Urteil des FG Münster vom 22.01.2010

FG Münster (gesellschafter, einlage, verdeckte gewinnausschüttung, behandlung, buchführung, buchhalter, objektiv, kenntnis, sohn, konto)

Finanzgericht Münster, 6 K 947/05 F
Datum:
22.01.2010
Gericht:
Finanzgericht Münster
Spruchkörper:
6. Senat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
6 K 947/05 F
Sachgebiet:
Finanz- und Abgabenrecht
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand:
1
Die Beteiligten streiten um die Möglichkeit einer Bilanzberichtigung i.S. des § 4 Abs. 2
S. 1 Einkommensteuergesetz (EStG) zum 31.12.2000 und 31.12.2001.
2
Die Klägerin (Kl.) ist eine Personengesellschaft in der Rechtsform der GmbH & Co. KG.
Gegenstand des Unternehmens ist in erster Linie die Gebäudereinigung von
Großprojekten (etwa Behörden, Banken, Versicherung und öffentlichen Einrichtungen).
An der Kl. waren im Streitzeitraum die x GmbH als Komplementärin sowie als
Kommanditisten der am 18.02.2003 verstorbene (R..) mit einem Anteil am Stammkapital
i.H. von 51 % und sein Sohn (H..) mit einem Kapitalanteil i.H. von 49 % beteiligt. Beide
Gesellschafter sind zugleich Mitunternehmer der Firma m Chemie GmbH & Co. KG. Im
dortigen Sonderbetriebsvermögen des Gesellschafters H.. befindet sich das Grundstück
"L", welches im Streitzeitraum erworben wurde.
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Am 25.01 2000 erfolgte eine Überweisung von einem gemeinschaftlichen privaten
Konto der Kommanditisten R.. und H.. zugunsten der Kl. i.H. von 500.000,- DM. Im den
Zahlungseingang verzeichnenden Kontoauszug der Kl. bei der Sparkasse ist zu dieser
Überweisung lediglich der Vermerk "Transfer" enthalten. Am 22.06.2001 erfolgte eine
weitere Überweisung zugunsten der Kl. i.H. von 1.000.000,- DM von einem privaten
Konto des Kommanditisten R.. Der den Zahlungseingang verzeichnende Kontoauszug
der Kl. bei der Sparkasse enthält hierzu den Vermerk "Sonstige Buchung, R, 420-
Umbuchung auf Konto 288050 x GmbH wegen Grundstückskauf L". Buchhalterisch
wurden beide Beträge als Einlagen auf dem Gesellschafterkonto des H.. erfasst.
Hinsichtlich weiterer Einzelheiten wird auf die in den Verwaltungsakten befindlichen
Kontoauszüge und Kontenblätter verwiesen. Auch in den Jahresabschlüssen zum
31.12.2000 und 31.12.2001 sind die Zahlungen als Einlagen zugunsten des
Gesellschafters H.. in dessen Kapitalkontenentwicklungen bilanziert worden (Bl. 16 u.
15 der Jahresabschlüsse). Die Kapitalkonten II der Gesellschafter wiesen danach
4
folgende Stände aus:
R H
5
31.12.2000 - 1.462.336,85 DM 1.801.382,38 DM
6
31.12.2001 - 1.560.898,24 DM 1.681.722,07 DM
7
Im Jahr 2003 fand bei der Kl. eine steuerliche Außenprüfung für die Jahre 1999 bis 2001
durch das Finanzamt für Groß- und Konzernbetriebsprüfung statt. Im Rahmen der
Betriebsprüfung stellte die Kl. mit Schreiben vom 18.07. und 02.09.2003 einen Antrag
auf Bilanzberichtigung gemäß § 4 Abs. 2 EStG und begehrte, die Einzahlungen vom
25.01.2000 und vom 22.06.2001 i.H. von insgesamt 1.500.000,- DM nicht – wie bisher
geschehen - als Einlagen zugunsten des H.., sondern als Einlagen zugunsten des R..
zu erfassen. Zur Begründung führte sie aus, dass im Verlauf der Betriebsprüfung von
Seiten der Kl. bzw. ihrer Anteilseigner festgestellt worden sei, dass der Buchhalter die
Einlagen seinerzeit fehlerhaft erfasst habe. Tatsächlich habe es sich nicht um Einlagen
des Gesellschafters H.., sondern um Einlagen des Gesellschafters R.. gehandelt, um
dessen negatives Kapitalkonto auszugleichen. Die Buchungsfehler seien dadurch
entstanden, dass auf dem Überweisungsträger vom 25.01.2000 der Zahlende nicht
eindeutig benannt gewesen sei und auf dem Überweisungsträger vom 22.06.2001 der
Bestimmungszweck "wegen Grundstückskauf L" angegeben worden sei. Hieraus habe
der Buchhalter der Kl. geschlossen, dass es sich insgesamt um Einlagen des
Gesellschafters H.. gehandelt habe. Er habe die Verbuchung zugunsten des H.. ohne
weitere Rückfragen und ohne Berechtigung vorgenommen. Es handele sich insofern um
Fehlbuchungen und nicht etwa um freigebige Zuwendungen des Anteilseigners R..
