Urteil des FG Köln vom 15.06.2004

FG Köln: grundstück, anlagevermögen, vermietung, verpachtung, privatvermögen, handelsregister, konzession, auto, werkstatt, aufnehmen

Finanzgericht Köln, 1 K 2538/00
Datum:
15.06.2004
Gericht:
Finanzgericht Köln
Spruchkörper:
1. Senat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
1 K 2538/00
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens tragen die Kläger.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
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Die Kläger werden als Eheleute gemeinsam zur Einkommensteuer veranlagt. Der
Kläger ist Eigentümer des Grundstücks ............... in ................ Dieses Grundstück wurde
im Jahre 1988 für Zwecke einer Auto-Vetragshandlung mit zugehöriger
Vertragswerkstatt bebaut und hergerichtet. Der Kläger verpachtete es bis zum 31.
Dezember 1994 im Wege der Betriebsaufspaltung an die ihm gehörige ............ GmbH,
die ihrerseits das ...............-Autohaus betrieb.
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Auf Grund eines Betriebsübernahmevertrages vom 07. November 1994 erwarb die .......-
und ........-GmbH die Warenvorräte und das Anlagevermögen der ........-GmbH, unter
anderem die gesamte Werkstattausrüstung mit Werkstatt- und Abschleppwagen, Prüf-
und Messständen, Waschanlage, Hebebühnen und vielem anderen, sowie mit
Hofbefestigung, Fahnenanlagen und anderem. Wegen der Einzelheiten wird auf die
Anlagen zum Schriftsatz des Beklagten vom 08. April 2004 (Blatt 52 bis 65 der
Gerichtsakte) verwiesen. Der Kaufpreis für das Anlagevermögen betrug 2,3 Millionen
DM. Die Betriebsübernahme wurde erst mit Übergang der Auto-Konzession an den
Käufer wirksam. Die ........- und ........-GmbH wurde unmittelbar nach der
Betriebsübernahme von dem Gesellschafter .......... als Alleingesellschafter
übernommen.
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Mit Mietvertrag ebenfalls vom 07. November 1994 wurde das Betriebsgrundstück für
zehn Jahre mit einer Option von nochmals zweimal fünf Jahren an die .......- und .......-
GmbH vermietet. Als Vermieterin trat die "........-GmbH & Co. KG in Gründung" auf. Mit
notariellem Gesellschaftsvertrag vom 28. November 1994 wurde diese
Kommanditgesellschaft mit dem Kläger als Kommanditisten gegründet. Die Eintragung
ins Handelsregister erfolgte am 17. Juli 1995.
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Als dem Finanzamt nach einer Betriebsprüfung diese Zusammenhänge deutlich
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wurden, erging (auf Grund Änderung nach § 164 Abs. 2 AO) der vorliegend streitige
Einkommensteuerbescheid vom 09. November 1998, in dem der Beklagte von einem
Aufgabegewinn in Höhe von DM .........,00 auf Grund der Überführung des Grundstücks
mit Aufbauten ins Privatvermögen des Klägers ausging und die Einkommensteuer auf
DM .........,00 festsetzte. Mit Einspruchsentscheidung vom 14. März 2000 führte der
Beklagte aus: Indem die Voraussetzungen der Betriebsaufspaltung mit Übertragung des
Betriebs auf die .......- und ......-GmbH entfallen sei, sei das Betriebsgrundstück ins
Privatvermögen zurückgefallen. Die Vermietung habe auch nicht deshalb gewerblichen
Charakter gehabt, weil eine GmbH & Co. KG als Vermieterin ausgetreten sei, denn
diese KG sei rechtlich erst mit der Eintragung ins Handelsregister am 17. Juli 1995, also
nach Beginn der Vermietungstätigkeit zu Stande gekommen. Es habe auch keine
Verpachtung eines Betriebes im ganzen stattgefunden, da wesentliche Bestandteile des
Betriebs veräußert worden seien.
