Urteil des FG Münster vom 23.01.2009

FG Münster: bemessungsgrundlage, flüssiggas, geldwerter vorteil, fahrzeug, arbeitslohn, benzin, verfügung, ausstattung, begriff, vorverfahren

Finanzgericht Münster, 10 K 1666/07 L
Datum:
23.01.2009
Gericht:
Finanzgericht Münster
Spruchkörper:
10. Senat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
10 K 1666/07 L
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.
Die Revision wird zugelassen.
Gründe:
1
Streitig ist, ob bei Fahrzeugen, die Arbeitnehmern zur privaten Nutzung überlassen
werden, Umrüstungskosten auf Flüssiggasbetrieb in die Bemessungsgrundlage für die
sog. 1%-Regelung einzubeziehen sind.
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Die Klägerin, die den Vertrieb von Flüssiggas betreibt, bemüht sich seit 2002 in
verstärktem Maße durch Werbeaktionen, Auftritte auf Energie- und Kraftfahrzeug-
Messen sowie sonstige Medienmaßnahmen, den Flüssiggasabsatz für Kraftfahrzeuge
zu fördern. Ihr Autoabgasabsatz erfolgt im Wesentlichen über zusätzliche Zapfanlagen
an Tankstellen. Hierzu werden entweder mit den Mineralölkonzernen Lieferverträge
oder mit den Tankstellenpächtern vergleichbare Verträge geschlossen, nach denen die
Vertragspartner als Agentur der Klägerin fungieren oder die Zapfanlage in Eigenregie
betreiben. Die Kontakte mit den Tankstellenpächtern bzw. mit den Kunden im
Brenngasgeschäft werden über Außendienstmitarbeiter hergestellt oder
aufrechterhalten.
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Die Klägerin stellt ihren leitenden Angestellten und Außendienstmitarbeitern kostenlos
geleaste Firmenfahrzeuge zur Verfügung, die auch privat genutzt werden dürfen.
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Die Firmenfahrzeuge der Außendienstmitarbeiter werden in zeitlicher Nähe nach
Auslieferung zusätzlich für den Betrieb mit Flüssiggas umgerüstet. Die Umbaukosten
pro Pkw in Höhe von rund € 2.500,- trägt jeweils die Leasinggesellschaft, die diese
Kosten über die Leasinggebühr abrechnet. Die Leasinggebühren, die sich nach
Listenpreis, Sonderausstattungen und Umbauten richtet, und alle weiteren
Aufwendungen für die Firmenfahrzeuge trägt ausschließlich die Klägerin. Die auf
Gasbetrieb umgerüsteten Firmenfahrzeuge erhalten einen oder mehrere
Werbeaufkleber, mit denen mit den Worten "X.......", Flüssiggas" und "Autogas" auf das
Autogasgeschäft der Klägerin aufmerksam gemacht wird.
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Die Klägerin rechnete die Umrüstungskosten auf den Flüssiggasbetrieb nicht in die
Bemessungsgrundlage der sog. 1%-Regelung für die private Pkw-Nutzung ein.
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Nach einer im Jahre 2006 durchgeführten Lohnsteueraußenprüfung für den Zeitraum
1.1.2003 bis 31.12.2005 vertrat der Beklagte die Auffassung, auch die
Umrüstungskosten seien in die Berechnung des geldwerten Vorteils einzubeziehen, da
es sich insoweit nicht um ein eigenständiges Wirtschaftsgut handele, dessen
Nutzbarkeit getrennt von der Möglichkeit zum privaten Gebrauch des Fahrzeugs
bewertet werden könne. Die nach dieser Auffassung nachzuversteuernden
Sachbezugswerte sind der Höhe nach unstreitig und im Prüfungszeitraum
einvernehmlich mit jährlich € 19.200,- ermittelt worden.
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Nach einem Antrag der Klägerin auf Nachversteuerung mit einem durchschnittlichen
Nettosteuersatz i.S.d. § 40 Absatz 1 Satz 2 Einkommensteuergesetz (EStG) setzte der
Beklagte mit Nachforderungsbescheid vom 9.6.2006 für den Zeitraum 1.1.2003 bis
31.12.2005 Lohnsteuern, Solidaritätszuschläge sowie evangelische und katholische
Kirchensteuern in Höhe von insgesamt € XX,YY fest.
