Urteil des FG Köln vom 15.03.2006

FG Köln: vollziehung, geschäftsführer, aussetzung, gesetzlicher vertreter, grobe fahrlässigkeit, eigenes verschulden, fälligkeit, grobes verschulden, steuerberater, vorsorge

Finanzgericht Köln, 13 V 931/06
Datum:
15.03.2006
Gericht:
Finanzgericht Köln
Spruchkörper:
13. Senat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
13 V 931/06
Tenor:
Der Antrag wird abgelehnt.
Die Kosten des Verfahrens trägt der Antragsteller.
Gründe
1
I.
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Streitig ist, ob der Antragsteller für Steuerschulden einer GmbH haftet.
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Der Antragsteller ist seit Gründung am 00.00.1993 Geschäftsführer der E. GmbH (im
Folgenden GmbH). Durch rechtskräftigen Beschluss des Amtsgerichts B. (...) vom
00.00.2005 wurde die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen dieser
Gesellschaft abgelehnt.
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Auf Grund einer steuerlichen Außenprüfung erließ der Antragsgegner am 00.00.2001
geänderte Körperschaftsteuerbescheide 1995 bis 1998 für die GmbH. Die hieraus
resultierenden erheblichen Steuernachforderungen basierten darauf, dass der
Antragsgegner Provisionszahlungen der GmbH an den Sohn des Antragstellers als
verdeckte Gewinnausschüttungen versteuerte.
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Hiergegen legte die GmbH, vertreten durch ihren damaligen Steuerberater O., am
00.00.2001 Einsprüche ein; gleichzeitig beantragte sie Aussetzung der Vollziehung.
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Mit Schreiben vom selben Tag teilte Herr O. dem Antragsteller mit:
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"als Anlage übersende ich Ihnen die Originale ihrer Steuerbescheide zu meiner
Entlastung zurück. Ich habe Kopien zu meinen Akten genommen.
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Gleichzeitig erhalten Sie als Anlage die Durchschrift meines Einspruchs an das
Finanzamt C. zu Ihrer Kenntnisnahme.
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Ich bitte Sie, keine Zahlung auf Grund dieser Bescheide zu leisten. Ich gehe davon
aus, dass das Finanzamt die Vollziehung der Bescheide aussetzt."
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Am 00.00.2001 teilte Herr O. dem Antragsteller mit:
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"als Anlage zu diesem Schreiben übersende ich Ihnen die Durchschriften meiner
heutigen Schreiben an das Finanzamt C. und an die Stadtverwaltung B. zur
Kenntnisnahme.
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Ich bitte Sie, vorläufig keine Zahlungen zu leisten.
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Die Originalbescheide übersende ich Ihnen zu meiner Entlastung zurück."
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Zu den Einzelheiten wird auf das Einspruchsschreiben vom 00.00.2001 und die
Schreiben des Herrn O. an den Antragsteller verwiesen (Anlage A 10 bis 12 der
Antragsschrift vom 00.00.2006).
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Nachdem der Antragsgegner die am 00.00.2001 fälligen Abgabenforderungen am
00.00.2001 und 00.00.2002 angemahnt hatte, setzte er die Steuerbeträge rückwirkend
ab Fälligkeit von der Vollziehung aus. Mit bestandskräftiger Einspruchsentscheidung
vom 00.00.2004 wies er die Einsprüche als unbegründet zurück (Anlage A 15 zur
Antragsschrift vom 00.00.2006). Wegen der Steuernachzahlungen nahm die GmbH
Steuerberater O. in Haftung. Mit Pfändungsverfügungen vom 00.00.2005 pfändete der
Antragsgegner bei dem Versicherer des Herrn O. fällige bzw. fällig werdende
Schadensersatzansprüche aus der von der GmbH geltend gemachten Falschberatung.
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Mit Haftungsbescheid vom 00.00.2005 nahm der Antragsgegner den Antragsteller in
Höhe von 51,6 % der noch offenen Steuerschulden (Körperschaftsteuer plus
Nebenleistungen) 1995 bis 1998 in Höhe von .... € (= Haftungssumme ... €) in Anspruch.
Zur Begründung führte er aus, der Antragsteller sei als gesetzlicher Vertreter nach § 34
Abs. 1 der Abgabenordnung -- AO -- verpflichtet, die steuerlichen Pflichten der GmbH zu
erfüllen, insbesondere fällige Steuern aus den von ihm verwalteten Mitteln zu entrichten.
Dies sei nicht geschehen. Die rückständigen Steuern und steuerlichen Nebenleistungen
seien "bis heute" nicht getilgt, obwohl verfügbare Mittel, wenn auch nur teilweise,
vorhanden gewesen seien. Hinsichtlich der Höhe der verfügbaren Mittel verwies der
Antragsgegner im Haftungsbescheid auf eine am 00.00.2005 eingereichte Aufstellung
des Antragstellers.
