Urteil des FG Münster vom 19.12.2003

FG Münster: gesellschafter, geschäftsführer, verdeckte gewinnausschüttung, herabsetzung des gehalts, treu und glauben, veröffentlichung des urteils, stammkapital, altersrente, zusage, anerkennung

Finanzgericht Münster, 9 K 491/01 K,G,F
Datum:
19.12.2003
Gericht:
Finanzgericht Münster
Spruchkörper:
9. Senat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
9 K 491/01 K,G,F
Tenor:
Die Klage wegen des Gewerbesteuermessbescheides 1996 wird
abgewiesen.
Die Körperschaftsteuerbescheide 1996 - 1998, die Bescheide über die
Feststellungen gem. § 47 Abs. 1 KStG zum 31.12.1996 - 31.12.1998, die
Bescheide über die Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs zur
Körperschaftsteuer auf den 31.12.1996 - 31.12.1998, sämtlich vom
10.08.2000, die Gewerbesteuermessbescheide 1997 und 1998 vom
25.08.2000 und die Bescheide über die Feststellung des vortragsfähigen
Gewerbeverlustes zum 31.12.1996 - 31.12.1998 vom 21.08.2000 in der
Fassung der Einspruchsentscheidung vom 02.01.2001 werden nach
Maßgabe der Entscheidungsgründe geändert.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Berechnung der Steuern, der Steuermessbeträge und der
Feststellungsbeträge wird dem Beklagten übertragen.
Die Kosten des Verfahrens werden der Klägerin zu 7/10 und dem
Beklagten zum 3/10 auferlegt.
Die Revision wird zugelassen.
G r ü n d e:
1
I.
2
Streitig ist die steuerliche Anerkennung von Pensionszusagen an Gesellschafter der
Klägerin (Klin).
3
Die Klin wurde mit notarieller Urkunde vom 10.02.1983 unter dem Namen
4
A*************************************GmbH gegründet.
Mit notarieller Urkunde vom 16.04.1993 wurde das Stammkapital der Klin von 60.000,-
DM auf 100.000,- DM erhöht. Gesellschafter der Klin waren ab diesem Zeitpunkt Dipl.-
Ing. Dr. T**************mit einem Anteil am Stammkapital in Höhe von 60.000,- DM und
Dipl.-Ing. Dr. L****************mit einem Anteil am Stammkapital in Höhe von 40.000,- DM.
Beide Gesellschafter wurden zugleich zu Geschäftsführern der Klin bestellt. Gleichzeitig
wurde in dieser notariellen Urkunde die Klin auf den Namen
B******************************************************************GmbH umbenannt. Der
Unternehmensgegenstand wurde mit Beratung, Planung, Berechnung und
Montageüberwachung auf allen Gebieten der Bautechnik festgelegt.
5
Das Stammkapital der Klin wurde mit notarieller Urkunde vom 26.06.1996 auf 200.000,-
DM erhöht und es wurden zwei neue Gesellschafter aufgenommen. Gesellschafter der
Klin ab diesem Zeitpunkt waren Dr. T**************mit einem Anteil am Stammkapital in
Höhe von 65.000,- DM, Dr. L****************mit einem Anteil am Stammkapital in Höhe
von 65.000,- DM, Prof. Dr. Ing. Q*******************mit einem Anteil am Stammkapital in
Höhe von 60.000,- DM und Dipl.-Ing. C****************mit einem Anteil am Stammkapital
in Höhe von 10.000,- DM.
6
Auf Ihren jetzigen Name wurde die Klin am 26.01.2000 umbenannt. Gleichzeitig wurde
ein weiterer Gesellschafter aufgenommen.
7
Mit dem Gesellschafter-Geschäftsführer Dr. T********schloss die Klin. am 26.04.1993
einen Anstellungsvertrag, der mit Vollendung des 70. Lebensjahres enden sollte.
8
Mit gleichem Datum erteilte die Klin. dem Gesellschafter-Geschäftsführer Dr. T*******,
der am 19.02.1933 geboren wurde und seit dem 01.10.1988 als Gesellschafter-
Geschäftsführer der Klin. tätig ist, eine Pensionszusage über eine Altersrente mit
Vollendung des 70. Lebensjahres in Höhe von 3.000,- DM monatlich sowie eine
Witwenrente in Höhe von 60 % der Altersrente. Bei Ausscheiden des Gesellschafter-
Geschäftsführers aus dem Dienst der Klin. vor Eintritt des Versorgungsfalles bleibt die
Pensionsanwartschaft im Verhältnis der zurückgelegten Dienstzeit zur Gesamtdienstzeit
erhalten.
