassen.
T a t b e s t an d
1
Streitig ist, ob Aufwendungen für die Ausbildung zum Verkehrsflugzeugführer als
Werbungskosten zu berücksichtigen sind.
2
Der Kläger leistete nach seinem Abitur von September 2003 - Juni 2004 seinen
Zivildienst beim TX in H. Im Rahmen des Zivildienstes wurde er in der Zeit vom
08.09.2003 - 19.12.2003 zum Rettungssanitäter ausgebildet; er schloss die Ausbildung
am 19.12.2003 mit der staatlichen Prüfung für Rettungssanitäterinnen und
Rettungssanitäter nach der Ausbildungs- und Prüfungsverordnung für Rettungssanitäter
(RettSanAPO) vom 25.01.2000 (GV.NRW.2000, 74) ab. Nach der Prüfung setzte ihn das
TX im Rahmen des Zivildienstes als Rettungssanitäter ein.
3
Am 03.01.2005 begann der Kläger eine Ausbildung bei der W GmbH (Flugschule) in O
zum Verkehrsflugzeugführer (ATPL nach JAR). Er machte dafür folgende
Aufwendungen geltend:
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Aufwendungen für die Ausbildung bei der
5
W in O 26.328,09 Euro
6
Kontoführungsgebühr 16,00 Euro
7
Mehraufwendungen für doppelte Haushaltsführung 5.088,00 Euro
8
31.433,09 Euro
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Die Aufwendungen für die Ausbildung bei der W O sind der Höhe nach unstreitig.
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Hinsichtlich der Mehraufwendungen für doppelte Haushaltsführung trägt der Kläger vor,
er habe an seinem Beschäftigungsort in O eine Wohnung angemietet. Seine bisherige
Wohnung in der A-Straße 1 in E habe er beibehalten.
11
Im Streitjahr 2005 erzielte der Kläger keine Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit.
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Nach dem erfolgreichen Abschluss der 1. Ausbildungsstufe zum Verkehrsflugzeugführer
(ATPL) bewarb sich der Kläger im Mai 2006 bei der U GmbH; im Juni 2006 schloss er
einen Ausbildungsvertrag mit der W GmbH zum Erwerb der Erlaubnis/Berechtigung
MCC-Boeing 737 (2- oder 3-Mann-Crew). Seit 24.12.2006 ist der Kläger als
Flugzeugführer AJR bei der U GmbH beschäftigt; wegen der Einzelheiten wird auf den
Arbeitsvertrag Cockpit 2007 vom 12.01.2007 hingewiesen.
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Der Beklagte setzte die Einkommensteuer mit Bescheid vom 20.02.2007 auf 0 Euro fest
und berücksichtigte Berufsausbildungskosten in Höhe von 4.000 Euro als
Sonderausgaben. Mit weiterem Bescheid vom 20.02.2007 über die gesonderte
Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur Einkommensteuer auf den
31.12.2005 stellte der Beklagte fest, dass keine gesonderte Feststellung nach § 10 d
Abs. 4 Einkommensteuergesetz (EStG) durchzuführen ist.
14
Der Kläger legte Einspruch ein. Bei den Ausbildungskosten handele es sich nicht um
erstmalige Kosten für die Berufsausbildung, sondern um vorweggenommene
Werbungskosten bei einer erstmaligen Berufsausbildung. Er bezieht sich dazu auf das
Urteil des BFH vom 27.05.2003 (VI R 33/01, BStBl. II 2004, 884). Nach dem Hinweis
des Beklagten, dass die einkommensteuerliche Behandlung von
Berufsausbildungskosten durch das Gesetz zur Änderung der Abgabenordnung (AO)
und weiterer Gesetze vom 21.07.2004 geändert worden sei und nach § 12 Nr. 5 EStG in
der Fassung dieses Gesetzes Aufwendungen des Steuerpflichtigen für seine erstmalige
Berufsausbildung und für ein Erststudium Kosten der Lebensführung und damit nicht als
Werbungskosten abzugsfähig seien, wenn diese nicht im Rahmen eines
Dienstverhältnisses stattgefunden hätten, trug der Kläger vor: Im Streitfall sei die von
ihm abgeschlossene Ausbildung als Rettungssanitäter als erste Berufsausbildung
anzusehen, so dass die Kosten für die Ausbildung zum Verkehrsflugzeugführer als
Werbungskosten nach erfolgter abgeschlossener Berufsausbildung zum
Rettungssanitäter anzuerkennen seien. Im Anschluss an die Ausbildung zum
Verkehrsflugzeugführer habe er nach einer im Oktober 2006 begonnen Folgeausbildung
bei der U dort auch einen Arbeitsvertrag erhalten.
