Urteil des FG Köln vom 06.11.2008
FG Köln: produktion, nordamerika, europa, veranstalter, firma, nebenleistung, transport, subunternehmer, beschränkte steuerpflicht, künstler
Finanzgericht Köln, 15 K 4515/02
Datum:
06.11.2008
Gericht:
Finanzgericht Köln
Spruchkörper:
15. Senat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
15 K 4515/02
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens tragen die Klägerin und die Beigeladene
zu je 1/2 Anteil.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
1
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Vergütungen, die die Klägerin für die
technischen Produktionsleistungen im Zusammenhang mit einer Tournee einer
beschränkt steuerpflichtigen Sängerin erhalten hat, wie deren Honorar ebenfalls der
Steuerabzugspflicht für Showvergütungen nach den §§ 49 Abs. 1 Nr. 2 d, 50a Abs. 4 Nr.
1 Einkommensteuergesetz (EStG) unterliegen.
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Wirtschaftlicher Hintergrund des Rechtsstreits ist eine Tour, die die Sängerin V (im
Folgenden: V) im Jahre 0000 durchführte. Die Tournee führte V zunächst durch
Nordamerika, dann durch Europa und schließlich wieder durch Nordamerika. (...)
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Die Tour begann am 00.00.0000 in Nordamerika und es wurden bis zum 00.00.0000
insgesamt ... Konzerte in den USA sowie Kanada gegeben. 14 Tage nach dem
Abschluss des ersten Teils der Nordamerika-Tournee folgte in der Zeit vom 00.00.0000
bis 00.00.0000 der europäische Teil der Tour. Er führte durch ... Staaten, wobei ...
Konzerte stattfanden, davon ... in Deutschland. Der zweite Teil der Nordamerika-Tour
beinhaltete weitere ... Konzerte, wieder in den USA und Kanada, während der Zeit vom
00.00.0000 bis 00.00.0000. (...) Ein zentraler Punkt der Bühnenshow von V war nach
den Angaben der Klägerseite die Bühne selbst. (...)
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Nach der Darstellung der Klägerseite – auch gegenüber dem früheren Bundesamt für
Finanzen in sog. Freistellungsverfahren – und dem weiteren Akteninhalt gestalteten sich
die vertraglichen Verhältnisse bei der Durchführung der Tour wie folgt. V bediente sich
bei den vertraglichen Vereinbarungen ihrer bereits 0000 nach dem Recht des Staates L,
USA, gegründeten künstlereigenen Gesellschaft unter der Firma Q, Inc. (im Folgenden:
Q). Diese Gesellschaft hatte im Streitjahr in Deutschland weder einen Sitz noch eine
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Betriebstätte. V hält seit Gründung alle Aktien der Gesellschaft, als deren Präsidentin sie
auch fungiert. V hatte im Streitjahr ihren Wohnsitz in ... .
In der Funktion einer Künstler-Vermarktungsgesellschaft oder auch Künstler-
Gestellungsgesellschaft schloss Q die maßgeblichen Verträge mit den örtlichen
Veranstaltern über die jeweiligen Konzertauftritte von V ab. Dabei ergab sich ein
grundlegender Unterschied zwischen den beiden Nordamerika-Teilen einerseits und
dem europäischen Teil der Tour andererseits hinsichtlich der vertraglichen Leistung von
Q: Während die Verträge mit den nordamerikanischen Veranstaltern die komplette
Bühnenshow unter Einbeziehung der gesamten technischen Produktion beinhalteten,
verpflichtete sich Q gegenüber den europäischen Veranstaltern im Rahmen der Auftritte
lediglich zu der Gestellung von V und ihren Begleitmusikern und Tänzerinnen. Die
Beschaffung der gesamten technischen Produktion, die naturgemäß für die
Showauftritte erforderlich war und zu der sich der örtliche Veranstalter nach den
Vorgaben von Q auch vertraglich verpflichten musste, war nicht Sache von Q, sondern
des jeweiligen Veranstalters. Diese technische Produktion umfasste die Bereiche
Bühnenherstellung mit Bühnenausstattung, Ton-Anlagen und Beschallung, Video-
Anlagen, Beleuchtung von Bühne und Veranstaltungsort, Stromversorgung mit
Generatoren, Pyrotechnik für das Bühnenfeuerwerk, komplette Logistik für Montage und
Demontage der Bühne, Transport der technischen Einrichtungen mit Lkw, Transport der
Bedienungsmannschaften und dem weiteren Personal mit Bussen, Unterkünfte für das
Personal und so weiter. Ebenso bedurfte es als Teil der technischen Produktion der
Koordination und Überwachung der vorbezeichneten Teilleistungen durch einen Chef-
Organisator.
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Für die beiden Nordamerika-Teile der Tour organisierte Q die den Veranstaltern
vertraglich geschuldete technische Produktion für die Auftritte von V selbst wie folgt: Die
bereits oben beschriebene Bühnen-Spezialanfertigung für die Tournee befand sich im
Eigentum von Q und konnte ohne weiteres eingesetzt werden. Für die weiteren
Teilleistungen der technischen Produktion, also insbesondere Ton, Video, Beleuchtung,
Stromversorgung und Transport schloss Q im eigenen Namen und auf eigene
Rechnung jeweils Dienstleistungsverträge mit hierauf spezialisierten Unternehmen.
Diese begleiteten mit ihren firmeneigenen technischen Anlagen und den für die
Bedienung eingesetzten Fachkräften die Tour und erfüllten so als Subunternehmer eine
vertragliche Verpflichtung von Q gegenüber den Veranstaltern.
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Die erforderliche Organisation und die Koordination dieser Subunternehmer mit den Ziel
einer reibungslosen technischen Produktion wurde von Q durch die Verpflichtung von
Herrn C (im Folgenden: C) gewährleistet. C, der im Rechtsverkehr durch seine eigene
Personalgestellungsfirma R, Inc. auftrat, war nach den von der Klägerin zu den
Finanzamtsakten gereichten Unterlagen im Streitjahr einer der führenden Produzenten
für Tourneen von Stars. (...)
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Der am 00.00.0000 mündlich geschlossene Vertrag zwischen Q und der C-Firma enthält
in seiner schriftlichen Fassung vom 00.00.0000 unter Punkt 3 a die Verpflichtung von C
zu allen Dienstleistungen, die üblicherweise ein professioneller Produktionsmanager für
eine vergleichbare Tour zu erbringen hat. Als Gegenleistung war unter Punkt 2 für die
Dauer der Vorbereitungsphase der Tour ein Monatshonorar von ... US-Dollar und für die
Zeiten der Tournee selbst ein Wochenhonorar von ... US-Dollar zzgl. Spesen vereinbart.
Wegen der Einzelheiten wird auf den betreffenden Vertrag in Band I der
Rechtsbehelfsakte, dort unter Fach 1, verwiesen.
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Für den europäischen Teil der Tour beschränkte sich Q dagegen, wie bereits erwähnt,
in den Verträgen mit den Veranstaltern auf die Gestellung der Künstlerin V und der
unmittelbar für den Bühnenauftritt vorgesehenen weiteren Personen, nämlich die
Begleitmusiker, Begleitsänger und Tänzerinnen. Die Rolle der technischen Produzentin
übernahm insoweit die Klägerin (T Inc.).
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Nach ihrer eigenen, vom Beklagten auch nicht bestrittenen Darstellung wurde die
Klägerin am 00.00.0000 als Aktiengesellschaft nach dem Recht des Staates L, USA,
errichtet. Die Anteile wurden im Streitjahr je zur Hälfte von Frau D und Frau E gehalten.
Die Gesellschaft unterhält in Deutschland weder einen Sitz noch eine Betriebstätte.
Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass weder V noch Q direkt oder indirekt
gesellschaftsrechtlich an der Klägerin beteiligt sind. Der Beklagte behauptet auch nicht
substantiiert, dass Gelder aus der vorliegend streitigen Tätigkeit der Klägerin als
technische Produzentin an V oder Q weitergeleitet worden seien.