9
Zur Übernahme eines Prüfingenieurbüros in C**********wegen des Versterbens des
bisherigen Inhabers wurde der Gesellschafter-Geschäftsführer Dr. T********vom
Wettbewerbsverbot des § 13 des Gesellschaftsvertrages mit Gesellschafterbeschluss
vom 16.03.1996 befreit. Ab Juli 1996 wurde sein monatliches Festgehalt, das im
Zeitpunkt der Erteilung der Pensionszusage 12.000 DM betrug, wegen verringerten
Tätigkeitsumfangs auf 5.140 DM gesenkt.
10
Mit Gesellschafterbeschluss vom 20.03.2000 wurde das Pensionierungsalter auf die
Vollendung des 71. Lebensjahres angehoben.
11
Mit dem Gesellschafter-Geschäftsführer Dr. L*********schloss die Klin. ebenfalls am
26.04.1993 einen Geschäftsführeranstellungsvertrag ab, der mit Vollendung des 65.
Lebensjahres enden sollte. Gleichzeitig wurde dem am 02.06.1946 geborenen und seit
dem 01.04.1993 bei der Klin. tätigen Geschäftsführer eine Altersrente mit Vollendung
des 65. Lebensjahres in Höhe von 5.000,- DM monatlich zugesagt. Darüber hinaus
wurde eine Berufsunfähigkeitsrente in Höhe von 100 % der Altersrente sowie eine
12
Witwenrente in Höhe von 60 % der Altersrente vereinbart.
Mit dem späteren Gesellschafter Dr. Q*******schloss die Klin. am 31.05./01.06.1996
einen Anstellungsvertrag. Danach war er für alle Aufgaben im Tätigkeitsbereich der Klin.
zuständig. Die technischen Aufgaben hat der Gesellschafter danach eigenverantwortlich
und die übrigen Aufgaben in enger Zusammenarbeit mit der Geschäftsführern
wahrzunehmen. Der Anstellungsvertrag soll mit Vollendung des 65. Lebensjahres
enden. Die Vergütung bestand in einem monatlichen Festgehalt von 12.000,- DM und
einer 10%-igen Gewinntantieme.
13
Mit Datum vom 31.05.1996 erteilte die Klin. dem späteren Gesellschafter Dr. S*****, der
am 24.12.1938 geboren ist und zum 01.06.1996 seine Tätigkeit bei der Klin. aufnahm,
eine Altersrente mit Vollendung des 68. Lebensjahres in Höhe von 3.000,- DM sowie
eine Witwenrente in Höhe von 60 % der Altersrente. Bei Ausscheiden vor dem 68.
Lebensjahr war die Altersversorgung anteilig zu kürzen.
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Dem weiteren Gesellschafter Karlheinz C******erteilte die Klin. ebenfalls eine
Pensionszusage mit Vollendung des 65. Lebensjahres.
15
Für die Jahre 1996 - 1998 führte der Beklagte bei der Klin. eine Betriebsprüfung durch -
Bericht vom 20.03.2000.
16
Der Beklagte vertrat bei der Betriebsprüfung die Auffassung, die nach der BFH-
Rechtsprechung vorausgesetzte so genannte Erdienenszeit von zehn Jahren sei beim
Gesellschafter-Geschäftsführer Dr. T********nicht erreicht. Zudem sei die
Pensionszusage nach Vollendung des 60. Lebensjahres erteilt worden. Nach der BFH-
Rechtsprechung seien Pensionszusagen an Gesellschafter-Geschäftsführer, die im
Zeitpunkt der Zusage das 60. Lebensjahr vollendet haben, steuerlich nicht
anzuerkennen.
17
Der Beklagte vertrat daher die Auffassung, die Zuführungen zur Pensionsrückstellung
für den Gesellschafter-Geschäftsführer Dr. T********seien als verdeckte
Gewinnausschüttung zu behandeln und zwar für 1996 mit 20.934,- DM, für 1997 mit
20.582,- DM und für 1998 mit 26.349,- DM.
