Urteil des FG Münster vom 29.06.2007

FG Münster: geschäftsführer, gesellschafterversammlung, beirat, zusage, anpassung, beherrschende stellung, datum, betrug, abberufung, dienstzeit

Finanzgericht Münster, 9 K 293/03 K,G
Datum:
29.06.2007
Gericht:
Finanzgericht Münster
Spruchkörper:
9. Senat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
9 K 293/03 K,G
Tenor:
Unter Änderung der Körperschaftsteuerbescheide 1996 bis 1998 vom
15.02.2001 und der Gewerbesteuermessbescheide 1996 bis 1998 vom
19.02.2001, jeweils in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom
19.12.2002, sowie des Körperschaftsteuerbescheides und des
Gewerbe-steuermessbescheides 1999 vom 24.11.2004 werden die KSt
1996 bis 1999 und die GewSt-Messbeträge 1996 bis 1999 nach
Maßgabe der Ent-scheidungsgründe festgesetzt.
Die Berechnung der festzusetzenden bzw. festzustellenden Körper-
schaftsteuern und Messbeträge wird dem Beklagten übertragen.
Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.
Die Revision wird zugelassen.
Das Urteil ist wegen der Kostenentscheidung ohne Sicherheitsleistung
vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch
Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des
Kostenerstattungsanspruchs der Klägerin abwenden, soweit nicht die
Klägerin zuvor Sicherheit in derselben Höhe leistet.
G r ü n d e:
1
I.
2
Streitig ist, ob die Erhöhung einer Pensionszusage, welche die Klägerin (Klin.) ihrem
Gesellschafter-Geschäftsführer gewährt hat, zu verdeckten Gewinnausschüttungen (vGA) i.S.
des § 8 Abs. 3 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) führt.
3
Gegenstand des Unternehmens der Klin. ist die Herstellung und der Vertrieb von Metallwaren
(Ventile, Sitzringe und Ventilkörbe für Fahrzeugaggregate). Zumindest seit dem Jahr 1987 bis
einschließlich der Streitjahre 1996 bis 1999 wurde das Stammkapital der Klin. in Höhe von 5
Mio. DM jeweils zur Hälfte von XXXXXXXX (X.X.) und den Erben nach Y..... X..... gehalten.
4
Alleiniger Geschäftsführer der Gesellschaft war der am XX.XX.1939 geborene X.X. Als
Testamentsvollstrecker seines verstorbenen Bruders Y..... X..... nahm X.X. neben seinen
eigenen auch alle Gesellschaftsrechte der Erbinnen seines Bruders, der Gesellschafterinnen
Q....... und Z.... X....., wahr. Das galt nach dem Testamentsvollstreckerzeugnis des AG A-Stadt
vom 07.11.1980 auf Lebenszeit des X.X. Zu diesen Gesellschaftsrechten gehörte auch dass
Stimmrecht in der Gesellschaft.
Zur Bestellung und Abberufung von Geschäftsführern bestimmte § 8 des
Gesellschaftervertrages vom 16.01.1987 (GV):
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"(1) Die Gesellschaft hat mindestens zwei Geschäftsführer.
6
(2) Dem Gesellschafter Y.... X..... steht das Recht zur Geschäftsführung uneingeschränkt als
Sonderrecht zu für die Dauer seiner Gesellschaftereigenschaft.
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(3) Im übrigen erfolgen die Bestellung und Abberufung von Geschäftsführern sowie der
Abschluss, die Änderung und die Auflösung (z.B. Kündigung) der Anstellungsverträge mit
ihnen durch den Beirat. ... Gegen den einstimmig gefassten Beschluss der
Gesellschafterversammlung darf der Beirat keine dieser Maßnahmen ergreifen."
8
§ 10 GV betreffend die Rechte und Pflichten des Geschäftsführers bestimmte in seinem Abs.
3: "Die Geschäftsführer erhalten für ihre Tätigkeit eine angemessene Vergütung, deren Höhe
im Falle des geschäftsführenden Gesellschafters Y.... X..... die Gesellschafterversammlung
bestimmt. Im Übrigen entscheidet der Beirat mehrheitlich über die Höhe der Vergütung der
Geschäftsführer."
9
Der Beirat bestand nach § 11 GV aus mindestens zwei, höchstens jedoch vier Mitgliedern. Je
50 % der Geschäftsanteile gewährten das Recht, jeweils ein Mitglied in den Beirat zu
entsenden. Im Übrigen wählte die Gesellschafterversammlung die Mitglieder des Beirates mit
einfacher Mehrheit. Gemäß § 13 Abs. 2 GV oblag dem Beirat die gerichtliche und
außergerichtliche Vertretung gegenüber den Geschäftsführern. Dies galt insbesondere für die
Bestellung und Abberufung von Geschäftsführern sowie für den Abschluss und die
Beendigung von Dienstverträgen mit ihnen nach § 8 Abs. 3 GV.
10
Das vom Kalenderjahr abweichende Geschäftsjahr der Klin. endet jeweils zum 30. Juni (§ 21
Abs. 1 GV).
11
Wegen der weiteren Einzelheiten des GV wird auf diesen Bezug genommen.
12
Bereits seit dem Jahre 1966 war X.X. als Geschäftsführer der Klin. tätig. Mit Datum vom
16.12.1980 erteilte die Klin. (vertreten durch X.X.) ihm eine Pensionszusage in Form einer
lebenslänglichen Altersrente nach Vollendung des 65. Lebensjahres – sobald X.X. aus den
Diensten der Klin. ausschied – i.H.v. 50 v.H. des letzten Bruttogehalts (ohne Gratifikationen,
Provisionen und ähnlichen Vergütungen). Daneben sagte die Klin. X.X. eine
Berufsunfähigkeitsrente entsprechend dem Gegenwartswert der Versorgung (Sollrückstellung)
und eine Hinterbliebenenversorgung (Witwenrente i.H.v. 60 v.H., Waisenrente i.H.v.
grundsätzlich 20 v.H. der Rente, auf die X.X. im Zeitpunkt seines Todes Anspruch oder
Anwartschaft hatte). Der Nachtrag zur Versorgungszusage vom 16.12.1980 regelte die
Unverfallbarkeit und die Gewährung einer vorzeitigen gekürzten Alterspension bei
Inanspruchnahme eines vorgezogenen Altersruhegeldes aus der gesetzlichen
Rentenversicherung (Kürzung um 0,5 v.H. je Monat der Vorverlegung des Pensionsbeginns).