15
Der Beklagte wies den Einspruch gegen den Bescheid über die gesonderte
Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur Einkommensteuer auf den
31.12.2005 als unbegründet zurück. Nach § 12 Nr. 5 EStG in der im Streitjahr geltenden
Fassung seien Aufwendungen des Steuerpflichtigen für seine erstmalige
Berufsausbildung und für ein Erststudium nur abzugsfähig, wenn die Berufsausbildung
bzw. das Erststudium im Rahmen eines Dienstverhältnisses stattfinde. Die geltend
gemachten Aufwendungen des Klägers seien nicht im Rahmen eines
Ausbildungsdienstverhältnisses angefallen, da er im Streitjahr 2005 keine Einkünfte aus
nichtselbständiger Tätigkeit erzielt habe.
16
Bei der Ausbildung zum Verkehrsflugzeugführer handele es sich darüber hinaus um die
erstmalige Berufsausbildung des Klägers. Die von ihm als erstmalige Berufsausbildung
angeführte "Ausbildung" zum Rettungssanitäter könne schon aus dem Grund nicht als
erstmalige Ausbildung gelten, da diese Tätigkeit nicht durch eine Ausbildung im
Rahmen eines öffentlich-rechtlich geordneten Ausbildungsgangs erlernt worden sei; auf
das Urteil des BFH vom 06.03.1992 (VI R 163/88, BStBl. II 1992, 661) und den Erlass
des BMF vom 04.11.2005 (IV C 8-S2227-5/05, BStBl. I 2005, 995, Tz 2.1) werde
hingewiesen. Soweit sich der Kläger darauf berufe, dass es sich bei der Tätigkeit als
Rettungssanitäter um einen von vielen Personen ausgeübten Beruf handele, der
entsprechend vergütet werde, könne dem im Streitfall nicht gefolgt werden, da jedenfalls
der Kläger zu keinem Zeitpunkt entsprechende Einnahmen aus dieser Tätigkeit erzielt
habe. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Einspruchsentscheidung vom
18.07.2007 Bezug genommen.
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Mit der Klage verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Die Ausbildung zum
Verkehrsflugzeugführer habe konkret und berufsbezogen auf die berufliche Tätigkeit
vorbereitet, die er ab 24.12.2006 bei der U GmbH aufgenommen habe.
18
Bei der Erstausbildung zum Rettungssanitäter handele es sich um eine
Berufsausbildung im Sinne des § 12 Nr. 5 EStG, da durch diese Ausbildung die
notwendigen fachlichen Fertigkeiten und Kenntnisse erworben worden seien, die zur
Ausübung des Berufs als Rettungssanitäter befähigten. Die Ausbildung sei in einem
geordneten Ausbildungsgang erfolgt und durch eine staatliche Prüfung abgeschlossen
worden. Durch den Abschluss des Lehrgangs seien die Qualifikationen erworben
worden, die für die Ausübung des Berufs als Rettungssanitäter zwingend erforderlich
seien.
19
Soweit der Beklagte sich auf das Urteil des BFH vom 06.03.1992 beziehe, sei zu sagen,
dass der BFH die staatliche Prüfung zum Masseur durchaus als Berufsausbildung
qualifiziert habe. Auch die Ausbildung zur Flugbegleiterin (Stewardess) habe der BFH
als Berufsausbildung angesehen, obwohl diese Ausbildung lediglich 6 Wochen dauere
(vgl. BFH, Urteil vom 27.05.2003 VI R 85/02, BStBl. II 2005, 202).
20
Die Besonderheiten zur Ausbildung als Verkehrsflugzeugführer seien zu beachten. Die
erste Schulung bei der W GmbH bereite den Kläger konkret und gezielt auf eine
Tätigkeit als Verkehrsflugzeugführer vor, die bei Schulungsbeginn zwar vertraglich noch
nicht zugesichert sei, aber absehbar sei und auch hier nach erfolgreichem
Schulungsende alsbald aufgenommen worden sei. Erst nach Bestehen der
Fluglizenzprüfung und der Einweisung seien die Fluggesellschaften bereit, Piloten
einen Anstellungsvertrag anzubieten. Die Ausbildung bei der Fluggesellschaft sei auch
nur bei Bestehen der Lizenzprüfung möglich, so dass die Kosten für die Ausbildung als
im Rahmen eines Dienstverhältnisses entstanden anzusehen seien.