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Weiter führte er aus, es liege eine Pflichtverletzung vor. Dabei sei zu berücksichtigen,
dass die Pflicht zur Steuerentrichtung nicht erst bei Fälligkeit der Steuerschulden
entstehe. Ein Geschäftsführer verletzte die ihm auferlegten Pflichten schon dann, wenn
er sich durch Vorwegbefriedigung anderer Gläubiger oder in sonstiger Weise vorsätzlich
oder grob fahrlässig außer Stande setze, eine bereits entstandene aber erst künftig fällig
werdende Steuerforderung im Zeitpunkt der Fälligkeit zu tilgen. Hierzu verwies er auf
die im BStBl 1984 II, 776 und 1986 II, 657 veröffentlichten Urteile des Bundesfinanzhofs.
Die Pflichtverletzung sei zumindest grob fahrlässig und ursächlich für den Steuerausfall.
Der Haftungszeitraum beginne mit der ursprünglichen Fälligkeit der Steuerfestsetzung.
Die Aussetzung der Vollziehung schiebe die Steuerforderung nicht hinaus. Die
Verpflichtung zur Zahlung der Steuern bestehe weiterhin. Als Geschäftsführer sei der
Antragsteller verpflichtet gewesen, für den Fall, dass der Einspruch keinen Erfolg haben
werde, Mittelvorsorge für die rechtzeitige Bezahlung der dann fällig werdenden
Ansprüche zu treffen.
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Ferner enthielt der Haftungsbescheid Ausführungen zur Ermessensausübung. Zu den
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Einzelheiten wird auf den Haftungsbescheid vom 00.00.2005 nebst Anlage über die
Höhe der noch offenen Steuerforderungen verwiesen (Anlage A 4 zur Antragsschrift
vom 00.00.2006).
Hiergegen legte der Antragsteller am 00.00.2005 Einspruch ein; gleichzeitig beantragte
er Aussetzung der Vollziehung. Über den Einspruch hat der Antragsgegner noch nicht
entschieden, Aussetzung der Vollziehung lehnte er mit Schreiben vom 00.00.2005 ab
(Anlage A 1 und 2 der Antragsschrift vom 00.00.2006).
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Im Verlauf des Einspruchsverfahrens schlossen die GmbH und der Antragsteller am
00.00.2005 mit Herrn O. und dessen Haftpflichtversicherer (I. AG) einen Vergleich, an
dem auch der Antragsgegner beteiligt war. Der Vergleich enthält u. a. folgende
Regelung:
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"1. zum Ausgleich sämtlicher Schadensersatzforderungen von E. aus o.g.
Sachverhalt zahlt I. vor dem Hintergrund der vorgenannten Pfändungsverfügungen
jeweils an das Finanzamt C.
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a. einen Betrag von 75 % des Schadens, der von Herrn StB O. für die Jahre 1997
und 1998 berechnet worden ist (vgl. Anlage 1), somit einen Betrag von EUR ...,
sowie zusätzlich
b. einen Betrag in Höhe der Rechtsanwaltskosten gem. RVG auf Basis eines
Gegenstandswerts von EUR ..., einschließlich der Kosten dieses Vergleichs, somit
einen Betrag von EUR ....
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2. Die Zahlung des Gesamtbetrags in Höhe von EUR ... gem. Ziffer 1 in dieser
Vereinbarung erfolgt auf das Konto des Finanzamts C. bei der Sparkasse (...)".
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Zu den Einzelheiten wird auf die Vergleichsvereinbarung verwiesen (Anlage A 14 der
Antragsschrift vom 00.00.2006).
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Die Zahlung verbuchte der Antragsgegner nicht auf die Steuerschulden 1997 und 1998,
sondern gem. § 225 Abs. 3 AO nach Maßgabe der von ihm selbst getroffenen
Tilgungsbestimmung.
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Im Verlauf des Einspruchsverfahrens pfändete der Antragsgegner am 00.00.2006 die
Ansprüche des Antragstellers gegenüber der F. AG, der ...
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, der Q. GmbH, der T., der Z. AG, der X. AG und der M..
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Mit Schriftsatz vom 00.00.2006 hat der Antragsteller gerichtliche Aussetzung der
Vollziehung gem. § 69 der Finanzgerichtsordnung -- FGO -- beantragt.
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Er trägt vor:
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Da er steuerlich unerfahren sei, habe er in seiner Funktion als Geschäftsführer der
GmbH Herrn O. mit der steuerlichen Beratung beauftragt. Dieser habe sämtliche
Provisionszahlungen verbucht, ohne ihn bzw. die Gesellschaft auf verdeckte
Gewinnausschüttungen hinzuweisen. Dass solche angefallen seien, habe er nicht
erahnen können. Erst anlässlich der Betriebsprüfung habe er hiervon Kenntnis erlangt.
Im Einspruchsverfahren gegen die Steuerbescheide habe Herr O. den Eindruck
vermittelt, dass die Verwaltungsakte rechtlich unzutreffend seien und dass deshalb mit
einer Aufhebung zu rechnen sei. Herr O. habe ihm in zwei Schreiben ausdrücklich
empfohlen, von einer Zahlung Abstand zu nehmen, weil er davon ausgehe, das der
Antragsgegner die Bescheide von der Vollziehung aussetze. Er -- der Antragsteller -- sei
daher er davon ausgegangen, dass er tatsächlich keine Zahlung an den Antragsgegner
leisten müsste. Auf Grund seiner Unerfahrenheit habe er blind darauf vertraut, dass
Steuerberater O. ihn bestmöglichst beraten werde. Von den gravierenden
Beratungsfehlern und den verdeckten Gewinnausschüttungen habe er erst 2004
erfahren.
