Urteil des FG Köln vom 22.08.2007

FG Köln: verdeckte gewinnausschüttung, privates interesse, kapitalgesellschaft, gesellschafter, markt, treu und glauben, nahestehende person, darlehensvertrag, fremdkapital, eigenkapital

Finanzgericht Köln, 13 K 4234/03
Datum:
22.08.2007
Gericht:
Finanzgericht Köln
Spruchkörper:
13. Senat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
13 K 4234/03
Tenor:
Unter Änderung der Bescheide über Körperschaftsteuer und
Feststellungen gemäß § 47 Abs. 2 KStG für die Jahre 1995 bis 1997
vom 00.00.0000 und Auf-hebung der Einspruchsentscheidung vom
00.00.0000 werden
1. die Körperschaftsteuer in der Weise festgesetzt, dass unter Korrektur
der Gewebesteuerrückstellungen
a. die Schuldzinsen i. H v. ... DM (1995), ... DM (1996) und ... DM (1997)
nicht als verdeckte Gewinnausschüttungen hinzugerechnet werden,
b. der Steuerbilanzgewinn des Jahres 1997 im Gegenzug um den
Zinses-zinsbetrag i. H. v. ... DM erhöht wird,
2. die Einkommensbeträge sowie die Minderung und Erhöhung der
Körperschaftsteuer entsprechend festgestellt.
Die Berechnung der Körperschaftsteuer und der Feststellungsbeträge
wird dem Beklagten übertragen ( § 100 Abs. 2 Satz 2 FGO).
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte.
Das Urteil ist wegen der Kostenentscheidung gegen Sicherheitsleistung
durch die Klägerin in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs der
Klägerin vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
1
Die mit Gesellschaftsvertrag vom 00.00.1991 gegründete und am 00.00.1992 in das
Handelsregister eingetragene Klägerin ist auf dem Gebiet des ...handels, insbesondere
2
dem Handel mit ... tätig. Ihr Stammkapital beträgt 50.000 DM. Alleinige Gesellschafterin
und von den Beschränkungen des § 181 BGB befreite Geschäftsführerin der Klägerin ist
Frau T.. Frau T. ist weiterhin beherrschende Gesellschafterin (95 %) und
Geschäftsführerin der Firma X.-GmbH (im Folgenden: X.-GmbH).
Frau T. hatte bis zum Jahr 1996 einen Einzelhandel mit Artikeln der Firma O. betrieben.
Nachdem sie im Rahmen dieses Gewerbes aus dem Erwerb von ... Verluste erlitten
hatte, gründete sie zum Betrieb dieser Handelssparte die Klägerin. Zum Ankauf von ...,
..., ... und sonstigen ... gewährte die X.-GmbH der in Gründung befindlichen Klägerin auf
der Grundlage einer Vereinbarung vom 31.12.1991 ein der Höhe nach nicht begrenztes
Darlehen, um den Wareneinkauf, je nach Angebotslage, flexibel durchzuführen zu
können. Die Darlehensauszahlungen erfolgten dementsprechend unregelmäßig. Das
Darlehen wurde in Form eines Verrechnungskontos geführt und mit 6 % verzinst, wobei
die zum 31.12. eines jeden Jahres nicht ausbezahlten Zinsen die Darlehenssumme
erhöhen sollten. Auf die Bestellung einer Sicherheit wurde verzichtet. Das Darlehen war
befristet bis längstens zum 31.12.1998 und von den Vertragsparteien mit einer Frist von
sechs Monaten zum Quartalsende, erstmals zum 30.6.1992, in voller Höhe oder in
Teilbeträgen kündbar. Einschließlich die Darlehenssumme erhöhender nicht
ausgezahlter Zinsen valutierte das Darlehen am 31.12.1995 mit ... DM.
3
Am 31.12.1995 schlossen die X.-GmbH und die Klägerin unter Übernahme dieser
Darlehenssumme einen neuen Darlehensvertrag. Die Klägerin bestätigte, den
Darlehensbetrag erhalten zu haben, da sie im Wege der Übernahme des
Warenbestandes von der Firma U. i. G. auch deren Darlehensverpflichtung gegenüber
der X.-GmbH übernommen habe. Das Darlehen sollte weiterhin mit 6 % p. a. verzinst
werden, wobei die zum 31.12. eines jeden Jahres valutierenden Zinsen die
Darlehenssumme erhöhen sollten. Auf die Bestellung einer Sicherheit wurde weiterhin
verzichtet. Das Darlehen war befristet bis längstens zum 31.12.2000 und von den
Vertragsparteien mit einer Frist von sechs Monaten zum Quartalsende, erstmals zum
31.12.1998, in voller Höhe oder in Teilbeträgen kündbar.
4
Der Warenbestand der Klägerin entwickelte sich wie folgt:
5
1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997
6
Anfangsbestand ... DM ... DM ... DM ... DM ... DM ... DM
7
Einkauf ... DM ... DM ... DM ... DM ... DM
8
Verkauf ... DM ... DM ... DM
9
Schäden ... DM ... DM ... DM
10
Bestand 31.12. ... DM ... DM ... DM ... DM ... DM ... DM ... DM
11
Die Klägerin erzielte seit ihrer Gründung die nachfolgenden, maßgeblich auf
Zinsaufwand beruhenden, Verluste:
12
1991: ./. ... DM
13
1992: ./. ... DM
14
1993: ./. ... DM
15
1994: ./. ... DM
16
1995: ./. ... DM
17
1996: ./. ... DM
18
1997: ./. ... DM.
19
Im Geschäftsjahr 1998 nahm die Klägerin eine Teilwertabschreibung auf die
Vermögensgegenstände ihres Umlaufvermögens in Höhe von ... DM vor. Der danach
erwirtschaftete Jahresfehlbetrag betrug ./. ... DM. Die weitere Gewinnentwicklung der
Klägerin stellt sich wie folgt dar:
20
1999: ./. ... DM
21
2000: ./. ... DM
22
2001: ./. ... DM
23
2002: ./. ... €
24
2003: ./. ... €.
25
Im Rahmen einer am 00.00.2000 begonnenen Betriebsprüfung für die Streitjahre
(Bericht vom 00.00.2001) gelangten die Prüfer zu der Auffassung, dass die aus der
Darlehensgewährung der X.-GmbH resultierenden Schuldzinsen in Höhe von
26
1995 1996 1997
27
... DM ... DM ... DM
28
verdeckte Gewinnausschüttungen an die Gesellschafterin T. darstellten. Das Darlehen
sei ohne Sicherheiten begeben worden, obwohl die ...gegen-stände nicht versichert
seien. Die Rechtsprechung des BFH zur Darlehensgewährung im Konzern sei daher
nicht anwendbar. Denn für den Fall, dass die ...gegenstände zerstört oder aus anderen
Gründen wertlos würden, könne auch aufgrund des beherrschenden Einflusses der
Gesellschafterin T. nicht mit einer Schuldtilgung gerechnet werden. Weiterhin sei das
hohe Ausfallrisiko des erstmals nach drei Jahren kündbaren Darlehensvertrages nicht
durch die Gewährung einer zusätzlichen Vergütung oder einer höheren Verzinsung
honoriert worden. Aufgrund dieser Besonderheiten wäre ein Nichtgesellschafter nicht
bereit gewesen, ein Darlehen dieser Größenordnung zu gewähren. Die
Darlehensgewährung sei mithin aus gesellschaftsrechtlichen Gründen erfolgt, so dass
die aufgrund des Darlehensvertrags gezahlten Schuldzinsen als verdeckte
Gewinnausschüttungen hinzuzurechnen seien.
29
Mit den nach § 164 Abs. 2 AO geänderten Körperschaftsteuerbescheiden vom
00.00.2002 folgte der Beklagte diesen Prüfungsfeststellungen und stellte für die
hinzugerechneten verdeckten Gewinnausschüttungen die Ausschüttungsbelastung her.
30
Die allein auf den hieraus resultierenden Körperschaftsteuererhöhungen beruhenden
Steuerfestsetzungen betrugen ... DM im Jahr 1995, ... DM im Jahr 1996 und ... DM im
Jahr 1997.
Mit ihren hiergegen gerichteten Einsprüchen wies die Klägerin darauf hin, dass nach der
höchstrichterlichen Rechtsprechung eine fehlende Sicherheitsvereinbarung den
Bestand des Darlehensvertrages nicht berühre und daher nicht zur Umdeutung von
Fremdkapital in Eigenkapital führen könne. Im Streitfall sei die Darlehensvereinbarung
im Voraus getroffen und tatsächlich durchgeführt worden. Die Überlegungen des
Beklagten zum Fremdvergleich rechtfertigten nicht die Schlussfolgerung, dass die
Zinsverbindlichkeit nicht ernstlich vereinbart und deshalb durch das
Gesellschaftsverhältnis veranlasst sei. Hinsichtlich der fehlenden Sicherheit sei zu
bedenken, dass die Klägerin über ausreichendes Aktivvermögen verfüge. Es gebe aber
keine steuerliche Vorschrift, wonach ein Wirtschaftsgut niedriger zu bewerten sei, weil
es nicht versichert ist oder wertlos werden könnte. Darlehensgewährungen mit einer
festen Laufzeit von drei Jahren seien im übrigen geschäftsüblich. Die Laufzeit könne
unter dem Einfluss der die Vertragsparteien beherrschenden Gesellschafterin jederzeit
abweichend geregelt werden. Eine zusätzliche Verzinsung für das Risiko des Ausfalls
sei bei einem innerhalb eines Konzerns vergebenen Darlehen nicht üblich. Selbst wenn
dies anders wäre, könne eine solche Zinsverbilligung nur zu einer verdeckten
Gewinnausschüttung bei der X.-GmbH führen. Schließlich fehle es an dem für die
Herstellung der Ausschüttungsbelastung zwingend erforderlichen Abfluss der Zinsen.