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Verbindungen außerhalb des nachfolgend beschriebenen
Produktionsdienstleistungsvertrages bestanden nach dem Vortrag der Klägerin in der
Weise, dass ihre geschäftsführenden Gesellschafterinnen Frau E und Frau D
gleichzeitig auch Gesellschafterinnen der Firma F, Inc. sind. Diese 0000 in O, USA,
errichtete Gesellschaft erbringt Steuerberatungs- und Buchhaltungsdienstleistungen
insbesondere für Künstler der Unterhaltungsindustrie. Die Gesellschaft berät diese
Künstler auch bei der Strukturierung ihrer Tätigkeiten und Vermögensanlagen. Zu den
Mandanten von F, Inc. (im Folgenden: Steuerberatungsgesellschaft) gehört nach
Auskunft der Klägerin auch Q mit ihrer Alleingesellschafterin V. Die Geschäftsleitung der
Steuerberatungsgesellschaft, die in Deutschland weder Sitz noch Betriebstätte hat,
befindet sich seit ihrer Gründung im Jahre 0000 in ihren eigenen Büroräumen unter der
Anschrift .... , O, .... , USA. Für genau diese Büroräume hat auch Q ihr registriertes Büro
zum Zwecke der Zustellung von Dokumenten angegeben. Und auch die Klägerin hat
keine eigenen, nur ihrem Geschäftsbetrieb dienenden Büroräume. Vielmehr befindet
sich die Geschäftsleitung der Klägerin ebenfalls seit ihrer Gründung in den
vorbezeichneten Geschäftsräumen der Steuerberatungsgesellschaft. Es ist weiterhin
zwischen den Beteiligten unstreitig, dass die Klägerin weder über eigenes (ständiges)
Personal noch über eigene Telefonanschlüsse in den betreffenden Geschäftsräumen
verfügt. Für ihre Geschäftstätigkeit bedient sich die Klägerin – jedenfalls nach den
Verhältnissen im Streitjahr – des Personals und der Kommunikationseinrichtungen der
Steuerberatungsgesellschaft. Die insoweit der Steuerberatungsgesellschaft für den
Betrieb der Klägerin entstandenen Kosten, insbesondere die durch die Produktion der
Europa-Tournee entstandenen Aufwendungen, belastete die
Steuerberatungsgesellschaft nicht der Klägerin weiter.
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Ausweislich des als Anlage 41 zur Klagebegründung vorgelegten Jahresabschlusses
der Klägerin per 00.00.0000 verfügte die Klägerin nicht über Ton-, Licht-, Video- oder
sonstige Anlagen, wie sie bei technischen Produktionen zum Einsatz kommen. Das
Nettoeigenkapital betrug zum Stichtag etwa ... US-Dollar. Nach der vorgelegten US-
Körperschaftsteuererklärung der Klägerin für das Jahr 0000, also dem Jahr der Tour,
betrug ihr zu versteuerndes Einkommen bei ... Dollar Einnahmen und ... Dollar
Betriebsausgaben ... Dollar, was eine Steuer von ... Dollar auslöste (Anlage 42 zur
Klagebegründung).
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Auf die Bitte des Gerichts, ihre Tätigkeit als Produzentin am Markt seit ihrer Gründung in
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0000 zu belegen, hat die Klägerin einen Vertrag über die technische Produktion der
Tournee eines ... Sängers im ... und ... 0000 an ... Orten in ... vorgelegt. Auf den
betreffenden Vertrag wird Bezug genommen (Blatt 186 bis 194 der FG-Akte). In der
mündlichen Verhandlung hat die Klägerin weitere Produktionen geltend gemacht, ohne
diese Behauptung jedoch substantiieren zu können.
Die technische Produktion für den europäischen Teil der Tour wurde der Klägerin durch
Vertrag vom 00.00.0000 mit Q und V als Vertragspartner übertragen (Blatt 197 bis 205;
beglaubigte deutsche Übersetzung Blatt 206 bis 213 der FG-Akte). Die Vereinbarung
enthält u. a. die folgenden Bestimmungen:
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Q und V beauftragten die Klägerin mit den technischen Produktionsleistungen der
Life-Konzertauftritte von V an verschiedenen Orten in Europa, wozu sich die
Klägerin verpflichtete (Vorbemerkungen B und D). Die danach verbindlich
vereinbarten Produktionsleistungen für konkrete Life-Auftritte sind unter Punkt 1.1
durch Verweisung auf die Anlage A des Vertrages definiert. In der Anlage A finden
sich alle zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses vorgesehenen Auftrittsorte in
Europa mit den vorgesehenen Veranstaltungsdaten, darunter auch die vorliegend
streitgegenständlichen Konzerte in den deutschen Städten ..., ... und ... . Eine
Klausel mit einem Vorbehalt etwa des Inhalts, dass die technische Produktion für
einzelne Life-Auftritte auf Wunsch des örtlichen Veranstalters auch an einen
anderen Produzenten als die Klägerin vergeben werden könne, enthält der Vertrag
nicht.
Q verpflichtete sich, die in ihrem Eigentum stehende Bühne einschl. der
Ausstattung mit Bildschirmen, Leinwänden, etc. für die Dauer der Tournee
leihweise zur Verfügung zu stellen. Die Klägerin hatte hierfür kein Entgelt zu
zahlen, sondern sollte nur mit der Bühne sorgfältig umgehen und sie auf Kosten
von Q nach der Tournee zurückgeben (Vorbemerkungen C und Punkt 1.3).
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- Die Klägerin hatte "für die Betreuung" ihrer Vertragsleistungen die Dienste von
Herrn G in Anspruch zu nehmen, wobei die Bedingungen für die Inanspruchnahme
der Dienste von G durch die Klägerin der vorherigen Zustimmung seitens Q
unterlagen (Punkt 1.2). Bei Herrn G handelt es sich um den Manager von V, der
nach den Angaben der Klägerin auch den europäischen Teil der Tournee
begleitete.
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Neben den Vorgaben für die technischen Produktionsleistungen (Punkt 1.4) hatte
die Klägerin für die Laufzeit des Vertrages sowie für ein Jahr danach
ordnungsgemäße Bücher und Aufzeichnungen über alle Geschäftsvorgänge bei
der Vertragserfüllung zu führen und diese zur Einsichtnahme durch Q zugänglich
zu halten. Zudem behielt sich Q ihre Zustimmung für alle
Produktionsvereinbarungen der Klägerin mit Dritten und im Hinblick auf
Ausrüstung, Einrichtung und Materialien der Produktion vor. Entsprechend
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bestand eine Pflicht der Klägerin zur vorherigen Absprache mit Q (Punkte 1.5, 1.6
und 1.7).
Als Gegenleistung für die eingegangenen Verpflichtungen hatte die Klägerin
gegenüber Q den Anspruch auf ein Mindesthonorar von ... US-Dollar pro Show
sowie das Recht, für eigene Rechnung alle Einnahmen einzubehalten, die sie
über die eigenen Kosten durch die Produktionsverträge mit den Veranstaltern
erwirtschaftete (Punkt 3).
Die wechselseitigen vertraglichen Freistellungen waren wie folgt geregelt: Q und
V verpflichteten sich, die Klägerin "im Hinblick auf Verluste, Schäden, Kosten,
Ansprüche, Verbindlichkeiten, Verfahren, Klagen oder Klagegründe sowie deren
Festsetzung, Erhebung oder Androhung, die im Rahmen oder im Zusammenhang
mit der Tour entstehen, freizustellen und schadlos zu halten, einschl., ohne darauf
beschränkt zu sein, angeblicher Personen- oder Sachschäden, die bei oder in
Verbindung mit einem Tourengagement entstehen oder angeblich entstanden
sind...." (Punkt 5.1). Nach Punkt 5.3 lautete die umgekehrte Freistellung von Q und
V durch die Klägerin: "T stellt Q und die Künstlerin im Hinblick auf alle Verluste,
Schäden oder Kosten frei, die ihnen aus einer Verletzung der in diesem Vertrag
enthaltenen Zusicherungen und Gewährleistungen seitens T entstehen."
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Wegen aller weiteren Einzelheiten wird auf den vorbezeichneten Vertrag und die von
der Klägerin vorgelegte beglaubigte Übersetzung Bezug genommen.
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Da die Klägerin – abgesehen von der ihr von Q überlassenen Bühne – nicht über die
erforderlichen Gerätschaften und Anlagen sowie das zu deren Bedienung erforderliche
Fachpersonal verfügte, verpflichtete sie – wie das auch Q für den nordamerikanischen
Teil der Tour getan hatte – die entsprechenden spezialisierten Fachfirmen als
Subunternehmer. Auf die von der Klägerin hierzu eingereichten Unterlagen (Anlagen 31
bis 38 zur Klagebegründung) wird wegen der Einzelheiten Bezug genommen. So
verpflichtete die Klägerin beispielsweise die Firma D, Inc. für Ton- / Audioleistungen, die
Firma M, Inc. für die Beleuchtung, die Firma E, Inc. für die benötigten Videoanlagen und
die Firma U, Inc. für die Stromversorgung. Die vorbezeichneten US-amerikanischen
Firmen waren zuvor bereits von Q für die Konzerte des Nordamerika-Teils der Tour
engagiert und eingesetzt worden.