zugunsten seines Sohnes H.. Eine solche freigebige Zuwendung setze eine
entsprechende Bereicherungsabsicht voraus, die schon deshalb zu verneinen sei, weil
R.. seinem Sohn H.. die Zuwendungen dann direkt und nicht durch eine
Zwischenschaltung der Kl. gewährt hätte. Im Übrigen seien Schenkungen in der
Vergangenheit stets vertraglich vereinbart worden. Richtigerweise müssten die
Kapitalkonten II daher wie folgt lauten:
8
R H
9
31.12.2000 - 1.212.337,85 DM 1.551.382,38 DM
10
31.12.2001 - 156.026,46 DM 217.802,70 DM
11
Die Betriebsprüfung sah die Voraussetzungen für eine Bilanzberichtigung i.S. des § 4
Abs. 2 EStG nicht als erfüllt an. Die Einlagen seien übereinstimmend sowohl in der
laufenden Buchführung als auch in den Jahresabschlüssen (dort in den Kapitalkonten)
eindeutig dem Anteilseigner H.. zugeordnet worden. Dabei handele es sich um
tatsächliche Vorgänge, die nicht durch spätere Willenserklärungen (z.B. im Rahmen
einer Bilanzänderung) geändert oder rückgängig gemacht werden könnten. Die
beantragten Bilanzberichtigungen würden sich auf die Gewinnverteilung (Vorabgewinn
durch Verzinsung der Kapitalkonten) auswirken. Hinsichtlich weiterer Einzelheiten wird
auf den Betriebsprüfungsbericht vom 29.07.2003 und den im Rahmen der
Betriebsprüfung gewechselten Schriftverkehr (Betriebsprüfungsakte) verwiesen.
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Mit Bescheiden vom 19.11.2003 setzte der Beklagte (Bekl.) die Feststellungen der
13
Betriebsprüfung um und stellte die Gewinne der Kl. für 1999 mit 1.827.623,- DM, für
2000 mit 1.727.157,- DM und für 2001 mit 2.109.944,- DM gesondert und einheitlich fest.
Die bisher vorhandenen Vorbehalte der Nachprüfung hob er dabei auf.
Die Kl. legte gegen die geänderten Feststellungsbescheide am 09.12.2003 Einsprüche
ein und begehrte – neben weiteren (das finanzgerichtliche Verfahren bisher nicht
betreffenden) Streitpunkten – die Durchführung der im Laufe der Betriebsprüfung
beantragten Bilanzberichtigung gemäß § 4 Abs. 2 EStG. Zur Begründung wiederholte
und vertiefte sie ihren Vortrag aus dem im Rahmen der Betriebsprüfung geführten
Schriftwechsel.
14
Mit Einspruchsentscheidung vom 09.02.2005 half der Bekl. dem Einspruch der Kl.
gegen den Gewinnfeststellungsbescheid 2001 teilweise ab und stellte den Gewinn auf
2.071.078,- DM fest. Im Übrigen wies er die Einsprüche als unbegründet zurück. Dabei
führte er mit Blick auf die beantragte Bilanzberichtigung aus, dass deren
Voraussetzungen seiner Ansicht nach nicht vorlägen. Gemäß § 4 Abs. 2 S. 1 EStG dürfe
der Steuerpflichtige eine Bilanz auch nach ihrer Einreichung beim Finanzamt ändern,
soweit sie den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung unter Befolgung der
Vorschriften dieses Gesetzes nicht entspräche. Die Bilanzberichtigung setze also einen
fehlerhaften Bilanzansatz voraus, d.h. einen Bilanzansatz, der objektiv gegen ein
handelsrechtliches oder steuerrechtliches Bilanzierungsgebot oder Bilanzierungsverbot
verstoße und den der Steuerpflichtige nach den im Zeitpunkt der Bilanzaufstellung
bestehenden Erkenntnismöglichkeiten über die zum Bilanzstichtag gegebenen
objektiven Erkenntnisse bei pflichtgemäßer und gewissenhafter Prüfung habe erkennen
können. Ein objektiv fehlerhafter Bilanzansatz sei im vorliegenden Fall nicht feststellbar.
Es sei nämlich anhand der Gesamtumstände des Falles nicht zu erkennen, dass mit den
in Rede stehenden Überweisungen - statt Einlagen zugunsten des H.. - Einlagen
zugunsten des R.. vorgelegen hätten.
15
Eine Einlage oder Entnahme i.S. des § 4 Abs. 1 S. 1 EStG setze nach ständiger
Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs eine ausdrückliche oder schlüssige Einlage-
oder Entnahmehandlung voraus, die von einem entsprechenden unternehmerischen
Handlungswillen getragen sein müsse. Dieser konkret gefasste Willensentschluss
müsse in der Regel durch ein tatsächliches Geschehen, ein Verhalten des
Steuerpflichtigen deutlich für Dritte erkennbar nach außen hin auf objektiv nachprüfbare
Weise dokumentiert werden. Dies könne zum Einen durch die Herstellung eines
betrieblichen Zusammenhangs oder durch eine persönliche Zurechnung geschehen.
Bei buchführenden Betrieben sei die Behandlung in der Buchführung ein – wenn auch
widerlegbares – Indiz für die subjektive Willensentscheidung des Steuerpflichtigen
(Hinweis auf BFH, Urteil v. 20.09.1995, X R 46/94, BFH/NV 1996, 393). In Abgrenzung
dazu führten fehlerhafte Buchungen zwar nicht zu Einlagen oder Entnahmen.
Buchungen eines Angestellten oder eines steuerlichen Vertreters müsse sich der
Steuerpflichtige aber entgegenhalten lassen, wenn er sie widerspruchslos zur Kenntnis
genommen habe oder aber nach den objektiven Umständen davon hätte Kenntnis
nehmen können und müssen (Verweis auf Heinicke in Schmidt, EStG28, München
2009, § 4 EStG Rz. 318). Die Beweislast, dass eine Buchung nicht den eigenen Willen
widerspiegele, liege beim Steuerpflichtigen. Könne eine für die Entscheidung des
Streitfalles erhebliche Tatbestandsvoraussetzung nicht zweifelsfrei nachgewiesen
werden, so gehe dies zu Lasten der Partei, die die Feststellungslast für den Nachweis
der entsprechenden Tatsache träfe.