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Mit der hiergegen nach erfolglosem Vorverfahren erhobenen Klage vertritt die Klägerin
weiterhin die Auffassung, die Umrüstungskosten seien nicht in die
Bemessungsgrundlage für den Sachbezug aus privater Kfz-Nutzung einzubeziehen.
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Hierzu trägt sie im Wesentlichen vor, die Umrüstung der geleasten Fahrzeuge stelle für
die jeweiligen Arbeitnehmer bereits keinen geldwerten Vorteil dar, da sich für die
Arbeitnehmer kein erhöhter Nutzungsvorteil oder Mehrwert in Form zusätzlich ersparter
Aufwendungen ergebe. Die geleasten Firmenfahrzeuge könnten immer nur entweder
mit Flüssiggas oder mit normalem Kraftstoff betrieben werden. Etwaige Vorteile aus
niedrigeren Kraftstoffkosten stünden allein der Klägerin zu. Die Arbeitnehmer hätten auf
Grund der Umrüstung vielmehr zusätzlichen organisatorischen Aufwand, da ihnen die
Terminvereinbarung mit der Fachwerkstatt sowie die Übergabe der geleasten
Fahrzeuge zwecks Umrüstung obliege. Zudem liege die Umrüstung in ihrem (der
Klägerin)
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überwiegenden eigenbetrieblichen Interesse. Neben den Kostenvorteilen gehe sie von
einer enormen Werbewirksamkeit der Umrüstung für ihre eigenen Produkte aus. Für ihre
Marktstrategie sei es von wesentlicher Bedeutung, die mit entsprechender Werbung
versehenen Betriebsfahrzeuge mit Einsatz im Kundenkontakt auf Flüssiggas
umzurüsten. Ein Einsatz von mit herkömmlichen Kraftstoffen betriebenen
Vertriebsfahrzeugen würde die Aussagen zur Vorteilhaftigkeit des Flüssiggases
unglaubwürdig erscheinen lassen und somit einen betrieblichen Imageschaden
verursachen. Deshalb habe sie insbesondere die geleasten Fahrzeuge der im
betrieblichen Außendienst tätigen Mitarbeiter mit der Möglichkeit des Flüssiggasbetriebs
ausgestattet.
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Selbst wenn in der Umrüstung ein geldwerter Vorteil für die Arbeitnehmer gesehen
werde, seien die Kosten nicht in die Bemessungsgrundlage für den
lohnsteuerpflichtigen Sachbezug einzubeziehen, da keine Sonderausstattung vorliege,
die über das übliche mit dem Listenpreis erfasste Maß hinausgehe. Der Begriff der
Sonderausstattung erfordere schon allein begrifflich ein "Mehr" an Nutzungsmöglichkeit
für den Arbeitnehmer der Klägerin. Dieses "Mehr" sei nicht ersichtlich, da die Fahrzeuge
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lediglich alternativ entweder mit Gas oder mit herkömmlichem Kraftstoff betrieben
werden könnten. Die zusätzliche Antriebsmöglichkeit mit Gas führe auch nicht zu einem
höheren Wert der Fahrzeuge .
Zudem bestehe kein einheitlicher Nutzungs- und Funktionszusammenhang zwischen
der Gasanlage und dem Fahrzeug. Das geleaste Firmenfahrzeug könne ausschließlich
auf Dienstfahrten mit Flüssiggas und auf Privatfahrten nur mit Benzin betrieben werden,
so dass eine private Nutzung der Sonderausstattung gänzlich ausscheiden könne.
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Ebenso sei der umgekehrte Fall vorstellbar. Vergleichbar mit der Behandlung eines im
Firmenwagen fest eingebauten Autotelefons und der Freisprecheinrichtung in Abschnitt
R 31 (9) Nr. 1 Satz 6 EStR 2005 fehle auch hier ein einheitlicher Nutzungs- und
Funktionszusammenhang. Wegen der eigenständigen Verwendungsmöglichkeit sei
daher der fest eingebaute Flüssiggastank als eigenständiges Wirtschaftsgut zu
beurteilen, dessen Nutzbarkeit getrennt von der Möglichkeit zum privaten Gebrauch des
Fahrzeugs bewertet werden könne.
