Urteil des FG Köln vom 27.10.2010

FG Köln (gewerbesteuer, höhe, hinzurechnung, vorschrift, leistungsfähigkeit, gewinn, unternehmen, zweck, betrieb, ertrag)

Finanzgericht Köln, 9 K 1022/10
Datum:
27.10.2010
Gericht:
Finanzgericht Köln
Spruchkörper:
9. Senat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
9 K 1022/10
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
1
Die Klägerin wendet sich gegen die bei ihrer Organgesellschaft gemäß § 8 Nr. 1 e
Gewerbesteuergesetz (GewStG) vorgenommene Hinzurechnung von
Mietzinszahlungen zum Gewinn aus Gewerbebetrieb im Sinne des § 7 GewStG.
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Die Klägerin ist Organträgerin der K Mietservice GmbH. Die K Mietservice GmbH
erbringt im Bereich der Wohnraumvermietung Serviceleistungen. Dabei beschränkt sie
sich nicht auf derartige Dienstleistungen, sondern betreibt selbst die Anmietung und
Weitervermietung von Wohnraum im eigenen Namen und auf eigenes Risiko. Daneben
ist sie noch mit ihrem Personal für andere Unternehmen der K Immobiliengruppe, also
für andere Tochtergesellschaften der Klägerin, tätig.
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Hinsichtlich der An- und Weitervermietung von Wohnimmobilien werden die
vereinnahmten Mieten als Erträge und die an die Eigentümer der Wohnimmobilien
gezahlten Mieten als Aufwendungen für bezogene Leistungen in der Gewinn- und
Verlustrechnung erfasst.
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Im Rahmen des erstmaligen unter Vorbehalt der Nachprüfung gemäß § 164 Abs. 1 AO
stehenden Bescheids über den Gewerbesteuermessbetrag für 2008 vom 22.07.2009
wurde die Klägerin antragsgemäß veranlagt. Dabei wurde ein aufgrund der
gewerbesteuerlichen Organschaft der Klägerin zuzurechnender Gewerbeertrag der
Organgesellschaften in Höhe von 623.586 € zugrunde gelegt. In dem Bescheid gelangte
der Beklagte zu einem Gewerbesteuermessbetrag in Höhe von 12.015,50 €.
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Am 28.01.2010 erließ der Beklagte einen gemäß § 164 Abs. 2 AO geänderten Bescheid
über den Gewerbesteuermessbetrag für 2008 und legte dabei einen Gewerbeertrag der
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Organgesellschaften in Höhe von 1.311.761 € zugrunde. Dabei berücksichtigte er
nunmehr, dass die K Mietservice GmbH im Streitjahr aus der Vermietung fremder
Wohnimmobilien nicht nur Mieteinnahmen in Höhe von 6.442.043,71 € erzielt, sondern
zugleich für die Anmietung dieser Objekte Mietzinsen in Höhe von 4.374.420 €
aufgewandt hatte. Der Beklagte ging nunmehr davon aus, dass gemäß § 8 Nr. 1 e
GewStG von den gezahlten Mietzinsen ein Finanzierungsanteil von 13/20 (=65 %),
somit in Höhe von 2.843.373 € in Ansatz zu bringen sei, von dem der Freibetrag - soweit
nicht für andere Hinzurechnungen verbraucht - mit 90.473 € abzusetzen sei. Aus dem
verbleibenden Betrag in Höhe von 2.752.900 € stelle ein Anteil von einem Viertel und
damit insgesamt 688.225 € denjenigen Hinzurechnungsbetrag dar, der dem Gewinn der
K Mietservice GmbH im Sinne des § 7 GewStG hinzuzufügen sei. Die sich daraus
ergebende Erhöhung des Gewerbesteuermessbetrages um 24.087,88 € (3,5 % von
688.225 €) führte zu einem nunmehr festgesetzten Gewerbesteuermessbetrag in Höhe
von 36.102,50 €.
Hiergegen legte die Klägerin am 09.02.2010 fristgerecht Einspruch ein, den der
Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 05.03.2010 als unbegründet zurückwies.
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Im Rahmen der Einspruchsentscheidung stellte sich der Beklagte auf den Standpunkt,
dass im Streitfall die Tatbestandsmerkmale des § 8 Nr. 1 e GewStG für eine teilweise
Hinzurechnung der von der K Mietservice GmbH gezahlten Mietzinsen erfüllt seien.
Sowohl nach dem Wortlaut als auch nach dem Sinn und Zweck dieser Vorschrift
bestünden keine Bedenken gegen ihre Anwendung auf die Geschäftstätigkeit der K
Mietservice GmbH. Auch eine Verfassungswidrigkeit der Vorschrift sei nicht zu
erkennen. Die Vorschrift sei ab dem Veranlagungszeitraum 2008 neu eingeführt
worden. Ihr Zweck entspreche dem des § 8 Nr. 7 GewStG alter Fassung. Auch bei ihr
gehe es um die Erfassung des Finanzierungsanteils der Miet- und Pachtzinsen, der den
objektivierten Gewerbeertrag nicht verringern solle. Diesen Finanzierungsanteil habe
der Gesetzgeber notwendig typisierend mit einer Belastung von letztlich 16,25 %
angesetzt. Verfassungsrechtlich sei bereits die Vorgängervorschrift des § 8 Nr. 7
GewStG alter Fassung nicht zu beanstanden gewesen, sie sei weder willkürlich
gewesen noch habe sie gegen Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) verstoßen. Für die
Neuregelung ergebe sich nichts anderes.
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Gegen diese Einspruchsentscheidung hat die Klägerin fristgerecht Klage erhoben. Sie
macht geltend, dass für den Fall, dass die K Mietservice GmbH nicht in den von der
Klägerin geführten Konzern eingegliedert wäre und sie nicht die sich aus dieser
Konzernzugehörigkeit ergebenden Dienstleistungen gegenüber anderen
Konzerngesellschaften erbringen würde, ihre Geschäftstätigkeit allein auf die Anmietung
und Vermietung von Wohnraum im eigenen Namen und auf eigenes Risiko beschränkt
wäre. Unter dieser Prämisse wären im Streitjahr 2008 Umsatzerlöse aus Vermietungen
in Höhe 6.442.043,71 € angefallen. Die Aufwendungen für bezogene Leistungen (unter
anderem Mieten für die Anmietung des weitervermieteten Wohnraums) wären mit
5.686.270,81 € anzusetzen gewesen. Die hierin enthaltenen Miet- und
Pachtaufwendungen beliefen sich auf 4.374.420 €. Der auf die Vermietungstätigkeit
entfallende Anteil am gesamten Personal habe einen Umfang von 548.672,61 € gehabt.
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Ohne Berücksichtigung von Gewerbesteuer, Körperschaftsteuer und
Solidaritätszuschlag hätte sich dann ein Ergebnis der gewerblichen Geschäftstätigkeit in
Höhe von 188.962,56 € ergeben. Der Beklagte habe im Rahmen der Ermittlung des
Gewerbeertrags der K Mietservice GmbH, der in den angefochtenen
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Gewerbesteuermessbescheid der Klägerin als Organträgerin einfließe, die von der K
Mietservice GmbH gezahlten Miet- und Pachtzinsen für unbewegliche Wirtschaftsgüter
des Anlagevermögens gemäß § 8 Nr. 1 e GewStG dem Gewinn hinzugerechnet. Unter
Berücksichtigung dieser Berechnungsweise ergebe sich eine theoretische
Gewerbesteuerbelastung der K Mietservice GmbH (auf Stand-Alone-Basis unter
Berücksichtigung der beschriebenen Prämissen) in Höhe von 135.150 €. Zuzüglich der
Körperschaftsteuerbelastung in Höhe von 28.412 € sowie einer Verpflichtung zur
Zahlung von Solidaritätszuschlag in Höhe von 1.562,66 € würde sich mithin die
Gesamtsteuerbelastung auf 165.124,66 € summieren. Die Gesamtsteuerbelastung
entspreche somit einem Anteil von knapp 87,4 % des handelsrechtlichen Ergebnisses in
Höhe von 188.962 €.
