Urteil des FG Köln vom 11.06.2010
FG Köln (kläger, unternehmen, wirtschaftliche tätigkeit, berufliche tätigkeit, leistung, höhe, tätigkeit, eugh, umsatzsteuer, entgelt)
Finanzgericht Köln, 15 K 1571/07
Datum:
11.06.2010
Gericht:
Finanzgericht Köln
Spruchkörper:
15. Senat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
15 K 1571/07
Tenor:
Die angefochtenen Umsatzsteuerbescheide 2001 bis 2003 jeweils vom
06.03.2006 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 29.03.2007
werden auf-gehoben.
Unter Änderung des angefochtenen Umsatzsteuerbescheids 2004 vom
06.03.2006 und 2005 vom 09.11.2006 jeweils in Gestalt der
Einspruchsentscheidung vom 29.03.2007 wird die Umsatzsteuer 2004
erklärungsgemäß auf 780,52 € und die Umsatzsteuer 2005
erklärungsgemäß auf ./. 75.591,06 € herabgesetzt.
Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.
Das Urteil ist wegen der Kosten ohne Sicherheitsleistung vorläufig
vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch
Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des
Kostenerstattungsanspruchs des Klägers abwenden, soweit nicht der
Kläger zuvor Sicherheit in derselben Höhe leistet.
Tatbestand
1
Zwischen den Beteiligten sind die Unternehmereigenschaft des Klägers sowie die
daraus resultierende Berechtigung zum Vorsteuerabzug streitig.
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Der Kläger ist ein eingetragener Verein mit Sitz in N, welcher mit Satzung vom
14.12.2000 errichtet und am 06.09.2001 im Vereinsregister des Amtsgerichts N - VR ... -
eingetragen wurde (Gründungssatzung, Bl. 239 ff. d. FG-Akten). Der Kläger verfolgt
keine steuerbegünstigten Zwecke i.S.d. §§ 51 ff. der Abgabenordnung - AO -. Laut
Nummer 3 der Gründungssatzung ..., Zweck des Vereins. Außerdem zählt zum
Vereinsgegenstand die Verbreitung und Förderung der Anwendung dieses Standards,
um dem gemeinsamen Anliegen der Mitglieder zu genügen, die Klassifikation als
internationalen Standard zu etablieren. Ziel des Vereins ist es, die K in der Art zu
erstellen, dass sie zum standardisierten Datentransfer zwischen verschiedenen Firmen
und Anwendungssystemen geeignet sind und dadurch die kommunikativen Prozesse
erheblich vereinfachen. Daher sollten die Ergebnisse allen interessierten Mitgliedern
und Dritten gemäß der Gründungssatzung kostenlos offengelegt werden. Nach Bedarf
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sollte der Kläger kostenpflichtige Schulungen anbieten. Dem Verein konnten
unabhängig von ihrer Rechtsform Unternehmen und Verbände als Mitglieder angehören
(Nummer 4.1 der Gründungssatzung). Darüber hinaus war eine sog. B-Mitgliedschaft für
Unternehmen eines Konzerns vorgesehen, bei denen bereits eine Konzerngesellschaft
Mitglied des Vereins war. Diese Mitgliedschaft gewährt jedoch nur Anwesenheits-,
Informations- und Rederechte (Nummer 4.5 der Gründungssatzung). Organe des
Klägers waren die Mitgliederversammlung und der Vorstand. Die
Mitgliederversammlung war u.a. befugt Fachbeiräte einzurichten. Der Kläger finanzierte
sich aus den Beiträgen der Mitglieder und den Einnahmen des Fachbeirats. Neben
einer Einmalzahlung von 75.000 € war ein Jahresbetrag von 25.000 € fällig, mit
Ausnahme der sog. B-Mitglieder, die lediglich einen Beitrag von 1 € zu leisten hatten
(Nummer 8.1 und 8.5 der Gründungssatzung). Die Einnahmen aus dem Fachbeirat
betragen je Vertragspartner einmalig 10.000 € und laufend jährlich 5.000 €. Der Kläger
zählte elf Gründungsmitglieder.
Auf der Mitgliederversammlung vom 03.12.2001 wurde die Gründungssatzung des
Klägers u.a. dahin gehend abgeändert, dass die sog. B-Mitgliedschaft ersatzlos
gestrichen wurde und der einmalige Beitrittsbeitrag auf 25.000 € herabgesetzt wurde.
Weitere Satzungsänderungen wurden auf den Mitgliederversammlungen am 27.06.2004
und am 27.04.2005 vorgenommen. Letztere enthielt eine Neustrukturierung der
Mitgliedschaften. Diese unterteilten sich nunmehr in ordentliche und Fördermitglieder (§
3 der geänderten Satzung). Die Fördermitgliedschaft diente dazu, den Mitgliedern
Gelegenheit zu geben, die Arbeit des Vereins kennen zu lernen, diesen finanziell und
fachlich zu fördern und auf der Basis eines reduzierten Beitrags sachdienliche
Informationen zum Thema Klassifizierung, Normung u.s.w. zu erhalten. Die finanzielle
Ausstattung des Vereins speiste sich nunmehr aus Spenden, Mitgliedsbeiträgen und
vergütungspflichtigen sonstigen Leistungen des Vereins, wie etwa Schulungen. Neben
der Mitgliederversammlung und dem Vorstand trat der Lenkungsausschuss als Organ
des Klägers. Als ständige Gremien wurden der Wissenschaftliche Beirat und der
Fachbeirat eingerichtet. Die Beiträge staffelten sich nach einer auf ordentliche
Mitglieder, Fördermitglieder und Mitglieder des Lenkungsausschusses abgestuften
Beitragsordnung.
