Urteil des FG Köln vom 18.03.2010

FG Köln (kläger, wohnung, höhe, möbliertes zimmer, fahrtkosten, ort, auftrag, unterkunftskosten, betrieb, miete)

Finanzgericht Köln, 15 K 2441/08
Datum:
18.03.2010
Gericht:
Finanzgericht Köln
Spruchkörper:
15. Senat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
15 K 2441/08
Tenor:
Unter Änderung des Einkommensteuerbescheides 2006 vom
14.03.2008 und Aufhebung der dazu ergangenen
Einspruchsentscheidung vom 03.07.2008 wird die Einkommensteuer
2006 mit der Maßgabe niedriger festgesetzt, dass weitere
Betriebsausgaben in Höhe von 3.076 Euro anerkannt werden; im
übrigen wird die Klage abgewiesen.
Dem Beklagten wird aufgegeben, die geänderte Steuerfestsetzung zu
berech-nen.
Die Kosten des Verfahrens tragen der Kläger zu 4/5 und der Beklagte zu
1/5.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
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Die Beteiligten streiten noch darüber, ob die Mietaufwendungen für eine möblierte
Wohnung, die nicht am Ort der Betriebsstätte des Klägers liegt, für das ganze Jahr als
Betriebsausgaben abzugsfähig sind.
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Der Kläger ist ledig, wohnt in M und war im Streitjahr 2006 als freiberuflicher Diplom-
Ingenieur tätig; sein Büro unterhält er unter derselben Adresse wie seine Wohnung. In
seiner Einkommensteuererklärung für 2006 machte der Kläger als Betriebsausgaben u.
a. Aufwendungen für Fahrtkosten in Höhe von 2.428,80 Euro und Miete für eine
Wohnung in Höhe von 2.147,40 Euro geltend. Diese Positionen erläuterte er unter der
Rubrik "Doppelte Haushaltsführung und Dienstfahrten" in seiner Überschussrechnung
wie folgt: "Familienheimfahrten M – R, insgesamt 64 Fahrten x 253 km (Einzelstrecke) =
16.192 km, ansetzbar: 253 km x 32 Fahrten= 8.096 km x 0,30 Euro = 2.428,80 Euro",
"Mietaufwendungen R, Miete und Nebenkosten, 12 Monate á 178,95 Euro =
2.147,40 Euro". Auf Nachfrage des Beklagten erläuterte der Kläger, er führe am
Heimatort einen eigenen Haushalt in der H-Allee ... in M. Wegen der weiten Entfernung
habe er seit dem 01.08.1997 ein ca. 15 m² großes möbliertes Zimmer mit
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habe er seit dem 01.08.1997 ein ca. 15 m² großes möbliertes Zimmer mit
Kochgelegenheit, Toilette und Dusche im Dachgeschoss des Hauses E-Str. ... in R
angemietet. Der Kläger legte einen Mietvertrag vor, der vom 01.08.1997 datiert, ab
diesem Datum gilt und einen Mietzins von monatlich 350 DM ausweist. In diesem Betrag
sind die Nebenkosten für Strom, Wasser und Heizung pauschal enthalten; weitere
Nebenkosten trägt der Kläger nicht (§ 2 des Vertrages). Als Adresse des Klägers ist
darin "T-Platz ..." in M angegeben.
Der Beklagte setzte die Einkommensteuer 2006 mit Einkommensteuerbescheid vom
14.03.2008 fest, ohne die o.g. Mietaufwendungen als Betriebsausgaben zu
berücksichtigen. Im Erläuterungsteil des Einkommensteuerbescheides führte er dazu
aus, der Kläger habe zum Zeitpunkt der Anmietung der Wohnung in R noch in der
Wohnung "T-Platz ..." mit seiner Mutter zusammen gewohnt; eine Berücksichtigung der
Aufwendungen im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung scheide daher mangels
eigenem Hausstand vor Begründung der zweiten Wohnung aus.
