Urteil des FG Köln vom 15.09.2004

FG Köln: einkünfte, existenzminimum, leistungsfähigkeit, liquidität, rechtfertigungsgrund, verlustabzug, realisierung, verlustvortrag, kapitalvermögen, verpachtung

Finanzgericht Köln, 7 K 1268/03
Datum:
15.09.2004
Gericht:
Finanzgericht Köln
Spruchkörper:
7. Senat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
7 K 1268/03
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger.
Die Revision wird zugelassen.
T a t b e s t a n d
1
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob § 23 Abs. 3 Satz 8 EStG verfassungsgemäß ist
und demzufolge Verluste aus privaten Veräußerungsgeschäften des Klägers im
Streitjahr 2000 zu Recht nur mit positiven Einkünften derselben Einkunftsart verrechnet
wurden.
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Im Streitjahr 2000 erzielte der Kläger Verluste aus privaten Veräußerungsgeschäften in
Höhe von ....... DM (Veräußerungspreis von Wertpapieren .......DM ./.
Anschaffungskosten ....... DM). Darüber hinaus erzielte der Kläger Einkünfte aus
selbständiger Arbeit in Höhe von ....... DM und Beteiligungseinkünfte in Höhe von ......
DM, Einkünfte aus Kapitalvermögen in Höhe von ./. ..... DM und Einkünfte aus
Vermietung und Verpachtung in Höhe von ...... DM.
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Mit Einkommensteuerbescheid für 2000 vom 13. September 2002 wurde der Kläger
entsprechend den Angaben in seiner Einkommensteuererklärung veranlagt. Das zu
versteuernde Einkommen des Klägers betrug 169.615 DM. Den geltend gemachten
Verlust aus privaten Veräußerungsgeschäften in Höhe von ....... DM verrechnete der
Beklagte dabei nicht mit den positiven Einkünften, sondern trug einen Verlustanteil von
109.731 DM in den Veranlagungszeitraum 1999 zurück und verrechnete ihn mit
positiven Einkünften derselben Einkunftsart. Den verbleibenden Verlustvortrag für die
Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften stellte der Beklagte nach § 10 d Abs. 4
EStG auf ....... DM fest und erließ am 13. September 2002 einen entsprechenden
Bescheid zum 31. Dezember 2000 über die gesonderte Feststellung des verbleibenden
Verlustabzugs zur Einkommensteuer.
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Gegen den Einkommensteuerbescheid und den Verlustfeststellungsbescheid legte der
Kläger fristgerecht (2. Oktober 2002) Einspruch ein, da § 23 Abs. 3 Satz 8
verfassungswidrig sei. Mit Einspruchsentscheidung vom 11. Februar 2003 wurden die
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Einsprüche als unbegründet zurückgewiesen.
Daraufhin erhob der Kläger fristgerecht Klage (am 6. März 2003).
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Der Kläger trägt vor, dass es sich bei dem Verlust aus privaten Veräußerungsgeschäften
um einen real erlittenen Verlust aus der Veräußerung von Wertpapieren handele, der zu
einer echten Vermögenseinbuße geführt habe. In Anwendung des § 23 Abs. 3 Satz 8
EStG sei jedoch eine Verrechnung des Verlustes aus privaten Veräußerungsgeschäften
in Höhe von ....... DM mit den in 2000 erwirtschafteten positiven Einkünften in Höhe von
....... DM aus den Einkunftsarten selbständige Tätigkeit, Kapitalvermögen und
Vermietung und Verpachtung nicht erfolgt.
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Bei saldierender Betrachtung aller Einkunftsarten habe er, der Kläger, im Jahr 2000
negative Einkünfte in Höhe von ....... DM erzielt. Selbst nach Berücksichtigung des
erfolgten Verlustrücktrags in das Jahr 1999 verblieben negative Einkünfte in Höhe von
insgesamt ....... DM. Dennoch sei auf der Basis der positiven Einkünfte aus
selbstständiger Tätigkeit, Kapitalvermögen und Vermietung und Verpachtung eine
Einkommensteuer in Höhe von 65.928 DM festgesetzt worden.
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Zwar entspreche die fehlende Verrechnung der negativen Einkünfte aus privaten
Veräußerungsgeschäften in Höhe eines Teilbetrages in Höhe von ....... DM mit positiven
Einkünften der übrigen Einkunftsarten der Regelung des § 23 Abs. 3 Satz 8 EStG,
jedoch sei diese Vorschrift fassungswidrig und dürfe deshalb nicht zur Anwendung
gelangen.
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Das in § 23 Abs. 3 Satz 8 EStG normierte Verbot des vertikalen Verlustausgleichs führe
dazu, dass bei Vorliegen positiver Einkünfte aus den vertikal verrechenbaren
Einkunftsarten und gleichzeitigem Vorliegen negativer Einkünfte aus privaten
Veräußerungsgeschäften die positiven Einkünfte in durch die erlittenen Verluste nicht
geminderter voller Höhe in das für die Besteuerung maßgebliche zu versteuernde
Einkommen eingingen. Im Streitfall verfüge er, der Kläger, wirtschaftlich gesehen über
ein weit geringeres Gesamteinkommen, als es der Besteuerung zu Grunde gelegt
worden sei.
