Urteil des FG Münster vom 31.08.2005

FG Münster: verfügung von todes wegen, eigentum, gebäude, abschreibung, erblasser, testament, steuerberater, erbvertrag, geschwister, zuwendung

Finanzgericht Münster, 10 K 6840/03 F
Datum:
31.08.2005
Gericht:
Finanzgericht Münster
Spruchkörper:
10. Senat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
10 K 6840/03 F
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger.
G r ü n d e:
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Streitig ist die Höhe der vorzunehmenden Abschreibungen in einer Steuerberater-
Sozietät.
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Der Kläger war seit dem 01.05.1995 an der T*******************Gesellschaft bürgerlichen
Rechts (GbR) zusammen mit seinem Vater - Steuerberater X******** T****** -, der zuvor
eine Einzelpraxis betrieben hatte, beteiligt. Mit Partnerschaftsvertrag vom 05.11.1997
trat die Ehefrau des Klägers mit Wirkung vom selben Tag in die Sozietät ein. Am
06.11.1997 verstarb der Vater des Klägers. Alleinerbin aufgrund des Testaments vom
26.01.1980 war die Ehefrau des Verstorbenen, Frau J****** T******. Aufgrund einer
Testamentsergänzung vom 29.10.1997 erhielten die Enkelkinder jeweils ein
Vermächtnis iHv 50.000,- DM.
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Der Beklagte folgte in den Streitjahren 1997 und 1998 zunächst den Angaben in den
von der Sozietät eingereichten Erklärungen zur gesonderten und einheitlichen
Feststellung der Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit und erließ entsprechende
Feststellungsbescheide unter dem Vorbehalt der Nachprüfung. Aufgrund der
Feststellungen einer in den Jahren 2001/2002 durchgeführten Außenprüfung erhöhte er
jedoch den Gewinn und ließ u.a. in 1997 einen Abschreibungsbetrag von zuletzt
5.702,60 DM und in 1998 einen Abschreibungsbetrag von 38.017,32 DM
unberücksichtigt. Zur Begründung gab er an, bei den im Anlageverzeichnis 1997 als
"Einbauten in fremde Gebäude" aufgeführten Vermögensgegenständen iHv 264.363,53
DM - der Betrag betrifft die vom Verstorbenen getragenen, durch AfA-Beträge
geminderten Umbaukosten aus dem Jahr 1987 iHv 570.256,92 DM - handele es sich um
Sonderbetriebsvermögen des X******** T******. Dieses wachse nicht den verbleibenden
Gesellschaftern nach § 738 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) zu, sondern sei Teil der
Erbmasse des Verstorbenen geworden. Die Vermögensgegenstände seien deshalb
zum 06.11.1997 aus dem Betriebsvermögen zu entnehmen. Bei den
Sonderbetriebsausgaben sei die für diese Wirtschaftsgüter in Anspruch genommene
Abschreibung für den Zeitraum 07.11.1997 bis 31.12.1997 von 38.017,36 DM um
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Abschreibung für den Zeitraum 07.11.1997 bis 31.12.1997 von 38.017,36 DM um
54/360 = 5.702,60 DM zu mindern. Darüber hinaus sei die auf Einbauten in fremde
Gebäude entfallende Jahresabschreibung 1998 in Höhe von 38.017,32 DM rückgängig
zu machen. Mit Vertrag vom 08.01.1998 habe Frau J****** T****** zwar u.a.
Mietereinbauten zum Buchwert von 212.959,04 DM auf den Kläger übertragen. Diese
Einbauten seien jedoch mit dem Erbfall wesentliche Bestandteile des Grundstücks
geworden. Sie hätten deshalb nicht mehr gesondert auf den Kläger übertragen werden
können. Der Beklagte folgte dieser Auffassung und erließ entsprechende
Änderungsbescheide. Der hiergegen gerichtete Einspruch blieb erfolglos.
Der Kläger meint, die Mietereinbauten seien in 1987 ausschließlich für die besonderen
Bedürfnisse der Steuerberaterpraxis erfolgt. Sie seien auch nach dem Tod des
Sozietätspartners als Sonderbetriebsvermögen der Praxis aus steuerrechtlicher Sicht,
d.h. bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise, selbständige bewegliche Wirtschaftsgüter
geblieben. Der Erblasser habe allen Erben gegenüber mehrfach erklärt, dass sein
Betriebsvermögen auf den Kläger übergehen solle. Dies hätten alle Erben ausdrücklich
in einer Erklärung vom 21.01.2005 noch einmal bestätigt. Insoweit liege ein wirksames
Vermächtnis vor. Im übrigen habe spätestens die Übertragung der Einrichtung durch
Vereinbarung vom 08.01.1998 eine Einlage zu Buchwerten zur Folge gehabt.
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Der Kläger beantragt,
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unter Änderung des Feststellungsbescheides 1997 vom 8.6.2005 und des
Feststellungsbescheides 1998 vom 09.10.2002 idF der Einspruchsentscheidung
den Gewinn um die Abschreibung für Mietereinbauten in 1997 um 5.702,60 DM
und in 1998 um 38.017,32 DM zu mindern.
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Der Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Er meint, eine Abschreibung für den Zeitraum 07.11.1997 bis 31.12.1997 habe nicht
mehr steuermindernd berücksichtigt werden können, weil die Alleinerbin Frau J******
T****** mit dem Erbfall Eigentümerin der betreffenden Mietereinbauten geworden sei.
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Die Klage ist nicht begründet.
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Der Beklagte hat zutreffend die streitigen Abschreibungsbeträge in 1997 und 1998
unberücksichtigt gelassen.
