Urteil des FG Köln vom 29.05.2007

FG Köln: berufliche tätigkeit, arbeitskraft, krankheitsfall, firma, bfa, lohnfortzahlung, auflage, eingliederung, zusammenarbeit, anforderung

Finanzgericht Köln, 8 V 1653/07
Datum:
29.05.2007
Gericht:
Finanzgericht Köln
Spruchkörper:
8. Senat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
8 V 1653/07
Tenor:
Der Antrag wird abgelehnt.
Die Kosten des Verfahrens tragen die Antragsteller.
Gründe
1
I.
2
Die Beteiligten streiten über die Frage, ob der Antragsgegner es zu Recht abgelehnt hat,
den Antragstellern eine Steuernummer zu erteilen.
3
Die Antragsteller – zwei polnische Staatsangehörige - schlossen am 30. November
2006 einen Vertrag über die Gründung einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR).
Zweck der Gesellschaft ist die gemeinsame gewerbliche Tätigkeit in den Bereichen
Reinigung nach Hausfrauenart mit herkömmlichen Mitteln (ohne chemische Zusätze),
Sortieren, Verpacken und Reinigen von Mehrwegprodukten, Hausmeisterservice (ohne
Ausübung handwerkkartenpflichtiger Tätigkeiten). An der GbR sind beide Antragsteller
zu je ½ beteiligt. Wegen der weiteren Einzelheiten hierzu wird auf den Inhalt des
Gesellschaftsvertrags Bezug genommen.
4
Der Antragsteller N H hatte bereits zuvor am 5. September 2006 mit Frau T aus L einen
Büro-Mietvertrag über die Nutzung eines Souterrain-Appartments im F-Weg ... in L als
Büroraum zum monatlichen Mietzins von 400 € angemietet. Wegen der weiteren
Einzelheiten hierzu wird auf den Inhalt dieses Vertrages Bezug genommen.
5
Am 1. Dezember 2006 meldeten die Antragsteller bei der Stadt L ein Gewerbe an und
gaben als angemeldete Tätigkeit den Gesellschaftszweck laut Gesellschaftsvertrag an.
Als Beginn der Tätigkeit ist dort der 1.12.2006 angegeben. Wegen der weiteren
Einzelheiten hierzu wird auf den Inhalt der Gewerbeanmeldungen Bezug genommen.
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Ebenfalls am 1. Dezember 2006 schlossen die Antragsteller unter der Bezeichnung "H,
H GbR" einen Dienstleistungsvertrag mit der B GmbH in L. Der Vertrag hat folgenden
Wortlaut:
7
Die H GbR erbringt gegenüber der Fa. B Dienstleistungen laut GewerbeAnmeldung
8
Die H GbR erbringt gegenüber der Fa. B Dienstleistungen laut GewerbeAnmeldung
vom 01.12.2006 (Anlage). Des Weiteren führt sie Protokolle und
Leistungsverzeichnisse, die der Kontrolle dienen.
8
Als Gegenleistung zahlt die Fa. B je erbrachte Arbeitsstunde 11,60 € netto. Die
Rechnungsstellung über die geleisteten Arbeitsstunden erfolgt durch die Fa. H ein
mal monatlich.
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Das Vertragsverhältnis beginnt am 01.12.2006 und ist von unbestimmter Dauer.
Eine Kündigungsfrist wird nicht vereinbart. Der Vertrag kann von beiden Vertrags-
Partnern innerhalb eines Tages beendet werden.
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Am 14. Dezember baten die Antragsteller beim Antragsgegner um die Erteilung einer
Steuernummer und legten hierzu einen "Fragebogen zur steuerlichen Erfassung
Gründung einer Personengesellschaft/-gemeinschaft", einen "Zusatzfragebogen zur
steuerlichen Erfassung bei Aufnahme einer gewerblichen Tätigkeit", Kopien der
Gewerbeanmeldungen, Kopien der Ausweise, den Gesellschaftsvertrag und den Büro-
Mietvertrag vor. Wegen der weiteren Einzelheiten hierzu wird – soweit nicht bereits oben
erwähnt – auf den Inhalt dieser Unterlagen Bezug genommen.
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Hierauf bat der Antragsteller um die Übersendung weiterer Unterlagen; hierzu legten die
Antragsteller u.a. eine Rechnung Nr. 001 vom 30.12.2006 gegenüber der Fa. B GmbH
vor, in der die GbR wochenweise über geleistete Stunden abrechnete. Der
Rechnungsbetrag lautet über netto 4.326,80 DM zzgl. gesondert ausgewiesener
Umsatzsteuer. Als Geschäftszeichen ist auf der Rechnung ".../.../NAST" (NAST =
Abkürzung für "Neuaufnahmestelle") aufgeführt.