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Die Klägerin beantragt,
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1. den Nachforderungsbescheid über Lohnsteuer, Solidaritätszuschlag und
Kirchensteuer für den Zeitraum vom 1.1.2003 bis 31.12.2005 vom 9.6.2006 in der
Fassung der Einspruchsentscheidung vom 21.3.2007 aufzuheben, hilfsweise
wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache die Revision zuzulassen,
2. die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu
erklären.
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Der Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Der Beklagte meint weiterhin, die Kosten für den Einbau der Flüssiggastanks seien
zutreffend in die Berechnungsgrundlage nach der 1%-Regelung übernommen worden.
Die Tanks stellten kein eigenständiges Wirtschaftsgut dar, dessen Nutzbarkeit getrennt
von der Möglichkeit zum privaten Gebrauch des Fahrzeugs bewertet werden könne.
Insofern unterscheide sich der Tatbestand von dem für Winterreifensätze geltenden
Regelungen. Die Flüssiggastanks seien auch nicht wie z.B. der zweite Pedal-Satz eines
Fahrschulwagens nur betrieblich nutzbar.
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Da für den geldwerten Vorteil die objektive Betrachtungsweise maßgebend sei, komme
es nicht darauf an, ob sich der Arbeitnehmer ein billigeres Fahrzeug gekauft hätte, wenn
ihm der Firmenwagen nicht überlassen worden wäre. Auch sei nicht entscheidend, ob
der Arbeitnehmer mehr oder weniger gezwungen worden sei, einen Firmenwagen zu
nutzen, obwohl er lieber mit öffentlichen Verkehrsmitteln fahren würde. Die
vorgetragenen Nachteile (zusätzliche Wartungsintervalle, Umwege zu entfernt
liegenden Tankstellen und Werkstätten) seien unbeachtlich. Maßgebend sei
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ausschließlich die objektive Bereicherung, die sich stets am Typ des tatsächlich
benutzten Fahrzeugs orientiere.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze und die
Steuerakten Bezug genommen.
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Die zulässige Klage ist nicht begründet.
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Der angefochtene Nachforderungsbescheid ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin
nicht in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO).
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Der Beklagte hat zu Recht auch die Kosten für die Umrüstung der den Arbeitnehmern
zur privaten Nutzung zur Verfügung gestellten Firmenfahrzeuge auf den Betrieb mit
Flüssiggas in die Bemessungsgrundlage für die sog. 1%-Regelung einbezogen und als
dem Lohnsteuerabzug unterliegenden Arbeitslohn im Sinne des § 19 Abs. 1 Nr. 1 EStG
behandelt.
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Ob der in der Kfz-Gestellung für die private Nutzung liegende Vorteil Arbeitslohn ist,
richtet sich allein nach § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG. Danach gehören solche Vorteile
zum Arbeitslohn im Sinne des § 19 Abs. 1 Nr. 1 EStG, die "für" eine Beschäftigung
gewährt werden. Demgegenüber sind solche Vorteile kein Arbeitslohn, die sich bei
objektiver Würdigung aller Umstände des Einzelfalls nicht als Entlohnung, sondern
lediglich als notwendige Begleiterscheinung betriebsfunktionaler Zielsetzungen
erweisen (ständige Rechtsprechung des BFH, vgl. z.B. Urteile vom 4.6.1993 VI R 95/92,
BFHE 171, 74, BStBl II 1993, 687, 689 und vom 25.5.2000 VI R 195/98, BFHE 192, 299,
BStBl II 2000, 690, jeweils m. w. N.). Das Ergebnis einer solchen, den
Arbeitslohncharakter verneinenden Würdigung hat der BFH damit beschrieben, dass
der Vorteil im ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse gewährt sein muss. Da
eine betriebliche Veranlassung jeder Art von Lohnzahlungen zugrunde liegt, muss sich
aus den Begleitumständen wie Anlass, Art und Höhe des Vorteils, Auswahl der
Begünstigten, freie oder nur gebundene Verfügbarkeit, Freiwilligkeit oder Zwang zur
Annahme des Vorteils und seiner besonderen Geeignetheit für den jeweils verfolgten
betrieblichen Zweck ergeben, dass diese Zielsetzung ganz im Vordergrund steht und
ein damit einhergehendes eigenes Interesse des Arbeitnehmers, den betreffenden
Vorteil zu erlangen, deshalb vernachlässigt werden kann. Das Erfordernis des
eindeutigen Vorrangs anderer als Entlohnungszwecke kommt bei der Verwendung des
Begriffs "eigenbetriebliches Interesse" durch die hinzugefügten Worte "ganz
überwiegend" zum Ausdruck (vgl. BFH-Urteile in BFHE 171, 74, BStBl II 1993, 687 und
BFHE 192, 299; BStBl II 2000, 690).
