Urteil des FG Münster vom 17.08.2006

FG Münster: stadt, verkäuferin, gegenleistung, kaufpreis, grundstück, altlasten, zukünftige nutzung, entsorgung, nutzungsänderung, unverzüglich

Finanzgericht Münster, 8 K 2650/03 GrE
Datum:
17.08.2006
Gericht:
Finanzgericht Münster
Spruchkörper:
8. Senat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
8 K 2650/03 GrE
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens werden der Klägerin auferlegt.
Die Revision wird zugelassen.
G r ü n d e :
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Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob in die Gegenleistung (§ 9 Abs. 1 Nr. 1
Grunderwerbsteuergesetz (GrEStG)) für den Erwerb eines (kontaminierten) Grundstücks
auch Kosten für die Altlastensanierung einzubeziehen sind.
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Mit notariell beurkundetem Vertrag vom 18.02.2000 (UR-Nr. 34/2000 des Notars S in I)
erwarb die Klägerin (Klin.) von der Bundesrepublik Deutschland das mit vier
Lagergebäuden bebaute Grundstück N-Straße 59 zum Kaufpreis von 2.150.000,00 DM
(1.099.277,00 EUR). Das Grundstück war in den Jahren 1934 bis Mitte der 80er Jahre
für militärische Zwecke genutzt worden; insbesondere diente es nach dem 2. Weltkrieg
den ausländischen Streitkräften als Lager für Maschinen, Fahrzeuge und Gerätschaften.
Der Boden war mit diversen Chemikalien erheblich kontaminiert und wegen der
bestehenden Altlasten und der vorhandenen Baukörper im Zeitpunkt des
Vertragsabschlusses nicht für die Wohnbebauung geeignet. Wegen der Einzelheiten
der Bodenverunreinigungen wird auf das Gefährdungsgutachten der Firma IQD GmbH
vom 13.07.1995 Bezug genommen. Auf Grund dieses Sachverständigengutachtens
musste die Veräußerin auf Verlangen der Stadt I vom 07.08.1995 vorläufige
Sicherungsmaßnahmen durchführen, wobei tiefgreifende Altlastenbeseitigungen und
weitere Grundwassersanierungsmaßnahmen zunächst zurückgestellt wurden. Auf
Anfrage des Finanzamts (FA) teilte das Bundesvermögensamt unter dem 23.03.2000
dazu mit, dass hinsichtlich der erworbenen Fläche eine Ordnungsverfügung gegen den
Bund nicht erlassen worden sei, sondern der Bund im Bereich des ehemaligen
Batterielagers im Herbst 1995 durch Überdecken der betroffenen Flächen mit Folie und
anschließenden Bodenauftrag provisorische Sicherungsmaßnahmen ergriffen habe. Die
Belastung der Liegenschaft werde jedoch seit dem Jahre 1996 durch die Errichtung von
Grundwassermessstellen und durch die Entnahme von Bodenproben ständig
überwacht. Das Umweltamt der Stadt I stehe seit Beginn der Verkaufsverhandlungen mit
der Käuferin in Kontakt, da die zu ergreifenden Sicherungsmaßnahmen auf die
zukünftige Nutzung mit der Ordnungsbehörde abgestimmt werden müssten.
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zukünftige Nutzung mit der Ordnungsbehörde abgestimmt werden müssten.
Bei der von der Klin. erworbenen Grundstücksfläche handelte es sich um ein
Innenstadtgrundstück in bester Wohnlage von I, welches für eine Wohnbebauung
vorgesehen war. Unabhängig davon wurde zunächst in einer Besprechung zwischen
der Stadt I, der OFD N und dem Bundesvermögensamt vom 25.07.1996 festgehalten,
dass auch ohne eine Nutzungsänderung wohl innerhalb der nächsten zwei Jahre
Maßnahmen zur Gefahrenabwehr erforderlich seien (Auskofferung im Bereich der
ehemaligen Batterielager und der PAK-belasteten Fläche im Osten, Bodenabdeckung in
den Vegetationsbereichen im nördlichen und westlichen Bereich der Fläche sowie
regelmäßige Grundwasseruntersuchung zur Überwachung der Grundwasserbelastung).
In einem weiteren Schreiben der Stadt I vom 30.08.1996 wurden die bestehenden und
zu beseitigenden Gefahren nochmals im Einzelnen dargelegt. In dem Ergebnisprotokoll
vom 26.07.1996 über die Besprechung am Vortag wird weiter festgehalten, dass die
Oberfinanzdirektion mit dem in nähere Auswahl genommenen Investor für die
Reaktivierung der Fläche die Gespräche wieder aufnehmen werde. Falls dieser Investor
kein weiteres Interesse an dieser Fläche bekunde, beabsichtigte man, im Benehmen mit
dem Stadtplanungsamt der Stadt I eine Ausschreibung der Fläche vorzunehmen.
Wegen einer möglichen Nutzungsänderung heißt es in einem Schreiben der Stadt I an
die Bundesrepublik Deutschland vom 25.04.1996 zudem, dass im Hinblick auf die
geplante Wohnnutzung der Fläche über die Gefahrenabwehr hinaus aus
Vorsorgegründen Sanierungs-/ Sicherungsmaßnahmen durchzuführen seien.
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Der Bebauungsplan wurde im Juni 2001 aufgestellt und im Dezember desselben Jahres
vom Rat der Stadt genehmigt.
