Urteil des FG Münster vom 21.04.2009

FG Münster: stadt, firma, berufliche tätigkeit, verfügung, zweitwohnung, einspruch, auskunft, aufwand, miete, form

Finanzgericht Münster, 9 K 4639/05 E
Datum:
21.04.2009
Gericht:
Finanzgericht Münster
Spruchkörper:
9. Senat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
9 K 4639/05 E
Sachgebiet:
Finanz- und Abgabenrecht
Tenor:
Der Einkommensteuerbescheid 2002 vom 4.11.2008 wird dahingehend
geändert, dass Verpflegungsmehraufwendungen i.H.v. 900 € als
Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit
berücksichtigt werden. Die Berechnung der Einkommensteuer 2002 wird
dem Beklagten übertragen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens tragen der Kläger zu 70 % und der Beklagte
zu 30 %.
Das Urteil ist wegen der Kostenentscheidung vorläufig vollstreckbar. Der
Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des
jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger
zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird zugelassen.
T a t b e s t a n d
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Die Beteiligten streiten darum, ob und in welcher Höhe der Kläger
Verpflegungsmehraufwendungen als Werbungskosten ansetzen kann.
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Der Kläger war im Streitjahr 2002 als Netzwerkspezialist für die Firma X... mit Hauptsitz
in A-Stadt tätig und erzielte aus dieser Tätigkeit Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit.
Er unterhielt eine Wohnung in B-Stadt, die den Mittelpunkt seiner Lebensinteressen
bildete. In die Wohnung war er am 1.3.1999 mit seiner Lebensgefährtin eingezogen.
Dort befand sich auch ein ca. 16 qm großes Arbeitszimmer. In die Firma X... war der
Kläger bereits im Jahr 1995 eingetreten. Laut dem Arbeitsvertrag aus dem Jahr 1995
umfasste das Arbeitsgebiet des Klägers insbesondere die Installation und Betreuung
von PC-Netzwerken (firmeninternes Produktionsnetzwerk, firmeninternes
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Labornetzwerk, Kundennetzwerke), die Installation, den Test und die Dokumentation
von Hard- und Software aus Teststellungen, die konzeptionelle Unterstützung und
Planung von Kundennetzwerken und die Angebotserstellung. In § 9 des Arbeitsvertrags
heißt es: "Bei Dienstreisen wird die jeweils gültige gesetzliche Reisekostenrichtlinie
zugrunde gelegt." Dem Kläger wurde von der Firma X... ein Dienstwagen zur Verfügung
gestellt.
Seit dem 1.9.1999 wurde der Kläger als Geschäftsstellenleiter für den Raum C-Stadt
eingesetzt. Die eigentliche Geschäftsstelle i.S.e. Büros in C-Stadt hatte die Firma X...
allerdings bereits ein Jahr zuvor aufgelöst. Die Bezeichnung als "Geschäftsstellenleiter"
war nach den Angaben des Klägers insbesondere für das Auftreten den Kunden
gegenüber von Bedeutung. Entweder im Jahr 2000 (so die Angabe des Klägers im
Schriftsatz vom 26.1.2009) oder im Jahr 2001 (so der Kläger in der mündlichen
Verhandlung unter Korrektur der vorherigen Angabe) stellte die Firma X... dem Kläger
eine von ihr seit dem Jahr 1998 angemietete möblierte Wohnung in C-Stadt zur
Verfügung. Die Miete von monatlich 450 DM zzgl. Nebenkosten von 100 DM
(= insgesamt 281,12 €) wurden mit dem Arbeitslohn des Klägers verrechnet. Bis zum
Bezug der Wohnung hat der Kläger – so seine Angaben in der mündlichen Verhandlung
– bei den Auswärtstätigkeiten jeweils in Hotels übernachtet. Anders als die Miete für die
Wohnung seien die Hotelkosten von der Firma X... getragen worden. Ende Juli 2003
endete das Beschäftigungsverhältnis des Klägers mit der Firma X....
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In seiner Einkommensteuererklärung für das Streitjahr machte der Kläger neben
weiteren Positionen Mehraufwendungen für eine doppelte Haushaltsführung als
Werbungskosten geltend. Hierbei setzte er die Mietaufwendungen für die Wohnung in
C-Stadt i.H.v. 3.374 € (12 x 281,12 €) sowie Verpflegungsmehraufwendungen i.H.v.
5.184 € (192 Tage x 24 €, 48 Tage x 12 €) an. Außerdem machte er Aufwendungen für
das Arbeitszimmer in B-Stadt i.H.v. 1.022 € als Werbungskosten geltend.