21
Während des Klageverfahrens legt der Kläger noch eine Bestätigung des Leiters der
Dienststelle des TXes in H vor, dass er den Kläger nach Beendigung seiner
Zivildienstzeit als ausgebildeten und staatlich geprüften Rettungssanitäter mit
Berufserfahrung eingestellt hätte, wenn er sich beworben und die damalige
Personallage dies zugelassen hätte. Wegen der Einzelheiten wird auf die Bestätigung
vom 05.03.2008 Bezug genommen. Weiter legt er vor die Kopie eines Mietvertrags vom
13.11.2004 zwischen ihm und den Eheleuten Y über die Anmietung eines Appartements
im B-Straße 2 in O ab 01.01.2005 zu einem Mietzins von monatlich 320 Euro.
22
Der Kläger beantragt,
23
den Bescheid zur gesonderten Feststellung des verbleibenden
Verlustvortrags zur Einkommensteuer auf den 31.12.2005 vom 20.02.2007
und die Einspruchsentscheidung vom 18.07.2007 zu ändern und
Werbungskosten für das Veranlagungsjahr 2005 i.H.v. 31.417,00 Euro zu
berücksichtigen,
24
hilfsweise für den Fall des Unterliegens, die Revision zuzulassen.
25
Der Beklagte beantragt,
26
die Klage abzuweisen,
27
hilfsweise für den Fall des Unterliegens, die Revision zuzulassen.
28
Zur Begründung bezieht er sich auf seine Einspruchsentscheidung. Bei der Ausbildung
zum Rettungssanitäter handele es sich nicht um eine Ausbildung im Rahmen eines
öffentlich-rechtlich geordneten Ausbildungsgangs. Der Lehrgang sei im Rahmen des
Zivildiensts besucht worden, um im Zivildienst entsprechend eingesetzt zu werden. Der
vom Kläger zitierte Fall der Stewardess unterscheide sich erheblich vom Streitfall, da
die Stewardess bereits Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit erzielt habe, während
der Kläger keine Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit erzielt habe.
29
Die Berichterstatterin hat die Sach- und Rechtslage erörtert; wegen der Einzelheiten
wird auf das Protokoll über den Erörterungstermin vom 27.08.2009 Bezug genommen.
30
Der Senat hat am 06.05.2010 mündlich verhandelt; wegen der Einzelheiten wird auf die
Sitzungsniederschrift Bezug genommen.
31
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
32
Die Klage ist nicht begründet.
33
Der angefochtene Bescheid ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen
Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO). Der Beklagte hat die geltend gemachten
Aufwendungen (Flugschule und Miete) zu Recht nicht berücksichtigt und damit die
Feststellung eines verbleibenden Verlustabzugs
abgelehnt.
34
Aufwendungen für die erstmalige Berufsausbildung dürfen gemäß § 12 Nr. 5 EStG in
der im Streitjahr 2005 geltenden Fassung weder bei den einzelnen Einkunftsarten noch
vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen werden, wenn diese nicht im Rahmen
eines Dienstverhältnisses stattfinden. Dies gilt, soweit in § 10 Abs. 1 Nr. 1 bis 4, 6, 7 und
9, § 10 a, § 10 b und den §§ 33 bis 33 c EStG nichts anders bestimmt ist. Nach § 10 Abs.
1 Nr. 7 EStG können Aufwendungen für die eigene Berufsausbildung bis 4.000 EUR im
Kalenderjahr als Sonderausgaben abgezogen werden. Zu diesen Aufwendungen
gehören auch Aufwendungen für eine auswärtige Unterbringung.
35
Die Voraussetzungen des § 12 Nr. 5 EStG sind im Streitfall entgegen der Auffassung
36
des Klägers erfüllt.
1. Die Ausbildung des Klägers zum Verkehrsflugzeugführer ist als erstmalige
Berufsausbildung im Sinne des § 12 Nr. 5 EStG zu qualifizieren. Seine Ausbildung zum
Rettungssanitäter stellt nach Auffassung des Senats keine Berufsausbildung im Sinne
von § 12 Nr. 5 EStG dar.
37
a) Der Begriff der Berufsausbildung wird vom Einkommensteuergesetz weder in § 12 Nr.