Allein die Passivierung einer Verbindlichkeit führe noch nicht zum Zufluss bei dem
Anteilseigner.
31
Mit Einspruchsentscheidung vom 00.00.2003 wies der Beklagte die Einsprüche als
unbegründet zurück. Im Anschluss an die Argumentation der Betriebsprüfung hielt er
daran fest, dass die Darlehensgewährung aus gesellschaftsrechtlichen Gründen erfolgt
sei, weil die hierzu getroffenen Vereinbarungen einem Fremdvergleich in den
wesentlichen Punkten Sicherheitsleistung, Verpflichtung zur Versicherung des
Warenbestandes und Vergütung des hohen Ausfallrisikos nicht standhielten. Die
Notwendigkeit zur Absicherung des Darlehens ergebe sich zusätzlich aus der
Ungewissheit über die zukünftige Wertentwicklung der ...gegenstände und der
laufenden Erhöhung des Darlehens um die anfallenden Zinsen. Die Rechtsprechung
des BFH zur Darlehensgewährung im Konzern sei auch deshalb nicht anwendbar, weil
im Streitfall kein Konzern vorliege. Das Vorliegen der gesellschaftsrechtlichen
Veranlassung werde zudem durch die privaten Neigungen und Interessen der
Gesellschafterin sowie die Aufbewahrung der ...gegenstände in ihrer Privatwohnung
indiziert. Auch habe die Klägerin bisher keine ernsthafte und nachhaltige
Handelstätigkeit entfaltet und ausreichende Werbemaßnahmen zur Umsatzsteigerung
betrieben. Die Ausgliederung der Tätigkeit auf die Klägerin habe im Streitfall vielmehr
der Umgehung der sich im Falle eines Einzelunternehmens der Gesellschafterin
aufdrängenden Liebhaberei-Problematik und zur Überwälzung der in der Vergangenheit
von der Gesellschafterin erlittenen Verluste gedient.
32
Die verdeckten Gewinnausschüttungen seien auch abgeflossen, so dass die
Ausschüttungsbelastung herzustellen sei. Durch die Verbuchung der Zinsverpflichtung
auf dem Verrechnungskonto werde die Umwandlung des Zinsanspruchs der X.-GmbH
in einen Darlehensrückzahlungsanspruch umgesetzt. Eine solche Schuldnovation führe
steuerrechtlich zum Zufluss der Schuldzinsen bei der X.-GmbH und zu deren Abfluss
bei der Klägerin.
33
Aufgrund der infolge der verdeckten Gewinnausschüttungen erfolgten
Einkommenskorrektur und der dadurch theroretisch möglichen Erzielung eines
Totalgewinns könne zunächst dahingestellt bleiben, ob sich die Tätigkeit der Klägerin
als Übernahme eines Verlustgeschäftes im Interesse der Gesellschafterin darstelle und
deshalb nach den Kriterien zur Abgrenzung zwischen Einkunftserzielung und
"Liebhaberei" verdeckte Gewinnausschüttungen vorlägen.
34
Mit der vorliegenden Klage macht die Klägerin ergänzend geltend, dass die
Darlehensvereinbarung und die streitbefangenen Zinszahlungen bereits von der
Vorbetriebsprüfung für die Jahre 1991 bis 1994 steuerlich anerkannt worden seien.
Dabei sei bekannt gewesen, dass die Klägerin in Kenntnis der Entwicklungen auf dem
... in ... investiert habe. Dennoch sei das gewährte Darlehen als Fremdkapital und nicht
als Eigenkapital angesetzt worden. An diese Beurteilung sei der Beklagte auch für die
Folgezeit nach Treu und Glauben gebunden.
35
Damit unvereinbar sei die Darstellung in der Einspruchsentscheidung, wonach die
Darlehensgewährung aus gesellschaftsrechtlichen Gründen erfolgt und das Darlehen
mangels Sicherheitsgestellung von Anfang an uneinbringlich gewesen sei. Wäre dies
so gewesen, dann hätte bereits im Jahr 1991 eine verdeckte Gewinnausschüttung der
X.-GmbH zugunsten der gemeinsamen Gesellschafterin angenommen werden müssen.
Soweit habe aber auch der Beklagte anfänglich nicht gehen wollen und stattdessen
allein in der Begründung einer Zinsverbindlichkeit der Klägerin eine verdeckte
Gewinnausschüttung gesehen. Wie sich dies mit dem Fremdkapitalcharakter des
Darlehens vereinbaren solle, bleibe unverständlich.
36
Die nunmehr erhobene Behauptung, die X.-GmbH habe bei der Darlehensgewährung
billigend in Kauf genommen, dass sie die Darlehensmittel nicht zurückerhalten werde,
sei absurd. Grundsätzlich wolle jeder Darlehensgläubiger auch bei spekulativer Anlage
sein Geld zurück erhalten. Die Investition der Klägerin in die ...gegenstände und die
Gewährung von Darlehensmitteln zu diesem Zweck seien im geschäftlichen
Eigeninteresse der beteiligten Gesellschaften erfolgt. Im Rahmen dieses
unternehmerischen Handelns habe mit der Rückzahlung der Darlehensmittel gerechnet
werden können. Zum Zeitpunkt der Anschaffung habe der Wert der eingekauften
...gegenstände dem Wert des hingegebenen Darlehens entsprochen und weder ein
hohes Wertverlustrisiko noch eine schwere Wiederkäuflichkeit der ...gegenstände
bestanden.
37
Der Unternehmenszweck der Klägerin habe dahin bestehen sollen, einer mittel- bis
langfristigen Kapitalanlage der X.-GmbH einen wirtschaftlich sinnvollen Rahmen zu
geben. Die X.-GmbH habe in den Jahren 1990 und 1991 durch den Verkauf des ... an
die C. eine Summe von knapp ... DM eingenommen. Dieses Geld sollte für die nach rd.
20 Jahren erforderlich werdende Sanierung und Aufstockung eines anderen ... erbauten
Objektes der X.-GmbH (... Straße ... - ...) dienen. Zwischenzeitlich sollte die
wertbeständige Anlage des Betrages auf dem ...markt erfolgen. Das ...investment in ...
habe sich in den 80er Jahren aufgrund der Wertzuwachsraten und der steigenden
Nachfrage angeboten. So sei z. B. bei der Versteigerung eines im Jahr 0000 für ... DM
angeschafften ... bei dem N. im Jahr 0000 ein Preis von ... DM erzielt worden. Hinzu
komme, dass es zum Erhalt dieses Materials keines besonderen Aufwands bedürfe. Auf
diese Weise sei bei der X.-GmbH ein Investitionsportfolio mit den Komponenten ..., ...
und ... entstanden. Die Ausgliederung des Handels mit ...gegenständen auf die Klägerin
38
habe dabei dem Zweck gedient, bei der X.-GmbH als ...-Verwaltungsunternehmen den
Verlust der erweiterten Kürzung des Gewerbeertrags und der Grundstückseinheitswerte
gemäß §§ 9 Abs. 1, 12 Abs. 3 Gewerbesteuergesetz zu vermeiden.
Das gewährte Darlehen habe die Klägerin im Wesentlichen zum Ankauf von ca. 1500
Einzelteilen ... verwandt. Zur Sicherung und Lagerung seien diese Einzelteile im
Warenlager des bestehenden Ladengeschäfts im D. untergebracht worden. Nachdem
dieses Ladengeschäft im Jahr 0000 geschlossen worden sei, seien die ... in die
Dachgeschosswohnung der Gesellschafterin verbracht und dort in den Büro- und
Lagerräumen gelagert worden. Der wesentliche Teil der ... sei in dem in dem
vorgelegten Lageplan (Bl. 323 ff. der Gerichtsakte) als Lagerraum bezeichneten Raum
hinter dem Besprechungszimmer aufbewahrt worden. Weiterhin habe in dem
Besprechungszimmer eine Regalwand (Aufrisszeichnung: Bl. 324 der Gerichtsakte)
gestanden, in der ... gelagert wurden. Außerdem befänden sich an zwei Stellen in dem
Besprechungszimmer sowie der Diele der Wohnung jeweils Vitrinen, in denen ebenfalls
... der Klägerin aufbewahrt worden sei. Die Vitrinenschränke mit jeweils vier Böden
seien ca. 1 Meter breit und ca. 1,60 Meter hoch. Das von der Geschäftsführerin privat
erworbene ... habe sich hingegen in dem im Lageplan als Wohnraum bezeichneten
Raum befunden. Alle Räume und Türen sei alarmanlagen- und einbruchgesichert und
würden vom U. überwacht.