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Gleichfalls nahm die Klägerin Herrn C, den Produktionsmanager des Nordamerika-Teils
der Tour, über dessen Firma R, Inc. unter Vertrag. Die von Herrn C zu erbringenden
Dienstleistungen sind im ersten Absatz der Vereinbarung in der Weise beschrieben,
dass C "als Überwacher und örtlicher Koordinator für die V... European Tour zur
Verfügung" zu stehen habe, "mit Verantwortlichkeit einschließlich, aber nicht beschränkt
auf das Folgende: die Kontrolle und den Einsatz namens des Produzenten (T, Inc.) über
und für alle dienstleistenden Gesellschaften, das Produktionspersonal, den
Produktionsmanager, das Verwaltungspersonal, die Koordinierung mit allen örtlichen
Veranstaltern, Gebäuden und ihrem Produktionspersonal; Verwaltung aller logistischen
Angelegenheiten hinsichtlich der Reisen, der Unterbringung und des Transports für alle
ausländischen und einheimischen Angestellten". In die Zuständigkeit von C fiel nach
den "weiteren Bestimmungen" des Vertrags auch das Aushandeln der Gehälter für die
mit der Tournee beschäftigten Produktionsassistenten und das weitere vertraglich
gebundene Personal, wie z. B. Zimmerleute, Bühnen-Auf- und -Abbauer etc., wobei die
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Gehälter von der Klägerin zu genehmigen waren. Es wurde klargestellt, dass die
Klägerin verantwortlich für alle Kosten war, die der Tournee unmittelbar zuzurechnen
seien, wie z. B. Transport-, Unterbringungs-, Telefon-, Automiet- und Lizenzkosten.
Genau wie in dem Vertrag zwischen der C-Gesellschaft und Q war auch in dem Vertrag
mit der Klägerin eine Vergütung in Höhe von ... US-Dollar pro Woche zzgl. Spesen
vereinbart. Anders als in dem Vertrag mit Q war hier jedoch kein Honorar für die
Vorbereitungsphase des Tourneeteils bestimmt; eine solche Vorbereitungszeit wird
nicht erwähnt. Die Unterschriften der Vertragsparteien datieren vom 00.00.0000 bzw.
00.00.0000. Wegen aller weiteren Einzelheiten wird auf den betreffenden Vertrag Bezug
genommen (engl. Original als Anlage 27 zur Klagebegründung, unbeglaubigte deutsche
Übersetzung in Band II der Rechtsbehelfsakten, Fach "Übersetzte Verträge").
Die Beigeladene (S GmbH & Co. KG) ist die durch Rechtsform wechselnde
Umwandlung entstandene Rechtsnachfolgerin der früheren Firma S GmbH mit
Firmensitz in L/Deutschland, wobei im Folgenden aus Vereinfachungsgründen die
Bezeichnung als Beigeladene für beide Unternehmen verwendet wird. Die Beigeladene
war und ist eine international bekannte und tätige Veranstalterin insbesondere von Pop-
und Rockkonzerten. Die Beigeladene veranstaltete in der Zeit vom 00.00.0000 bis
00.00.0000 ... der ... in Deutschland stattfindenden Konzerte der V-Tour, nämlich in ..., ...
und ... . Dazu schloss die Beigeladene zwei Verträge, die beide vom 00.00.0000
datieren, nämlich einen Künstlergestellungsvertrag mit Q betreffend den künstlerisch-
musikalischen Teil der V-Auftritte und einen Vertrag mit der Klägerin betreffend die
technische Produktion der vier Konzerte.
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In dem Künstlergestellungsvertrag zwischen Q und der Beigeladenen verpflichtete sich
die Beigeladene unter Punkt 3.2 auf ihre Kosten zu einer technischen Produktion für die
Auftritte durch die Gestellung von z. B. einer überdachter Bühne, eines erstklassigen
Audio-Systems, eines erstklassigen Beleuchtungssystems, eines erstklassigen
Videosystems, jeweils mit Bedienungsmannschaft, dazu die Dienstleistungen eines
Produktionsmanagementteams zur Koordination und Präsentation der Systeme. In
diesem Zusammenhang heißt es unter Punkt 3.1, Buchstabe c: "Der Veranstalter
verpflichtet sich hiermit, .... alle Produktionsmaterialien und Dienstleistungen im
Zusammenhang mit dem Auftritt .... zu beschaffen, wobei diese Materialien und
Dienstleistungen dem Rang entsprechen werden, den die Künstlerin in der
Unterhaltungsindustrie hat und wobei die Künstlergestellungsgesellschaft sich das
Recht vorbehält (welches nur aus wichtigem Grund zurückgehalten oder versagt werden
kann), die Produktionsgesellschaft zu genehmigen (und wobei der Veranstalter sich
hiermit verpflichtet, der Künstlergesellschaft auf Nachfrage Kopien aller Verträge über
die Bereitstellung über Produktionsmaterialien und Dienstleistungen zur Verfügung zu
stellen)". Der Vertrag enthält im Übrigen keine Erwähnung der Klägerin als die von Q
gewünschte Produktionsgesellschaft oder eine sonstige Einschränkung der
Entscheidungsfreiheit des Veranstalters bei der Auswahl des Produzenten. Wegen der
Einzelheiten wird auf die Originalfassung des als Anlage 1 zur Klagebegründung
vorgelegten Vertrags Bezug genommen; zur Teilübersetzung der Klägerin siehe Blatt 58
der FG Akte.
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In dem datumsgleichen Vertrag zwischen der Beigeladenen und der Klägerin
verpflichtete sich Letztere gegenüber dem Veranstalter zu exakt den gleichen
technischen Materialien und Produktionsdienstleistungen, die Q ihrerseits vertraglich
von dem Veranstalter gefordert hatte. Hinweise darauf, dass die im eigenen Namen und
für eigene Rechnung der Klägerin zu erbringenden Produktionsleistungen tatsächlich Q
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oder V personell oder finanziell zuzurechnen wären, ergeben sich aus dem Vertrag
nicht, auf den im Übrigen wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird (Anlage 2 zur
Klagebegründung; unbeglaubigte deutsche Übersetzung in Band II der
Rechtsbehelfsakten, Fach "Vertrag T mit S").
Die betreffenden, von der Beigeladenen veranstalteten Konzerte mit V fanden
planmäßig statt. Alle Beteiligten erbrachten ihre nach den geschlossenen Verträgen
geschuldeten Leistungen und erhielten ihre vertraglichen Gegenleistungen.
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Am 00.00.0000 beantragte die Klägerin bei dem damaligen hierfür zuständigen
Bundesamt für Finanzen im Hinblick auf die von der Beigeladenen ihr zu zahlenden
Vergütung die Freistellung von inländischen Einkünften vom Steuerabzug nach § 50a
Abs. 4 EStG aufgrund des Doppelbesteuerungsabkommens zwischen der
Bundesrepublik Deutschland und den Vereinigten Staaten von Amerika (im Folgenden:
DBA-USA). Nach Erörterung lehnte das Bundesamt für Finanzen diesen Antrag mit
Bescheid vom 00.00.0000 ab. Auch der hiergegen eingelegte Einspruch der Klägerin
blieb ohne Erfolg, eine finanzgerichtliche Klage gegen das Bundesamt auf Erteilung
eines Freistellungsbescheids wurde von Seiten der Klägerin nicht erhoben. Auf die
entsprechenden Vorgänge und den Schriftverkehr in Band I der Rechtsbehelfsakten des
Beklagten wird Bezug genommen.
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Die Beigeladene hatte zunächst lediglich die an Q gezahlte Vergütung bei dem
Beklagten zum Steuerabzug bei Vergütungen an beschränkt Steuerpflichtige gem. §
50a Abs. 4 Nr. 1 EStG angemeldet. Hierfür war eine Freistellung vom Steuerabzug zu
keinem Zeitpunkt beantragt worden. Da die beantragte Freistellung des an die Klägerin
zu zahlenden Entgelts für die technische Produktion nicht erfolgreich war, gab die
Beigeladene unter dem Datum vom 00.00.0000 eine zusätzliche Anmeldung für die an
die Klägerin gezahlten Bruttovergütungen in Höhe von ... DM ab, woraus sich ein
Steuerabzug in Höhe von ... DM zzgl. ... DM Solidaritätszuschlag ergab. Gleichzeitig
legten sowohl die Beigeladene wie auch die Klägerin gegen diese zusätzliche
Anmeldung über den Steuerabzug Einspruch ein. Zu dem Einspruch der Beigeladenen
als Vergütungsschuldnerin und Steuerabzugsverpflichtete wurde die Klägerin in ihrer
Eigenschaft als Steuerschuldnerin und Vergütungsgläubigerin gem. § 360
Abgabenordnung (AO) förmlich zum Verfahren hinzugezogen, wie auch umgekehrt die
Beigeladene zu dem Einspruch der Klägerin.