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Empfehle ein Steuerberater einem Geschäftsführer, wegen Erfolg versprechend
eingelegter Rechtsmittel Steuerforderungen nicht zu begleichen, könne dieser als Laie
nicht ansatzweise ahnen, dass er trotzdem Zahlungen an das Finanzamt leisten oder
aber Beträge zurückhalten solle. Die für einen Haftungsbescheid erforderliche grobe
Fahrlässigkeit liege daher offensichtlich nicht vor. Nach der Rechtsprechung des
Bundesfinanzhofs (BFH/NV 2004, 1363, 1364) handele ein Geschäftsführer nicht grob
fahrlässig, wenn er auf die Sachkunde eines ihm als zuverlässig bekannten
Steuerberaters vertraue und bei gewissenhafter Ausübung seiner
Überwachungspflichten keinen Anlass habe, die steuerliche Korrektheit des Beraters in
Frage zu stellen. Ihm könne daher kein eigenes Verschulden, erst recht keine grobe
Fahrlässigkeit zur Last gelegt werden.
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Die finanzielle Situation der GmbH habe es ihm nicht erlaubt, Zahlungen zu leisten bzw.
Vorsorge für zukünftige Zahlungen zu treffen. Am 00.00.2001 habe das Konto der GmbH
bei der T. mit ... € und die weiteren Geschäftskonten bei der F. mit ... bzw. ... € im Soll
gestanden. Die verfügbaren Mittel hätten allein auf Bankkrediten beruht und daher nicht
ohne Weiteres für bereits entstandene aber erst später fällig werdende Steuerschulden
zur Verfügung gestanden. Die in der Folgezeit erzielten Erlöse habe er zur Tilgung von
Verbindlichkeiten anderer Gläubiger, deren Geschäftsverbindungen für den weiteren
Betrieb des Handelsunternehmens von existenzieller Bedeutung gewesen seien,
verwendet. Eine auch nur anteilige Nichterfüllung dieser Verbindlichkeiten hätte mit
großer Wahrscheinlichkeit dazu geführt, dass die Lieferanten ihre
Geschäftsbeziehungen mit der GmbH abgebrochen hätten.
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Da er auf den Rat des Steuerberaters vertraut habe, könne der Haftungszeitraum mit
einer eventuellen Pflichtverletzung allenfalls mit Eintritt der Fälligkeit der
Steuerforderungen begonnen haben. Denn erst mit der Einspruchsentscheidung habe
er erkennen können, dass die vorherigen Empfehlungen des Herr O. falsch gewesen
seien. Daher sei der Haftungszeitraum -- eine Haftung dem Grunde nach unterstellt --
zumindest entsprechend einzugrenzen.
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Hinzu komme, dass die Zahlung der I. in Höhe von ... € mit den Steuernachforderungen
1997 und 1998 zu verrechnen sei. Der Vergleich enthalte die ausdrückliche
Bestimmung, dass die Zahlung für die Steuernachforderungen der Jahre 1997 und 1998
erfolge. Die Vertragsparteien hätten daher ausdrücklich erklärt, dass diese Zahlungen
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auf die Steuernachforderungen für 1997 und 1998 anzurechnen seien (§ 225 AO).
Der Antragsgegner habe diese Umstände völlig ignoriert. Vielmehr habe er am
00.00.2006 verschiedene Forderungen gegen ..., ...- und ... gepfändet. Diese
Pfändungen seien aufzuheben. Von einer Sicherheitsleistung sei abzusehen, da der
Antragsgegner eine Zwangssicherungshypothek auf seinem Grundstück der U., B.,
erwirkt habe und daher keine Gefährdung des Steueranspruchs bestehe.
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Zur Glaubhaftmachung hat der Antragsteller eidesstattlich versichert, er habe die
Empfehlungen des Herrn O., die Steuern nicht zu zahlen, so verstanden, dass die
eingelegten Rechtsbehelfe nach Einschätzung seines Steuerberaters Erfolg haben
werden. In dem Glauben, hierdurch kein steuerliches Risiko einzugehen, sei er diesen
Empfehlungen gefolgt. Von der Gefahr einer persönlichen Haftung als Geschäftsführer
habe er erst durch die Inanspruchnahme des Antragsgegners Kenntnis erlangt. Zu den
Einzelheiten wird auf die Eidesstattliche Versicherung vom 00.00.2006 verwiesen
(Anlage A 13 der Antragsschrift vom 00.00.2006).
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Der Antragsteller beantragt,
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1. die Vollziehung des Haftungsbescheids vom 00.00.2005 betreffend
Steuerschulden der E.-GmbH aus Körperschaftsteuer, Solidaritätszuschlag für 1995
bis 1998 nebst Säumniszuschlägen (Steuer-Nr. ...) wird ab Fälligkeit bis einen
Monat nach Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung in Höhe von ... € ausgesetzt.