39
Soweit der Beklagte seine Argumentation nunmehr darauf verlagere, dass die Klägerin
mit dem ...investment verlustträchtige Geschäfte im privaten Interesse ihrer
Gesellschafterin getätigt hätte und dies nach den Grundsätzen der sogenannten
Liebhaberei die Annahme von verdeckten Gewinnausschüttungen rechtfertige, fehle es
bereits an aussagekräftigen Indizien, um ein solches Gesellschafterinteresse zu
belegen. Das Interesse der Gesellschafterin an ... sei durch die Erkenntnis der hohen
Wertsteigerungserwartung dieser ...gegenstände geweckt worden. Ihr fundiertes
Fachwissen in Bezug auf den ...markt habe die Gesellschafterin im Rahmen ihrer
Mitarbeit bei der unternehmerischen Tätigkeit der X.-GmbH erworben, die die von ihr
errichteten ... stets auch mit ... und ... eingerichtet habe. Die Aufbewahrung eines
geringen Teils der von der Klägerin erworbenen ... in Vitrinen in der
Dachgeschosswohnung der Gesellschafterin erfolge aus Platzgründen und nicht zu ...
Zwecken, zumal die Objekte ganz überwiegend mit ... und ... der ...versehen seien. In
den Vitrinen könnten die ... teilweise auch Interessenten präsentiert werden. Nach der
Schließung des Ladengeschäfts im D. im Jahr 0000 hätten die bestmöglich
abgesicherten Wohn- und Lagerräume in der Wohnung der Gesellschafterin die besten
Voraussetzungen für die weitere Aufbewahrung der Objekte geboten. Die Versicherung
der ...gegen-stände hätte einen überdurchschnittlich hohen Aufwand bedeutet. Dies sei
aufgrund der vor Diebstahl und Bruch geschützten Situation in der Wohnung der
Gesellschafterin nicht als wirtschaftlich sinnvoll erachtet worden.
40
Der Begriff der Liebhaberei passe nicht für ein ...investment, mit dem durch
Wertsteigerung Gewinne erzielt werden sollten. Denn ...gegenstände erwiesen ihren
Wert erst durch Alterung. Die Anlage in ... ... habe nach Auffassung der Klägerin ein weit
geringeres Risiko aufgewiesen, als z. B. eine Aktienanlage in den neuen Märkten oder
eine Immobilienanlage in den neuen Bundesländern. Im ganzen gesehen handele es
sich bei der Anlage in ... ... nicht um ein spekulatives Anlagegeschäft. Es sei zwar mit
Schwankungen der Kaufpreise zu rechnen, jedoch nie mit einem Totalverlust. Die
günstige Bewertung der Anlage in ... durch Banken und ... hätten zu der Hoffnung
berechtigt, im Laufe der langfristigen Anlage eine beträchtliche Wertsteigerung zu
41
erzielen.
Nach dem vorgelegten Gutachten des Sachverständigen P. (Anlage K 2 zum Schriftsatz
vom 00.00.2006) habe der ...markt Anfang der 90er Jahre enorme Preissteigerungen der
... ... aufgewiesen. Erst Mitte der 90er Jahre habe vor dem Hintergrund der allgemeinen
politischen und wirtschaftlichen Situation ein Preisverfall eingesetzt. Einzelne Objekte
habe die Klägerin am 00.00.2001 bei N. in L. verkauft. Diese Auktion habe aber nur zu
einem weit unter den Prognosen liegenden Erlös geführt (AK: ... DM; Erlös: ... DM). Bei
den zeitlich nachfolgenden Verkäufen seien dann Verluste i. H. v. 50 % des
Einkaufspreises erzielt worden. Denn aufgrund der Ereignisse des 11. September 2001
und des Yen-Verfalls seien die Amerikaner und Japaner als Käufer ausgefallen. Aus der
Sicht des Jahres 2006 sei in den letzten Jahren wieder ein Aufschwung spürbar.
Dennoch hätten die Preise aus der Hochpreisphase Anfang der 90er Jahre bisher noch
nicht wieder erreicht werden können. Zum Nachweis der Richtigkeit dieser Darlegungen
sei auf die im Original beigefügten ....kataloge des N. vom 00.00.1989 und 00.00.2001
sowie auf die zugehörigen Preislisten (Anlagen K 6 und K 8 zum Schriftsatz vom
00.00.2006) zu verweisen. Die Ursachen des Einbruchs des ...markts Mitte der 90er
Jahre würden weiterhin durch die Darstellungen von K. (Anlagen K 3 und K 4 zum
Schriftsatz vom 00.00.2006) beleuchtet. In dieser Situation des Preisverfalls sei es für
die Klägerin sinnvoll gewesen abzuwarten, bis sich auf dem ...markt eine Preiserholung
abzeichnete. Sie sei davon ausgegangen, dass es sich um eine vorübergehend
konjunkturell bedingte Schwankung des Marktes handelte und eine Wertminderung
nicht von dauerhafter Natur sein könnte. Ein vorzeitiger Verkauf in den Streitjahren hätte
zu einem enormen Wertverlust von mind. 70 % des Einkaufspreises geführt.
42
Maßgebend seien die Erkenntnisse der Klägerin im Zeitpunkt ihrer
Anlageentscheidung. Es sei unzulässig, im Rahmen einer rückschauenden Betrachtung
das heutige bessere Wissen an die Stelle der Kenntnisse der Klägerin zu diesem
früheren Zeitpunkt zu setzen. Aus der Sicht der größtenteils in den Jahren 1991 bis
1993 liegenden Anschaffungszeitpunkte habe die Klägerin mit wesentlich über ihrer
Zinsbelastung liegenden Verkaufserlösen rechnen können. Ausweislich der BP-
Handakten, Blatt 205, habe auch der Beklagte zunächst ein privates Interesse der
Gesellschafterin der Klägerin am Ankauf der ... und damit das Vorliegen einer
Liebhaberei verneint. Dies entspreche den Feststellungen der Vorbetriebsprüfung.
43
Unzutreffend sei schließlich die Auffassung des Beklagten, dass die Schuldzinsen der
X. GmbH durch Novation zugeflossen seien. Eine Schuldumschaffung liege in der
Buchung auf Verrechnungskonto nicht.
44
Die Klägerin beantragt,
45
die Körperschaftsteuerbescheide 1995 bis 1997 vom 00.00.2002 in Gestalt der
Einspruchsentscheidung vom 00.00.2003 dahingehend zu ändern, dass die
geltend gemachten Zinsen aus dem Darlehen der X.-GmbH an die Klägerin als
Betriebsausgaben berücksichtigt werden und keine Gegenrechnung als verdeckte
Gewinnausschüttung erfolgt.
46
Der Beklagte beantragt,
47
die Klage abzuweisen.
48
Er weist zunächst darauf hin, dass er an die Sachbehandlung in früheren Jahren für die
Streitjahre nicht gebunden sei. Eine Zusage im Sinne des § 204 AO sei der Klägerin bei
der Vorbetriebsprüfung nicht erteilt worden.
49
Entgegen der Handhabung bei der Parallelprüfung der X.-GmbH stellten bereits deren
Darlehensgewährungen verdeckte Gewinnausschüttungen zugunsten der
gemeinsamen Gesellschafterin dar, so dass das Darlehen aus Sicht der Klägerin als
Einlage zu werten sei. Infolgedessen führten die hierfür geschuldeten Zinsen zu einer
verdeckten Gewinnausschüttung der Klägerin an ihre Gesellschafterin. Auf der Ebene
der X.-GmbH seien die Zinserträge demgegenüber als verdeckte Einlage zu behandeln.
50
Die steuerliche Anerkennung eines Darlehens zwischen Schwestergesellschaften
hänge davon ab, ob eine Rückzahlungsabsicht tatsächlich bestanden habe. Sprächen
die Fremdvergleichsindizien dafür, dass die Rückzahlung nicht gewollt bzw. von
vornherein unmöglich bzw. unwahrscheinlich sei, so stelle bereits die Hingabe der
Darlehensvaluta eine verdeckte Gewinnausschüttung dar.
51
Gegen eine ernsthafte Rückzahlungsabsicht spreche im Streitfall zunächst der enge
Bezug der Darlehensgewährung zur Privatsphäre der Gesellschafterin, zu deren
privaten Neigungen das ... von ...gegenständen gehöre. Mit dem Erwerb dieser
...gegenstände aus Darlehensmitteln der X.-GmbH habe die Gesellschafterin bei
wirtschaftlicher Betrachtung über die ihr zustehenden Gewinnanteile der X.-GmbH
disponiert. Die Darlehensgewährung stelle keine wirtschaftlich sinnvolle
Vermögensanlage dar. Das Risiko eines beachtlichen Darlehensausfalls sei bereits bei
der Darlehenshingabe gegeben gewesen und von der X.-GmbH billigend in Kauf
genommen worden. Unvorstellbar sei unter fremden Dritten auch der Verzicht auf eine
Besicherung. Dies spreche gegen eine ernsthafte Rückzahlungsabsicht, wenn bei
Darlehenshingabe eine Uneinbringlichkeit absehbar sei oder wahrscheinlich drohe. So
liege der Fall hier. Ein betrieblicher Grund für die Zinsvereinbarung könne daher nicht
bestehen.