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Der Beklagte wies die Einsprüche als unbegründet zurück. Diese Entscheidung
begründete der Beklagte mit der Ansicht, dass die technischen Produktionsleistungen
der Klägerin wirtschaftlich Q zuzurechnen seien. Für die Zwischenschaltung der
Klägerin als Produktionsgesellschaft zwischen Q als Künstlergesellschaft und der
Beigeladenen als Veranstalter gebe es keine wirtschaftlich vernünftigen Gründe außer
der Steuerersparnis. Dies zeige der Umstand, dass die Klägerin für die Tournee-Teile in
Nordamerika nicht eingeschaltet gewesen sei. Die Klägerin habe in Ermangelung von
eigenem Materialeinsatz und eigenen Dienstleistungen die Produktionsleistung auch
tatsächlich nicht erbracht. Hierfür seien Subunternehmer eingesetzt worden, die von
dem tatsächlichen Produzenten C koordiniert worden seien. Somit liege ein Missbrauch
von Gestaltungsmöglichkeiten im Sinne von § 42 AO vor.
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Hiergegen hat die Klägerin, nicht jedoch die Beigeladene Klage erhoben. Die
Beigeladene wurde gem. Beschluss des Senats vom 18.07.2008 als
Steuerabzugsverpflichtete notwendig gem. § 60 Abs. 3 Finanzgerichtsordnung (FGO)
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zum Verfahren beigeladen.
Die Klägerin ist der Ansicht, dass sie mit ihrer Klage gegen die Steueranmeldung durch
den steuerabzugsverpflichteten Veranstalter nicht nur eine eingeschränkte gerichtliche
Überprüfung der Berechtigung des Beigeladenen zu der streitigen Steueranmeldung
erreichen könne. Vielmehr könne sie auch die weitergehenden Voraussetzungen für die
Steuerbefreiung materiell mit dem Ziel der Aufhebung der Steueranmeldung überprüfen
lassen. Zur Begründung verweist sie auf die Urteile des Bundesfinanzhofs (BFH) vom
28. Juni 2005 I R 33/04, BStBl II 2006, 489 sowie vom 19. November 2003 I R 22/02,
BStBl II 2004, 560.
32
In der Sache trägt die Klägerin vor, dass ihre Vergütungen nicht in das an Q gezahlte
Künstlerhonorar einbezogen und der Künstlerabzugssteuer unterworfen werden dürften.
Sie habe die streitige technische Produktionsleistung selbst als von Q und V
unabhängige Dritte erbracht, ihre Einschaltung als Produktionsgesellschaft in die
vertraglichen Vereinbarungen der Tourbeteiligten stelle keinen Missbrauch von
Gestaltungsmöglichkeiten im Sinne von § 42 AO dar und die streitigen von ihr im Inland
bezogenen gewerblichen Einkünfte aus den Produktionsleistungen unterlägen folglich
gem. Art. 7 Abs. 2 des DBA-USA nicht der beschränkten Steuerpflicht. Hierzu wird im
Einzelnen geltend gemacht:
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Zu Unrecht berufe sich der Beklagte für den Steuerabzug von den Vergütungen der
Klägerin auf § 50a Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 EStG. Ihre Vergütungen für die technische
Produktion seien keine "Einkünfte aus anderen mit den künstlerischen Leistungen
zusammenhängende Leistungen" im Sinne der Norm. Nach der eigenen Auffassung der
Finanzverwaltung, nämlich nach dem BMF-Schreiben vom 23.01.1996 in BStBl I 1996,
89, dort Tz. 2.2.3.2, zählten zu den Leistungen, die mit den Darbietungen
zusammenhingen, zwar "auch technische Nebenleistungen wie Bühnenbild,
Beleuchtung, Tontechnik, Kostüme, usw. und Vermittlungsleistungen, soweit sie Teil der
Gesamtleistungen sind". Voraussetzung für die Einbeziehung dieser Nebenleistungen
sei nach dem BMF-Schreiben jedoch, dass sie aufgrund des bestehenden
Vertragsverhältnisses Teil einer von dem beschränkt Steuerpflichtigen erbrachten
Gesamtleistung seien, für die eine Gesamtvergütung gezahlt werde. Würden diese
Nebenleistungen dagegen auf der Grundlage besonderer Verträge, die der inländische
Veranstalter mit Dritten abgeschlossen habe, von einem anderen als dem Darbieter
oder dem die Darbietungen Verwertenden erbracht, so seien die dafür gezahlten
Entgelte nicht in die Bemessungsgrundlage für die Abzugsteuer einzubeziehen. Genau
dieser letztgenannte Ausnahmetatbestand sei vorliegend jedoch gegeben, da sie, die
Klägerin, als Dritte die technischen Produktionsleistungen auf der Grundlage eines
besonderen Vertrages mit der Beigeladenen erbracht habe.
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Die vorbezeichnete Ansicht der Finanzverwaltung werde zudem von der
höchstrichterlichen Rechtsprechung geteilt und in mehreren Entscheidungen bestätigt,
so in den BFH-Urteilen vom 16. Mai 2001 I R 64/99, BStBl II 2003, 641 und vom 17.
November 2004 I R 20/04, BFH/NV 2005, 892. Dem Beschluss des FG München vom
22. März 2002 1 V 4030/01, EFG 2002, 835, auf den sich der Beklagte berufe, komme
demgegenüber keine Bedeutung mehr zu.
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Sie selbst, die Klägerin, und nicht etwa Q habe die Produktionsleistungen durch die im
eigenen Namen verpflichteten Subunternehmen und mit eigenen finanziellen Mitteln
tatsächlich erbracht, wofür Zeugenbeweis angetreten werde. Im Einzelnen sei auf
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Folgendes hinzuweisen.
Der gesamte Personaleinsatz für die Tour-Produktion sei ihr, der Klägerin, und nicht
etwa Q zuzurechnen. Die Steuerberatungsgesellschaft F Inc. beschäftige
durchschnittlich 45 ständige Angestellte. Diese würden je nach Bedarf auch für sie, die
Klägerin, tätig und zwar insbesondere zwischen den Tourneen für deren Planung und
Vorbereitung wie auch während solcher Tourneen, obwohl sie nicht zu den
Veranstaltungsorten selbst hingereist seien. Es treffe zu, dass an den
Veranstaltungsorten der hierzu über seine eigene Firma verpflichtete C alle
Subunternehmer zu koordinieren und das Produktions- und Verwaltungspersonal der
Klägerin zu führen gehabt habe. Diese Tätigkeit sei jedoch ausweislich des hierfür
geschlossenen Vertrages und der weiteren hierzu vorgelegten Unterlagen im Namen
und für Rechnung der Klägerin erfolgt. Für mehrere während der Tour als Arbeitnehmer
eingesetzte US-Staatsbürger habe sie, die Klägerin, von der Firma W, Inc. US-
Einkommensteuer und Sozialversicherungsbeiträge in ihrem Namen einbehalten und
abführen lassen (Anlagen 14 bis 21 der Klagebegründung). Die Einschaltung von
Subunternehmern mit deren Gerätschaften und Fachpersonal sei in der Branche üblich,
da es keinen Sinn mache, die hohen Kosten für Personal und Material auch außerhalb
von Konzerten und Touren zu tragen. Entscheidend sei, dass die Subunternehmer von
ihr vertraglich verpflichtet und bezahlt worden seien, was durch die vorgelegten
Verträge, Rechnungen und Zahlungsbelege bewiesen worden sei.
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Dementsprechend habe sie ein eigenes wirtschaftliches Risiko getragen. Für die
durchgeführte Europa-Tournee habe sie ein Budget aufgestellt (Anlage 12 zur
Klagebegründung), ebenso gebe es ein vorgelegtes Budget für die von der
Beigeladenen veranstalteten vier Konzerten (Anlage 13 zur Klagebegründung). Die von
ihr nach den Verträgen zu tragenden Risiken habe sie durch eigene Versicherungen
abgedeckt und die Prämien selbst bezahlt (Hinweis auf Anlagen 10 und 11 zur
Klagebegründung). Die belegte Kapitalausstattung von ca. ... US-Dollar gem. dem
Jahresabschluss 0000 sei für eine Produktionsgesellschaft ausreichend, da sie ihre
Vergütungen von den Veranstaltern jeweils mit oder sofort nach den Konzerten erhalte
und so fortlaufend ihre erst danach fälligen finanziellen Verpflichtungen gegenüber
Subunternehmern und Personal erfüllen könne.
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Es treffe allerdings zu, dass Q ihr die speziell für die Tour angefertigte Bühne leihweise,
also unentgeltlich, für die Auftritte von V zur Verfügung gestellt habe. Man habe
vermeiden wollen, dass Mietzahlungen als Argument für gesellschaftliche
Verflechtungen mit der Folge der Annahme steuerlicher Zusammenhangsleistungen
gewertet würden. Die überdies von Q an die Klägerin gezahlten 1.000 US-Dollar seien
erforderlich gewesen, um die Vereinbarung zur unentgeltlichen Bühnenüberlassung
nach dem anzuwendenden Recht des Staates L/USA wirksam und durchsetzbar zu
machen. Im Übrigen sei der Betrag von ... US-Dollar pro Konzert unbedeutend im
Vergleich zu den Produktionskosten, die sie für jedes Konzert vom jeweiligen
Veranstalter erhalten habe. Eine Abhängigkeit der Klägerin von Q oder V könne aus
diesem Vorgang nicht abgeleitet werden.
