Urteil des FG Münster vom 09.10.2002

FG Münster (Berechnung der Steuer, Einkünfte, Bestätigung, Versicherungsgesellschaft, Form, Steuerfestsetzung, Liebhaberei, Beschränkung, Eigenkapital, Gehalt)

Datum:
Gericht:
Spruchkörper:
Entscheidungsart:
Tenor:
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Aktenzeichen:
Finanzgericht Münster, 8 K 5167/01 E
09.10.2002
Finanzgericht Münster
8. Senat
Urteil
8 K 5167/01 E
Der Bescheid vom 29.06.2001 über die Ablehnung der Änderung des
Einkommensteuerbescheides 1999 und die Einspruchsentscheidung
vom 21.08.2001 werden aufgehoben. Der Beklagte wird verpflichtet, den
Einkommensteuerbescheid für 1999 vom 16.01.2001 in der Fassung des
Änderungsbescheides vom 31.01.2001 in der Weise zu ändern, dass
wei-tere 12.749,00 DM als Werbungskosten bei den sonstigen Einkünften
gemäß § 22 EStG zu berücksichtigen sind. Die Berechnung der Steuer
wird dem Beklagten übertragen.
Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.
Das Urteil ist wegen der Kostenentscheidung ohne Sicherheitsleistung
vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Si-
cherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des
Kostenerstattungsanspruches der Kläger abwenden, soweit nicht die
Kläger zuvor Sicherheit in derselben Höhe leisten.
T a t b e s t a n d :
Zu entscheiden ist verfahrensrechtlich, ob eine Steuerfestsetzung, die hinsichtlich
bestimmter Punkte vorläufig ergangen ist und im Übrigen aber bestandskräftig geworden
ist, zu ändern ist und materiellrechtlich, ob und in welcher Höhe als
Kreditvermittlungskosten bezeichnete Aufwendungen vorweggenommene
Werbungskosten einer Rente sind. Die Kläger sind unbeschränkt steuerpflichtig und
werden gemeinsam zur Einkommensteuer veranlagt. Im Streitjahr (1999) schlossen sie
Verträge über eine so genannte "Kombi-Rente". Dafür war an die
Versicherungsgesellschaft eine Einmalzahlung in Höhe von 285.000,00 DM zu zahlen.
Diese wurde über ein bei einer Bank aufgenommenes Darlehen mit einem Nennwert von
318.739,00 DM finanziert. Unter Berücksichtigung eines Disagios in Höhe von 31.873,00
DM kamen 286.866,00 DM zur Auszahlung. Ferner fiel eine Vermittlungsgebühr in Höhe
von 19.124,00 DM an. Die Rente und die Finanzierung wurden über die Firma T vermittelt,
die auch die streitige Vermittlungsgebühr erhielt. Nach einer schriftlichen Bestätigung der T
fällt diese Vermittlungsgebühr nur an, wenn vom Steuerpflichtigen eine Finanzierung in
Form eines Kredites gewünscht wird, nicht dagegen, wenn Eigenkapital eingesetzt wird.
Provisionen für die Vermittlung der Versicherung werden von der
Versicherungsgesellschaft direkt an die T gezahlt. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf
die Bestätigung vom 01.07.2002 verwiesen. In der Einkommensteuererklärung für 1999
machten die Kläger im Rahmen sonstiger Einkünfte (Leibrenten) allein die
Vermittlungsgebühren in Höhe von 19.124,00 DM (= 6 % des Darlehnsbetrages) als
Werbungskosten geltend. Hierzu waren zwei Unterlagen eingereicht worden, und zwar
eine Berechnung der T , überschrieben mit "Nachweis und Ermittlung der
Gewinnerzielungsabsicht der Kombi-Rente" sowie eine Kopie des
Kreditvermittlungsvertrages mit der T . Wegen der Einzelheiten wird auf diese Unterlagen
verwiesen. Der Beklagte entsprach diesem Begehren nicht. Im Wesentlichen unter Hinweis
darauf, dass Modellanbieter nicht nur die Finanzierung vermittelten, sondern auch
Versicherungsabschlüsse, beschränkte er den Werbungskostenabzug auf 6.375,00 DM (=
2 % des Darlehensbetrages). Dementsprechend wurde die Einkommensteuer für 1999 mit
Bescheid vom 16.01.2001 anderweitig festgesetzt. Diese Festsetzung erging gemäß § 165
Abs. 1 AO vorläufig hinsichtlich der "Überschussabsicht aus sonstigen Einkünften gemäß §