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Mit Bescheid vom 11.3.2005 berücksichtigte der Beklagte (das Finanzamt --FA--) die
Aufwendungen zunächst nicht als Werbungskosten, sondern setzte lediglich den
Arbeitnehmerpauschbetrag nach § 9a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a des
Einkommensteuergesetzes (EStG) i.H.v. 1.044 € an. Gegen diesen Bescheid erhob der
Kläger Einspruch, mit dem er die Berücksichtigung der von ihm erklärten
Werbungskosten begehrte. Nach Einholung einer Auskunft bei der Firma X... (siehe
deren Schreiben vom 28.6.2005) erkannte das FA mit Änderungsbescheid vom
25.8.2005 die Mietaufwendungen als Mehraufwendungen für eine doppelte
Haushaltsführung an. Der Kläger teilte daraufhin mit, dass sein Einspruch sich weiterhin
auf die Anerkennung der Aufwendungen für das Arbeitszimmer und der
Verpflegungsmehraufwendungen richte. Hierzu machte er geltend, dass ihm in C-Stadt
keine Büroräumlichkeiten für die notwendigen administrativen Tätigkeiten zur Verfügung
gestanden hätten und er diese ausschließlich in seinem Arbeitszimmer in B-Stadt habe
erledigen können. Bezüglich der Verpflegungsmehraufwendungen führte er aus, dass er
ständig wechselnde Einsatzstellen bei unterschiedlichen Kunden bzw. verschiedenen
Niederlassungen in Deutschland wahrgenommen habe.
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Mit Einspruchsentscheidung vom 20.10.2005 wies das FA den Einspruch als
unbegründet zurück. Die Aufwendungen für das Arbeitszimmer seien nicht
anzuerkennen, da die Firma X... bestätigt habe, dass auch die Wohnung in C-Stadt für
berufliche Zwecke genutzt werde. Dem Kläger habe damit in C-Stadt ein anderer
Arbeitsplatz für seine berufliche Tätigkeit zur Verfügung gestanden. Die
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Verpflegungsmehraufwendungen seien nicht anzuerkennen, da solche im Rahmen
einer doppelten Haushaltsführung nur für einen vorübergehenden Zeitraum von drei
Monaten nach Bezug der Wohnung angesetzt werden könnten. Hiergegen erhob der
Kläger Klage. Die Wohnung in C-Stadt sei ausschließlich für Wohnzwecke genutzt
worden. Die zusammenhängenden Tätigkeiten bei den einzelnen Kunden hätten nicht
mehr als drei Monate umfasst.
Am 17.10.2008 hat der Berichterstatter den Sach- und Streitstand mit den Beteiligten
erörtert. Danach erließ das FA einen Änderungsbescheid vom 4.11.2008, in dem es die
Aufwendungen für das Arbeitszimmer i.H.v. 1.022 € als Werbungskosten anerkannte
und damit, so die Erläuterungen zum Bescheid, dem Sachvortag des Klägers im
Erörterungstermin folgte.
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Der Kläger ist weiterhin der Auffassung, dass für sämtliche außerhalb seiner Wohnung
in B-Stadt verbrachten Zeiten Verpflegungsmehraufwendungen abziehbar seien. Alle
Tätigkeiten außerhalb des als seine regelmäßig Arbeitsstätte anzusehenden
Arbeitszimmers in der Wohnung in B-Stadt seien als beruflich veranlasste
Auswärtstätigkeit anzusehen. In der Wohnung in C-Stadt sei auch gar kein Inventar für
eine Verpflegungsmöglichkeit vorhanden gewesen. In der mündlichen Verhandlung hat
er hierzu ausgeführt, er sehe keinen Unterschied zwischen der nur für Übernachtungen
genutzten Wohnung in C-Stadt und einem Hotelzimmer. Bezüglich der Dreimonatsfrist
für Verpflegungsmehraufwendungen bei einer doppelten Haushaltsführung verweist der
Kläger auf das beim BFH unter dem Aktenzeichen VI R 10/08 anhängige
Revisionsverfahren.
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Nach dem Vorbringen des Klägers bestand seine Tätigkeit als Geschäftsstellenleiter in
der Betreuung von Kunden im Raum C-Stadt, aber auch in anderen Gebieten
Deutschlands. Diese Tätigkeit habe er ausschließlich vor Ort bei den Kunden ausgeübt,
die ständig gewechselt hätten. Die Wohnung in C-Stadt habe er ausschließlich genutzt,
um dort innerhalb der Woche zu übernachten. Von dort aus sei er insbesondere zu den
im Raum C-Stadt ansässigen Kunden gefahren. Allerdings habe er auch Dienstreisen
zu Kunden in weiter entfernte Städte absolviert. Für die notwendige Arbeitsvorbereitung
seiner Auswärtstätigkeiten (Personalplanung, Abrechnungen, Konzepterstellung,
Aquise etc.) habe er überwiegend sein Arbeitszimmer in B-Stadt genutzt. Selten habe
diese auch am Hauptsitz der Firma X... in A-Stadt stattgefunden. Dieses Vorbringen hat
der Kläger später dahingehend konkretisiert, dass er im Streitjahr 10 Werktage in
seinem Arbeitszimmer in B-Stadt gearbeitet habe. Die übrigen (Büro-)Tätigkeiten seien
im Anschluss an die Rückreise am Freitag sowie am Wochenende ausgeführt worden.