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Am 26. Februar 2007 lehnte der Antragsgegner unter dem Geschäftszeichen
".../.../NAST" die Vergabe einer Steuernummer ab und machte hierzu geltend, die GbR
sei nicht unternehmerisch tätig. Sie sei nur für ein Unternehmen tätig und führe Arbeiten
aus, die in der Regel von Arbeitnehmern ausgeführt würden.
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Hiergegen wandten die Antragsteller mit einem beim Antragsgegner am 7. März
eingegangenen Schreiben ein, zu den Tätigkeiten der GbR gehöre das Sortieren,
Verpacken und Putzen. Die GbR sei nicht weisungsgebunden. Eine ständige
Zusammenarbeit mit anderen Mitarbeitern sei nicht gegeben. Der zeitliche Umfang der
Dienstleistungen sei nicht vorgeschrieben. Es gebe keine Überstundenvergütungen.
Geschuldet werde nicht die Arbeitskraft, sondern eine Dienstleistung.
14
Nachdem der Antragsteller mit Schreiben vom 13. März 2007 die Vergabe einer
Steuernummer versagt hatte, legten die Antragsteller mit Schreiben vom 16. März 2007
hiergegen Einspruch ein. Zur Begründung führten sie aus, die GbR stünde derzeit mit
weiteren Auftraggebern bezüglich Auftragserteilungen in Verhandlungen. Dass
zunächst nur ein Auftraggeber vorhanden gewesen sei, sei zu Beginn der gewerblichen
Tätigkeit keine Seltenheit. Erst durch weitere Werbung, wie in vorliegendem Fall, könne
sich der Kundenstamm vergrößern.
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Am 16. März 2007 schlossen die Antragsteller ebenfalls unter der Bezeichnung "H, H
GbR" einen Dienstleistungsvertrag mit der Fa. "E" in L. Der Vertrag hat folgenden
Wortlaut:
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Die Fa. H GbR erbringt gegenüber der Fa. E Dienstleistungen laut
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GewerbeAnmeldung vom 01.12.2006 (Anlage)
nach Gebauch. Des Weiteren führt sie Protokolle und Leistungsverzeichnisse, die
der Kontrolle dienen.
18
Als Gegenleistung zahlt die Fa. E 10,20 € netto. Die Rechnungsstellung über die
geleisteten Arbeitsstunden erfolgt durch die Fa. H einmal monatlich.
19
Das Vertragsverhältnis beginnt am 16.03.2007 und ist von unbestimmter Dauer.
Eine Kündigungsfrist wird nicht vereinbart. Der Vertrag kann von beiden Vertrags-
Partnern innerhalb eines Tages beendet werden.
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Hierauf erfolgte bei der Fa. "E" am 23. März 2007 eine Nachschau. Hierzu hielt der
Antragsgegner folgenden Aktenvermerk fest:
21
(…) Zwischen dem Einzelunternehmen des Herrn T1 " E" und der Fa H, H GbR
wurde am 16.03.2007 der in der Anlage aufgeführte Vertrag geschlossen.
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Die Fa H, H GbR sollte als Dienstleistungsunternehmen im Getränkemarkt arbeiten.
Die beiden Gesellschafter der Fa. H, H GbR sollen Vertragsgemäß folgende
Arbeiten ausführen: Leergutannahme, Sortieren der Getränkekisten und Flaschen,
Reinigungsarbeiten auf dem Betriebshof und im Getränkemarkt. Arbeitzeiten der
GbR auf Anforderung des Auftraggebers, vorwiegend am Wochenende und als
Vertretung für die fest angestellten Mitarbeiter.
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Es sollen nur Arbeiten ausgeführt werden, die üblicherweise durch andere
Aushilfskräfte geleistet werden können. Eine selbständige oder gewerbliche
Tätigkeit sollte nicht ausgeübt werden.
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Die Fa H, H GbR hat die Arbeit noch nicht aufgenommen.
25
Ich habe Herrn T1 auf die Konsequenzen einer Beschäftigung von
Scheinunternehmern aufmerksam gemacht.