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2. Die Pfändungs- und Einziehungsverfügungen des Antragsgegners vom
00.00.2006 betreffend Ansprüche gegenüber der F. AG (Az.: ...), sowie gegenüber
der ... (Az.: ...), gegenüber der Q. GmbH (Az.: ...), gegenüber der T. (Az.: ...),
gegenüber der Z. AG (Az.: ...), gegenüber der X. AG (Az.: ...) und gegenüber der M.
(Az.: ...) werden aufgehoben.
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3. Hilfsweise: gegen die Entscheidung die Beschwerde zum Bundesfinanzhof
zuzulassen.
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Der Antragsgegner beantragt,
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den Antrag abzulehnen.
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Seiner Auffassung nach kann es dahinstehen, ob der Antragsteller den
steuerrechtlichen Begriff der verdeckten Gewinnausschüttung erkannt hat. Als
erfahrenem Geschäftsführer hätten ihm auch ohne genauere Kenntnis des Steuerrechts
Zweifel kommen müssen, dass Zahlungen an seinen Sohn, denen teilweise die
vertragliche Grundlage fehle, Betriebsausgaben darstellten.
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Im Übrigen habe der Antragsteller grob fahrlässig gehandelt, indem er die Möglichkeit
eines Unterliegens im Rechtsbehelfsverfahren nicht in Betracht gezogen und deshalb
Rücklagen für die Steuernachforderungen nicht gebildet habe. Denn grob fahrlässig
handele, wer im Falle steuerrechtlich nicht einfacher Erwägungen naheliegende
Überlegungen nicht anstelle und mögliche Ergebnisse und Konsequenzen unbeachtet
lasse. Nachdem der Antragsteller durch die Betriebsprüfung über die steuerlichen
Konsequenzen der Provisionszahlungen informiert worden sei, hätte er zumindest die
Möglichkeit in Betracht ziehen müssen, im Rechtsbehelfsverfahren zu unterliegen und
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die Steuern aus Mitteln der GmbH zahlen zu müssen. Hieran ändere auch die gewährte
Aussetzung der Vollziehung nichts. Die Vollziehungsaussetzung nehme die
Entscheidung in der Hauptsache nicht vorweg. Aus der Gewährung der Aussetzung der
Vollziehung dürfe der Steuerpflichtige nicht schließen, das Finanzamt werde dem
Einspruchsbegehren in der Hauptsache entsprechen. Vorliegend sei dem Antragsteller
im Laufe des Verfahrens mehrfach mitgeteilt worden, dass das Finanzamt an seiner
Rechtsauffassung festhalte.
Dass der Antragsteller nach Gewährung der Aussetzung der Vollziehung keine
Zahlungen an das Finanzamt geleistet habe, könne ihm nicht als Verletzung seiner
Sorgfaltspflicht angelastet werden. Anzulasten sei ihm jedoch, dass er die Geschäfte der
GmbH weitergeführt habe, ohne Vorsorge für die nach Abschluss des
Rechtsbehelfsverfahrens zu leistenden Steuerbeträge zutreffen. Er habe daher
Rücklagen zumindest in der Höhe bilden müssen, in der er andere Verpflichtungen der
GmbH erfüllt habe. Auch wenn diese Vorsorge in der angespannten finanziellen Lage
nicht einfach zu treffen gewesen sei, hätte der Antragsteller das Prinzip der anteiligen
Tilgung beachten müssen. Es entspreche gerade ordnungsgemäßer Geschäftsführung,
auch in finanziellen angespannten Situationen die Gläubiger gleichmäßig zu
befriedigen und den Fiskus nicht zu Gunsten der reibungslosen Weiterführung von
Geschäftsbeziehungen zu benachteiligen. Der Antragsteller könne sich nicht darauf
berufen, der steuerliche Berater habe ihm nicht zu einer Rücklage geraten. Denn die
Tilgung von Schulden gehöre nicht zu den Aufgaben der steuerlichen Beratung, sie
stelle vielmehr eine originäre Pflicht des Geschäftsführers dar. Verneine man dies,
könne sich jeder Geschäftsführer mit Hinweis auf nicht erfolgte oder falsche
Empfehlungen der Haftung für seine Handlungen entziehen. Im Übrigen wäre der
Antragsteller nach ständiger Rechtsprechung verpflichtet gewesen, sein Amt
niederzulegen, wenn er seine Aufgaben nicht mehr hätte wahrnehmen können.
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Die Haftungssumme sei nicht auf Grund der Zahlung der I. zu mindern. Die
Tilgungsreihenfolge sei zutreffend nach § 225 Abs. 3 bestimmt worden. Die I. habe auf
Grund einer Pfändung gezahlt. Unter Punkt 1.a) der Vereinbarung sei nur die Höhe der
Zahlung unter Zugrundelegung der Steuerforderungen für 1997 und 1998 bezeichnet,
nicht jedoch der Verwendungszweck festgelegt worden. Da es sich nicht um eine
freiwillige Zahlung, sondern um die Erfüllung einer Vollstreckungsmaßnahmen
gehandelt habe, richte sich in die Reihenfolge der Tilgung nach § 225 Abs. 3 AO.