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Dadurch komme es zu einer Ungleichbehandlung mit anderen Steuerpflichtigen, die
wirtschaftlich gesehen zwar über ein gleich hohes (oder gleich niedriges)
Gesamteinkommen verfügten, dieses jedoch in vertikal ausgleichsfähigen
Einkunftsarten erzielt hätten.
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Ein nach unterschiedlichen Einkunftsarten aufgeteiltes Einkommensteuerrecht dürfe im
Hinblick auf Art. 3 Abs. 1 GG und das Leistungsfähigkeitsprinzip nur dann
unterschiedliche Rechtsfolgen im Hinblick auf die Einkunftsarten auslösen, wenn dies in
typisierender und generalisierender Weise auf der Grundlage fachlicher
Rechtfertigungsgründe erfolge (BFH, Urt. v. 24.02.1999, BFH/NV 1999, 1012). Im
Streitfall sei kein sachlicher rechtfertigender Grund für die Ungleichbehandlung durch §
23 Abs. 3 Satz 8 EStG erkennbar.
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Insbesondere sei in der gesetzgeberischen Zielsetzung kein Differenzierungsgrund zu
sehen. So sei ursprünglich mit § 23 EStG bis zum 1. Januar 1999 der Zweck verfolgt
worden, die sogenannten "Spekulationsgeschäfte" einzudämmen. Diese Zielsetzung
sei jedoch vom Gesetzgeber zum 1. Januar 1999 aufgegeben worden, so dass sie nicht
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mehr als Rechtfertigungsgrund in Betracht komme.
Aber auch Differenzierungsgründe anderer Verlustausgleichsbeschränkungen des
EStG könnten nicht auf § 23 Abs. 3 Satz 8 EStG übertragen werden. Der
Ausgleichsbeschränkung in § 2 a EStG liege beispielsweise die gesetzgeberische
Zielsetzung zu Grunde, einer Fehlentwicklung im Bereich der Verlustzuweisungen
entgegen zu wirken. Eine vergleichbare Zielsetzung habe der Gesetzgeber durch § 15
Abs. 4 EStG angestrebt. § 17 Abs. 4 EStG in der Fassung bis 1999 hingegen habe
missbräuchliche Gestaltungen verhindern sollen, nach denen der Steuerpflichtige
kurzfristig den Umfang seiner Beteiligung erhöht habe, um angesichts eines drohenden
Veräußerungsverlustes die Verrechenbarkeit zu verlängern. Im Anwendungsbereich
von § 23 EStG seien missbräuchliche Gestaltungen jedoch regelmäßig nicht denkbar,
da Verluste aus privaten Veräußerungsgeschäften reale Verluste und damit echte
Vermögenseinbußen darstellten. Ebenso wenig solle § 23 Abs. 3 Satz 8 EStG
Fehlentwicklungen entgegen wirken. Der ursprünglich von § 23 EStG verfolgte Zweck,
nämlich Eindämmung der Spekulation auf Kosten der Allgemeinheit, werde nicht mehr
verfolgt.
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Auch der Sinn und Zweck der Ausgleichsbeschränkung des § 15 a EStG
(Berücksichtigung nur der tatsächlich getragenen Verluste) lasse sich nicht auf § 23
Abs. 3 Satz 8 EStG übertragen. § 15 a EStG solle sicher stellen, dass Verlustanteile der
Kommanditisten nur dann steuerlich berücksichtigt würden, wenn sie von diesen
tatsächlich wirtschaftlich getragen würden (BT-Drucks. 8/3648 v. 08.02.1980). Der
Vorschrift liege ferner die Überlegung zu Grunde, dass die Berücksichtigung von
Verlusten erst in dem Veranlagungszeitraum erfolgen solle, in den sich der Verlust beim
Verlustträger tatsächlich auswirke (BFH, Urt. v. 16.05.1987, BFH/NV 1987, 640). Ein
Rechtfertigungsgrund für § 23 Abs. 3 Satz 8 EStG lasse sich hieraus nicht ableiten. Die
Verluste nach § 23 EStG wirkten sich unmittelbar und in voller Höhe im
Veranlagungszeitraum der Entstehung aus.
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Ein sachlicher Differenzierungsgrund für die Ungleichbehandlung könne auch nicht in
der besonderen Ausgestaltung von § 23 EStG erblickt werden, nach der nur private
Veräußerungsgeschäfte innerhalb der in der Vorschrift genannten Fristen besteuert
würden. Die Ausdehnung der Veräußerungsfristen habe zu einer erheblichen
Annäherung und in vielen Bereichen sogar zu Überschneidungen mit Gewinnen aus
Veräußerungsgeschäften im Rahmen der Gewinneinkunftsarten nach § 2 Abs. 3 Nr. 1-3
EStG geführt. Hier wie dort werde derselbe wirtschaftliche und rechtliche Vorgang,
nämlich die Veräußerung z.B. eines Grundstücks oder Wertpapiers, steuerlich erfasst.