EStG noch an anderer Stelle in § 10 Abs. 1 Nr. 7, § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a
EStG definiert. Nach ständiger Rechtsprechung des BFH, der auch der erkennende
Senat folgt, ist unter Berufsausbildung im Sinne von § 10 Abs. 1 Nr. 7, § 32 Abs. 4 Satz
1 Nr. 2 Buchst. a EStG die Ausbildung zu einem künftigen Beruf zu verstehen. In
Berufsausbildung befindet sich nach der zu § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG und § 32 Abs. 4 Satz
1 Nr. 2 Buchst. a EStG ergangenen Rechtsprechung, wer sein Berufsziel noch nicht
erreicht hat, sich aber ernstlich darauf vorbereitet; der Vorbereitung auf ein Berufsziel
dienen alle Maßnahmen, bei denen es sich um den Erwerb von Kenntnissen,
Fähigkeiten und Erfahrungen handelt, die als Grundlage für die Ausübung des
angestrebten Berufs geeignet sind, auch wenn sie nicht in einer Ausbildungs- oder
Studienordnung vorgeschrieben sind (vgl. etwa BFH, Urteile vom 09.06.1999 VI R
33/98, BStBl II 1999, 701; vom 4.12.2002 VI R 120/01, BStBl II 2003, 403, und vom
18.06.2009 VI R 79/06, Juris). Die Auslegung des Begriffs der Berufsausbildung erfolgt
durch die Rechtsprechung des BFH jedoch nicht einheitlich, sondern orientiert sich an
der unterschiedlichen Zwecksetzung der einzelnen Vorschriften (vgl. BFH, Urteile vom
26.11.2003 VIII R 30/03, BFH/NV 2004, 1223 und vom 16.03.2004 VIII R 65/03, BFH/NV
2004, 1522: So wird beispielsweise die Promotion zwar nicht als Berufsausbildung im
Sinne von § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG angesehen, wohl aber im Sinne des § 32 Abs. 4
EStG). Denn der Begriff der Ausbildung für einen Beruf im Sinne von § 32 Abs. 4 Satz 1
Nr. 2 EStG soll weiter als der Begriff der Berufsausbildung im Sinne von § 10 Abs. 1 Nr.
7 EStG sein (vgl. BFH, Urteil vom 04.30.2010 III R 23/08, Juris).
38
Gegenbegriff zur Berufsausbildung ist die Allgemeinbildung, die keine notwendige
Voraussetzung für eine geplante Berufsausübung darstellt (BFH, Urteil vom 15.03.2007
VI R 14/04, BStBl II 2007, 814).
39
b) Zu § 12 Nr. 5 EStG liegt, soweit ersichtlich, noch keine Rechtsprechung des BFH vor,
die sich mit der Frage beschäftigt, welche Voraussetzungen an eine
Berufsausbildung/Erststudium gestellt werden müssen, damit die Aufwendungen für
eine weitere nachfolgende Berufsausbildung abzugsfähig sind.
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Im Schrifttum wird die Auffassung vertreten, dass eine erstmalige Berufsausbildung
vorliege, wenn der Steuerpflichtige entweder im dualen System (Betrieb und
Berufsschule) oder nur innerbetriebliche Bildungsmaßnahmen durchlaufe und einen
Abschluss erlange, der es ihm erlaube als für einen Beruf Ausgebildeter im
Wirtschaftsleben aufzutreten (Schmidt/Drenseck, EStG, 29. Aufl. 2010, § 12 Rz 58).
41
Nach Tz. 4 des BMF-Schreibens vom 04.11.2005 (IV C 8 - S 2227-5705, BStBl I 2005,
955) soll Voraussetzung sein, "dass der Beruf durch eine Ausbildung im Rahmen eines
öffentlich-rechtlich geordneten Ausbildungsgangs erlernt wird (BFH vom 6. März 1992,
VI R 163/88, BStBl II 1992 S. 661) und der Ausbildungsgang durch eine Prüfung
abgeschlossen wird". Zur Berufsausbildung im Sinne des § 12 Nr. 5 EStG gehören
danach insbesondere Berufsausbildungsverhältnisse nach dem Berufsbildungsgesetz
42
(vgl. Tz. 5 des BMF-Schreibens vom 04.11.2005, a.a.O.) Andere Bildungsmaßnahmen
werden in Tz. 6 des BMF-Schreibens vom 04.11.2005 (a.a.O.) einer Berufsausbildung
im Sinne des § 12 Nr. 5 EStG gleichgestellt, "wenn sie dem Nachweis einer Sachkunde
dienen, die Voraussetzung zur Aufnahme einer fest umrissenen beruflichen Betätigung
ist. Die Ausbildung muss im Rahmen eines geordneten Ausbildungsgangs erfolgen und
durch eine staatliche oder staatlich anerkannte Prüfung abgeschlossen werden. Der
erfolgreiche Abschluss der Prüfung muss Voraussetzung für die Aufnahme der
beruflichen Betätigung sein. Die Ausbildung und der Abschluss müssen vom Umfang
und Qualität der Ausbildungsmaßnahmen und Prüfungen her grundsätzlich mit den
Anforderungen, die im Rahmen von Berufsausbildungsmaßnahmen i.S.d. Rz. 5 gestellt
werden, vergleichbar sein".