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II.
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Der Antrag ist unbegründet.
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Gemäß § 69 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 Satz 2 FGO kann das Finanzgericht die Vollziehung
eines angefochtenen Verwaltungsaktes aussetzen, wenn ernstliche Zweifel an dessen
Rechtmäßigkeit bestehen oder wenn die Vollziehung für den Betroffenen eine unbillige,
nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.
Ernstliche Zweifel im Sinne dieser Vorschrift liegen vor, wenn bei überschlägiger
Prüfung des angefochtenen Verwaltungsaktes im Aussetzungsverfahren in rechtlicher
oder tatsächlicher Hinsicht neben den für die Rechtmäßigkeit sprechenden Umständen
gewichtige gegen die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes
sprechende Gründe zutage treten, die Unsicherheit in der Beurteilung der Rechtsfragen
oder Unklarheit in der Beurteilung der Tatfragen bewirken (ständige Rechtsprechung
seit Bundesfinanzhof – BFH – Beschluss vom 10.02.1967 III B 9/66, BStBl III 1967, 182).
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Die für die Unrechtmäßigkeit sprechenden Bedenken brauchen nicht zu überwiegen
(vgl. BFH-Beschluss vom 28.11.1974 V B 52/73, BStBl II 1975, 239). Beruft sich ein
Steuerpflichtiger zur Begründung der von ihm behaupteten Rechtswidrigkeit eines
Steuerbescheids auf einen die Steuer mindernden Sachverhalt und lässt sich nicht
klären, ob dieser Sachverhalt in der behaupteten Weise vorliegt, so gereicht dies dem
Steuerpflichtigen zum Nachteil. Er trägt insoweit die Feststellungslast (vgl. BFH –
Beschluss vom 15.10.1996 VIII B 30/86, BFH/NV 1987, 44; BFH-Beschluss vom
11.06.1997 IX B 177/96, BFH/NV 1997, 819). Dieser das Hauptsacheverfahren
beherrschende Grundsatz gilt entsprechend im summarischen Verfahren nach § 69 Abs.
3 FGO (vgl. BFH, a. a. O.). Dabei ist das Aussetzungsverfahren durch die Besonderheit
gekennzeichnet, dass einerseits nur präsente Beweismittel zu berücksichtigen sind (vgl.
u. a. BFH-Urteile vom 14.07.1976 I R 138/74, BStBl II 1976, 682; vom 23.07.1985 VIII R
210/84, BFH/NV 1986, 167), andererseits aber auch nicht der volle Beweis der
behaupteten Tatsachen erbracht werden muss. Es genügt vielmehr deren
Glaubhaftmachung (vgl. § 155 FGO i.V.m. § 294 der Zivilprozessordnung – ZPO –; BFH-
Beschluss vom 22.09.1993 V B 113/93, BFH/NV 1994, 281; BFH-Beschluss vom
09.07.1998 V B 143/97, BFH/NV 1999, 221). Verbleibende Zweifel können je nach der
gegebenen Sachlage eine Aussetzung der Vollziehung ausschließen oder rechtfertigen.
Entscheidend sind die Umstände des Einzelfalls und das Gewicht der Gründe, die
Anlass zum Zweifel geben (vgl. BFH/NV 1999, 221 mit weiteren Nachweisen).
Im Streitfall kommt eine Aussetzung der Vollziehung nicht in Betracht. Ernstliche Zweifel
an der Rechtmäßigkeit des Haftungsbescheids bestehen nicht.
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Als gesetzlicher Vertreter im Sinne des § 35 Abs. 1 des Gesetzes betreffend die
Gesellschaften mit beschränkter Haftung -- GmbHG -- hatte der Antragsteller nach § 34
Abs. 1 AO die steuerlichen Pflichten der GmbH zu erfüllen und insbesondere dafür zu
sorgen, dass die Steuern aus Mitteln, die er verwaltet, entrichtet werden. Er haftet nach §
69 AO, soweit Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis (§ 37 AO) infolge
vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Verletzung der ihm auferlegten Pflichten nicht oder
nicht rechtzeitig festgesetzt oder erfüllt worden sind.
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Die Haftungsvoraussetzungen sind im Streitfall erfüllt. Der Antragsteller haftet wegen
einer Verletzung seiner Steuerentrichtungspflichten (§ 69 Satz 1 AO 2. Alternative). Auf
die Verletzung von Deklarationspflichten in (§ 69 Satz 1 AO 1. Alternative) hat der
Antragsgegner den Haftungsbescheid nicht geschützt. Daher ist es unerheblich, ob der
Antragsteller hätte erkennen können, dass die Provisionszahlungen an seinen Sohn
verdeckte Gewinnausschüttungen darstellen.