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Den gegen diesen Bescheid --am 01.04.2008 eingelegten-- Einspruch begründete der
Kläger damit, dass es keinen Umzug nach R gegeben habe. Er – der Kläger – habe in R
Aufträge zu erledigen gehabt und habe, statt zu ungleich höheren Kosten ein
Hotelzimmer zu buchen, ein möbliertes Dachzimmer angemietet. In R habe er auch
keinen Arbeitsplatz gehabt, sondern nur einen Auftrag durchzuführen gehabt, der nach 2
Wochen, 2 Tagen oder 2 Jahren hätte beendet sein können. Das Zimmer werde wie ein
Hotelzimmer dann genutzt, wenn er in R beruflich etwas vor Ort zu erledigen habe, also
stets ausschließlich beruflich. Für die dafür angefallenen Aufwendungen fehle jegliche
private Mitveranlassung.
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Mit Einspruchsentscheidung vom 03.07.2008 wies der Beklagte den Einspruch des
Klägers als unbegründet zurück. Er begründete dies zum einen weiterhin damit, dass
der Kläger bei Bezug der Wohnung in R noch keinen eigenen Wohnsitz in M gehabt
habe, sondern in den Haushalt der Mutter eingegliedert gewesen sei. Eine doppelte
Haushaltsführung sei daher nicht anzuerkennen. Zum anderen seien die
Mietaufwendungen auch keine Reisekosten, da es an einer regelmäßigen Arbeitsstätte
des Klägers außerhalb des Beschäftigungsortes in R fehle.
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Daraufhin hat der Kläger --am 18.07.2008-- die vorliegende Klage erhoben, mit der er
zunächst weiterhin lediglich den Abzug der o. g. Mietaufwendungen begehrt hat. Zur
Begründung trägt er unter Wiederholung seines Vorbringens aus dem
Einspruchsverfahren ergänzend und vertiefend wie folgt vor: Er sei selbständig tätig;
sein Hauptauftraggeber sei in 2006 – aber nicht nur in diesem Jahr - die N GmbH aus
Berlin gewesen. Zur Erledigung dieser Aufträge habe er deren Betriebsstätte in B
aufsuchen müssen. Es habe zu keiner Zeit mit der N GmbH eine feste, verlässliche
Vereinbarung gegeben, was einen Umzug nach B unmöglich gemacht habe. Er – der
Kläger – habe nur von Auftrag zu Auftrag mit einer Fortsetzung rechnen können. Dass
Anschlussaufträge erteilt worden seien, habe er nicht vorher wissen können. Angesichts
dieser Unsicherheit habe er das Zimmer im Nachbarort R angemietet, um dort solange
zu übernachten, wie es der jeweilige Auftrag erfordert habe. Für diese Aufwendungen
gelte kein Abzugsverbot, unabhängig vom Vorliegen einer doppelten Haushaltsführung.
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Der Kläger legt einen Mietvertrag über die Wohnung H-Allee ... vor, der ab 01.01.2004
gilt. Darauf hat der Beklagte entgegnet, eine doppelte Haushaltsführung scheitere schon
daran, dass der Kläger ausweislich der Meldeauskunft erst am 02.07.1998 einen
eigenen Hausstand in der H-Allee ... in M gegründet habe und noch bei Anmietung der
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Wohnung in R in 1997 als seine Anschrift diejenige seines Elternhauses angegeben
habe, unter der er unstreitig seit seiner Geburt gemeldet war.