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Es habe zudem für den jeweiligen Veranstalter keine Pflicht bestanden, zusammen mit
dem Engagement von V über Q auch sie, die Klägerin, als technische Produzentin der
Show zu engagieren. Eine solche Verknüpfung sei in den Verträgen nicht vorgesehen.
Sie ergebe sich auch nicht aus dem Künstlergestellungsvertrag zwischen Q und der
Beigeladenen gem. Punkt 3.1 c. Der dort vereinbarte Zustimmungsvorbehalt von Q für
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die Produktionsmaterialien und Produktionsdienstleistungen im Zusammenhang mit
dem Auftritt von V sei eine in der Branche übliche Klausel, da sich der Künstler
unbedingt auf die Zuverlässigkeit und das Können des technischen Personals
verlassen müsse. Wäre es z. B. bei der Bedienung der ... Bühne, die bei der streitigen
Tournee eingesetzt worden sei, zu Fehlern gekommen, hätte dies zu ernsten
Verletzungen von V führen können.
Weiterhin könne der Beklagte sich für die Einbeziehung der Vergütungen der Klägerin
in die an Q gezahlten Entgelte auch nicht auf einen Missbrauch von
Gestaltungsmöglichkeiten im Sinne von § 42 AO berufen. Eine Gestaltung, die den
Vorgaben der Finanzverwaltung in einem BMF-Schreiben entspreche, könne kaum als
rechtsmissbräuchlich qualifiziert werden. Sie, die Klägerin, verstehe die letzten
Schriftsätze des Beklagten auch so, dass der Beklagte die früher vertretene Annahme
eines Missbrauchs von Gestaltungsmöglichkeiten nunmehr nicht mehr aufrecht erhalte.
Die Beantwortung der mit Schriftsatz des Beklagten vom 00.00.0000 aufgeworfenen
Fragen sei deshalb entbehrlich.
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Rechtsirrig leite der Beklagte aus dem Umstand, dass bei dem Nordamerika-Teil der
Tour keine Produktionsgesellschaft eingesetzt worden sei, eine Entbehrlichkeit auch für
die Europa-Tournee und deshalb eine rechtsmissbräuchliche Einschaltung der Klägerin
ab. Die Entscheidung zur Einschaltung einer Produktionsgesellschaft für den
europäischen Teil erkläre sich dadurch, dass die Konzerte in Nordamerika in Hallen,
sog. Arenen, stattgefunden hätten, die erheblich kleiner als die Sportstadien in Europa
gewesen seien. Schon deshalb hätte sich bei den Konzerten in Nordamerika die Zahl
der benötigten Lautsprecher, Scheinwerfer und Videogeräte sowie die Logistik für den
Transport reduziert. Die wesentlichen Unterschiede ergäben sich jedoch aus der
Überdachung der Arenen im Gegensatz zu den Sportstadien. In den Hallen seien
Bühne und Gerätschaften gegen Wind und Wetter geschützt, Bedachung und
Seitenwände der Bühne entfielen, der Hallenboden mache den Aufbau der
Bühnenkonstruktion ohne zusätzliche Fundamente möglich, die wesentlichen
Anschlüsse und Geräte zur Beschallung und zur Beleuchtung seien bereits eingebaut
und das erforderliche Bedienungspersonal sei bereits vorhanden. Deshalb hätten in
Nordamerika oft vier oder mehr Vorstellungen an aufeinander folgenden Tagen
stattfinden können, da nach Ende der Vorstellung noch genügend Zeit gewesen sei,
nach Bühnenabbau und Transport zum nächsten Veranstaltungsort dort die Anlagen für
den nächsten Tag wieder aufzubauen. In Europa habe jedoch die
Fundamentkonstruktion in den Stadien mindestens einen Tag vor der Vorstellung
errichtet werden müssen und nach der Show sei ein Tag zum Abbau benötigt worden.
Aus diesem Grunde seien zwei und gelegentlich drei Sätze der Stahlelemente für das
Fundament sowie der Elemente des Bühnenbodens erforderlich gewesen, weil jeweils
ein Satz zum übernächsten Auftrittsort habe vorausgeschickt werden müssen. Die
Größe der europäischen Stadien habe auch erheblich verstärkte Beleuchtung und
zusätzliche Lautsprecher erfordert. Ebenso hätten die Videobildschirme in den Stadien
erheblich größer und lichtstärker sein müssen, da die Vorstellungen im Sommer bei
Tageslicht begonnen hätten, während die überdachten Arenen in Nordamerika stets
hätten genügend abgedunkelt werden können. Hierzu hat die Klägerin entsprechende
Zeichnungen als Anlagen 6 bis 8 zur Klagebegründung vorgelegt. Ein weiteres
Argument ergebe sich aus dem Einsatz von pyrotechnischen Effekten in den
europäischen Stadien, während Feuerwerk in den Hallen von Nordamerika verboten
gewesen sei. Der Unterschied zwischen dem Produktionserfordernissen könne dadurch
verdeutlich werden, dass in Nordamerika nur 14 Lastwagenzüge zum Transport der
42
Tour erforderlich gewesen seien, während es in Europa 25 Lastzüge gewesen seien.
Es sei schließlich eine unschlüssige Annahme des Beklagten, dass sie, die Klägerin,
als Produktionsgesellschaft für ... Konzerte in ... europäischen Ländern eingeschaltet
worden sei, um den Steuerabzug für nur ... Konzerte in Deutschland zu vermeiden. Der
Beklagte behaupte im Übrigen selbst nicht, dass Q an den Einkünften der Klägerin
beteiligt gewesen sei.
43
Die Beigeladene unterstützt das Klagebegehren der Klägerin. Zur Begründung vertritt
sie den rechtlichen Standpunkt der Klägerin mit im Wesentlichen gleichen Argumenten.
Insbesondere hebt sie hervor, dass nach der jüngeren BFH-Rechtsprechung ein
Zusammenhang zwischen künstlerischer Leistung und technischer Nebenleistung
ausgeschlossen sei, wenn die Nebenleistung durch einen Dritten auf der Basis eines
gesonderten Vertrages erfolge. Ein solcher Sachverhalt sei vorliegend gegeben.
44
Die Klägerin und die Beigeladene beantragen übereinstimmend,
45
die Steueranmeldung vom 00.00.0000 in der Fassung der Einspruchsentscheidung
vom 00.00.0000 aufzuheben, hilfsweise im Unterliegensfalle die Revision
zuzulassen.
46
Der Beklagte beantragt,
47
die Klage abzuweisen,
48
hilfsweise im Unterliegensfalle die Revision zuzulassen.
49
Der Beklagte vertritt weiterhin die Auffassung, dass es sich bei den technischen
Produktionsleistungen der Klägerin um unselbständige Nebenleistungen zu den
künstlerischen Darbietungen von V bzw. Q handele, so dass die Vergütungen an die
Klägerin mit in den Steuerabzug einzubeziehen seien. Die Klägerin sei auch im
Verhältnis zu V bzw. Q kein Dritter, der eine selbständige Produktionsleistung erbracht
habe. Vielmehr sei die Klägerin gar nicht in der Lage gewesen, die ihr zugeschriebenen
Leistungen zu erbringen. Hierfür habe es bereits an eigenem Personal und an eigenen
Geschäftsräumen gefehlt. Die Klägerin habe auch auf Nachfrage nicht mitgeteilt, welche
der 45 Arbeitnehmer der Steuerberatungsgesellschaft mit welchen Fähigkeiten für die
Tournee gearbeitet hätten. Die Unselbständigkeit der Klägerin und ihre Abhängigkeit
von Q zeige sich weiterhin in dem Umstand, dass der Klägerin die kostspielige Bühne
von Q überlassen worden sei, ohne dass eine Vergütung hierfür zu zahlen gewesen
wäre. Im Gegenteil habe die Klägerin sogar noch einen Zuschuss für ihre
Produktionskosten erhalten. Bei Würdigung dieser Umstände könne die Klägerin
jedenfalls nicht als Dritter im Sinne des BMF-Schreibens angesehen werden.
50
Die Produktionsleistung sei tatsächlich von dem bereits bei dem Nordamerika-Teil der
Tour tätig gewesenen Produzenten C und von den von diesem verpflichteten
Subunternehmern erbracht worden. Die Einschaltung der nur formal als
Produktionsfirma aufgetretenen Klägerin für die Europa-Tournee sei zudem sachlich
nicht erforderlich gewesen. Dies zeige die Tatsache, dass bei der Nordamerika-Tour die
technische Produktion von Q allein geleistet worden sei. Die hierfür von der Klägerin
abgegebene Begründung überzeuge nicht. Insbesondere könnten die Unterschiede für
Auftritte einerseits in Hallen und andererseits in Stadien die Einschaltung der Klägerin
51
nicht rechtfertigen. Schließlich stütze die im Beschluss des FG München vom
22.03.2002 vertretene Rechtsansicht die Position des Beklagten. Die Frage nach einem
eventuellen Gestaltungsmissbrauch stelle sich demnach zunächst nicht.