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Die Beschränkung des Verlustausgleichs bei den Einkünften aus privaten
Veräußerungsgeschäften lasse sich schließlich auch nicht mit der Begründung
rechtfertigen, aus derartigen Veräußerungsgeschäften würde typischerweise kein
Überschuss erzielt. Diese Begründung greife bereits deshalb nicht, weil es unzutreffend
sei, dass private Veräußerungsgeschäfte typischerweise zu keinem Überschuss führten.
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Der Kläger beruft sich des weiteren auf die Beschlüsse des BFH vom 6. März 2003 (XI B
76/02 und XI B 7/02, DB 2003, 1149, 1151). Hiernach bestünden ernstliche Zweifel an
der Verfassungsmäßigkeit der Mindestbesteuerung nach § 2 Abs. 3 Sätze 2 ff. EStG
insoweit, als echte - mit dem Entzug von Liquidität verbundene - negative Einkünfte
einstweilen unberücksichtigt blieben, die höher als die positiven Einkünfte aus anderen
Einkunftsarten seien, so dass dem Steuerpflichtigen nicht einmal das Existenzminimum
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steuerfrei bleibe. Er, der Kläger, habe im Streitfall echte negative Einkünfte erzielt, die in
Anwendung von § 23 Abs. 3 Satz 8 EStG unberücksichtigt blieben und die die positiven
Einkünfte überstiegen, so dass ihm, dem Kläger, nicht einmal das Existenzminimum
unbesteuert verbleibe. So seien ihm selbst unter Berücksichtung des erfolgten
Verlustrücktrags in das Jahr 1999 negative Einkünfte in Höhe von ....... DM verblieben.
Aus diesem negativen Betrag müsse er, der Kläger, nicht nur seinen Lebensunterhalt
bestreiten, sondern zudem die Einkommensteuer in Höhe von 65.928 DM zahlen. Ihm,
dem Kläger, verblieben nach Saldierung der Einkunftsarten nicht nur keine Mittel für den
Lebensunterhalt. Er habe zum Bestreiten seiner Aufwendungen für den Lebensunterhalt
und die Steuernachzahlung ein Privatdarlehn in Höhe von ...... EUR aufgenommen. Die
spätere Verlustberücksichtigung nach § 23 Abs. 3 Satz 9 EStG trage den
verfassungsrechtlichen Bedenken nicht ausreichend Rechnung.
Hinzu komme, dass die Besteuerung im Streitfall auf Grund ihrer Erdrosselungswirkung
einen Verstoß gegen Artikel 14 GG darstelle. Denn die festgesetzte Einkommensteuer
könne - selbst unter außer Acht Lassung der erwerbs- und existenzsichernden
Aufwendungen - nicht aus dem Erworbenen entrichtet werden.
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Soweit sich der Beklagte auf den Beschluss des BFH vom 15. Dezember 2000 (VIII B
128/99, BStBl 2001 II, 411) berufe, sei dem entgegenzuhalten, dass sich der BFH in
diesem Beschluss nicht zu § 23 Abs. 3 Satz 8 EStG geäußert habe. Der BFH habe in
dem Beschluss allerdings beanstandet, dass § 23 Abs. 3 Satz 4 EStG a.F. "nicht
einmal" einen überperiodischen Verlustabzug innerhalb derselben Einkunftsart zulasse.
Da die frühere Fassung der Vorschrift einen überperiodischen Verlustausgleich
innerhalb derselben Einkunftsart nicht zugelassen habe, habe sich der BFH mit der
vorliegend entscheidungserheblichen Frage nicht auseinander setzen müssen.
20
Auch die bisher zu § 23 Abs. 3 Satz 4 EStG a.F. ergangene finanzgerichtliche
Rechtsprechung sei durch das Tätigwerden des Gesetzgebers überholt und biete keine
Anhaltspunkte für den Streitfall.
21
Der vom Gesetzgeber auf Grund der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts
geregelte überperiodische Verlustausgleich habe zwar zu einer Abmilderung der
ursprünglichen verfassungswidrigen Ungleichbehandlung geführt. Die
Ungleichbehandlung sei aber dadurch nicht beseitigt worden (vgl. im Zusammenhang
mit § 22 Nr. 3 Satz 3 EStG Raupach/Böckstiegel, FR 1999, 617, 625). Aufgrund des
Verlustverrechnungsverbots bestehe auch weiterhin eine Ungleichbehandlung und sei
ein sachlicher Rechtfertigungsgrund für diese Ungleichbehandlung nicht gegeben. Es
sei nicht erkennbar, dass die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts von
einem Veranlagungszeitraum übergreifenden Existenzminimum ausgehe.