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Zu den Pflichten eines Geschäftsführers gehört es, fällige und nicht von der Vollziehung
ausgesetzte Steuerforderungen zu begleichen. Das gilt auch dann, wenn ein Antrag auf
Aussetzung der Vollziehung gestellt ist, über den die Finanzbehörde zum Zeitpunkt der
Fälligkeit noch nicht entschieden hat (BFH-Urteil vom 11.3.2004, VII R 19/02, BStBl II
2004, 967). Im Streitfall waren die geänderten Körperschaftsteuerbescheide zum
Fälligkeitszeitpunkt (00.00.2001) nicht von der Vollziehung ausgesetzt. Die Beträge
wurden vom Antragsgegner sogar am 00.00.2001 und 00.00.2002 angemahnt. Der
Antragsteller wäre daher bereits am 00.00.2001 verpflichtet gewesen, die
Körperschaftsteuern 1995 bis 1998 zu zahlen. Diese Pflicht ist nicht durch die
Gewährung der Aussetzung der Vollziehung rückwirkend wieder entfallen. Der BFH hat
für die Haftungsvorschrift des § 69 AO entschieden, dass eine nach Fälligkeit der
Steuerschuld rückwirkend erfolgte Stundung einer Haftungsinanspruchnahme nicht
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entgegenstehe, weil der mit der Nichtbegleichung der Steuerschuld verwirklichte
Haftungstatbestand nicht auf Grund späterer Ereignisse als wieder entfallen angesehen
werden könne (BFH-Beschluss vom 25.2.1998 VII B 191/97, BFH/NV 1998, 1199).
Diese Rechtsprechung, der der beschließende Senat folgt, hat der BFH später über
Stundungsfälle hinaus auf Fallgestaltungen ausgedehnt, in denen ein Antrag auf
Aussetzung der Vollziehung erst nach Eintritt der gesetzlichen Fälligkeit gestellt wurde
oder über einen solchen Antrag zu diesem Zeitpunkt noch nicht entschieden war (BFH-
Urteil vom 11.3.2004 VII R 19/02, a. a. O.).
Die Pflicht, die Abgabenforderungen zum Fälligkeitszeitpunkt 00.00.2001 zu
begleichen, hat der Antragsteller nicht nur grob fahrlässig, sondern vorsätzlich verletzt.
Denn er hat wegen der Schreiben seines Steuerberaters die ihm zur Verfügung
stehenden Mittel bewusst zur Begleichung von Lieferantenverbindlichkeiten und nicht
zur Tilgung der Steuerschulden verwendet. Der Antragsteller kann sich nicht damit
exkulpieren, dass er auf den Rat seines Steuerberaters, die Finanzbehörde werde die
fälligen Steuerforderungen voraussichtlich nicht vollstrecken, vertraute. Zwar haftet ein
Geschäftsführer nach der Rechtsprechung des BFH, der sich der beschließende Senat
auch in diesem Punkt anschließt, nur für eigenes Verschulden. Das gilt auch dann,
wenn er sich zur Erfüllung seiner Pflichten fremder Hilfe bedient (BFH-Beschluss vom
4.5.2004, VII B 318/03, BFH/NV 2004, 1363 m. w. N.). Bei mangelnder Sachkunde ist
der Geschäftsführer sogar verpflichtet, fremde Hilfe durch einen Angehörigen eines
rechts- oder steuerberatenden Berufs in Anspruch zunehmen. In diesem Fall hat er dann
die Pflicht, die Personen, denen er die Erledigung der ihm auferlegten steuerlichen
Pflichten übertragen hat, laufend und sorgfältig zu überwachen, so dass er ein
Fehlverhalten rechtzeitig erkennen kann. Das Maß dieser Verpflichtung hängt von den
jeweiligen Umständen des Einzelfalls ab. Trifft den Geschäftsführer persönlich kein
Auswahl- oder Überwachungsverschulden und hat er keinen Anlass, die inhaltliche
Richtigkeit der von dem steuerlichen Berater gefertigten Steuererklärungen zu
überprüfen, treten die haftungsrechtlichen Folgen des § 69 AO nicht ein (BFH-
Beschluss vom 04.5. 2004, VII B 318/03, a. a. O.).
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Im Streitfall verhält es sich anders. Bei einem Fehlverhalten im Bereich der
Steuerentrichtung kann sich der Antragsteller anders als bei der Abgabe einer
fehlerhaften Steuererklärung nicht darauf berufen, von einem Mitglied der
steuerberatenden Berufe falsch beraten worden zu sein. Denn die Entrichtung fälliger
Steuern gehört anders als die Erstellung der Buchführung, die betriebliche
Rechnungslegung und die Fertigung von Steuererklärungen nicht zu den Aufgaben, die
der Geschäftsführer einer GmbH seinem Steuerberater überträgt. Die Einschätzung
eines Steuerberaters, die Finanzbehörde werde Aussetzung der Vollziehung gewähren
und die Abgabenforderungen vorübergehend nicht beitreiben, kann bei einem
gewissenhaften Geschäftsführer nicht zu der Fehlvorstellung führen, die fälligen
Verbindlichkeiten nicht begleichen zu müssen. Eine solche Einschätzung kann dem
Geschäftsführer allenfalls dazu dienen, das aus einer pflichtwidrig unterlassenen
Zahlung erwachsene Risiko eines Schadenseintritts (Nichtbegleichung der
Verbindlichkeiten trotz etwaiger Ablehnung der Aussetzung der Vollziehung)
abzuschätzen. Einen Entschuldigungsgrund für die Nichtbegleichung der
Verbindlichkeiten stellt die Einschätzung des Steuerberaters O. hingegen nicht dar. Der
Antragsteller hat seine Geschäftsführerpflichten daher bereits im ... 2001 verletzt, als er
die Abgabenforderungen trotz Fälligkeit nicht beglich.