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Zu den vorgenannten Dienstreisen in weiter entfernte Städte hat der Kläger im
Klageverfahren eine (später noch einmal ergänzte) Aufstellung eingereicht, aus der
folgende Angaben hervorgehen (siehe im Einzelnen Schriftsätze vom 14.10.2008 und
vom 19.4.2009):
11
17. – 18.1.2002 D-Stadt
12
13. – 15.2.2002 Hamburg
13
5. – 7.6.2002 Hamburg
14
13.6.2002 Hildesheim
15
20.6.2002 H-Stadt
16
24.6.2002 H-Stadt
17
25. – 28.6.2002 München
18
4.7.2002 Hildesheim
19
5.7.2002 Viersen
20
16. – 18.7.2002 D-Stadt
21
6. – 8.8.2002 E-Stadt
22
19. – 21.8.2002 X... (A-Stadt)
23
27. – 29.8.2002 F-Stadt
24
14.8.2002 G-Stadt
25
12.9.2002 H-Stadt
26
25.10.2002 G-Stadt/F-Stadt
27
11.11.2002 X... (A-Stadt) / C-Stadt
28
27. – 28.11.2002 K-Stadt
29
3. – 6.12.2002 X... (A-Stadt)
30
18.12.2002 L-Stadt
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Der Kläger hat zunächst ausgeführt, wegen seiner arbeitsvertraglichen Schweigepflicht
keine weiteren Details nennen zu wollen. Später hat er die von ihm aufgesuchten
Tätigkeitsorte dem Ort und der Straße nach bezeichnet. Hotelbelege könne er nicht
einreichen, da die Kosten von der Firma X... übernommen worden seien. Darüber
hinaus hat der Kläger im Klageverfahren dem FA Kontoauszüge des Streitjahres
vorgelegt. Danach sind auf seinem Konto im Streitjahr folgende
Reisekostenerstattungen von der Firma X... eingegangen:
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2/2002 38,00 €
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4 – 5/2002 53,56 €
34
6/2002 207,56 €
35
7/2002 55,00 €
36
8/2002 37,09 €
37
8/2002 200,42 €
38
9/2002 22,27 €
39
613,90 €
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Außerdem ist im Streitjahr eine Reisekostenerstattung für den Zeitraum 3 – 4/2001 i.H.v.
337,96 € erfolgt. Nach dem Vorbringen des Klägers in der mündlichen Verhandlung sind
im Jahr 2003 keine weiteren Erstattungen für das Streitjahr eingegangen. Der Kläger ist
sich nicht ganz sicher, wie sich die von ihm erhaltenen Reisekostenerstattungen im
Einzelnen zusammensetzen. Da ihm ein Firmenwagen zur Verfügung gestanden habe,
gehe er davon aus, dass es sich um Tagegelderstattungen gehandelt habe. Angesichts
des relativ geringen Betrags vermutet er, dass die Erstattungen sich auf Tagegelder für
die Dienstreisen in weiter entfernte Städte insbesondere mit auswärtiger Übernachtung
beziehen und er für die auswärtige Tätigkeit bei den Kunden im Raum C-Stadt keine
Tagegelder erhalten habe. Diese Vermutung hat der Kläger in der mündlichen
Verhandlung zudem damit begründet, dass es während seiner Tätigkeit bei der Firma
X... stets geheißen habe, Reisekosten im Raum C-Stadt würden nicht erstattet. Später
hat der Kläger seine Angaben zur Zuordnung der Reisekostenerstattungen konkretisiert.
Er hat einen Betrag i.H.v. 368 € verschiedenen Dienstreisen zugeordnet und
angegeben, der verbleibende Betrag i.H.v. 245,90 € sei für Parktickets bzw. Tankkosten
aufgewendet worden, die nicht mit der Firmentankkarte beglichen werden konnten
(siehe im Einzelnen Schriftsatz vom 19.4.2009).
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Nach Auffassung des Klägers verbleiben damit insgesamt 165 mögliche Tage, an
denen er im Raum C-Stadt gearbeitet habe. Diese hat der Kläger durch folgende
Berechnung ermittelt (siehe Schriftsatz vom 19.4.2009):
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365 Tage
43
./. 52 Sonntage
44
./. 52 Samstage
45
./. 43 Reisetage
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./. 23 Urlaubstage
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./.10 Tage Büro B-Stadt
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165 Tage
49
Ein vom Berichterstatter an die Firma X... gerichtetes Auskunftsersuchen hinsichtlich der
Reisekostenabrechnungen des Klägers hat ergeben, dass über das Vermögen der
Firma inzwischen das Insolvenzverfahren eröffnet wurde und für die Beschaffung der
Reisekostenabrechnungen ein Aufwand von ca. 500 – 600 € entstehen kann. Der
Berichterstatter hat daraufhin zunächst von einer Anforderung der Unterlagen
abgesehen.
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In der mündlichen Verhandlung hat der Kläger erklärt, seine bisherigen Angaben zu den
Tätigkeitsorten und -zeiten sowie den Reisekostenerstattungen seien von ihm so gut
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wie möglich rekonstruiert worden. Er sei sich sicher, dass mit einem entsprechenden
Aufwand auch noch ein genauerer Nachweis möglich sei. Soweit es auf die Tage
ankomme, die er bei Kunden im Raum C-Stadt ohne Tagegelderstattung tätig gewesen
sei, überlasse er es jedoch aus wirtschaftlichen Gründen dem Gericht, die Anzahl dieser
Tage zu schätzen.