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Im Zuge des Einspruchsverfahrens gegen die Ablehnung der Erteilung einer
Steuernummer legten die Antragsteller zum Nachweis ihrer Unternehmereigenschaft
weitere Unterlagen vor, nämlich
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zwei Schreiben der GbR an die Fa. F1 GmbH und an die N1 KG (N1 KG), mit
denen die GbR Reinigungs- und Hausmeisterarbeiten anbot,
eine Kopie der Visitenkarte des A
Kopie des Internetauftritts der N1 KG.
28
29
Mit Schreiben vom 28. März 2007 lehnte es der Antragsgegner erneut ab, den
Antragstellern eine Steuernummer zu erteilen. Eine Rechtsbehelfsbelehrung enthält das
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Schreiben nicht.
Die Antragsteller haben hierauf am 4. April 2007 Klage beim Finanzgericht Köln
erhoben, über die noch nicht entscheiden ist (Az.: 8 K 1324/07). Der Antragsgegner
macht dort geltend, die Klage sei unzulässig, weil es sich bei seinem Schreiben vom 28.
März 2007 nicht um eine Einspruchsentscheidung handele.
31
Am 16. April 2007 fand bei der Fa. B GmbH eine Lohnsteueraußenprüfung statt. In dem
Bericht vom 17. April 2007 ist hierzu festgehalten:
32
A. Allgemeines
33
34
Im Zeitraum Oktober und November 2006 wurde N H als Subunternehmer in der
Firma beschäftigt. Ab Dezember 2006 bis Februar 2007 wurden die Brüder N und Q
H als "H GbR" weiter beschäftigt.
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Bei den Personen handelt es sich um polnische Staatsangehörige.
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Herr N H war Anfang September erstmalig in L gemeldet. Sein Hauptwohnsitz
befindet sich in Polen.
37
Sein Bruder Q H ist seit Ende November in L unter der gleichen Anschrift gemeldet.
38
Seit Mitte Oktober 2006 war Herr N H für die Bfa tätig.
39
Mit Datum vom 1. Dez. 2006 wurde dann ein sogenannter "Dienstleistungsvertrag"
zwischen der Bfa und der "H, H GbR" abgeschlosssen. (...)
40
Im Rahmen der Prüfung wurde das Tätigkeitsfeld der beiden eingehend
besprochen. Die Aufgabe bestand darin, die von der Firma beschäftigten
Leiharbeiter zu beaufsichtigen, dass sie ihre Aufgaben zeitnah erfüllen, die Pausen
nicht überziehen, sowie die Arbeitszeiten einhalten.
41
Des weiteren hatten sie Leergut zu sortieren und Listen über die Anzahl der von
anderen Arbeitnehmern bewegten Paletten zu führen. Außerdem sollten sie die am
Ende des Tages durchzuführenden Reinigungsarbeiten beaufsichtigen.
42
Sie waren Herrn H1 von der Firma B unterstellt. Er war ihr Ansprechpartner, wenn
es Probleme mit Arbeitnehmern gab, sei es in der Hinsicht, dass die Qualität der
Arbeit nachließ oder wenn Arbeitnehmer ausgetauscht werden sollten.
43
B. Arbeitnehmereigenschaft
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45
Nach Prüfung des Sachverhaltes ist festzustellen, dass es sich bei dieser Art der
Tätigkeit nicht um eine gewerbliche handeln kann.
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Nach dem Gesamtbild der Verhältnisse handelt es sich die den polnischen
Staatsbürgern um Arbeitnehmer der Bfa.
47
Wer Arbeitnehmer ist, ist unter Beachtung der Vorschriften des § 1 LSTDV nach
dem Gesamtbild der Verhältnisse zu beurteilen. Die arbeitsrechtliche und
sozialversicherungsrechtliche Behandlung ist unmaßgelblich.
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Folgende Umstände sprechen u.a für eine nichtselbständige Arbeitnehmertätigkeit.:
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Es wird lediglich die eigenen Arbeitskraft geschuldet
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Keine uneingeschränkte Bestimmung über Ort, Zeit, Inhalt und Art und Weise der
Tätigkeit
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Es wird kein Unternehmerrisiko getragen
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Keine Belastung mit Geschäftskosten
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Leistungserbringung nur in der eigenen Person
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Weisungsgebundenheit
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Pflicht zum regelmäßigen Erscheinen am Arbeitsort
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Bestehen der Notwendigkeit der engen ständigen Zusammenarbeit mit anderen
Arbeitnehmern des Arbeitgebers
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Kein Kapitaleinsatz
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Schulden der eigenen Arbeitskraft und nicht einem Arbeitserfolg
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Gestellung von Arbeitsmittel
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Die von den polnischen Staatsbürgern ausgeübten Tätigkeiten, so wie sie von der
Bfa geschildert wurden (Überwachungstätigkeit, Sortieren, Listen führen) sind nicht
als selbständige Tätigkeit zu werten.