18
Der Gesellschafter Prof. Dr. T*******war im Zeitpunkt der Erteilung der Pensionszusage
57 Jahre alt. Bis zum vertragsgemäßen Ende des Anstellungsvertrages verblieb danach
eine Erdienenszeit für die Pension von 7 Jahren und 7 Monaten. Der Gesellschafter
Prof. Dr. T*******sei zwar kein beherrschender Gesellschafter. Nach der Rechtsprechung
des BFH müsse jedoch auch für einen solchen Gesellschafter zur Anerkennung der
Pensionszusage die Gesamttätigkeit bis zum Ruhestand 12 Jahre betragen. Dieser
Zeitraum sei nicht gewahrt. Daher seien die Zuführungen zur Pensionsrückstellung für
1996 in Höhe von 23.596,- DM, für 1997 in Höhe von 25.260,- DM und für 1998 in Höhe
von 27.330,- DM als verdeckte Gewinnausschüttung gemäß § 8 Abs. 3 KStG zu
behandeln.
19
Auf der Grundlage dieser Rechtsauffassung erließ der Beklagte die geänderten
Körperschaftsteuerbescheide 1996 - 1998, die Bescheide über die gesonderte
Feststellung von Besteuerungsgrundlagen gemäß § 47 Abs. 1 KStG zum 31.12.1996 -
31.12.1998, die geänderten Bescheide über die gesonderte Feststellung des
verbleibenden Verlustabzugs zur Körperschaftsteuer auf den 31.12.1996 - 31.12.1998
20
jeweils vom 10.08.2000, die geänderten Bescheide über die gesonderte Feststellung
des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31.1.1996 - 31.12.1998 vom 21.08.2000
und die geänderten Gewerbesteuermessbescheide 1996 - 1998 vom 25.08.2000.
Die Änderung des Körperschaftsteuerbescheides 1996 stützte der Beklagte auf die
Vorschrift des § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO und die Änderung der Körperschaftsteuer 1997 und
1998 auf die Vorschrift des § 164 Abs. 2 AO.
21
Zur Begründung ihrer dagegen erhobenen Einsprüche trug die Klin. vor, nach den
Übergangsregelungen der Finanzverwaltung sei für einen Gesellschafter-
Geschäftsführer eine siebenjährige Erdienenszeit ausreichend. Für den Gesellschafter-
Geschäftsführer Dr. T********sei die von der BFH-Rechtsprechung zu Grunde gelegte 10-
jährige Erdienenszeit gewahrt, wenn auf die Vollendung des 71. Lebensjahres
abgestellt werde. Stelle man auf das Lebensalter des Pensionsberechtigten im
Zeitpunkt der Erteilung der Pensionszusage ab, so sei bei dem Gesellschafter-
Geschäftsführer Dr. T********das 60. Lebensjahr nur geringfügig überschritten. Die Höhe
des Lebensalters könne bei der steuerlichen Anerkennung einer Pensionszusage nur
eine untergeordnete und nebensächliche Bedeutung haben, sofern eine ausreichende
Erdienungszeit gewahrt sei. Nach der Rechtsprechung des BFH sei die Erdienenszeit
von zehn Jahren auch keine feste Frist, sondern allenfalls ein Anhaltspunkt. Nach dem
Schreiben des Bundesministers der Finanzen vom 01.08.1996 sei die verschärfende
Rechtsprechung des BFH hinsichtlich des Erdienenszeitraums nur auf
Pensionszusagen anzuwenden, die nach der Veröffentlichung des Urteils im
Bundessteuerblatt im Jahre 1995 vereinbart worden seien.
22
Beim Gesellschafter-Geschäftsführer Dr. T********sei neben seiner Stellung als
Gesellschafter-Geschäftsführer auch seine Bestellung als Prüfingenieur in die
steuerliche Beurteilung einzubeziehen. Die Bestellung zum Prüfingenieur sei
grundsätzlich bis zur Vollendung des 70. Lebensjahres möglich. Darüber hinaus seien
begonnene Prüfaufträge noch über diese Lebensaltersgrenze hinaus abzuwickeln.
Damit liege in der Praxis bei einer Bestellung als Prüfingenieur die Beendigung der
Prüftätigkeit bei der Vollendung des 71. Lebensjahres.
23
Zudem sei zu beachten, dass die Finanzverwaltung selbst früher grundsätzlich bei
beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführern als Pensionszeitpunkt das 75.
Lebensjahr zu Grunde gelegt habe.