Der Kläger beantragt,
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den Einkommensteuerbescheid 2002 vom 4.11.2008 dahingehend zu ändern, dass
Verpflegungsmehraufwendungen i.H.v. 3.960 € (165 Tage x 24 €) als
Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit berücksichtigt
werden,
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hilfweise, die Revision zuzulassen.
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Das FA beantragt,
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die Klage abzuweisen,
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hilfsweise, die Revision zuzulassen.
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Zur Begründung verweist das FA auf die Einspruchsentscheidung. Ergänzend hat es
zunächst ausgeführt, vom Kläger seien keine Verpflegungsmehraufwendungen aus
Anlass von Dienstreisen geltend gemacht worden. Für
Verpflegungsmehraufwendungen aus Anlass einer doppelten Haushaltsführung sei es
ohne Bedeutung, wie lange der Kläger bei den einzelnen Kunden tätig gewesen sei.
Darüber hinaus könne nicht mehr festgestellt werden, ob und in welchem Umfang
Dienstreisen ausgeführt worden seien, die zur Inanspruchnahme von
Verpflegungsmehraufwendungen berechtigten. Die bloße Vermutung des Klägers, dass
die Reisekostenerstattungen nicht sämtliche Auswärtstätigkeiten abgedeckt hätten,
genüge nicht. Angesichts des vertraglichen Anspruchs auf Reisekostenerstattung sei zu
vermuten, dass dieser auch erfüllt worden sei. Auch eine Erstattung in bar sei nicht
auszuschließen. Es sei zudem auf die Widersprüchlichkeit in den Aussagen des
Klägers und die vom Kläger im Erörterungstermin selbst geäußerten Zweifel
hinzuweisen. In der mündlichen Verhandlung hat das FA erklärt, es halte seine
Bedenken dazu, ob weitere als die vom Kläger nachgewiesenen
Reisekostenerstattungen erfolgt seien, nicht mehr aufrecht. Es überlasse dem Gericht,
die Anzahl der Tage zu schätzen, die der Kläger bei Kunden im Raum C-Stadt ohne
Tagegelderstattung tätig gewesen sei.
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E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
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Die Klage ist nur zum Teil begründet. Der angefochtene Einkommensteuerbescheid
2002 ist insoweit rechtswidrig und verletzt den Kläger insoweit in seinen Rechten (§ 100
Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--), als bei den Einkünften aus
nichtselbständiger Arbeit zusätzliche Werbungskosten für
Verpflegungsmehraufwendungen i.H.v. 900 € zu berücksichtigen sind.
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I. Mehraufwendungen für die Verpflegung des Steuerpflichtigen sind gemäß § 4 Abs. 5
Satz 1 Nr. 5 Satz 1 i.V.m. § 9 Abs. 5 EStG nur unter den in den folgenden Sätzen der
vorgenannten Vorschrift enthaltenen Voraussetzungen als Werbungskosten abziehbar.
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Wird der Steuerpflichtige vorübergehend von seiner Wohnung und dem Mittelpunkt
seiner dauerhaft angelegten beruflichen Tätigkeit entfernt beruflich tätig (sog.
Dienstreise), so ist nach Satz 2 für jeden Kalendertag ein nach der Abwesenheitsdauer
gestaffelter Pauschbetrag als Werbungskosten abziehbar. Wird der Steuerpflichtige bei
seiner individuellen beruflichen Tätigkeit typischerweise nur an ständig wechselnden
Tätigkeitsstätten tätig (sog. Einsatzwechseltätigkeit), so gilt dies nach Satz 3
entsprechend. In diesem Fall ist nach Satz 3 2. Halbsatz allein die Dauer der
Abwesenheit von der Wohnung entscheidend. Bei einer längerfristigen
vorübergehenden Tätigkeit an derselben Tätigkeitsstätte beschränkt Satz 5 den Abzug
nach Satz 2 auf die ersten drei Monate (sog. Dreimonatsfrist). Gemäß Satz 6 gelten die
Abzugsbeschränkung nach Satz 1, die (gestaffelten) Pauschbeträge nach Satz 2 sowie
die Dreimonatsfrist nach Satz 5 auch für den Abzug von
Verpflegungsmehraufwendungen bei einer aus beruflichem Anlass begründeten
doppelten Haushaltsführung. Dabei ist nach Satz 6 2. Halbsatz für jeden Kalendertag
innerhalb der Dreimonatsfrist, an dem gleichzeitig eine Tätigkeit i.S.d. Satz 2 oder 3
ausgeübt wird, nur der jeweils höchste in Betracht kommende Pauschbetrag
abzuziehen.