61
Hierin kann eine unternehmerische Leistung nicht festgestellt werden, da sowohl
das Untemehmerrisiko als auch der unternehmerische persönliche Material oder
Geldeinsatz fehlt.
62
Zudem erfolgte die Bezahlung für diese Tätigkeit ausschließlich auf
StundenlohnBasis von € 11,60, wobei die wöchentlich Arbeitszeit zwischen 40 und
50 Stunden betrug.
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Zur unternehmerischen Leistung zählt die persönliche Kreativität, die Eigeninitiative,
das Erbringen oder Herstellen einer Sache, das unabhängige Arbeiten, sowie eine
Weisungsunabhängigkeit hinsichtlich Zeit, Ort und Art der Tätigkeit.
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Im vorliegenden Fall müssen alle genannten Punkte verneint werden.
65
Die Art der Tätigkeit ist in der Hauptsache eine beaufsichtigende, wie sie auch von
Arbeitnehmein der Firma in anderen Bereichen durchgeführt wird. Beide sind
weisungsgebunden hinsichtlich Ort, Zeit und Art der Arbeit. Das Sortieren von
Leergut und das Führen von Strichlisten kann nicht als unternehmerische Leistung
qualifiziert werden. Aus diesen Gründen sind die gezahlten Beträge als Arbeitslohn
zu betrachten und entsprechend zu versteuern (…)
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Die Antragsteller haben am 27. April den vorliegenden Antrag auf Erlass einer
einstweiligen Anordnung gestellt.
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Sie machen geltend, der Antragsgegner verneine zu Unrecht ihre
Unternehmereigenschaft. In beiden Dienstleistungsverträgen sei keine
Weisungsbebundenheit vereinbart, es bestehe kein Anspruch auf Urlaub oder
Lohnfortzahlung im Krankheitsfall. Beide Verträge hätten täglich gekündigt werden
können. Es habe der GbR oblegen, ob sie eine Arbeit übernehme bzw. an welchen
Tagen solche verrrichtet würde. Es bestehe deshalb Unternehmerrisiko und
Unternehmerinitiative. Zudem hätten sie keine Möglichkeit gehabt, Ausfallzeiten bezahlt
zu bekommen. Hierzu verweisen sie auf das BFH-Urteil vom 17. Oktober 1996, BStBl II
1997, 188 und auf das Urteil des Sächsischen Finanzgerichts vom 14. Juli 2004 7 K
2385/01 in einem ähnlichen Fall. Soweit der Antragsteller bemängele, dass die an die
GbR übertragenen Arbeiten üblicherweise von Arbeitnehmern ausgeführt würden, treffe
die zwar zu; jeder Unternehmer habe aber die Wahl, ob seine Arbeiten durch
Arbeitnehmer oder fremde Unternehmer ausführen lasse (z.B. eigene angestellte
Raumpflegerinnen oder Reinigungsfirmen). Hinzu komme, dass Verträge mit den
Arbeitnehmern die gesetzlichen Kündigungsfristen, Urlaubsregelungen und
Lohnfortzahlung im Krankheitsfall beinhalteten. Nichts hiervon sei in den hier
zugrundeliegenden Verträgen enthalten.
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Ohne Steuernummer könnten sie keine ordnungsmäßigen Rechnungen ausstellen und
somit keine selbständige Existenz aufbauen.
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Die Antragsteller beantragen.
70
den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihnen
eine Steuernummer zu erteilen.
71
Der Antragsgegner beantragt,
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den Antrag zurückzuweisen.
73
Er macht geltend, er habe die Erteilung einer Steuernummer zu Recht versagt, weil
unternehmerische Leistungen der Antragsteller nicht vorlägen. Das Sortieren von
Leergut und das Führen von Strichlisten bei der Fa. B könne nicht als unternehmerische
Tätigkeit qualifiziert werden. Auch bei der Fa. "E" sollten nur Arbeiten ausgeführt
werden, die üblicherweise durch andere Aushilfskräfte geleistet werden könnten. Es sei
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davon auszugehen, dass die Antragsteller, die nicht über eine Arbeitserlaubnis
verfügten, durch die gewählte vertragliche Gestaltung als angebliche Gewerbetreibende
versuchten, ohne die ansonsten erforderliche Arbeitserlaubnis auf dem hiesigen
Arbeitsmarkt Fuß zu fassen.