22
Soweit der Beklagte einwende, Steuerpflichtige mit hohen Einkünften verfügten über
Liquidität und könnten den notwendigen Lebensunterhalt aufgrund ihrer
Zahlungsfähigkeit bestreiten, führe dies im Streitfall nicht weiter. Es sei nicht erkennbar,
welche Bedeutung dieser Einwand für den Streitfall haben solle. So sei unter
Zugrundelegung des Beschlusses des BFH vom 6. März 2003 das Existenzminimum
gerade nicht gewahrt, wenn der Saldo der Einkünfte des Steuerpflichtigen in einem
Veranlagungszeitraum unterhalb des Grundfreibetrages liege und dennoch eine
Besteuerung erfolge. Dies gelte nach der Rechtsprechung des BFH auch dann, wenn
jemand aus zumindest einer Einkunftsquelle hohe Einkünfte erziele.
23
Der Kläger beantragt,
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unter Berücksichtigung von Verlusten i.H.v. ....... DM die Einkommensteuer für
2000 auf 0 DM herabzusetzen;
25
im Unterliegensfall die Revision zuzulassen.
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Der Beklagte beantragt,
27
die Klage abzuweisen;
28
im Unterliegensfall die Revision zuzulassen.
29
Der Beklagte trägt vor, dass die streitgegenständlichen Bescheide der Gesetzeslage
entsprächen und nicht zu beanstanden seien. Die geltend gemachten
verfassungsrechtlichen Bedenken würden nicht durchgreifen, da die spätere
Verlustberücksichtigung durch § 23 Abs. 3 Satz 9 EStG gesichert sei (Schmidt, EStG, §
23, Rn. 97).
30
Entgegen der Auffassung des Klägers unterscheide sich der Tatbestand des § 23 EStG
erheblich von den zum Vergleich herangezogenen Gewinneinkünften. Der historische
und aktuelle Gesetzgeber wolle Vermögensgewinne und Vermögensverluste im
privaten Bereich gerade nicht umfassend besteuern.
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Wenn der historische und aktuelle Gesetzgeber Vermögensveränderungen im
betrieblichen und privaten Bereich nicht gleichstellen wolle, dann sei gerade dies der
sachliche Grund für eine unterschiedliche Behandlung der Einkünfte. Denn trotz
Ähnlichkeit der Rechtsgeschäfte entscheide sich der Gesetzgeber, die Ergebnisse im
privaten Bereich nur in sehr eingeschränktem Umfang, festgelegt durch die
Veräußerungsfristen, zu erfassen. Er halte es zwar einerseits für ungerecht, generell
jegliche Vermögensgewinne und Vermögensverluste, die unstreitig die
Leistungsfähigkeit des einzelnen beeinflussten, unberührt zu lassen. Andererseits
betrachte er jedoch die Einkünfte des § 23 EStG weiterhin nur als das Ergebnis
gelegentlicher Rechtsgeschäfte, die daher nicht das regelmäßige Einkommen
ausmachen und daher auch nicht dazu bestimmt sein sollten, das - aus anderen Quellen
- regelmäßig zur Verfügung stehende Einkommen zu mindern.
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Ob mögliche Missbräuche und Fehlentwicklungen bei der Entscheidung des
Gesetzgebers eine Rolle gespielt hätten, sei zumindest den Gesetzesmaterialien nicht
zu entnehmen. Allerdings seien - entgegen der Darstellung des Klägers - gerade im
Bereich der Wertpapierveräußerungen Missbräuche durchaus erkennbar, zumal gerade
in einschlägigen Zeitungsartikeln zum Jahresende die Realisierung von Buchverlusten
(z. B. durch Verkauf und kurzfristigen Rückkauf oder durch Verkauf im Bekanntenkreis)
als Möglichkeit zur Steuerersparnis angeregt werde.
33
Der BFH sehe in seinem Beschluss vom 25. Dezember 2000 keinen Anlass, rechtliche
Zweifel an dem Verlustausgleichsverbot des § 23 EStG schon allein deshalb zu
bejahen, weil diese Verluste nicht am allgemeinen Verlustausgleich mit anderen
Einkünften teilnehmen würden. Zweifel habe er nur wegen des bis 1998 geltenden
Verbots eines periodenübergreifenden Verlustabzugs geäußert, der jedoch im Streitfall
zu gewähren sei.
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Drei Finanzgerichte (FG des Saarlandes, Urt. v. 07.12.1999, 1 K 41/98; FG München,
Urt. v 29.10.1999, 8 K 3914/96; FG Thüringen, Urt. v. 13.12.2000, III 1121/00) hätten
darüber hinaus in ihren Entscheidungen zur Hauptsache keinen Verfassungsverstoß
darin erkennen können, dass Verluste aus § 23 EStG bis 1998 nur mit der selben
Einkunftsart und in dem selben Jahr ausgleichsfähig seien. Diese von Gerichten bereits
als verfassungsgemäß beurteilte Rechtslage sei mit der Einführung des
periodenübergreifenden Verlustabzugs innerhalb des § 23 EStG durch das
Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2002 (§ 23 Abs. 3 Satz 9 EStG) noch zu Gunsten
des Klägers verbessert worden, wobei die vom BFH geäußerten Zweifel im Sinne des
Klägers umgesetzt worden seien.