22 EStG" und hinsichtlich der "Anwendung des § 32 c EStG", ansonsten aber endgültig.
Ferner wurden in den Erläuterungen zu dieser Einkommensteuerfestsetzung zur Prüfung
der Überschusserzielungsabsicht vier näher bezeichnete Unterlagen angefordert. Wegen
weiterer Einzelheiten wird auf die Angaben zur Einkommensteuererklärung 1999 und den
Festsetzungsbescheid vom 16.01.2001 Bezug genommen. Diese
Einkommensteuerfestsetzung wurde bestandskräftig. Nach Einreichung der Unterlagen zur
Prüfung der Überschusserzielungsabsicht (13.02.2001) beantragten die Kläger schließlich
mit Schreiben vom 07.06.2001, die sonstigen Einkünfte des Klägers in der Weise zu
korrigieren, dass die Vermittlungsprovision in voller Höhe (19.124,00 DM) steuermindernd
berücksichtigt wird - das entspricht einem weiteren Werbungskostenabzug in Höhe von
12.749,00 DM. Der Beklagte lehnte diesen Änderungsantrag mit Bescheid vom 29.06.2001
ab. Das hiergegen gerichtete Einspruchsverfahren war erfolglos (Einspruchsentscheidung
vom 21.08.2001). Im Rahmen der sich anschließenden Klage berücksichtigte der Beklagte
unter Hinweis auf die Änderungsvorschrift des § 165 Abs. 2 AO weitere, erstmalig geltend
gemachte vorweggenommene Werbungskosten in Höhe von insgesamt 31.923,00 DM (=
Disagio von 31.873,00 DM + Kontokosten von 50 DM) bei den sonstigen Einkünften des
Klägers durch Änderungsbescheid vom 31.01.2002, der gemäß § 68 FGO Gegenstand des
Verfahrens ist. Dieser Bescheid ist hinsichtlich der Punkte "Überschusserzielungsbsicht"
und "Anwendung des § 32 c EStG" weiterhin gemäß § 165 Abs. 1 AO vorläufig. Die Kläger
tragen zur Begründung ihres nach der mündlichen Verhandlung verbliebenenen
Begehrens zur Berücksichtigung der vollen Kreditvermittlungsgebühr von 19.124,00 DM im
Wesentlichen Folgendes: Diese Kreditvermittlungsgebühr sei zuUnrecht nur mit 1/3 (=
6.375,00 = 2 % der Darlehenssumme von 318.739,00 DM) als Werbungskosten
berücksichtigt. Sie sei in voller Höhe abzugsfähig, weil es sich um übliche
Finanzierungsnebenkosten für die Rente handele. In diesem Betrag seien keine Gebühren
für die Vermittlung von Versicherungsverträgen, also der Rentenversicherung und
gegebenenfalls einer Risikolebensversicherung enthalten. Für die Vermittlung der
Rentenversicherung müsse der Versicherte keine Gebühren an die T zahlen. Diese erhalte
vielmehr von der Versicherungsgesellschaft die marktüblichen Provisionen in Höhe von 4,5
% der Einmalprämie bzw. der Prämien für die Risikolebensversicherung. Soweit als
Darlehenstilgungsersatz ein Fondssparvertrag abgeschlossen werde, werde auch insoweit
von der Fondsgesellschaft an die T die marktübliche Provision gezahlt. Werde keine
Fremdfinanzierung vorgenommen, sondern der Einmalbetrag aus Eigenvermögen direkt
geleistet, falle auch keine Kreditvermittlungsgebühr an. Gleichwohl würden von den
genannten anderen Gesellschaften (Versicherungsgesellschaft bzw. Fondsgesellschaft)
Gebühren an die T gezahlt. Das ergebe sich aus einer schriftlichen Bestätigung der T vom
01.07.2002. Mit Ausnahme der Kreditbewilligung und der Kreditauszahlung obliegen der T
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die volle Kreditbetreuung, insbesondere auch die Bonitätsprüfung. Bei dem vorliegenden
Modell gebe es nach Kenntnis des Bevollmächtigten des Klägers auch Fälle, in denen
keine Kreditfinanzierung erfolgt sei, sondern Eigenkapital eingesetzt worden sei. Hier sei
dann auch keine Vermittlungsgebühr berechnet worden. Damit stehe fest, dass in den
19.124,00 DM keine Anteile enthalten seien, die als Anschaffungsnebenkosten des
Rentenstammrechtes eingeordnet werden könnten. Dieser Sachverhalt müsse auch
formalrechtlich berücksichtigt werden, weil trotz der Verwendung der Worte