4
Der Kläger schloss mit dem G GmbH (im Folgenden: G GmbH) mit Datum vom
16.12.2004 einen Geschäftsbesorgungsvertrag, in dem sich die G GmbH verpflichtete,
für den Kläger sämtliche organisatorischen, administrativen und sonstigen im
Zusammenhang mit der Klassifizierungssystem K anfallenden Tätigkeiten zu
übernehmen (s. Bl. 54 ff. d. FG-Akte). Hierzu richtete die G GmbH auf Kosten des
Klägers eine Geschäftsstelle ein. Für diese Arbeiten stellte die G GmbH dem Kläger
quartalsweise eine Rechnung, in der sie die Umsatzsteuer offen auswies (beispielhaft
bereits die Rechnung vom 18.12.2001, Bl. 98 d. FG-Akte).
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Für die Streitjahre 2001 bis 2004 wies der Kläger in seinen
Umsatzsteuerjahreserklärungen als steuerpflichtige Umsätze zum Regelsteuersatz von
16 % auch die Beiträge seiner Mitglieder aus (beispielhafte Rechnung vom 17.01.2002
an P AG, Bl. 99 d. FG-Akte). Die erklärten Umsätze setzten sich wie folgt zusammen:
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gesamter erklärter Umsatz
davon Mitgliedsbeiträge
2001
500.148 €
500.000 €
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2002
655.933 €
610.000 €
2003
370.000 €
370.000 €
2004
455.000 €
455.000 €
Dem standen – der Höhe nach unstreitige - Vorsteuerbeträge gegenüber, die zu einem
wesentlichen Teil aus den Rechnungen der G GmbH resultierten:
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erklärte Vorsteuern
2001
79.326,38 €
2002
103.535,71 €
2003
53.678,43 €
2004
72.019,48 €
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Datierend vom 15.10.2004 beantragte der Kläger beim Bundesministeriums für
Wirtschaft und Arbeit (im Folgenden: BMWA) eine Bundeszuwendung in Höhe von
1.500.000 € für Gesamtausgaben im Zeitraum 01.10.2004 bis 31.12.2007 in Höhe von
1.579.955 €. Im Rahmen der Vorhabenbeschreibung schilderte der Kläger beim Punkt
"Ergebnisverwendung", dass die Klassifikation als "öffentliches Gut" der Wirtschaft
kostenlos zur Verfügung gestellt werde. Dadurch werde gewährleistet, dass alle
Unternehmen sämtliche Ergebnisse kostenlos nutzen könnten und globale
Marktchancen wahrgenommen werden könnten. Zudem gab der Kläger im Antrag an,
zum Vorsteuerabzug berechtigt zu sein, so dass im Gesamtfinanzierungsplan keine
Umsatzsteuer enthalten sei.
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Mit Bescheid vom 07.12.2004 erhielt der Kläger für den beantragten Zeitraum als
Förderung des Projekts "Schaffung und Nutzung globaler Marktchancen für die
deutsche Wirtschaft, insbesondere für kleinere und mittlere Unternehmen, durch den
Ausbau, die Verbreitung und die betriebliche Nutzung des Standards K" zur Deckung
des Fehlbetrags durch das BMWA eine nicht rückzahlbare Zuwendung bis zu 1.497.455
€ zugeteilt. Die zweckgebundene Zuwendung durfte nur für die im Bewilligungszeitraum
notwendigen und entstanden Aufwendungen für das Projekt abgerechnet werden. Nicht
zu den zuwendungsfähigen Ausgaben zählten Vorsteuerbeträge, soweit sie von der
Umsatzsteuer abgesetzt werden könnten. Des Weiteren verpflichtete sich der Kläger
nach Nummer 5 der Nebenbestimmungen "auch in Zukunft den Klassifikationsstandard
K allen Nutzern/Anwendern kostenlos und lizenzfrei zur Verfügung zu stellen." Im
Übrigen wird auf den Bewilligungsbescheid Bezug genommen (Bl. 109 ff. d. FG-Akte).