Im Erörterungstermin vom 13.11.2008 hat der Kläger auf entsprechende Aufforderung
des Berichterstatters zum Sachverhalt weiter vorgetragen und Belege vorgelegt. Die
Mietzahlungen wurden nachgewiesen. Der Kläger hat sich ausweislich seines
Firmenkalenders an 108 Tagen in R aufgehalten sowie an 102 Tagen im Büro in M. Für
7 Tage lautet die Eintragung "Sonstige"; dabei handelte es sich für 5 Tage um einen
Auftrag in Berlin sowie für 2 Tage um einen solchen in P. Alle Aufträge hat der Kläger
durch die dazu gehörenden Ausgangsrechnungen belegt. Für den Auftrag in P hat der
Kläger ebenfalls in R gewohnt. Der Kläger bestätigt, dass es mit der N GmbH weder
einen Generalvertrag oder Grundlagenvertrag noch eine Verpflichtung gegeben habe,
ähnlich einem Bereitschaftsdienst zur jederzeitigen Tätigkeit in R zur Verfügung zu
stehen. Die Wohnung dort liege rund 2 km vom N-Standort in B entfernt. Der
Berichterstatter hat im o. g. Termin eine steuerlich anzuerkennende doppelte
Haushaltsführung verneint, die Mietaufwendungen anteilig für die Auftragstage in R
hingegen für abzugsfähig angesehen. Für weitere Einzelheiten wird auf das Protokoll
des Erörterungstermins verwiesen.
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Im Anschluss an den Termin hat der Kläger sodann erstmals und zusätzlich
Verpflegungsmehraufwand für 115 Tage á 24 Euro = 2.760 Euro sowie zusätzliche
Fahrtkosten von insgesamt 2.428,80 Euro für die --vom Beklagten bereits dem Grunde
nach für die einfache Strecke berücksichtigten-- 64 Fahrten á 253 km geltend gemacht.
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Insgesamt hat der Kläger also einen Abzug weiterer Betriebsausgaben in Höhe von
7.336,20 Euro beantragt (Bl. 83 FG-Akte). Dabei geht der Kläger nunmehr ebenfalls
davon aus, dass keine doppelte Haushaltsführung anzunehmen sei, sondern
"Dienstreisen" vorlägen. Mit Schriftsatz vom 07.01.2009 hat der Kläger nach Hinweis
des Beklagten auf die insoweit geltende, bereits abgelaufene Dreimonatsfrist seine
Klage hinsichtlich des Verpflegungsmehraufwands eingeschränkt (Blatt 92 FG-Akte).
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Der Kläger beantragt nunmehr noch sinngemäß,
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unter Änderung des Einkommensteuerbescheides 2006 vom 14.03.2008 und
Aufhebung der dazu ergangenen Einspruchsentscheidung vom 03.07.2008 die
Einkommensteuer 2006 mit der Maßgabe niedriger festzusetzen, dass weitere
Betriebsausgaben in Höhe von insgesamt 4.577 Euro (Fahrtkosten: 2.428,80 Euro,
Unterkunftskosten: 2.147,40 Euro) anerkannt werden,
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hilfsweise im Unterliegensfalle die Revision zuzulassen.
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Der Beklagte beantragt sinngemäß,
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die Klage mit der Maßgabe abzuweisen, dass weitere Betriebsausgaben in Höhe
von insgesamt 3.065 Euro (Fahrtkosten: 2.428,80 Euro, Unterkunftskosten: 635,28
Euro) anerkannt werden.
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Der Beklagte hat sich schriftsätzlich bereit erklärt, weitere Betriebsausgaben wie aus
dem Antrag ersichtlich anzuerkennen. Im übrigen fehle es an einer beruflichen
Veranlassung der Miete. Den Teilbetrag von 625,28 Euro errechnet der Beklagte wie
folgt: 108 Auftragstage / 365 Kalendertage x 2.147,00 Euro = 635,28 Euro.
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Die Beteiligten haben auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet
(Schriftsätze des Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 18.02.2009
Akte> sowie des Beklagten vom 10.03.2009 ). Wegen weiterer
Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf die beigezogenen
Steuerakten des Beklagten Bezug genommen.
