Urteil des FG Münster vom 10.05.2006

FG Münster: anerkennung, versorgung, eigentumswohnung, stiefmutter, gegenleistung, miete, gebäude, tod, anteil, deckung

Finanzgericht Münster, 1 K 572/03 E
Datum:
10.05.2006
Gericht:
Finanzgericht Münster
Spruchkörper:
1. Senat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
1 K 572/03 E
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens tragen die Kläger.
T a t b e s t a n d
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Streitig ist, ob die Zahlungen für eine Vermögensübertragung als dauernde Last gemäß
§ 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG im Streitjahr 2000 abziehbar sind.
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Im Rahmen der Einkommensteuererklärung 2000 beantragten die Kläger den Abzug
von Zahlungen in Höhe von 7.824 DM an Frau N******** E****************** als dauernde
Last. Diese hatte im Vertrag vom 6.12.1999 an ihren Stiefsohn, den Kläger, und dessen
Ehefrau, die Klägerin, einen Anteil von 500/1.000stel des Gebäudes C********** in
E****** übertragen. Mit diesem Anteil verbunden war das Sondereigentum an der in
diesem Gebäude befindlichen Dachgeschosswohnung (82,72 qm). Der Vertrag ist als
"Kaufvertrag" überschrieben worden. Die weitere Eigentumswohnung, die sich in
diesem Gebäude befindet, stand im Streitjahr im Eigentum von Frau E******************
und wurde von ihr zu eigenen Wohnzwecken genutzt.
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Die als Käufer bezeichneten Kläger verpflichteten sich gemäß § 2 dieses Vertrages zur
Zahlung von 100.000 DM in einer Summe. Zusätzlich wurde die folgende Vereinbarung
geschlossen:
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"... Des weiteren verpflichten sich die Käufer als Gesamtschuldner zur Zahlung einer
monatlichen Geldrente in Höhe von 652,-- DM, fällig zum 3. eines jeden Monats. Dieser
gleichbleibende Betrag in Höhe von 652,-- DM ist bis zum 31.12.2024, also mit einer
Laufzeit von 25 Jahren, beginnend mit dem 3.01.2000, zu zahlen.
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Verstirbt die Verkäuferin vor ihrem jetzigen Ehemann, Vater des Erschienen zu 2a)
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(Anm. der Kläger), so geht die Verpflichtung zur Rentenzahlung in dessen Vermögen
über, überlebt sie ihn jedoch, so erlischt die Verpflichtung zur Rentenzahlung ganz mit
deren Tod. Dasselbe gilt, wenn der Ehemann K***** E******* der Überlebende ist, bei
dessen Tod."
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Da es sich nach Ansicht des Beklagten bei der monatlich wiederkehrenden Zahlung um
Teilentgelte eines Anschaffungsgeschäftes handelte, erkannte er im
Einkommensteuerbescheid vom 31.1.2002 diese Zahlungen nicht als dauernde Last an
und berücksichtigte sie auch ansonsten nicht.
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Am 10.11.2003 ist die Eigentumswohnung auf Frau E****************** zurückübertragen
worden.
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Die Kläger legten hiergegen am 19.2.2002 Einspruch ein, welchen der Beklagte durch
Einspruchsentscheidung vom 9.1.2003 als unbegründet zurückwies.
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Klage wurde am 5.2.2003 eingelegt.
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Die Kläger sind der Ansicht, dass durch den Vertrag vom 6.12.1999 ein
existenzsicherndes Wirtschaftsgut auf die Kläger übertragen worden ist. Zwar habe das
BMF im Schreiben vom 26.8.2002 seine Ansicht zur selbstgenutzten Wohnung aufgrund
eines Urteils des BFH geändert, doch sei für Altfälle Vertrauensschutz zu gewähren. Zu
beachten sei der Nutzungswert der übertragenen Wohnung. Ein solcher Fall liege hier
vor. Auch sei durch die Urteile des Großen Senats des BFH nunmehr klargestellt, dass
die ersparte Miete der übertragenen Wohnung zu beachten sei. Der vergleichbare
Mietspiegel für E******** weise für Häuser dieses Herstellungszeitraums eine
durchschnittliche Miete von 5,80 Euro pro qm aus.
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Die Zahlungen richten sich nach Ansicht der Kläger auch nach den
Versorgungsbedürfnissen der Beteiligten. Die Stiefmutter des Klägers habe bei
Vertragsabschluss noch eine statistische Lebenserwartung von 24 Jahren gehabt. Aus
diesem Grunde sei eine Verpflichtung auf Zahlung von 25 Jahren vereinbart worden.
Außer Zinseinnahmen in Höhe von 2.913 DM im Streitjahr, habe die Stiefmutter keine
eigenen Einnahmen gehabt. Eine Witwenrente habe sie sich auszahlen lassen. Sie
habe später einen Anspruch auf eine Rente. Die Zahlungen seien als dauernde Last
und nicht als Rente zu berücksichtigen, da eine Abänderbarkeit nicht ausgeschlossen
worden sei und deshalb vorliege.
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Die Kläger beantragen,
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den Einkommensteuerbescheid 2000 vom 31.1.2002 in Gestalt der
Einspruchsentscheidung vom 9.1.2003 dahingehend zu ändern, dass die
Einkommensteuer unter Anerkennung weiterer Sonderausgaben in Höhe von 7.824 DM
entsprechend niedriger festgesetzt wird.