Demgegenüber hat das FG Rheinland-Pfalz mit Urteil vom 18.03.2010 (4 K 1127/07,
Juris) entschieden, dass die vom BMF vorgenommene Auslegung zu eng sei und in den
Gesetzesmaterialien keine Stütze finde. Vielmehr werde dort (BT-Drucks. 15/3339, 10 f.)
- im Gegenteil - unter ausdrücklicher Beipflichtung des BFH, wonach dem Gesichtspunkt
lebenslangen Lernens und der geänderten Lebenswirklichkeit in der Beruf- und
Arbeitswelt Rechnung zu tragen sei, die erste Berufsausbildung lediglich mit dem
Erlernen der Grundlagen eines Berufs umschrieben, womit eine selbständige und
gesicherte Position im Leben erreicht werden soll. In dem der Entscheidung des FG
Rheinland-Pfalz zugrunde liegenden Sachverhalt hatte der Steuerpflichtige eine
Ausbildung in einem nicht klassischen Ausbildungsberuf als Assistent Aviation
Information Analyst gemacht, in diesem Beruf gearbeitet und einen Bruttoarbeitslohn
zwischen 30.000 Euro und 40.000 Euro in den Jahren 2002 bis 2004 erhalten. Ab 2003
ließ sich der Steuerpflichtige zum Verkehrsflugzeugführer ausbilden. Das FG
Rheinland-Pfalz vertrat danach die Auffassung, dass in diesem Fall die Ausbildung als
Assistent Aviation Information Analyst als erstmalige Berufsausbildung anzusehen sei.
43
c) Der Senat vertritt die Auffassung, dass die zum Begriff der Berufsausbildung im
Rahmen des § 32 Abs. 4 EStG und im Rahmen des § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG entwickelten
Auslegungsgrundsätze für § 12 Nr. 5 EStG nicht maßgeblich sind. Für die Auslegung
des Begriffs der Berufsausbildung im Sinne des § 12 Nr. 5 EStG ist nach Auffassung
des Senats das Berufsbildungsgesetz heranzuziehen. Eine Berufsausbildung im Sinne
des Berufsbildungsgesetzes hat nach § 1 Abs. 3 Berufsbildungsgesetz die für die
Ausübung einer qualifizierten beruflichen Tätigkeit in einer sich wandelnden Arbeitswelt
notwendigen beruflichen Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten (berufliche
Handlungsfähigkeit) in einem geordneten Ausbildungsgang zu vermitteln und den
Erwerb der erforderlichen Berufserfahrungen zu ermöglichen; nach § 5 Abs. 1 Nr. 2
Berufsbildungsgesetz soll die Ausbildungsdauer nicht mehr als drei und nicht weniger
als zwei Jahre betragen.
44
Wendet man diesen Maßstab an, liegt eine Berufsausbildung im Sinne von § 12 Nr. 5
EStG nur dann vor, wenn es sich um eine Ausbildung in einem anerkannten
Ausbildungsberuf (Ausbildung z.B. nach Berufsbildungsgesetz oder
Handwerksordnung) handelt, d.h. wenn der Beruf durch eine Ausbildung im Rahmen
eines öffentlich-rechtlich geordneten Ausbildungsganges erlernt wird, oder wenn es sich
um eine Ausbildung handelt, die in einem, einem öffentlich-rechtlich geordneten
Ausbildungsgang vergleichbaren, Ausbildungsgang erlernt wird, deren
Ausbildungsdauer bei Vollzeitausbildung mindestens zwei Jahre beträgt.