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Entscheidungsgründe
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Die Klage ist nur hinsichtlich der Fahrtkosten sowie eines Teilbetrages an
Unterkunftskosten begründet und im Übrigen unbegründet. Der angefochtene
Einkommensteuerbescheid 2006 sowie die dazu ergangene Einspruchsentscheidung
vom 14.03.2008 sind nur insoweit rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen
Rechten, als der Beklagte zu Unrecht keinen Abzug der Fahrtkosten sowie der beruflich
veranlassten anteiligen Unterkunftskosten für 110 Tage als weitere Betriebsausgaben
zugelassen hat. Im Übrigen ist die Klage unbegründet, weil die verbleibenden anteiligen
Unterkunftskosten nicht betrieblich veranlasst sind.
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1.
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Der Senat kann wegen des vorliegenden Einverständnisses beider Beteiligten ohne
mündliche Verhandlung entscheiden, § 90 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung –FGO--.
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2.
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Die Klage ist hinsichtlich der erstmals im Klageverfahren vom Kläger geltend
gemachten weiteren Fahrtkosten zwischen seinem Büro in M und seiner Unterkunft in R
begründet, was zu Recht zwischen den Beteiligten unstreitig geworden ist. Diese
Aufwendungen stellen gemäß § 4 Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes in der im
Streitjahr geltenden Fassung – EStG -- Betriebsausgaben dar, denn der Kläger hatte
Aufwendungen für Geschäftsreisen in Form von Fahrten zwischen dem Ort seiner
regelmäßigen Betriebsstätte in M und R/B als Ort seiner vorübergehenden auswärtigen
Berufsausübung (vgl. 4.12 Abs. 2 EStR iVm 9.4 Abs. 2 LStR; Heinicke in: Drenseck,
EStG, 28. Auflage 2009, § 4, Rz. 520, Stichwort Geschäftsreise), nämlich zur Erledigung
seiner betrieblichen Aufträge in B und P. Angesichts der unstreitigen 64 Fahrten des
Klägers waren diese Betriebsausgaben richtigerweise statt mit der einfachen Entfernung
(wie ursprünglich beantragt und vom Beklagten anerkannt) rechnerisch mit dem
doppelten Ansatz, hier also weiteren 2.428,80 Euro, anzuerkennen. Denn der Kläger
führt im Streitjahr - wie ebenfalls zwischen den Beteiligten zu Recht unstreitig geworden
ist – schon deshalb keinen doppelten Haushalt, weil er erst 1998 einen eigenen
Hausstand außerhalb der elterlichen Wohnung gegründet hat und die Anmietung in R
bereits 1997, also zeitlich vorher, erfolgt ist. Da diese Betriebsausgaben nach Grunde
und Höhe zwischen den Beteiligten zu Recht unstreitig sind, verzichtet der Senat
insoweit auf weitere Ausführungen.
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3.
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Die Klage ist weiterhin in Höhe eines Betrages von 647,16 Euro (= 110 Tage / 365 x
2.147 Euro) begründet. Denn auch insoweit liegen Betriebsausgaben des Klägers in
Form von Übernachtungskosten vor (vgl. R 4.12 EStR iVm R 9.4 Abs. 1 LStR und R 9.7
LStR), die durch eine ausschließlich betrieblich veranlasste Auswärtstätigkeit
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entstanden sind. Die Aufwendungen für die (Warm-)Miete der möblierten Wohnung in R
sind nämlich insoweit als weitere Betriebsausgaben anzuerkennen, als diese durch die
Tätigkeit des Klägers bei seinen Arbeitgebern in B und P veranlasst sind, also anteilig
für insgesamt 110 Tage des Streitjahres 2006 (108 Tage B, 2 Tage P), und nicht nur für
die vom Beklagten bereits mit seinem eingeschränkten Klageantrag bereits
zugestandenen 108 Tage (B). Die darüber hinaus für den Rest des Jahres angefallenen
weiteren anteiligen Aufwendungen für die Wohnung in R sind nicht hinreichend
betrieblich veranlasst und daher keine Betriebsausgaben.