16
Die Kl. habe keine tatsächlichen Umstände vorgetragen, die dafür sprächen, dass die
Buchungen in der Vergangenheit zu falschen Kapitalkontenständen II ihrer
Gesellschafter geführt hätten. Auf dem Kontoauszug über die Einlage vom 25.01.2000
seien die Einzahlenden Gesellschafter R.. und H.. eindeutig benannt worden.
Gleichwohl sei die Einlage ausschließlich H.. zugeordnet worden, was auf einen
entsprechenden Willen der Gesellschafter schließen lasse. Der Verwendungszweck der
Einzahlung vom 22.06.2001 "wegen Grundstückskauf L" spräche sogar ausdrücklich
dafür, dass die Einlage zugunsten des Anteilseigners H.. geleistet worden sei. H.. habe
am 19.07.2001 sein Kapitalkonto i.H. von 1.130.241,60 DM aus Anlass des
Grundstückserwerbs belastet. Der erworbene Grundbesitz stehe im Sondereigentum
des H.. bei der Firma m Chemie GmbH & Co. KG.
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Nach alledem seien objektiv nachprüfbare Umstände, die für eine unzutreffende bzw.
fehlerhafte Verbuchung der Einlagen sprächen, im Streitfall nicht erkennbar. Die
Gesellschafter hätten im Zeitpunkt der Einlagen in keiner Weise dokumentiert, dass die
Geldzuführungen zugunsten des R.. (und damit abweichend von der erfolgten
Verbuchung zugunsten des H..) hätten behandelt werden sollen. Es könne zum jetzigen
Zeitpunkt auch nicht mehr aufgeklärt werden, ob die seinerzeitige Verbuchung und die
nachfolgende Bilanzierung falsch gewesen seien. Dies müsse nach den Grundsätzen
der objektiven Beweislast zu Lasten der Kl. gehen, da sie sich nun auf einen von der
vorgenommenen Verbuchung und Bilanzierung abweichenden Sachverhalt berufe, der
alleine in ihrer Sphäre liege und dessen Nachweis ihr bei Beachtung der erforderlichen
Sorgfalt ohne Weiteres möglich gewesen wäre. Das Finanzamt hingegen habe keinen
Einfluss auf die Einnahmehandlungen – hier die zutreffende Zuordnung zu den
jeweiligen Gesellschafterverrechnungskonten – gehabt.
18
Aber selbst wenn die Zurechnung der Einlagen dem eigentlichen Willen der
Anteilseigner objektiv nicht entsprochen haben sollte, habe der Buchhalter subjektiv von
der Richtigkeit der Buchungen ausgehen können. Die Entscheidung für die Zurechnung
der Einlage vom 25.01.2000 auf dem Gesellschafterkonto des H.. lag im Bereich des
Möglichen. Hinsichtlich der weiteren Einlage vom 22.06.2001 sei die Zuordnung
zugunsten des Gesellschafters H.. in Anbetracht der Zweckbestimmung
"Grundstückskauf L" sogar naheliegend gewesen. Wäre sich der Buchhalter unsicher
gewesen, hätte es zudem einer Nachfrage bedurft. Sofern der Buchhalter dennoch
eigenmächtig Buchungen ausführe, die sich im Nachhinein als unrichtig erwiesen,
müsse die Kl. dies gegen sich gelten lassen. Schließlich hätten die Fehler den
Gesellschaftern bei der Unterzeichnung der jeweiligen Jahresabschlüsse auffallen
können und auch müssen. In den Kapitalkontenentwicklungen beider Jahre seien die in
Rede stehenden Einlagen einzeln und offen ausgewiesen, in der Bilanz zum
31.12.2000 zudem im Kontennachweis unter dem Konto 1891.
19
Die Kl. hat am 07.03.2005 die vorliegende Klage erhoben.
20
Sie begehrt weiterhin die Durchführung einer Bilanzberichtigung zum 31.12.2000 und
31.12.2001 dahingehend, dass die Einlage vom 25.01.2000 hälftig beiden
Gesellschaftern und die Einlage vom 22.06.2001 ausschließlich dem Gesellschafter R..
zugerechnet wird. Zur Begründung ihrer Klage trägt die Kl. in tatsächlicher Hinsicht
zunächst vor, dass der für die Buchhaltung zuständige Mitarbeiter die Einlagen vom
25.01.2000 und vom 22.06.2001 versehentlich fehlerhaft zugunsten des Gesellschafters
H.. verbucht habe, und zwar ohne Rücksprache mit den Gesellschaftern zu halten. In
diesem Zusammenhang verweisen sie auf eine schriftliche Erklärung des Buchhalters
21
vom 26.04.2004 (Anlage 3 zur Klageschrift, Bl. 24 Gerichtsakte).
In rechtlicher Hinsicht führt die Kl. sodann aus, dass der Wille zu einer Einlage im
Einzelfall zwar durch eine entsprechende Verbuchung dokumentiert werden könne. Zu
beachten sei andererseits aber auch, dass eine Bilanz berichtigt werden müsse, wenn
ein Wirtschaftsgut des gewillkürten Betriebsvermögens erkennbar gegen den Willen des
Steuerpflichtigen in die Buchführung aufgenommen werde (Verweis auf BFH, Urteil v.