13
Mit Dienstvertrag vom 16.11.1990 zwischen der Klin. (vertreten durch den Vorsitzenden des
Beirates) und X.X. wurde das bestehende Dienstverhältnis mit Wirkung vom 01.09.1990 neu
geregelt. Die Geschäftsführervergütung betrug danach monatlich 19.134 DM. X.X. stand des
Weiteren ein 13. Monatsgehalt, eine Gratifikation i.H.v. 3 v.H. des körperschaftsteuerpflichtigen
Gewinns, eine Unfallversicherung und die Nutzung eines Dienstwagens auch für private
Zwecke zu. Ergänzend schlossen die Parteien (die Klin. vertreten durch X.X. und den
Vorsitzenden des Beirats) am selben Tage einen Pensionsvertrag. Danach hatte X.X.
Anspruch auf Ruhegehalt, wenn er aus den Diensten der Klin. wegen Berufsunfähigkeit oder
Vollendung des 65. Lebensjahres ausschied, und zwar i.H.v. 50 v.H. des ruhegehaltsfähigen
Einkommens (X.X. des monatlichen Bruttogehalts vor Eintritt des Versorgungsfalles).
Zugesagt wurden außerdem ein Witwengeld i.H.v. in der Regel 60 v.H. und ein Waisengeld
i.H.v. in der Regel 20 v.H. des Ruhegehalts von X.X.
14
In der Beiratsversammlung vom 12.11.1993 wurde – in Anwesenheit von X.X. – beschlossen: 15
"8.2 Überprüfung des Gehalts des Geschäftsführers
16
Die Überprüfung führt zu folgendem Ergebnis:
17
Die laufenden Bezüge bleiben auch für das GJ 93/94 unverändert.
18
In Bezug auf die Altersversorgung ist in Umfang und Absicherung Marktüblichkeit
herzustellen.
19
Herr Dr. W.... wird mit der Erstellung der notwendigen Vereinbarungen beauftragt."
20
Dr. W.... schrieb daraufhin an den Vorsitzenden des Beirates der Klin.:
21
"Sehr geehrter Herr Döhrenkamp, unter Bezugnahme auf unser gemeinsames
Telefongespräch am Freitag, dem 11.02.1994, fasse ich die abgestimmten Ergebnisse zu den
Fragen der Anpassung der Pensionszusage bzw. des lfd. Gehaltes von Herrn X..... im
folgenden nochmals zusammen:
22
1. Anpassung der Alterszusage
23
... haben wir zur Aktualisierung den Vorschlag unterbreitet, die Bemessungsgrundlage für die
Bezüge im Rahmen der Altersversorgung auf 66 % des zuletzt gezahlten Gehaltes
festzulegen. ... Wie sie mitteilen, sind Sie als Beirat grundsätzlich mit der Anpassung der
Pensionszusage auf die o.a. Daten einverstanden. Wir würden vorschlagen, in der nächsten
Beiratssitzung diesen Punkt vorzutragen. Ich werde inzwischen mit Herrn X..... ebenfalls diese
Angelegenheit besprechen und ihm dieses Schreiben zur Kenntnis zusenden. Bei
Übereinstimmung kann der Firma der Auf-
24
trag erteilt werden, die bestehende Pensionszusage hinsichtlich dieses Punktes zu ergänzen.
..."
25
In einer von der Versicherung der Klin. erstellten "Information zur betrieblichen
Altersversorgung 5/95" aus Mai 1995 wurde auf die Zuständigkeit der
Gesellschafterversammlung für die Änderung des Gesellschafter-Geschäftsführer-
Dienstvertrages hingewiesen. Darauf befinden sich folgende zwei handschriftliche Notizen:
26
"H. V....., Y.X., 27.6.95
27
Besteht für uns hieraus Handlungsbedarf? Bitte WV mit Stellungnahme."
28
"( ggf. für Versorgungszusage
29
( Beschluss zur Vorsicht in Anpassungsvereinbarung aufgenommen"
30
Mit Datum vom 17.11.1995 unterzeichneten F.... K..... (mit dem Zusatz: "Vorsitzender des
Beirats ...") und X.X. (mit dem Zusatz "Geschäftsführer") folgenden Text:
31
"1. Anpassung der Versorgungszusage vom 16.11.1990 für Herrn Y.... X.....
32
Die monatliche Rente beträgt im Versorgungsfall nunmehr 66 % des letzten Brutto-
Monatsgehaltes und ist am Ende eines jeden Monats zahlbar.
33
2. Genehmigung der Versorgungszusage:
34
Es wird festgestellt, dass die Erteilung der o.a. Versorgungszusage – soweit dies nicht bereits
in der Vergangenheit erfolgte – durch den Beirat ausdrücklich genehmigt wird."
35
Die wirtschaftliche Situation der Klin. und die Geschäftsführerbezüge des X.X. entwickelten
sich ausgehend von den Jahresabschlüssen der Klin. in den Wirtschaftsjahren 1993/1994 bis
1998/1999 wie folgt (alle Beträge – soweit nicht die Mitarbeiteranzahl betreffend - gerundet
und in DM):
36
1993/1994 1994/1995 1995/1996 1996/1997 1997/1998 1998/1999
(vor Bp)
Umsatzerlöse
58,61 Mio. 70,34 Mio. 76,67 Mio. 75,77 Mio. 84,70 Mio. 80,33 Mio.
Mitarbeiterzahl
213
214
239
245
227
231
Jahresergebnis
4,69 Mio. 1,65 Mio. 2,99 Mio. 2,05 Mio. 3,15 Mio. 2,52 Mio.
Jahresergebnis vor
Ertragsteuern
8,74 Mio. 3,22 Mio. 6,13 Mio. 4,04 Mio. 6,48 Mio. 4,86 Mio.
Festgehalt 13 x
19.134 DM
248.742
248.742
248.742
248.742
248.742
248.742
Tantiemen
224.200
93.800
157.100
102.200
163.903
122.700
Sachbezüge
12.205
12.205
12.205
14.157
13.705
13.549
Zwischensumme
485.147
354.747
418.047
365.099
426.350
384.991
Zuführungen zur
Pensionsrückstellung
42.537
44.486
305.184
61.177
62.860
59.904
fiktive Jahresnetto-
prämie --- vor
Pensions- erhöhung -
-- bezogen auf den
Erhöhungsbetrag
16.918
16.918
16.918
nicht
festgestellt
16.918
nicht
festgestellt
16.918
nicht
festgestellt
16.918
nicht
festgestellt
37
Der Beklagte (das Finanzamt – FA - ) veranlagte die Klin. unter dem Vorbehalt der
Nachprüfung für die Veranlagungszeiträume 1996 bis 1998 zunächst erklärungsgemäß.