Hinsichtlich der Gewerbesteuerbelastung sei zu berücksichtigen, dass der vorläufige
Jahresüberschuss von 188.962 € zuzüglich nicht abziehbarer Aufwendungen in Höhe
von 457 € insgesamt 189.419 € betrage. Hierzu komme die vom Beklagten
vorgenommene Hinzurechnung in Höhe von 688.227 €, die zu einem Gewerbeertrag in
Höhe von insgesamt 877.646 € führe. Dieser steuerpflichtige Gewerbeertrag ergebe
einen Gewerbesteuermessbetrag in Höhe von 30.716 € (3,5 % von 877.646 €), der unter
Berücksichtigung des einschlägigen Hebesatzes von 440 % zu einer
Gewerbesteuerschuld in Höhe von 135.150 € führe. Allein die Gewerbesteuerschuld
betrage mithin ca. 71,5 % des handelsrechtlichen Jahresüberschusses.
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Die Klägerin vertritt den Standpunkt, dass die Hinzurechnung der von der K Mietservice
GmbH aufgewendeten Miet- und Pachtzahlungen zum Gewinn aus Gewerbebetrieb im
Sinne von § 7 GewStG möglicherweise noch dem Wortlaut der Vorschrift entsprechen
könne, nicht jedoch dem Sinn und Zweck des § 8 Nr. 1 e GewStG.
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Voraussetzung für eine Anwendung von § 8 Nr. 1 e GewStG sei, dass es sich um Miet-
und Pachtzinsen für die Benutzung unbeweglicher Wirtschaftsgüter des
Anlagevermögens, die im Eigentum eines anderen stehen, handelt. Dies wäre
vorliegend der Fall, wenn die Miet- und Pachtzahlungen tatsächlich für die Benutzung
unbeweglicher Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens geleistet worden wären. Für
diese Annahme spreche, dass es sich bei Grundbesitz, insbesondere
Mietwohngrundstücken, um unbewegliche Wirtschaftsgüter handle und dass diese bei
einer längerfristigen betrieblichen Nutzung regelmäßig dem Anlagevermögen
zuzuordnen seien. Im Streitfall erfolge jedoch gar keine unmittelbare Nutzung des
Grundbesitzes durch die K Mietservice GmbH. Vielmehr bestehe das Interesse der K
Mietservice GmbH bei der Anmietung bzw. bei der Erbringung der Miet- bzw.
Pachtzahlungen an die Eigentümer darin, eine Nutzungsberechtigung, also ein
immaterielles Wirtschaftsgut oder Recht zu erwerben, um dieses entgeltlich an Dritte,
die endgültigen Mieter des Wohnraums zu überlassen.
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Die insoweit in Rede stehenden Nutzungsrechte seien auch von vornherein dazu
bestimmt, baldmöglichst an die Endmieter weitergegeben zu werden. Es handle sich
daher um immaterielle Wirtschaftsgüter des Umlaufvermögens.
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Nach dieser wirtschaftlich sinnvollen Interpretation sei § 8 Nr. 1 e GewStG auf den
Streitfall von vornherein gar nicht anzuwenden. Denn eine entgeltliche Nutzung von
Grundbesitz für betriebliche Zwecke der K Mietservice GmbH finde gerade nicht statt.
Gegenstand der Miet- bzw. Pachtverhältnisse sei vielmehr das Recht zur
weitergehenden Nutzungsüberlassung.
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Soweit sich das Gericht dieser Auslegung des Gesetzes allerdings nicht anschließen
sollte, sei § 8 Nr. 1 e GewStG darüber hinaus als verfassungswidrig anzusehen und
daher auf den vorliegenden Fall im Ergebnis ebenfalls nicht anzuwenden.
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Im Streitfall führe die Anwendung des § 8 Nr. 1 e GewStG nämlich zu einer
erdrosselnden Besteuerung und verstoße damit eindeutig gegen die Garantien des
Artikel 14 Abs. 1 GG. Auch wenn dem Übermaßverbot keine zahlenmäßig zu
konkretisierende allgemeine Obergrenze der Besteuerung entnommen werden könne,
dürfe die steuerliche Belastung keinesfalls so weit gehen, dass der wirtschaftliche Erfolg
grundlegend beeinträchtigt werde und damit nicht mehr in dem nach Abzug der
anfallenden Steuern verbleibenden Vermögen angemessen zum Ausdruck komme.
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Der Schutzbereich von Artikel 14 Abs. 1 GG sei jedenfalls dann verletzt, wenn die
Geldleistungspflichten den Betroffenen übermäßig belasteten und seine
Vermögensverhältnisse so grundlegend beeinträchtigten, dass sie eine erdrosselnde
Wirkung hätten. Im Streitfall betrage die Belastung des handelsrechtlichen
Jahresüberschusses auf Stand-Alone-Basis knapp 87,4 % unter Berücksichtigung von
Gewerbesteuer, Körperschaftsteuer und Solidaritätszuschlag. Allein die Gewerbesteuer
stelle eine Belastung in Höhe von gut 71,5 % des handelsrechtlichen
Jahresüberschusses dar. Demzufolge komme es unter Anwendung der
einfachgesetzlichen Vorgaben des Steuerrechts dazu, dass der K Mietservice GmbH
nach Abzug sämtlicher Steuern nicht einmal mehr 1/7 ihres handelsrechtlichen
Jahresüberschusses als Gewinn nach Steuern verbleibe. Dies sei jedoch mit der
Eigentumsgarantie des Artikels 14 Abs. 1 GG eindeutig nicht vereinbar.
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Ebenfalls verstoße § 8 Nr. 1 e GewStG im Streitfall gegen Artikel 3 Abs. 1 GG, den
allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz. Dieser Verstoß ergebe sich daraus, dass § 8
Nr. 1 e GewStG die notwendige Differenzierung zwischen der Anmietung von
Immobilien für Zwecke der eigenbetrieblichen Selbstnutzung auf der einen und für
Zwecke der Weitervermietung zu Wohnzwecken auf der anderen Seite nicht vornehme.
Diese fehlende notwendige Differenzierung könne auch in den für das Steuerrecht
kennzeichnenden Typisierungs- und Vereinfachungsüberlegung bei der Formulierung
des Gesetzes keine Rechtfertigung finden, zumal die Gesetzesbegründung insoweit
nicht einmal ansatzweise eine bewusste diesbezügliche Entscheidung des
Gesetzgebers erkennen lasse. Die Möglichkeit von Fallkonstellationen wie der
vorliegenden habe der Gesetzgeber offensichtlich nicht einmal erkannt.