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In Bezug auf die Altlastensanierung und eine anstehende Nutzungsänderung der
Fläche heißt es dazu im Grundstückskaufvertrag im Einzelnen wie folgt:
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§ 3
7
Kaufpreis
8
1... 2... 3...
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4. Bei dem vereinbarten Kaufpreis nach § 3 Abs. 1 wurde auch berücksichtigt, dass der
Käuferin Aufwendungen in Höhe von mindestens 350.000,00 DM für anteilige
Infrastrukturmaßnahmen (2-zügiger Kindergarten) entstehen. Die Käuferin verpflichtet
sich, die Durchführung dieser Infrastrukturmaßnahme in geeigneter Weise u. a. durch
Vorlage des städtebaulichen Vertrages und des Miet- bzw. Übereignungsvertrages zu
belegen. Für den Fall, dass diese Infrastrukturmaßnahme nicht innerhalb von 3 Jahren
ab Kaufvertragsabschluss verwirklicht wird, hat die Käuferin die ersparten
Aufwendungen in Höhe von 350.000,00 DM verzinst ab Kaufvertragsabschluss mit 2 %
über dem Basiszinssatz innerhalb von zwei Wochen nach Zahlungsaufforderung an die
Verkäuferin nachzuzahlen...
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§ 4 Gewährleistung, Haftung, Altlasten
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1. Das Kaufobjekt wird in dem gegenwärtigen, den Vertragsparteien bekannten Zustand
verkauft. Die Verkäuferin haftet weder für Größe, Güte oder Beschaffenheit des
Kaufgrundstücks – einschließlich in oder auf dem Kaufobjekt vorhandener Leitungen
(vgl. § 5) – noch für seine Freiheit von privaten oder öffentlichen Lasten, zu deren
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Entstehung oder Fortbestand eine Eintragung im Grundbuch nicht erforderlich ist.
Insbesondere übernimmt die Verkäuferin keine Gewähr für eine bestimmte Eigenschaft
und/oder Nutzungsmöglichkeit des Kaufobjekts sowie die Beschaffenheit des
Baugrundes und der baulichen und technischen Anlagen (einschl. der
Entwässerungsanlagen).
2. Der Käuferin ist bekannt, dass auf dem Kaufobjekt in den Jahren 1934 – 1936 ein
Depot erbaut worden ist, welches in den Jahren 1936 – 1945 als Heeresverpflegungs-
und Materiallager von der Reichs- bzw. Wehrmacht, unter anderem vermutlich auch für
chemische Kampfstoffe, genutzt worden ist. Im Jahr 1945 wurde das Kaufgrundstück
durch die ausländischen Streitkräfte übernommen und von diesen weitere Gebäude
errichtet. Das Kaufgrundstück wurde von den ausländischen Streitkräften bis Mitte der
80er Jahre als Lager für Maschinen, Fahrzeuge und Gerätschaften genutzt. Nachdem
die ausländischen Streitkräfte die Nutzung aufgegeben haben, wurden die baulichen
Anlagen bis auf 4 massive Lagergebäude von der Bundeswehr eingeebnet. Unterlagen,
die über die abgerissenen Gebäude und deren Nutzung Aufschluss geben könnten,
sind den derzeit für die Liegenschaft zuständigen Bediensteten nicht bekannt. Die
Fundamente wurden nicht entfernt; die Abbruchmassen wurden zum Teil zu Wällen
zusammengeschoben. Der in § 4 Abs. 1 genannte Haftungsausschluss erfasst
ausdrücklich auch ggf. aus den vorgenannten Nutzungen herrührende
Verschlechterungen einschließlich Bodenverunreinigungen, soweit nachfolgend nichts
anderes bestimmt ist.
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3. Der Käuferin ist weiter bekannt, dass sich auf dem Kaufgrundstück
Bodenverunreinigungen bedingt durch die vorgenannten Nutzungen nach Abs. 2
befinden. Für das Kaufobjekt wurde im Auftrag der Stadt I von der Firma IQD GmbH mit
Datum vom 13.07.1995 ein Gefährdungsgutachten erstellt, das der Käuferin bekannt ist.
Aufgrund des Ergebnisses hat die Verkäuferin auf Verlangen der Stadt I vom 07.08.1995
vorläufige Sicherungsmaßnahmen durchgeführt, diese sind der Käuferin bekannt. Die
Stadt I hat im weiteren aufgrund der Ergebnisse durch die Firma IQD GmbH mit
Gutachten vom 08.12.1995 ein Sicherungs-/Sanierungskonzept erstellen lassen. Dieses
ist der Käuferin übergeben worden. Grundlegende Altlastenbeseitigungen und
Grundwassersanierungsmaßnahmen wurden auf der Grundlage des
Sanierungskonzeptes der Firma IQD GmbH vom 08.12.1995 und der Ermittlungen der
von der Verkäuferin beauftragten Staatlichen Bauverwaltung Nordrhein-Westfalen
zunächst zurückgestellt. Bei der beabsichtigten Herrichtung des Kaufobjektes jedoch
sind die vorgenannten und die im Schreiben der Stadt I vom 30.08.1996 geforderten
Maßnahmen zur Gefahrenabwehr, die der Käuferin bekannt sind, zu gewährleisten. Das
Untersuchungsergebnis der Stadt I vom 19.11.1996 und das Schreiben der Stadt I vom
30.08.1996 wurden der Käuferin übergeben. Durch die von der Käuferin beauftragte
Beratungsgesellschaft SH & Partner mbH wurden weitere Abbruch-, Entsorgungs- und
Verwertungskonzepte vom 17.03.1999, 27.07.1999 und nach ergänzenden
Untersuchungen vom 28.09.1999 und 08.11.1999 erstellt, die den Parteien bekannt
sind.