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In der Zwischenzeit hatte der Kläger mit Schreiben vom 25.11.2004 einen Antrag auf
eine verbindliche Auskunft zu den Rechtsfragen, ob erstens die vom BMWA zu
gewährenden Zuwendungen auf Ausgabenbasis nicht umsatzsteuerbare echte
Zuschüsse darstellen und zweitens die von umsatzsteuerlichen Unternehmen für
Leistungen an den Kläger in Rechnung gestellten Vorsteuerbeträge gemäß § 15 des
Umsatzsteuergesetzes – UStG – abgezogen werden können, gestellt. Der Beklagte
lehnte den Antrag mit Datum vom 22.12.2004 ab, da der zu beurteilende Sachverhalt
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lehnte den Antrag mit Datum vom 22.12.2004 ab, da der zu beurteilende Sachverhalt
ganz oder teilweise bereits verwirklicht worden sei. Im Rahmen des gegen die
Ablehnung geführten Einspruchsverfahrens führte der Beklagte weiter aus, dass eine
abschließende Entscheidung, ob die Zuwendungen des BMWA als nicht steuerbarer
echter Zuschuss angesehen werden könne, von den zugrunde liegenden
Vereinbarungen abhänge. Nach den Schilderungen im Antrag könne davon
ausgegangen werden. Der Beklagte verwies auf Abschnitt 150 Absätze 1, 7 und 8 der
Umsatzsteuerrichtlinien 2005 – UStR 2005 –. Die Mitgliedsbeiträge seien nach
Abschnitt 4 UStR 2005 zu beurteilen. Danach lägen beim Kläger echte
Mitgliedsbeiträge vor, die als nichtsteuerbar einzustufen seien. Der Kläger sei mit der
Erfüllung des satzungsmäßigen Vereinszwecks nichtunternehmerisch tätig, da keine
nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen ausgeführt werden würde.
Demzufolge könnten gemäß § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG die Vorsteuern, die im
Zusammenhang mit der Erfüllung des satzungsmäßigen Zwecks stünden, nicht
abgezogen werden. Lediglich soweit Vorsteuern auf steuerpflichtige Umsätze aus
Banner- und Bucherlösen entfielen, könne – bei entsprechendem Nachweis – ein
Vorsteuerabzug gewährt werden. Die Umsatzsteuern, die auf die als steuerpflichtig
erklärten Mitgliedsbeiträgen entfielen, schulde der Kläger nach § 14 Abs. 3 UStG a.F.
bzw. § 14 Abs. 2 UStG n.F.
Mit Bescheiden vom 06.03.2006 änderte der Beklagte, seiner zuvor dargelegten
Rechtsansicht folgend, die Umsatzsteuerfestsetzungen 2001 bis 2003 gemäß § 164
Abs. 2 der Abgabenordnung – AO –, und setzte erstmals die Umsatzsteuer 2004 unter
dem Vorbehalt der Nachprüfung fest, wogegen der Kläger jeweils fristgerecht
Einsprüche einlegte. Ebenso legte er zeitgleich Einspruch gegen die
Umsatzsteuervorauszahlungsbescheide 2005 des I. Quartals und der Monate April bis
Dezember 2005 ein. Mit Bescheid vom 09.11.2006 erließ der Beklagte unter
Beibehaltung seiner o.g. Rechtsauffassung den Umsatzsteuerjahresbescheid 2005.
Darin kürzte er die steuerpflichtigen Umsätze um die Mitgliedsbeiträge in Höhe von
428.000 € auf verbleibende 2.467 € und strich die geltend gemachten Vorsteuern von
144.465,91 €, wie in den Vorjahren, in voller Höhe. Den aus den Mitgliedsbeiträgen
unberechtigt ausgewiesen Umsatzsteuerbetrag forderte er - ebenfalls wie in den
Vorjahren - gemäß § 14c UStG entsprechend nach.
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Zur Begründung seiner Einsprüche verweist der Kläger zunächst auf die
Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom 21.03.2002 – Kennemer
Golf & Country Club (C-174/00, UR 2002, 320) und vom 12.01.2006 – Turn- und
Sportunion Waldburg (C-246/04, Slg 2006, I-589). Danach seien Mitgliedsbeiträge
grundsätzlich steuerbare Entgelte für die Inanspruchnahme der Leistungen eines
Vereins durch seine Mitglieder. Dies sei selbst dann der Fall, wenn die
Vereinsmitglieder, die die Einrichtung des Vereins gar nicht oder nicht regelmäßig
nutzten, verpflichtet seien, ihren Jahresbeitrag zu entrichten. Denn auch ein pauschaler
Jahresbeitrag könne Entgelt für die Leistung eines Vereins sein, der seinen Mitgliedern
vereinseigene Anlagen zur Verfügung stelle. Anderenfalls könne jeder Unternehmer die
Umsatzsteuer praktisch durch Vereinbarung von Pauschalpreisen umgehen. Die
unentgeltliche Nutzung der Warenklassifikationen spreche nicht gegen seine - des
Klägers - Unternehmereigenschaft. Für die Eigenschaft als Unternehmer sei es
unschädlich, wenn ein Liefergegenstand oder eine sonstige Leistung in einem
bestimmten Zeitraum unentgeltlich in der Absicht überlassen werde, den potentiellen
Leistungsempfänger als Abnehmer zu gewinnen. Ein Unternehmen sei durch die
"wirtschaftliche Tätigkeit" i.S. des Art. 4 der damals geltenden 6. EG-Richtlinie geprägt.
Diese Tätigkeiten könnten mehrere zeitlich aufeinander folgende Handlungen
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umfassen. Insoweit werde auf das Schreiben des BMF vom 28.03.2006 (IV A 5 – S 7304
– 11/06) hingewiesen. Dies sei hier der Fall. Er, der Kläger, habe die Aufwendungen in
der festen Absicht getätigt, die bezogenen Leistungen unternehmerisch zu nutzen. Es
sei von Anfang an geplant gewesen, dass er auch über die Mitgliedsbeiträge
hinausgehende Einnahmen erziele. Er habe bereits damit begonnen, gewisse
Leistungen, wie Beratungen durch seine Geschäftsstelle, Beratungen im IT-Bereich, die
Konvertierung veralteter Versionen und die Prüfung von Katalogen auf Berücksichtigung
der K-Strukturen, gegen Entgelt zu erbringen. In Zukunft sollen auch Teile der auf der
Internetplattform bereitgestellten Informationen und Verfahren nur noch gegen Entgelt
verfügbar sein. Somit könne die Anlaufphase der Tätigkeit als eine Art
Zusammenschluss seiner Mitglieder zur Deckung der Anlaufkosten für die gemeinsame
Herstellung und Bereitstellung des Produkts "Warenklassifikation" angesehen werden.