Entscheidungsgründe
52
Die Klage ist – auch soweit die Beigeladene einen eigenständigen Sachantrag gestellt
hat - unbegründet. Die streitige Steueranmeldung ist rechtmäßig und verletzt weder die
Klägerin noch die Beigeladene in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 S. 1 der
Finanzgerichtsordnung (FGO) .
53
I.
54
1.
55
Die zulässige Klage der Klägerin ist jedenfalls unbegründet.
56
Die Klägerin war als Steuerschuldnerin berechtigt, die von der Beigeladenen als
Vergütungsschuldnerin dem FA gemäß § 73e S. 2 der Einkommensteuer-
Durchführungsverordnung i.d.F. für das Streitjahr (EStDV) übersandte und nach § 168
S. 1 der Abgabenordnung (AO) einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der
Nachprüfung gleichstehende Steueranmeldung über den Gläubiger und die Höhe der
Vergütungen i.S. des § 50a EStG und die Höhe des Steuerabzugs aus eigenem Recht
anzufechten (std. höchstrichterl. Rspr., so zuletzt noch BFH-Beschluss vom 7.
November 2007 I R 19/04, BStBl II 2008, 228).
57
Die Steueranmeldung enthält allerdings keine Steuerfestsetzung gegen den
Vergütungsgläubiger. Folglich kann im Rahmen des Einspruchs und der Klage (allein)
des Vergütungsgläubigers gegen die Steueranmeldung nur die Rechtmäßigkeit des
Steuerabzugs und damit nur geprüft werden, ob der Vergütungsschuldner, der sich
selbst nicht gegen die Anmeldung wehrt, die Steueranmeldung vornehmen durfte oder
nicht. Dazu ist dieser zur Vermeidung eines eigenen Haftungsrisikos (vgl. § 50a Abs. 5
S. 5 EStG) aber schon dann berechtigt, wenn die sachliche Steuerpflicht der
Vergütungen jedenfalls zweifelhaft ist. Liegen solche Zweifel vor, ist der
Vergütungsgläubiger gehalten, seine Rechte im Rahmen eines eigenständigen
Freistellungs- oder Erstattungsverfahrens in unmittelbarer, ggf. auch analoger
Anwendung von § 50d Abs. 1 und 2 EStG oder auch von § 50 Abs. 5 S. 4 Nr. 3 EStG
durchzusetzen (vgl. nur BFH-Beschluss in BStBl II 2008, 228 mit Darstellung der
ständigen BFH-Rspr. und zustimmenden Literaturnachweisen).
58
2.
59
a) In Anwendung dieser Rechtsgrundsätze wäre die Klage der Klägerin möglicherweise
schon deshalb als unbegründet abzuweisen, weil die Berechtigung zu der streitigen
Steueranmeldung sich vorliegend allein schon aus der Zweifelhaftigkeit der sachlichen
Steuerpflicht der Vergütungen ergibt. Denn der Umfang der sog.
Zusammenhangsleistungen i.S.v. § § 49 Abs. 1 Nr. 2 d, 50a Abs. 4 Nr. 1 EStG ist
höchstrichterlich nicht geklärt und in Rechtsprechung und Literatur umstritten (s. hierzu
die Ausführungen unten unter II. 1.b; so ausdrücklich auch BFH-Beschluss in BStBl II
2008, 228).
60
Soweit die Klägerin eine uneingeschränkte gerichtliche Überprüfung unter Hinweis auf
die BFH-Urteile vom 28. Juni 2005 I R 33/04, BStBl II 2006, 489 sowie vom 19.
November 2003 I R 22/02, BStBl II 2004, 560 für geboten hält, ist dieser Hinweis
unzutreffend, weil diese Entscheidungen sich nur darüber verhalten, welche
Rechtsfragen innerhalb und außerhalb des Verfahrens nach § 50d EStG zu entscheiden
sind.
61
b) Die demnach nur begrenzte gerichtliche Überprüfung des Klagebegehrens der
Klägerin könnte jedoch verfahrensrechtlichen Bedenken im Hinblick darauf begegnen,
dass nunmehr auch die Vergütungsschuldnerin und Steuerabzugsverpflichtete in ihrer
prozessualen Funktion als notwendig Beigeladene die Aufhebung ihrer
Steueranmeldung als rechtswidrig begehrt (vgl. zum eigenständigen, ggf. auch vom
Klägerantrag abweichenden Antragsrecht des notwendig Beigeladenen BFH-Urteil vom
14. September 1989 IV R 17/87, BFH/NV 1990, 782).
62
c) Letztlich kann der Senat diese verfahrensrechtliche Frage unentschieden lassen.
Denn selbst bei einer uneingeschränkten Überprüfungsmöglichkeit des Sachantrags der
Klägerin wäre ihre Klage – dann aus den Gründen zu nachfolgend II. – als unbegründet
abzuweisen.
63
II.
64
Die streitige Steueranmeldung gem. § 50a Abs. 5 EStG i.V.m. § 73e EStDV ist
rechtmäßig und verletzt die Beigeladene nicht in ihren Rechten. Der Beklagte hat zu
Recht die an die Klägerin gezahlten Vergütungen als beschränkt steuerpflichtige
Einkünfte qualifiziert und dem Steuerabzug nach § 50a Abs. 4 Nr. 1 EStG i.d.F. für das
Streitjahr unterworfen.
65
1.
66
Nach der vorbezeichneten Norm wird die Einkommensteuer bei beschränkt
Steuerpflichtigen im Abzugswege erhoben, wenn diese aus im Inland ausgeübten
künstlerischen Darbietungen Einkünfte im Sinne von § 49 Abs. 1 Nr. 2 d EStG erzielen.
Hierunter fallen nach dem übereinstimmenden Wortlaut von § 49 Abs. 1 Nr. 2 d und §
50a Abs. 4 Nr. 1 EStG auch Einkünfte aus anderen mit diesen Leistungen
zusammenhängenden Leistungen, unabhängig davon, wem die Einnahmen zufließen.
67
Welche Voraussetzungen für die Annahme solcher "zusammenhängender" Leistungen
zu fordern sind, ist in Rechtsprechung und Literatur umstritten.
68
a) Dies gilt allerdings nicht für den sachlichen Zusammenhang von (künstlerischer)
Haupt- und der weiteren Nebenleistung. Hier besteht Einigkeit über eine weite Fassung
der einzubeziehenden Leistungen, etwa technisch-logistischer, organisatorischer oder
handwerklicher Natur. Unproblematisch werden deshalb die Produktionskosten für die
künstlerische Darbietung (wie z.B. für Tontechnik, Beleuchtung, technische Ausstattung,
Bühnenbild), die Kosten für die Gestellung von technischem Personal, dessen
Hotelunterbringung, Transport o.ä. als Zusammenhangsleistung i.S.v. § 50a Abs. 4 Nr. 1
EStG angesehen (ausführlich mit umfangreichen Nachweisen hierzu Hidien in Kirchhof /
Söhn / Mellinghoff, EStG, EGL Stand 7/04, § 49 E 414 f ).
69
b) Um so vielfältiger ist das Meinungsspektrum hinsichtlich des zu fordernden
70
personellen Zusammenhangs für die Annahme von Zusammenhangsleistungen im
Sinne des Gesetzes. Eine sehr weitgehende Auffassung vertritt hierzu das FG München
(Beschluss vom 22. März 2001 – 1 V 4030/01, EFG 2002, 835), auf das sich vorliegend
auch der Beklagte beruft. Nach dieser Entscheidung können – entgegen dem BMF-
Schreiben vom 30. Mai 1995 – IV B 4 – S 2303 –147/95, BStBl I 1995, S. 337 Tz.
2.2.3.2. - selbst solche Vergütungen für Nebenleistungen einbezogen werden, die auf
der Grundlage besonderer Verträge erbracht werden, die der inländische Veranstalter
mit von dem Künstler unabhängigen Dritten geschlossen hat. In der Literatur ist diese
Auslegung weitgehend auf Ablehnung gestoßen. Hier wird für die Annahme einer
Zusammenhangsleistung überwiegend eine personelle Identität des Erbringers von
Haupt- und Nebenleistung gefordert (vgl. z.B. Hidien, aaO., E 411; Frotscher, EStG, EGL
3/08, § 49 Tz 59; Maßbaum in H/H/R, EStG, EGL 10/00, § 49 Anm. 548; relativierend
Ramackers in Littmann, EStG, EGL 8/03, § 49 Rz 202, der auch von unterschiedlichen
Vertragspartnern erbrachte Leistungen dann mit der Hauptleistung zusammenfassen
will, wenn in der Gesamtbetrachtung der Eindruck eines Angebots einer umfassenden
Gesamtleistung entsteht; Heinicke in Schmidt, EStG, 27. Aufl. 2008, § 49 Rz 32 sowie
Wied in Blümich, EStG, EGL 10/02, § 49 Rz 107 wollen darauf abstellen, ob die
kritischen Nebenleistungen "aus dem Leistungsbereich des Darbietenden" stammen,
ohne auf die formale Stellung des Nebenleistungsträgers abzuheben).