24
Der Gesellschafter Prof. Dr. Q sei kein beherrschender Gesellschafter gewesen. Seinen
Eintritt in die Klin. habe er seinerzeit von der Erteilung der Pensionszusage abhängig
gemacht. Prof. Dr. Q sei in der einschlägigen Branche bekannt gewesen. Um ihn zu
gewinnen, habe die Klin. auf seine Vorstellungen auch zur Pensionszusage eingehen
müssen. Auch bei einem nicht beherrschenden Gesellschafter sei nach der früheren
Auffassung der Finanzverwaltung von einem Erdienenszeitraum von sieben Jahren als
ausreichend auszugehen. Für Prof. Dr. Q , der im Zeitpunkt der Zusage 57 Jahre alt
gewesen sei, sei der zehnjährige Erdienungszeitraum bei einem Pensionsalter von 68
Jahren gewahrt. Die Nichtanerkennung der Pensionszusage könne nicht darauf gestützt
werden, dass dem Gesellschafter Prof. Dr. Q unmittelbar mit der Anstellung die
Pensionszusage erteilt worden sei, da er Branchenerfahrung besitze.
25
Zudem verwies die Klin. darauf, dass für die Jahre 1995 - 1998 eine Lohnsteuerprüfung
stattgefunden habe, bei der ausdrücklich auch die Anstellungsverträge geprüft worden
26
seien. Dazu zählten auch die Pensionszusagen, so dass durch die
Lohnsteueraußenprüfung endgültig über diese Verträge bindend entschieden worden
sei.
Der Beklagte wies die Einsprüche mit Einspruchsentscheidung vom 02.01.2001 als
unbegründet zurück. Zur Begründung führte der Beklagte u. a. aus,
Lohnsteueraußenprüfungen seien in ihrem Prüfungsgegenstand beschränkt und daher
komme ihnen für die Beurteilung der Ertragsteuern keine Bindungswirkung zu.
27
Zur Pensionszusage des Gesellschafter-Geschäftsführers Dr. T stellte der Bekl. nicht
mehr auf den fehlenden Erdienungszeitraum ab, sondern auf das Alter von über 60
Jahren im Zeitpunkt der Erteilung der Pensionszusage, insbesondere auf das mit dem
Alter steigende Risiko kurzfristiger Inanspruchnahme der Pension. Danach habe der
BFH die Erdienbarkeit der Pension verneint, wenn der Geschäftsführer das 60.
Lebensjahr im Zeitpunkt der Erteilung überschritten habe. Dass Dr. T Inhaber einer
Prüfingenieurlizenz sei und auf Grund dafür geltender berufsrechtlicher und
berufsständischer Vorschriften bis zum 70. Lebensjahr tätig sein könne, führe zu keiner
anderen Beurteilung.
28
Zur Begründung ihrer dagegen erhobenen Klage wiederholt die Klin. ihr Vorbringen aus
dem Einspruchsverfahren und führt ergänzend aus, nach der Entscheidung BFH/NV
2001, 67 bleibe für die Anerkennung einer Pensionszusage im Wesentlichen der
Fremdvergleich unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles maßgebend.
Danach könne für die steuerliche Anerkennung der Pensionszusage an Dr. T nicht
isoliert allein auf das Überschreiten des Alters von 60 Jahren im Zeitpunkt der Erteilung
der Pensionszusage abgestellt werden. Die vom Gesetzgeber erlaubte Tätigkeit des
Prüfingenieurs bis zum 70. Lebensjahrs sei bei einer Pensionszusage an eine Person
dieses Kreises zu berücksichtigen.
29
Die Zusage an Dr. T sei vor der Verschärfung der Rechtsprechung (BStBl. II 1995, 419)
erteilt worden. Nach dem Erlass des BMF vom 01.08.1996, GmbH-Rundschau 1996,
797 solle es für so genannte Altzusagen, wie bei Dr. T , bei der Erdienensfrist der
Vergangenheit von sieben Jahren bleiben.
30
Der Gesellschafter Prof. Dr. Q sei ein einschlägig qualifizierter Sachverständiger. Ihm
sei die Zusage vor der Vollendung des 60. Lebensjahres erteilt worden und für ihn sei
die Erdienenszeit von zehn Jahren bei einer Pensionszusage zum 68. Lebensjahr
eingehalten. Die Nichtanerkennung der Pensionszusage an Prof. Dr. Q könne nicht
darauf gestützt werden, dass die Pensionszusage unmittelbar mit der Anstellung erteilt
worden und unmittelbar mit der Anstellung auch unverfallbar geworden sei. Nach der
Entscheidung des BFH vom 04.05.1998, GmbH-Rundschau 1998, 1049 sei nach den
Umständen des Einzelfalles auch eine unmittelbar unverfallbare Versorgungszusage
möglich. Die vom BFH in seinen Entscheidungen herangezogenen Fristen des
Gesetzes über die betriebliche Altersversorgung seien nur Anhaltspunkte und Indizien,
nicht aber echte einzuhaltende Fristen und Tatbestandmerkmale. Auf Grund der
Bekanntheit und Branchenerfahrung des Gesellschafters Prof. Dr. Q sei diese sofort
unverfallbare Pensionszusage an ihn aus dem Interesse der Klin. gerechtfertigt, Prof. Dr.