Mit Einspruchsentscheidung vom 29.03.2007 wies der Beklagte die Einsprüche als
unbegründet zurück. Die Unternehmereigenschaft des Klägers sei zu verneinen, da er
keine konkretisierbaren Dienstleistungen an seine Mitglieder erbringe. Die vom Kläger
entwickelten K-Standards kämen allen Mitgliedern und darüber hinaus dem gesamten
Wirtschaftszweig zu Gute. Nicht entscheidend sei, dass die Mitglieder aus eigenen
wirtschaftlichen Interessen dem Kläger beiträten. Dies sei für einen Verein jedoch nichts
Ungewöhnliches. Allein die Möglichkeit zur Mitarbeit im Verein und Einflussnahme auf
die Arbeit des Vereins, begründe nicht schon eine Leistung des Klägers an seine
Vereinsmitglieder. Die Vorteile, die einzelne Mitglieder aus der Beziehung zum Kläger
erzielten, spiegelten sich nicht in der Höhe ihrer Pflichtbeiträge wider. Soweit der Kläger
auf die Entscheidung des EuGH "Kennemer Golf & Country Club" verweise, könne dem
nur entnommen werden, dass eine Leistung steuerpflichtig sei, wenn zwischen dem
Leistenden – dem Kläger – und dem Leistungsempfänger – dem Mitglied – ein
Rechtsverhältnis bestehe, in dessen Rahmen gegenseitig Leistungen ausgetauscht
werden würden. Im Fall "Kennemer Golf & Country Club" habe die Leistung des Vereins
darin bestanden, seinen Mitgliedern dauerhaft Sportanlagen und damit verbundene
Vorteile zur Verfügung zu stellen. Im Übrigen vertieft der Beklagte seine Argumentation
und die damit verbunden Schlussfolgerungen aus dem Einspruchsverfahren gegen die
Ablehnung des Antrags auf eine verbindliche Auskunft.
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Gegen die Einspruchsentscheidung hat der Kläger am 23.04.2007 die vorliegende
Klage erhoben.
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Der Kläger macht zunächst geltend, dass die Vorschrift des § 2 Abs. 1 Satz 3 UStG nach
der Entscheidung des EuGH "Kennemer Golf & Country Club" richtlinienkonform
dahingehend auszulegen sei, dass es einer Unterscheidung zwischen echten und
unechten Mitgliedsbeiträgen im Sinne der Verwaltungsauffassung (Abschnitt 4 Absätze
1 und 2 UStR 2005) nicht mehr bedürfe. Die Auslegung habe sich vielmehr am Wortlaut
der Mehrwertsteuersystemrichtlinie - MwStSystRL - (Art. 2 Abs. 1 Buchst. c) zu
orientieren. Dieser Rechtsauffassung folge in jüngerer Zeit auch die finanzgerichtliche
Rechtsprechung. Im Einzelnen wird auf die Klagebegründung vom 05.06.2007 Bezug
genommen (dort Bl. 41 d. FG-Akte). Seine - des Klägers - Leistung gegenüber seinen
Mitgliedern liege darin, durch Entwicklung, Pflege und Verarbeitung des einheitlichen
Standards zur Warenklassifikation den Mitgliedern wirtschaftliche Vorteile durch eine
rationelle Verarbeitung von Beschaffungsdaten zu ermöglichen.