27.03.1968, I R 154/65, BStBl. II 1968, 522). Außerdem sei in Rechtsprechung und
Schrifttum anerkannt, dass reine Fehlbuchungen für sich genommen keine
Vermögensmehrungen bzw. Vermögensminderungen bewirken und damit Einlagen
oder Entnahmen nicht begründen könnten (BFH, Urteil v. 18.04.2002, III R 43/00, BStBl.
II 2003, 149; Heinicke in Schmidt, EStG28, § 4 EStG Rz. 360 "Buchung"). Auch im
Bereich der verdeckten Gewinnausschüttung sei von der Rechtsprechung entschieden
worden, dass alleine die Buchführung oder eine Buchung selbst keine verdeckte
Gewinnausschüttung zu begründen vermöge. Vielmehr stelle die Buchführung nur
Vermögensbewegungen dar, sie bewirke sie allerdings nicht (Hinweis auf FG Saarland,
Urteil v. 21.05.2001, 1 K 326/97, EFG 2001, 1233).
22
Die Anwendung dieser Rechtsprechungsgrundsätze auf den Streitfall müsse zur
Berichtigung der Bilanzen auf den 31.12.2000 und den 31.12.2001 führen. Bei der
Überweisung vom 25.01.2000 sei keinerlei Verwendungszweck vermerkt worden, aus
dem auf eine alleinige Einlage des H.. hätte geschlossen werden können. Zahlender
der Überweisung vom 22.06.2001 sei ausschließlich R.. gewesen. Die dem
widersprechende Verbuchung des Vorgangs als Einlage bei H.. bestätige, dass hier ein
Buchungsfehler vorliege. Es bestehe – entgegen den Ausführungen des Bekl. – auch
kein Zusammenhang mit dem Grundstückskauf "L", denn der Kaufpreis sei am
19.07.2001 vom Bankkonto der Kl. geleistet und zu Lasten des Kapitalkontos II des
Gesellschafters H.. verbucht worden.
23
Darüber hinaus führt die Kl. weiter fort, dass ein Bereicherungswille des Vaters R..
zugunsten seines Sohnes H.. durch die vom Buchalter verursachten Fehlbuchungen
nicht begründet werden könne. Auch dass beide Gesellschafter die Jahresabschlüsse
unterschrieben hätten, vermöge die vom Bekl. unterstellte freigebige Zuwendung nicht
auszulösen. Sämtliche Schenkungen des Vaters seien in der Vergangenheit schriftlich
vereinbart worden. Dass eine freigebige Zuwendung nicht gewollt gewesen sei, sei
auch daran ersichtlich, dass die Einzahlungen nicht auf das von H.. für das
Bauvorhaben "L" extra errichtete Bankkonto erfolgt seien, was aber aus
kaufmännischen Gründen wegen der Kosten- und Zinsersparnis sinnvoll gewesen wäre.
Der "Umweg" über die Kl. spräche gerade dafür, dass R.. den Willen gehabt habe, sein
eigenes Kapitalkonto aufzustocken und der Gesellschaft dadurch Liquidität zuzuführen,
damit sein Sohn H.. sein eigenes Kapitalkonto habe belasten können. Aufgrund des
Umstandes, dass umfangreiche Betriebs- und Kapitalvermögenstransfers der beiden
Gesellschafter, bei denen oftmals mehrere Hunderttausend DM transferiert worden
seien, in der Vergangenheit durchaus üblich gewesen wären, sei es im laufenden
Geschäftsverkehr auch als normal anzusehen, dass die Anteilseigner die
Kapitalkontenentwicklungen innerhalb der Jahresabschlüsse nicht überprüft, sondern im
Vertrauen auf die richtige Behandlung durch den Buchhalter ihre Unterschrift geleistet
hätten.
24
Der Bekl. hat im Verlauf des finanzgerichtlichen Verfahrens Kopien der Bilanzen zum
31.12.2000 und 31.12.2001 vorgelegt. Daraus ist ersichtlich, dass die Jahresabschlüsse
25
lediglich vom Kommanditisten H.. unterzeichnet worden sind. Darauf hin ergänzte die
Kl. ihre Klagebegründung dahingehend, dass die Jahresabschlüsse wegen fehlender
Unterschrift des Gesellschafters R.. unwirksam seien. Die Jahresabschlüsse trügen
lediglich die Unterschrift des nur zu 49 % beteiligten Gesellschafters H.. Gemäß § 12
des Gesellschaftsvertrages der Komplementärin der Kl. (Q GmbH) vom 21.01.1983 sei
aber zur wirksamen Beschlussfassung über die Genehmigung des Jahresabschlusses
eine Mehrheit von 75 % der Gesellschafterversammlung erforderlich. Gemäß § 6 des
Gesellschaftsvertrages der Kl. vom 23.06.1983 sei ferner der Jahresabschluss mit
einfacher Mehrheit aller Stimmen zu genehmigen. In § 7 sei weiter geregelt, dass der
Jahresabschluss von den Gesellschaftern (Plural) zu genehmigen sei. Zu diesem
Zweck müsse den Gesellschaftern eine Bilanzabschrift nebst Gewinn- und
Verlustrechnung zugestellt werden. Dies sei gegenüber dem Gesellschafter R..
offensichtlich nicht geschehen. R.. habe die Jahresabschlüsse nicht genehmigt, denn es
gäbe keinerlei Schriftstücke oder ähnliche Dokumente, aus denen eine entsprechende
Genehmigung abzuleiten sei. Bei den Gesellschafterversammlungen, in deren Rahmen
die Jahresabschlüsse durch Unterzeichnung genehmigt worden seien, sei R..
offensichtlich nicht anwesend gewesen, denn ansonsten hätte auch er die
Jahresabschlüsse unterzeichnet. Im Ergebnis habe daher jedenfalls R. keine Kenntnis
von den Fehlbuchungen des Buchhalters der Kl. gehabt. Die Unkenntnis und die
Tatsache, dass die Bilanzen nicht wirksam festgestellt worden seien, müssten
zwangsläufig zu der beantragten Bilanzberichtigung führen.
