Urteil des FG Münster vom 13.01.2005

FG Münster: treu und glauben, einspruch, steuererklärung, original, fahrtkosten, mitwirkungspflicht, erstellung, steuerberechnung, firma, erfüllung

Datum:
Gericht:
Spruchkörper:
Entscheidungsart:
Tenor:
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Aktenzeichen:
Finanzgericht Münster, 8 K 2060/03 E
13.01.2005
Finanzgericht Münster
8. Senat
Urteil
8 K 2060/03 E
Unter Änderung des Einkommensteuerbescheides 1995 vom 23.04.2002
und der Einspruchsentscheidung vom 11.03.2003 ist die private Pkw-
Nutzung für das Jahr 1995 mit einem Betrag von 1.738,00 DM zzgl.
206,56 DM Umsatzsteuer zu erfassen.
Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Steuerberechnung für das Streitjahr 1995 wird dem Beklagten
übertragen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Die Kosten des Verfahrens werden den Klägern auferlegt.
G r ü n d e :
Streitig ist bei der Einkommensteuer, ob für die private PKW-Nutzung die Höhe der
Nutzungsentnahmen zutreffend angesetzt worden ist und ob für ein Streitjahr die
Steuerfestsetzung nach § 173 Abs. 1 AO noch geändert werden konnte.
Der Kläger (Kl.) ist selbständiger Unternehmensberater. Für die Streitjahre 1995 bis 1997
reichte er die Einkommensteuererklärungen in 1997, 1998 und 1999 ein. Die Veranlagung
für das Kalenderjahr 1995 erfolgte ohne Nachprüfungsvorbehalt. Die Steuerbescheide für
1996 und 1997 ergingen unter dem Vorbehalt der Nachprüfung nach § 164
Abgabenordnung (AO).
Der Beklagte (Bekl.) ordnete mit Bescheid vom 24.08.2001 für die Einkommensteuer und
Umsatzsteuer bei dem Kl. eine steuerliche Betriebsprüfung der Kalenderjahre 1995 bis
1997 an, die am 26.09.2001 begann. Gegen die Anordnung der Überprüfung der
Einkommensteuer 1995 legte der Kl. Einspruch ein. Zur Begründung wies er darauf hin,
dass der ESt-Bescheid 1995 nicht mehr geändert werden könne. Denn ein zunächst
diesem Bescheid beigefügter Vorbehalt der Nachprüfung sei mit Bescheid vom 02.03.1998
aufgehoben worden. Der Einspruch wurde als unbegründet zurückgewiesen. Die dagegen
eingelegte Klage - 11 K 3249/02 AO - wurde mit Urteil vom 18.07.2003 abgewiesen. Gegen
diese Entscheidung wurde eine Nichtzulassungsbeschwerde beim BFH eingelegt, über die
zwischenzeitlich abweisend entschieden wurde. Die Außenprüfung wurde im Kalenderjahr
2002 abgeschlossen. Der Bekl. ermittelte, dass der Kl. im Streitjahr 1995 eine Gutschrift der
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Firma X nicht als Umsatz verbucht hatte. Ferner stellte er fest, dass in den Kalenderjahren
1995 bis 1997 private Nutzungen des Kraftfahrzeuges nicht versteuert worden waren.
Die als Betriebsausgaben gebuchten gesamten Fahrtkosten beliefen sich im Streitjahr
1995 auf insgesamt 17.381 DM, im Streitjahr 1996 auf 32.140 DM und im Streitjahr 1997
auf 41.438 DM.
Der Bekl. änderte für 1995 die Einkommensteuerfestsetzung zunächst lediglich im Hinblick
auf den nicht erfaßten Umsatz. Die Einkommensteuerfestsetzungen der Streitjahre 1996 bis
1997 wurden u. a. wegen der privaten PKW-Nutzung (Nutzungsentnahmen) geändert.