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Nach diesen Kriterien stellt die zur privaten Nutzung erfolgte Überlassung der
Firmenfahrzeuge an die Arbeitnehmer der Klägerin im Streitfall Arbeitslohn dar.
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Diese Kfz-Überlassung diente allein dem Ziel, den betroffenen Arbeitnehmern für die
Beschäftigung neben den Lohnzahlungen in Geld weitere nicht in Geld bestehende
Vorteile zu gewähren. Andere als diese Entlohnungszwecke für die Überlassung der
Firmenwagen für private Fahrten sind weder vorgetragen noch ersichtlich. Zudem hatten
auch die Arbeitnehmer ein nicht zu vernachlässigendes eigenes Interesse, den in der
privaten Nutzung des Firmenwagens liegenden Vorteil zu erlangen. Insbesondere
ersparten sie sich damit die Aufwendungen für den Kauf und den Betrieb eines eigenen
privaten Fahrzeugs.
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Die danach als Arbeitslohn anzusehende Überlassung von Firmenfahrzeugen an die
Arbeitnehmer zur privaten Nutzung führt bei diesen zu Einnahmen im Sinne von § 8
Abs. 1 und 2 Satz 2 i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG, welche im Wege der dort
geregelten pauschalen Besteuerung für jeden Kalendermonat mit 1 Prozent des
inländischen Listenpreises im Zeitpunkt der Erstzulassung zuzüglich der Kosten für
Sonderausstattung einschließlich Umsatzsteuer anzusetzen sind. Der Wert erhöht sich
nach
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§ 8 Abs. 2 Satz 3 EStG für jeden Kalendermonat um 0,03 Prozent des genannten
Listenpreises für jeden Kilometer der Entfernung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte,
wenn das Fahrzeug für solche Fahrten genutzt werden kann.
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Unter dem Begriff der Sonderausstattung im Sinne des § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG sind
alle Gegenstände zu verstehen, die nicht in dem Listenpreis des überlassenen Kfz
enthalten sind und die im Rahmen der Nutzung eines Kfz für den jeweiligen Benutzer
von Bedeutung sind.
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Der vereinfachende und typisierende Charakter der Bewertungsregelung des § 6 Abs. 1
Nr. 4 Satz 2 EStG gebietet es, dass als Bemessungsgrundlage die Kosten angesetzt
werden, die mit der Überlassung des zur Verfügung gestellten Kfz im Zusammenhang
stehen. Soweit der Arbeitgeber das Kfz mit Ausstattungen versorgt, die über das übliche,
mit dem Listenpreis erfasste Maß hinausgehen, sind auch diese als Sonderausstattung
in die Bemessungsgrundlage der 1%-Regelung einzubeziehen. Dabei kann es keinen
Unterschied machen, ob die Ausstattung des Kfz schon bei seiner Anschaffung
vorhanden war, oder ob sie erst später angeschafft wurde. Nach dem Zweck der
Regelung ist vielmehr allein entscheidend, ob der Gegenstand, der nach der
Anschaffung des Kfz zusätzlich erworben wurde, in dem zugrunde gelegten Listenpreis
bereits enthalten war oder nicht. Soweit Bestandteile des Kfz lediglich ausgetauscht
werden, können die dafür entstandenen Kosten nicht nochmals als Sonderausstattung
berücksichtigt werden. Werden allerdings Gegenstände angeschafft, die bisher nicht
vorhanden waren und zusätzlich in das Kfz integriert werden (wie z. B.