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Die grundsätzliche Freiheit des Gesetzgebers, diejenigen Sachverhalte zu bestimmen,
an die das Gesetz die selben Rechtsfolgen knüpfe und die er als rechtlich gleich
qualifiziere, werde insbesondere im Bereich des Ertrag- und somit auch des
Gewerbesteuerrechts vor allem durch zwei eng miteinander verbundene Leitlinien
begrenzt, nämlich durch das Gebot der Ausrichtung der Steuerlast am Prinzip der
finanziellen Leistungsfähigkeit und durch das Gebot der Folgerichtigkeit. Danach müsse
im Interesse verfassungsrechtlich gebotener steuerlicher Lastengleichheit darauf
abgezielt werden, Steuerpflichtige bei gleicher Leistungsfähigkeit auch gleich hoch zu
besteuern (horizontale Steuergerechtigkeit). Bei der Ausgestaltung des
steuerrechtlichen Ausgangstatbestands müsse die einmal getroffene
Belastungsentscheidung folgerichtig im Sinne der Belastungsgleichheit umgesetzt
werden. Ausnahmen von einer solchen folgerichtigen Umsetzung bedürften eines
besonderen sachlichen Grundes. Als besondere sachliche Gründe für Ausnahmen von
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einer folgerichtigen Umsetzung und Konkretisierung steuergesetzlicher
Belastungsentscheidungen habe das Bundesverfassungsgericht in seinem bisherigen
Rechtsprechung vor allem außerfiskalische Förderungs- und Lenkungszwecke sowie
Typisierungs- und Vereinfachungserfordernisse anerkannt, nicht jedoch den rein
fiskalischen Zweck staatlicher Einnahmeerhöhung. Gerade dies schließe auch die
Verpflichtung des Gesetzgebers ein, die Bandbreite der in Betracht kommenden
Lebenssachverhalte umfassend zu analysieren und zu entscheiden, inwieweit diese
miteinander vergleichbar seien, also eine steuerliche Gleichbehandlung rechtfertigen.
Insoweit bestehe hinsichtlich der streitgegenständlichen Norm des § 8 Nr. 1 e GewStG
die Notwendigkeit, dahingehend zu differenzieren, ob das Anmieten von Immobilien der
unmittelbaren Nutzung derselben diene oder ob diese zum Zwecke der
Weitervermietung zu Wohnzwecken genutzt würden und sich daher die Mieten bzw.
Pachten, die an die jeweiligen Eigentümer zu zahlen seien, betriebswirtschaftlich als
Wareneinsatz darstellen.
Hinzu komme, dass die für die Lastengleichheit im Ertrag - und damit auch im
Gewerbesteuerrecht - maßgebliche finanzielle Leistungsfähigkeit sich nach dem
objektiven und dem subjektiven Nettoprinzip bemesse. Danach unterliege der
Gewerbesteuer grundsätzlich nur das Nettoeinkommen, nämlich der Saldo aus den
Betriebseinnahmen einerseits und den Betriebsausgaben andererseits. Unter
Abweichung vom objektiven Nettoprinzip habe der Gesetzgeber des
Gewerbesteuergesetzes in verschiedenen Regelungen des § 8 GewStG die
Hinzurechnung bestimmter Betriebsausgaben vorgesehen. Dies diene, wie der
Gesetzgeber es ausdrückt, der Bestimmung des sogenannten objektivierten
Gewerbeertrags. Dies sei nach seiner Auffassung die Größe, die ausgehend von den
nach den Grundsätzen des Einkommensteuergesetzes und des
Körperschaftsteuergesetzes ermittelten Gewinns den Ertrag des Betriebes darstelle, der
insbesondere unabhängig von der Art und Weise des für die Kapitalausstattung des
Betriebs zu entrichtenden Entgelts erwirtschaftet werde. Die Zielrichtung des
Gesetzgebers bestehe also grundsätzlich darin, nicht alle Arten von Betriebsausgaben
im Rahmen der Anwendung des Nettoprinzips zum steuerlich wirksamen Abzug
zuzulassen. Tatsächlich handele es sich dabei also um einen Eingriff in das
Nettoprinzip, da unstreitig vorliegende und liquiditätsmäßig auch aus dem
Unternehmensvermögen abgeflossene Aufwendungen für Zwecke der Gewerbesteuer
dem handelsrechtlichen Ergebnis wieder hinzugerechnet würden.
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Das Bundesverfassungsgericht habe es bisher offen gelassen, ob das objektive
Nettoprinzip Verfassungsrang habe. Jedenfalls aber könne der Gesetzgeber dieses
Prinzip beim Vorliegen gewichtiger Gründe durchbrechen und sich dabei
generalisierender, typisierender und pauschalierender Regelungen bedienen. Hiernach
entfalte schon das einfachrechtliche objektive Nettoprinzip Bedeutung, vor allen im
Zusammenhang mit den Anforderungen an hinreichende Folgerichtigkeit bei der
näheren Ausgestaltung der gesetzgeberischen Grundentscheidung. Die Beschränkung
des steuerrechtlichen Zugriffs nach Maßgabe des objektiven Nettoprinzips als
Ausgangstatbestand gehöre zu diesen Grundentscheidungen, sodass Ausnahmen von
der folgerichtigen Umsetzung der mit dem objektiven Nettoprinzip betroffenen
Belastungsentscheidung eines besonderen sachlich rechtfertigenden Grundes
bedürften. Auf dieser Grundlage könne die Frage nach dem Verfassungsrang des
objektiven Nettoprinzips auch hier offen bleiben. Denn eine Rechtfertigung für
Abweichungen vom Nettoprinzip, wie sie sich aus § 8 Nr. 1 e GewStG ergeben, sei
vorliegend, auch aus der Gesetzesbegründung, nicht ersichtlich, sodass von einer
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folgerichtigen Umsetzung der grundsätzlichen Belastungsentscheidung keine Rede
sein könne.
Die Vorschrift des § 8 Nr. 1 e GewStG verstoße gegen den allgemeinen
Gleichheitsgrundsatz des Artikel 3 Abs. 1 GG, denn die Regelung werde den
verfassungsrechtlichen Anforderungen an eine folgerichtige Umsetzung
steuerrechtlicher Belastungsentscheidung nicht gerecht. Die Norm weiche, jedenfalls
bezogen auf den Streitfall, von dem nach dem Nettoprinzip maßgeblichen
Veranlassungsprinzip ab. Verfassungsrechtlich hinreichende sachliche Gründe für
diese Abweichung ergäben sich weder aus dem vom Gesetzgeber verfolgten Zweck der
Einnahmevermehrung noch im Rahmen gesetzgeberischer Typisierungsbefugnisse
unter dem Aspekt des Ausschlusses der Relevanz von betrieblichen
Finanzierungseffekten im Rahmen der Gewerbesteuer.
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Die Vorschrift des § 8 Nr. 1 e GewStG unterscheide nicht danach, ob und inwieweit die
angemieteten bzw. gepachteten Immobilien unmittelbar zur eigenbetrieblichen Nutzung
verwendet würden oder ob sie zu Wohnzwecken weiter vermietet werden. Demzufolge
bleibe unberücksichtigt, dass die Mietaufwendungen im Zusammenhang mit der
Anmietung zum Zwecke der Weitervermietung betriebswirtschaftlich praktisch
Wareneinsatz darstellten. Die Mietflächen würden von der Klägerin Dritten zur Nutzung
überlassen. Eine eigenbetriebliche Nutzung zu anderen Zwecken, etwa zum Zwecke
der Produktion oder Ähnlichem finde nicht statt. Die Entscheidung, die
weitervermieteten Flächen nicht käuflich zu erwerben, sondern sie anzumieten, sei also
im Falle der Klägerin keine im wesentlichen vom Finanzierungsgesichtspunkt
getriebene operative Entscheidung, sondern bilde ein kennzeichnendes Merkmal ihres
Unternehmenszwecks.
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Die Regelung des § 8 Nr. 1 e GewStG enthalte daher, bezogen auf den Streitfall, eine
singuläre Abweichung von dem nach dem ertragssteuerrechtlichen Nettoprinzip für die
Abgrenzung gewerblicher Aufwendungen maßgeblichen Veranlassungsprinzip. Nicht
das nach dem Nettoprinzip entscheidende Ergebnis von Bestimmung und Bewertung
der gewerblichen Gründe und Ziele der Aufwendungen, sondern ausschließlich der
unterstellte Finanzierungszweck der Entscheidung zur Anmietung entscheide über die
Hinzurechnung.