Dabei ermittelte der Bekl. die Entnahmen für 1996 und 1997 auf Grundlage der
Entnahmewerte des § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 Einkommensteuergesetz (EStG) wie folgt:
Bruttolistenpreis PKW 142.000,00 DM
Entnahmewert 12 v.H. 17.040,00 DM
Eigenverbrauch 80 v.H. 13.632,00 DM
Umsatzsteuer 1996 15 % 2.044,80 DM
Umsatzsteuer 1997 15 % 2.044,80 DM
Gegen die entsprechend geänderten Einkommensteuerbescheide 1995 bis 1997 legte der
Kl. Einspruch ein.
Wegen der Höhe der Nutzungsentnahmen legte er im Rahmen des Einspruchsverfahrens
im Nachhinein erstellte Fahrtenaufzeichnungen für die Streitjahre 1996 und 1997 vor. In
diesen erfolgten die Kilometerangaben im Regelfall nur gerundet (regelmäßig auf volle 10
km). In einzelnen Monaten wurden zudem keine bzw. nur einzelne größere Privatfahrten
angegeben. Wegen der Einzelheiten wird auf die vom Bekl. eingereichten Aufstellungen
verwiesen. Hinsichtlich der privaten und betrieblichen Nutzungen ergaben sich aus den
Aufzeichnungen des Kl. für die Monate Januar bis Dezember jeweils die folgenden
Verhältniszahlen:
Gefahrene Kilometer im Streitjahr 1996
Gefahrene Kilometer im Streitjahr 1997
Gesamtfahrten
Betrieblich
Privat
Gesamtfahrten
Betrieblich
Privat
Jan.
7.360
6.164
1.196
3.468
3.355
113
Feb.
6.690
6.090
600
2.912
2.640
272
März
7.172
6.927
245
6.081
5.250
831
April
3.553
3.200
353
4.655
4.390
265
Mai
5.809
5.180
629
4.601
4.536
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Juni
5.357
4.840
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5.375
5.070
305
Juli
4.256
4.210
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3.900
1.076
2.824
Aug.
4.390
3.995
395
2.750
2.340
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Sept.
3.932
3.545
387
4.638
3.970
668
Okt.
4.625
4.625
4.175
3.977
198
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Nov.
4.190
4.190
4.014
3.960
54
Dez.
2.925
2.485
440
4.500
3.925
575
Gesamt: 60.259
55.451
4.808
51.069
44.489
6.580
92,02%
7,98%
87,12%
12,88%
Zu verschiedenen Beanstandungen der im Nachhinein erstellten Fahraufzeichnungen für
die Streitjahre 1996 und 1997 hat der Kl.-Vertreter mit Schreiben vom 21.01.2003 Stellung
genommen. Danach waren die im Nachhinein erstellten Fahraufzeichnungen schon bei
einer Überprüfung anhand der eingereichten Buchführungsbelege nicht immer zutreffend.
So wurden zum Beispiel Tankfahrten in M nicht erfasst, betriebliche Abstecher und
betriebliche Fahrten nicht eingetragen, anstatt einer Fahrt nach Düsseldorf unter falscher
Kilometerangabe eine Fahrt nach Köln angegeben. Zudem konnten einige Widersprüche -
wie z.B. Tanken in D - nicht aufgeklärt werden.
Die gegen die Einkommensteuerbescheide 1996 und 1997 eingelegten Einsprüche
wurden als unbegründet zurückgewiesen. Ferner berücksichtigte der Bekl. nach einem
aktenkundig gemachten telefonischen Verböserungshinweis für 1995 ebenfalls noch für 3
Monate für den PKW Nutzungsentnahmen in Höhe der Entnahmewerte des § 6 Abs. 1 Nr. 4
Satz 2 EStG (netto: 4.260,00 DM). Die in dieser Zeit entstandenen Kraftfahrzeugkosten
einschließlich der Abschreibungen beliefen sich auf insgesamt 17.381 DM.
Gegen die Einspruchsentscheidung vom 11. März 2003 richtet sich die vorliegende Klage.