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Soweit der Kläger vortrage, es läge ein Verstoß gegen Artikel 14 GG vor, sei dem
entgegenzuhalten, dass eine Besteuerung nur dann gegen Artikel 14 GG verstoße,
wenn die Zahlungspflicht den Betroffenen übermäßig belaste und seine
Vermögensverhältnisse grundlegend beeinträchtige. Dies könne erst dann
angenommen werden, wenn das wirtschaftliche Bestehen, also die Fortsetzung der
Erwerbstätigkeit, durch die Festsetzung der steuerlichen Zahlungspflicht ernsthaft
gefährdet sei (BVerfG, Beschl. v. 22.07.1991, 1 BvR 313/88). Dies habe der Kläger
jedoch weder behauptet noch bewiesen.
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Die Argumente des Klägers zur Mindestbesteuerung würden auf gerichtlichen
Entscheidungen basieren, die zur Gewährung vorläufigen Rechtschutzes und damit
lediglich auf Grund der dort gebotenen summarischen Prüfung ergangen sein. Ob die
Erhebung von Einkommensteuer stets nur zulässig sei, wenn die positiven Einkünfte die
negativen überwiegen würden und stets nur ein Veranlagungszeitraum betrachtet
werden dürfe, sei daher erheblich zweifelhaft. So würden Stimmen in der Literatur auch
darauf hinweisen, dass die Tendenzen der Rechtsprechung des
Bundesverfassungsgerichts gerade hin zu einer Veranlagungszeitraum übergreifenden
Betrachtung gehe (Birk/Kulosa FR 1999, 433, 439). Steuerpflichtige mit hohen
Einkünften würden über Liquidität verfügen und könnten den notwendigen
Lebensunterhalt auf Grund ihrer Zahlungsfähigkeit bestreiten. Beziehe jemand daher
aus zumindest einer Einkunftsquelle hohe Einkünfte, sei sein Existenzminimum auch
dann gewahrt, wenn der Saldo seiner Einkünfte in einem Veranlagungszeitraum
unterhalb des Grundfreibetrages liege. Entscheidend sei, dass das individuelle
Nettoprinzip über eine verlängerte Periode gewahrt bleibe.
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Entscheidungsgründe
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Die Klage ist unbegründet.
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Der Beklagte hat zu Recht den im Streitjahr 2000 geltend gemachten Verlust aus
privaten Veräußerungsgeschäften in Höhe von ....... DM nicht mit den anderen positiven
Einkünften im Streitjahr verrechnet, sondern den Verlust i.H.v. 109.731 DM in den
Veranlagungszeitraum 1999 zurückgetragen den verbleibenden Verlustvortrag für die
Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften nach § 10 d Abs. 4 EStG auf ....... DM
festgestellt. Dies entspricht der gesetzlichen Regelung des § 23 Abs. 3 Sätze 8 und 9
EStG, die verfassungsrechtlich - entgegen der Auffassung des Klägers - nicht zu
beanstanden ist. Einer Vorlage gemäß Art. 100 GG an das Bundesverfassungsgericht
bedarf es daher nicht.
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I. Gemäß § 23 Abs. 3 Satz 8 EStG dürfen Verluste aus privaten
Veräußerungsgeschäften i.S.d. § 22 Nr. 2 i.V.m. § 23 Abs. 1 EStG nur bis zur Höhe
des Gewinns, den der Steuerpflichtige im gleichen Kalenderjahr aus privaten
Veräußerungsgeschäften erzielt hat, ausgeglichen werden; sie dürfen nicht nach §
10 d EStG abgezogen werden. Die Verluste mindern jedoch gemäß § 23 Abs. 3
Satz 9 EStG nach Maßgabe des § 10 d EStG die Einkünfte, die der
Steuerpflichtige in dem unmittelbar vorangegangenen Veranlagungszeitraum oder
in den folgenden Veranlagungszeiträumen aus privaten Veräußerungsgeschäften
nach § 23 Abs. 1 EStG erzielt hat oder erzielt. Der streitgegenständliche
Einkommensteuerbescheid 2000 sowie der Verlustfeststellungsbescheid zum
31.12.2000 stehen im Einklang mit dieser Regelung. Der Kläger erzielte im
Streitjahr 2000 einen Verlust aus privaten Veräußerungsgeschäften in Höhe von
....... DM. Dieser ist - entsprechend § 23 Abs. 3 Satz 8 EStG - nicht im Streitjahr
2000 zu berücksichtigen. Vielmehr ist er nach 3 23 Abs. 3 Satz 9 EStG mit dem
Gewinn aus privaten Veräußerungsgeschäften des Vorjahres 1999 i.H.v. 109.731
DM zu verrechnen. Der verbleibende Verlustvortrag für die Einkünfte aus privaten
Veräußerungsgeschäften ist sodann nach § 10 d Abs. 4 EStG zutreffend auf .......