Mit ihrer am 06. April erhobenen Klage machen die Kläger geltend, das Grundstück
habe die gewerblich-betriebliche Sphäre nicht verlassen. Sie sei unmittelbar ins
Betriebsvermögen der ..........-GmbH & Co. KG übergegangen, die gemäß § 15 Abs. 3 Nr.
2 EStG ihrer Form wegen als gewerblich tätig gelte. Diese Gesellschaft sei, wenn auch
zunächst mit verschärfter Haftung des Kommanditisten, schon mit dem notariellen
Vertrag, nicht erst mit Eintragung ins Handelsregister zu Stande gekommen. Darüber
hinaus trage die Vermietung auch insofern gewerblichen Charakter, als sie eine
Betriebsverpachtung im ganzen darstelle. Der Kläger könne den Betrieb in Gestalt des
ursprünglichen Gewerbebetriebs jederzeit wieder aufnehmen und habe auch die
Absicht hierzu. Viele Anlagen, z. B. die Öl-Abscheide-Vorrichtung, seien vom Kläger
zurückbehalten worden. Die veräußerten Anlagegüter seien von untergeordneter
Bedeutung, zumal die Werkstatt ohnehin nur ein verhältnismäßig geringen Teil zum
Gesamtumsatz beigetragen habe. Zudem seien alle veräußerten Anlagegüter, wie z. B.
die Hebebühnen, jederzeit leicht wieder zu beschaffen.
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Die Kläger beantragen,
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den Einkommensteuerbescheid für 1994 dahin zu ändern, dass der angesetzte
Aufgabegewinn von DM ......... außer Betracht bleibt.
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Der Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Er wiederholt und vertieft die Gründe seiner Einspruchsentscheidung.
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Entscheidungsgründe:
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Die Klage ist unbegründet.
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Zu Recht legt der Beklagte den Überschuss des gemeinen Wertes des Grundstücks
.......... in ........... über den Buchwert, der der Höhe nach unstreitig ist, als Aufgabegewinn
im Sinne von § 16 Abs. 3 EStG der Besteuerung zu Grunde; denn der Kläger hatte
seinen in Form der Betriebsaufspaltung gestalteten Gewerbebetrieb aufgegeben und
das streitige Grundstück ins Privatvermögen überführt.
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1. Mit dem Wegfall der Voraussetzung der Betriebsaufspaltung durch Übertragung des
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Betriebs an die vom Kläger nicht beherrschte .....und-.........l-GmbH wurde der Betrieb
des Klägers aufgegeben. Der Wegfall der Voraussetzung der Betriebsaufspaltung führt
in aller Regel auf der Seite des Besitzunternehmers zur Aufgabe des Gewerbebetriebs
und Überführung des Grundstücks in das Privatvermögen, das nunmehr im Rahmen der
Einkunftsart Vermietung und Verpachtung genutzt wird. Dies gilt nur dann nicht, wenn
die Vermietung des Grundstücks ausnahmsweise die Voraussetzungen der
Verpachtung eines Betriebs im Ganzen erfüllt. Dann tritt die Aufgabe der gewerblichen
Nutzung erst ein, wenn sie vom Vermieter ausdrücklich erklärt wird.
S. BFH-Urteile vom 23. April 1996 VIII R 13/95, BStBl. II 1998, 325 und vom 11.
Mai 1999 VIII R 72/96, BStBl. II 2002, 722; siehe auch Schmidt EstG-Kommentar
23. Auflage 2004 § 15 RN 865 m.w.N.
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Entgegen der Auffassung des Klägers liegt jedoch eine Vermietung des Betriebs im
Ganzen nicht vor. Dies würde nämlich voraussetzen, dass das vermietete Grundstück
die einzige wesentliche Grundlage des Betriebs darstellte.