Q als Arbeitnehmer und Gesellschafter zu gewinnen.
31
Ergänzend verweist die Klin. auf die Entscheidung des BFH vom 24.04.2002, BStBl. II
2003, 416 und auf das BMF-Schreiben vom 13.05.2003, DB 2003, 1299.
32
Entsprechend dieser zitierten BFH-Entscheidung sei auch im Streitfall die Besonderheit
gegeben, dass wegen der früheren freiberuflichen Tätigkeit eine angemessene
gesetzliche Altersversorgung nicht habe aufgebaut werden können.
33
Die Klin. beantragt,
34
die Körperschaftsteuerbescheide 1996 - 1998, die Bescheide über die
Feststellungen gemäß § 47 Abs. 1 KStG zum 31.12.1996 - 31.12.1998, die
Bescheide über die Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs zur
Körperschaftsteuer zum 31.12.1996 - 31.12.1998, sämtlich vom 10.08.2000, die
Gewerbesteuermessbescheide 1996 - 1998 vom 25.08.2000 und die Bescheide
über die Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes zum 31.12.1996 -
31.12.1998 vom 21.08.2000 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom
02.01.2001 dahin zu ändern, dass verdeckte Gewinnausschüttungen aus den
Pensionszusagen an Dr. T und Prof. Dr. Q nicht angesetzt werden;
35
hilfsweise die Revision zuzulassen.
36
Der Beklagte beantragt;
37
die Klage abzuweisen;
38
hilfsweise die Revision zuzulassen.
39
Zur Begründung verweist der Beklagte auf Ausführungen in der
Einspruchsentscheidung vom 02.01.2001 und führt ergänzend aus, die steuerliche
Nichtanerkennung der Pensionszusage an den Gesellschafter-Geschäftsführer Dr. T
ergebe sich aus Sicht des Beklagten nicht aus der fehlenden Erdienungszeit, sondern
aus der Tatsache, dass der Gesellschafter-Geschäftsführer bei Erteilung der Zusage
bereits das 60. Lebensjahr vollendet habe. Für den Gesellschafter Prof. Dr. Q fehle es
für die steuerliche Anerkennung der Pensionszusage an der nach der Rechtsprechung
des BFH erforderlichen zwölfjährigen Betriebszugehörigkeit.
40
Die von der Klin zitierte Entscheidung des BFH vom 24.02.2002 könne im Streitfall
keine Anwendung finden, da die Gesellschafter der Klin. eine private Altersversorgung
aus ihrer freiberuflichen Tätigkeit hätten aufbauen können. Im vom BFH entschiedenen
Streitfall hätte auch eine private Altersvorsorge nicht aufgebaut werden können.
41
II.
42
Die Klage hat zur Pensionszusage des Gesellschafter-Geschäftsführers Dr. T zum Teil
Erfolg. Im Übrigen bleibt die Klage erfolglos.
43
1. Die Klage gegen den Gewerbesteuer (GewSt)-Messbescheid 1996 ist mangels
Beschwer unzulässig. Gem. § 40 Abs. 2 FGO ist eine Klage u.a. nur zulässig, wenn der
Kl. geltend macht, durch den Verwaltungsakt in seinen Rechten verletzt zu sein. Im
Streitfall beträgt der GewSt-Messbetrag 1996 nach dem Gewerbeertrag 0 DM.
44
2. Pensionszusage Dr. T
45
Die Pensionszusage an den Gesellschafter-Geschäftsführer Dr. T ist dem Grunde nach
steuerlich anzuerkennen, wegen des ab Mitte 1996 aber nur noch verminderten
Tätigkeitsumfangs, der zur Herabsetzung des monatlichen Festgehaltes geführt hat, in
der Höhe ab dem 01.07.1996 aber nur noch zu 1.800 DM. Die Zuführungen zur
Pensionsrückstellung sind auf dieser Grundlage neu zu berechnen.
46
Die Überschreitung des 60. Lebensjahres im Zeitpunkt der Erteilung der
Pensionszusage um zwei Monate und die Unterschreitung des zehnjährigen
Erdienenzeitraums um ebenfalls zwei Monate steht der Anerkennung der
Pensionszusage nicht entgegen.