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4. Der Käuferin ist bekannt, dass das Kaufgrundstück wegen der bestehenden Altlasten
und der vorhandenen Baukörper derzeit zum Zwecke der Wohnbebauung nicht
bebauungsfähig ist. Die Parteien haben bei der Kaufpreiseinigung berücksichtigt, dass -
für die Beseitigung der Verunreinigung des Bodens mit Schadstoffen, die nach den
geltenden gesetzlichen Bestimmungen und Richtlinien der vorgesehenen Nutzung zur
Wohnbebauung entgegenstehen, - für die Freiräumung, Entsiegelung und den Abbruch
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sämtlicher ober- und unterirdischen Bauten und Fundamente und - für die erforderliche
ordnungsgemäße Entsorgung/Verwertung der anfallenden Materialien ganz erheblich
Aufwendungen aufzubringen sind, die beide Parteien mit 6.500.000,00 DM netto
zuzüglich 16 % Mehrwertsteuer, somit insgesamt 7.540.000,00 DM veranschlagen. Bei
dem vereinbarten Kaufpreis nach § 3 Abs. 1 wurden daher Aufwendungen der Käuferin
in dieser Höhe berücksichtigt. Die Käuferin bestätigt ausdrücklich, dass ihr der Umfang
der nötigen Aufwendungen bekannt ist und dass es gleichwohl bei dem vereinbarten
Gewährleistungsausschluss verbleiben soll. Sollten die tatsächlichen Aufwendungen
der Käuferin über diesen Betrag hinausgehen, ist eine darüber hinausgehende
Kostenbeteiligung der Verkäuferin ausdrücklich ausgeschlossen. Um jegliches
Haftungsrisiko der Verkäuferin nach § 24 Bundesbodenschutzgesetz (BBdSchG)
auszuschließen, verpflichtet sich die Käuferin zum Nachweis der ordnungsgemäß
durchgeführten Sanierung und Entsorgung, das maßgebliche Sanierungsgutachten vor
Beginn der Maßnahmen und das die Sanierung begleitende Gutachten (Dokumentation)
mit der Bestätigung der ordnungsgemäßen Entsorgung der entsorgungspflichtigen
Materialien unter Beifügung der begründenden Belege (dazu gehören: das begleitende
Sanierungsgutachten mit Mengennachweis (Aufmaße), Wiegescheine mit Datum,
Tonnage, Kfz-Kennzeichen, Uhrzeit und Ursprungsort, Entsorgungsnachweis
/Begleitscheine, Stellungnahme des Umweltamtes) nach Abschluss der Maßnahmen
der Verkäuferin unverzüglich prüfungsfähig vorzulegen. Die Käuferin hat durch eine
Bescheinigung des zuständigen Finanzamtes nachzuweisen, dass sie nicht
vorsteuerabzugsberechtigt ist. Sollte sich herausstellen, dass die Käuferin für in diesem
Zusammenhang stehende Leistungen doch ganz oder teilweise
vorsteuerabzugsberechtigt ist, ist die verpflichtet, die beim Kaufpreis in Abzug gebrachte
Vorsteuer in Höhe von 1.040.000,00 DM (in Worten: einemillionvierzigtausend Deutsche
Mark) anteilig an die Verkäuferin verzinst ab Kaufvertragsabschluss mit 2 % über dem
Basiszinssatz innerhalb von zwei Wochen nach Zahlungsaufforderung an die
Verkäuferin zu erstatten. Bei späterer Gutschrift gilt § 3 Abs. 3 entsprechend. Die
Käuferin verpflichtet sich, erforderliche Sanierungs- oder Sicherungsmaßnahmen zur
Beseitigung der von Bodenbelastungen ausgehenden, ordnungsrechtlich relevanten
Gefahren unverzüglich durchzuführen. Für den Fall, dass hierzu vor
Eigentumsumschreibung eine Ordnungsverfügung ergehen sollte, übernimmt die
Käuferin alle hieraus entstehenden Verpflichtungen und Kosten und stellt die
Verkäuferin insoweit frei. 5. Die in den Absätzen 1 – 4 getroffenen vertraglichen
Vereinbarungen regeln die Ausgleichspflicht der Verkäuferin nach § 24
Bundesbodenschutzgesetz (BBdSchG) gegenüber der Käuferin abschließend. Dies
betrifft sowohl den Fall der Kostenbeteiligung zur Beseitigung der
Bodenverunreinigungen als auch den umfassenden Gewährleistungsausschluss...
§ 5 Kampfmittelbeseitigung
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1. Die Verkäuferin haftet auch nicht für die Freiheit des Kaufgrundstücks von Munition
und Sprengstoffen sowie für Schäden, die dadurch verursacht werden, soweit
nachfolgend nichts anderes bestimmt ist. Vor Erdarbeiten/Baumaßnahmen auf dem
Kaufgrundstück ist aufgrund der Stellungnahme der Stadt I vom 24.02.1999, die der
Käuferin vorliegt, der Kampfmittelräumdienst der Bezirksregierung B zu verständigen.