Gemäß § 4 Abs. 4 EStG sind als Betriebsausgaben die Aufwendungen abziehbar, die
durch den Betrieb veranlasst sind. Eine betriebliche Veranlassung liegt vor, wenn die
Aufwendungen objektiv mit dem Betrieb wirtschaftlich zusammenhängen und subjektiv
dem Betrieb zu dienen bestimmt sind. Maßgebend dafür, ob ein für die Veranlassung
durch eine Einkunftsart ausreichender wirtschaftlicher Zurechnungszusammenhang
besteht, ist zum einen die --wertende-- Beurteilung des die betreffenden Aufwendungen
auslösenden Moments und zum anderen die Zuweisung dieses maßgeblichen
Bestimmungsgrundes zur einkommensteuerrechtlich relevanten Erwerbssphäre. Ergibt
diese Prüfung, dass die Aufwendungen nicht oder in nur unbedeutendem Umfang auf
privaten, der Lebensführung des Steuerpflichtigen zuzurechnenden Umständen
beruhen, so sind sie als Betriebsausgaben oder Werbungskosten anzuerkennen und --
vorbehaltlich einer entgegenstehenden gesetzlichen Regelung-- als solche abziehbar
(BFH-Beschlüsse vom 27. November 1989 GrS 1/88, BFHE 158, 563 und vom 4. Juli
1990 GrS 2-3/88, BFHE 161, 290, BStBl II 1990, 817, 823; BFH-Urteil vom 17.06.1999 III
R 37/98, BStBl II 1990, 160).
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Nach diesen zutreffenden Grundsätzen sind die Mietaufwendungen für das möblierte
Zimmer in R anteilig für diejenigen 110 Tage betrieblich veranlasst, an denen der Kläger
unstreitig in B und P für seinen Betrieb Aufträge vor Ort zu erledigen hatte, nicht jedoch
für die übrigen Tage des Streitjahres.
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Der Anerkennung von Betriebsausgaben für das betrieblich bedingte Wohnen in einer
angemieteten möblierten Wohnung steht nicht entgegen, dass der Kläger hier nicht die
Voraussetzungen zur Anerkennung von Aufwendungen für eine doppelte
Haushaltsführung gemäß § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 EStG erfüllt. Denn der BFH hat bereits
im Urteil vom 05.08.2004 VI R 40/03, BFHE 207, 225, BStBl II 2004, 1074 in einer
Änderung seiner Rechtsprechung eine gelegentliche Hotelübernachtung am
Beschäftigungsort ohne das Vorliegen der Voraussetzungen einer doppelten
Haushaltsführung als Werbungskosten anerkannt. Zur Begründung führte der BFH unter
Hinweis auf den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts --BVerfG-- vom 4.
Dezember 2002 2 BvR 400/98 und 1735/00 (BStBl II 2003, 534 unter C. II. 1.) aus, dass
auch Kosten für auswärtige Übernachtungen zu den im Rahmen des objektiven
Nettoprinzips abziehbaren beruflichen Aufwendungen gehören. Dies gilt auch
vorliegend.
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Für die übrigen Kalendertage des Streitjahres sind demnach jedoch keine
Betriebsausgaben gemäß § 4 Abs. 4 EStG anzuerkennen, weil die Mietaufwendungen
für diese Zeit nicht betrieblich veranlasst waren. Es fehlt insoweit an einem objektiven
Zusammenhang dieses Teils der Mietaufwendungen mit dem Betrieb des Klägers. Denn
jede Aufwendung für Wohnen als einem Grundbedürfnis des Lebens ist grundsätzlich
immer privat veranlasst (vgl. Peter Fischer, NWB Nr. 6 vom 08.02.2010, Seite 412,
m.w.Nachw. der Rspr.; Albert, FR 2010, 224); nur ein berufsbedingtes "Mehr” an
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Aufwand kann abziehbar sein, etwa die "Mehr”-Aufwendungen für die Wohnung bei
doppelter Haushaltsführung oder die Kosten für beruflich veranlasste auswärtige
Übernachtungen (Fischer, a.a.O.; vgl. Albert, a.a.O.).