Navigationsgeräte, zusätzliche Sicherungseinrichtungen, etc.), müssen diese
Aufwendungen auch zusätzlich in der Bemessungsgrundlage der 1%-Regelung
berücksichtigt werden (vgl. Urteil des Finanzgerichts Bremen 1 K 116/03, juris).
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Nach diesen Kriterien stellt die Flüssiggasanlage eine in die Bemessungsgrundlage
des § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG einzubeziehende Sonderausstattung dar.
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Als zusätzliches Ausstattungsmerkmal der überlassenden Kfz ersetzt sie nicht den
vorhandenen Benzinantrieb, sondern ermöglicht zusätzlich, das Kfz auch mit Flüssiggas
zu betreiben. Insoweit liegt nicht lediglich ein Ersatz für den schon vorhandenen Antrieb
mit Benzin, sondern zusätzlich ein neben dem Benzinantrieb eigenständig nutzbares
Wirtschaftsgut vor.
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Die Flüssiggasanlage ist entgegen der Auffassung der Klägerin kein Wirtschaftsgut,
dessen Nutzbarkeit getrennt von der Möglichkeit zum privaten Gebrauch des Fahrzeugs
bewertet werden könnte. Die Verwendung des Gasantriebs während der Fahrt dient
allein dem bestimmungsgemäßen Gebrauch des Firmenwagens selbst und erfüllt -
anders als z.B. der zweite Pedalsatz eines Fahrschulwagens oder eine eingebaute
Werkstatteinrichtung- keinen vom Gebrauch des Kfz ablösbaren eigenständigen Zweck.
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Die mit dem Gasantrieb verbundenen tatsächlichen Vorteile (laut Prospekten der
Klägerin u.a. deutlich niedrigere Treibstoffkosten <"Sie tanken für die Hälfte">;
Schonung der Umwelt, größere Reichweite <"Sie kommen weiter als andere. Mit einer
Autogasfüllung kommen Sie bis zu 500 Kilometer weit – und schalten dann bei Bedarf
auf den Benzintank um.">, weniger Reparaturen) sind vielmehr untrennbar mit der
Nutzung des Fahrzeugs verbunden und daher grundsätzlich als unselbständiger
Bestandteil in dem umfassend auf den Firmenwagen bezogenen Nutzungsvorteil i.S.
des § 8 Abs. 2 Satz 2 EStG enthalten.
Entgegen der Auffassung der Klägerin sind die Kosten für die Ausstattung der PKW mit
Gasanlagen auch nicht ausnahmsweise wegen eines fehlenden Entlohnungscharakters
aus der Bemessungsgrundlage des § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG herauszunehmen.
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Gesetzgeberisches Zweck der Einfügung des § 8 Abs. 2 Sätze 2 bis 4 EStG durch das
Jahressteuergesetz 1996 vom 11.10.1995 war es, die Bewertung des Nutzungsvorteils
eines im Rahmen der Einkunftsarten des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 bis 7 EStG
überlassenen Kfz vom Wert des überlassenen Kfz abhängig zu machen und die
Nutzungswertermittlung im Kfz-Bereich zu vereinheitlichen und zu vereinfachen (vgl.