Sollte sich herausstellen, dass eine Entmunitionierung wegen entfernungspflichtiger
Kampfmittelrückstände aus den beiden Weltkriegen erforderlich ist, ist die Verkäuferin
grundsätzlich bereit, Kosten der Beseitigung zu übernehmen. Es werden nur Kosten
nach Maßgabe der folgenden Regelungen berücksichtigt...
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§ 8 Nachzahlungsklausel
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1. Der Kaufpreis wurde unter Berücksichtigung des zur Zeit bestehenden
Bebauungsplanentwurfes ermittelt. Dabei wurde eine Nettobaufläche einschließlich
privater Grünflächen von 77.125 qm für eine 1-2-geschossige Wohnbebauung in Ein-
und Mehrfamilienhäusern bei einer Ausweisung als Allgemeines Wohngebiet,
insgesamt 250 Wohnungen, und ein Bodenwert von 134,00 DM/qm – ebp – zugrunde
gelegt. Bei einer Erhöhung der Nettobaufläche ist die Flächendifferenz zwischen der
tatsächlichen und der diesem Vertrag zugrunde gelegten Nettobaufläche mit 134,00
DM/qm auszugleichen. Die Käuferin hat die Nettobaufläche durch Aufmaß eines
öffentlich bestellten Vermessungsingenieurs nachzuweisen. Die Käuferin hat den
Ausgleichsbetrag verzinst ab Kaufvertragsabschluss mit 2 % über dem Basiszinssatz
innerhalb von zwei Wochen nach Zahlungsaufforderung an die Verkäuferin
nachzuzahlen. Bei späterer Gutschrift gilt § 3 Abs. 3 entsprechend.
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2.
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Die Käuferin verpflichtet sich für den Fall, eine Nachzahlung zu dem in diesem Vertrag
vereinbarten Kaufpreis zu leisten, dass die Stadt I innerhalb von 10 Jahren ab
Vertragsschluss für das Grundstück eine nach Art und/oder Maß höherwertige Nutzung
als bisher im Nutzungskonzept (Bebauungsplanvorentwurf v. Jan. 1999, 02.084
Wohngebiet N Depot in I) vorausgesetzt eröffnet und die Käuferin diese höherwertige
Nutzung vor Ablauf der 10-Jahresfrist abweichend von dem diesem Kaufvertrag
zugrunde liegenden Nutzungskonzept realisiert, z. B. durch wertsteigernde bauliche
Ausnutzung oder durch Veräußerung. Nachzuzahlen ist jeweils die Differenz zwischen
dem Kaufpreis (vgl. § 3 Abs. 1) und dem Wert des Grundstücks im Zeitpunkt der
Anforderung des Zahlungsbetrages durch die Verkäuferin. Den Verkehrswert des
Grundstücks (erschließungsbeitragspflichtig) im Zeitpunkt der Aufforderung des
Zahlungsbetrages bestimmt die Verkäuferin auf der Grundlage eines von ihr in Auftrag
gegebenen Gutachtens der Landesbauverwaltung nach den jeweils gültigen
Wertermittlungsrichtlinien des Bundes...
21
.
22
.
23
.
24
Das FA setzte mit Bescheid vom 01.03.2000 – zunächst ohne Ansatz der
Kontaminierungskosten – gemäß § 164 Abs. 1 AO die Grunderwerbsteuer auf 75.240,00
DM fest (3,5 % von 2.150.000,00 DM).
25
Nach weiteren Ermittlungen zu den übernommenen Kontaminierungskosten setzte das
FA dann nach Vorliegen der endgültigen Rechnung über die erbrachten Leistungen die
Grunderwerbsteuer mit Bescheid vom 21.02.2002 gemäß § 164 Abs. 2 AO auf
194.745,00 DM (99.571,54 EUR) fest. Dem lagen folgende Berechnungen zu Grunde:
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Kaufpreis 2.150.000,00 DM
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Kontaminierungskosten
28
lt. Rechnung 5.367.592,60 DM
29
./. Kosten Baufeldräumung 274.920,00 DM
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./. Abbrucharbeiten 1.267.870,00 DM
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./. Entsorgung-/Verwertung 41.760,00 DM
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./. 334.080,00 DM
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./. 34.800,00 DM 3.414.162,00 DM
34
5.564,162,00 DM
35
3,5 % 194.745,00 DM =
36
99.571,54 EUR
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Der Rechnungsbetrag von 5.367.592,60 DM wurde dabei um den Betrag gemindert, der
auf die Entsorgung von nichtbelastetem Bodenaushub und die Baufeldräumung entfiel.
Ferner wurden die Abrisskosten in Höhe von 1.267.870,00 DM nicht in die
Bemessungsgrundlage für die Gegenleistung mit einberechnet.
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Der Einspruch der Klin. hatte keinen Erfolg.
39
Hiergegen richtet sich die vorliegende Klage, in welcher sich die Klin. im Wesentlichen
dem Grunde nach gegen die Hinzurechnung der Kontaminierungskosten in die
grunderwerbsteuerliche Gegenleistung wendet.