II. Dem Kläger steht für das Streitjahr kein Abzug von Verpflegungsmehraufwendungen
wegen einer aus beruflichem Anlass begründeten doppelten Haushaltsführung gemäß
§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 Satz 6 i.V.m. § 9 Abs. 5 EStG (mehr) zu. Hinsichtlich dieser
Verpflegungsmehraufwendungen gilt die gesamte Zeit, die der Steuerpflichtige sich
nicht in seiner Wohnung am Ort des Lebensmittelpunkts aufhält, als Abwesenheitszeit
(vgl. Blümich/Wied, § 4 EStG Rz 781). Zur Abwesenheitszeit gehört damit insbesondere
auch die in der Zweitwohnung am Beschäftigungsort verbrachte Zeit. Jedoch sind
Verpflegungsmehraufwendungen der vorgenannten Art nur für die ersten drei Monate
nach Begründung der doppelten Haushaltsführung abziehbar. Da der Kläger die
Wohnung in C-Stadt bereits im Jahr 2000 oder 2001 bezogen hat, waren diese im
Streitjahr abgelaufen. Nach Auffassung des Senats ist die Dreimonatsfrist jedenfalls für
die vorliegende Konstellation auch verfassungsgemäß. Das beim BFH anhängige und
vom Kläger in Bezug genommene Revisionsverfahren VI R 10/08 (ebenso VI R 11/08;
Voristanz: FG Baden-Württemberg, Urteile vom 8.5.2007 4 K 230/06, EFG 2007, 1500
und 4 K 300/06, juris) zur Frage der Verfassungsmäßigkeit der Dreimonatsfrist betrifft die
hier nicht gegebene besondere Konstellation einer doppelten Haushaltsführung bei
beiderseitiger Berufstätigkeit von Ehegatten.
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III. Dagegen steht dem Kläger für das Streitjahr ein Abzug von
Verpflegungsmehraufwendungen wegen einer Einsatzwechseltätigkeit gemäß § 4 Abs.
5 Satz 1 Nr. 5 Satz 3 i.V.m. § 9 Abs. 5 EStG zu. Der Abzug erreicht jedoch nicht die von
ihm geltend gemachte Höhe.
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1. Der Kläger übte im Streitjahr eine Einsatzwechseltätigkeit aus. Er wurde
typischerweise nur an ständig wechselnden Tätigkeitsstätten tätig, die sich bei den
verschiedenen Kunden seines Arbeitgebers im Raum C-Stadt sowie in anderen
Gebieten Deutschlands befanden. Als Arbeitnehmer wird typischerweise nur an ständig
wechselnden Tätigkeitsstätten tätig, wer im Betrieb seines Arbeitgebers keine
regelmäßige Arbeitsstätte innehat, die für ihn den (ortsgebundenen) Mittelpunkt seiner
dauerhaft angelegten beruflichen Tätigkeit darstellt (vgl. BFH-Urteil vom 11.5.2005 VI R
16/04, BStBl II 2005, 789). Nach der Überzeugung des Senats (§ 96 Abs. 1 Satz 1 FGO)
hatte der Kläger keinen solchen Tätigkeitsmittelpunkt im Betrieb seines Arbeitgebers.
Aus der Auskunft des Arbeitgebers vom 28.6.2005 geht hervor, dass dieser die
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ursprünglich in C-Stadt unterhaltene Geschäftsstelle bereits im Jahr 1998 aufgelöst
hatte. Nach Angaben des Klägers hatte seine Bezeichnung als "Geschäftsstellenleiter"
lediglich für das Auftreten den Kunden gegenüber Bedeutung. Es ist auch nicht
ersichtlich, dass die Wohnung in C-Stadt oder Teile hiervon als Ersatz für die nicht mehr
vorhandene Geschäftsstelle gedient hat. Vielmehr geht der Senat davon aus, dass die
Wohnung nicht für büromäßige oder sonstige Arbeiten genutzt wurde, sondern der
Kläger dort ausschließlich übernachtet hat. Obwohl in der Auskunft des Arbeitgebers
vom 28.6.2005 von einer auch beruflichen Nutzung der Wohnung die Rede ist, hat der
Kläger die fehlende berufliche Nutzung anhand eines von ihm angefertigten und im
Erörterungstermin am 17.10.2008
übergebenen Raumplans nachvollziehbar dargelegt. Hiervon geht inzwischen auch das
FA aus, das diesem Sachvortrag bezüglich der Abzugsbeschränkung für das häusliche
Arbeitszimmer des Klägers mit dem Änderungsbescheid vom 4.11.2008 gefolgt ist.
Schließlich waren die Aufenthalte des Klägers in der Hauptniederlassung seines
Arbeitgebers in A-Stadt zu selten, als dass diese seinen Tätigkeitsmittelpunkt hätte
bilden können (vgl. BFH-Urteil in BStBl II 2005, 789, wonach der Tätigkeitsmittelpunkt
im Betrieb des Arbeitgebers liegt, wenn die Auswärtstätigkeit regelmäßig von dort aus
angetreten wird). Auch wenn der Kläger mit Schriftsatz vom 26.1.2009 noch mitgeteilt
hat, die Arbeitsvorbereitung habe überwiegend in seinem Arbeitszimmer in B-Stadt, zum
Teil aber auch in der Hauptniederlassung stattgefunden, geht aus der Aufstellung im
Schriftsatz vom 19.4.2009, die der Senat insoweit zugrunde legt, hervor, dass der Kläger
sich im Streitjahr lediglich drei Mal für jeweils ein bis vier Tage dort aufgehalten hat.
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2. Für diese Einsatzwechseltätigkeit sind allerdings lediglich geringere als die vom
Kläger geltend gemachten Pauschbeträge für Verpflegungsmehraufwendungen zu
berücksichtigen.