Der Kl. ist der Auffassung, dass die Änderung für 1995 zu Unrecht erfolgt sei. Wegen der
Einkommensteuer 1995 habe er die Prüfungsanordnung angefochten. Ein Ansatz des
Eigenverbrauches hätte im übrigen nicht mehr erfolgen dürfen, da der Bekl. bereits mit
Abgabe der Steuererklärung 1995 Kenntnis von den PKW-Kosten gehabt hätte. Insoweit
sei aus gutem Grunde auch zunächst eine entsprechende Änderung der Einkommensteuer
für 1995 unterblieben. Wegen der Erfassung des nicht verbuchten Umsatzes mit der Firma
X sei das Ergebnis der beim BFH eingelegten Nichtzulassungsbeschwerde abzuwarten. Er
sei jedenfalls der Auffassung, dass eine Änderung nach § 173 AO im Streitfall ausscheide.
Auch hätte der Verböserungshinweis schriftlich erfolgen müssen. Hinsichtlich der Werte der
in den übrigen Jahren angesetzten Nutzungsentnahmen seien die nachträglich erstellten
Fahrtenbücher zu berücksichtigen. Die Fahrtenbücher seien nach bestem Wissen und
Gewissen anhand der Aufzeichnungen des Kl. erstellt worden. Es lägen insoweit entgegen
der Ansicht des Bekl. ordnungsgemäß erstellte Aufzeichnungen vor. Denn die vorgelegten
Tabellen enthielten alle notwendigen Elemente für eine Anerkennung. Der Bekl. verkenne
insoweit, dass der BFH es offen gelassen habe, ob eine spätere Erstellung gegen die
Ordnungsmäßigkeit eines Fahrtenbuches spräche.
Im laufenden Verfahren hat der Kl. mit Schreiben vom 26.04.2004 noch eine Aufstellung
über die im Oktober bis Dezember 1995 durchgeführten Fahrten vorgelegt. Im Oktober hat
er danach eine Privatfahrt (gefahrene Kilometer 3.342, davon 115 privat), im November
zwei Privatfahrten (gefahrene Kilometer 6.681, davon 176 privat) und im Dezember zwei
weitere Privatfahrten (gefahrene Kilometer 4.313, davon 603 privat) vorgenommen. Wegen
der Einzelheiten wird auch hier auf die eingereichten Aufstellungen des Kl. verwiesen. Die
privaten Nutzungsanteile betragen nach den gefahrenen Kilometern in der Aufstellung für
1995 insgesamt 6,23 %.
Die Kl. beantragen,
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den geänderten Einkommensteuerbescheid 1995 vom 23.04.2002 und die
Einspruchsentscheidung (EE) vom 11.03.2003 wegen der Einkommensteuerfestsetzung
1995 aufzuheben sowie unter Änderung der geänderten Einkommensteuerbescheide 1996
vom 30.04.2003 und 1997 vom 23.04.2002 und der EE vom 11.03.2003 den Wert der
Nutzungsentnahmen anhand der eingereichten Fahrtenbücher zu ermitteln und
anzusetzen,
hilfsweise, im Unterliegensfalle, die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung
der Sache zuzulassen.
Der Bekl. beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er verweist auf die Gründe seiner EE und ist der Auffassung, dass die Änderungen für 1995
zu Recht erfolgt seien. Die Prüfung der Einkommensteuer 1995 durch die Betriebsprüfung
sei zu Recht erfolgt. Die beim Finanzgericht dagegen eingelegte Klage sei als unbegründet
verworfen worden. Die dagegen eingereichte Nichtzulassungsbeschwerde habe der BFH
abgewiesen. Daher sei der Ansatz der bisher nicht erfassten Einnahmen im nach § 173
Abs. 1 Nr. 1 AO geänderten Steuerbescheid 1995 zu Recht erfolgt. Auch die Erhöhung der
Nutzungsentnahmen sei zutreffend vorgenommen worden. Der Kl. sei auf die Möglichkeit
der Verböserung hingewiesen worden. Die Änderung im Einspruchsverfahren sei danach
zu Recht erfolgt. Der Kl. habe hinsichtlich der Streitjahre kein ordnungsgemäß erstelltes
Fahrtenbuch vorgelegt. Aus diesem Grunde habe das Finanzamt zu Recht die
Nutzungsentnahmen unter Ansatz der Werte des § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG ermittelt.