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Sie ist der Auffassung, dass sie keine Verpflichtung zur Altlastensanierung von der
Veräußerin übernommen habe. Die Klin. habe das Grundstück erworben, um es als
Bodendeponie für das Mutterunternehmen XE GmbH & Co. KG zu nutzen. Für den Fall,
dass der Rat der Stadt I einen Bebauungsplan für eine Wohnbebauung beschließen
sollte, sei geplant gewesen, das Grundstück zu erschließen, zu parzellieren und zu
veräußern. Für diesen alternativen Zweck sei das Grundstück wegen der
Bodenverunreinigungen in dem übergebenen Zustand nicht geeignet gewesen, so dass
die Klin. – nur bei dieser alternativen Verwendung – eine Altlastensanierung für
Wohnbebauung hätte durchführen müssen. Der Bebauungsplan sei erst am 27.06.2001
aufgestellt und am 12.12.2001 genehmigt worden. Zu diesem Zeitpunkt habe die Klin.
davon ausgehen können, dass die Unsicherheit über die Nutzung des Grundstücks für
die Bebauung zu Wohnzwecken beseitigt sei und erst dann habe die Klin. ihren Plan
über die Verwendung des Grundstücks als Bodendeponie aufgegeben. Wegen der
geplanten Nutzung als Bodendeponie habe sich die Klin. im Kaufvertrag auch kein
Rücktrittsrecht einräumen lassen, da man der Meinung gewesen sei, dass auch diese
Nutzung den Kaufpreis gerechtfertigt hätte und nicht nur der Verkauf als
Baugrundstücke. In einem am 29.11.2001 zwischen der Stadt I und der Klin.
geschlossenen städtebaulichen Vertrag heiße es in der Präambel im Übrigen, dass der
Rat der Stadt I in seiner abschließenden Abwägung frei bleibe. Die Klin. ist ferner der
Auffassung, dass unter Gegenleistungen nur jene Leistungen verstanden werden
könnten, die dem Veräußerer zu Gute kämen, nicht aber – wie hier – solche, die dem
Erwerber selbst nützten. Die durch die Klin. vorgenommene Altlastenbeseitigung wäre
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nur dann dem Veräußerer zu Gute gekommen, wenn dieser eine Sanierungspflicht in
Höhe von 3,4 Millionen DM gehabt hätte. Die Stadt I habe aber von dem Bund lediglich
Untersuchungs- bzw. Überwachungsmaßnahmen gefordert, und diesem Verlangen der
Stadt sei seitens des Bundes entsprochen worden. Es habe lediglich eine Verpflichtung
zur Gefahrenabwehr, nicht aber zur Sanierung bestanden. Denn dann hätte die Klin. das
Grundstück nicht gekauft. Da die Aufbereitung der Grundstücke für eine Wohnbebauung
allein im Interesse der Klin. gelegen habe, hätten die allein der Klin. zu Gute
kommenden Kosten auf Grund der Nutzungsänderung nicht der Grunderwerbsteuer
unterworfen werden dürfen.
Hinsichtlich der veranschlagten Sanierungskosten in Höhe von 7.540.000,00 DM sei
anzumerken, dass sowohl Käufer als auch Verkäufer das Interesse gehabt hätten, die
Sanierungskosten möglichst hoch anzusetzen. Zum einen sei das
Bundesvermögensamt auf der Verkäuferseite an einem hohen Ansatz interessiert
gewesen, um den Kaufpreis für ein Innenstadtgrundstück in bester Wohnlage in I zu
rechtfertigen und um jegliche Gewährleistung auszuschließen, während zum anderen
die Klin. durch den hohen Ansatz von Sanierungskosten einen niedrigen Kaufpreis
habe erreichen wollen. Die Bezifferung von Altlasten in Höhe der oben genannten
Summe bringe lediglich zum Ausdruck, bis zu welcher Höhe eine gegebenenfalls
notwendig werdende Altlastensanierung im vereinbarten Kaufpreis bereits
berücksichtigt worden sei. Auch habe sich der Bund entsprechend absichern müssen,
da er nach dem Bundesbodenschutzgesetz als früherer Eigentümer im Fall der
Insolvenz der Klin. in Anspruch genommen worden wäre.
42
Die Klin. beantragt,
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den geänderten Grunderwerbsteuerbescheid vom 21.02.2002 in der Fassung
der Einspruchsentscheidung (EE) vom 10.04.2002 aufzuheben,
44
hilfsweise, im Unterliegensfall,
45
die Revision zuzulassen.
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Der Beklagte beantragt,
47
die Klage abzuweisen, hilfsweise, im Unterliegensfall, die Revision zuzulassen.