DM festzustellen.
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I. Die Bestimmung des § 23 Abs. 3 Satz 8 EStG unterliegt nach Auffassung des
Senats keinen verfassungsrechtlichen Bedenken.
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1. Insbesondere verletzt die Vorschrift nicht den Gleichheitssatz nach Art. 3 Abs. 1
GG.
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a. Art. 3 Abs. 1 GG verlangt die Gleichbehandlung aller Menschen vor dem Gesetz
und verbietet jede Benachteiligung oder Bevorzugung wegen
persönlichkeitsbedingter Eigenheiten. Für den Sachbereich des Steuerrechts folgt
daraus die Gestaltungsgleichheit. Hiernach hat der Gesetzgeber nach Regelung
des Ausgangstatbestandes die einmal getroffene Belastungsentscheidung
folgerichtig im Sinne der Belastungsgleichheit umzusetzen (BVerfG, Beschl. v.
22.06.1995, 2 BvL 37/91, BVerfGE 93, 121).
44
Grundsätzlich genügt das Einkommensteuerrecht dem Gebot der Gleichbehandlung der
Einkunftsarten insoweit, als es für alle Einkunftsarten den Ausgleich und Abzug von
Verlusten vorsieht (BVerfG, Beschl. v. 30.09.1998, 2 BvR 1818/91, BVerfGE 99, 88). § 2
Abs. 2 EStG sichert die Gleichbehandlung der sieben Einkunftsarten, soweit dort für alle
Einkunftsarten das Prinzip begründet ist, den Erwerbseinnahmen die
Erwerbsaufwendungen gegenüberzustellen und zum Abzug zuzulassen. Der
Gesetzgeber erfasst sämtliche Einkunftsarten nach dem Nettoprinzip, das die durch
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Erwerbstätigkeit bedingten Aufwendungen zum Abzug zulässt, weil sie das disponible,
für die Einkommensbesteuerung verfügbare Einkommen mindern (BVerfG, Beschl. v.
30.09.1998, a.a.O.). Das Einkommensteuergesetz verdeutlicht dieses Prinzip insoweit,
als es einen Abzug von Erwerbsaufwendungen auch zulässt, wenn die
Erwerbsaufwendungen nicht im Veranlagungszeitraum des Zugangs der
Erwerbseinnahmen anfallen (BVerfG, Beschl. v. 30.09.1998, a.a.O.).
Soweit das Einkommensteuerrecht indes mehrere Einkunftsarten unterscheidet und
daran auch unterschiedliche Rechtsfolgen knüpft, müssen diese ihre Rechtfertigung in
besonderen sachlichen Gründen finden. Allein die systematische Unterscheidung durch
den Gesetzgeber kann die Ungleichbehandlung in den Rechtsfolgen nicht rechtfertigen
(BVerfG, Beschl. v. 30.09.1998, 2 BvR 1818/91, BVerfGE 99, 88).
46
a. Nach diesem Maßstab verstößt die Verlustbeschränkung bei den Einkünften aus
privaten Veräußerungsgeschäften durch § 23 Abs. 3 Satz 8 und 9 EStG nicht
gegen das Gleichbehandlungsgebot des Art. 3 Abs. 1 GG. Zwar führt die
Verlustbeschränkung des § 23 Abs. 3 Satz 8 und 9 EStG zu einer
Ungleichbehandlung der Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften im
Verhältnis zu den anderen Einkunftsarten, bei denen der vertikale
Verlustausgleich nicht ausgeschlossen ist. Nach Auffassung des Senats ist diese
Ungleichbehandlung jedoch sachlich gerechtfertigt.
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a. Der Differenzierungsgrund ist auf die besondere Ausgestaltung der Einkünfte aus
privaten Veräußerungsgeschäften zurückzuführen, weil § 23 Abs. 1 i.V.m. § 22 Nr.
2 EStG nicht sämtliche Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften der
Besteuerung unterwirft, sondern lediglich solche, die innerhalb bestimmter Fristen
erfolgen. Der Steuerpflichtige kann deshalb die Realisierung von steuerpflichtigen
privaten Veräußerungsgewinnen vermeiden, indem er sie über die Jahresfrist des
§ 23 Abs. 1 EStG hinausschiebt. Diese Möglichkeit besteht bei den anderen
Einkunftsarten nicht. Infolgedessen soll er jedoch zugleich nicht auch die
Möglichkeit haben, die Verluste innerhalb der Jahresfrist zu realisieren und im
gleichen Jahr mit Einkünften aus anderen Einkunftsarten auszugleichen. Die
Situation ist wegen der Jahresfrist, die so oder so ausgenutzt werden kann, eine
besondere (vgl. hierzu Tipke, Die Steuerrechtsordnung, Bd. II, S. 783 Fn. 522).