"Überschusserzielungsabsicht aus sonstigen Einkünften gemäß § 22 EStG" der
Vorläufigkeitsvermerk nach § 165 Abs. 1 AO mit Rücksicht auf die angeforderten weiteren
Unterlagen die sonstigen Einkünfte in vollem Umfang betreffe. Wegen weiterer
Einzelheiten wird auf die Schriftsätze vom 13.09.2001, 30.01.2001, 18.03.2002,
03.05.2002, 04.07.2002 und 03.09.2002 verwiesen. Die Kläger beantragen, den Bescheid
vom 29.06.2001 über die Ablehnung der Änderung des Einkommensteuerbescheides 1999
und die Einspruchsentscheidung vom 21.08.2001 aufzuheben sowie den Beklagten zu
verpflichten, den Bescheid vom 16.01.2001 in der Fassung des Änderungsbescheides vom
31.01.2001 in der Weise zu ändern, dass weitere 12.749,00 DM als Werbungskosten bei
den sonstigen Einkünften gemäß § 22 EStG anzusetzen sind sowie die Hinzuziehung
eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären. Der Beklagte
beantragt, die Klage abzuweisen. Der Beklagte sieht zwar mit Rücksicht auf den BFH-
Beschluss vom 22. Dezember 1987 (IV B 174/87, BFHE 152, 43, BStBl. II 1988, 234), der
sich mit einer Vorläufigkeitserklärung wegen Liebhaberei beschäftigt, die angefochtene
Festsetzung insgesamt hinsichtlich der sonstigen Einkünfte des Klägers formalrechtlich
grundsätzlich nach § 165 Abs. 2 AO als änderbar an. Er meint aber, eine Änderung komme
aus materiellrechtlichen Gründen nicht in Betracht. An der Beschränkung der
Kreditvermittlungskosten auf 2 % der Darlehenssumme müsse festgehalten werden. Zwar
seien 19.124,00 DM auch von der T als Kreditvermittlungsgebühren bezeichnet worden.
Auch sei es grundsätzlich möglich, dass bei der vorliegenden Konzeption des
Rentenmodelles Finanzierungskosten und Finanzierungsnebenkosten als
Werbungskosten abzugsfähig seien. Dennoch müsse die Beschränkung auf zwei Prozent
der Kreditsumme hier erfolgen, weil nicht die Bezeichnung des Entgeltes durch die
Vertragsparteien maßgebend sei, sondern der tatsächliche wirtschaftliche Gehalt dieser
Leistung. Abzugrenzen sei dabei zwischen einem Finanzierungsanteil und einem Anteil als
Anschaffungsnebenkosten des Rentenrechtes. Die inhaltliche Richtigkeit der Angaben in
der schriftlichen Bestätigung vom 01.07.2002 werde zwar nicht bestritten. Gleichwohl
hätten die Kläger aber nicht nachgewiesen, dass in den 19.124,00 DM ausschließlich
Gebühren für eine Finanzierungsvermittlung tatsächlich enthalten seien. Der Umstand,
dass die T für die vermittelten Abschlüsse auch von anderen Gesellschaften entlohnt
werde, ändere nichts daran, dass den Klägern von der T ein "Gesamtpaket" an Leistungen
angeboten worden sei. Die Leistung habe nicht nur in der Kreditvermittlung bestanden, so
dass auch das von den Klägern gezahlte Entgelt anteilsmäßig allen Leistungen
zuzuordnen sei. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Schriftsätze des Beklagten vom
14.01. und 14.08.2002 Bezug genommen. Im Übrigen wird auf die Steuererklärung, die
Steuerbescheide, den Ablehnungsbescheid vom 29.06.2001, die Einspruchsentscheidung
vom 21.08.2001 sowie auf die im obigen Tatbestand genannten weiteren Schreiben und
Unterlagen sowie auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 09.10.2002
verwiesen.
1.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
Die Klage ist begründet.
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Die Kläger sind in ihren Rechten verletzt (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO), denn die
Kreditvermittlungsgebühren wurden nicht in voller Höhe als vorweggenommene
Werbungskosten bei den sonstigen Einkünften des Klägers aus § 22 EStG berücksichtigt,
obwohl diese Gebühren erkennbar nur bei tatsächlicher Kreditvermittlung anfielen.