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Nachfolgend führte das FA für Großbetriebprüfung B-Stadt bei der Klin. eine Außenprüfung
(Groß-Bp) für die Veranlagungszeiträume 1994 bis 1998 durch. Die Pensionszusage und die
darauf beruhenden Verpflichtungen wurden im zeitlichen Zusammenhang mit dieser Bp vom
Finanzamt für Konzernbetriebsprüfung C-Stadt überprüft (Konz-Bp). Die Prüfer vertraten die
Auffassung, die Erhöhung der Pensionszusage zugunsten des X.X. führe zu vGA. X.X. sei im
Hinblick auf seine eigene Beteiligung an der Klin i.H.v. 50 % und seiner weiteren Stimmrechte
aufgrund der Testamentsvollstreckung als beherrschender Gesellschafter anzusehen. Die
Höhe der Vergütung für die Tätigkeit des geschäftsführenden Gesellschafters werde nach den
Bestimmungen des Gesellschaftsvertrages vom 12.11.1980 ausschließlich von der
Gesellschafter-Versammlung und damit von X.X. selbst bestimmt. Der bestehede Beirat
entscheide über die Vergütung der übrigen Geschäftsführer. Die erste
39
grundlegende Pensionszusage sei dementsprechend ausschließlich von ihm selbst
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(zweimal) unterzeichnet worden. Soweit bei Einzelregelungen in den letzten Jahren der
Beiratsvorsitzende die Vereinbarungen zusätzlich unterschrieben habe, sei das fakultativ und
ohne Einfluss auf die Rechtsverbindlichkeit der Vereinbarung selbst gewesen. Entgegen der
Darstellung der Klin. könne als "Vergütung" i.S. des Gesellschaftsvertrages nur die
Gesamtvergütung verstanden werden. Eine gewollte Aufteilung der Gesamtvergütung in eine
"Barvergütung", über welche die Gesellschafterversammlung zu befinden habe, und in eine
"Sonstige Vergütung", über die der Beirat zu befinden habe, sei aus dem Gesellschaftsvertrag
nicht zu folgern.
41
Bei beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführern müsse wegen des bestehenden
Nachzahlungsverbots auch die Erhöhungszusage (der Erhöhungsbetrag) in der bis zum
Pensionsalter noch ausstehenden Dienstzeit erdienbar sein. Nach der aktuellen
Rechtsprechung sei dies – soweit es sich um Zusagen/Erhöhungszusagen an beherrschende
Gesellschafter-Geschäftsführer nach dem 08.07.1995 handele – dann der Fall, wenn die
vertragliche zukünftige Dienstzeit nach Erteilung der Zusage/Erhöhungszusage noch
mindestens 10 Jahre betrage. Da X.X. am 17.11.1995 (Datum der Erhöhungszusage) nur noch
8 Jahre und 11 Monate bis zum Pensionsalter von 65 Jahren ableisten könne, mangele es im
Hinblick auf die Erhöhung der Pensionszusage an der Voraussetzung der Erdienbarkeit.
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Dementsprechend müssten folgende vGA i.S. des § 8 Abs. 3 S. 2 KStG angesetzt werden:
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1996 259.767 DM
44
1997 14.828 DM
45
1998 15.230 DM
46
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Prüfungsbericht der Groß-Bp vom 30.10.2000
und den Prüfungsbericht der Konz-Bp vom 01.08.2000 Bezug genommen.
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Das FA folgte der Auffassung der Prüfer und erließ – unter Berücksichtigung weiterer, nicht
48
streitiger Prüfungsfeststellungen – u.a. gem. § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO)
geänderte Körperschaftsteuer(KSt)-Bescheide 1996 bis 1998 vom 15.02.2001 und geänderte
Gewerbesteuer(GewSt)-Messbescheide 1996 bis 1998 vom 19.02.2001.
In ihrer KSt-Erklärung für das Streitjahr 1999 (eingereicht am 15.02.2001) erklärte die Klin.
vGA i.H.v. 14.850 DM. Das FA veranlagte die Klin. unter dem Vorbehalt der Nachprüfung
erklärungsgemäß durch KSt-Bescheid 1999 und GewSt-Messbescheid 1999, jeweils vom
19.06.2001.
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Die Klin. legte gegen die geänderten KSt- und GewSt-Messbescheide 1996 bis 1998 sowie
gegen den erstmaligen KSt- und GewSt-Messbescheid 1999 Einsprüche ein. Zur Begründung
machte sie geltend, die Erhöhung der Pensionszusage dürfe nicht losgelöst von der
ursprünglich erteilten Zusage betrachtet werden. Die Pensionszusage stelle ein einheitliches,
nicht aufteilbares Wirtschaftsgut dar. Außerdem sei bereits in der Beiratssitzung vom
12.01.1993 festgehalten worden, dass im Hinblick auf die Altersversorgung des
Geschäftsführers die Marktüblichkeit herzustellen sei. Der mit der Vorbereitung beauftragte
Wirtschaftsprüfer Dr. W.... habe dem Vorsitzenden des Beirats am 11.02.1994 den Vorschlag
unterbreitet, die Altersversorgung auf 66 % des zuletzt gezahlten Gehaltes festzulegen. Gem.
§ 10 Abs. 3 des Gesellschaftsvertrages werde die Höhe des Geschäftsführergehaltes durch
die Gesellschafterversammlung bestimmt. Eine Zustimmung des Beirates sei nicht
erforderlich. Die schriftliche Mitteilung über die Anpassung der Versorgungszusage vom
17.11.1995 sei nur zur Sicherheit gefertigt worden, nachdem die Klin. im Mai 1995 von der
Versicherung über die geänderte BGH-Rechtsprechung zur Zuständigkeit der
Gesellschafterversammlung für Änderungen des Dienstvertrages mit Gesellschafter-
Geschäftsführern informiert worden sei. Der Beschluss der Gesellschafterversammlung über
die Erhöhung der Pensionszusage habe bereits vor dem 17.11.1995 vorgelegen und damit sei
die Mindestfrist von 10 Jahren für die Erdienbarkeit gegeben. Dabei sei auch zu beachten,
dass bis zur Veröffentlichung des BFH-Urteils vom 08.07.1995 die zehnjährige Mindestfrist
nicht zwingend vorgeschrieben gewesen sei (BMF-Schreiben vom 01.08.1996).
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Das FA wies die Einsprüche durch Einspruchsentscheidung vom 19.12.2002 als unbegründet
zurück. Die Erdienbarkeit einer Pensionszusage sei nicht nur für die erstmalige Erteilung einer
Zusage zu prüfen, sondern grundsätzlich für alle Erhöhungen einer Versorgungszusage.