Im weiteren Verlauf des Verfahrens hat die Kl. noch folgende Unterlagen vorgelegt:
26
- Geschäftsführervertrag zwischen der Kl. und Herrn H.. vom 07.07.1993
27
- Aufhebungsvertrag des Geschäftsführervertrages zum 01.01.2004
28
- Vertrag über die Schenkung von Kommanditanteilen an der Kl.
29
von R.. an seinen Sohn H.. vom 07.07.1993
30
- Vertrag über die Abtretung von Geschäftsanteilen an der Komplementärin der Kl.
31
von R.. an seinen Sohn H.. vom 07.07.1993
32
- Niederschrift über die Gesellschafterversammlung der Komplementärin der Kl.
33
vom 07.07.1993 nebst Anmeldung zum Handelsregister
34
Schriftliche Erklärung des H.. vom 20.01.2010
(übergeben in der mündlichen Verhandlung)
35
36
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten der Klagebegründung wird auf die Schriftsätze
der Kl. vom 04.03., 26.04., 11.08. (zwei Schriftsätze) und 25.10.2005 verwiesen.
37
Die Kl. beantragt,
38
1) die Bilanzen zum 31.12.2000 und zum 31.12.2001 gemäß § 4 Abs. 2 EStG zu
berichtigen und die Kapitalkonten II der Gesellschafter, die Auswirkungen auf die
Gewinnverteilung haben, wie folgt festzusetzen:
39
R H
40
31.12.2000 - 1.212.337,85 DM 1.551.382,38 DM
41
31.12.2001 - 305.161,24 DM 425.985,07 DM
42
2) den Gewinn unter Berücksichtigung der berichtigten Kapitalkonten II für das Jahr
2001 mit 898.637,25 DM Herrn R und mit 1.113.209,56 DM Herrn H zuzurechnen.
43
3) die Zuziehung des Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu
erklären.
44
Der Bekl. beantragt,
45
die Klage abzuweisen.
46
Im Rahmen seiner Gegenäußerung verweist der Bekl. zunächst auf seinen Vortrag aus
dem außergerichtlichen Rechtsbehelfsverfahren. Im Hinblick auf den Umstand der
einseitigen Unterzeichnung der Jahresabschlüsse zum 31.12.2000 und 31.12.2001
weist der Bekl. darauf hin, dass auch die Jahresabschlüsse 1998 und 1999 lediglich
vom Gesellschafter H.. unterzeichnet worden seien. Gleiches gelte für die von der Kl.
eingereichten Steuererklärungen. Der Gesellschafter H.. sei ausweislich des
Geschäftsführervertrages vom 07.07.1993 alleinvertretungsberechtiger Geschäftsführer
der Komplementärin (Verwaltungs-GmbH) der Kl. gewesen. Er habe damit wirksam als
Vertreter für die beiden Gesellschaften gehandelt. Die auf der Grundlage der
eingereichten Steuererklärungen und vorgelegten Jahresabschlüsse ergangenen
Steuerbescheide der Vergangenheit seien auch in Bestandskraft erwachsen. Die durch
diese jahrelange Handhabung erzielte Außenwirkung müsse die Kl. gegen sich geltend
lassen. Jedenfalls habe von Seiten des Bekl. kein Anlass bestanden, die Wirksamkeit
der Jahresabschlüsse zu überprüfen. Zudem sei die behauptete Form der Genehmigung
der Jahresabschlüsse durch bloße Unterzeichnung nicht anderweitig dokumentiert.
Üblicherweise würden Jahresabschlüsse durch entsprechende Beschlüsse der
Gesellschafterversammlungen getroffen und protokollarisch festgehalten.
47
Der erkennende Senat hat am 22.01.2010 mündlich in der Sache verhandelt. Auf die
Sitzungsniederschrift wird Bezug genommen.
48
Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die
beigezogenen Verwaltungsvorgänge verwiesen.
49
Entscheidungsgründe:
50
Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet.
51
I. Der Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung der
52
Besteuerungsgrundlagen für das Jahr 2001 ist rechtmäßig und verletzt die Kl. nicht in
ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 FGO). Der Bekl. hat den Antrag der Kl. auf Berichtigung der
Bilanzen zum 31.12.2000 und zum 31.12.2001 zu Recht abgelehnt.
1) Die Voraussetzungen für eine Bilanzberichtigung i.S. des § 4 Abs. 2 S. 1 EStG (in der
Fassung des Streitjahres) liegen nicht vor.
53
a) Gemäß § 4 Abs. 2 S. 1 EStG darf der Steuerpflichtige die Vermögensübersicht
(Bilanz) auch nach ihrer Einreichung beim Finanzamt ändern, soweit sie den
Grundätzen ordnungsmäßiger Buchführung unter Befolgung der Vorschriften dieses
Gesetzes nicht entspricht. Die Bilanzberichtigung setzt also – anders als die
Bilanzänderung gemäß § 4 Abs. 2 S. 2 EStG – einen objektiv fehlerhaften Bilanzansatz
voraus.
54
b) Ein solcher objektiv fehlerhafter Bilanzansatz liegt im Streitfall nicht vor. Denn die von
der Kl. bestrittenen Einlagetatbestände des R.. zugunsten seines Sohnes H.. sind
spätestens mit dem Ausweis der entsprechenden Einlagen in den Jahresabschlüssen
zum 31.12.2000 und 31.12.2001 (Kapitalkontenentwicklung) als bewirkt anzusehen.