Gemäß § 165 Abs. 2 AO kann die Finanzbehörde eine Steuerfestsetzung ändern, sobald
sie eine Steuer vorläufig festgesetzt hat; sie ist zu ändern, wenn die Ungewissheit beseitigt
ist, deretwegen die Vorläufigkeitserklärung erfolgt war - nur diese Änderungsvorschrift
kommt hier angesichts der bestandskräftigen Erstfestsetzung vom 16.01.2001 in Betracht;
eine Änderung nach § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO scheidet wegen der bei der Erstveranlagung
bereits vorliegenden schriftlichen Unterlagen über Grund und Höhe der Vermittlungsgebühr
mangels neuer Tatsachen aus. Diese Änderungsvoraussetzungen nach § 165 Abs. 2 AO
sind im Streitfall auch erfüllt. Zwar ist in Bezug auf die hier betroffenen sonstigen Einkünfte
des Klägers nach § 22 EStG nach dem Wortlaut eine Vorläufigkeit nur zur Frage der
Einkunftserzielungsabsicht angeordnet. Mit den Beteiligten sieht der Senat aber dadurch
eine Änderbarkeit nach § 165 Abs. 2 AO hinsichtlich der gesamten Einkünfte aus § 22
EStG als gegeben an.
Die Frage, in welchem Umfang eine Vorläufigkeit angeordnet ist, und damit die Frage, in
welchem Umfang eine Änderbarkeit gegeben ist, ist durch Auslegung zu bestimmen. Sie
richtet sich nach dem objektiven, aus Empfängersicht zu beurteilenden Erklärungswert der
Vorläufigkeitsbestimmung. Begründung und Erläuterungen sind zu berücksichtigen (BFH-
Urteile vom 2. April 1997, X R 21/94, BFH/NV 1997, 547, vom 30. Juni 1994, V R 106/91,
BFH/NV 1995, 466, vom 23. September 1992, X R 10/92, BFHE 169, 331, BStBl. II 1993,
338 und vom 6. März 1992, III R 47/91, BFHE 167, 290, BStBl. II 1992, 588). Speziell für
eine Vorläufigkeitserklärung, die im Zusammenhang mit der Frage steht, ob überhaupt eine
einkunftsrelevante Tätigkeit vorliegt oder ob Liebhaberei gegeben ist, hat der
Bundesfinanzhof in seinem Beschluss vom 22. Dezember 1987 (IV B 174/86, BFHE 152,
43, BStBl. II 1988, 234) besonders hervorgehoben, dass diese "Abgrenzung vom Vorliegen
einer Gewinnerzielungsabsicht (im Sinne der Erzielung eines Totalgewinnes) abhängig" ist
und daher "eine in die Zukunft gerichtete langfristige Beurteilung" erforderlich ist. Da sich
der Totalgewinn aus den jährlichen, teilweise prognostizierten Einnahmen und Ausgaben
errechnet und diese Einkunftsentwicklung auch Einfluss auf die Frage der
Einkunftserzielungsabsicht haben kann, erstreckt sich die Vorläufigkeit und damit die
Änderbarkeit der Steuerfestsetzung u. a. auch auf die mit diesen Einkünften im
Zusammenhang stehenden Ausgaben/Werbungskosten. Wegen des im Streitfall in den
Erläuterungen des Bescheides zur Prüfung der Einkunftserzielungsabsicht angeforderten
Darlehensvertrages kommt noch hinzu, dass sich dadurch aus Sicht der Kläger die
Vorläufigkeit auch auf die mit diesem Darlehensvertrag zusammenhängenden
Ausgaben/Werbungskosten beziehen konnte. Werden aber Werbungskosten durch die
Vorläufigkeit erfasst, besteht eine Verpflichtung der Finanzbehörde, diese zu ändern, wenn
über deren Höhe Klarheit hergestellt wird. So ist es auch im Streitfall.
Gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 und 2 EStG i. V. m. § 22 Nr. 1 EStG sind u. a. Aufwendungen zur
Erwerbung, Sicherung und Erhaltung von Einnahmen aus Leibrenten als Werbungskosten
steuermindernd zu berücksichtigen. Das gilt auch für Aufwendungen, die, wie im Streitfall,
vorab, also vor Beginn der Rentenzahlung anfallen (BFH-Beschluss vom 14. Juni 2000, X
B 38/00, BFH/NV 2001, 41). Hierzu zählen auch Kosten, die der Refinanzierung einer
Einmalzahlung für einen Rentenversicherungsbeitrag dienen (BFH-Urteile vom 15.