Dabei sei zu unterscheiden, ob die nominelle Erhöhung der Pensionszusage aus der
laufenden Anpassung der Aktivbezüge oder aus der Erhöhung des Prozentsatzes für die
Pensionsbezüge entstehe. In der ersten Alternative sei eine nominelle Anpassung der
Pensionsansprüche zulässig, wenn die Aktivbezüge im Rahmen eines Fremdvergleichs
angemessen erhöht würden. Werde hingegen – wie im Streitfall – die Quote für den
Pensionsanspruch erhöht, betrage für beherrschende Gesellschafter-Geschäftsführer die
Mindestfrist der Erdienbarkeit bis zum voraussichtlichen Pensionsalter 10 Jahre. Diese Frist
sei durch die Pensionserhöhung vom 17.11.1995 nicht gewahrt worden (verbleibender
Erdienenszeitraum nur 8 Jahre und 11 Monate). Zwar komme der vorgenannten 10-Jahresfrist
nur indizielle Bedeutung zu. Im Streitfall lägen jedoch keine Besonderheiten vor, welche es
rechtfertigten, eine Ausnahme von der 10-Jahresfrist zuzulassen. Vielmehr bestünde
zugunsten des Gesellschafter-Geschäftsführers bereits seit Jahren eine offensichtlich
ausreichende Altersversorgung von 50 % seiner letzten Bruttobezüge, so dass es sich eher
um einen "Normalfall" handele.
51
Entgegen der Ansicht der Klin. könne nicht von einer zeitlich vor dem 17.11.1995 liegenden
Erhöhung der Pensionszusage ausgegangen werden. Zwar sei der Klin. darin zu folgen, dass
nach den gesellschaftsrechtlichen Gegebenheiten allein die Gesellschafterversammlung über
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eine Erhöhung der Bezüge (auch Altersversorgung) des Geschäftsführers zu bestimmen habe
und eine Zustimmung des Beirats nicht erforderlich gewesen sei. Die von der Klin.
vorgelegten Schreiben vom 11.02.1994 und auch der Vermerk "Beschluss zur Vorsicht in
Anpassungsvereinbarung aufnehmen" auf der "Information zur betrieblichen Altersversorgung
5/95" ließen jedoch noch keine abschließende Entscheidung, erkennen, sondern deuteten auf
eine noch fortdauernde Planungs- und Vorschlagsphase hin. Dementsprechend habe die Klin.
für den von ihr behaupteten früheren Zeitpunkt der Beschlussfassung durch die
Gesellschafterversammlung auch weder ein konkretes Datum nennen, noch eine Niederschrift
über diese Gesellschafterversammlung vorlegen können. Erst der Schriftsatz vom 17.11.1995
lasse einen abschließenden Entscheidungsprozess erkennen. Im Übrigen setze § 6a Abs. 1
Nr. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) eine schriftlich erteilte Pensionszusage voraus
und eines solche liege vor dem 17.11.1995 nicht vor.
Die Klin. hat hiergegen Klage erhoben und trägt zur Begründung ergänzend Folgendes vor:
53
Eine Anpassung der Pensionszusage sei auch unter fremden Dritten durchaus üblich. X.X. sei
im Jahr 1994 bereits 28 Jahre als Geschäftsführer für die Klin. tätig gewesen. Die
ursprüngliche Pensionszusage aus dem Jahr 1980 (50 % des letzten Bruttomonatsgehalts) sei
als eher gering anzusehen und enthalte keine laufende Anpassung. Die Erhöhung dieser
Zusage auf 66 % sei daher eine Anpassung an die Marktüblichkeit von Pensionszusagen und
halte auch einem Fremdvergleich stand. Die Erhöhung der Pensionszusage stelle lediglich
eine Vertragsänderung dar, die nicht losgelöst von der ursprünglichen Pensionszusage
beurteilt werden dürfe, zumal nach der neueren BFH-Rechtsprechung das Nichterreichen des
10-Jahreszeitraums nicht notwendig zur Annahme einer vGA führe. Üblicherweise könne für
jedes nach Erteilung der Pensionszusage noch verbleibende Jahr eine Rente i.H.v. 2-3% der
aktiven Bezüge erdient werden. Selbst wenn man – wie das FA – von einer Erhöhung der
Pensionszusage erst am 17.11.1995 ausgehen wollte, wären dementsprechend noch weitere
16-24 % der letzten Aktivbezüge erdienbar gewesen.
54
Außerdem sei die Erhöhung der Pensionszusage bereits am 12.11.1993 getroffen worden,
also noch vor Veröffentlichung des BFH-Urteils vom 08.07.1995 und innerhalb der Mindestfrist
für die Erdienenszeit von 10 Jahren. In der Beiratsversammlung vom 12.11.1993 "(auch Tag
der Gesellschafterversammlung)" sei beschlossen worden, in Bezug auf die Altersversorgung
Marktüblichkeit herzustellen. Damit sei deutlich zum Ausdruck gebracht worden, dass die
Pensionszusage angepasst werde. Es handele sich nicht lediglich um eine Absichtserklärung.
Für die zivilrechtliche Wirksamkeit der Zusage sei es unbeachtlich, dass keine Aussagen zur
Höhe der Anpassung getroffen würden. Im Übrigen genüge nach der Rechtsprechung des
BFH selbst ein schriftlich niedergelegter Telefonvermerk dem Schriftformerfordernis des § 6a
Abs. 1 Nr. 3 EStG. Vor diesem Hintergrund sei der bisherige Einwand der Finanzverwaltung,
der 10-Jahreszeitraum für die Erdienbarkeit der Pensionszusage sei nicht gegeben, aufgrund
des schriftlichen Aktenvermerks vom 11.02.1994 des Herrn Dr. W.... über den
Beiratsbeschluss zur Erhöhung der Pensionszusage hinfällig.
55
Mit Datum vom 24.11.2004 erließ das FA einen geänderten KSt-Bescheid und einen
geänderten GewSt-Messbescheid 1999 unter Hinweis auf eine zwischenzeitliche weitere
Betriebsprüfung für die Jahre ab 1999. In den Bescheiden wurde unverändert eine vGA i.H.v.
14.850 DM berücksichtigt.
56
Die Klin. beantragt,
57
unter Änderung der KSt-Bescheide 1996 bis 1998 vom 15.02.2001 und der GewSt-
58
Messbescheide 1996 bis 1998 vom 19.02.2001, jeweils in Gestalt der
Einspruchsentscheidung vom 19.12.2002, sowie des KSt-Bescheides und des GewSt-
Messbescheides 1999 vom 24.11.2004 die KSt 1996 bis 1999 und die GewSt-
Messbeträge 1996 bis 1999 dergestalt festzusetzen, dass bislang angesetzte vGA gem. §
8 Abs. 3 S. 2 KStG i.H.v. 259.767 DM (1996), 14.828 DM (1997), 15.230 DM (1998) und
14.850 DM (1999) entfallen und die GewSt-Rückstellungen entsprechend angepasst
werden.