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Ob er wegen dieser Pflichtwidrigkeit nur in Höhe eines – ggf. nur bis zu Gewährung der
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Vollziehungsaussetzung zu berechnenden – Verzugsschadens haftet oder aber in
vollem Umfang für den Nichterfüllungsschaden, kann im Streitfall dahinstehen. Denn
dem Antragsteller ist noch eine weitere Pflichtverletzung anzulasten. Er hat entgegen
dem Handeln eines sorgfältigen und gewissenhaften Geschäftsführers keine Vorsorge
dafür getroffen hat, die nach Abschluss des Einspruchsverfahrens fälligen Steuern
zahlen zu können. Nach der Rechtsprechung des BFH, der sich der beschließende
Senat auch in diesem Punkt anschließt, entsteht die gesetzliche Pflicht des
Geschäftsführers, dafür zu sorgen, dass die Steuern aus den von ihm verwalteten Mitteln
entrichtet werden (§ 34 Abs. 1 Satz 2 AO), nicht erst bei Fälligkeit der Steuerschuld. Die
dem Steuergläubiger gegenüber bestehende Pflichten verletzt ein Geschäftsführer
schon dann, wenn er sich durch Vorwegbefriedigung anderer Gläubiger oder in
sonstiger Weise vorsätzlich oder fahrlässig außer Stande setzt, eine bereits
entstandene, aber erst künftig fällig werdende Steuerforderungen im Zeitpunkt der
Fälligkeit zu tilgen. In einem solchen Fall haftet der Geschäftsführer insoweit, als der
Steuergläubiger bei pflichtgemäßem Verhalten im Fälligkeitszeitpunkt befriedigt worden
wäre (BFH-Urteil vom 26.4.1984, V R 128/79, BStBl II 1984, 776). Diese
Voraussetzungen liegen im Streitfall vor. Die Körperschaftssteuerforderungen waren
entstanden und dem Antragsteller bekannt. Dass sie von der Vollziehung ausgesetzt
waren, entband den Antragsteller nicht von der Verpflichtung, für ihre Begleichung
vorsorglich Mittel bereit zu halten. Denn diese Verpflichtung besteht nach der o.g.
Rechtsprechung auch dann, wenn die Abgabenforderungen erst später fällig werden.
Sie gilt nach Ansicht des Senats auch in Aussetzungsfällen, weil ein
Vollziehungsaussetzung die Fälligkeit als solche unberührt lässt und – nur – die
zwangsweise Durchsetzung des Anspruchs verhindert (vgl. BFH-Urteil vom 25.04.1998
VII R 36/87, BStBl II 1990, 352). Auch die Einschätzung des Steuerberaters O., der
Antragsgegner werde die Vollziehung aussetzen, entband den Antragsteller nicht von
der Verpflichtung, für die Begleichung der Abgabenforderungen Sorge zu tragen. Die
Einschätzung, die durch die Gewährung der Aussetzung der Vollziehung bereits
überholt war, betraf nur die Frage der Vollziehbarkeit der Abgabenforderungen. Eine
Aussage, die Rechtsbehelfe würden in der Sache Erfolg haben, lässt sich der
Einschätzung nicht entnehmen. Sollte der Antragsteller die Schreiben des Herrn O. in
diesem Sinne verstanden haben, liegt sein grobes Verschulden darin, dass er sich zu
keinem Zeitpunkt um eine realistische Einschätzung des Zahlungsrisikos bemüht hat.
Denn grob fahrlässig i.S. des § 69 Satz 1 AO handelt, wer die Sorgfalt, zu der er nach
den Umständen und seinen persönlichen Kenntnissen verpflichtet und imstande ist, in
ungewöhnlich hohem Maße außer acht lässt (BFH-Beschluss vom 4. Mai 1998 I B
116/96, BFH/NV 1998, 1460 m.w.N.). Im Streitfall betrugen allein die festgesetzten
Steuern ohne Nebenleistungen mehr als ... €. Bei titulierten Verbindlichkeiten in dieser
Größenordnung verletzt ein Geschäftsführer nach Ansicht des Senats seine Pflichten in
ungewöhnlich hohem Maße, wenn er die Gefahr, Zahlungen leisten zu müssen, wegen
der vagen Aussage seines Steuerberaters, Vollziehungsaussetzung werde gewährt,
ignoriert. In einem solchen Fall handelt der Geschäftsführer entweder äußerst
unbedacht oder nach der Devise, "es wird schon irgendwie gut gehen", und damit in
ungewöhnlich hohem Maße fahrlässig.