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Hilfsweise argumentiert der Kläger unter Zugrundelegung der derzeit vorherrschenden
Verwaltungsauffassung, dass es sich im Streitfall um sog. unechte Mitgliedsbeiträge
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handele. Seine Leistungen an seine einzelnen Mitglieder seien - entgegen der
Auffassung des Beklagten in der Einspruchsentscheidung - konkretisierbar und
individualisierbar. Zum beispielhaften Nachweis fügt er Bestätigungsschreiben zweier
Mitglieder, der R AG und der T AG, bei, auf die Bezug genommen wird (Bl. 103 ff. d. FG-
Akten), und eine Auflistung vom Nutzungseinsatz der K-Standards bei sechs weiteren
Mitgliedern (Bl. 43 f. d. FG-Akte). Die Entwicklung der K-Standards erfordere die aktive
Mithilfe der Vereinsmitglieder, die beispielsweise darin liege, dass die ...strukturen von
dem jeweiligen Mitglied in seinem Bereich durch seine Einkaufsabteilung
weiterentwickelt werden und dann – nach Abstimmung mit den jeweiligen Gremien des
Klägers – in die K-Standards übernommen werden. Dieses einem Mitglied zustehende
Recht zur Weiterentwicklung stelle den Vorteil gegenüber der reinen Nutzung der
Standards dar. Der jährliche Mitgliedsbeitrag diene daher lediglich der
Grundfinanzierung des Vereins. Der wesentliche Beitrag der Mitglieder liege jedoch in
der Bereitstellung eigener Ressourcen, der auch in der Satzung festgelegt sei. Hierzu
werde auf § 8.1 der Satzung vom 03.12.2001 verwiesen. So habe er - der Kläger - im
Jahr 2004 bei zwei neuen Mitgliedern aus der Automobilbranche auf die
Aufnahmegebühren verzichtet, da sie vorab hohe eigene Leistungen für die Entwicklung
der Standards erbracht hätten. Auch hätten einzelne Mitglieder Kosten, z.B. für
Übersetzungsarbeiten, übernommen, wenn sie ein besonderes Interesse an der
schnellen Realisierung der Arbeiten gehabt hätten. Zudem seinen die Mitgliedsbeiträge
abgestuft zwischen Mitgliedern des Lenkungsausschusses und Mitgliedern des
Fachbeirats; seit der Satzungsänderung vom 27.04.2005 differenziert sich der Beitrag
nach ordentlichen Mitgliedern im Lenkungsausschuss, sonstigen ordentlichen
Mitgliedern und Fördermitgliedern. Ein Leistungsaustausch sei nach der
Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs nicht bereits schon deshalb ausgeschlossen,
weil ein Verein die Leistung nur gegenüber seinen Mitgliedern erbringe oder damit
lediglich den satzungsmäßigen Zweck erfülle. Im Streitfall seien seine – des Klägers -
Leistung gegenüber seinen Mitgliedern insoweit unterschiedlich, als dass die
Klassifikationen nach den individuellen Bedürfnissen seiner Mitglieder weiterentwickelt
würden. Jedes Mitglied strebe mit dem Vereinsbeitritt zugleich an, Einsparungen in
seinem Unternehmen durch den sofortigen Einsatz der Warenklassifikationen zu
erreichen. Entscheidend für den Erfolg sei die weite Verbreitung der Standards, woraus
sich auch die kostenlose Bereitstellung für Dritte erkläre. Um auch mittelständischen
Unternehmen den Zugang zu den Klassifikationen und die Weiterentwicklung zu
ermöglichen, sei beim BMWA eine Bundeszuwendung beantragt worden, da die
Vereinsmitglieder nicht bereit gewesen seien, für dieses Projekt die Aufwendungen zu
übernehmen. Die Zuwendung sei für die Beurteilung seiner Unternehmereigenschaft
unschädlich, da er, der Kläger, als Zuwendungsempfänger durch die Zahlung erst in die
Lage versetzt werde, für die Projektarbeit tätig zu werden. Insbesondere sei in der
Zuwendung kein zusätzliches Entgelt zu sehen, wenn – wie im Streitfall – Förderziel die
Subvention des Zahlungsempfängers und nicht der Preise zugunsten der Abnehmer sei.
Auf die Zulässigkeit des Vorsteuerabzugs der mit den Subventionen erbrachten
Leistungen habe dies keinen Einfluss.
Der Kläger beantragt,
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die Umsatzsteuerbescheide 2001 bis 2003 jeweils in Gestalt der
Einspruchsentscheidung vom 29.03.2007 aufzuheben,
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den Umsatzsteuerbescheid 2004 vom 06.03.2006 und den Umsatzsteuerbescheid
2005 vom 09.11.2006 jeweils in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom
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29.03.2007 dahingehend abzuändern, dass die Umsatzsteuer erklärungsgemäß
herabgesetzt wird,
hilfsweise die Revision zuzulassen.
22
Der Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen,
24
hilfsweise die Revision zuzulassen.
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Unter Bezugnahme auf seine Einspruchsentscheidung führt der Beklagte zur
Begründung vertiefend aus, dass weiterhin nicht erkennbar sei, worin der konkret
bestimmbare Leistungsaustausch zwischen dem Kläger und seinen Mitgliedern liege.
Die Beiträge, die die Mitglieder zur Weiterentwicklung der Standards geleistet hätten,
hätten lediglich der Förderung und Erfüllung des Vereinszwecks und damit der
Gesamtheit aller Mitglieder gedient. An der herrschenden Verwaltungsauffassung werde
daher auch unter Berücksichtigung der EuGH-Rechtsprechung und der Entscheidung
des Bundesfinanzhofs vom 09.08.2007 (V R 27/04, BFH/NV 2007, 2213) festgehalten.
Soweit der Kläger die unterschiedliche Höhe der verschiedenen Mitgliedsbeiträge
anführe, könne daraus kein Leistungsaustausch abgeleitet werden. Denn je höher der
Mitgliedsbeitrag ausfalle, desto höher sei auch der Grad der Mitwirkungsmöglichkeiten
des jeweiligen Mitglieds zur Erfüllung des Gemeinschaftszwecks. Lediglich die Satzung
vom 03.08.2005 lasse im eingeschränktem Umfang Leistungsaustauschverhältnisse
zwischen dem Kläger und seinen Mitgliedern erkennen, soweit der Kläger
Preisnachlässe auf K-Zertifizierungen, K-Offline-Tools, Schulungen gewähre oder gar
kostenfrei Prozess- und IT-Beratung anbiete. Es sei jedoch nicht erkennbar, welche
Vorsteuerbeträge ab August 2005 auf diese Leistungen entfielen. Mangels eines
entsprechenden Zahlenwerkes könne bislang auch keine verhältnismäßige Aufteilung
im Schätzungswege vorgenommen werden. Der entgeltliche Download des K-
Standards sei erst im ... und somit außerhalb des Streitzeitraums ermöglicht worden. In
den Streitjahren war der Zugang zu den Standards hingegen - gemäß der Forderung
des BMWA - für Mitglieder und Dritte kosten- und lizenzfrei. Unstreitig sei dagegen die
Qualifizierung der Zuwendung des BMWA als echter Zuschuss.