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Der Beklagte nimmt Bezug auf seine EE und ist der Auffassung, dass die im
angefochtenen Änderungsbescheid angesetzten Kontaminierungskosten zutreffend als
grunderwerbsteuerliche Gegenleistung behandelt worden seien. Die Kosten für die
Beseitigung von Kontaminierungen seien dann Bestandteil der Gegenleistung, wenn
der Erwerber eine hinreichend konkretisierte Verpflichtung des Veräußerers zur
Altlastensanierung durch ausdrückliche vertragliche Vereinbarung übernehme. Dies sei
wiederum insbesondere dann der Fall, wenn der Veräußerer von der Ordnungsbehörde
bereits zur Beseitigung der Altlasten in Anspruch genommen worden sei, was jedoch
nicht bedeute, dass bis zum Vertragsabschluss eine Ordnungsverfügung hätte ergehen
müssen. Übereinstimmung hinsichtlich der durchzuführenden Mindestmaßnahmen habe
spätestens seit der Besprechung zwischen der Stadt I, der OFD N und dem
Bundesvermögensamt am 25.07.1996 vorgelegen. Dort sei festgestellt worden, dass
auch ohne Nutzungsänderung innerhalb der nächsten zwei Jahre Maßnahmen zur
Gefahrenabwehr erforderlich seien. Die bestehenden und zu beseitigenden Gefahren
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seien in dem Schreiben der Stadt I vom 30.08.1996 nochmals konkretisiert worden;
zuvor habe die Stadt I den Bund für den Fall, dass sich in nächster Zeit kein Investor
finde, der die Sanierung übernehme, den Erlass einer entsprechenden
Ordnungsverfügung angedroht.
Dass die Sanierungskosten zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses noch nicht
endgültig festgestanden hätten, sei unbeachtlich, da die Vertragsbeteiligten gemäß § 4
Nr. 4 des Kaufvertrages bei der Kaufpreiseinigung berücksichtigt hätten, dass für diverse
Beseitigungen von Verunreinigung, Freiräumungen, Abbrucharbeiten sowie
ordnungsgemäße Entsorgungen ganz erhebliche Aufwendungen aufzubringen seien,
die mit 7.540.000,00 DM brutto zu veranschlagen seien. Gemäß § 4 letzter Absatz habe
sich die Klin.
verpflichtet,
und die Verkäuferin bei einer vor Eigentumsumschreibung ergehenden
Ordnungsverfügung von allen Kosten und Verpflichtungen freizustellen, ferner gemäß §
4 Abs. 3 des Vertrages der Verkäuferin die durchgeführte Sanierung unverzüglich
prüfungsfähig vorzulegen. Damit sei die für die Verkäuferin bestehende Verpflichtung
zur Sanierung ausdrücklich von der Klin. als selbständige Gegenleistung übernommen
worden.
50
Gegen die Darstellung der Klin., dass sie das Grundstück erworben habe, um es als
Bodendeponie für das Mutterunternehmen zu nutzen und nur für den Fall, dass die Stadt
I einen Bebauungsplan für eine Wohnbebauung beschließen sollte, geplant habe, das
Grundstück zu erschließen und zu veräußern, sprächen insbesondere § 4 Nr. 4 und Nr.
6 des Kaufvertrages sowie § 3 Nr. 4 und § 8 Nr. 1 des Vertrages. Bereits im Schreiben
der Stadt I an die Bundesrepublik Deutschland vom 25.04.1996 werde darauf
hingewiesen, dass im Hinblick auf die geplante Wohnnutzung der Fläche über die
Gefahrenabwehr hinaus aus Vorsorgegründen Sanierungs- und
Sicherungsmaßnahmen durchzuführen seien. Immerhin habe es sich um ein
Innenstadtgrundstück in bester Wohnlage von I gehandelt.
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Im Übrigen seien gemäß § 4 Nr. 3 Abs. 2 des Grundstückskaufvertrages noch weitere
Maßnahmen zur Gefahrenabwehr von der Veräußerin/Grundstückeigentümerin
zunächst zurückgestellt worden und – entgegen dem Vorbringen der Klin. – nicht bereits
von dieser selbst erfüllt worden.
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Der Senat hat am 17. August 2006 in der Sache mündlich verhandelt. Auf das
Sitzungsprotokoll wird Bezug genommen.
53
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:
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Die Klage ist nicht begründet.
55
Der Bekl. hat die – entsprechend um die Kosten für die Baufeldräumung,
Abbrucharbeiten, Entsorgung/Verwertung etc. gekürzten – Aufwendungen für die reine
Altlastensanierung in Höhe von 3.414.162 DM zu Recht in die grunderwerbsteuerliche
Gegenleistung miteinbezogen. Denn Gegenstand des Erwerbvorgangs war das im
Hinblick auf die Anforderungen der geplanten Wohnbebauung sanierte Grundstück.
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Der notariell beurkundete Vertrag vom 18.02.2000 unterliegt der Grunderwerbsteuer
gem. § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG. Die Steuer für diesen Erwerbsvorgang bemisst sich nach
dem Wert der Gegenleistung (§ 8 Abs. 1 GrEStG). Gem. § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG gelten
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bei einem Kauf der Kaufpreis einschließlich der vom Käufer übernommenen sonstigen
Leistungen und der dem Verkäufer vorbehaltenen Nutzungen als Gegenleistung.