Dies verdeutlicht die Überlegung, dass ohne die Verlustausgleichsbeschränkung
Aktionäre die Möglichkeit hätten, Verluste innerhalb der gesetzlichen Fristen zu
realisieren und uneingeschränkt zu verrechnen; die Realisierung von Gewinnen
könnten sie aber hinausschieben, bis die Frist abgelaufen ist und die
Besteuerbarkeit der Gewinne endet (s.a. Tipke, Die Steuerrechtsordnung, Bd. II, 2.
Aufl., S. 735). Diese Imparität würde nur entfallen, wen die Erfassung privater
Veräußerungseinkünfte gar nicht an Fristen gebunden wäre (Tipke, a.a.O., S. 735).
Solange die Fristen jedoch bestehen, besteht die Imparität fort. Insofern ist eine
besondere Behandlung der Verluste gerechtfertigt. Die Verlängerung der Fristen
durch das Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2002 hat daran auch nichts
geändert.
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a. Darüber hinaus lässt sich die Ungleichbehandlung auch unter
Typisierungsaspekten rechtfertigen. Das Verlustausgleichs- und -abzugsverbot
isoliert das Verlustrisiko beim Steuerpflichtigen und führt den Gedanken der
einkommensteuerrechtlich unerheblichen Vermögenssphäre für den Bereich der
negativen Einkünfte fort. § 23 Abs. 3 Satz 8 und 9 EStG setzt damit in typisierender
Weise die aus der Rechtswirklichkeit entnommene Vermutung um, dass
planmäßige Vorkehrungen bei privaten Veräußerungsgeschäften nur auf die
Erzielung positiver Einkünfte gerichtet, negative Einkünfte damit typischerweise
nicht steuerbare Einkünfte sind, für die ein unbeschränkter Verlustausgleich und
Verlustabzug ausscheidet (vgl. hierzu im Zusammenhang mit § 23 Abs. 3 Satz 4
EStG a.F. Thüringer FG, Urt. v. 13.12.2000, III 1121/00, EFG, 2001, 447).
49
1. Die Regelung des § 23 Abs. 3 Satz 8 und 9 EStG verstößt auch nicht gegen das
Leistungsfähigkeitsprinzip als Ausfluss des Art. 3 GG.
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a. Das Leistungsfähigkeitsprinzip ist Maßstab für die Anwendung des
Gleichheitssatzes im Steuerrecht; daher ist "Leistungsfähigkeitsprinzip" der
verkürzte Ausdruck für "gleichmäßige Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit"
(Tipke, Die Steuerrechtsordnung, Bd. I, 2. Aufl., S. 500 f.). Daraus folgt, dass
Steuerbemessungsgrundlagen geeignet sein müssen, für gleichmäßige
Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit zu sorgen (Tipke, a.a.O., S. 501).
51
Das Leistungsfähigkeitsprinzip ist dabei ein auf Dauer angelegtes Prinzip (Tipke, Die
Steuerrechtsordnung, Bd. I, 2. Aufl., S.498). Dementsprechend ist das
Leistungsfähigkeitsprinzip so zu interpretieren, dass es grundsätzlich um die im
Lebenseinkommen sich ausdrückende Leistungsfähigkeit geht (Tipke, Die
Steuerrechtsordnung, Bd. II, 2. Aufl., S. 756; ähnlich BFH, Beschl. v. 06.03.2003, XI B
7/02, BStBl II 2003, 516).
52
Das geltende Einkommensteuerrecht basiert jedoch im Gegensatz dazu auf dem
Zeitabschnittsprinzip (Periodizitätsprinzip; Tipke, Die Steuerrechtsordnung, Bd. II, 2.
Aufl., S. 754). Grundsätzlich wird das Einkommen eines Jahres der
Einkommensteuerfestsetzung zugrunde gelegt (Jahresprinzip). Das
Jahresabschnittsprinzip ist indes ein rein technisches Prinzip (Tipke, Die
Steuerrechtsordnung, Bd. II, 2. Aufl., S. 756 m.w.N.) einfachgesetzlicher Natur (BFH,
Beschl. v. 06.03.2003 a.a.O.).
53
Infolgedessen sieht das Einkommensteuerrecht als Ausfluss des
Leistungsfähigkeitsprinzips neben dem Verlustausgleich zwischen den verschiedenen
Einkunftsarten auch den Verlustrück- und -vortrag vor (vgl. Tipke, Die
Steuerrechtsordnung, Bd. II, 2. Aufl., S. 780).
54
a. Die streitgegenständliche Regelung des § 23 Abs. 3 Satz 8 und 9 EStG trägt
diesen Grundsätzen Rechnung. Zwar wird durch diese Vorschrift der
Verlustausgleich und -abzug beschränkt, jedoch wird der Verlustausgleich und -
abzug nicht gänzlich ausgeschlossen, denn innerhalb der Einkünfte aus § 23
EStG sind der Verlustausgleich und -abzug zulässig. Im Verhältnis zu den
anderen Einkunftsarten, die keiner Verlustausgleichs- und -abzugsbeschränkung
unterliegen, ist eine Ungleichbehandlung bezogen auf das Lebenseinkommen nur
gegeben, wenn aus den privaten Veräußerungsgeschäften insgesamt ein (Total-
)Verlust entsteht.