47
Die von einer Kapitalgesellschaft zugunsten ihres Geschäftsführers erteilte
Pensionszusage mindert unter den Voraussetzungen des § 6 a EStG den steuerlichen
Gewinn, es sei denn die Zuführungen zur Pensionsrückstellung sind als vGA zu
behandeln. Liegt eine vGA vor, ist die Zuführung zur Pensionsrückstellung, soweit sie
sich in der Steuerbilanz ausgewirkt hat, außerhalb der Bilanz dem Gewinn
hinzuzurechnen (BFH vom 07.11.2001 I R 79/00, BFH/NV 2002, 287).
48
Eine vGA im Sinne des § 8 Abs. 3 KStG liegt vor, wenn die Pensionszusage nicht allein
durch das Geschäftsführeranstellungsverhältnis zur Kapitalgesellschaft, sondern auch
durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist. Dies ist anhand des so genannten
Fremdvergleichs danach zu entscheiden, ob die Kapitalgesellschaft unter sonst
gleichen Verhältnissen auch einem Nichtgesellschafter eine entsprechende
Pensionszusage erteilt hätte (BFH vom 30.01.2002 I R 56/01, BFH/NV 2002, 1055, vom
24.04.2002 I R 43/01, BStBl. II 2003, 416; vom 23.07.2003 I R 80/02, BFH/NV 2003,
1670).
49
Nach der Rechtsprechung des BFH ist im Rahmen des anzustellenden
Fremdvergleichs insbesondere zu werten, ob die zugesagte Pension in der
verbleibenden Dienstzeit des Geschäftsführers noch erdient werden kann. Bei
beherrschenden Gesellschaftern kann nach ständiger Rechtsprechung eine Pension
grundsätzlich nur dann erdient werden, wenn zwischen der Erteilung der
Pensionszusage und dem vorgesehenen Eintritt in den Ruhestand ein Zeitraum von
mindestens zehn Jahren liegt (BFH vom 24.04.2002 I R 43/01, BStBl. II 2003, 416; vom
23.07.2003 I R 80/02, BFH/NV 2003, 1670). Der an die Regelungen des Gesetzes zur
betrieblichen Altersversorgung a.F. angelehnte zehn Jahreszeitraum stellt dabei keine
starre, verbindliche und unabdingbare Vorgabe dar, sondern ist ein als Indiz zu
wertender Anhaltspunkt. Dieses Indiz schließt es nicht aus, dass auch auch bei
Unterschreiten dieses Zeitraums die Zusage nach den Umständen des Einzelfalles
unter Fremdvergleichsgesichtspunkten die künftige Arbeitsleistung des
Geschäftsführers abgilt (BFH vom 30.01.2002 I R 56/01, BFH/NV 2002, 1055).
50
Entscheidende Bedeutung hat der BFH in seiner Rechtsprechung auch dem
Lebensalter, in dem die Pensionszusage erteilt wird, beigemessen. Im Hinblick auf das
mit dem Alter deutlich steigende Risiko einer Minderung der Leistungsfähigkeit sieht der
BFH in der Erteilung einer Pensionszusage nach Vollendung des 60. Lebensjahres ein
starkes Indiz für die Veranlassung der Pensionszusage durch das
Gesellschaftsverhältnis (BFH vom 23.07.2003 I R 80/02, BFH/NV 2003, 1670; vom
19.06.2000 I B 110/99, BFH/NV 2001, 67; vom 19.05.1998 I R 36/97, BStBl. II 1998, 689;
vom 24.06.1996 I R 41/95, BStBl. II 1997, 440; vom 05.04.1995 I R 138/93, BStBl. II
1995, 478).
51
Der BFH stellt insoweit für die Beurteilung einer Pensionszusage dem Grunde nach
allein auf das Lebensalter und den Erdienenszeitraum ab und nicht auf die Höhe der
zugesagten Pension, d. h. darauf in welcher Höhe in der verbleibenden Dienstzeit eine
Alterssicherung unter Fremdvergleichsgesichtspunkten und unter Berücksichtigung der
bereits im Berufslebens erdienten Alterssicherung künftig noch angemessen erdient
werden kann.
52
Maßgebend für die Beurteilung der Pensionszusage und den Erdienenszeitraum ist auf
den Zeitpunkt der Erteilung der Pensionszusage abzustellen. Wird in der Folgezeit die
Dienstzeit des Geschäftsführers verlängert, ist diese Änderung erst für die Zeit des
Wirksamwerdens der Änderung zugrunde zu legen. Für den vorhergehenden Zeitraum
bestimmt sich die Erdienenszeit nach der ursprünglichen Zusage (BFH vom 23.07.2003
I R 80/02, BFH/NV 2003, 1670; vom 19.05.1998 I R 36/97, BStBl. II 1998, 689).