Für diejenigen Tage, an denen die Wohnung in R dem Kläger zwar zur jederzeitigen
Nutzung zur Verfügung stand, jedoch tatsächlich mangels Auftrags leer stand, ist
auslösendes Moment für die Mietaufwendungen nicht ein betrieblicher
Veranlassungszusammenhang, hinter den die stets vorliegende private (Mit-
)Veranlassung der Wohnkosten zurücktreten würde. Bei wertender Betrachtung hat der
Kläger im vorliegenden Fall für seine Entscheidung zur Anmietung der Wohnung in R
nämlich nach seinem eigenen Vorbringen eine völlig ungewisse -- weder auf einer
vertraglichen Grundlage noch sonstigen außervertraglichen Äußerungen der
zeitweiligen Auftraggeber in B und P fußende-- Erwartung zugrunde gelegt, nach der es
seiner Einschätzung nach eventuell zu Folgeaufträgen kommen könnte, die dann dort
vor Ort auszuführen sein könnten. Dementsprechend wären in dieser Situation für die
hier zu betrachtenden Tage auch keine Aufwendungen für die Anmietung eines
Hotelzimmers statt der Wohnung anzuerkennen.
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Dieser mangelnde Veranlassungszusammenhang kann nicht mit dem vom Kläger
angeführten Argument ersetzt werden, dass die Wohnungsanmietung wesentlich
kostengünstiger und für ihn bequemer als die Buchungen von Hotelübernachtungen
gewesen sei. Zu beurteilen ist nämlich nie ein hypothetischer, sondern stets nur der
tatsächlich verwirklichte Lebenssachverhalt.
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Die hier getroffene Entscheidung steht auch im Einklang mit dem Beschluss des Großen
Senats des BFH vom 21.09.2009 GrS 1/06 (DStR 2010,101). Denn dort hat der BFH
entschieden, dass Aufwendungen, die abwechselnd - jedoch jeweils nicht von
untergeordneter Bedeutung - entweder betrieblich oder privat veranlasst sind, zur
Umsetzung des objektiven Nettoprinzips im Verhältnis der beruflich und privat
veranlassten Kostenanteile grundsätzlich in abziehbare Betriebsausgaben und nicht
abziehbare Aufwendungen für die private Lebensführung aufzuteilen sind. Derartige
Aufwendungen bleiben nicht mehr, wie bis dahin angenommen, als Folge eines
Aufteilungs- und Abzugsverbots aus § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG insgesamt unberücksichtigt.
Vorliegend lassen sich die Mietaufwendungen des gesamten Streitjahres, die
ausweislich des Mietvertrages eine über alle Monate gleich hoch bleibende Warmmiete
einschließlich aller Mietnebenkosten umfassen, unschwer auf die Kalendertage
aufteilen, an denen der Kläger die Wohnung zur Erledigung seiner betrieblichen
Aufträge benötigte.
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4.
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Die Berechnung der neu festgesetzten Einkommensteuer nach Maßgabe dieser
Urteilsgründe wird wegen des nicht unerheblichen Aufwandes für das Gericht bei deren
Ermittlung dem Beklagten übertragen, § 100 Abs. 2 Satz 2 FGO.
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5.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 136 Absatz 1 Satz 1 FGO. Dabei war zu
berücksichtigen, dass der Kläger sein Klagebegehren teilweise eingeschränkt sowie die
Fahrtkosten erstmals im Klageverfahren geltend gemacht hat (§ 137 FGO).
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6.
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Die Revision war nicht zuzulassen, da keine Gründe im Sinne des § 115 Abs. 2 FGO
vorliegen. Der Senat hat auf der Grundlage der ständigen Rechtsprechung des BFH
unter Berücksichtigung des Beschlusses des Großen Senates des BFH vom 21.09.2009
GrS 1/06 einen Einzelfall entschieden.
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