55
Eine Einlage i.S. des § 4 Abs. 1 S. 1 EStG setzt nach ständiger Rechtsprechung eine
ausdrückliche oder schlüssige Einlagehandlung voraus, die von einem entsprechenden
unternehmerischen Willen getragen sein muss. Der Willensentschluss des
Steuerpflichtigen muss in der Regel durch ein tatsächliches Geschehen, ein Verhalten
des Steuerpflichtigen äußerlich erkennbar und auf objektiv nachprüfbare Weise
dokumentiert werden. Die buchmäßige (bilanzielle) Behandlung eines Geschäftsvorfalls
ist dabei ein – widerlegbares – Indiz für die subjektive Willensbildung des
Steuerpflichtigen (vgl. BFH, Urteile v. 19.03.1981, IV R 39/78, BStBl. II 1981, 731; v.
20.09.1995, X R 46/94, BFH/NV 1996, 393; v. 25.11.1997, VIII R 4/94, BStBl. II 1998,
461; Heinicke in Schmidt, EStG28, § 4 EStG Rz. 316 ff.).
56
Im Hinblick auf diese allgemeinen Maßstäbe sind die streitbefangenen Einlagen vom
25.01.2000 (500.000,- DM) und vom 22.06.2001 (1.000.000,- DM) zugunsten des
Gesellschafters H.. als nach außen (gegenüber dem Finanzamt) hinreichend
dokumentiert und damit bewirkt anzusehen.
57
Dabei kann zur Überzeugung des erkennenden Senats dahingestellt bleiben, ob schon
die Behandlung der Einzahlungen als Einlagen zugunsten des H.. in der laufenden
Buchführung durch die Kl. (bzw. deren Buchhalter) einen entsprechenden Einlagewillen
des R.. dokumentiert. Zwar muss sich der Steuerpflichtige Buchungen eines
Angestellten grundsätzlich zurechnen lassen (vgl. Heinicke in Schmidt, EStG28, § 4
EStG Rz. 318). Dies gilt jedoch nicht für offensichtliche Buchungsversehen. Eine
fehlerhafte Buchung führt daher – mit dem Vortrag der Kl. – nicht in jedem Fall zur
Dokumentation eines Einlagewillens; erst Recht wird eine Einlage nicht durch eine
fehlerhafte Buchung "bewirkt" (zutreffend Heinicke in Schmidt, EStG28, § 4 EStG Rz.
360 "Buchung").
58
Im Streitfall hat der Buchhalter der Kl. schriftlich bestätigt (Bl. 24 Gerichtsakte), die
Verbuchung der Einlagen selbständig und ohne Rücksprache mit den Gesellschaftern
der Kl. vorgenommen zu haben. Auch der Gesellschafter H.. hat in der im Rahmen der
mündlichen Verhandlung vorgelegten schriftlichen "Erklärung" nochmals darauf
hingewiesen, dass die Verbuchung durch den Buchalter der Kl. seinerzeit ohne
59
Rücksprache mit den Gesellschaftern erfolgt sei. Vor diesem Hintergrund könnte eine
Zurechnung der Buchungshandlungen gegenüber der Kl. bzw. ihren Anteilseignern
zumindest fraglich sein. Möglicherweise hat die Verbuchung seinerzeit nicht dem Willen
des R.. entsprochen, erst Recht wenn man mit dem jetzigen Vortrag der Kl.
berücksichtigt, dass das Motiv der Einzahlungen bei R.. im Ausgleich des negativen
Kapitalkontos vor einer altersbedingten Aufgabe seiner Gesellschafterstellung gelegen
habe.
Andererseits ist aber zu beachten, dass jedenfalls die Angaben auf dem
Einzahlungsbeleg der zweiten Einlage vom 22.06.2001 i.H. von 1.000.000,- DM für
einen entsprechenden Einlagewillen des R.. sprechen, denn dort ist als
Verwendungszweck vermerkt, dass die Einzahlung mit Blick auf den geplanten
Grundstückskauf "L", mithin zu Gunsten einer Verwendung des Kapitals durch den Sohn
H.. des Einzahlenden erfolgt ist. Was die erste Einlage vom 25.01.2000 anbelangt, so ist
überdies beachtenswert, dass ausschließlich eine Verbuchung zu Gunsten des H..
erfolgt ist, obwohl eine Verbuchung zu Gunsten beider Gesellschafter wesentlich näher
gelegen hätte, denn die Einzahlung erfolgte von einem privaten Konto beider
Anteilseigner. Möglicherweise deutet dieser Umstand darauf hin, dass die Verbuchung
dieser Einzahlung durch den Buchhalter seinerzeit doch auf Anweisung bzw. nach
Rücksprache mit der Kl. bzw. ihrer/n Gesellschafter/n erfolgte.
60
Letztlich kommt es auf die tatsächlichen Umstände bei der Erfassung der Einzahlungen
im Rahmen der laufenden Buchhaltung der Kl. jedoch nicht an. Entscheidend ist
vielmehr der Aspekt, dass die Kl. und ihre Gesellschafter die Einzahlungen in den
Jahresabschlüssen der Jahre 2000 und 2001 - mithin über einen längeren Zeitraum -
zweifelsfrei als Einlagen des R.. zugunsten des H.. dargestellt und entsprechend
behandelt haben, nämlich zum Einen durch entsprechenden Ausweis in den
Kapitalkontenentwicklungen der Gesellschafter sowie zum Anderen durch Vornahme
einer darauf basierenden Verzinsung der Kapitalkonten. Jedenfalls diesen bilanziellen
Ausweis müssen die Kl. und ihre Gesellschafter nach Ansicht des Gerichts gegen sich
gelten lassen. Denn bei einem Widerspruch zwischen dem äußerlich erkennbaren
Verhalten des Steuerpflichtigen einerseits und seines wirklichen oder behaupteten
inneren Willens andererseits, muss sich der Steuerpflichtige an dem objektiven
Erklärungswert seines äußerlich erkennbaren Verhaltens festhalten lassen
(Rechtsgedanke des § 116 Bürgerliches Gesetzbuch - BGB, vgl. BFH, Urteil v.