53
Diesen Ausführungen des BFH schließt sich der erkennende Senat grundsätzlich an.
54
Zur Beurteilung der Pensionszusage an den Gesellschafter-Geschäftsführer Dr. T ist im
Streitfall für die Streitjahre auf das Ende der Anstellung mit Vollendung des 70.
Lebensjahres abzustellen. Die Verlängerung der Lebensarbeitszeit im Jahre 2000 wirkt
auf die Streitjahre nicht zurück.
55
Danach ist im Streitfall für den Gesellschafter-Geschäftsführer Dr. T sowohl die
Lebensaltersgrenze von 60 Jahren um zwei Monate überschritten als auch der
zehnjährige Erdienenszeitraum um zwei Monate unterschritten.
56
Das geringfügige Unterschreiten des zehnjährigen Erdienenszeitraums rechtfertigt
jedoch im Streitfall die Nichtanerkennung der Pensionszusage nicht. Die
Pensionszusage ist im Jahre 1993 vor der Entscheidung des BFH vom 21.12.1994 I R
98/93, BStBl. II 1995, 419, mit der erstmals der Zeitraum von zehn Jahren vom BFH
zugrunde gelegt wurde, erteilt worden. Für solche Altzusagen hat der Bundesminister
der Finanzen mit Schreiben vom 01.01.1996, BStBl. I 1996, 1138, eine
Übergangsregelung als Billigkeitsregelung geschaffen. Da der Bekl. zur
Pensionszusage für Dr. T im Einspruchsverfahren nur noch auf die Lebensaltersgrenze
abgestellt hat, hat er das BMF-Schreiben angewandt und damit inzidenter eine für die
Steuerfestsetzung bindende Billigkeitsentscheidung im Sinne des § 163 AO zum
Erdienenszeitraum getroffen.
57
Darüberhinaus ist der Senat zudem der Auffassung, dass nach den Umständen des
vorliegenden Streitfalles die zweimonatige Abweichung sowohl von der
Lebensaltersgrenze als auch vom Erdienenszeitraum den Schluss auf eine
gesellschaftliche Veranlassung der erteilten Pensionszusage dem Grunde nach nicht
rechtfertigen.
58
Der Gesellschafter-Geschäftsführer Dr. T war bis zum vollendeten 70. Lebensjahr zum
Prüfingenieur bestellt. Wie die Klin. in der mündlichen Verhandlung überzeugend und
auch vom Bekl. nicht widersprochen dargelegt hat, wurden ihm in seiner Eigenschaft als
Prüfingenieur Großaufträge erteilt, die er unter seiner fachlichen Überwachung durch
das Ingenieurbüro der Klin. ausführen ließ. Diese von der Stellung als Prüfingenieur,
seinem Ruf und seinen Leistungen abhängigen Aufträge bestimmten im Wesentlichen
das Geschäft der Klin. Wegen dieser Bedeutung und der Bestellung bis zum 70.
59
Lebensjahr zum Prüfingenieur zuzüglich einer weiteren Zeit zur Abwicklung
gewonnener Aufträge vermag allein die geringe zeitliche Überschreitung der vom BFH
als Indizien gezogenen Grenzen eine gesellschaftliche Veranlassung der
Pensionzusage nicht zu begründen, zumal diese Grenzen nicht starr sind und für die
Kraft ihrer Indizwirkung auch das Maß ihrer Nichteinhaltung zu beachten ist. Selbst
wenn dies als eine Aufweichung der vom BFH vorgenommenen indiziellen
Grenzziehung angesehen wird, ist eine nur geringfügige Abweichung in ihrer
dementsprechend geringeren Indizwirkung nicht geeignet, bei der Bedeutung des Dr. T
für das Geschäft der Klin. und dem darin zum Ausdruck kommenden
eigenwirtschaftlichen Interesse der Klin. an einer Sicherung der Tätigkeit des Dr. T eine
gesellschaftlichen Veranlassung der Pensionszusage und damit zu ihrer gänzlichen
Nichtanerkennung anzunehmen. Dies gilt zumal der BFH diesen Weg und nicht eine
Begrenzung der Höhe der Pensionszusage nach dem Verhältnis z.B. der
Gesamtlebensarbeitszeit, in der üblicherweise die Alterssicherung verdient wird, zur
verbleibenden Lebensarbeitszeit (Erdienenszeit) gewählt hat.