Das FA beantragt,
59
die Klage abzuweisen.
60
Zur Begründung wiederholt das FA im Wesentlichen die Ausführungen in der EE und verweist
ergänzend auf das Urteil des FG Sachsen-Anhalt vom 21.09.2000 (EFG 2002, 1478).
61
Wegen der weiteren Einzelheiten der vorgenannten Verträge, Protokolle und Beschlüsse wird
auf dieselben Bezug genommen.
62
II.
63
Die Klage ist begründet. Das FA hat zu Unrecht die Zuführungen zu der Pensionsrückstellung,
soweit diese auf die Erhöhung der Pensionszusage vom 17. November 1995 entfielen, in den
Streitjahren als vGA beurteilt.
64
1. Die Klin. hat die Erhöhung der dem X.X. zugesagten Pension zutreffend gem. § 6a EStG
(erst) im Rahmen der Pensionsrückstellung zum 30. Juni 1996 berücksichtigt.
65
Für eine Pensionsverpflichtung darf gem. § 6a Abs. 1 EStG eine Rückstellung nur gebildet
werden, wenn und soweit der Pensionsberechtigte einen Rechtsanspruch auf einmalige oder
laufende Pensionsleistungen hat und die Pensionszusage schriftlich erteilt worden ist.
66
Im Streitfall ist ein Rechtsanspruch des X.X. auf die erhöhte Pensionszusage unabhängig
davon zu bejahen, ob für die Pensionszusage ausschließlich die Gesellschafterversammlung
und/oder allein/auch der Beirat der Klin. zuständig war. Die Beteiligten sind in der mündlichen
Verhandlung übereinstimmend davon ausgegangen, dass X.X. in den Streitjahren in der
Gesellschafterversammlung sämtliche Stimmrechte zustanden. Im Hinblick darauf genügte die
vom Vorsitzenden des Beirats und von X.X. unterzeichnete Vereinbarung vom 17. November
1995, um einen Rechtsanspruch des X.X. auf die erhöhte Pensionszusage zu begründen.
67
Der vorhergehende Beiratsbeschluss vom 12. November 1993, das Schreiben des Dr. W....
vom 11. Februar 1994 und die handschriftliche Notiz auf der "Information zur betrieblichen
Altersversorgung 5/95" stellten lediglich vorbereitende Maßnahmen, aber noch keine
verbindliche Erhöhung der Pensionszusage dar. Der Hinweis im Beiratsbeschluss vom 12.
November 1993 auf die Herstellung der "Marktüblichkeit" ist so wenig präzise, dass daraus
noch keine abschließende Entscheidung abgeleitet werden kann, zumal Dr. W.... noch mit der
Erstellung der notwendigen Vereinbarungen beauftragt wurde. Im Schreiben des Dr. W.... vom
11. Februar 1994 wurde zwar die Pensionserhöhung konkret beziffert, doch sollte die
Angelegenheit noch in der nächsten Beiratssitzung besprochen und mit X.X. abgestimmt
werden. Selbst wenn man – entgegen der vorgenannten Beurteilung durch den Senat –
bereits am 11. Februar 1994 von einer abschließenden Willensbildung betreffend eine
Pensionserhöhung zumindest in der genannten Größenordnung ausgehen wollte, würde es
68
bis zum 17. November 1995 auch an der für eine Pensionsrückstellung gem. § 6a EStG
erforderlichen Schriftform der Pensionszusage fehlen. Nach dieser Norm müssen die
wesentlichen Faktoren der Pensionszusage (Zusagezeitpunkt, Leistungsvoraussetzungen, Art
und Höhe der Leistungen, Widerrufsvorbehalte) in einer schriftlichen Willenserklärung der die
Versorgung zusagenden Gesellschaft enthalten sein und die Erklärung muss dem
Anspruchsberechtigten zugehen (BFH-Urteil vom 22. Oktober 2003 I R 37/02, BFHE 204, 96,
BStBl II 2004, 121). Im Streitfall ist das Schreiben des Dr. W.... vom 11. Februar 1994 – selbst
wenn noch eine von diesem unterschriebene Fassung vorhanden sein sollte – keine
schriftliche Erklärung der Klin. Weder nach dem Vortrag der Klin., noch nach Aktenlage ist
ersichtlich, dass Dr. W.... insoweit berechtigt gewesen wäre, für die Klin. verbindliche
Erklärungen abzugeben.
2. In den Streitjahren stellten die Zuführungen zur Pensionsrückstellung, auch soweit sie auf
der Erhöhung der Pensionszusage beruhten, keine vGA i.S. des § 8 Abs. 3 KStG dar.
69
a) Die Zuführung zu einer Pensionsrückstellung kann aus steuerlicher Sicht eine vGA sein,
die gemäß § 8 Abs. 3 S. 2 KStG das Einkommen der verpflichteten Gesellschaft nicht mindern
darf. Sie ist dann, soweit sie sich in der Steuerbilanz auswirkt und demgemäß den
Unterschiedsbetrag gem. § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG gemindert hat, dem Gewinn der Gesellschaft
außerhalb der Bilanz hinzuzurechnen. Voraussetzung für das Vorliegen einer vGA ist, dass
die Pensionsverpflichtung nicht (ausschließlich) durch das Dienstverhältnis zwischen der
Gesellschaft und dem Begünstigten, sondern (zumindest u.a.) durch das
Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist. Das ist anzunehmen, wenn die Gesellschaft einem
gesellschaftsfremden Geschäftsführer unter ansonsten vergleichbaren Umständen keine
entsprechende Zusage erteilt hätte. Maßstab für den hiernach anzustellenden Fremdvergleich
ist das Handeln eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters (BFH-Beschluss vom
28. Juni 2005 I R 25/04, BFH/NV 2005, 2252 m.w.N.).
70
aa) Ob eine Pensionszusage durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst oder mitveranlasst
ist, ist anhand aller Umstände des jeweiligen Einzelfalls zu beurteilen (BFH-Beschluss vom
28. Juni 2005 I R 25/04, BFH/NV 2005, 2252). Eine gesellschaftliche Veranlassung kann aus
Gründen anzunehmen sein, welche sich speziell auf die Pensionszusage als solche beziehen
(z.B. Zeitpunkt der Zusage, Höhe der Zusage etc.) oder welche die Gesamtausstattung des
Geschäftsführers (deren Bestandteil die Pensionszusage ist) betreffen (z.B. unangemessen
hohe Gesamtausstattung).