Der BFH hatte bisher aus verfahrensrechtlichen Gründen noch keine Veranlassung,
seine Rechtsauffassung zu der Problematik auf einen konkreten Fall anzuwenden. Er
hat sich bisher nur abstrakt in der Weise geäußert, dass einerseits die eigentliche
steuerbegründende Hauptleistung --entweder die Darbietung oder deren Verwertung--,
und andererseits die darin einbezogenen und mit diesen zusammenhängenden
Nebenleistungen von einem und demselben Anbieter "aus einer Hand" erbracht werden
müssten, um als Zusammenhangsleistungen behandelt werden zu können. Nur so
erkläre sich nämlich die gesetzliche Zuordnung dieser Nebenleistungen zu den
jeweiligen Haupttätigkeiten ("einschließlich"). Würden Nebenleistungen dagegen auf
der Grundlage besonderer Verträge, die der inländische Veranstalter mit einem Dritten
abgeschlossen hat, von einem anderen als dem Darbietenden oder dem die Darbietung
Verwertenden erbracht, fehle der erforderliche tatsächliche, konkrete und untrennbare
Zusammenhang mit der Darbietung oder deren Verwertung (BFH-Urteile vom 16. Mai
2001 I R 64/99, BStBl II 2003, 641; vom 17. November 2004 I R 20/04, BFH/NV 2005,
892 ). Diese Auslegung hat der BFH in seiner jüngsten Entscheidung noch
dahingehend präzisiert, dass der die Nebenleistungen erbringende Dritte gegenüber
dem Künstler ein "unabhängiger" Dritter sein müsse, wobei der BFH keine
Veranlassung zu einer Definition der Art von Unabhängigkeit hatte (BFH-Beschluss in
BStBl II 2008, 228).
71
2.
72
Der Senat sieht im Streitfall die Voraussetzungen sowohl für sachliche wie auch für
personelle Zusammenhangsleistungen als gegeben an.
73
a)
74
Die der Klägerin von der Beigeladenen vergüteten vielfältigen Teilleistungen im
Rahmen der technischen Gesamtproduktion der Konzerte stehen ausnahmslos und
zweifelsfrei in einem direkten sachlichen Zusammenhang mit der künstlerischen
Hauptleistung, also der Bühnenshow von V und ihrem Team (...). Eine hervorragende
75
optische Präsentation des Auftritts mit vielfältigen, ausgefallenen Showelementen (...)
mit erstklassigen Soundanlagen, ... sowie eine perfekte Organisation und Logistik sind
unverzichtbare Elemente einer erfolgreichen Tournee eines Weltstars, weil sowohl
Konzertbesucher wie auch Konzertveranstalter dies als Standard erwarten.
b)
76
Aber auch der nötige personelle Zusammenhang zwischen den technischen
Nebenleistungen der Klägerin und der künstlerischen Darbietung durch V / Q ist im
Streitfalle festzustellen.
77
Dabei folgt der Senat den als zutreffende Gesetzesauslegung erkannten o.a.
Grundsätzen der höchstrichterlichen Rechtsprechung, dass also Haupt- und
Nebenleistungen von einem und demselben Anbieter "aus einer Hand" erbracht werden
müssen, um als Zusammenhangsleistungen behandelt werden zu können, wohingegen
die vertraglich gesondert vereinbarte und durch einen unabhängigen Dritten erbrachte
Nebenleistung eine solche steuerliche Qualifizierung ausschließt. Zur Beantwortung der
Frage, ob diese Voraussetzungen erfüllt sind, ist nach Ansicht des Senats allerdings
nicht auf die formal-zivilrechtliche Gestaltung, sondern auf eine wirtschaftliche
Betrachtungsweise abzustellen. Denn der Regelung in § 50a Abs. 4 Nr. 1 EStG kann
der Wille des Gesetzgebers entnommen werden, durch das Tatbestandsmerkmal
"Zusammenhang" wirtschaftlich Zusammengehöriges zu besteuern und diese
Besteuerung nicht durch formale Aufteilungen "unterlaufen" zu lassen (so auch die
Gesetzesbegründung in BT-Drucksache 10/1636 S. 64).
78
Bei der somit gebotenen wirtschaftlichen Betrachtungsweise der Leistungsbeziehungen
war die Klägerin jedoch zur Überzeugung des Senats keine gegenüber Q unabhängige
Dritte. Vielmehr hat im Streitfall tatsächlich Q gegenüber der Beigeladenen sowohl die
Haupt- wie auch die Nebenleistung "aus einer Hand" erbracht. Diese Überzeugung des
Senats gründet sich ungeachtet der formalen Selbstständigkeit der Klägerin und der
fehlenden gesellschaftsrechtlichen Beteiligung von Q auf einer Vielzahl von
tatsächlichen und rechtlichen Umständen des Streitfalles, die in der Gesamtbetrachtung
eine solche sichere Schlussfolgerung zulassen.
79
(1) Zunächst ist allerdings klarzustellen, dass eine Gesamtleistung "aus einer Hand"
nicht schon durch den Produktionsdienstleistungsvertrag zwischen Q / V einerseits und
der Klägerin andererseits vom 00.00.0000 begründet wurde. Darin wurde zwar die
technische Produktion aller Konzerte in Europa ausschließlich durch die Klägerin
verbindlich vereinbart und weder Q noch ein örtlicher Konzertveranstalter hatte damit die
Freiheit der Wahl einer anderen Produktionsgesellschaft für die Auftritte. Wegen dieser
Koppelung konnte also auch die Beigeladene faktisch nur V mit der Klägerin im
"Doppelpack" verpflichten. Eine solche Gestaltung ändert im Allgemeinen aber dennoch
nichts an der auch wirtschaftlich gesonderten Erbringung von Haupt- und Nebenleistung
durch unterschiedliche Personen im Rahmen von gesonderten Verträgen, zumal es für
eine solche Gestaltung gute Gründe gibt. Auch die hierfür von der Klägerin
vorgetragenen Gründe, nämlich dass sich ein Showstar wie V unbedingt auf die
Zuverlässigkeit und Sachkunde "seiner" Produktionsgesellschaft verlassen können
muss und keine Risiken mit "fremden" Produzenten eingehen will, sind für den Senat
durchaus einleuchtend und gut nachvollziehbar.
80
(2) Keineswegs einleuchtend ist dann jedoch, dass die Wahl von V / Q ausgerechnet auf
81
die Klägerin als vermeintlich hierfür geeignete Produzentin gefallen ist. Demnach hat
eine Sängerin für den Europa-Teil ihrer Welttournee mit ... Auftritten in ... Staaten in
Kenntnis aller Fakten eine Produktionsgesellschaft ausgewählt, die
über kein eigenes (ständiges) Personal, keine eigenen Büroräume und keine
eigenen Kommunikationseinrichtungen verfügte,
über keinerlei für die Produktion erforderlichen Anlagen, Gerätschaften und
Fahrzeuge verfügte, abgesehen von einer evident unzureichenden
Kapitalausstattung von ca. ... US-Dollar zum Ende des Streitjahres,
von zwei Gesellschafter-Geschäftsführerinnen betrieben wurde, deren berufliche
Kernkompetenzen in Buchführungs- und Steuerberatungsdienstleistungen lagen,
die sie in einer großen Steuerberatungsgesellschaft erbrachten, und die es nicht
für erforderlich hielten, zu den Veranstaltungsorten ihrer Produktionsgesellschaft
zu reisen, um bei der Produktion der Shows vor Ort zumindest präsent zu sein und
deren (dem Gericht gegenüber nachweisbare) praktische Erfahrung in dem Metier
sich darin erschöpfte, in den knapp vier Jahren seit Gründung einmal eine Tour
eines Sängers durch ... produziert zu haben.
82
83
Erklärlich ist dieser erstaunliche Vorgang nur durch die Erkenntnis, dass die formal /
zivilrechtlich von der Klägerin erbrachten technischen Produktionsleistungen tatsächlich
und wirtschaftlich dem Leistungsbereich von Q zuzurechnen sind, so dass die o.a.
personellen, fachlichen, organisatorischen und finanziellen Defizite der Klägerin
praktisch keine Rolle spielten.