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Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Beteiligten, die beigezogenen
Akten des Beklagten und das Protokoll der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.
27
Entscheidungsgründe
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Die Klage ist begründet.
29
I. Die angefochtenen Umsatzsteuerbescheide 2001 bis 2005 in Gestalt der
Einspruchsentscheidung vom 29.03.2007 sind rechtswidrig und verletzten den Kläger in
seinen Rechten, § 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO -. Der Beklagte
hat dem Kläger den Abzug der geltend gemachten Vorsteuerbeträge in den Streitjahren
zu Unrecht versagt, denn der Kläger war insgesamt unternehmerisch tätig.
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1. Nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des Umsatzsteuergesetzes – UStG – kann ein
Unternehmer die in Rechnungen i.S. des § 14 UStG gesondert ausgewiesene Steuer für
Lieferungen und sonstige Leistungen, die von einem anderen Unternehmer "für sein
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Unternehmen" ausgeführt worden sind, als Vorsteuerbeträge abziehen, wenn der
Vorsteuerabzug nicht ausnahmsweise nach § 15 Abs. 2 UStG ausgeschlossen ist.
Diese Voraussetzungen sind im Streitfall erfüllt, da der Kläger die Leistungen für sein
Unternehmen bezogen hat. Das Unternehmen erfasst die gesamte gewerbliche oder
berufliche Tätigkeit des Unternehmers, die dieser selbständig ausübt, § 2 Abs. 1 Sätze 1
und 2 UStG. Auch wenn eine Personenvereinigung nur gegenüber ihren Mitgliedern
nachhaltig zur Erzielung von Einnahmen tätig wird, liegt nach § 2 Abs. 1 Satz 3 UStG
eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit vor. Nach der Rechtsprechung des
Bundesfinanzhofs – der sich der erkennende Senat anschließt – wird bei
richtlinienkonformer Auslegung "zur Erzielung von Einnahmen" nur derjenige tätig, der
Leistungen gegen Entgelt erbringt oder zumindest zu erbringen beabsichtigt, § 1 Abs. 1
Nr. 1 Satz 1 UStG und Art. 9 Abs. 1 der MwStSystRL (vgl. Urteile des Bundesfinanzhof
vom 18.06.2009, V R 30/07, BFH/NV 2009, 2005 unter II.1. m.w.N.; jüngst vom
20.01.2010, XI R 13/08, BFH/NV 2010, 1137 unter II.2.b.; siehe auch Urteil des
Bundesfinanzhofs vom 19.05.1988, V R 115/83, BStBl II 1988, 916 unter II.2.a.aa.).
Somit ist für die Unternehmereigenschaft Voraussetzung, dass die Leistungen im
Rahmen eines Leistungsaustausches ausgeführt werden.
Eine Leistung gegen Entgelt und somit ein Leistungsaustausch liegt nach
zwischenzeitlich gefestigter Rechtsprechung des EuGH und des Bundesfinanzhofs vor,
wenn zwischen einer Leistung und einem erhaltenem Gegenwert ein unmittelbarer
Zusammenhang besteht und sich dieser Zusammenhang aus einem zwischen dem
Leistenden und dem Leistungsempfänger bestehenden Rechtsverhältnis ergibt, in
dessen Rahmen gegenseitige Leistungen ausgetauscht werden. Dabei bildet die
Vergütung den Gegenwert für die Leistung (vgl. Urteile des Bundesfinanzhofs vom
05.12.2007 V R 60/05, BStBl II 2009, 486 unter II.1.a. m.w.N. zur Rspr. des EuGH und
vom 29.10.2008 XI R 59/07, BFH/NV 2009, 324 unter II.1.). Für Leistungen einer
Gesellschaft an ihre Gesellschafter reicht es bereits aus, wenn die Tätigkeit der
Gesellschaft den eigenen Zwecken des Gesellschafters dient und der Gesellschafter
hierfür auf gesellschaftsrechtlicher Grundlage Aufwendungsersatz gewährt (vgl. Urteil
des Bundesfinanzhofs vom 05.12.2007 V R 60/05, BStBl II 2009, 486 unter II.1.a.bb. mit
Hinweis auf das Urteil des EuGH vom 21.03.2002 - Kennemer Golf & Country Club - C-
174/00, UR 2002, 320). Schließlich steht es der Annahme eines Leistungsaustausches
nicht entgegen, wenn die Gesellschaft gleichzeitig für alle Mitglieder ihre Leistungen
erbringt und dabei ihren Vereinszweck erfüllt (vgl. Urteile des Bundesfinanzhofs vom
09.08.2007 V R 27/04, BFH/NV 2007, 2213 unter II.4., vom 11.10.2007 V R 69/06,
BFH/NV 2008, 322 unter II.2.b.).