71
bb) Hinsichtlich der Pensionszusage als solcher ist u.a. zu prüfen, ob die begünstigte Person
während der ihr voraussichtlich verbleibenden Dienstzeit den Versorgungsanspruch noch
erdienen kann. Das ist im allgemeinen nicht anzunehmen, wenn die Zusage einem
Gesellschafter-Geschäftsführer erteilt wurde und dieser im Zusagezeitpunkt das 60.
Lebensjahr vollendet hatte oder wenn zwischen dem Zusagezeitpunkt und dem vorgesehenen
Eintritt in den Ruhestand nur noch eine kurze Zeitspanne liegt, in der der
Versorgungsanspruch vom Begünstigten nicht mehr erdient werden kann (BFH-Beschluss
vom 28. Juni 2005 I R 25/04, BFH/NV 2005, 2252 m.w.N.).
72
Nach der BFH-Rechtsprechung ist ein Versorgungsanspruch von einem beherrschenden
Gesellschafter grundsätzlich nur dann erdienbar, wenn zwischen der Erteilung der
Pensionszusage und dem vorgesehenen Eintritt in den Ruhestand ein Zeitraum von
mindestens zehn Jahren liegt. Allerdings können diese Fristen mangels eindeutiger
gesetzlicher Vorgaben nicht im Sinne allgemein gültiger zwingender Voraussetzungen
verstanden werden, die unabdingbar wären. Ist aufgrund der Gegebenheiten des Einzelfalles
73
anderweitig sichergestellt, dass mit der Zusage die künftige Arbeitsleistung des
Geschäftsführers abgegolten werden soll, ist dies deshalb nach der BFH-Rechtsprechung
auch dann anzunehmen, wenn die besagten Zeiträume nicht erreicht werden (BFH-Beschluss
vom 28. Juni 2005 I R 25/04, BFH/NV 2005, 2252). Die Frage ob eine Pensionszusage durch
das Gesellschaftsverhältnis veranlasst oder mitveranlasst ist – und damit auch, ob sie
erdienbar ist -, hat zwar vorrangig das jeweilige Finanzgericht anhand aller Umstände des
jeweiligen Einzelfalls zu beurteilen. Für die Würdigung im Einzelfall ist jedoch (mit-
)entscheidend, ob die Höhe der zugesagten Alterssicherung als weiteres Merkmal zur Prüfung
der gesellschaftlichen oder betrieblichen Veranlassung herangezogen werden darf oder ob im
Falle eines nicht unerheblichen Unterschreitens des vorgenannten Erdienenszeitraums
unabhängig von der Höhe der zugesagten Pension von einer durch das
Gesellschaftsverhältnis veranlassten Pensionszusage auszugehen ist, soweit im Einzelfall
nicht anderweitige Besonderheiten bestehen (zu Letzteren vgl. z.B. BFH-Urteil vom 24. April
2002 I R 43/01, BStBl II 2003, 416: Unmöglichkeit des Aufbaus einer angemessenen
Altersversorgung in der DDR). Der erkennende Senat ist in seinem Urteil vom 9. Januar 2004
(9 K 4626/01, EFG 2004, 600) davon ausgegangen, dass nach der BFH-Rechtsprechung der
Höhe der Pensionszusage keine maßgebende Bedeutung beigemessen werden darf, sondern
die Frage der Erdienbarkeit vorrangig nach der verbleibenden Erdienensdauer zu beurteilen
ist. Dementsprechend wurde die dortige Pensionszusage an einen 57-jährigen
Geschäftsführer bei einer verbleibenden Erdienensdauer von sieben Jahren und zwei
Monaten als gesellschaftlich veranlasst angesehen, obwohl die zugesagte Pension nur 22
v.H. des zuletzt bezogenen Festgehalts betrug. Der BFH hat die vorgenannte Entscheidung
des erkennenden Senats unter Hinweis auf die verbleibende Erdienensdauer von lediglich
acht Jahren bestätigt, ohne die Höhe der Pensionszusage und deren etwaige Bedeutung für
die Einzelfallwürdigung anzusprechen (BFH-Beschluss vom 28. Juni 2005 I R 25/04, BFH/NV
2005, 2252; vgl. auch BFH-Urteil vom 14. Juli 2004 I R 14/04, BFH/NV 2005, 245 zu
Pensionszusage an einen 57jährigen Geschäftsführer i.H.v. 25 v.H. des Festgehaltes bei einer
verbleibenden Erdienensdauer von sieben Jahren und sieben Monaten).
Nicht nur eine erstmalige Pensionszusage, sondern gleichermaßen die Erhöhung einer
bereits bestehenden Pensionszusage ist gesellschaftlich veranlasst, wenn sie nicht mehr
erdient werden kann. Der von der vorgenannten BFH-Rechtsprechung geforderte zehnjährige
Erdienenszeitraum für Pensionszusagen an beherrschende Gesellschafter gilt deshalb nicht
nur für erstmalige Pensionszusagen, sondern im Ansatz auch für Erhöhungen einer
bestehenden Zusage (Finanzgericht Düsseldorf, Urteil vom 14. September 2004 6 K 2701/02,
EFG 2005, 1796, aus anderweitigen Gründen bestätigt durch BFH-Beschluss vom 13. Juni
2006 I R 58/05, BFHE 213, 559, BStBl II 2006, 928; Niedersächsisches FG, Urteil vom 22.
April 2004 6 K 91/00, EFG 2004, 1081). Dabei geht der erkennende Senat allerdings davon
aus, dass bei der Beurteilung der Erdienbarkeit von Pensionserhöhungen dem
Erdienenszeitraum kein vorrangiges Gewicht im Rahmen der Einzelfallwürdigung
beizumessen ist, sondern gleichwertig der betragsmäßige und der relative Umfang der
Pensionserhöhung zu würdigen sind (ähnlich FG Düsseldorf, Urteil vom 14. September 2004
6 K 2701/02, EFG 2005, 1796; Neu, EFG 2005, 1798; weitergehend - für einen gänzlichen
Verzicht auf die zeitliche Komponente der Erdienbarkeit - Gosch in Gosch, KStG, § 8 Rz. 1097
f.; a.A. – X.X. für gleiche Beurteilungsmaßstäbe bei Erstzusage und Pensionserhöhung – wohl
Niedersächsisches FG, Urteil vom 22. April 2004 6 K 91/00, EFG 2004, 1081 zu einer
Dynamisierung der Altersrente um jährlich 3 v.H.). Wird die Pensionszusage gegenüber einem
beherrschenden Gesellschafter nur in einem Umfang erhöht, der im Verhältnis zur bisherigen
Pensionszusage und in Relation zu der verbleibenden Erdienensdauer nicht als
unangemessen erscheint, so kann die Pensionserhöhung nicht allein deshalb als vGA
beurteilt werden, weil die verbleibende Erdienensdauer deutlich weniger als zehn Jahre
74
beträgt. Insbesondere ist ausgehend von dem vorzunehmenden Fremdvergleich nicht
ersichtlich, dass in den Fällen einer Pensionszusage, die sich auf einen bestimmten
Prozentsatz des Festgehalts bezieht, ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsführer
zwar angemessene mittelbare Pensionserhöhungen über eine Erhöhung des Festgehalts
akzeptieren würde, eine betragsmäßig vergleichbare Pensionserhöhung durch eine Erhöhung
des Prozentsatzes in der Pensionszusage ohne eine Erhöhung der Festgehälter und
unterhalb der Grenze zur sog. Überversorgung (vgl. zur Überversorgung BFH-Urteile vom 15.