19.03.1981, IV R 39/78, BStBl. II 1981, 731). Dies gilt erst Recht, wenn er nach den
objektiven Umständen von der vermeintlich fehlerhaften bilanziellen Behandlung hätte
Kenntnis nehmen können und müssen (vgl. Heinicke in Schmidt, EStG28, § 4 EStG Rz.
318).
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Im Streitfall hätte der Gesellschafter R.. von der vermeintlich fehlerhaften Behandlung
der Einlagen in den Jahresabschlüssen der Kl. sehr wohl Kenntnis nehmen können und
müssen. Ihm war grundsätzlich die Möglichkeit gegeben, die Behandlung der
Einzahlungen sowohl in der laufenden Buchführung als auch im Rahmen der
Bilanzaufstellung und damit ihre Wirkung als Einlage zu seinen oder zu Gunsten seines
Sohnes H.. zu überprüfen. Bei der Höhe der Einlagen und der damit verbundenen
handelsrechtlichen- sowie steuerrechtlichen Auswirkungen war eine entsprechende
Überprüfung durch den Gesellschafter R.. auch angezeigt. An einer ordnungsmäßen
(seinem wahren Willen entsprechenden) Aufstellung des Jahresabschlusses nebst
richtiger (den Tatsachen entsprechender) Entwicklung seines eigenen Kapitalkontos
(und damit des auf ihn entfallenden Gewinns) kann dem R.. auch ein gesteigertes
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Interesse unterstellt werden. Für unerheblich erachtet der erkennende Senat in diesem
Zusammenhang, dass der Gesellschafter R.. die Jahresabschlüsse 2000 und 2001
weder tatsächlich unterzeichnet hat noch vermeintlich gesehen haben soll. Die
Erstellung der Jahresabschlüsse und der darauf basierenden Steuererklärungen sowie
deren Vorlage beim Finanzamt durch die steuerlichen Vertreter (= Prozessvertreter)
müssen sowohl die Kl. als auch deren Anteilseigener gegen sich gelten lassen.
Bei seiner Entscheidung, dass mit den Einzahlungen vom 25.01.2000 und 22.06.2001
und der anschließenden bilanziellen Behandlung dieser Zahlungsvorgänge
Einlagetatbestände zu Gunsten des Gesellschafters H.. tatsächlich verwirklicht worden
sind, hat sich der erkennende Senat auch von Rechtsscheins- bzw.
Vertrauensschutzaspekte leiten lassen. Die bilanzielle Behandlung von Einlage- und
Entnahmevorgängen durch den Steuerpflichtigen hat bedeutende Außenwirkung. Die
Finanzbehörden sind im Rahmen des Besteuerungsverfahrens in verstärktem Maße auf
die aus der Sphäre des Steuerpflichtigen stammenden Informationen angewiesen (vgl.
die allgemeinen und besonderen Mitwirkungs- und Aufzeichnungspflichten nach §§ 90
ff., §§ 140 ff. Abgabeordnung - AO). Sie müssen sich – gerade im Hinblick auf die
Annahme subjektiver Besteuerungstatbestände (wie etwa den Einlagewillen) – auf die
vom Steuerpflichtigen gesetzten objektiven Anzeichen "verlassen" können. Dies gilt
auch für einen über zwei oder mehr Veranlagungszeiträume fortgeführten Bilanzansatz
in Gestalt einer Einlage. Die Finanzbehörden dürfen erwarten, dass der Steuerpflichtige
die in dem Bilanzansatz zum Ausdruck kommende subjektive Zuordnung der Einlage zu
seinem oder zum Vermögen eines Mitgesellschafters zeitnah überprüft hat und gegen
sich gelten lassen will.
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Die somit bewirkten Einlagen haben zur Folge, dass eine Bilanzberichtigung mangels
objektiver Fehlerhaftigkeit der Jahresabschlüsse 2000 und 2001 nicht mehr möglich ist.
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c) Die von der Kl. zur Klagebegründung zitierte Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes
wirkt sich aus der Sicht des Gerichts nicht auf das Ergebnis des Streitfalles aus.
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Zunächst geht der Hinweis der Kl. auf das Urteil des Bundesfinanzhofes vom
27.03.1968 (I 154/65, BStBl. II 1968, 522), wonach eine irrtümliche Verbuchung eines
Sachverhaltes im Zuge der Fernbuchführung, die ein Steuerpflichtiger zwar nicht
unmittelbar, aber dennoch zeitnah berichtigt hat, nicht über die Zurechnung eines
Wirtschaftsgutes zum Privat- oder Betriebsvermögen zu entscheiden vermag, ins Leere.