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Die Regelung des § 8 Nr. 1 e GewStG genüge somit nicht den verfassungsrechtlichen
Anforderungen an typisierende Regelungen. Sie sei weder nach der gesetzgeberischen
Zielsetzung noch nach dem objektiven Regelungsgehalt das Ergebnis eines
Typisierungsvorgangs. Der Gesetzgeber habe nicht von seiner Typisierungsbefugnis
Gebrauch gemacht, sondern sich von Erwägungen leiten lassen, die mit einer
zulässigen Typisierung in keinem erkennbaren Zusammenhang stünden. Nach alledem
sei klar, dass entweder die Rechtsauffassung der Klägerin auf der Grundlage einer
zurückhaltenden Auslegung von § 8 Nr. 1 e GewStG in vollem Umfang begründet sei
oder das Verfahren gemäß Artikel 100 Abs. 1 Satz 1 GG auszusetzen sei und die Frage
der Verfassungswidrigkeit von § 8 Nr. 1 e GewStG dem Bundesverfassungsgericht zur
Entscheidung vorzulegen sei.
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Insbesondere habe das BVerfG selbst zuletzt noch einmal hervorgehoben, dass auch
die Vereinbarkeit der Gewerbesteuer mit dem Gleichheitssatz von ihrer konkreten
Ausgestaltung und von ihrer Einbindung in das System der anderen
einkunftsbezogenen Steuern abhänge (vgl. Beschluss vom 15.01.2008, 1 BvL 2/04). In
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den vergangenen Jahren habe sich der Charakter der Gewerbesteuer sehr stark
gewandelt. Durch die praktische Eliminierung der Gewerbekapitalsteuer lege der
Gesetzgeber nunmehr der Gewerbesteuer die im Gewerbeertrag ausgedrückte
wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Gewerbesteuerobjekts, also des
Gewerbebetriebs, zugrunde. Damit handele es sich aber bei der Gewerbesteuer letztlich
um eine Ertragsteuer, die den Nettoertrag als Besteuerungsgröße zugrunde lege. Damit
könne die zu besteuernde Leistungsfähigkeit nicht mehr an einem fiktiven Soll-Ertrag
orientiert werden, sondern müsse am Ist-Ertrag bemessen werden.
Eine fortbestehende Besteuerung der Vermögenssubstanz im Rahmen der
Gewerbesteuer führe daher zu einer Verletzung der Artikel 3 Abs. 1, 12 Abs. 1 und 14
Abs. 1 GG.
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Die Klägerin beantragt,
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den angefochtenen Bescheid über den Gewerbesteuermessbetrag für 2008 vom
28.01.2010 und die hierzu ergangene Einspruchsentscheidung vom 05.03.2010
aufzuheben,
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hilfsweise das Verfahren auszusetzen und die Frage der Verfassungswidrigkeit
des § 8 Nr. 1 e GewStG nach Artikel 100 Abs. 1 GG dem
Bundesverfassungsgericht vorzulegen.
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Der Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Zur Begründung verweist er im Wesentlichen auf die Ausführungen in seiner
Einspruchsentscheidung vom 05.03.2010. Im Übrigen habe das BMF selbst in einem
Schreiben vom 07.05.2009 dargelegt, dass der Gesetzeszweck des § 8 Nr. 1 GewStG
auch in den sogenannten "Durchleitungsmietverträgen" zum Tragen komme. Die
Problematik der "Durchleitungsfälle" sei zudem im Gesetzgebungsverfahren bekannt
gewesen und habe lediglich in den Fällen des § 8 Nr. 1 f GewStG zu einer Ausnahme
von der Hinzurechnung geführt. Dieser Rechtsstandpunkt finde sich auch in den
gleichlautenden Erlasse der Finanzministerien der Länder vom 04.07.2008 (BStBl I
2008, 730 Rn. 32) wieder.
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Die Klägerin hat, nachdem der Beklagte nach Erlass der Einspruchsentscheidung eine
die Aussetzung der Vollziehung des angegriffenen Gewerbesteuermessbescheides
abgelehnt hat, bei Gericht die Aussetzung der Vollziehung beantragt. In dem beim
erkennenden Senat zum Az.: 9 V 1023/10 geführten Verfahren hat der Senat mit
Beschluss vom 26.05.2010 ebenfalls eine Aussetzung der Vollziehung abgelehnt.
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Entscheidungsgründe
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Die Klage ist nicht begründet.
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Der Beklagte hat in zutreffender Anwendung des § 8 Nr. 1 e GewStG die teilweise
Hinzurechnung der Mietaufwendungen der Organgesellschaft K Mietservice GmbH zum
Gewerbeertrag vorgenommen. Die hiergegen von der Antragstellerin erhobenen
einfachgesetzlichen und verfassungsrechtlichen Bedenken sind nicht durchgreifend.
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I. Gemäß § 8 Nr. 1 e GewStG sind dem Gewinn aus Gewerbebetrieb im Sinne des § 7
GewStG nach Maßgabe der weiteren Voraussetzung des § 8 Nr. 1 GewStG ein Viertel
u.a. von 13/20 der Miet- und Pachtzinsen für die Benutzung der unbeweglichen
Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, die im Eigentum eines anderen stehen,
hinzuzurechnen. Diese im Jahre 2007 an die Stelle des bis dahin geltenden § 8 Nr. 7
GewStG a.F. getretene Vorschrift verfolgt wie ihre Vorgängerregelung den Zweck, den
Finanzierungsanteil der Miet- und Pachtzinsen, der den objektivierten Gewerbeertrag
nicht schmälern soll, zu erfassen (vgl. Güroff in Glanegger/Güroff, Kommentar zum
Gewerbesteuergesetz, 7. Auflage 2009, § 8 Nr. 1 e Rn. 1).
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1. Soweit die Klägerin davon ausgeht, dass der im Streitfall vorliegende Sachverhalt
überhaupt nicht vom Wortlaut des § 8 Nr. 1 e GewStG erfasst werde, kann sich der
erkennende Senat dieser Rechtsauffassung nicht anschließen.
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Denn da die K Mietservice GmbH fremde Wohnimmobilien, die im Eigentum Dritter
stehen, anmietet und sodann selbst weiter vermietet, sind die tatbestandlichen
Voraussetzungen der Vorschrift dem Wortlaut nach erfüllt. Bei den angemieteten
Wohnimmobilien handelt es sich um unbewegliche Wirtschaftsgüter. Diese werden
auch von der K Mietservice GmbH dauerhaft im Wege der Vermietung genutzt, um durch
ihren Einsatz in Gestalt der Weitervermietung Umsätze zu erzielen bzw. Erträge zu
erwirtschaften. Damit handelt es sich um Wirtschaftsgüter, die zum dauernden Einsatz
im Unternehmen der K Mietservice GmbH bestimmt sind um mithin um unbewegliche
Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens. Denn Mietzinsen werden dann für die
Benutzung von Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens gezahlt, wenn die
Wirtschaftsgüter für den Fall, dass sie im Eigentum des Mieters stünden, dessen
Anlagevermögen zuzurechnen wären (vgl. BFH-Urteil vom 29.11.1972 I R 178/70, BStBl
II 1973, 148). Diese Voraussetzung ist im Streitfall ebenso erfüllt wie das Erfordernis,
dass die angemieteten Immobilien im Eigentum einer anderen Person stehen.
41
2. Soweit die Klägerin demgegenüber in Zweifel zieht, dass der Wortlaut der
Hinzurechnungsvorschrift des § 8 Nr. 1 e GewStG erfüllt sei, weil die K Mietservice
GmbH die betreffenden Wohnimmobilien nicht selbst einer unmittelbaren Nutzung in
ihrem Geschäftsbetrieb unterzieht, sondern vielmehr Dritten zur Nutzung überlässt und
mithin das eigentliche Interesse der K Mietservice GmbH bei der Anmietung darin
bestehe, die Nutzungsberechtigung, also ein immaterielles Wirtschaftsgut zu erwerben,
dieses entgeltlich an Dritte, die endgültigen Mieter des Wohnraums, zu überlassen, so
erachtet der erkennende Senat auch diese Bedenken nicht für durchgreifend.