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a) Entgegen der Auffassung des Klägers ist hinsichtlich der für die Pauschbeträge
maßgeblichen Abwesenheitszeiten nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 Satz 3 i.V.m. § 9 Abs. 5
EStG nicht allein auf die Abwesenheit von seiner Wohnung in B-Stadt abzustellen.
Vielmehr sind auch die Aufenthalte in der Wohnung in C-Stadt einzubeziehen.
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aa) Zwar hat der BFH in seiner neueren Rechtsprechung im Falle einer
Einsatzwechseltätigkeit für den Abzug von Verpflegungsmehraufwendungen allein auf
die Abwesenheit von der Wohnung am Ort des Lebensmittelpunkts abgestellt und die
Abwesenheitsdauer von der auswärtigen Unterkunft am Einsatzort für unbeachtlich
gehalten (vgl. BFH-Urteil vom 11.5.2005 VI R 7/02, BStBl II 2005, 782 zu einem
Bauarbeiter mit Einsätzen auf wechselnden Baustellen). Hierzu hat der BFH zunächst
ausgeführt, dass der Bezug einer Unterkunft an einer vorübergehenden Tätigkeitsstätte
im Rahmen einer Einsatzwechseltätigkeit keine doppelte Haushaltsführung begründet.
Beschäftigungsort i.S.d. Regelung zur doppelten Haushaltsführung in § 9 Abs. 1 Satz 3
Nr. 5 Satz 2 EStG sei (nur) der Ort der langfristig und dauerhaft angelegten Arbeitsstätte
(vgl. BFH-Urteil in BStBl II 2005, 782 unter II.2.c bb und unter II.3.). Hiervon ausgehend
hat der BFH für solche Fälle die auswärtige Unterkunft nicht als "Wohnung" i.S.v. § 4
Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 Satz 3 EStG angesehen. Der Begriff der "Wohnung" in § 4 Abs. 5
Satz 1 Nr. 5 Satz 3 EStG knüpfe an den Wohnungsbegriff an, der in Satz 2 der Vorschrift
für Auswärtstätigkeiten des Steuerpflichtigen außerhalb "seiner Wohnung" und des
ortsgebundenen Mittelpunktes der dauerhaft angelegten beruflichen Tätigkeit verwendet
werde. Die bloß vorübergehende Unterkunft, in der der Arbeitnehmer im Laufe seiner
auswärtigen Tätigkeit nächtige, sei damit nicht gemeint. Pauschbeträge für
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Verpflegungsmehraufwendungen seien daher auch für die Zeiten zu gewähren, in
denen sich der Arbeitnehmer in einer solchen auswärtigen Unterkunft selbst aufhalte
(vgl. BFH-Urteil in BStBl II 2005, 782, unter II.4.a). Auch im Rahmen einer
Einsatzwechseltätigkeit sei der Ansatz der Pauschbeträge allerdings nach § 4 Abs. 5
Satz 1 Nr. 5 Satz 5 EStG auf die ersten drei Monate an der jeweiligen Tätigkeitsstätte
begrenzt (vgl. BFH-Urteil in BStBl II 2005, 782, unter II.4.b mit Verweis auf das BFH-
Urteil vom 27.7.2004 VI R 43/03, BStBl II 2005, 357).
Sähe man im Streitfall die Wohnung des Klägers in C-Stadt als auswärtige Unterkunft
der vorgenannten Art an, würde – wie vom Kläger geltend gemacht – der gesamte
Aufenthalt des Klägers in C-Stadt als Abwesenheitszeit gelten. Die Dreimonatsfrist nach
§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 Satz 5 EStG würde nur dann eingreifen, wenn die Tätigkeit bei
einem Kunden länger als drei Monate gedauert haben sollte, was jedenfalls nach dem
Vorbringen des Klägers aber nicht der Fall war.
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bb) Nach Auffassung des Senats betrifft die vorgenannte Rechtsprechung des BFH
jedoch nicht die vorliegend gegebene Konstellation. Vielmehr handelte es sich im
Streitfall bei der Wohnung in C-Stadt um eine "Wohnung" i.S.v. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5
Satz 3 i.V.m. § 9 Abs. 5 EStG. Die Wohnung war nämlich nicht eine bloß
vorübergehende Unterkunft, die der Kläger jeweils zusammen mit den wechselnden
Tätigkeitsstätten genommen und gewechselt hat. Vielmehr hat der Kläger die Wohnung
als dauerhafte Zweitwohnung genutzt, die sich innerhalb des Bereichs zumindest eines
Großteils der von ihm aufgesuchten wechselnden Tätigkeitsstätten befand und von der
aus er innerhalb der Woche seiner Einsatzwechseltätigkeit für einen längeren Zeitraum
(je nach Bezug der Wohnung in 2000 oder 2001 ca. zwei oder drei Jahre)
nachgegangen ist. Der Senat ist der Auffassung, dass – in Abgrenzung zur
vorgenannten Rechtsprechung des BFH in BStBl II 2005, 782 – eine solche dauerhafte
Unterkunft eine doppelte Haushaltsführung begründet und als "Wohnung" i.S.v. § 4 Abs.