Eine vGA liegt hinsichtlich dieser Pensionszusage jedoch insoweit vor, als die Klin.
diese trotz verminderten Tätigkeitsumfangs und verminderten Geschäftsführergehalts ab
Mitte 1996 nicht angepasst hat. Da der Geschäftsführer für die Tätigkeit im
Ingenieurbüro in C**********eine Befreiung vom Wettbewerbsverbot benötigte, hätte die
Klin. neben der Herabsetzung des Gehalts auch die Herabsetzung der Pension
durchsetzen können. Unter Berücksichtigung des Erdienenszeitraums von ca. zehn
Jahren ergibt sich, berechnet auf diesen zehnjährigen Zeitraum auf der Grundlage des
ursprünglichen Gehaltes von 12.000 und des herabgesetzten Gehaltes von 5.140 DM,
eine Minderung der Pensionszusage von 40 %. Dies bedeutet eine Absenkung des
bisherigen monatlichen Altersgeldes von 3.000 DM auf 1.800 DM.
60
Die durchgeführte Lohnsteueraußenprüfung führt, soweit die Änderung der
Steuerbescheide auf die Vorschrift des § 173 Abs. 2 AO gestützt wurde, nicht zu einer
Änderungssperre. Die Änderungssperre des § 173 Abs. 2 AO gilt nur insoweit, als der
Steuerbescheid aufgrund einer Außenprüfung ergangen ist. Diese Voraussetzung ist
nicht erfüllt, da die angefochtenen Bescheide nicht aufgrund der
Lohnsteueraußenprüfung ergangen sind.
61
Eine Änderungssperre ergibt sich auch nicht aus dem Grundsatz von Treu und Glauben,
da die Lohnsteueraußenprüfung ihrem Gegenstand nach beschränkt ist. Wegen dieser
Beschränkung kommt ihr für die Ertragssteuern keine Bindungswirkung zu (BFH vom
08.07.1998 I R 134/97, BFH/NV 1999, 370).
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3. Pensionszusage Dr. Q
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Diese Pensionszusage ist nach den Grundsätzen der Rechtsprechung des BFH
steuerlich dem Grunde nach nicht anzuerkennen. Der Bekl. hat die Zuführungen zur
Pensionsrückstellung daher zu Recht als vGA im Sinne des § 8 Abs. 3 KStG behandelt.
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Die erteilte Pensionszusage ist gesellschaftlich veranlasst, da ein ausreichender
Erdienenszeitraum nicht gewahrt ist. Formal wurde die Pensionszusage einige Tage vor
dem Erwerb des Gesellschaftsanteils erteilt. Wegen des notwendigen zeitlichen
Verlaufs für den Erwerb des Gesellschaftsanteils, stand dieser Erwerb im Zeitpunkt der
Erteilung der Pensionszusage jedoch bereits fest. Dr. Q war im Zeitpunkt der Erteilung
der Pensionszusage 57 Jahre und 5 Monate alt. Das Anstellungsverhältnis sollte mit
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Vollendung des 65. Lebensjahres enden, obgleich die Pension erst ab dem 68.
Lebensjahr zu zahlen war. Bis zum Ende seiner Tätigkeit bei der Klin. verblieb danach
ein Erdienenszeitraum von 7 Jahren und 7 Monaten. Dieser Zeitraum liegt erheblich
sowohl unter dem Zehn-Jahreszeitraum für beherrschende Gesellschafter als auch unter
dem für nicht beherrschende Gesellschafter maßgebenden 12-jährigen Zeitraum der
Betriebszugehörigkeit (BFH vom 18.08.1999 I R 10/99, BFH/NV 2000, 225). Angesichts
der geringen Verbleibenszeit ist unabhängig von der Höhe der zugesagten Pension von
einer gesellschaftlich veranlassten Pensionszusage auszugehen. Wegen des fehlenden
ausreichenden Erdienenszeitraums kann offen bleiben, ob die Pensionszusage sofort
mit der Anstellung oder erst nach einer Probe- und Wartezeit (BFH vom 18.08.1999 I R
10/99, BFH/NV 2000, 225; vom 24.04.2002 I R 18/01, BStBl. II 2002, 670) erteilt werden
konnte.
Die Berechnung der Steuern, der Steuermessbeträge und der Feststellungsbeträge wird
gem. § 100 Abs. 2 Satz 2 FGO dem Bekl. übertragen.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 136 Abs. 1 FGO.
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Die Revision wird gem. § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO zugelassen.
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