BTDrucks. 13/1686, 8). Durch die Anknüpfung an den Listenpreis zuzüglich der Kosten
der Sonderausstattung einschließlich Umsatzsteuer hat der Gesetzgeber dabei
ausschließlich auf die objektive Bereicherung durch das tatsächlich genutzte Fahrzeug
abgestellt. Dieser vereinfachende und typisierende Charakter der Bewertungsregelung
gestattet es grundsätzlich nicht, die mit dem Gebrauch des Firmenwagens
notwendigerweise verbundenen Vorteile aus der Verfügbarkeit einzelner
unselbständiger Ausstattungsmerkmale von der Nutzungsmöglichkeit des Fahrzeugs
selbst zu trennen. Insoweit ist es grundsätzlich nicht zulässig, den Listenpreis des
tatsächlich genutzten Modells einschließlich der Sonderausstattungen vorab um den auf
derartige Ausstattungsmerkmale entfallenden Teil des Listenpreises zu kürzen. Denn
besteuert wird im Rahmen der sog. 1%-Regelung --wie auch bei Anwendung der
Fahrtenbuchmethode (§ 8 Abs. 2 Satz 4 EStG)-- die private Nutzbarkeit des konkreten
Fahrzeugs insgesamt. Das folgt aus der Regelung der Bemessungsgrundlage in § 6
Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG (BFH-Urteil vom 16.2.2005 VI R 37/04, BFHE 209, 221, BStBl
II 2005, 563).
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Hiernach ist auch im Streitfall das einzelne Ausstattungsmerkmal des zusätzlichen
Flüssiggasantriebs nicht mit der Begründung aus der Bemessungsgrundlage
herauszunehmen, dieses Merkmal stelle für den einzelnen Arbeitnehmer der Klägerin
keinen zusätz-
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lichen Lohnvorteil dar, da die Kraftstoffkosten ohnehin allein von der Klägerin getragen
würden. Derartige subjektive Gesichtspunkte ändern nichts am objektiven Wert des
überlassenen Pkw, an den die 1%-Regelung anknüpft.
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Der Senat verkennt dabei nicht, dass die Ausstattung der überlassenen Kfz,
insbesondere auch die Wahl des –häufig unter Kostengesichtspunkten ausgesuchten-
Antriebs mit Benzin, Diesel oder Flüssiggas, in der Regel vom Arbeitgeber nach
betrieblicher Zweckmäßigkeit bestimmt wird und ein Arbeitnehmer deshalb
möglicherweise durch eine von ihm nicht gewollte bzw. nicht beeinflussbare Wahl eines
mit Dieselkraftstoff oder wie hier mit Flüssiggas betriebenen und deshalb insgesamt
teureren Fahrzeugs einen höheren Nutzungswert zu versteuern hat als bei einem
vergleichbaren mit Benzin betriebenen Fahrzeug. Den gleichwohl typisierend und
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pauschalierend am objektiven Wert des tatsächlich genutzten Fahrzeugs anknüpfenden
Nutzungswert hat der Arbeitnehmer aber auf Grund des mit § 8 Abs. 2 Satz 2 EStG
verfolgten Vereinfachungszweck hinzunehmen.
Schließlich wird der Entlohnungscharakter auch nicht durch ein überwiegend
betriebliches Interesse widerlegt, weil die Fahrzeuge auch Werbe- und
Akquisitionszwecken dienen. Der Senat verkennt nicht, dass der Umbau der
Firmenfahrzeuge für den Betrieb mit Flüssiggas auch mit dem Ziel erfolgte, den Absatz
an Autogas zu fördern. Jedoch stellt die Überlassung der Kfz -wie dargelegt- Arbeitlohn
dar. Der in der Überlassung der Pkw liegende Entlohnungscharakter kann nicht mit der
Begründung abgesprochen werden, dass mit dem Fahren mit Flüssiggas eine
Werbewirkung verbunden sei und dadurch insbesondere auch die Glaubwürdigkeit der
eigenen Werbeaussagen gewährleistet werde. Dieser Umstand tritt gegenüber den für
die Entlohnung sprechenden Umständen, das überlassene Fahrzeug kostenlos privat
nutzen zu dürfen, in den Hintergrund. Dies gilt im Streitfall erst recht, weil sich die
überlassenen Firmenfahrzeuge -mit Ausnahme der relativ unauffälligen
Werbeaufkleber- äußerlich nicht von gasbetriebenen Fahrzeugen und Fahrzeugen mit
anderer Antriebsart unterscheiden. Die überlassenen Fahrzeuge lassen keine
betriebsspezifische Herrichtung erkennen.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.
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Die Revisionszulassung beruht auf § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO (Fortbildung des Rechts).
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Auf den Antrag zur 2. war angesichts der Kostenentscheidung nicht mehr einzugehen.
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