5 Satz 1 Nr. 5 Satz 3 EStG anzusehen ist. Dies erscheint insbesondere auch angesichts
des mit dem Abzug für Verpflegungsmehraufwendungen verfolgten Zwecks
gerechtfertigt. Bezüglich der in der Wohnung selbst verbrachten Zeiten unterscheidet
der vorliegende Fall sich nicht von dem Fall des Bezugs einer Zweitwohnung an einer
langfristig und dauerhaft angelegten Arbeitsstätte, die von dort aus täglich in gleicher
Weise aufgesucht wird. In beiden Fällen ist die typisierende Vermutung der gesetzlichen
Regelung gerechtfertigt, dass nach einer "Eingewöhnungszeit" von drei Monaten (für die
doppelte Haushaltsführung) ein Verpflegungsmehraufwand lediglich für außerhalb der
Zweitwohnung verbrachte Auswärtstätigkeiten anfällt.
70
b) Zur Bestimmung der gemäß § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 Satz 3 i.V.m. Satz 2 i.V.m. § 9
Abs. 5 EStG anzusetzenden Pauschbeträge sind damit lediglich die Zeiten
einzubeziehen, in denen der Kläger sowohl von seiner Wohnung in B-Stadt als auch
von seiner Wohnung in C-Stadt abwesend war. Ohne Bedeutung für die Gewährung der
Pauschbeträge sind die Entfernungsverhältnisse insbesondere zwischen der Wohnung
in C-Stadt und den wechselnden Tätigkeitsstätten, soweit diese sich ebenfalls im Raum
C-Stadt befanden (vgl. Blümich/Wied, § 4 EStG Rz 775; siehe außerdem BFH-Urteil
vom 18.12.2008 VI R 39/07, DStR 2009, 425 zu Fahrtkosten). Soweit der Kläger für
bestimmte Abwesenheitszeiten eine Reisekostenerstattung in Form eines Tagegeldes
erhalten hat, sind aufgrund der für diese eingreifenden Steuerbefreiung (§ 3 Nr. 16
EStG) allerdings keine Werbungskosten mehr abziehbar (§ 3c Abs. 1 1. Halbsatz EStG).
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aa) Der Senat geht davon aus, dass der Kläger innerhalb der Woche und soweit er sich
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nicht auf einer "größeren" Dienstreise in weiter entfernte Städte befunden hat, bei
wechselnden Kunden im Raum C-Stadt tätig war und die Wohnung in C-Stadt nicht für
berufliche Tätigkeiten, sondern lediglich für die Übernachtungen genutzt hat (siehe dazu
schon oben unter III.1.). Vor diesem Hintergrund geht der Senat ohne weitere
Nachweise davon aus, dass die Abwesenheitsdauer des Klägers an solchen Tagen
zumindest in der Regel mindestens acht, jedoch weniger als 14 Stunden betragen hat,
da dies der normalen Arbeitszeit entspricht. Des Weiteren geht der Senat ebenfalls ohne
weitere Nachweise davon aus, dass die durch Vorlage der Kontoauszüge
nachgewiesenen Reisekostenerstattungen sich auf Tagegelder für die vom Kläger
angegebenen "größeren" Dienstreisen bezogen und insoweit einem
Werbungskostenabzug für die Abwesenheitstage im Raum C-Stadt nicht entgegen
stehen. Zwar konnte der Kläger keine Reisekostenabrechnungen vorgelegen. Sie
waren aufgrund der Insolvenz des Arbeitgebers auch vom Gericht nicht mehr mit
angemessenem Aufwand zu erlangen. Die Erstattung von Tagegeldern nur für weiter
entfernte Tätigkeitsorte, nicht jedoch für die Tätigkeit im Raum C-Stadt erscheint jedoch
durchaus plausibel. Hierfür spricht auch die Verteilung der Dienstreisen in der vom
Kläger eingereichten Aufstellung sowie die anhand der Kontoauszüge nachgewiesenen
Erstattungen (mehr Dienstreisetage im und höhere Erstattungen für Juni und August).
Schließlich würde der erstattete Betrag gar nicht genügen, um Tagegelder sowohl für
die "größeren" Dienstreisen als auch für die Auswärtstätigkeit im Raum C-Stadt
abzudecken.
bb) Hiervon ausgehend hat der Senat den dem Kläger zustehenden Abzugsbetrag für
Verpflegungsmehraufwendungen wie folgt ermittelt:
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Von den 365 Tagen des Streitjahres hat der Senat die 104 Samstage und Sonntage, die
11 (auf einen Werktag fallenden) Feiertage sowie die aus der Gehaltsabrechnung des
Klägers für den Monat Dezember des Streitjahres (Bl. 10 der Einkommensteuerakte)
ersichtlichen 23 im Streitjahr genommenen Urlaubstage abgezogen. Nicht in Ansatz
gebracht werden können des Weiteren die Werktage, die der Kläger im häuslichen
Arbeitszimmer in B-Stadt gearbeitet hat. Nach dem eigenen Vorbringen des Klägers
betraf dies 10 Werktage. Schließlich müssen diejenigen Tage außer Betracht bleiben,
an denen der Kläger "größere" Dienstreisen mit Erstattung von Tagegeld absolviert hat.