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2. Im Streitfall liegt ein Leistungsaustauschverhältnis zwischen dem Kläger und seinen
Mitgliedern vor.
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a. Der Kläger hat auf der Grundlage seiner Verpflichtungen aus der Vereinssatzung –
aus der sich das Rechtsverhältnis zwischen dem Kläger und seinen Mitgliedern in
ausreichender Weise ergibt (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs vom 29.10.2008 XI R
59/07, BFH/NV 2009, 324 unter II.2.a.) – mit der Entwicklung und dem Ausbau eines
Warenklassifikationssystems, K, eine Leistung erbracht, die der effizienteren
Beschaffung oder dem Absatz von Gütern konkret für die jeweiligen Mitglieder dient.
Damit hat der Kläger seine Mitglieder entscheidend bei der Schaffung eines
einheitlichen Systems für den Ein- und Verkauf von Waren und Dienstleistungen
unterstützt. Nur durch die Bündelung der Innovationen und des Know-hows der
einzelnen Mitglieder beim Kläger war es seinen Mitgliedern möglich,
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unternehmensübergreifend Standards zu schaffen, die eine deutliche Verbesserung der
Beschaffung von Waren und Dienstleistungen speziell für ihr Unternehmen erwarten
ließen. Dabei richtete sich das Augenmerk eines jeden Mitglieds bei der Entwicklung
intensiv auf seine für sein Unternehmen wichtigen Sachbereiche. So beschreibt
beispielsweise die R AG in ihrer Stellungnahme vom 12.01.2006, dass sie sich
insbesondere für das ... (...) eingesetzt habe. Sowohl der Vertreter der R AG als auch die
übrigen Vertreter der Mitglieder haben in der mündlichen Verhandlung mehrfach betont,
welcher großer Nutzen die Anwendung der im Rahmen von K entwickelten Standards
für ihr jeweiliges Unternehmen bedeutet. Die Vertreter konnten dies anhand konkreter
Beispiele, etwa Einsparungen in der Buchhaltung, belegen. Daher kann dem Beklagten
nicht gefolgt werden, wenn er das individuelle Nutzen der Standards für die Mitglieder
im Sinne der Grundsätze des Urteils des Bundesfinanzhofs vom 18. Juni 2009 (VI R
76/07, BFH/NV 2009, 2007 unter II.2.; vgl. auch Urteil vom 29.10.2008, XI R 59/07,
BFH/NV 2009, 324 unter II.2.d.bb.) nicht erkennen kann. Je mehr Mitglieder die K-
Standards national und international anwenden werden, desto besser wird die
Vergleichbarkeit von Gütern auf dem Weltmarkt. Nur durch diese Zusammenfassung der
Klassifikationen lässt sich das unternehmerische Ziel eines jeden Mitglieds erreichen,
Einsparpotential für den Bereich Ein- und Verkauf von Waren und Dienstleistungen in
seinem Unternehmen zu schaffen. Somit sieht der erkennende Senat die Leistung des
Klägers an seine Mitglieder darin, ihnen eine gemeinsame Plattform zur Entwicklung der
Standards zu schaffen, den Entwicklungsprozess zu begleiten und zu koordinieren und
schließlich den Mitgliedern die Standards zur unmittelbaren Anwendung im eigenen
Unternehmen zu überlassen. Diese drei Leistungselemente stehen allein einem Mitglied
zur Verfügung, nicht hingegen einem Dritten, der lediglich die fertig entwickelten
Standards für sich nutzen kann, soweit sie auf sein Waren- und Dienstleistungssortiment
passen.
Dass der Kläger mit seiner Leistungserbringung zugleich den ihm vorgegebenen
Vereinszweck erfüllt, ist unschädlich. Denn nach der eingangs dargelegten, nunmehr
ständigen Rechtsprechung des EuGH und Bundesfinanzhofs bedarf es einer
Unterscheidung zwischen echten und unechten Mitgliedsbeiträgen i.S.d. Abschnitt 4
Absätze 1 und 2 UStR 2005 und 2008 nicht mehr (ebenso Urteil des Finanzgerichts
München vom 26.11.2009 14 K 4217/06, n.v.). Daher kann der erkennende Senat dem
Argument des Beklagten, es fehle an einem Leistungsaustausch zwischen dem Kläger
und seinen Mitgliedern, da der Kläger lediglich zur Erfüllung seiner den
Gesamtbelangen sämtlicher Mitglieder dienenden satzungsmäßigen
Gemeinschaftszwecke tätig werde und die dafür erhobenen sog. echten
Mitgliedsbeiträge dazu bestimmt seien, die Erfüllung dieser Aufgaben zu ermöglichen,
nicht folgen.