45
Das bedeutet, dass der Ausbildungsberuf eine mehrjährige Ausbildung (in Vollzeit)
46
umfasst (vgl. dazu auch VG Mainz, Beschluss vom 04.08.2008 6 L 605/08.MZ, Juris-
Dokument).
d) Wendet man diese Grundsätze auf den Streitfall an, so entspricht im Bereich des
Rettungsdienstwesens dem die Ausbildung zum Rettungsassistenten (vgl. Gesetz über
den Beruf der Rettungsassistentin und des Rettungsassistenten,
Rettungsassistentengesetz, vom 10.07.1989, BGBl I 1989, 1383 und Ausbildungs- und
Prüfungsverordnung für Rettungsassistentinnen und Rettungsassistenten vom
07.11.1989, BGBl I 1989, 1966). Die Ausbildung zur Rettungssanitäterin bzw.
Rettungssanitäter genügt demgegenüber diesen Anforderungen an einen
Ausbildungsberuf nicht. Sie fand nach der im Streitfall geltenden Ausbildungs- und
Prüfungsverordnung für Rettungssänitäterinnen und Rettungssänitäter vom 25.01.2000
(GV. NRW 2000, 74) statt und umfasst lediglich einen Kursus von 520
Ausbildungsstunden sowie einen Abschlusslehrgang von 40 Ausbildungsstunden (vgl.
§ 1 Abs. 1 Ausbildungs- und Prüfungsverordnung für Rettungssänitäterinnen und
Rettungssänitäter). Die Ausbildung zum Rettungssanitäter stellt somit lediglich eine
Qualifizierungsmaßnahme unterhalb einer Berufsausbildung im Sinne des § 12 Nr. 5
EStG dar.
47
2. Entgegen der Auffassung des Klägers liegen auch die Voraussetzungen nach § 12
Nr. 5 2. Halbsatz EStG nicht vor.
48
Nach § 12 Nr. 5 2. Halbsatz EStG können Aufwendungen für eine erstmalige
Berufsausbildung abzugsfähig sein, wenn sie im Rahmen eines Dienstverhältnisses
stattfinden.
49
Ein Ausbildungs-Dienstverhältnis zwischen dem Kläger und seiner jetzigen
Arbeitgeberin lag im Streitfall nicht vor. Der Kläger hat mit der ihn ausbildenden
Flugschule in den Jahren 2005/2006 Ausbildungsverträge abgeschlossen, die ihm
letztendlich den Erwerb der Erlaubnis/Berechtigung MCC-Boeing 737 (2- oder 3-Mann-
Crew) verschaffen sollten. Mit seiner späteren Arbeitgeberin hat der Kläger im Januar
2007 einen Arbeitsvertrag geschlossen; bereits ab 24.12.2006 ist er von seiner
Arbeitgeberin als Verkehrsflugzeugführer eingesetzt worden.
50
Der Schulungsvertrag mit der Flugschule begründet kein Dienstverhältnis, weil der
Kläger der Flugschule weder seine Arbeitskraft schuldet noch von ihr Arbeitslohn
bezieht.
51
Die Aussicht auf die spätere Einsteillung bei seiner jetzigen Arbeitgeberin nach
erfolgreichem Abschluss der Ausbildung genügt nicht, da während der gesamten
Ausbildung gerade kein Dienstverhältnis bestand (vgl. ebenso in ähnlich gelagerten
Fällen FG Baden-Württemberg, Urteil vom 19.01.2010 11 K 4253/08, EFG 2010, 788,
Revision anhängig unter dem Aktenzeichen VI R 5/10; FG Berlin-Brandenburg, Urteil
vom 17.12.2008 8 K 6331/06 B, EFG 2009, 570, Revision anhängig unter dem
Aktenzeichen VI R 22/09; FG Düsseldorf, Urteil vom 03.12.2008 2 K 3575/07 F, EFG
2009, 1201, Revision anhängig unter dem Aktenzeichen VI R 8/09).
52
3. § 12 Nr. 5 EStG ist auch nicht verfassungswidrig. Der Senat schließt sich insoweit
den Ausführungen des FG Düsseldorf in seinem Urteil vom 03.12.2008 (a.a.O.; ebenso
FG Baden-Württemberg, Urteil vom 19.01.2010, a.a.O.; FG Berlin-Brandenburg, Urteil
vom 17.12.2008, a.a.O.; Niedersächsisches FG, Urteil vom 15.05.2007 13 K 570/06,
53
EFG 2007, 1431) an.
4. Aus den vorstehenden Gründen kommt auch ein Abzug der Werbungskosten nicht in
Betracht.
54
5. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO).
Die Revision wird gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 FGO zugelassen.
55