Soweit er sich darauf beruft, zur Zahlung der Steuern nicht in der Lage gewesen zu sein,
weil die Geschäftskonten am 00.00.2001 negative Salden aufwiesen, vermag der
Senats dem nicht zu folgen. Zunächst einmal ist der Tagessaldo eines Geschäftskontos
nur eine Momentaufnahme. Wie sich die Geschäftskonten bis zur Aussetzung der
Steuerforderungen entwickelt haben, hat der Antragsteller nicht mitgeteilt. Im übrigen
lässt sich allein anhand der Tagessalden der Geschäftskonten nicht beurteilen, welche
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anderen Mittel dem Antragsteller zur Bezahlung seiner Schulden zur Verfügung
standen. Dass der Antragsteller über liquide Mittel verfügte, wird daraus deutlich, dass
er nach eigenem Vorbringen die Verbindlichkeiten seiner Lieferanten beglichen hat. Ob
die ihm zur Verfügung stehenden Mitteln ausgereicht hätten, die Steuerschulden zu 100
% zu begleichen, kann dahinstehen, weil der Antragsgegner ihn nur zu 51,6 % in
Haftung genommen hat. Eine geringere Zahlungsquote hat der Antragsteller nicht
dargelegt und mit präsenten Beweismitteln nachgewiesen.
Der angefochtene Haftungsbescheid hält auch einer Ermessensüberprüfung stand.
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Die Entscheidung, einen Dritten als Haftungsschuldner in Anspruch zu nehmen, hat der
Gesetzgeber gemäß § 191 Abs. 1, i.V.m. § 5 AO in das pflichtgemäße Ermessen der
Finanzbehörde gestellt. Diese ist nach ständiger höchstrichterlicher
Finanzrechtsprechung grundsätzlich verpflichtet, ihre Ermessenserwägungen im
Haftungsbescheid oder spätestens in der Einspruchsentscheidung darzulegen (vgl.
BFH - Urteile vom 3. Februar 1981 VII R 86/78, BStBl II 1981, 493 und vom 18.9.1981 VI
R 44/77, BStBl II 1981, 801). Dabei dürfen sich die Ermessenserwägungen nicht nur auf
das Entschließungsermessen beschränken, sie müssen sich auch auf das
Auswahlermessen erstrecken, wenn mehrere Personen in Anspruch genommen werden
können. Ausnahmsweise darf auf eine Begründung der Ermessensentscheidung dann
verzichtet werden, wenn sie durch die Rechtsentscheidung gewissermaßen vorgeprägt
ist, d.h. sie aus der rechtlichen Begründung mit einer jeden Zweifel ausschließenden
Deutlichkeit abgelesen werden kann (vgl. BFH-Urteil vom 3.2.1981, VII R 86/78, BStBl II
1981, 493).
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Im Streitfall hat der Antragsgegner sein Ermessen ausgeübt und ausreichend begründet.
Er hat im Haftungsbescheid dargelegt, dass seine Versuche, die Steuerforderungen bei
der GmbH beizutreiben, fruchtlos waren und es im Hinblick auf die dem Steuergläubiger
obliegende Aufgabe, geschuldete Abgaben zu erheben, angezeigt war, den
Antragsteller in Haftung zu nehmen. Auswahlermessen konnte der Antragsteller nicht
ausüben, weil es – worauf er im Haftungsbescheid hinweist -- keine weiteren Personen
gab, die für die steuerlichen Belange der GmbH verantwortlich waren. Gründe für ein
Fehlgebrauch des Ermessens hat der Antragsteller nicht dargelegt, solche sind auch
nach Aktenlage nicht erkennbar.
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3. Der Antragsteller kann sich nicht darauf berufen, dass die Zahlungen der I.
haftungsmindernd mit der Körperschaftsteuer 1997 und 1998 zu verrechnen sind. Leistet
ein Steuerpflichtiger freiwillige Zahlungen, die nicht zur Tilgung sämtlicher
Abgabenforderungen ausreichen, wird die Schuld getilgt, die der Steuerpflichtige bei der
Zahlung bestimmt (§ 225 Abs. 1 AO). Demgegenüber bestimmt die Finanzbehörde die
Reihenfolge der Tilgung, wenn die Zahlung im Verwaltungswege erzwungen wird (§
225 Abs. 3 AO). So verhält es sich im Streitfall. Die GmbH hat keine freiwillige
Zahlungen geleistet. Vielmehr sind die Gelder der I. auf Grund der Pfändungs- und
Einziehungsverfügung vom 00.00.2005 geflossen.
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Der Antrag auf Aussetzung der Vollziehung war danach abzulehnen.
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Der Antrag, die Pfändungs- und Einziehungsverfügungen vom 00.00.2006 aufzuheben,
ist als Antrag auf Aufhebung der Vollziehung und damit als Annex zum
Aussetzungsantrag auszulegen. Er hat daher keine eigenständige Bedeutung.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 FGO.
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Die Beschwerde ist nicht zuzulassen, da der Senat der gesicherten Rechtsprechung
des BFH im vorliegenden Einzelfall folgt.
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