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S. die oben zitierten BFH-Urteile sowie BFH-Urteil vom 17. April 1997 VIII R
2/95, BStBl. II 1998, 388; s. auch Schmidt a.a.O. sowie § 16 RN 696 mit den
Nachweisen der Rechtsprechung.
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Zu der Frage, wann ein Grundstück die einzige wesentliche Grundlage eines Betriebs
darstellt, hat die Rechtsprechung eine breite Kasuistik entwickelt, wonach das
Grundstück insbesondere bei reinen Handelsunternehmen und bei Hotel- und
Gaststättenbetrieben die einzige wesentliche Betriebsgrundlage darstellen kann.
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S. das zitierte BFH-Urteil vom 17. April 1997, sowie Schmidt a.a.O.
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§ 16 RN 696.
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Entscheidend ist dabei eine Gesamtwürdigung des Erscheinungsbildes des Betriebes
unter Berücksichtigung der besonderen Verhältnisse des Einzelfalles und insbesondere
unter Zugrundelegung einer funktionalen Betrachtungsweise.
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S. das zitierte BFH-Urteil vom 17. April 1997.
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Eine solche Gesamtwürdigung führt vorliegend dazu, das Grundstück nicht als die
einzige wesentliche Betriebsgrundlage anzusehen. Der Betrieb, so wie er vom Kläger
bis zur Übertragung geführt wurde, trug das typische Gepräge eines ............-Autohauses,
zu dem neben Neu- und Gebrauchtwagenhandel auch der Werkstattbetrieb gehörte. Der
Senat verkennt nicht, dass für einen solchen Betrieb das Grundstück mit seiner Lage
und den entsprechend hergerichteten Aufbauten wohl die wichtigste Grundlage darstellt,
jedoch stellt - unabhängig vom prozentualen Anteil des Werkstattbetriebs am
Gesamtumsatz des Unternehmens - auch dieser ein wesentliches Element für einen
Betrieb wie den des Klägers dar. Es ist für den Käufer eines Autos gerade gehobener
Klasse wichtig, nach dem Kauf auch die Gelegenheit zu fachgerechter Inspektion und
Service aller Art beim konzessionierten Verkaufsunternehmen zu finden, sodass sich
der Erfolg des Handels von dem der Werkstatt nicht trennen lässt. Auf der Grundlage
dieser Überlegung muss auch das Anlagevermögen des Werkstattbetriebes zu den
wesentlichen Grundlagen des Gesamtbetriebs gezählt werden. Zu dieser Beurteilung
führt die gebotene funktionale Betrachtungsweise: Ein Werkstattbetrieb - gerade ein
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Konzessionsbetrieb hochwertiger Kraftfahrzeuge - ist ein Gesamtorganismus, der ohne
eine Vielfalt teils sehr spezieller und einander ergänzender Geräte nicht funktionsfähig
sein kann. Dem kann der Kläger auch nicht erfolgreich gegenhalten, die einzelnen
Elemente der Werkstattausstattung seien jederzeit leicht wiederbeschaffbar. Zwar hat
die Rechtsprechung in einigen Fällen auch einzelne funktional unentbehrliche
Elemente des beweglichen Anlagevermögens nicht zu den wesentlichen
Betriebsgrundlagen gerechnet, wenn diese jederzeit und leicht wiederbeschaffbar
waren, sodass der Vermieter des Grundstücks den Betrieb jederzeit leicht im
Wesentlichen "identitätswahrend" wieder aufnehmen konnte. Ein solcher Fall ist
vorliegend jedoch nicht gegeben. Das Anlagevermögen des Autobetriebs, insbesondere
des Werkstattbetriebs, besteht nicht in einzelnen, leicht wiederbeschaffbaren
Gegenständen, sondern es stellt - wie dargelegt - selbst einen Betriebsorganismus
vielfältiger einander ergänzender Elemente dar, der - wenn er nicht als Ganzes
zurückerworben werden kann - erst wieder neu aufgebaut werden muss. Welche
Bedeutung dem Anlagevermögen zukommt, lässt sich im übrigen auch an dem
wirtschaftlichen Gewicht bemessen, welches es auch im Verhältnis zum Wert des
Grundstücks verkörperte. Ein Anlagevermögen, dass funktional unentbehrlich ist und für
dessen Gesamtheit der Erwerber, wie vorliegend, 2,3 Millionen DM bezahlt, kann nicht
nur als unwesentliche Betriebsgrundlage angesehen werden.