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Die im Jahre 1987 im Gebäude W******** in E******** getätigten, von Herrn X********
T****** finanzierten Umbaukosten sind grundsätzlich mit den AfA-Kosten steuerlich zu
berücksichtigen (§ 4 Abs. 3 Satz 3 und Abs. 4 iVm § 7 EStG). Dies gilt auch dann, wenn
diese Aufwendungen wie im Streitfall als Mietereinbauten auf in fremdem Eigentum
stehende Wirtschaftsgüter erbracht werden, weil Gebäudeteile in einem
unterschiedlichen Funktions- und Nutzungszusammenhang als selbständige
Wirtschaftsgüter anzusehen sind (vgl. Beschluss des BFH vom 30.01.1995 GrS 4/92,
BStBl., II 1995, 281 m.w.N.). Das aus betrieblichen Gründen hergestellte Wirtschaftsgut
ist in diesem Fall wie ein materielles Wirtschaftsgut zu behandeln.
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Das Wirtschaftsgut stand auch dem Vater des Klägers zu. Der Senat geht mit den
Beteiligten übereinstimmend davon aus, dass das entstandene Wirtschaftsgut aufgrund
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eines diesem zustehenden Ausgleichsanspruchs gemäß den §§ 951, 812 BGB (vgl.
Urteil des BFH vom 14.05.2002, VIII R 30/98, BStBl. II 2002, 741) nicht dem
zivilrechtlichen Eigentum der Mutter des Klägers zuzurechnen war, sondern - weil es mit
finanziellen Mitteln des Vaters des Klägers und im Einverständnis mit der
zivilrechtlichen Eigentümerin hergestellt wurde - in dessen (wirtschaftliches) Eigentum
überging und als dessen Wirtschaftsgut auszuweisen war. Denn nur in diesem Fall hatte
der Vater des Klägers, wie seit 1987 geschehen, Abschreibungsbeträge in seiner
Steuerberaterpraxis geltend machen können.
Die Abschreibung endete mit dem Tod des Vaters des Klägers. Zu diesem Zeitpunkt
wurde die Mutter als Alleinerbin nach dem Testament vom 26.01.1980 durch Entnahme
mit dem Teilwert auch Eigentümerin der Mietereinbauten. Damit sind die bis dahin
selbständig bewerteten Wirtschaftsgüter des Sonderbetriebsvermögens der
Steuerberaterpraxis mit dem Eigentum am Gebäude in der Person der Mutter des
Klägers vereinigt und entgegen der Ansicht des Klägers keiner eigenständigen
Übertragung mehr fähig. Hieran ändert auch nichts das Bestehen eines
Vermächtnisses, das nach klägerischem Vorbringen die Erbin gegenüber dem Kläger
zu erfüllen hatte.
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Mit einem Vermächtnis erhält der Vermächtnisnehmer gegenüber dem bzw. den Erben
einen schuldrechtlichen Anspruch auf Zuwendung eines Vermögensvorteils (§§ 2147 ff.
BGB). Dies hat gemäß § 1939 BGB durch Testament bzw. gemäß § 1941 BGB durch
Erbvertrag zu geschehen. Zweck der Schriftform ist vor allem, den wirklichen Willen des
Erblassers zur Geltung kommen zu lassen. Der Erblasser soll gezwungen sein, sich
über den Inhalt seiner Verfügung von Todes wegen selbst klar zu werden (Palandt,
BGB, Aufl., § 2231 Anm. 1).
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Die Voraussetzungen eines Vermächtnisses liegen im Streitfall nicht vor. Weder enthält
das Testament vom 26.01.1980 Anhaltspunkte dafür, dass zugunsten des Klägers ein
Vermächtnis (Übertragung des Sonderbetriebsvermögens) bestimmt sein sollte, noch
enthält die Ergänzung des Testaments vom 29.10.1997 einen entsprechenden Hinweis,
obwohl gerade in diesem Nachtrag den Enkelkindern des Erblassers Vermächtnisse
zugewendet wurden. Der Senat hält es hiernach entgegen den entsprechenden
Bekundungen der Mutter und der Geschwister des Klägers für zweifelhaft, ob der
Erblasser dem Kläger überhaupt ein Vermächtnis hatte einräumen wollen. Jedenfalls
fehlt es aber für die Wirksamkeit eines Vermächtnisses an der Einhaltung der hierzu
notwendigen Formvorschriften. Darüber hinaus wäre allerdings auch bei Vorliegen
eines Vermächtnisses die Übertragung der Mietereinbauten auf den Kläger im Wege der
Erbfolge nicht möglich gewesen. Diese fielen mit dem Erbfall in das Eigentum der Mutter
des Klägers und wären damit als selbständige Wirtschaftsgüter nicht mehr vorhanden
gewesen. Aus diesem Grund scheitert auch eine Anwendung des § 41
Abgabenordnung (AO), selbst dann, wenn ein Vermächtnis zugunsten des Klägers
gewollt gewesen wäre, lässt sich das gewünschte steuerliche Ergebnis, weiterhin
Abschreibungen auf das Sonderbetriebsvermögen des Erblassers vornehmen zu
können, nicht erreichen.
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Soweit der Kläger hierzu auf die Vereinbarung vom 08.01.1998 verweist, geht die
danach beabsichtigte Übertragung der Einbauten steuerrechtlich ins Leere. Selbst wenn
hiernach zivilrechtlich die Mutter verpflichtet wäre, dem Kläger einen entspre-
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chenden Anspruch (Wertersatz) einzuräumen, steht diesem schon mangels
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Anschaffungskosten kein Abschreibungsbetrag zur Verfügung.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung.
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