September 2004 I R 62/03, BFHE 207, 443, BStBl II 2005, 176; vom 9. November 2005 I R
89/04, BFHE 211, 287, DStR 2006, 83) aber allein deshalb ablehnen würde, weil der
verbleibende Erdienenszeitraum keine zehn Jahre mehr beträgt. Vielmehr wird ein
ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter sowohl bei mittelbaren Pensionserhöhungen
wie bei unmittelbaren Pensionserhöhungen die Frage der Erdienbarkeit der zugesagten
Pension als (nur) ein Kriterium innerhalb der zu würdigenden Gesamtumstände zur
Beurteilung der Angemessenheit einer Änderung der Geschäftsführerbezüge heranziehen.
b) Ausgehend von den vorgenannten Grundsätzen hält die Erhöhung der Pensionszusage
durch die Klin. gegenüber X.X. dem Fremdvergleich stand. Die der Pensionserhöhung
entsprechenden Zuführungen zur Pensionsrückstellung führen deshalb nicht zu vGA.
75
aa) X.X. konnte die ihm versprochene Pension auch hinsichtlich der im November 1995
zugesagten Erhöhung noch erdienen.
76
X.X. war in den Streitjahren (zumindest) bezogen auf die Bemessung seiner
Geschäftsführervergütung als beherrschender Gesellschafter der Klägerin anzusehen. Ein
Gesellschafter beherrscht eine Körperschaft bezogen auf ein bestimmtes Rechtsgeschäft,
wenn er den Abschluss dieses Rechtsgeschäfts erzwingen kann (BFH-Urteil vom 13.
Dezember 1989 I R 45/84, BFH/NV 1990, 455). X.X. standen in den Streitjahren sämtliche
Stimmrechte in der Gesellschafterversammlung zu. Nach § 10 Abs. 3 Satz 1 GV bestimmte die
GV über die Höhe der angemessenen Vergütung für X.X. Nur die Höhe der Vergütung
etwaiger anderer Geschäftsführer sollte durch den Beirat festgelegt werden (§ 10 Abs. 3 Satz 1
GV). Zwar oblag dem Beirat nach § 13 Abs. 2 GV die gerichtliche und außergerichtliche
Vertretung der Klin. gegenüber den Geschäftsführern und zwar insbesondere auch hinsichtlich
des Abschlusses von Dienstverträgen nach § 8 Abs. 3 GV. § 8 Abs. 3 GV betraf jedoch – wie
sich aus dem Zusammenhang mit § 8 Abs. 2 GV ergibt - gerade nicht Dienstverträge mit X.X.,
sondern nur mit den übrigen Geschäftsführern. Aus § 13 Abs. 2 GV lässt sich deshalb keine
Einschränkung des Bestimmungsrechts der Gesellschafterversammlung über die Höhe der
angemessenen Vergütung für X.X. gemäß § 10 Abs. 3 S. 1 GV entnehmen, sondern allenfalls,
dass es Sache des Beirats war, eine von der Gesellschafterversammlung insoweit
beschlossene Vergütung im Außenverhältnis gegenüber X.X. umzusetzen. Letzteres genügt
jedoch nicht, um eine beherrschende Stellung des X.X. in Bezug auf die Ausgestaltung seiner
Vergütung zu verneinen. Im Hinblick auf diese zumindest punktuelle Beherrschung kommt es
vorliegend nicht mehr darauf an, dass X.X. die Klin. wegen seiner Stimmrechtsmehrheit und
der damit verbundenen Einflussmöglichkeiten auf die Bestellung der Beiratsmitglieder die
Klin. nach Ansicht des erkennenden Senats auch im Übrigen umfassend beherrschte.
77
Im Streitfall weist die Pensionserhöhung gegenüber dem beherrschenden Gesellschafter-
Geschäftsführer X.X. zu einem Zeitpunkt, in dem nur noch mit einer verbleibenden
Erdienenszeit von weniger als zehn Jahren zu rechnen war, auf eine mögliche
gesellschaftliche Veranlassung der Pensionserhöhung hin. Eine verbindliche
Pensionserhöhung lag erst – wie dargelegt - am 17. November 1995 vor. Bezogen auf eine
Pensionierung nach Vollendung des 65. Lebensjahres verblieb X.X. im Zeitpunkt der
78
Pensionserhöhung ein Erdienenszeitraum von rd. acht Jahren und elf Monaten. Auf die Frage,
in welchem Verhältnis die Neuregelung der Pensionszusage vom 16. November 1990 zu dem
Nachtrag zur Versorgungszusage vom 16. Dezember 1980 stand, kommt es insoweit nicht an.
Selbst wenn dem beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer die Möglichkeit eingeräumt
wird, von der gesetzlichen flexiblen Altersregelung Gebrauch zu machen, ist gleichwohl von
einem Eintritt in den Ruhestand erst mit 65 Jahren auszugehen (BFH-Urteil vom 29. Oktober
1997 I R 52/97, BFHE 184, 487, BStBl II 1999, 318). Ebenso wenig bedarf es vorliegend einer
Klärung, welche Rechtsfolgen sich im Falle eines vorzeitigen Ausscheidens des X.X. nach
den getroffenen Vereinbarungen ergaben und/oder welche Regelungen ein ordentlicher und
gewissenhafter Geschäftsleiter bezüglich der Frage der Unverfallbarkeit der erhöhten
Pensionszusage getroffen hätte. Diese Fragen stellen sich nur und erst dann, wenn ein
Gesellschafter-Geschäftsführer tatsächlich vorzeitig aus den Diensten der Gesellschaft
ausscheidet (so wohl auch BMF-Schreiben vom 23. Oktober 2002, BStBl I 2002, 1393).