Scheitert die vom Kläger angenommene Verpachtung des Betriebs im Ganzen schon
daran, dass neben dem Betriebsgrundstück auch das veräusserte Anlagevermögen als
wesentliche Betriebsgrundlage angesehen werden muss, so kommt hinzu, dass der
Betrieb, wie der Kläger ihn führte, auch durch die Auto-Konzession wesentlich
mitgeprägt war. Ein Konzessionsbetrieb für eine renommierte Automarke ist ohne die
entsprechende Konzession nicht "identitätswahrend" fortzuführen. Die Kläger haben
selbst dargelegt, in welchem Umfang die bauliche Ausstattung des Grundstücks von
den Vorstellungen des Konzessionsgebers ................. mitbestimmt wurde. Auch die
Aufgabe der Konzession zu Gunsten des erwerbenden Betreibers ist somit ein - für sich
genommen freilich möglicherweise nicht ausreichendes - Element der Betriebsaufgabe,
die der Kläger durch die Übertragung seines Betriebes unter Zurückbehaltung des
Grundstücks durchführte.
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2. Das Grundstück des Klägers ist auch nicht aus einem anderen Gesichtspunkt in
seinem gewerblichen Vermögen verblieben. Insbesondere hat der Kläger das
Grundstück nicht unmittelbar mit der Aufgabe seines ursprünglichen Betriebes in das
Betriebsvermögen eines anderen Gewerbebetriebes eingebracht. Selbst wenn man -
wie der Kläger - davon ausgeht, dass das fragliche Grundstück - schon vor Aufgabe des
Betriebs - in die ........-GmbH & Co. KG eingebracht wurde, so wäre es auch dadurch
nicht gewerbliches Betriebsvermögen geworden. Denn die .......-GmbH & Co. KG konnte
auch im Sinne von § 15 Abs. 3 EStG nicht als Gewerbebetrieb angesehen werden. Zwar
würde sie gemäß § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG in vollem Umfang, also auch hinsichtlich der
Vermietung des fraglichen Grundstücks, als Gewerbebetrieb gelten, wenn
ausschließlich die GmbH persönlich haftende Gesellschafterin gewesen wäre. Dies war
jedoch nicht der Fall. Zwar entstand die .......-GmbH & Co. KG schon mit Abschluss des
notariellen Vertrages. Jedoch bestand sie gemäß § 176 HGB zunächst als OHG. Die
Haftungsbeschränkung des Kommanditisten trat erst mit Eintragung ins Handelsregister
ein. Zur Zeit der Vermietung hatte somit die Gewerblichkeitsfiktion des § 15 Abs. 3 Nr. 2
EStG noch keine Grundlage, da zu dieser Zeit der Kläger als natürliche Person noch
persönlich haftender Gesellschafter war. Das vermietete Grundstück fiel somit ins
Privatvermögen des Klägers zurück.
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Die Kostenentscheidung erfolgt aus § 135 Abs. 1 FGO.
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Die Revision wird nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zugelassen, da die Voraussetzungen
der Verpachtung eines Gewerbebetriebs im Ganzen weiterhin grundsätzlich
klärungsbedürftig erschienen, zumal es nach einer Formulierung im zitierten
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BFH-Urteil vom 11. Mai 1999
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so erscheinen kann, als würde die Veräußerung des Anlagevermögens an den Pächter
auch unabhängig von leichter Wiederbeschaffbarkeit die Möglichkeit der Verpachtung
im Ganzen eröffnen.
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