Dezember 1999, X R 23/95, BFHE 190, 460, BStBl. II 2000, 267 und vom 9. Mai 2000, VIII
R 77/97, BFHE 192, 445, BStBl. II 2000, 660). Als Renteneinkünfte aus § 22 Nr. 1 EStG
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werden Erträge besteuert, die aus einem Rentenstammrecht fließen. Während die mit dem
Ertragsanteil zu erfassenen Rentenzahlungen die steuerlich erhebliche Einkunftsebene
betreffen, wird das Rentenstammrecht der nicht steuerbaren Vermögensebene zugeordnet.
Während Aufwendungen, die den Ertrag betreffen, sofort abzugsfähige Aufwendungen
sind, können Aufwendungen auf das Stammrecht nicht - auch nicht anteilig - als
Werbungskosten abgezogen werden. Daraus folgt, dass Vermittlungsgebühren, die mit
dem Stammrecht unmittelbar in Verbindung stehen, im Gegensatz zu Finanzierungskosten
einschließlich eventueller Finanzierungsvermittlungsgebühren, die die laufenden Einkünfte
betreffen, keine Werbungskosten darstellen. Welchem Bereich eine Vermittlungsgebühr
ganz oder teilweise zuzuordnen ist, entscheidet sich nach den Umständen des Einzelfalles.
Die schlichte rechnungsmäßige Bezeichnung als Finanzierungskosten oder
Kreditvermittlungsgebühren ist dabei nicht von ausschlaggebender Bedeutung.
Entscheidend ist vielmehr der tatsächliche wirtschaftliche Gehalt der in Frage stehenden
Leistung (BFH-Urteile vom 30. Oktober 2001, VIII R 29/00, BFH/NV 2002, 268 und vom 9.
Mai 2000, BFHE 192, 445, BStBl. II 2000, 660).
Im Streitfall sind die streitigen Finanzierungsvermittlungskosten von 19.124,00 DM aus dem
Vertrag vom 01.12.1999 im vollen Umfang dem Einkunftsbereich zuzuordnen, denn sie
sind ausschließlich im Zusammenhang mit der Kreditvermittlung für die Refinanzierung der
Einmalzahlung angefallen. Entgegen der Auffassung des Beklagten enthalten sie keine
Anteile in Form verdeckter Zahlungen zum Erwerb des Rentenstammrechtes
(Vermögensebene). Das ergibt sich aus den Angaben in der Bestätigung der T vom
01.07.2002, gegen die keine Bedenken bestehen. Nach dem Inhalt dieser Bestätigung,
dessen Richtigkeit auch vom Beklagten nicht bestritten wird, fällt die streitige
Vermittlungsgebühr nur an, wenn tatsächlich eine Kreditvermittlung erfolgt. Steuerpflichtige,
die die Einmalzahlung aus eigenen Mitteln erbringen, zahlen diese Gebühr nicht. Diese
Beurteilung wird durch die Tatsache bestätigt, dass die T ihrerseits von dem
Rentenversicherer, also nicht direkt vom Steuerpflichtigen (= Versicherungsnehmer)
Vermittlungsprovisionen erhält. Versicherungsbezogene Leistungen sind daher auf diese
Weise abgedeckt. Damit kann dem Grunde nach kein Teil der Kreditvermittlungsgebühren
den Anschaffungskosten des Rentenstammrechtes zugerechnet werden, weil der
Steuerpflichtige die von der Versicherungsgesellschaft an die T gezahlte
Vermittlungsgebühr bereits über seinen Beitrag in Form eines Einmalbeitrages oder
laufender Versicherungsprämien als kalkulatorischen Aufwand der
Versicherungsgesellschaft bezahlt.
Wenn aber die Kreditvermittlungsgebühr dem Grunde nach keinen Aufwand für das
Rentenstammrecht (Vermögensebene des Klägers) darstellt, verbleibt die alleinige
Zuordnung dieser Kosten zur Einkunftsebene des Klägers. Die Vermittlungsgebühr zählt
daher nicht nur anteilig - zu 1/3, wie der Beklagte meint - sondern in vollem Umfang zu den
Werbungskosten bei den Einkünften des Klägers aus § 22 Nr. 1 EStG (Leibrente).
Die Übertragung der Berechnung der Steuer folgt aus § 100 Abs. 2 Satz 2 FGO.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 135 Abs. 1 FGO.
Die Entscheidung zur Vollstreckbarkeit beruht auf § 155 FGO i. V. m. § 708 Nr. 11 FGO und
§ 711 ZPO.