Der Sachverhalt im Streitfall ist nicht mit dem Sachverhalt in der genannten
Entscheidung vergleichbar. Wie oben bereits dargelegt, wird der für eine Einlage
erforderliche subjektive Einlagenwille des Gesellschafters R.. nicht in erster Linie durch
die (möglicherweise fehlerhafte) Behandlung in der laufenden Buchführung, sondern
maßgeblich durch die Behandlung des streitbefangenen Sachverhaltes in den
Jahresabschlüssen (Bilanzen) der Kl. begründet. Darüber hinaus ist das der
Entscheidung vom 27.03.1968 zugrunde liegende Buchungsversehen zeitnah durch
den Steuerpflichtigen korrigiert worden, was für die Einlagenzurechnung im Streitfall
nicht gilt. Aus den gleichen Gründen ist auch das Urteil des FG Hamburg vom
17.06.1996 (I 63/94, EFG 1996, 1021) hier nicht entscheidungsrelevant. Dort ist ein
entsprechendes Buchungsversehen spätestens bei der Aufstellung des
Jahresabschlusses korrigiert worden. Beide genannten Entscheidungen betreffen mithin
Ausnahmefälle und sind folglich restriktiv anzuwenden (vgl. auch Heinicke in Schmidt,
EStG28, § 4 EStG Rz. 318).
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Das von der Kl. im Rahmen der mündlichen Verhandlung zitierte Urteil des
Bundesfinanzhofes vom 24.06.2009 (IV R 55/06, BStBl. II 2009, 950) zur Anwendung
des § 173 Abs. 1 AO im Falle einer nachträglich bekannt gewordenen, steuerrechtlich
beachtlichen Gewinnverteilungsabrede, ist ebenfalls nicht einschlägig. Im Streitfall geht
es um die Schlussfolgerung auf einen Einlagewillen und damit einen subjektiven
Besteuerungstatbestand aus objektiven Umständen (Angaben des Steuerpflichtigen in
den Jahresabschlüssen). Dieser Sachverhalt ist mit dem nachträglichen Bekanntwerden
einer Gewinnverteilungsabrede nicht vergleichbar.
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Schließlich kann die Kl. auch nicht mit ihren Hinweisen auf die Rechtsprechung des
Bundesfinanzhofes zur verdeckten Gewinnausschüttung durchdringen. Auch insofern
sind die zitierten Entscheidungen mit der Konstellation des Streitfalles nicht kompatibel.
Zwar ist es grundsätzlich zutreffend, dass eine verdeckte Gewinnausschüttung nicht
durch eine fehlerhafte Buchung ausgelöst wird. Andererseits entspricht es aber
ständiger Rechtsprechung, dass auf den subjektiven Tatbestand einer Einlage oder
Entnahme aus objektiven Umstände geschlossen werden kann und dass sich der
Steuerpflichtige die buchmäßige bzw. bilanzielle Behandlung eines entsprechenden
Vorgangs zurechnen lassen muss, wenn er sie widerspruchslos zur Kenntnis nimmt
oder nach den objektiven Umständen davon hätte Kenntnis nehmen können und
müssen (vgl. pars pro toto BFH, Urteil v. 19.03.1981, IV R 39/78, BStBl. II 1981, 731).
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2) Der Umstand, dass der Gesellschafter R.. die Jahresabschlüsse 2000 und 2001
weder unterzeichnet noch vermeintlich gesehen und genehmigt hat, ist nach Auffassung
des Gerichts für die Bewirkung der Einlagehandlungen und damit für das Ergebnis des
Streitfalles in mehrfacher Hinsicht irrelevant. Die Kl. kann insofern nicht einwenden,
dass die Jahresabschlüsse auf den 31.12.2000 und 31.12.2001 generell unwirksam
seien und in jedem Fall neu (d.h. aus der Sicht der Kl. mit einer abweichenden
Kapitalkontenentwicklung) erstellt werden dürften.
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Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes liegt eine wirksame Steuerbilanz
auch ohne Beachtung der gesetzlichen Vorgaben des Handelsrechts zur formellen
Feststellung von Jahresabschlüssen vor (vgl. etwa zum Erfordernis der Feststellung des
Jahresabschlusses durch die Gesellschafterversammlung einer GmbH: § 46 Nr. 1
Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung - GmbHG).
Entsprechende formelle Anforderungen sind steuergesetzlich gerade nicht vorgesehen
und damit für die Wirksamkeit einer Steuerbilanz nicht notwendig (vgl. BFH, Urteil v.
28.05.2008, I R 98/06, BStBl. II 2008, 916). Nichts anderes kann im Ergebnis gelten,
wenn bestimmte formelle Anforderungen an die Wirksamkeit von Jahresabschlüssen
nicht nur gesetzlich, sondern gesellschaftsvertraglich vereinbart worden sind. Die
Missachtung solcher Vorgaben hat auf die Wirksamkeit der Steuerbilanz keinen
Einfluss. Die gesellschaftsvertraglichen Bestimmungen zur wirksamen Feststellung der
Jahresabschlüsse der Kl. gelten nur im Innenverhältnis zu und zwischen den
Gesellschaftern. Außenwirkung gegenüber dem Finanzamt kommt ihnen dagegen nicht
zu.
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Darüber hinaus ist der erkennende Senat – mit dem Bekl. – der Auffassung, dass die Kl.
sich an der jahrelangen Praxis, dass Bilanzen und Steuererklärungen lediglich vom zur
Alleingeschäftsführung befugten Gesellschafter H.. unterzeichnet worden sind,
festhalten lassen muss. Jedenfalls ist aus den Gesamtumständen des Verfahrens nicht
erkennbar, dass der Anteilseigner R.. nicht wenigstens die Möglichkeit gehabt hätte, die
Richtigkeit der streitbefangenen Bilanzen zu überprüfen.
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II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.
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III. Die Revision war nicht zuzulassen. Die Sache hat weder grundsätzliche Bedeutung
noch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen
Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs (§ 115 Abs. 2 FGO).
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