Nach der vom Kläger mit Schriftsatz vom 19.4.2009 eingereichten Aufstellung betraf
dies 30 der 41 (die vom Kläger gebildete Summe von 43 Tagen beruht auf dem
vermutlich irrtümlichen Ansatz von drei Tagen für den 5.7.2002) aufgeführten
Dienstreisetage. Danach ergeben sich bereits höchstens 187 Kalendertage, an denen
der Kläger mindestens acht, jedoch weniger als 14 Stunden ohne Erstattung von
Tagegeldern bei Kunden im Raum C-Stadt tätig gewesen sein kann.
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Von der vorgenannten Höchstzahl der zu berücksichtigenden Kalendertage ist jedoch
nach Auffassung des Senats aufgrund verschiedener bestehender Unsicherheiten ein
weiterer Abzug vorzunehmen. So erscheint es unklar, ob und aus welchem Grund für
die weiteren vom Kläger aufgeführten 11 Tage mit "größeren" Dienstreisen, wie vom
Kläger in seiner Aufstellung geltend gemacht, kein Tagegeld erstattet worden sein soll.
Dass die verbleibende Reisekostenerstattung sich auf Parktickets bzw. Tankkosten
bezogen, die nicht mit der Firmentankkarte beglichen werden konnten, hat der Kläger
zwar vorgebracht, aber mangels Vorlage der Reisekostenabrechnungen nicht
nachgewiesen. Auch die Anzahl der in seiner Aufstellung aufgeführten "größeren"
Dienstreisen als solche konnte vom Kläger nicht mehr belegt werden. Darüber hinaus
vermag der Senat es ohne weitere Nachweise (z.B. auch in Form möglichst zeitnah
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erstellter eigener Aufzeichnungen) nicht auszuschließen, dass der Kläger mehr als die
von ihm angeführten 10 Werktage in seinem häuslichen Arbeitszimmer in B-Stadt
gearbeitet hat. Die von ihm angegebene Anzahl hat der Kläger damit begründet, dass er
die Arbeitsvor- und -nachbereitung ansonsten im Anschluss an die Rückreise nach B-
Stadt am Freitag oder an den Wochenenden erledigt habe. Insoweit erscheint es
jedenfalls möglich, dass die Rückreise an einigen Tagen so früh erfolgt ist, dass es nicht
zu einer achtstündigen Abwesenheit gekommen ist.
Unter Einbeziehung dieser Umstände steht zur Überzeugung des Senats (§ 96 Abs. 1
Satz 1 FGO) lediglich fest, dass es an einer Mindestanzahl von Kalendertagen zu einer
Abwesenheit von mindestens acht, jedoch weniger als 14 Stunden ohne Erstattung von
Tagegeldern gekommen ist. Der Senat geht aufgrund einer Gesamtwürdigung der zuvor
geschilderten Umstände davon aus, dass dies an mindestens 150 Kalendertagen der
Fall war. Für diese ist jeweils ein Pauschbetrag von 6 € anzusetzen (§ 4 Abs. 5 Satz 1
Nr. 5 Satz 3 i.V.m. Satz 2 Buchst. c i.V.m. § 9 Abs. 5 EStG), was zu einem weiteren
Werbungskostenabzug von 900 € führt. Für die darüber hinausgehenden vom Kläger
geltend gemachten Tage (laut Schriftsatz vom 19.4.2009 sowie dem in der mündlichen
Verhandlung gestellten Antrag insgesamt 165 Tage, wobei die Berechnung einen
Rechenfehler enthält und vermutlich tatsächlich sogar 185 Tage gemeint sind) steht
eine solche Abwesenheit dagegen nicht zur Überzeugung des Senats fest. Für einen
weitergehenden Werbungskostenabzug wären detailliertere und konkretere
Darlegungen sowie die Vorlage von Belegen durch den Kläger erforderlich gewesen.
Der Senat war auch nicht zu weiteren Ermittlungen von Amts wegen verpflichtet (vgl. zur
Begrenzung der Sachaufklärungspflicht des Gerichts durch die Mitwirkungspflicht der
Beteiligten Tipke/Kruse, AO/FGO, § 76 FGO Rz 78 ff. m.w.N. aus der Rechtsprechung
des BFH). Daher greift insoweit die für den Abzug von Werbungskosten zu Lasten des
Klägers bestehende Feststellungslast ein.
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IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 136 Abs. 1 Satz 1 FGO. Die Entscheidung
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über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 151 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 FGO i.V.m.
§ 708 Nr. 11, § 711 der Zivilprozessordnung.
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V. Die Revision war wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen
(§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO). Angesichts des BFH-Urteils in BStBl II 2005, 782 erscheint es
klärungsbedürftig, ob eine dauerhaft genutzte Wohnung, die sich wie im Streitfall nicht
am Ort einer langfristig und dauerhaft angelegten Arbeitsstätte, sondern im Bereich der
ständig wechselnden Tätigkeitsstätten einer Einsatzwechseltätigkeit befindet, als
"Wohnung" i.S.v. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 Satz 3 EStG anzusehen ist.
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