Der vorgenannten verbleibenden Erdienensdauer von unter zehn Jahren ist im Rahmen der
gebotenen Berücksichtigung aller Umstände im Streitfall jedoch kein allein entscheidendes
Gewicht beizumessen (keine Vorprägung der Einzelfallbeurteilung). Eine Gesamtwürdigung –
insbesondere unter Einbeziehung der Relation zwischen der Pensionserhöhung und der
vorhergehenden Pensionszusage, der Höhe der Aktivbezüge und des verbleibenden
Erdienenszeitraums – führt im Streitfall vielmehr zu dem Ergebnis, dass die
Pensionserhöhung zugunsten des X.X. einem Fremdvergleich standhält.
79
Die Erhöhung des Pensionszusage von 50 v.H. des letzten Festgehalts auf 66 v.H. des letzten
Festgehalts beinhaltet eine deutliche Steigerung (Erhöhung um 32 v.H.), bleibt jedoch noch im
Rahmen einer "Erhöhung" der Pensionszusage und ist nicht als "verdeckte Erstzusage" zu
werten.
80
Die Abweichung zwischen der verbleibenden Erdienensdauer im Streitfall (rd. acht Jahren
und elf Monate) und der grundsätzlich erforderlichen Erdienensdauer von zehn Jahren ist zwar
nicht unerheblich. Andererseits liegt die verbleibende Zeit aber noch deutlich über fünf Jahren
und nahe bei den geforderten zehn Jahren.
81
Die ursprüngliche Pensionszusage zugunsten des X.X. aus den Jahren 1980/1990 in Höhe
von 50 v.H. des letzten Festgehalts war eher niedrig bemessen. Von einer sog.
Überversorgung ist nach der BFH-Rechtsprechung erst dann auszugehen, wenn die
Versorgungsanwartschaft zusammen mit der Rentenanwartschaft aus der gesetzlichen
Rentenversicherung 75 v.H. der Aktivbezüge übersteigt (BFH-Urteile vom 15. September 2004
I R 62/03, BFHE 207, 443, BStBl II 2005, 176; vom 9. November 2005 I R 89/04, BFHE 211,
287, DStR 2006, 83). Zu den Aktivbezügen zählen alle zugeflossenen (bar oder unbar
geleistete Vergütungen, jedoch nicht der Wert der Pensionszusage als solcher (vgl. BFH-
Urteil vom 31. März 2004 I R 70/03, BFHE 206, 37, BStBl II 2004, 937). Zu den Aktivbezügen
rechnen somit nicht nur die Festgehälter, sondern auch Sachbezüge und gewinnabhängige
Vergütungen, wobei letztere mit einem Durchschnittswert anzusetzen sind (vgl. auch BMF-
Schreiben vom 3. November 2004 Tz. 9, 11, BStBl I 2004, 1045). Zur Bemessung dieses
Durchschnittswerts legt der erkennende Senat in Anlehnung an die BFH-Rechtsprechung,
wonach eine Überprüfung der Gesellschafter-Geschäftsführer-Vergütungen zumindest in
Abständen von drei Jahren geboten ist und – z.B. für Tantiemen - die voraussichtliche
Entwicklung einbezogen werden darf (vgl. BFH-Urteil vom 5. Oktober 1994 I R 50/94, BFHE
176, 523, BStBl II 1995, 549), einen Zeitraum von drei Jahren zugrunde (a.A. BMF-Schreiben
vom 3. November 2004 Tz. 11, BStBl I 2004, 1045: fünf Jahre), und zwar die Wirtschaftsjahre
1993/1994 bis 1995/1996. Danach betrug das jährliche Aktivgehalt des X.X. ca. 400.000 DM.
82
Die im Jahr 1990 zugesagte Pension i.H.v. jährlich 114.804 DM (50 v.H. des
ruhegehaltsfähigen Einkommens von 12 x 19.134 DM) belief sich damit auf ca. 29 v.H. der
Aktivbezüge und wurde durch die Pensionserhöhung im November 1995 auf 151.541 DM,
X.X. auf rd. 38 v.H. der Aktivbezüge angehoben. Eine Erhöhung der Pensionszusage im
Ergebnis um voraussichtlich 9 v.H. der Aktivbezüge bei einer noch verbleibenden
Erdienensdauer von knapp neun Jahren entspricht aber dem Gedanken eines sachgerechten
(lediglich) ratierlichen Aufbaus der Altersversorgung. Dies gilt zumindest dann, wenn – wie im
Streitfall – die Festgehälter als Bemessungsgrundlage der Pensionszusage über einen
längeren Zeitraum (hier in den fünf Jahren vor dem Zeitpunkt der Erhöhung der
Pensionszusage) nicht angehoben wurden und damit auch keine mittelbare
Pensionserhöhung während dieses Zeitraums eingetreten ist.
bb) Die Gesamtausstattung des Gesellschafter-Geschäftsführers X.X. war auch unter
Berücksichtigung der angehobenen Pensionszusage nicht überhöht. Hinsichtlich der fiktiven
Jahresnettoprämie für die erhöhte Pensionszusage geht der erkennende Senat davon aus,
dass diese in den Streitjahren die Zuführungen zur Pensionsrückstellung in den
Wirtschaftsjahren 1996/1997 bis 1998/1999 zumindest nicht wesentlich übersteigt. Da die
Angemessenheit der Gesamtausstattung des X.X. auch zwischen den Beteiligten nicht streitig
ist, bedurfte es insoweit keiner weiteren Sachverhaltsaufklärung zur Ermittlung der exakten
fiktiven Jahresnettoprämie.
83
3. Die Berechnung der antragsgemäß festzusetzenden KSt und GewSt-Messbeträge 1996 bis
1999 wird gem. § 100 Abs. 2 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) dem FA übertragen.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO. Die Regelungen zur vorläufigen
Vollstreckbarkeit folgen aus §§ 151 Abs. 3, 155 FGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 der
Zivilprozessordnung.
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Die Revision war gem. § 115 Abs. 2 Nr. 1, 2 FGO zuzulassen. Die Frage, ob eine
Pensionszusage durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst oder mitveranlasst ist, ist nach
der höchstrichterlichen Rechtsprechung zwar eine Einzelfallbeurteilung. Diese wird jedoch
maßgeblich dadurch vorgeprägt, welches Gewicht der BFH dem Erdienenszeitraum im
Verhältnis zur Höhe der Pensionsanhebung beimisst. Klärungsbedürftig erscheint deshalb, ob
die Erhöhung einer Pensionszusage gegenüber einem beherrschenden Gesellschafter-
Geschäftsführer selbst dann regelmäßig als gesellschaftlich veranlasst anzusehen ist, wenn
die Pensionserhöhung zwar lediglich einem ratzierlichen Aufbau einer Alterversorgung
entspricht, der verbleibende Erdienenszeitraum aber deutlich kürzer als zehn Jahre ist.
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