Insbesondere kann es sich bei den angemieteten Wohnimmobilien nicht um
immaterielle Wirtschaftsgüter des Umlaufvermögens handeln, die gewissermaßen als
Gegenstände des Wareneinsatzes zu qualifizieren sind.
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Denn die Differenzierung zwischen der Anmietung eines beweglichen oder
unbeweglichen Gegenstands selbst und des Erwerbs eines bloßen Nutzungsrechts an
dem betreffenden Mietgegenstand trägt nicht. Die Anmietung eines beweglichen oder
unbeweglichen materiellen Wirtschaftsguts führt immer dazu, dass auch ein
Nutzungsrecht in dem von der Nutzungsvereinbarung bestimmten Umfang erworben
wird.
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Mit ihrer Rechtsansicht nimmt die Klägerin erkennbar Bezug auf § 100 BGB, wonach zu
den Nutzungen einerseits die Früchte einer Sache oder eines Rechtes sowie
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andererseits die Vorteile gehören, die der Gebrauch der Sache oder des Rechts selbst
gewährt. Insoweit hat aber bereits der BFH in seiner Entscheidung vom 29.11.1972 (I R
178/70, a.a.O., im Urteilsfall ging es um die An- und Weitervermietung von Containern)
zu § 8 Nr. 7 GewStG a.F., der Vorgängervorschrift zu § 8 Nr. 1 d und e GewStG,
festgestellt, dass der in dieser Vorschrift verwandte Begriff der Benutzung nicht nur den
Gebrauch der Sache durch den Mieter selbst umfasse, sondern wesentlich weiter zu
verstehen sei. Dies ergebe sich zum einen daraus, dass § 8 Nr. 7 von Miet- und
Pachtzinsen spreche und die Pacht (§ 581 BGB) im Gegensatz zur Miete (§ 535 BGB)
nicht nur den Gebrauch, sondern auch die Nutzung eröffne. Zum anderen sei auch nicht
erkennbar, welche sachlichen Gründe für eine Beschränkung der Hinzurechnung auf
die Fälle des Gebrauchs sprechen könnten. Daher wird ein Wirtschaftsgut für den
Betrieb des Mieters oder Pächters nicht nur dann benutzt, wenn es in dessen Betrieb
genutzt wird, sondern auch dann, wenn es aus betrieblichen Gründen im Wege der
Weitervermietung einem Dritten zur Nutzung überlassen wird (so auch das
Fachschrifttum, vgl. Hofmeister in Blümich, Kommentar zum Gewerbesteuergesetz,
Stand Februar 2008, § 8 Rn. 217; Sarrazin in Lenski/Steinberg, Kommentar zum
Gewerbesteuergesetz, Stand Januar 2010; § 8 Nr. 1 Buchst. d Rn. 20; Güroff in
Glanegger/Güroff, a.a.O., § 8 Nr. 1 d Anm. 3). Insbesondere lassen sich danach aus dem
Unterschied der Begriffe der Benutzung in § 8 Nr. 1 d und e GewStG und des
Gebrauchs in §§ 535, 581 BGB keine rechtlichen Schlussfolgerungen ableiten.
Zwar unterscheidet sich der Zweck der Anmietung durch die K Mietservice GmbH im
Hinblick auf die angestrebte Weitervermietung der betreffenden Wohnimmobilien von
derjenigen Situation, in der sich ein Unternehmen befindet, das die betreffenden
Räumlichkeiten für die eigene Leistungserstellung und gerade nicht zur Überlassung an
Dritte anmietet. Diese Unterscheidung wird jedoch von der Tatsache überlagert, dass
die K Mietservice GmbH am Markt wie ein Immobilienunternehmen auftritt, das kraft
einer ausreichenden Eigenkapitalbasis die betreffenden Wohnimmobilien selbst gekauft
oder selbst errichtet hat und diese sodann nicht weiter veräußert, sondern vermietet. Die
K Mietservice GmbH wird mithin hinsichtlich ihres gewerbesteuerlichen Ertrags einem
solchen Immobilienunternehmen, das eigene Wohnimmobilien vermietet, gleichgestellt.
Die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Hinzurechnungsvorschrift des § 8 Nr. 1 e
GewStG sind mithin dem Wortlaut dieser Vorschrift nach gegeben.
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3. Die Anwendung der Vorschrift des § 8 Nr. 1 e GewStG auf die Situation der K
Mietservice GmbH widerspricht auch nicht dem Sinn und Zweck dieser Vorschrift.
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Die Vorschrift des § 8 Nr. 1 GewStG rechnet dem als Ausgangsgröße dienenden
Gewinn nach § 7 Satz 1 GewStG, der nach den Regeln des Einkommensteuergesetzes
oder des Körperschaftsteuergesetzes für den Gewerbebetrieb ermittelt worden ist,
bestimmte Entgelte für fremdes Geld- oder Sachkapital zu, die zuvor bei der
Gewinnermittlung abgezogen worden sind. Auf diese Weise sollen möglichst sämtliche
Finanzierungsaufwendungen für fremdes Betriebskapital der Gewerbesteuer
unterworfen werden. Ausweislich der Gesetzesbegründung soll der Nettoertrag der Miet-
und Pachtzinsen (der sogenannte "Finanzierungsanteil"), der im Betrieb erwirtschaftet
wurde, bei diesem zumindest teilweise der Gewerbesteuer unterliegen (vgl.
Bundestags-Drucksache 16/4841, S. 80). Der Finanzierungsanteil der Miet- und
Pachtzinsen soll mithin den objektivierten Gewerbeertrag nicht vermindern.
47
Der Umstand, dass die K Mietservice GmbH die angemieteten Immobilien nicht für die
eigene Leistungserstellung nutzt, so wie dies bei einem Produktions-, Handels-, oder
48
Dienstleistungsbetrieb üblich wäre, sondern dritten Personen im Wege einer
Weitervermietung zur Verfügung stellt, ist jedoch kein Ausnahmesachverhalt, der eine
spezifische oder unterschiedliche Behandlung der K Mietservice GmbH rechtfertigen
oder gar erfordern würde. Denn auch durch diese Verhaltensweise am Markt werden die
weitervermieteten Wohnimmobilien nicht zu Umlaufvermögen. Umlaufvermögen ist
vielmehr dadurch gekennzeichnet, dass es zum Verbrauch oder zur sofortigen
Veräußerung und gerade nicht zu einem dauernden Einsatz im Betrieb bestimmt ist.
Ganz im Gegenteil sind die von der K Mietservice GmbH angemieteten Wohnimmobilien
zum dauernden Einsatz im Geschäftsbetrieb der K Mietservice GmbH bestimmt, sie
stellen gerade den wesentlichen und grundlegenden Unternehmensgegenstand dar, mit
dem die K Mietservice GmbH ihren Gewerbeertrag erzielt.
Die K Mietservice GmbH als Unternehmen, das selbst über keine eigenen
unbeweglichen Wirtschaftsgüter verfügt, sondern diese anmietet und sodann weiter
vermietet, ist vielmehr mit einem Immobilienunternehmen zu vergleichen, das die
betreffenden Immobilien selbst errichtet oder erworben hat und sodann weiter vermietet.