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Der Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Der Beklagte ist der Ansicht, dass hier keine für die Anerkennung von Sonderausgaben
i.S.d. § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG notwendige Versorgungsleistung vorliege. Es fehle bei
einer selbstgenutzten Wohnung an der für deren Berücksichtigung notwendigen
Voraussetzung als existenzsicherndes Wirtschaftsgut. Es liege vielmehr eine auf eine
bestimmte Zeit beschränkte Rentenzahlung vor, die als Gegenleistung für die
übertragene Wohnung wie eine Rate gezahlt werde. Die fehlende Vereinbarung
hinsichtlich der Versorgung der Stiefmutter des Klägers nach Ablauf des vereinbarten
Zeitraums lasse es auch nicht ausnahmsweise zu, diese Zahlungen als Deckung einer
Versorgungslücke anzunehmen. Sollte es dennoch zu einer Anerkennung kommen, so
führe die fehlende Abänderbarkeit dazu, dass eine Rente anzunehmen sei. Diese
fehlende Abänderbarkeit ergebe sich aus der Vereinbarung des Betrages als
gleichbleibend.
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Der Berichterstatter hat die Sach- und Rechtslage mit den Beteiligten am 17.10.2003
erörtert. Der Senat hat in der Streitsache in der Sitzung vom 10.05.2006 mündlich
verhandelt. Diesbezüglich und im Hinblick auf die weiteren Einzelheiten wird auf die
Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.
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E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
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Die Klage ist unbegründet.
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Es liegt eine Zeitrente vor, die eine Gegenleistung für die Veräußerung der
Eigentumswohnung an die Kläger und nicht eine in § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG genannte
Versorgungsleistung darstellt. Nach § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG sind die auf besonderen
Verpflichtungsgründen beruhenden Renten und dauernden Lasten, die nicht mit
Einkünften in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen, die bei der Veranlagung außer
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Betracht bleiben, als Sonderausgaben abziehbar. Die sich hieraus ergebende
Sonderstellung dieser Zahlungen rührt daher, dass diese als wiederkehrende
Versorgungsleistungen spezialgesetzlich den Sonderausgaben zugeordnet werden
(BFH-Urteil vom 5.11.2003 X R 55/99, BStBl II 2004, 706). Grundvoraussetzung ist
allerdings, dass diese Leistungen auf die Lebenszeit des Berechtigten gezahlt werden
(ständige Rechtsprechung, vgl. nur BFH-Urteil vom 1.3.2005 X R 45/03, BFHE 209, 302,
BFH/NV 2005, 1419; vom 5.11.2003 X R 55/99, BFHE 205, 30, BStBl II 2004, 706 m. w.
N.). Ist diese Leistung dagegen zeitlich befristet, so fehlt es an dieser Voraussetzung
(BFH-Urteil vom 1.3.2005 X R 45/03, BFHE 209, 302, BFH/NV 2005, 1419; Urteil vom
21.10.1999 X R 75/97, BFHE 190, 197, BStBl II 2002, 650; Urteil vom 31.8.1994 X R
44/93, BFHE 176,19, BFH/NV 1995, 26).
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Im vorliegenden Fall haben die Parteien des Vertrages vom 6.12.1999 eine zeitlich
befristete Zahlung im Gegenzug zur Übertragung der Dachgeschosswohnung
vereinbart. Die Zahlung ist auf 25 Jahre begrenzt, endet aber vorher, wenn sowohl die
Übertragende wie auch ihr Ehemann vor Ablauf dieser 25 Jahre versterben sollten.
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Da die Zahlung im Zusammenhang mit der Übertragung eines
Vermögensgegenstandes erfolgt, liegt nach steuerrechtlichen Grundsätzen ein
entgeltliches Rechtsgeschäft vor. Die Zuordnung zu einem steuerrechtlich entgeltlichen
Geschäft gilt unabhängig davon, ob die Vertragsparteien einen "marktgerechten" Preis
vereinbart haben oder nicht (BFH-Urteil vom 31.8.1994 X R 44/93, BFHE 176, 19,
BFH/NV 1995, 26). Der Senat kann es deshalb dahinstehen lassen, ob die von den
Klägern insgesamt zu erbringenden Zahlungen einschließlich der bei Übergabe
gezahlten 100.000 DM einem angemessenen Kaufpreis für die Dachgeschosswohnung
entsprachen oder nicht.
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Die Zahlungen können im vorliegenden Fall auch nicht unter dem Aspekt zum Abzug
nach § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG zugelassen werden, dass sie ggf. der Versorgung der
Übertragenden dienen sollten. Ein hierfür notwendiger Bezug im Vertrag vom 6.12.1999,
etwa hinsichtlich der Sozialversicherungsrente (vgl. BFH-Urteil vom 26.1.1994 X R
54/92, BFHE 173, 360, BStBl II 1994, 633), fehlt. Allein der Wille, dass Zahlungen
anlässlich der Übergabe von Vermögensgegenständen gegen wiederkehrende
Leistungen auch der Versorgung der Übertragenden dienen sollen, ist in diesem
Zusammenhang unerheblich (BFH-Urteil vom 31.8.1994 X R 44/93, BFHE 176, 19,
BFH/NV 1995, 26 m. w. N.).
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Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 135 Abs. 1 FGO.
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Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 115 Abs. 2 FGO sind nicht ersichtlich.
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