Die Klage ist nur zu einem geringen Teil begründet.
1. Der Bekl. hat die Nutzungsentnahmen in den Streitjahren 1996 und 1997 zutreffend
nach der Vorschrift des § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG ermittelt und der Besteuerung zu
Grunde gelegt. Nach dieser Vorschrift ist die private Nutzung von zum betrieblichen
Vermögen gehörenden Kraftfahrzeugen grundsätzlich für jeden Kalendermonat mit 1 v.H.
des inländischen Listenpreises im Zeitpunkt der Erstzulassung zuzüglich der Kosten für
Sonderausstattungen einschließlich der Umsatzsteuer anzusetzen. Dies ist im Streitfall
geschehen. Zwar kann die private Nutzung abweichend von der typisierenden Regelung
des § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG nach § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 3 EStG auch mit den auf die
Privatfahrten tatsächlich entfallenden Aufwendungen angesetzt werden. Voraussetzung
hierfür ist jedoch, dass die für jedes Kraftfahrzeug insgesamt entstehenden Aufwendungen
durch Belege und das Verhältnis der privaten zu den übrigen Fahrten durch ein
ordnungsgemäßes Fahrtenbuch nachgewiesen werden (§ 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 3 EStG).
Daran fehlt es hier.
Der Nachweis durch ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch setzt voraus, dass die danach
erforderlichen Aufzeichnungen (mit Angaben zu Reisezweck, Zielort und aufgesuchtem
Geschäftspartner sowie Zeitangaben und Kilometerstände zu Beginn und Ende jeder
einzelnen betrieblichen Fahrt, zu den Einzelheiten siehe Schmidt,
Einkommensteuergesetz, Kommentar, 22. Aufl. 2002, § 6 Rn 422 m.w.N.) fortlaufend und
zeitnah (FG Saarland, Urteil vom 22.06.1994, EFG 1994, 962) erstellt und im Original (FG
München, Urteil vom 01.02.1995, Az. 1 K 3155/99, in: Juris) vorgelegt werden. Die Vorlage
bloßer im Nachhinein erstellter Reinschriften genügt nicht. Nur auf diese Weise kann ein
Fahrtenbuch seiner Funktion, eine lückenlose Erfassung sämtlicher unternommener
Fahrten zu gewährleisten und einer späteren Verifizierung zugänglich zu machen (FG
Baden-Württemberg, Urteil vom 07.07.1988, EFG 1989, 307), gerecht werden. Wie der Kl.
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einräumt, handelt es sich bei den vorgelegten Unterlagen nicht um Original-
Aufzeichnungen, sondern um im Nachhinein gefertigte Aufstellungen. Diese im Nachhinein
gefertigten Aufzeichnungen waren zudem lückenhaft, wie der Kl. in seinem Schreiben vom
21. Januar 2003 selbst zugegeben hat. Dabei kann der Bekl. durch einen Abgleich mit den
Belegen der Buchführung nur besondere Auffälligkeiten, nicht jedoch alle möglichen Fehler
der im Nachhinein erstellten Aufzeichnungen aufdecken. Der Senat ist daher der
Auffassung, dass die nachträglich erstellten Aufzeichnungen kein ordnungsgemäß
geführtes Fahrtenbuch darstellen. Denn wenn der Kl. schon Tankfahrten und
Betriebsfahrten nicht mehr im Nachhinein zutreffend erfasst hat, kann das nachträglich
erstellte Fahrtenbuch nicht zutreffend und ordnungsgemäß sein. Es kommt im Streitfall
daher auch nicht darauf an, wie es dem Kl. überhaupt gelungen ist, kleinere nicht
aufgezeichnete Privatfahrten zu erfassen. Soweit der Kl. auf den Beschluß des BFH vom
24.02.2000 hinweist, der es ausdrücklich offen gelassen hat, ob Eintragungen in ein
Fahrtenbuch zeitnah zu erfolgen haben oder nachträglich vorgenommen werden können
und ob Mängel dieser Aufzeichnungen das FA nur zu einer Schätzung berechtigen oder
aber zur Anwendung der Typisierungsregelung des § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG zwingen,
ist der Senat der Auffassung, dass eine nicht zeitnahe Erstellung von Aufzeichnungen stets
gegen die Ordnungsmäßigkeit eines Fahrtenbuches spricht.