49
Der einzige Unterschied zwischen diesen beiden branchengleichen
Unternehmenstypen besteht in ihrer strukturellen Ausgestaltung was den Einsatz von
Eigen- und Fremdkapital anbelangt. Während nämlich das Vergleichsunternehmen auf
der Basis eines breit angelegten Eigenkapitals die betreffenden Wohnimmobilien selbst
zu Eigentum erworben hat und ohne weitergehende Mietzinsaufwendungen vermieten
kann, muss sich die K Mietservice GmbH erst unter erhebliche Fremdkapitaleinsatz,
nämlich durch Anmietung der betreffenden Immobilien, in die Lage versetzen, mit diesen
Immobilien im Wege der Weitervermietung den identischen Gewerbeertrag zu erzielen.
50
Diese Situation wird von der Hinzurechnungsvorschrift des § 8 Nr. 1 e GewStG - zuvor §
8 Nr. 7 GewStG a.F. - aufgegriffen, als der Aufwand für den erheblichen
Fremdkapitaleinsatz in Gestalt der Mietzinsaufwendungen wenigsten teilweise wieder
dem gewerbesteuerlichen Ertrag hinzugerechnet wird. Der Senat vermag daher nicht zu
erkennen, dass die Hinzurechnung der Mietzinsaufwendungen nach Maßgabe des § 8
Nr. 1 e GewStG bei der K Mietservice GmbH nicht dem Sinn und Zweck dieser
Vorschrift entspräche. Der von der K Mietservice GmbH betriebene Fremdkapitaleinsatz
vermindert vielmehr den ertragsteuerlich ermittelten Gewinn und verfälscht daher den
Ausweis ihrer objektivierten Gewerbeertragskraft. Da diese objektivierte
gewerbesteuerliche Ertragskraft der K Mietservice GmbH aber derjenigen eines
Immobilienunternehmens, das vergleichbare Wohnimmobilien zu einem
entsprechenden Mietpreis vermietet, dafür jedoch eigene und nicht angemietete
Immobilien einsetzt, nicht substantiell nachsteht, hat eine zumindest teilweise
Hinzurechnung des Mietzinsaufwandes zu erfolgen, damit diese übereinstimmende
objektivierte gewerbesteuerliche Ertragskraft auch in der Gewerbesteuer zu einer
zumindest angenäherten Belastung führt.
51
II. Die von der Klägerin im Übrigen erhobenen verfassungsrechtlichen Bedenken gegen
die Regelung des § 8 Nr. 1 e GewStG sind nach Auffassung des Senats ebenfalls nicht
durchgreifend, sodass auch eine Vorlage des Verfahrens an das
Bundesverfassungsgericht nach Artikel 100 Abs. GG nicht in Betracht kommt.
52
1. So vermag der Senat in der Anwendung des § 8 Nr. 1 e GewStG und der damit
verbundenen Hinzurechnung der Miet- und Pachtzinsen im gesetzlich vorgesehenen
Umfang im Streitfall keinen Verstoß gegen Artikel 14 Abs. 1 GG und die dort verankerte
53
Eigentumsgarantie zu erkennen.
Die Vorschrift des § 8 Nr. 1 GewStG ordnet der Sache nach an, dass bestimmte Beträge,
die nach dem Einkommensteuergesetz oder dem Körperschaftsteuergesetz zur
Ermittlung des Gewinns aus Gewerbebetrieb abgezogen worden sind, bei der
Ermittlung des Gewerbeertrags wieder hinzugerechnet werden. Die Vorschrift enthält
somit in gewerbesteuerrechtlicher Hinsicht unter den dort genannten weiteren
Voraussetzungen Abzugsverbote. Diese sind lediglich gesetzestechnisch als
Hinzurechnung zum Gewinn ausgestaltet. Als Begründung und Rechtfertigung für diese
Abzugsverbote wird der Objektsteuercharakter der Gewerbesteuer hervorgehoben.
Charakteristisch für den Typus der Objektsteuer ist, dass Gegenstände (Sachen, Rechte
oder Gesamtheiten von ihnen) und nicht Personen besteuert werden und dass die
Besteuerungsgrundlagen an Merkmale des Besteuerungsgegenstandes z. B. an dessen
Größe, Wert oder Ertrag anknüpfen und nicht daran, welche Auswirkungen der
Besteuerungsgegenstand für die an ihm rechtlich oder wirtschaftlich beteiligten
Personen hat. Die Gewerbesteuer entspricht dem Typus einer Objektsteuer, weil sie den
Gewerbebetrieb als solchen besteuert und nicht dessen Inhaber. Derjenige, für dessen
Rechnung der Gewerbebetrieb betrieben wird und den das Gewerbesteuergesetz als
Unternehmer bezeichnet, ist lediglich der Schuldner der Gewerbesteuer. Die
Abzugsverbote des § 8 GewStG beruhen auf den Objektsteuercharakter der
Gewerbesteuer, da sie dazu dienen, die an das Merkmal Ertragskraft des
Gewerbebetriebs anknüpfende Besteuerungsgrundlage zu ermitteln. Die Abzugsverbote
erhöhen daher die Besteuerungsgrundlage um diejenigen Beträge, die zwar durch den
Betrieb erwirtschaftet worden sind, die aber der nach den Vorschriften des
Einkommensteuergesetzes oder des Körperschaftsteuergesetzes ermittelte Gewinn aus
Gewerbebetrieb nicht als Teil des vom Betrieb erwirtschafteten Ertrags ausweist (so die
Rechtslage zusammenfassend Hofmeister in Blümich, a.a.O. § 8 Rn. 21 ff. und Güroff in
Glanegger/Güroff, a.a.O., § 8 Rn. 1).
54
Die wirtschaftliche Bedeutung der Hinzurechnung liegt in der Erhöhung der
Gewerbesteuerbelastung der von ihnen betroffenen Betriebe. Dabei sind insbesondere
die Abzugsverbote nach § 8 Nr. 1 Buchst. a, d, e und f GewStG von erheblicher
wirtschaftlicher Bedeutung. Sie wirken sich für diejenigen Betriebe als schwerwiegende
Belastung aus, die mit hohem Fremdkapitaleinsatz arbeiten und nur geringe Gewinne
oder Verluste erzielen. Bei diesen Betrieben können die Abzugsverbote zur
Substanzbesteuerung führen.
55
Hiergegen bestehen allerdings nach der ständigen Rechtsprechung des
Bundesverfassungsgerichts keine verfassungsrechtlichen Bedenken, da es sich
insoweit um eine zwangsläufige Folge des Realsteuercharakters der Gewerbesteuer
handelt. Insbesondere in Fällen, in denen kein ausreichender Gewinn erzielt wird, um
die Gewerbesteuer daraus zu zahlen, oder in denen gar ein Verlust erzielt wird, muss
die sich aus der Hinzurechnung ergebende Gewerbesteuer aus der Substanz gezahlt
werden. Das Bundesverfassungsgericht hat insoweit jedoch darauf hingewiesen, dass
eine solche Substanzbesteuerung durch das verfassungsrechtlich nicht zu
beanstandende Objektsteuerprinzip hinreichend gerechtfertigt sei. Es entspreche dem
Wesen der Gewerbesteuer als einer Objektsteuer, dass der Betrieb als solcher,
losgelöst von der Beziehung zu einem bestimmten Rechtsträger, von der Steuer erfasst
werde. Deshalb habe der Gesetzgeber auf die objektive Wirtschaftskraft, die
wirtschaftliche Ertragsfähigkeit abgestellt, wie sie durch den erzielten Ertrag und die
Mittel, die zur Erzielung dieses Ertrags eingesetzt werden, repräsentiert wird. Sollen
56
aber das im Gewerbebetrieb arbeitende Kapital und der aus dem Gewerbebetrieb
erzielte Ertrag erfasst werden, so erscheint es als systemgerecht, wenn auch das
Fremdkapital und die auf das Fremdkapital entfallenden Nutzungen dem
Betriebsvermögen bzw. dem Betriebsertrag zugerechnet werden (vgl. BVerfG-
Beschlüsse vom 13.05.1969 1 BvR 25/65, BStBl II 1969, 424 und vom 29.08.1974 1
BvR 67/73, HFR 1974, 498). Auf der Grundlage des Objektsteuerprinzips als
Fundamentalprinzip des Gewerbesteuerrechts werde der Gewerbebetrieb selbst als
Steuerobjekt ohne Rücksicht auf die persönlichen Verhältnisse der Beteiligten und ihre
persönlichen Beziehungen zum Steuerobjekt erfasst. Insbesondere werde dabei nicht
auf die persönliche Leistungsfähigkeit der Betriebsinhaber abgestellt (vgl. BVerfG-
Beschluss vom 25.10.1977 1 BvR 15/75, BStBl II 1978, 125). Auch der Bundesfinanzhof
hat im Urteil vom 05.07.1973 (IV R 215/71, BStBl II 1973, 739) festgestellt, dass die
Hinzurechnungen auch dann nicht gegen die Eigentumsgarantie des Artikel 14 Abs. 1
Satz 1 GG verstießen, wenn der Gewerbebetrieb keine oder nur geringe Gewinne
erziele.