"Sonstige Leistungen" sind nach ständiger Rechtsprechung des BFH nur dann Teil der
Gegenleistung, wenn der Erwerber sie als Entgelt für den Erwerb des Grundstücks
gewährt oder der Veräußerer sie als Entgelt für die Veräußerung des Grundstücks
empfängt (BFH-Urteil vom 29.06.1988, BStBl. II 898, 900). Ob eine sonstige Leistung
Bestandteil der grunderwerbsteuerlichen Gegenleistung ist, richtet sich mithin danach,
ob sie nach dem Willen der Vertragsparteien zum Gegenstand des Erwerbsvorgangs
gemacht worden ist. Das heißt im konkreten Fall, dass die eingegangenen vertraglichen
Verpflichtungen bzw. Vereinbarungen zur Sanierung der Grundstücksfläche nach dem
Willen der Parteien mit dem Grundstückskauf verknüpft sein müssen. Eine
höchstrichterliche Entscheidung über die grunderwerbsteuerrechtliche Behandlung
einer Übernahme der Beseitigungspflichten von Altlasten eines kontaminierten
Grundstücks durch den Erwerber existiert bislang nicht. Nach Auffassung der
Finanzverwaltung, der der erkennende Senat in den Grundsätzen folgt, sind Kosten für
die Beseitigung von Kontaminierungen nur dann Bestandteil der Gegenleistung, wenn
der Erwerber eine hinreichend konkretisierte Verpflichtung des Veräußerers zur
Altlastensanierung durch ausdrückliche vertragliche Vereinbarung übernimmt (vgl.:
FinMin NW vom 08.07.1993, S 4521-26-V A 2, DStR 93, 1223; Boruttau-Sack § 9
GrEStG Rz. 329; Pahlke/Franz GrEStG § 9 Rz. 107 "Altlasten"; Hofmann GrEStG § 8
Rz. 30; Klähn, UVR 1994, 15 sowie FG Rheinland-Pfalz vom 26.05.2000 – 4 K
1878/98). Das ist insbesondere dann der Fall, wenn der Veräußerer von der
Ordnungsbehörde bereits zur Beseitigung der Altlasten in Anspruch genommen worden
ist. Die Höhe der vom Erwerber übernommenen Leistungen kann ggf. einem
Sanierungsplan entnommen oder aufgrund Sachverständigengutachten festgestellt
werden bzw. – soweit nicht bezifferbar – nach § 8 Abs. 2 GrEStG ermittelt werden.
1. Unter Anwendung dieser Grundsätze auf den Streitfall ist festzustellen, dass die
Klin. eine bereits hinreichend durch die Stadt I konkretisierte Verpflichtung der
Veräußerin zur Altlastenbeseitigung übernommen hat, deren kostenmäßiger
Umfang im Grundstückskaufvertrag unter § 4 Abs. 4 aufgeführt worden ist. Die
Verpflichtung der Veräußerin über die durchzuführenden Maßnahmen der
Gefahrenabwehr wird – nach vorangegangenem Schriftverkehr – zuletzt im
Protokoll über die Besprechung zwischen der Stadt I, der OFD N und dem
Bundesvermögensamt vom 25.07.1996 festgehalten. Danach waren auch ohne
Nutzungsänderung innerhalb der nächsten zwei Jahre Maßnahmen zur
Gefahrenabwehr erforderlich. Es hatten eine Auskofferung im Bereich der
ehemaligen Batterielager und der PAK-belasteten Fläche im Osten,
Bodenabdeckung in den vegetationsarmen Bereichen im nördlichen und
westlichen Bereich der Fläche sowie regelmäßige Grundwasseruntersuchungen
zur Überwachung der Grundwasserbelastung zu erfolgen. Die Gefahren im
Hinblick auf Staubabwehung, Direktkontakt und Grundwasser wurden sodann in
dem Schreiben von der Stadt I vom 30.08.1996 erneut aufgegriffen und
beschrieben. Für den Fall, dass sich in nächster Zeit kein Investor findet, der die
Sanierung übernimmt, hatte die Stadt I den Erlass einer entsprechenden
Ordnungsverfügung angedroht. Die Pflichten zur Gefahrenabwehr ergaben sich für
die Klin. neben der allgemeinen Polizeipflicht als Zustandsstörerin nach dem
damaligen Ordnungsbehördengesetz (OBG) später – ab März 1999 – zudem aus
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den Spezialvorschriften des Bundesbodenschutzgesetzes (BBodSchG),
insbesondere § 4, § 7 BBodSchG. Gem. § 4 Abs. 3 BBodSchG ist der
Grundstückseigentümer verpflichtet, den Boden und Altlasten so zu sanieren, dass
dauerhaft keine Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für
den Einzelnen oder die Allgemeinheit entstehen. Gem. § 4 Abs. 4 ist bei der
Erfüllung der boden- und altlastenbezogenen Pflichten die planungsrechtlich
zulässige Nutzung des Grundstücks und das sich daraus ergebene
Schutzbedürfnis zu beachten. Fehlen – wie im Streitfall – noch planungsrechtliche
Festsetzungen, bestimmt die Prägung des Gebiets unter Berücksichtigung der
absehbaren Entwicklung das Schutzbedürfnis. Der frühere Eigentümer eines
Grundstücks ist gem. § 4 Abs. 6 BBodSchG zur Sanierung verpflichtet, wenn er
sein Eigentum nach dem 01.03.1999 übertragen hat und die schädliche
Bodenveränderung oder Altlast hierbei kannte oder kennen musste. Hinsichtlich
der Belastungssituation bezog sich die Stadt I dabei u. a. auf das
Grundwasserüberwachungskonzept im Rahmen der Sanierungsuntersuchung
durch das Sachverständigenbüro IQD GmbH vom 08.12.1995 (vgl. Schreiben der
Stadt I vom 25.04.1996). Nach alledem bestand eine hinreichend konkretisierte