Hinzu kommen im Streitfall die festgestellten - inhaltlichen - Mängel. Nach Überzeugung
des Senats zeigen auch diese, dass die nach § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 3 EStG erforderliche
Ordnungsmäßigkeit nicht gegeben ist. Soweit der BFH es in seinem Beschluss zudem
offen lässt, ob bei einem nicht ordnungsgemäßen Fahrtenbuch das FA nur zu einer
Schätzung befugt sei, vermag der Senat dieser Überlegung nicht zu folgen. Denn nach
dem eindeutigen Gesetzeswortlaut des § 4 Abs. 1 Nr. 4 Satz 3 EStG genügt für eine
abweichende Bemessung nicht die Führung eines fehlerbehafteten Fahrtenbuches,
sondern die Führung eines ordnungsgemäßen, d.h. nicht mit groben Aufzeichnungsfehlern
behafteten Fahrtenbuches. Hinzu kommt, dass einer Berücksichtigung des nacherstellten
Fahrtenbuches die Vorschrift des § 38 AO entgegensteht. Denn nach dieser Vorschrift
entsteht der Steueranspruch grundsätzlich nach den jeweiligen Verhältnissen im
Veranlagungszeitraum. Tatbestände, die erst nach Ablauf des Veranlagungszeitraums
geschaffen werden - wie hier die nacherstellten Fahrtenaufzeichnungen - beeinflussen den
einmal verwirklichten Anspruch aus dem Steuerschuldverhältnis damit nachträglich nicht
mehr. Der Bekl. hat daher die Kraftfahrzeugnutzungen der Streitjahre 1996 und 1997 in der
richtigen Höhe erfasst. Eine andere Beurteilung ergibt sich ferner nicht aus der Überlegung
des Kl., dass es durch Kostenvergütungen von den Mandanten zu einer Art
Doppelbesteuerung komme. Denn die Art der Abrechnung des Kl., d.h. welche Positionen
er in seine Honorarberechnung als selbständiger Wirtschaftsberater einfließen lässt, hat
keine Auswirkung auf die Höhe der Kosten und insbesondere auch nicht auf die
ertragsteuerliche Bewertung der privaten Nutzungsanteile.
2. Der Bekl. hat die Änderung für das Kalenderjahr 1995 im Hinblick auf die Erfassung
der Nutzungsentnahmen jedoch nicht im zutreffenden Umfang vorgenommen.
Der Bekl. war berechtigt, den Einkommensteuerbescheid für das Streitjahr 1995 nach §
173 Abs. 1 Nr. 1 AO 1977 zu ändern. Danach sind Steuerbescheide zu ändern, soweit
Tatsachen nachträglich bekannt werden, die zu einer höheren Steuer führen.
Eine Änderung eines Bescheides ist nach Treu und Glauben nur ausgeschlossen, wenn
dem FA die nachträglich bekannt gewordene Tatsache bei ordnungsgemäßer Erfüllung
seiner Ermittlungspflicht nicht verborgen geblieben wäre. Allerdings muss der
Steuerpflichtige dann seinerseits seine Mitwirkungspflicht ordnungsgemäß erfüllt haben.