Hieraus ist ersichtlich, dass es gerade dem System und der Struktur der Gewerbesteuer
entspricht, dass im Hinblick auf die Erfassung der objektivierten Ertragskraft des
betreffenden Betriebes die Besteuerung sich dann zu einer Substanzbesteuerung
auswachsen kann, wenn ein Betrieb mit hohem Fremdkapitaleinsatz oder mit in
erheblichem Umfang gemieteten oder gepachteten Wirtschaftsgütern arbeitet. Diesem
Strukturprinzip der Gewerbesteuer entspricht es, dass auch ein gewinnschwaches
Unternehmen oder ein solches, das mit Verlust arbeitet, je nachdem mit einer hohen
Gewerbesteuerzahlung belastet werden kann. Aber auch diese Folge der
Substanzbesteuerung kann nicht verfassungsrechtlich beanstandet werden.
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Angesichts des insoweit allein maßgeblichen Objektsteuerprinzips und des Zugriffs der
Gewerbesteuer allein auf den objektivierten Gewerbeertrag ohne Rücksicht auf die
Leistungsfähigkeit des Betriebsinhabers kann die Klägerin nicht mit dem Argument
durchdringen, im Streitfall entfalte eine Gewerbesteuerbelastung von ca. 71,5 % im
Verhältnis zum handelsrechtlichen Jahresüberschuss eine erdrosselnde und damit die
Eigentumsgarantie verletzende Wirkung. Denn die für das Einkommensteuerrecht
maßgeblichen Grundsätze, dogmatischen Rechtfertigungen und verfassungsrechtlichen
Begrenzungen hinsichtlich des Umfangs des Besteuerungszugriffs, wie sie
insbesondere in den Prinzipien der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit, des objektiven
und subjektiven Nettoprinzips sowie dem Übermaßverbot zum Ausdruck kommen,
haben für das Gewerbesteuerecht so keine Aussagekraft. Der Zugriff auf den
objektivierten Gewerbeertrag gestattet vielmehr auch dann einen gewerbesteuerlichen
Zugriff, wenn der Betrieb nach den ertragsteuerlichen Gewinnermittlungsvorschriften gar
keinen Gewinn erzielt hat, oder sogar einen Verlust.
58
Insbesondere in Anbetracht der Tatsache, dass es im Streitfall überhaupt nicht zu einer
Substanzbesteuerung kommt, da die Gewerbesteuerbelastung nicht den tatsächlich
erzielten handelsrechtlichen Überschuss erreicht oder gar übersteigt, sind die gegen die
Rechtmäßigkeit des angegriffenen Gewerbesteuermessbescheides erhobenen
Bedenken nicht durchgreifend. Denn ein Verstoß der Gewerbesteuerbelastung gegen
Artikel 14 Abs. 1 GG kann nur dann gegeben sein, wenn die sich hieraus ergebende
Geldleistungspflicht nach Struktur und gesetzessystematischen Zusammenhang den
Steuerpflichtigen übermäßig belastet und sein Vermögen grundlegend beeinträchtigt. In
Anbetracht dieser Strukturprinzipien der Gewerbesteuer, die nicht die Leistungsfähigkeit
des Betriebsinhabers besteuern will sondern die objektivierte Ertragskraft des Betriebes
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als solchen, können Begrifflichkeiten wie die der Erdrosselungssteuer oder des
Übermaßes jedenfalls nicht in Betracht kommen, da diese Rechtsgrundsätze an die
unmittelbaren Ertragssteuern anknüpfen, die die Leistungsfähigkeitssteigerung des
betreffenden Steuerpflichtigen als Bezugspunkt und Bemessungsgrundlage für die
festzusetzende Steuer haben.
Der Hinweis der Klägerin auf die im Streitfall eintretende Gewerbesteuerbelastung ihrer
Organgesellschaft mit 71 % des handelsrechtlichen Jahresüberschusses hat daher für
die Frage der Rechtmäßigkeit und insbesondere Verfassungsmäßigkeit dieser
Belastung im Hinblick auf die Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 GG keine
Aussagekraft.
60
Insbesondere vermag der Senat auch nicht zu erkennen, dass sich aus der von der
Klägerin angeführten neueren Entscheidung des BVerfG vom 15.01.2008 (1 BvL 2/04,
DStRE 2008, 1003), in der es den Fortbestand der historisch entwickelten
äqivalenztheoretischen Erwägungen als allgemeinen Ausgangspunkt für die innere
Rechtfertigung der Gewerbesteuer anerkennt, insoweit etwas Gegenteiliges ergeben
könnte.
61
2. Soweit die Klägerin letztlich einen Verstoß dieser Gewerbesteuerbelastung gegen
Artikel 3 Abs. 1 GG reklamiert, so kann der Senat auch diesem Rechtsstandpunkt nicht
folgen.
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Bereits der Ausgangspunkt der Klägerin, wonach der allgemeine Gleichheitssatz
hinsichtlich der Ausgestaltung des Gewerbesteuergesetzes vom Gesetzgeber verlange,
eine an der finanziellen Leistungsfähigkeit ausgerichtete hinreichend folgerichtige
Ausgestaltung steuergesetzlicher Belastungsentscheidungen vorzunehmen, vermag
den Senat nicht zu überzeugen. Denn in Anbetracht der Tatsache, dass die
Gewerbesteuer nach ihrem System und ihrer Struktur allein an die objektivierte
Ertragskraft des Betriebes anknüpft und gerade nicht an die Leistungsfähigkeit des
betreffenden Betriebsinhabers, kann es bei ihr auch nicht darum gehen, ihre
Zugriffsintensität und ihren Belastungsumfang an dessen finanzieller Leistungsfähigkeit
auszurichten.
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Insbesondere verstößt § 8 Nr. 1 e GewStG auch nicht deshalb gegen den allgemeinen
Gleichheitsgrundsatz, weil die notwendige Differenzierung zwischen der Anmietung von
Immobilien für Zwecke der eigenbetrieblichen Selbstnutzung auf der einen und für
Zwecke der Weitervermietung zu Wohnzwecken auf der anderen Seite durch den
Gesetzgeber nicht vorgenommen worden ist. Der Senat vermag insoweit nicht zu
erkennen, dass hinsichtlich der streitgegenständlichen Norm des § 8 Nr. 1 e GewStG
die Notwendigkeit besteht, dahingehend zu differenzieren, ob das Anmieten von
Immobilien der unmittelbaren Nutzung derselben dient oder diese zum Zwecke der
Weitervermietung zu Wohnzwecken genutzt werden und sich daher die Mieten bzw.
Pachten, die an die jeweiligen Eigentümer zu zahlen sind, betriebswirtschaftlich als
Wareneinsatz darstellen.