52
Die Hinzurechnung der streitbefangenen verdeckten Gewinnausschüttungen sei aber
auch deshalb gerechtfertigt, weil der Erwerb und das Halten der ...gegenstände ohne
Gewinnerzielungsabsicht nur im Privatinteresse der Gesellschafterin erfolgt sei. Es sei
nicht ersichtlich, dass die Klägerin aus dem ...handel ein positives Gesamtergebnis
erzielen könne. Die hierdurch entstandenen Verluste zzgl. eines angemessenen
Gewinnaufschlags hätte die Gesellschafterin daher zur Vermeidung einer verdeckten
Gewinnausschüttung ausgleichen müssen.
53
Die fehlende Gewinnerzielungsabsicht der Klägerin ergebe sich aus Folgendem:
54
Die ...gegenstände befänden sich nunmehr seit 15 Jahren im Betriebsvermögen der
Klägerin. Ohne dass sie nennenswerte Erlöse erzielt hätte, sei bis zum 31.12.1995
bereits ein Verlustvolumen von ... DM aufgebaut worden. Es sei nicht nachvollziehbar,
warum in den ersten Jahren kaum Verkäufe stattgefunden hätten, obwohl der ...markt zu
dieser Zeit noch florierte und überdurchschnittliche Gewinne zu erzielen gewesen
wären. Ein solches Verhalten sei auch bei einer mittelfristigen Kapitalanlage
ungewöhnlich. Erforderlich wäre vielmehr gewesen, den ...markt ständig zu beobachten
und entsprechende Maßnahmen zu ergreifen, sobald Veränderungen zu konstatieren
waren.
55
Der Erwirtschaftung eines Totalgewinns stehe auch die vollständige Fremdfinanzierung
der Anschaffungskosten entgegen. Die Amortisierung der auflaufenden
Zinsverbindlichkeiten wäre nur bei einer extrem günstigen Entwicklung des ...marktes
theoretisch denkbar gewesen. Dies hätte Aufschlagsätze bei den Verkäufen
vorausgesetzt, die sich von 137 % im Jahr 1995 auf 494 % im Jahr 2000 entwickelt
hätten. Insoweit sei auf die Anlage zum Schriftsatz vom 00.00.2007 zu verweisen.
56
Auch die im Kalenderjahr 1998 vorgenommene Teilwertabschreibung in Höhe von ...
DM spreche gegen die Erzielbarkeit eines Totalgewinns. Ausgangspunkt für diese
Korrektur sei das Ergebnis von ... im Kalenderjahr 2001 gewesen, bei denen die Erlöse
unter den Einkaufspreisen gelegen hätten. Ausweislich der Jahresabschlüsse für die
Jahre 1998 bis 2003 sei die Klägerin überschuldet und verfüge über keine werthaltigen
stillen Reserven. Zum 31.12.2003 betrage der vortragsfähige Verlust ...€, während der
Warenbestand auf einen Betrag von ... € gesunken sei. Ein den Einkaufspreis
übersteigender Erlös könne auch nach der Entwicklung im Jahre 2006 nicht erzielt
werden. Unter Berücksichtigung dieser Vorgaben sei auch in Zukunft kein Totalgewinn
realisierbar.
57
Die fehlende Analyse der wirtschaftlichen Gesamtsituation, die Kostenstruktur und die
leichtfertige Hinnahme der stetig ansteigenden Verluste deuteten auf ein nicht
wirtschaftliches Verhalten hin. Ein ordentlicher Kaufmann hätte demgegenüber eine
betriebswirtschaftlich sinnvolle Ausarbeitung vorgenommen und zumindest angeregt,
dass die Klägerin von ihrer Gesellschafterin mit Eigenkapital oder unverzinslichem
Fremdkapital ausgestattet worden wäre. Bei der Klägerin seien hingegen keine
zeitnahen Umstrukturierungsmaßnahmen und damit ein marktgerechtes Verhalten
erkennbar. Es sei nicht ersichtlich, dass hinreichende Maßnahmen ergriffen worden
seien, um einen Kundenkreis zu schaffen. Es seien weder Kataloge oder ähnliche
Verkaufsunterlagen erstellt worden, noch Anzeigen in Fachzeitschriften erfolgt. Auch
fehle ein von außen leicht erkennbarer Verkaufsraum oder ein Hinweis darauf am
Einlagerungsort der ....
58
Die Ausführungen der Klägerin zur Motivation der Darlehensausreichung durch die X.-
GmbH seien widersprüchlich, da der Darlehensgeberin Wertsteigerungen am ...markt
nicht zugute gekommen wären. Denn aus deren Sicht liege lediglich ein
normalverzinsliches Darlehensgeschäft vor, während sie das Risiko von Wertverlusten
in vollem Umfang hätte mittragen müssen. Soweit die Mittel der X.-GmbH darüber
hinaus für die künftige Sanierung einer ... verplant gewesen sein sollten, hätte im
Übrigen eine Anlageform nahegelegen, die die spätere Verfügbarkeit dieser Mittel
ermöglicht hätte.
59
Entscheidungsgründe
60
Die Klage ist ganz überwiegend begründet.
61
Die angefochtenen Körperschaftsteuerbescheide sind im Umfang des Klageantrags
rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO),
soweit es nicht die im Streitjahr 1997 zu bestätigende Einkommenserhöhung vor
Gewerbesteuerrückstellung in Höhe des Zinseszinsbetrages von ... DM betrifft.
62
Der Beklagte hat zu Unrecht die auf die Streitjahre entfallenden Zinsaufwendungen für
das Darlehen der X.-GmbH als verdeckte Gewinnausschüttungen i. S. d. § 8 Abs. 3 Satz
63
2 KStG behandelt und hierfür nach § 27 Abs. 1 und Abs. 3 Satz 2 KStG a. F. die
Ausschüttungsbelastung hergestellt.
1. Unter einer verdeckten Gewinnausschüttung im Sinne von § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG ist
bei einer Kapitalgesellschaft eine Vermögensminderung oder verhinderte
Vermögensmehrung zu verstehen, die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist,
sich auf die Höhe des Unterschiedsbetrags i.S.d. § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG auswirkt und
nicht im Zusammenhang mit einer offenen Ausschüttung steht (vgl. BFH-Urteile vom 22.
Februar 1989 I R 44/85, BFHE 156, 177, BStBl II 1989, 475 und I R 9/85, BFHE 156,
428, BStBl II 1989, 631; vom 29. Juli 1992 I R 18/91, BFHE 169, 71, BStBl II 1993, 139;
vom 7.8.2002 I R 2/02, BFHE 200, 197, BStBl II 2004,131). Für den größten Teil der
entschiedenen Fälle hat der BFH eine Veranlassung der Vermögensminderung durch
das Gesellschaftsverhältnis angenommen, wenn die Kapitalgesellschaft ihrem
Gesellschafter oder einer diesem nahestehenden Person einen Vermögensvorteil
zuwendet, den sie bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften
Geschäftsleiters einem Nichtgesellschafter nicht gewährt hätte (ständige
Rechtsprechung, vgl. z. B. BFH-Urteile vom 14. März 1990 I R 6/89, BFHE 160, 459,
BStBl II 1990, 795 und vom 2. Dezember 1992 I R 54/91, BFHE 170, 119, BStBl II 1993,
311 m. w. N.).
64
Ist der begünstigte Gesellschafter ein sogenannter Beherrschender, kann die
Vermögensminderung nach ständiger Rechtsprechung auch dann ihre Ursache im
Gesellschaftsverhältnis haben, wenn der Leistung an den Gesellschafter oder eine
diesem nahestehende Person keine klare und von vornherein abgeschlossene
Vereinbarung zugrunde liegt oder die entsprechende Vereinbarung nicht durchgeführt
worden oder zivilrechtlich unwirksam ist (z. B. BFH-Urteile vom 14. März 1990 a. a. 0.;
vom 13. März 1991 I R 1/90, BFHE 164, 255, BStBl II 1991, 597; vom 17. September
1992 I R 89 - 98/91, BFHE 169, 171, BStBl II 1993, 141).
65
Eine verdeckte Gewinnausschüttung im Sinne des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG ist zugleich
eine andere Ausschüttung im Sinne des § 27 Abs. 3 Satz 2 KStG, wenn die der
Vermögensminderung entsprechenden Werte bei der Kapitalgesellschaft abfließen
(BFH-Urteil vom 4. Dezember 1991 I R 63/90, BFHE 166, 279, BStBl II 1992, 362; vom
29. Juli 1992, a. a. 0.; vom 14.7.2004 I R 16/03, BFHE 207, 147, BStBl II 2004,1010).
66
2. Die passivierten Zinsen können entgegen der Auffassung des Beklagten nicht
deshalb als verdeckte Gewinnausschüttungen behandelt werden, weil die von der X.-
GmbH überlassenen Darlehensmittel als Eigenkapital der Klägerin zu werten wären und
die dennoch getroffene Zinsvereinbarung demnach nur auf gesellschaftsrechtlicher
Veranlassung beruhen könnte.
67
Der Darlehensvertrag ist mit Ausnahme der in die Neufassung vom 31.12.1995
eingefügten Zinseszinsklausel (siehe dazu Tz. 4 des Urteils) zivilrechtlich wirksam
zustande gekommen. Durch ihn ist nach § 607 Abs. 1 BGB a. F. eine
Rückzahlungsverpflichtung der Klägerin begründet worden. Dass die Parteien des
Darlehensvertrages entgegen den schriftlichen Vereinbarungen die Rückzahlung der
Darlehenssumme tatsächlich nicht gewollt hätten oder seitens der X.-GmbH hierauf
verzichtet worden wäre, vermag der Senat nicht festzustellen.