Beseitigungsverpflichtung der Veräußerin vor Abschluss des
Grundstückskaufvertrages vom 18.02.2000; die entsprechenden Maßnahmen
wurden jedoch wegen der Suche nach einem geeigneten Investor für die geplante
Wohnbebauung noch
zurückgestellt
Grundstückskaufvertrages sowie Schreiben des Bundesvermögensamtes vom
23.03.2000), standen aber gleichwohl nach wie vor unmittelbar im Raum. Der
gesamte Geschehensablauf weist – entgegen dem Vorbringen der Klin. – ferner
darauf hin, dass die Nutzung des Areals in der besten Innenstadtlage von I zur
Wohnbebauung geplant und eben deshalb für einen Investor – wie die Klin. –
interessant war. Weder die Stadt I noch die Klin. hatten ein ernsthaftes Interesse
daran, ein von der Lage her derartiges "Sahnestück" – noch dazu inmitten
vorhandener Wohnbebauung – (weiter) als Bodendeponie zu nutzen. Daher
wurden die erforderlichen Maßnahmen zur Beseitigung der Altlasten lediglich
deshalb zurückgestellt, um schließlich – in Abstimmung mit dem Investor – das
Sanierungskonzept festzulegen. Die geplante Nutzung als Wohngrundstück ergibt
sich u. a. aus dem Schreiben der Stadt I vom 25.04.1996: "im Hinblick auf die
geplante Wohnnutzung der Fläche ..."/ Ergebnisprotokoll vom 26.07.1996 sowie
die Vertragsbestimmungen in § 4 Nr. 4: "vorgesehene Nutzung zur
Wohnbebauung" oder in § 3 Nr. 4: "anteilige Infrastrukturmaßnahmen/zweizügiger
Kindergarten" oder in § 8 Nr. 1: "unter Berücksichtigung des zur Zeit bestehenden
Bebauungsplanentwurfes...".
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2. Die für den Bund bestehende Verpflichtung zur Sanierung ist von der Klin.
ausdrücklich auch als selbstständige Gegenleistung übernommen worden. Sie hat
sich gem. § 4 Nr. 4 des Grundstückkaufvertrages verpflichtet, erforderliche
Sanierungs- bzw. Sicherungsmaßnahmen zur Beseitigung der von
Bodenbelastungen ausgehenden, ordnungsrechtlich relevanten Gefahren
unverzüglich durchzuführen. Für den Fall, dass hierzu vor
Eigentumsumschreibung eine Ordnungsverfügung ergehen sollte, hat die Klin. alle
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hieraus entstehenden Verpflichtungen und Kosten übernommen und die
Verkäuferin insoweit freigestellt. Auf das Haftungsrisiko/die Ausgleichspflicht nach
§ 24 BBodSchG wurde Bezug genommen. Dezidiert wurden im
Grundstückkaufvertrag die Auflagen genannt, denen sich die Klin. zum Nachweis
der ordnungsgemäß durchgeführten Sanierung und Entsorgung unterworfen hat.
Zahlreiche entsprechende Bescheinigungen waren nach Abschluss der
Maßnahmen durch die Klin. der Verkäuferin unverzüglich prüfungsfähig
vorzulegen. Die Kosten bezogen sich nach dem konkreten Inhalt des
Grundstückskaufvertrages nicht nur auf die Kosten für allgemeine Maßnahmen zur
Gefahrenabwehr bei bestehender Nutzung, sondern darüber hinaus auch auf die
Kosten für die Herrichtung der Fläche bei der geplanten Nutzungsänderung (vgl. §
3, § 4 und § 8 des Grundstückkaufvertrages). Danach waren beim vereinbarten
Kaufpreis nach § 3 Abs. 1 Aufwendungen der Käuferin für jene im Einzelnen
beschriebene Sanierung in Höhe von insgesamt 7.540.000 DM brutto
berücksichtigt worden. Diese detaillierten Vertragsbestimmungen zeigen, dass die
Kosten für die Beseitigung der Altlasten Gegenstand des Erwerbsvorgangs waren
und von der Klin. als Entgelt für den Erwerb des Grundstücks gewährt wurden.
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3. Die Höhe der vom FA als Gegenleistung angesetzten Kosten von 3.414.162 DM
ist ebenfalls nicht zu beanstanden. Das FA hat die Kontaminierungskosten laut
Rechnung in Höhe von 5.367.592,60 DM zu Recht um die Kosten für die
Entsorgung von nichtbelastetem Bodenaushub, die Baufeldräumung und die
Abrisskosten gekürzt. Anhaltspunkte dafür, dass die abgerissenen Gebäude
zusätzlich kontaminiert waren, liegen nicht vor. Der Beseitigungsverpflichtung lag
insbesondere die Verseuchung des Bodens und des Grundwassers mit Blei und
PAK zugrunde. Soweit im Sachverständigengutachten mitunter von einer
Schwankung der Grundwasserbelastung bzw. von einer gelegentlichen
Verbesserung der Situation der PAK die Rede ist, fällt dies im Verhältnis zur
gesamten Boden- und Wasserverunreinigung und der damit einhergehenden
Beseitigungsverpflichtung bei der geplanten Wohnbebauung nicht ins Gewicht,
zumal Ergebnisse einzelner Proben wetter – und ortsbedingt schwanken.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
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Die Revision war wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen, da
die Frage, wann Kontaminierungskosten für ein Grundstück zur Gegenleistung gehören,
höchstrichterlich noch nicht entschieden ist (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FG).
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