64
Im Gegensatz zu dem auf die subjektive Leistungsfähigkeit des Steuerpflichten
abstellenden objektiven Nettoprinzips stellt die Gewerbesteuer im Rahmen des
Objektssteuerprinzips auf die Ertragskraft des Betriebes als solchen ab, unabhängig von
der Person des Betriebsinhabers. Der Gewerbeertrag ist also all dasjenige, was der
Gewerbebetrieb als solcher, unabhängig von den persönlichen Verhältnissen des
65
Betriebsinhabers einschließlich der von diesem gewählten Finanzierungsformen,
objektiv erwirtschaftet hat bzw. erwirtschaften kann.
Dass somit im Streitfall kein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3
Abs. 1 GG vorliegt, ergibt sich für den Senat auch aus folgenden Überlegungen:
66
Die K Mietservice GmbH ist grundsätzlich mit zwei unterschiedlichen Typen von
Unternehmen zu vergleichen, die folgende unterschiedliche Struktur aufweisen. So ist
die K Mietservice GmbH zum einen mit solchen Unternehmen, die, was die Vermietung
von Immobilien anbelangt, einen identischen Unternehmensgegenstand aufweisen, zu
vergleichen, die allerdings über eine starke Eigenkapitalbasis verfügen und aus
Gründen der Wertbeständigkeit und des Renditevolumens dieses Eigenkapital in
Wohnimmobilien investiert haben und damit die Mieteinnahmen als ihre wesentliche,
wenn nicht ausschließliche Ertragsgrundlage ansehen. Diese Unternehmen haben
aufgrund ihrer starken Eigenkapitalbasis die betreffenden Immobilien selbst angeschafft,
also entweder errichtet oder erworben, und vermieten diese. Im Vergleich mit diesen
Unternehmen greift der Gesetzeszweck des § 8 Nr. 1 e GewStG in vollem Umfang ein,
denn die K Mietservice GmbH soll mit ihrem erheblichen Mietzinsaufwand denjenigen
Unternehmen gleichgestellt werden, die identische Mieteinnahmen als Gewerbeertrag
erwirtschaften, jedoch keinen Mietzinsaufwand dem entgegenstellen können. Dass
diese Vergleichsunternehmen über die erweiterte Kürzung nach § 9 Nr. 1 GewStG eine
zusätzliche Entlastung erfahren, ist eine im Hinblick auf Artikel 3 Abs. 1 GG bei der
Anwendung dieser Vorschrift zu klärende Problematik, die nicht geeignet ist, die
Rechtmäßigkeit der Hinzurechnung nach § 8 Nr. 1 e GewStG als solche im Falle der
Klägerin in Frage zu stellen.
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Vergleicht man allerdings die K Mietservice GmbH mit einem klassischen Mietservice-
Unternehmen, das den betreuten Immobilienbestand nicht selbst anmietet und sodann
auch nicht selbst vermietet, sondern das sich tatsächlich auf die technische und
kaufmännische Hausverwaltung in Gestalt von Hausmeisterdiensten, den Abschluss
und die Beendigung der Mietverhältnisse, die Überwachung der Mietzinszahlungen, die
Vertragspflege insgesamt sowie die Erstellung der Nebenkostenabrechnungen
konzentriert mit den damit im Zusammenhang stehenden Dienstleistungen, so erscheint
die unterschiedliche Behandlung zumindest nicht ohne weiteres nachvollziehbar.
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Der sachliche Rechtfertigungsgrund für diese unterschiedliche gewerbesteuerliche
Behandlung ergibt sich jedoch gerade aus dieser unterschiedlichen Struktur der
verschiedenen Unternehmenstypen. Das klassische Hausverwaltungsunternehmen
generiert nur einen Gewerbeertrag in Höhe der Vergütung für die von ihm erbrachten
Dienstleistungen. Die K Mietservice GmbH nimmt hingegen den Immobilieneigentümern
das Liquiditätsrisiko und den Verwaltungsaufwand im Bezug auf eine Vielzahl von
Wohnungsmietern ab. Die K Mietservice GmbH mietet in diesem Rahmen selbst einen
großen Immobilienbestand und ist damit alleiniger Mieter. Der Verwaltungsaufwand der
Eigentümer vermindert sich noch dadurch, dass diese keinen umfänglichen
Vertragsbestand mit zahlreichen Mietern verwalten müssen. Im Rahmen der
eigenständigen Weitervermietung tritt die K Mietservice GmbH vielmehr selbst als
Vermieter am Markt direkt auf, generiert durch die eigenständige Vermietung selbst
Mieterträge, trägt das Mietausfallwagnis, hat die bereits angesprochenen
Verwaltungsaufwand mit einer Vielzahl von Mietern, deren Mietzahlungen überwacht
werden müssen und für die Nebenkostenabrechnungen erstellt werden müssen und
rechtfertigt so die Wertung, dass die K Mietservice GmbH praktisch wie ein Betrieb zu
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behandeln ist, der die betreffenden Immobilien selbst besitzt. Der dabei erwirtschaftete
Gewerbeertrag in Gestalt der Mieteinnahmen wird bei einem Eigentümer jedoch gerade
nicht durch einen entsprechenden Mietzinsaufwand geschmälert, sodass die
diesbezügliche Hinzurechnung auch sachlich gerechtfertigt ist. Dies soll heißen, die K
Mietservice GmbH ähnelt in ihrer Unternehmensstruktur und in ihrem umfassenden
Dienstleistungsangebot eher einem Immobilienunternehmen, das seinen eigenen
Immobilienbestand selbst vermietet, als einem Hausverwaltungsunternehmen, das
lediglich im Rahmen der Betreuung eines fremden Immobilienbestandes und fremder
Mietverträge die genannten Dienstleistungen erbringen. Die K Mietservice GmbH nimmt
daher insoweit aufgrund der in eigener Zuständigkeit praktizierten
Vermietungsaktivitäten an einem weitaus größeren Wertschöpfungsprozess teil und
erzielt dabei in Gestalt der Mieteinnahmen einen entsprechend wesentlich größeren
Gewerbeertrag, der auch die wesentliche größere Ertragskraft abbildet. Dies bildet
zugleich auch den sachlichen Grund dafür, die K Mietservice GmbH gewerbesteuerlich
einem Immobilienunternehmen geleichzusetzen, das die Vermietung eigener Objekte
betreibt, und nicht einem Hausverwaltungsunternehmen, dass nur im Umfang seines
Dienstleistungsangebots Erträge erzielt und dementsprechend eine weitaus geringere
Ertragskraft aufweist.
Auch unter Berücksichtigung des allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatzes
bestehen daher keine durchgreifenden Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit des von
der Antragstellerin angegriffenen Gewerbesteuermessbescheides.
70
3. Die Hinzurechnung der Mietzinsen nach § 8 Nr. 1 e GewStG führt im Streitfall auch
nicht zu einem Verstoß gegen Art. 12 Abs. 1 GG. Denn für die Hinzurechnung des
Mietaufwands zum Gewerbeertrag und damit zur Bemessungsgrundlage der
Gewerbeertragsteuer gibt es - wie ausführlich dargestellt - aus der Struktur der
Gewerbesteuer als auf den Gewerbeertrag ausgerichtete Objektsteuer folgende
sachliche Rechtfertigungsgründe, sodass ein unzulässiger und damit
verfassungsrechtlich nicht hinzunehmender Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit der
betreffenden Unternehmen und Unternehmer nicht erkennbar ist.
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III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
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IV. Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO
zugelassen. Der Senat erachtet eine höchstrichterliche Klärung der Frage, ob § 8 Nr. 1 e
GewStG nach seinem Sinn und Zweck auch auf Fälle der vorliegenden Art, also der An-
und Weitervermietung und damit der Durchleitung von Mieterrechten, anwendbar ist, als
notwendig.
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