68
Die Erfüllung der Rückzahlungsverpflichtung der Klägerin erschien weder bei der
erstmaligen Darlehensvereinbarung am 31.12.1991 oder bei der Auszahlung des ganz
69
überwiegenden Teils der Darlehenssumme bis zum Jahr 1994 noch bei der
anschließenden Neufassung des Darlehensvertrages am 31.12.1995 von Vornherein
unmöglich. Vielmehr waren vor dem Hintergrund der positiven Entwicklung des
...marktes in den 80er bis zum Beginn der 90er Jahre die Aussichten für eine Erfüllung
des Rückzahlungsverlangens zunächst gut. Ungeachtet der Umkehr des Markttrends in
den Folgejahren konnte sich die Darlehensgeberin weiterhin eine greifbare Chance
ausrechnen, dass sich diese Abwärtsbewegung lediglich als zyklische Schwankung
erweisen und die erwartete Wertsteigerung der von der Klägerin mit den Darlehensmittel
eingekauften ...gegenstände dennoch eintreten würde. Gleiches gilt mit der
Einschränkung auch für die Neufassung des Darlehensvertrages am 31.12.1995, dass
wegen der anhaltend ungünstigen Preisentwicklung und der jährlichen Erhöhung des
Darlehens um die auflaufenden Zinsen das wirtschaftliche Risiko der
Darlehensgewährung weiter zugenommen hatte. Bedenkt man hingegen, dass ein
sofortiger Verkauf der ...gegenstände zur Ablösung des Darlehens zu diesem Zeitpunkt
nur zur Realisation eines Bruchteils der Einkaufspreise geführt hätte, so kann aus der
unterlassenen Kündigung des ursprünglich bis zum 31.12.1998 laufenden
Darlehensvertrags keinesfalls auf einen Rückzahlungsverzicht geschlossen werden, der
nur aufgrund der gesellschaftsrechtlichen Beziehungen erklärbar wäre. Die
Darlehensgeberin hatte im Gegenteil bei dieser Sachlage durchaus nachvollziehbare
betriebliche Gründe, das stark erhöhte wirtschaftliche Risiko in der Hoffnung auf eine
Erholung des Marktes in Kauf zu nehmen. Teil dieses Risikos war auch die
Unsicherheit, ob die weiter auflaufenden Zinsen einbringlich sein würden.
Allein der Umstand, dass ein Gesellschafterdarlehen mit einem hohen wirtschaftlichen
Risiko verbunden ist, rechtfertigt es im Übrigen nicht, dessen Hingabe oder
Weitergewährung als verlorenen Zuschuss zu werten. Eine andere Sichtweise wäre mit
der gefestigter höchstrichterlicher Rechtsprechung entsprechenden Behandlung
eigenkapitalersetzender Darlehen als Fremdkapital nicht zu vereinbaren ( vgl. dazu
Urteil des BFH vom 5.2.1992 I R 127/90, BFHE 166, 356, BStBl II 1992, 532, m. w. N.;
Beschluss des BFH vom 16.5.2001 I B 143/00, BFHE 195, 351, BStBl II 2002, 436).
Deshalb kann ein Darlehensvertrag auch nicht allein wegen des Fehlens einer
Besicherungsabrede in die Zuführung von Eigenkapital umgedeutet werden (Urteil des
BFH vom 29.10.1997 I R 24/97, BFHE 184, 482, BStBl II 1998, 573). Erst recht ist die
nach Auffassung des Beklagten zu niedrige Höhe der vereinbarten Verzinsung nicht
geeignet, den Fremdkapitalcharakter der Darlehensmittel entfallen zu lassen.
70
3. Die ausschließliche betriebliche Veranlassung der Zinsschuld kann ferner nicht
wegen des Verzichts auf die Vereinbarung einer Sicherheitsleistung für die
Darlehensgewährung bzw. einer Verpflichtung zur Versicherung des Warenbestandes
der Klägerin verneint werden.
71
Zwar kann nach der Rechtsprechung des BFH (Urteil vom 29.10.1997, BFHE 184, 482,
BStBl II 1998, 573) ein nicht in allen Teilen einem Fremdvergleich standhaltender
Darlehensvertrag den Rückschluss auf eine nicht ernstlich vereinbarte und deshalb
durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasste Zinszahlung erlauben. Einzelne Kriterien
des Fremdvergleichs, dem die Geschäftsbeziehungen einer Kapitalgesellschaft zu der
ihrem beherrschenden Gesellschafter nahestehenden Person zu unterziehen sind,
können dabei aber nicht im Sinne von absoluten Tatbestandsvoraussetzungen
verstanden werden. Sie sind vielmehr indiziell zu würdigen, ob sie den Rückschluss auf
eine Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis zulassen. Dies ist aufgrund einer
Gesamtwürdigung aller Umstände zu entscheiden.
72
Allein aus dem Fehlen einer ausdrücklichen Vereinbarung über die für ein Darlehen zu
leistenden Sicherheiten kann daher nicht in jedem Falle zwangsläufig auf eine durch
das Gesellschaftsverhältnis veranlasste Zinszahlung geschlossen werden. Denn die
Vereinbarung einer Sicherheitsleistung für Darlehensansprüche hat keinen
Selbstzweck. Sie kann nur gefordert werden, wenn auch ein fremder Gläubiger unter
gleichen oder ähnlichen Verhältnissen eine Sicherheit gefordert hätte. Dies kann
jedenfalls dann zu verneinen sein, wenn der fremde Gläubiger aus tatsächlichen
Gründen die Möglichkeit hat, auf den Darlehensschuldner Einfluss zu nehmen und für
die Darlehensrückzahlung Sorge zu tragen. Deshalb hat der BFH in seinem Urteil vom
21.12.1994 I R 65/94 (BFHE 176, 571, DB 1995, 1312) entschieden, dass bei
Darlehensgewährungen zwischen Kapitalgesellschaften in einem Konzern keine
Sicherheiten gefordert werden müssen, wenn die Konzernbeziehungen für sich
gesehen eine Sicherheit bedeuten. Diese Überlegung ist auch mit dem Fremdvergleich
vereinbar. Dieser verlangt nur das "Wegdenken" der Nahestehensbeziehung. Das
Fortbestehen aller übrigen Beziehungen wird unterstellt. Dazu gehören z.B. die
Ausstattung der Kapitalgesellschaft mit Eigenkapital durch die Gesellschafter, die
gesellschaftsvertraglichen Vorgaben, der durch den Konzernrückhalt entstehende
Geschäftswert und auch eine faktisch vorhandene Sicherheit. Die Rechtsprechung zu
Darlehensgewährung zwischen nahen Angehörigen ist insoweit nicht übertragbar.
73
In diesem Sinne hatte auch die X.-GmbH durch den Einfluss der gemeinsamen
beherrschenden Gesellschafter Zugriff auf die mit den Darlehensmitteln angeschafften
...gegenstände als faktisch vorhandene Sicherheit für ihre Rückzahlungs- und
Zinsforderung. Zwar konnte der so gewährleistete Zugriff aufgrund der höchst
unsicheren Wertentwicklung dieses Warenbestandes die Rückzahlung des Darlehens
nicht in einem Maße sicherstellen, das von einem fremden, nicht über die Ausgestaltung
der Zinsvereinbarung an der spekulativen Gewinnerwartung beteiligten Dritten
üblicherweise zur Voraussetzung der Darlehenshingabe gemacht worden wäre. Dies
kann jedoch im Streitfall die ernstliche Vereinbarung der Zinszahlungspflicht nicht in
Frage stellen.
74
Zunächst entspricht die Vereinbarung von Zinszahlungen für Fremdkapital grundsätzlich
fremdüblichem Verhalten. Zusätzlich muss aber berücksichtigt werden, dass der
Fremdvergleich auch die Einbeziehung der Interessen des Vertragspartners erfordert
(Urteil des BFH vom 6.12.1995 I R 88/94, BFHE 179, 322, BStBl II 1996, 383). Dies ist
im Streitfall die Schwestergesellschaft X.-GmbH, bei der die Überlassung von
Fremdkapital ohne Entgelt gerade dem Fremdvergleich widersprechen und zu einer
verdeckten Gewinnausschüttung i. H. d. marktüblichen Zinsen an die gemeinsame
Anteilseignerin führen würde. Die Bejahung der Üblichkeit des Verzichts auf Zinsen bei
einer gesellschaftsrechtlich veranlassten Darlehensgewährung zwischen
Schwestergesellschaften wäre demgemäß auf Seiten der darlehensgebenden
Kapitalgesellschaft gerade nicht mit den Gepflogenheiten fremder Dritter vereinbar. Die
Situation ist insoweit eine andere als bei unmittelbarer Überlassung von Fremdkapital
durch die Anteilseignerin. Das Ergebnis dieses doppelten Fremdvergleich verbietet es
nach Überzeugung des erkennenden Senats im Streitfall, aus der unzureichenden
Besicherung des Darlehens auf die gesellschaftsrechtliche Veranlassung der
getroffenen Zinsvereinbarung zu schließen. Die ungünstigen Aussichten für die
Realisierung der bei der Neufassung des Vertrages am 31.12.1995 aufgelaufenen
Darlehensforderung zuzüglich der dieser im Wege der Schuldumschaffung künftig
zuzuschlagenden Zinsen stehen dieser Wertung bereits deshalb nicht entgegen, weil
75
auf Grund der mangels anderweitiger Vereinbarung eingreifenden gesetzlichen
Tilgungsreihenfolge des § 367 Abs. 1 BGB eine der Klägerin ggf. nur mögliche
Teilerfüllung vorrangig auf die Zinsforderung anzurechnen ist.