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b. Bei seiner Entscheidung sieht der Senat vielmehr als wesentlich an, dass die
Mitglieder – wären sie nicht als Verein organisiert und würden dort ihre
Mitgliedsbeiträge leisten – vergleichbare Warenklassifikationen von einem externen
Anbieter gegen Entgelt einkaufen müssten. In diesem Fall wäre ein Leistungsaustausch
unproblematisch zu bejahen und die in den von Dritten bezogenen Leistungen
enthaltenen Umsatzsteuern wären als Vorsteuern abzuziehen. Allein die Organisation
der Leistungsempfänger in einem Verein kann zu keinem abweichenden Ergebnis
führen. Durch die Regelung über den Vorsteuerabzug soll gerade der "Unternehmer"
vollständig von der im Rahmen seiner "wirtschaftlichen Tätigkeit" geschuldeten oder
entrichteten Mehrwertsteuer entlastet werden. Das gemeinsame Mehrwertsteuersystem
gewährleistet völlige Neutralität hinsichtlich der steuerlichen Belastung aller
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"wirtschaftlichen Tätigkeiten" unabhängig von ihrem Zweck und ihrem Ergebnis, wenn
diese Tätigkeiten selbst der Mehrwertsteuer unterliegen (vgl. Beschluss des
Bundesfinanzhofs vom 14.04.2008 XI B 171/07, BFH/NV 2008, 1215 unter 2. unter
Hinweis auf die Rspr. des EuGH).
Dass die entwickelten K-Standards am Markt einen Wert besaßen, lässt sich zum einen
aus den nicht unwesentlichen Mitgliedsbeiträgen von 25.000 € jährlich zzgl. der
einmaligen Beitrittsgebühr von 25.000 € ableiten. Kein auf Kostenoptimierung
ausgerichtetes Wirtschaftsunternehmen wäre zur Leistung derartiger Beiträge bereit
gewesen, hätte es nicht einen entsprechenden für ihn nutzbaren Gegenwert erhalten.
Diese Annahme wurde durch die Vertreter der Mitglieder in der mündlichen
Verhandlung ausdrücklich bestätigt. Zum anderen bietet auch der Kläger selbst seit der
Satzungsänderung zum 27.04.2005 Dritten/Nichtmitgliedern seine Leistungen gegen
Entgelt an. Die Tatsache, dass Dritte zunächst die K-Standards unentgeltlich nutzen
durften und diese kostenlose Nutzungsmöglichkeit nach den Bedingungen des BMWA
Voraussetzung für die Gewährung der Bundeszuwendung war, steht einer
wirtschaftlichen Tätigkeit des Klägers nicht entgegen. Denn an einer unternehmerischen
Tätigkeit fehlt es nicht schon dann, wenn der Unternehmer vorübergehend auf das
Entgelt für seine Umsätze ganz oder – wie im Streitfall - teilweise verzichtet. Nur wenn
der Unternehmer ausschließlich unentgeltliche Dienstleistungen erbringt, ist davon
auszugehen, dass er eine "wirtschaftliche Tätigkeit" im Sinne des Art. 9 Abs. 1
MwStSystRL nicht aufnehmen wollte (vgl. jüngst Urteil des Bundesfinanzhofs vom
20.01.2010 XI R 13/08, a.a.O.).
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c. Entgegen der Ansicht des Beklagten kommt es bei der Beurteilung des unmittelbaren
Zusammenhangs zwischen Leistung und dem erhaltenen Gegenwert nicht darauf an,
dass die Mitgliedsbeiträge nicht individuell nach dem jeweiligen Nutzungsvorteil für das
Unternehmen des Mitglieds gestaffelt waren (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs vom
05.12.2007 V R 60/05, BStBl II 2009, 486 unter II.a.b.cc.).
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III. Der Kläger hat auch der Höhe nach zu Recht die in Rechnung gestellten
Umsatzsteuern als Vorsteuern geltend gemacht.
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Darüber hinaus ist es für die Höhe der abzuziehenden Vorsteuern unerheblich, dass der
Kläger vom BMWA - unstreitig - echte Zuschüsse erhalten hat. Mit welchen Mitteln der
Unternehmer die für sein Unternehmen erbrachten Leistungen bezahlt, hat auf den
Vorsteuerabzug gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 UStG keinen Einfluss. Zwar können
gemeinnützige Körperschaften neben dem unternehmerischen Bereich einen ideellen
Bereich haben (vgl. Beschluss des Bundesfinanzhofs vom 14.04.2008 XI B 171/07,
BFH/NV 2008, 1215 unter 2.), jedoch trifft dies nicht auf den Kläger zu, da dieser keine
gemeinnützigen Zwecke i.S.d. § 52 AO verfolgt. Einer Aufteilung der Vorsteuern auf
einen wirtschaftlichen und einen nichtwirtschaftlichen Bereich bedarf es in den
Streitjahren daher nicht.
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IV. Klarstellend – weil für die Höhe der festgesetzten Umsatzsteuer der Streitjahre ohne
Bedeutung – weist der Senat darauf hin, dass der Beklagte die in den Rechnungen an
die Mitglieder offen ausgewiesenen Umsatzsteuern – wie erklärt - nach §§ 1 Abs. 1
Nr. 1, 13 Abs. 1 Nr. 1 UStG schuldet.
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V. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.
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VI. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 151 Abs. 3, 155
FGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 der Zivilprozessordnung.
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VII. Die Revision wird nicht zugelassen. Es liegt kein Revisionsgrund gemäß § 115
Abs. 2 FGO vor, da der erkennende Senat die zwischenzeitlich gefestigte
Rechtsprechung des EuGH und des Bundesfinanzhofs zum Leistungsaustausch
zwischen einem Verein und seinen Mitgliedern auf den konkreten Einzelfall
angewendet hat.
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