Haben sowohl der Steuerpflichtige als auch das FA es versäumt, den Sachverhalt
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aufzuklären, trifft in der Regel den Steuerpflichtigen die Verantwortung, mit der Folge, dass
der Steuerbescheid geändert werden kann (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH-Urteil vom
24. Januar 2002 XI R 2/01, BFHE 197, 526, m.w.N.).
Hier hat der Kl. sowohl durch eine Gutschrift erzielte Betriebseinnahmen als auch die
private Nutzung seines betrieblichen PKWs nicht zutreffend erklärt. Er ist damit seiner
Mitwirkungspflicht zur Offenlegung des wirklichen Sachverhaltes hinsichtlich der
Streitpunkte nicht im geringsten nachgekommen. Der Bekl. war daher nicht nur berechtigt,
sondern sogar verpflichtet, den Steuerbescheid für 1995 zu korrigieren. Soweit der Kl.
andeutet, dass der Bekl. bereits wegen der erklärten Fahrtkosten von einer privaten
Nutzung hätte ausgehen können, verkennt er, dass es seine - des Kl. - Pflicht ist, eine
Steuererklärung nach bestem Wissen und Gewissen zutreffend abzugeben. Dazu gehört
insbesondere auch die Erfassung der privaten Nutzungsentnahmen. Eine bloße Erklärung
der Aufwendungen in der Annahme, das Finanzamt könne ja die private Nutzung erkennen
und ansetzen, ist dagegen regelmäßig als eine (versuchte) Steuerhinterziehung (mit
bedingten Vorsatz) einzuordnen.
Nach diesen Grundsätzen hat das FA die Voraussetzungen der Änderungsvorschrift
zutreffend bejaht; denn die Einnahmen aufgrund der Gutschrift und die private PKW-
Nutzung sind dem FA erst nach dem Erlass des ursprünglichen
Einkommensteuerbescheides bekannt geworden. Soweit der Bekl. in seinem
Änderungsbescheid für 1995 zunächst keine private Pkw-Nutzung angesetzt hatte, ist
festzustellen, dass die Kl. im Einspruchsverfahren jedoch ausdrücklich auf die Möglichkeit
einer verbösernden Entscheidung hingewiesen wurden. Entgegen der Auffassung der Kl.
ist eine bestimmte Form (Schriftform) für den Verböserungshinweis nicht vorgeschrieben
(vgl. Tipke/Kruse § 367 AO Rz. 28). Durch den unmittelbaren Bearbeitervermerk befindet
sich der entsprechende Nachweis über die mündliche Ankündigung einer Verböserung
auch in der Akte.
Der Senat ist jedoch der Auffassung, dass der Ansatz der privaten Nutzungsanteile für
das Streitjahr 1995 zu hoch erfolgte. Zwar kann das nachträglich erstellte Fahrtenbuch -
wie bereits für 1996 und 1997 ausgeführt - der Besteuerung nicht zugrunde gelegt werden.
Die Angaben in dem Fahrtenbuch können jedoch im Rahmen einer Schätzung durch das
Gericht Berücksichtigung finden. Insoweit ist nämlich zu bedenken, dass die Vorschrift des
§ 6 Abs. 1 Nr. 4 Sätze 2 und 3 EStG zur Bewertung der privaten Pkw-Nutzung erst im
Kalenderjahr 1996 Geltung fand. Aufgrund der vom Kl. eingereichten Unterlagen hält der
Senat einen schätzweisen Ansatz von 10 v.H. der erklärten Kosten für ausreichend. Die
private PKW-Nutzung ist daher anstatt des angesetzten Betrages von 4.260 DM zzgl.
511,20 DM Umsatzsteuer mit einem Betrag in Höhe von 1.738 DM (10 % der Kosten
einschl. Abschreibungen) zzgl. 206,56 DM Umsatzsteuer zu erfassen.
Die Steuerberechnung für das Streitjahr 1995 wird dem FA übertragen.
Die Kosten des Verfahrens trägt der Kl. zu 100 v.H.. Zwar hat er zu einem geringen Teil
obsiegt, jedoch wurden die Grundlagen zur Ermittlung der privaten Nutzungsanteile für das
Streitjahr 1995 erst im Klageverfahren beigebracht (§ 137 FGO).
Die Revision wird nicht zugelassen.
Es liegt weder ein Fall von Divergenz noch - wie von den den Kl. geltend gemacht - von
grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache vor (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 und 2 FGO).
Die Feststellungen zu den Mängeln in den Fahrtenaufzeichnungen des Kl. betreffen die
tatsächliche Ebene.