4. Die aufgrund der beherrschenden Stellung der gemeinsamen Gesellschafterin
gegenüber beiden Vertragsparteien zu beachtenden Sonderbedingungen des formellen
Fremdvergleichs sind zwar in Bezug auf die in der Bilanz zum 31.12.1997
ausgewiesene Zinseszinsschuld in Höhe von ... DM nicht erfüllt. Der Verstoß gegen das
zivilrechtliche Zinseszinsverbot kann indessen mangels einer gesellschaftsrechtlich
veranlassten Vermögensminderung nicht die Hinzurechnung einer verdeckten
Gewinnausschüttung, sondern nur eine Korrektur des Bilanzgewinns durch Ausbuchung
der Zinseszinsschuld rechtfertigen.
76
4.1. Die in dem neugefassten Darlehensvertrag vom 31.12.1995 enthaltene
Zinseszinsklausel ist wegen Verstoßes gegen das gesetzliche Verbot des § 248 Abs. 1
BGB unwirksam, so dass es an einer Rechtsgrundlage für die darauf basierende
Passivierung einer Zinseszinsschuld in Höhe von ... DM in der Bilanz zum 31.12.1997
fehlt.
77
Nach § 248 Abs. 1 BGB ist eine im Voraus getroffene Vereinbarung, dass fällige Zinsen
wieder Zinsen tragen sollen, nichtig. Diese Gesetzesbestimmung erfasst jede
Vereinbarung, die im Ergebnis zu einer Verzinsung künftig entstehender Zinsen führt,
ohne dass es auf die dafür gewählte rechtliche Konstruktion ankommt. Unter § 248 Abs.
1 BGB fallen daher insbesondere auch Vereinbarungen, nach denen künftige Zinsen
dem verzinslichen Kapital zugeschlagen werden sollen (vgl. dazu Teichmann in:
Soergel, Bürgerliches Gesetzbuch, 12. Aufl., § 248 BGB, Tz. 3; Toussaint in: jurisPK-
BGB, § 248 BGB, Tz. 6; Reifner, NJW 1992, 337, 339). Nach § 355 Abs. 1 HGB dürfen
demgegenüber im Rahmen eines Kontokorrentverhältnisses im Voraus Zinseszinsen in
der Form vereinbart werden, dass der Saldo auch dann zu verzinsen ist, wenn in ihn
bereits Zinsanteile eingegangen sind. Voraussetzungen eines Kontokorrents im Sinne
des § 355 HGB sind eine laufende Geschäftsbeziehungen der Beteiligten, von denen
mindestens einer Kaufmann sein muss, und eine Kontokorrent-abrede, nach der die
beiderseitigen Ansprüche und Leistungen nebst Zinsen in Rechnung gestellt, in
periodischen Abständen verrechnet und der Überschuss für die eine oder andere Seite
festgestellt wird.
78
Eine derartige Kontokorrentabrede hatten die X.-GmbH und die Klägerin zwar im
Darlehensvertrag vom 31.12.1991 geschlossen, aber bei der Neufassung dieses
Darlehensvertrags vom 31.12.1995 nicht fortgeführt. Die ungeachtet dessen in dem
Vertrag vom 31.12.1995 getroffene Abrede, dass die zum 31.12. eines jeden Jahres
valutierenden Zinsen die mit 6 % p. a. verzinsliche Darlehenssumme erhöhen sollten,
muss demgemäß als zivilrechtlich unwirksam beurteilt werden. Dies führt gem. § 139
BGB zu einer auf die Zinseszinsklausel beschränkten Teilnichtigkeit des
Darlehensvertrages vom 31.12.1995.
79
Die in § 139 BGB unter dem Vorbehalt eines abweichenden mutmaßlichen
Parteiwillens vorgesehene Rechtsfolge einer das gesamte Rechtsgeschäft ergreifenden
Nichtigkeit dürfte hingegen schon deshalb ausgeschlossen sein, weil das
Zinseszinsverbot dem Schuldnerschutz dient und die Nichtigkeit daher nach dem Zweck
der Verbotsnorm auf die verbotene Klausel beschränkt bleiben muss (vgl. dazu Palandt-
Heinrichs, 66. Aufl., § 139 BGB, Tz.18, m. w. N.). Nach Überzeugung des Senats hätten
80
die Vertragsparteien den Darlehensvertrag überdies im Falle der Erkenntnis der
Nichtigkeit der Zinseszinsklausel auch ohne den nichtigen Teil abgeschlossen, so dass
auch die Anwendung des § 139 BGB zum gleichen Ergebnis führt. Diese Überzeugung
beruht auf dem Umstand, dass es sich bei dem Darlehensvertrag vom 31.12.1995
lediglich um eine Neufassung der bisherigen Vereinbarungen handelte, mit der der
zwischenzeitlichen Auszahlung der Hauptdarlehenssumme Rechnung getragen werden
sollte. Aus diesem Grunde war die Fortführung der bisher bestehenden
Kontokorrentabrede nunmehr entbehrlich, während andererseits aufgrund des
zwischenzeitlichen Preisverfalls der mit dem Darlehen eingekauften ...gegenstände die
wirtschaftliche Wahlfreiheit der Darlehensgeberin, sich statt der Fortsetzung des
Darlehensverhältnisses für dessen Kündigung zu entscheiden, stark eingeschränkt war.
Der Parteiwille der Darlehensgeberin richtete sich bei dieser Sachlage darauf, durch die
Fortsetzung des Darlehensverhältnisses unter Verlängerung der bisher vereinbarten
Laufzeit einen Verlust des Darlehens zu vermeiden oder zumindest zu begrenzen. Die
Erhöhung des zu entrichtenden Zinses um Zinseszinsen konnte dabei für sie bereits
wegen der mittlerweile verschlechterten Realisierungsaussichten ihrer Zinsforderung
keine entscheidende Rolle spielen. Für die Klägerin als Darlehensnehmerin war
andererseits die Fortsetzung des Darlehensverhältnisses Voraussetzung ihrer weiteren
wirtschaftlichen Existenz, da sie auf Grund der Marktbewertung ihres Umlaufvermögens
zur Tilgung der bereits bestehenden Darlehensforderung nicht in der Lage war. Gegen
die Ermäßigung der Zinsforderung waren dabei aus ihrer Sicht keine Einwendungen zu
erheben.
Die Auswirkung der Teilnichtigkeit des Darlehensvertrages vom 31.12.1995 beschränkt
sich auf die erstmals im Jahr 1997 angefallenen Zinseszinsen für die im Jahr 1996
entstandene und der Darlehenssumme zugeschlagene Zinsschuld (... DM x 6 % =...
DM). Denn soweit die bis zum 31.12.1995 aufgelaufene Darlehenssumme in Höhe von
... DM Zinseszinsen enthält, ist die zivilrechtliche wirksame Entstehung der
Zinsverbindlichkeit aufgrund des vorher vereinbarten Kontokorrentverhältnisses
unbedenklich. Die mit Vertrag vom 31.12.1995 vereinbarte weitere Verzinsung der zu
diesem Zeitpunkt rückständigen Zinsschuld wird schließlich durch das gesetzliche
Verbot der Vorausvereinbarung von Zinseszinsen nicht berührt (vgl. dazu nur
Teichmann, a. a. O., Tz. 8).
81
4.2. Die dennoch erfolgte Passivierung dieser zivilrechtlich nicht existenten
Zinseszinsschuld ist als fehlerhafte Buchung zu berichtigen, so dass kein Anlass für die
Hinzurechnung einer verdeckten Gewinnausschüttung in Höhe dieses Betrages
bestehen kann.
82
Die Rechtsfolge des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG dient dem Zweck, gesellschaftsrechtlich
veranlasste Gewinnminderungen zu korrigieren. Die zu korrigierende Gewinnminderung
ist anhand der Steuerbilanz zu ermitteln, wie sie ohne Rücksicht auf die Rechtsfolgen
des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG nach dem Maßgeblichkeitsgrundsatz aufgestellt wurde
(Urteile des BFH vom 23. Juni 1993 I R 72/92, BFHE 172, 51, BStBl II 1993, 801; vom
29. Juni 1994 I R 137/93, BFHE 175, 347; vom 14. September 1994 I R 6/94, BFHE 175,
412, BStBl II 1997, 89). Daraus folgt, dass die allein auf innerbetrieblichen Gründen
beruhende bloße fehlerhafte Einbuchung einer vermeintlichen Verbindlichkeit in diesem
Umfang die Rechtsfolge des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG ausschließt. Vielmehr ist dann
lediglich die Steuerbilanz als solche zu berichtigen. Für die Anwendung des § 8 Abs. 3
Satz 2 KStG außerhalb der Steuerbilanz ist kein Raum. (Urteile des BFH vom 24. März
1998 I R 88/97, BFH/NV 1998, 1374; vom 13.September 2000 I R 10/00, BFH/NV 2001,
83
584; vom 18. April 2002 III R 43/00, BFHE 199, 140, BStBl II 2003, 149).