84
(3) Besonders augenfällig wird dies in dem Punkt "Bühnenüberlassung von Q an die
Klägerin". Dass die Gestellung und Ausrüstung der Tour-Bühne ein besonders wichtiger
Teil der technischen Produktion war und damit grundsätzlich in den Aufgabenbereich
der Klägerin fallen sollte, dürfte nicht zweifelhaft sein, wie auch die Überlassung an die
Klägerin zeigt. Vorliegend wurde die kostspielige Bühne ... jedoch von Q ausschließlich
auf deren eigene Kosten angeschafft. Die Klägerin beteiligte sich nicht anteilig an den
Kosten, etwa in dem Verhältnis der Anzahl der von ihr zu produzierenden zu der
Gesamtzahl der Konzerte. Es mag noch nachzuvollziehen sein, dass Q möglicherweise
deshalb in die finanzielle Bresche springen musste, weil die unterkapitalisierte Klägerin
ein solches Investment nicht tätigen konnte. Dann wäre es jedoch im Geschäftsverkehr
zwischen voneinander unabhängigen Partnern als selbstverständlich zu erwarten
gewesen, für die Überlassung der Bühne an die Produktionsgesellschaft als
Nutznießerin zumindest eine kostendeckende Miete zu vereinbaren. Immerhin verdiente
die Klägerin ihre Vergütungen nicht zuletzt auch mit diesem aufwändigen Produkt.
Warum Q statt dessen die Bühne unentgeltlich überlassen hat, wirtschaftlich gesehen
also diese Gesellschaft statt der Klägerin eine technische Produktionsleistung erbracht
hat, hat die Klägerin nicht nachvollziehbar erklären können: Die in der mündlichen
Verhandlung gegebene bemerkenswerte Erläuterung, man habe durch die
Unentgeltlichkeit den Eindruck einer Verflechtung und damit die Annahme steuerlicher
Zusammenhangsleistungen vermeiden wollen, bestätigt eher noch die Feststellung
einer wirtschaftlichen Abhängigkeit der Klägerin von Q.
85
Fraglich erscheint dem Senat überdies, warum die Klägerin darüber hinaus sogar noch
eine Art Produktionskostenzuschuss von ... US-Dollar pro Auftritt von Q erhalten hat: Ob
der unsubstantiierte Hinweis auf eine entsprechende Regelung im Recht des Staates
L/USA zutrifft, kann der Senat aber offen lassen. Es ist jedenfalls festzustellen, dass die
in einem entscheidenden Punkt eingesetzte Finanzkraft von Q und die kostenmäßige
Schonung der wirtschaftlich abhängigen Klägerin durch Q eine bestimmte technische
Teilleistung erst ermöglichte.
86
(4) Von Q unentgeltlich übernommen hat die Klägerin ganz offensichtlich auch das
"Know-how" für die technische Produktion, soweit dies darin bestand, die für die
Europa-Tour in den wesentlichen Bereichen einzusetzenden besten Subunternehmer
auszuwählen: Die Klägerin verpflichtete für die wichtigsten technischen Teilleistungen
Ton, Licht, Video und Stromversorgung die nämlichen Spezialunternehmen, die Q
bereits für den ersten Teil der Nordamerika-Tour unter Vertrag genommen hatte.
Gleiches gilt für die Verpflichtung von C als dem erfahrenen und – im Außenverhältnis –
universell zuständigen Produktionsmanager mit weit reichenden Kompetenzen. Die Vor-
Entscheidungen von Q glichen so die unzureichende Erfahrung der abhängigen
Klägerin aus.
87
(5) Wegen der vertraglichen Weisungs- und Kontrollrechte von Q / V zu den
Leistungsinhalten wäre es der Klägerin allerdings auch kaum möglich gewesen, andere
als Q genehme Subunternehmer einzuschalten. Denn nach Punkt 1.7 des
Dienstleistungsvertrags mit Q hatte die Klägerin die vorherige Zustimmung von Q zu
allen Produktionsvereinbarungen zwischen der Klägerin und Dritten einzuholen. Und
selbst darüber hinaus stand die Klägerin erkennbar unter der Weisungsbefugnis von Q /
V: Wenn gem. Punkt 1.2 des Dienstleistungsvertrags die Klägerin ihre vertraglichen
Leistungen von Herrn G, dem Manager von V, "betreuen" lassen musste, so wollte Q
erkennbar sicher gehen, dass die Europatour-Premiere der beiden
Nebenerwerbsproduzentinnen Frau E und Frau D durch die entscheidenden Vorgaben
des V-Managements geprägt sein würde. Herr G begleitete zudem – anders als die
geschäftsführenden Gesellschafterinnen der Klägerin – die Tour. Es ist festzustellen,
dass bei der Produktion im Zweifel Q auch organisatorisch das Sagen hatte und damit
die diesbezüglichen Leistungen erbrachte.
88
(6) Der Klägerin können die Produktionsleistungen schließlich auch nicht wirtschaftlich
mit der Begründung zugerechnet werden, dass sie die Kosten der im eigenen Namen
eingegangenen Verpflichtungen gegenüber Dritten gezahlt und so ein eigenes
wirtschaftliches Risiko ihrer Geschäftstätigkeit getragen habe. Tatsächlich wurde der
Klägerin jegliches Verlustrisiko von Q und V durch die Freistellungsklausel gem. Punkt
5.1 des Produktionsdienstleistungsvertrags abgenommen. Diese Risikoübernahme
ergibt sich schon aus dem Wortlaut der Vereinbarung, die eine Freistellung für u.a.
Verluste, Kosten, Ansprüche und Verbindlichkeiten "in Zusammenhang mit der Tour"
formuliert, demnach also auch einen geschäftlichen Verlust der Klägerin als
Produktionsgesellschaft der Tour umfasst. Demgegenüber hatte die Klägerin Q und V
nur beschränkt für solche u.a. Verluste und Kosten freizustellen, die diesen aufgrund
von Vertragsverletzungen durch die Klägerin entstanden (Punkt 5.3).
89
Mit der Abnahme des geschäftlichen Verlustrisikos steht offensichtlich die einseitige
Pflicht der Klägerin gem. Punkt 1.5 der Dienstleistungsvereinbarung in Zusammenhang,
wonach sie Bücher und Aufzeichnungen über die vertraglichen Geschäftsvorgänge zu
führen hatte und Q ein Einsichtsrecht gewähren musste. Anders lässt sich diese
90
Vereinbarung, die zwischen von einander unabhängigen Geschäftspartnern kaum
denkbar wäre, nicht erklären.
c)
91
Im Ergebnis ist bei Würdigung aller Umstände festzustellen, dass die technischen
Produktionsleistungen für die vier von der Beigeladenen veranstalteten Konzerte aus
dem finanziellen, ideellen, personellen und organisatorischen Leistungsbereich von Q
stammen. Die von ihr vielfältig abhängige Klägerin konnte ihre Verpflichtungen der
Beigeladenen gegenüber nur aufgrund der Hilfestellung durch Q erfüllen. Für die Frage
des personellen Zusammenhangs der technischen Nebenleistung mit der
künstlerischen Hauptleistung ist also auf Q abzustellen mit der Folge, dass objektiv
diese Gesellschaft Haupt- und Nebenleistungen "aus einer Hand" erbracht hat. Dass die
Vergütungen für die Nebenleistung an die Klägerin gezahlt worden sind, ist für die
Besteuerung nach der klaren Gesetzesformulierung (" ... unabhängig davon, wem die
Einnahmen zufließen") ohne Bedeutung. Greift demnach § 50a Abs. 4 Nr. 1 EStG i.V.m.
Art. 17 Abs. 1 DBA-USA ein, so ist Art. 7 Abs. 1 DBA-USA nicht einschlägig.
92
3.
93
Der Senat bejaht das Vorliegen von Zusammenhangsleistungen und damit die
beschränkte Steuerpflicht der an die Klägerin gezahlten Vergütungen nach den
vorstehenden Überlegungen bereits aufgrund der Auslegung des § 50a Abs. 4 Nr. 1
EStG, der keine Regelung zur Vermeidung von Rechtsmissbräuchen beinhaltet (Hidien,
aaO. § 49 E 411). Feststellungen im Hinblick auf einen Missbrauch von
Gestaltungsmöglichkeiten des Rechts waren für die Entscheidung nicht zu treffen. Das
Gericht hat deshalb auch keine Veranlassung, auf die vorgetragenen Gründe für die
Einschaltung der Klägerin einzugehen. Es bedurfte somit auch nicht der Prüfung, ob der
gegenüber § 42 AO ggf. vorrangige Tatbestand des § 50d Abs. 1a EStG in der Fassung
für das Streitjahr erfüllt ist (Hinweis auf BFH-Urteil vom 29. Januar 2008 I R 26/06,
BFH/NV 2008, 1046).
94
III.
95
Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1, Abs. 3 und Abs. 5 S. 1 FGO.
96
Die Revision war wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen (§
115 Abs. 2 Nr. 1 FGO).
97