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Diese Ungleichbehandlung ist indes sachlich wegen der besonderen Ausgestaltung der
Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften gerechtfertigt (s.o. Abschn. II.1.b. aa).
Wie bereits dargelegt, ist die Situation wegen der Jahresfrist, die so oder so ausgenutzt
werden kann, eine besondere (vgl. hierzu Tipke, Die Steuerrechtsordnung, Bd. II, S. 783
Fn. 522), die der Steuerpflichtige bei Gewinnen im Verhältnis zu anderen Einkunftsarten
zu seinen Gunsten nutzen kann. Umgekehrt unterliegt er infolgedessen bei den
Verlusten einer Verlustausgleichsbeschränkung. Auch unter Typisierungsaspekten ist -
wie in Abschnitt II.1.b. bb) dargelegt - eine Rechtfertigung gegeben.
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I. Soweit sich der Kläger auf den Beschluss des BFH vom 6. März 2003 (XI B 7/02,
BStBl II 2003, 516) zur Mindestbesteuerung, insbesondere auf die Gewährleistung
der Steuerfreiheit des Existenzminimums, beruft, vermag dies kein anderes
Ergebnis zu rechtfertigen. Denn, wie zuvor dargelegt, sind die Einkünfte aus
privaten Veräußerungsgeschäften i.S.d. § 23 Abs. 1 i.V.m. § 22 Nr. 2 EStG als
Einkünfte anzusehen, die aufgrund ihrer Fristenbindung besonderen Regeln
unterliegen. Dies hängt damit zusammen, dass private Veräußerungsgeschäfte
einen besonderen Charakter aufweisen. Sie stellen nämlich eine Form der
Einkommensverwendung dar. Der Erwerb und die Veräußerung von Wertpapieren
sind Vorgänge auf privater Ebene. Der Erwerb von Wertpapieren erfolgt i.d.R. erst
nach der Erzielung von Einkommen bzw. der Schaffung von Liquidität. Der Erwerb
von Wertpapieren erfolgt sodann auf einer weiteren Ebene, der privaten
Einkommensverwendung. Diese ist grundsätzlich steuerunerheblich und kann das
Einkommen des Steuerpflichtigen nicht mindern. Folglich müssen auch Verluste
als Folge dieser grundsätzlich privaten Vorgänge nicht unbeschränkt
berücksichtigt werden, selbst wenn sie das Existenzminimum tangieren sollten.
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I. Die streitgegenständliche Vorschrift verletzt schließlich auch nicht - entgegen der
Auffassung des Klägers - Art. 14 GG. Denn allein die Tatsache, dass hinsichtlich
der privaten Veräußerungseinkünfte der Verlustausgleich beschränkt ist, führt nicht
zu einer Beeinträchtigung des Eigentums des Klägers. Soweit der Kläger vorträgt,
dass sein Existenzminimum nicht gewahrt sei, wurde bereits zuvor dargelegt, dass
dies gerechtfertigt ist.
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I. Aufgrund des beschränkt zulässigen Verlustausgleichs durch § 23 Abs. 3 Satz 8
und 9 EStG erübrigt sich die Überlegung, ob die Grundsätze des Beschlusses des
Bundesverfassungsgerichts vom 30. September 1998 (2 BvR 1818/91, BVerfGE
99, 88) zur Verfassungswidrigkeit des § 22 Abs. 3 Satz 3 EStG a.F. auf den
Streitfall übertragbar sind. Denn § 22 Abs. 3 Satz 3 EStG a.F. ist mit § 23 Abs. 3
Satz 8 und 9 EStG schon gar nicht vergleichbar, da § 22 Abs. 3 Satz 3 EStG a.F.
die Verlustverrechnung gänzlich ausschloss.
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I. Schließlich können auch aus dem Beschluss des BFH vom 15. Dezember 2000
(IX B 128/99, BStBl II 2001, 411) keine Schlussfolgerungen zur
Verfassungswidrigkeit oder Verfassungsmäßigkeiten der streitgegenständlichen
Vorschrift gewonnen werden. Denn hiernach ergeben nach Auffassung des BFH
verfassungsrechtliche Bedenken jedenfalls insoweit, als § 23 Abs. 3 Satz 4 EStG
a.F. nicht einmal einen überperiodischen Verlustabzug innerhalb derselben
Einkunftsart zulässt und die ab dem Veranlagungszeitraum 1999 erfolgte
Neuregelung des Verlustausgleichs bei privaten Veräußerungsgeschäften i.S. von
§ 23 EStG, die dies vorsieht, ohne sachlichen Grund nicht auch auf die offenen
Altfälle erstreckt worden ist. Es wäre spekulativ, hieraus abzuleiten, dass der BFH
§ 23 Abs. 3 Satz 8 und 9 EStG im übrigen für verfassungsgemäß hält.
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I. Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache gemäß §
115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zugelassen.
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I. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO..
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