Zwar indiziert im Allgemeinen die zivilrechtliche Unwirksamkeit eines Vertrages
zwischen einer Kapitalgesellschaft und ihrem beherrschenden Gesellschafter bzw.
einem diesem nahestehenden Beteiligten die mangelnde Ernsthaftigkeit der
schuldrechtlichen Leistungsverpflichtung und damit im Falle einer dennoch auf dieser
Grundlage passivierten Verbindlichkeit eine nicht durch das vorgebliche
Schuldrechtsverhältnis, sondern durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasste
Vermögensminderung. Anders liegt es hingegen in Fällen, in denen an der
Ernsthaftigkeit der Verpflichtung keine Zweifel bestehen können. Dies kann etwa dann
der Fall sein, wenn die maßgebliche Zivilrechtslage im Zeitpunkt des Vertragsschlusses
ungeklärt gewesen ist oder sich erst nach diesem Zeitpunkt die Auslegung der
einschlägigen bürgerlich-rechtlichen Rechtsnormen geändert hat (vgl. Urteil des BFH
vom 23.10.1996 I R 71/95, BFHE 181, 328, BStBl II 1999, 35, m.w. N.). Gleiches muss
nach Auffassung des erkennenden Senats aber auch dann gelten, wenn die
Einbuchung einer Verbindlichkeit gegenüber einem beherrschenden Gesellschafter
oder einer diesen nahestehenden Person auf bloßer Rechts- unkenntnis oder sonstigem
Versehen der Beteiligten beruht, also nicht auf die bewusste Entscheidung des für die
Kapitalgesellschaft handelnden Organs zurückgeht, der Gesellschafterseite einen
schuldrechtlich nicht gebotenen Vorteil zu verschaffen.
84
Für eine derartige bewusste gesellschaftsrechtlich veranlasste Vorteilsgewährung gibt
es im Streitfall keinerlei greifbare Anhaltspunkte. Zu berücksichtigen ist insoweit, dass
der Verstoß gegen das Zinseszinsverbot durch den Wegfall der Kontokorrent-abrede bei
der Neufassung des Darlehensvertrages ausgelöst wurde. Indem die Vertragsparteien
die sonstigen bisherigen Vereinbarungen mit Ausnahme der Bestimmungen zur
Vertragslaufzeit und Kündigungsfrist unverändert übernahmen, haben sie eine
gegenüber der bisherigen Vertragsfassung unvollständige Abrede zur Zinseszinspflicht,
nämlich deren Fortgeltung außerhalb des Kontokorrents, in den Vertrag eingefügt. Diese
Entwicklungsgeschichte der vertraglichen Vereinbarungen lässt nach Überzeugung des
Senats nur die Deutung zu, dass die Parteien bei der Neufassung des
Darlehensvertrages die Auswirkung des Wegfalls der Kontokorrentabrede auf ihre
Zinsvereinbarung übersehen haben. Motive, die einen bewussten Verstoß gegen das
Zinseszinsverbot bei der Aushandlung der Vertragsbedingungen nahe legen oder
zumindest nur nachvollziehbar erscheinen lassen könnten, sind demgegenüber nicht
erkennbar.
85
5. Die in den Streitjahren entstandenen Zinsverbindlichkeiten können schließlich auch
nicht deshalb als verdeckte Gewinnausschüttungen hinzugerechnet werden, weil der
von der Klägerin betriebene ...handel als im privaten Interesse ihrer Gesellschafterin
übernommenes Risikogeschäft zu qualifizieren wäre.
86
5.1. Nach ständiger Rechtsprechung des BFH, der der erkennende Senat folgt, kann
eine verdeckte Gewinnausschüttung darin liegen, dass eine Kapitalgesellschaft ohne
angemessenes Entgelt Geschäfte tätigt, die durch das private Interesse ihrer
Gesellschafter veranlasst sind und für die Gesellschaft selbst zu Verlusten führen
(Urteile vom 4.12.1996 I R 54/95, BFHE 182, 123, BFH/NV 1997, 190; vom 8.7.1998 I R
123/97, BFHE 186, 540, BFH/NV 1999, 269; vom 15. Mai 2002 I R 92/00, BFHE 199,
217, BFH/NV 2002, 1538). Ist dies der Fall, so sind die von der Gesellschaft erzielten
Verluste zwar bei der Ermittlung ihres Steuerbilanzgewinns zu berücksichtigen, da sie
steuerlich gesehen über keine außerbetriebliche Sphäre verfügt. Der so ermittelte
87
Gewinn ist jedoch außerbilanziell um die angefallenen Verlustbeträge sowie um einen
angemessenen Gewinnaufschlag zu erhöhen.
Dies bedeutet indessen nicht, dass die Ausübung einer bestimmten Tätigkeit durch eine
Kapitalgesellschaft allein deshalb eine verdeckte Gewinnausschüttung auslösen kann,
weil sie mit einem --u.U. auch erheblichen-- Verlustrisiko verbunden ist. Denn ein
solches Risiko wohnt fast jeder kaufmännischen Geschäftstätigkeit inne. Es unterliegt
der unternehmerischen und kaufmännischen Freiheit, derartige Risiken in Kauf zu
nehmen. Dies gilt auch, wenn eine Kapitalgesellschaft sich entschließt, Geschäfte mit
spekulativem Charakter zu tätigen. Selbst wenn sich eine entsprechende Risiko- und
Spekulationsbereitschaft mit den Absichten des Gesellschafter-Geschäftsführers decken
sollte, so ändert sich daran nichts. Denn die Interessen einer Kapitalgesellschaft werden
stets von den hinter ihr stehenden Gesellschaftern vorgegeben. Vielmehr liegt eine
verdeckte Gewinnausschüttung nur dann vor, wenn die Gesellschaft nicht aus eigenem
Gewinnstreben, sondern ersichtlich zur Befriedigung privater Interessen ihrer
Gesellschafter handelt. Dies wird regelmäßig zu bejahen sein, wenn die Gesellschaft
sich erst zu einem Zeitpunkt zur Übernahme der in Rede stehenden Geschäfte
entschließt, in dem sich die dauerhafte Verlustsituation bereits konkret abzeichnet, oder
nur aus Gründen der Verlustübernahme errichtet wird. Im Übrigen ist von indizieller
Bedeutung, ob die mit der Tätigkeit verbundenen Risiken die vorhandenen
Gewinnchancen so deutlich überwiegen, dass ein ordentlicher und gewissenhafter
Geschäftsleiter (§ 43 Abs. 1 GmbHG) das betreffende Geschäft nicht für Rechnung der
Gesellschaft übernommen hätte.
88
Ob das Handeln der Gesellschaft in diesem Sinne im eigenen oder im Interesse der
Gesellschafter erfolgt, ist grundsätzlich nach denjenigen Regeln zu beurteilen, die bei
natürlichen Personen und Personengesellschaften für die Abgrenzung der auf
Einkunftserzielung gerichteten Tätigkeit von der steuerlich unbeachtlichen "Liebhaberei"
gelten. Nach diesen Grundsätzen ist der maßgebliche Veranlassungszusammenhang
eine innere Tatsache, die aus den im Einzelfall erkennbaren äußeren Merkmalen und
Verhaltensweisen erschlossen werden muss. Dabei kommt es nur auf die Lage im
jeweils zu beurteilenden Veranlagungszeitraum an. Verluste in der Anlaufphase können
jedenfalls dann nicht auf ein Fehlen der Gewinnerzielungsabsicht hindeuten, wenn der
Unternehmer auf sie mit betriebswirtschaftlich sinnvollen Maßnahmen reagiert. Etwas
anderes gilt nur dann, wenn aus dem Fehlen eines brauchbaren wirtschaftlichen
Konzepts geschlossen werden kann, dass die Tätigkeit von Anfang an vor allem der
Befriedigung privater Interessen und nicht der Gewinnerzielung diente. Maßstab für die
Abgrenzung zwischen einer im Gesellschaftsinteresse und einer im
Gesellschafterinteresse übernommenen Tätigkeit ist die Erzielbarkeit eines
Totalgewinns in der Zeit von der Aufnahme bis zur voraussichtlichen Beendigung der
Tätigkeit. Ob die Tätigkeit bei rückschauender Betrachtung wirtschaftlich
erfolgversprechend war oder nicht, ist schließlich unmaßgeblich.
89
Lässt sich eine gesellschaftliche (Mit-)Veranlassung der Tätigkeit und der im
Zusammenhang damit in Kauf genommenen Verluste hiernach nicht nachweisen,
scheidet die Annahme einer verdeckten Gewinnausschüttung regelmäßig schon
deswegen aus, weil die verlustbedingte Minderung des Unterschiedsbetrages gemäß §
4 Abs. 1 Satz 1 EStG nicht geeignet ist, beim Gesellschafter einen sonstigen Bezug i.S.
des § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG auszulösen (Urteile des BFH vom 31.3.2004 I R
83/03, BFHE 206, 58, DB 2004, 1968, und vom 17.11.2004 I R 56/03, BFHE 208, 519,
BFH/NV 2005, 793).
90
5.2. Für die danach entscheidungserhebliche Feststellung, dass die Klägerin den
...handel im Interesse ihrer Gesellschafterin und nicht in Verfolgung ihres
unternehmerischen Gewinnstrebens begonnen bzw. bis zu den Streitjahren
weiterbetrieben hätte, bietet der vorliegende Sachverhalt keine ausreichenden
Beweisanzeichen.
91
a.) Das Investitions- und Geschäftsgebaren der Klägerin lag zunächst im möglichen
Rahmen ihres unternehmerischen Eigeninteresses.
92
Zu Beginn der Tätigkeit der Klägerin zum Ende des Jahres 1991 stellten sich die
Aussichten für eine weitere Aufwärtsentwicklung der Preise am ...markt noch als so
vielversprechend dar, dass die damit verbundenen Gewinnchancen auch die
Eingehung erheblicher Risiken aus unternehmerischer Sicht vertretbar erscheinen
lassen konnten. Wie die von der Klägerin unter Hinweis auf die Darstellung von K.
(Quelle: ..., Aufl. ... 0000) belegte Entwicklung des Indexes "..." im Vergleich zu den
Aktienindizes "Dax" und "Dow Jones" zeigt, hatten die Preise am ...markt im Jahr 1990
nach einer seit Mitte der 80er Jahren anhaltenden beständigen Steigerung von ... auf ...
Indexpunkte einen neuen Höchststand erreicht. Eine entsprechend positive Entwicklung
im Bereich der ... ... hat die Klägerin durch den Hinweis auf die Verdoppelung des
Auktionspreises eines ... in den Jahren 0000 bis 0000 belegen können. Erst in der
Folgezeit setzte eine massive Preiskorrektur um ... Punkte nach unten ein, die nach dem
vorgelegten Gutachten des Sachverständigen P. vom 00.00.2006 aber erst ab Mitte der
90er Jahre auch das Marktsegment der ... ... erfasste. Der erkennende Senat folgt diesen
durch Darstellung der Veränderung der ...ergebnisse eingehend begründeten
gutachterlichen Feststellungen.
93
Hinsichtlich der rund 1500 Einzelteile umfassenden ..., die den den Schwerpunkt des
Warenbestandes darstellten, konnte die Klägerin demnach bei linearer Fortsetzung der
bisherigen Marktentwicklung zumindest eine nochmalige Verdoppelung der Marktpreise
in dem ins Auge gefassten rund 10-jährigen Investitionszeitraum erwarten. Auch
hinsichtlich der Ergänzung ihres Investments durch sonstige ...gegenstände (vgl. dazu
die Inventurlisten Bl. 55 – 105 BpHA) ergaben sich Gewinnchancen (vgl. z. B. zum ..., ...,
2004, S. 182 ff.). Bereits bei einer Steigerung der Marktpreise für den gesamten
Warenbestand um 60 %, die allein aufgrund der positiven Marktentwicklung bei ...
jedenfalls für erreichbar gehalten werden konnte, wäre aber aus der Sicht der bis zum
Jahre 1994 währenden Anschaffungsphase die Erzielung eines Totalgewinns
ungeachtet der Fremdfinanzierung der Anschaffungskosten möglich gewesen. Die von
dem Beklagten mit Schriftsatz vom 00.00.2007 vorgelegten anderweitigen
Berechnungen, wonach der hierzu erforderliche Aufschlagsatz sich bis zum Jahr 2000
auf 494% hätte entwickeln müssen, sind deswegen fehlerhaft, weil in ihnen die
Darlehenszinsen doppelt, nämlich als Bestandteil der fortentwickelten
Gesamtverbindlichkeit und des laufenden Verlustes, und die in der Investitionsphase
nicht voraussehbare Teilwertabschreibung zum 31.12.1998 berücksichtigt werden.
Berichtigt man dies, so ergibt sich bei überschlägiger Ermittlung, dass auch bei einer
Veräußerung des Warenbestandes im Jahr 2000 ein Aufschlagsatz von rd. 160 % zum
Ausgleich des Darlehens und der im Übrigen aufgelaufenen Verluste ausgereicht hätte
(Ausgleichsvolumen: rd. ... DM; Warenbestand: ... DM). Von einer in dieser Weise
nachvollziehbar begründeten Totalgewinnerwartung ist offensichtlich auch die
Vorbetriebsprüfung für die Jahre 1991 bis 1994 ausgegangen, wie die Klägerin
unwidersprochen vorgetragen hat.
94
Dass die tatsächlich erzielbaren Preise in den Streitjahren aufgrund des Einbruchs des
...markts sogar erheblich die von ihr aufgewandten Einkaufspreise unterschreiten
würden, war für die Klägerin in der Anschaffungsphase nicht mit einem ein
unternehmerisches Handeln ausschließenden Wahrscheinlichkeitsgrad vorauszusehen.
Auf diese Situation konnte die Klägerin in den Streitjahren durchaus
betriebswirtschaftlich sinnvoll in der Weise reagieren, dass sie mit den Verkäufen ihres
Warenbestandes in der Hoffnung auf eine künftige Preiserholung abwartete. Es
entspricht den Eigenheiten des ...marktes, dass dieser konjunkturellen bedingten
Schwankungen unterliegt und deshalb bei einem auf 10 Jahre angelegten Investment
vorübergehende Wertminderungen eintreten können. Ein vorzeitiger Verkauf in der
Situation des Preisverfalls hätte demgegenüber gerade dem betriebswirtschaftlichen
Konzept der Klägerin widersprochen und zu einem endgültigen Wertverlust des
überwiegenden Teils der Anschaffungskosten geführt. Zu einem solchen Notverkauf
hatte die Klägerin solange keine Veranlassung, wie die X.-GmbH als ihre Kreditgeberin
ebenfalls in der Hoffnung auf eine Erholung des Marktes stillhielt und das in der
Situation der Streitjahre stark erhöhte wirtschaftliche Risiko hierfür in Kauf nahm. Auch
ein solches Handeln zur Schadensbegrenzung, selbst wenn es in der Erwartung eines
nicht mehr vermeidbaren Totalverlustes erfolgt wäre, entsprach dem geschäftlichen
Eigeninteresse der Klägerin. Es spielt daher keine Rolle, ob, wie der Beklagte meint, die
zum 31.12.1998 vorgenommene Teilwertabschreibung bereits im Jahr 1995 hätte
erfolgen müssen.
95
b.) Für ein die unternehmerische Motivation der Klägerin überlagerndes privates
Interesse der Gesellschafterin an der ... von ... oder ... fehlt es überdies auch an
hinreichenden tatsächlichen Anhaltspunkten.
96
Soweit es die Lagerung der ...gegenstände in der Dachgeschosswohnung der
Gesellschafterin betrifft, ist in der mündlichen Verhandlung geklärt worden, dass diese
Räumlichkeiten neben der eigentlichen Wohnung der Gesellschafterin auch die Büro-
und Lagerräume der von ihr geführten Gesellschaften umfassten. Allein das von der
Gesellschafterin privat erworbene ... hat sich dabei in dem lt. vorgelegtem Lageplan als
Wohnraum bezeichneten Raum befunden, während der Warenbestand der Klägerin in
einem Lagerraum sowie zu einem verhältnismäßig geringen Teil in einer Regalwand
und zwei Vitrinen des Bürotrakts aufbewahrt wurde. Diese Einlagerung und
Präsentation in den ausreichend gesicherten gewerblich genutzten Räumen der
Dachgeschosswohnung, die nach der plausiblen Darstellung der Klägerin nach der
Schließung des vormaligen Ladengeschäfts und des dort zur Verfügung stehenden
Warenlagers aus Platzgründen und nicht zu dekorativen Zwecken erfolgte, beruhte
somit auf nachvollziehbaren betrieblichen Gründen und lässt daher den Schluss auf ein
privates Interesse der Gesellschafterin an der Anschaffung der ...gegenstände nicht zu.
97
Im Übrigen hat die Klägerin unter Hinweis auf die Berührung der unternehmerischen
Tätigkeit der X.-GmbH mit dem ...markt glaubhaft vorgetragen, dass das Interesse ihrer
Gesellschafterin an ..., ... und ... durch die hohe Wertsteigerungserwartung dieser
...gegenstände geweckt worden ist. Das Interesse der Gesellschafterin an der
Gewinnerzielung am ...markt ist aber nicht geeignet, die Auslagerung dieser Betätigung
auf eine Kapitalgesellschaft auf eine von deren unternehmerischer Betätigung
abgrenzbare private Motivation zurückzuführen. Weiterreichende Folgerungen können
sich auch nicht aus dem mit einschlägiger beruflicher Betätigung regelmäßig
einhergehenden Fachwissen in Bezug auf den ...markt sowie der einer solchen
98
beruflicher Betätigung förderlichen Neigung zur Beschäftigung mit ...gegenständen
ergeben.
6. Für die von dem Beklagten beantragte Zulassung der Revision sieht der Senat keinen
Anlass, da er die entscheidungserheblichen Rechtsfragen durch die höchstrichterliche
Rechtsprechung für hinreichend geklärt hält.
99
Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 136 Abs. 1 Satz 3, 151 Abs. 3 FGO, 709
ZPO.
100