II.
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Der Antrag ist unbegründet.
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Gemäß § 114 Abs. 1 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung – FGO - kann das Finanzgericht
zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis
eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn dies zur Abwendung wesentlicher
Nachteile, zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus anderen Gründen nötig
erscheint. Voraussetzung hierfür ist, dass der Antragsteller einen Anordnungsanspruch
und einen Anordnungsgrund darlegt und glaubhaft macht (FG Münster, Beschluss vom
4. Mai 2004 7 V 1911/04, EFG 2004, 1470).
77
1.
78
Hiervon ausgehend haben die Antragsteller einen Anordnungsanspruch nicht
hinreichend glaubhaft gemacht.
79
a.
80
Bei der im Eilverfahren gebotenen summarischen Prüfung (vergl. Gräber/Koch, FGO, 5.
Auflage, § 114 Rz 54) ist der Senat zwar der Auffassung, dass jedenfalls Unternehmer
i.S.des § 2 des Umsatzsteuergesetzes - UStG - Anspruch auf Erteilung einer
Steuernummer haben. Auch wenn ein solcher Anspruch gesetzlich nicht geregelt ist,
folgt er doch aus der Regelung des § 14 Abs. 4 Nr. 2 UStG. Danach muss die Rechnung
die dem leistenden Unternehmer vom Finanzamt erteilte Steuernummer oder die vom
Bundeszentralamt für Steuern erteilte Umsatzsteuer-Identifikationnummer enthalten.
Aufgrund dieser seit dem 1. Januar 2004 eingeführten Vorschrift behindert das Fehlen
der Steuernummer (ohne wahlweise Identifikationsnummer) entsprechend § 15 Abs. 1
Nr. 1 UStG das Recht auf den Vorsteuerabzug des Rechnungsempfängers (vergl. dazu
und zur Entstehungsgeschichte der Vorschrift: Wagner in Sölch/Ringleb, UStG, § 14 Rz.
253 ff.). Als Ausfluss dieser Vorschrift folgt, dass einem Unternehmer deshalb eine
Steuernummer zu erteilen ist, damit er diesem gesetzlichen Erfordnernis Rechnung
tragen kann (vergl. zum Fall des Anspruchs auf Erteilung einer für eine
Gaststättenerlaubnis notwendige Unbedenklichkeitsbescheinigung durch das
Finanzamt als Ausfluss des § 4 Abs. 1 Nr. 1 Gaststättengesetz: Finanzgericht Hamburg,
Urteil vom 4. September 2006 2 K 33/06, EFG 2007, 234). Denn die Finanzbehörden
handelten treuwidrig, wenn der Gesetzgeber einerseits die Angabe einer Steuernummer
in Rechnungen forderte, andererseits die Erteilung einer solchen Steuernummer aber
einem Unternehmer verweigerte. Der Unternehmer kann auch nicht darauf verwiesen
werden, dass ihm die Möglichkeit offensteht, eine Umsatzsteueridentifikationsnummer
gemäß § 27a Abs. 1 UStG – die wahlweise in der Rechnung aufgeführt werden kann –
beim Bundeszentralamt für Steuern zu beantragen. Denn eine solche wird der
Unternehmer gemäß § 27a Abs. 2 UStG ohne Steuernummer nicht erlangen können,
weil in dem Antragsverfahren bei Bundeszentralamt für Steuern vorgesehen ist, dass die
Landesfinanzbehörden die hierfür erforderlichen Angaben der bei ihnen
umsatzsteuerlich geführten Personen oder Personenvereinigungen übermitteln. Mit der
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Verweigerung der Steuernummer geht indes die Tatsache einher, dass damit die
entsprechende Personen oder Personenvereinigungen umsatzsteuerlich gerade nicht
geführt wird.
Die Antragsteller sind aber nicht als Unternehmer anzusehen, sondern, wovon der
Antragsgegner zu Recht ausgeht, als nichtselbständig tätige Personen.
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Unternehmer ist gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 UStG, wer eine gewerbliche oder berufliche
Tätigkeit selbständig ausübt. Gewerblich oder beruflich ist jede nachhaltige Tätigkeit zur
Erzielung von Einnahmen, auch wenn die Absicht, Gewinn zu erzielen, fehlt oder eine
Personenvereinigung nur gegenüber ihren Mitgliedern tätig wird (§ 2 Abs. 1 Satz 3
UStG). An einer selbständigen Ausübung einer solchen Tätigkeit fehlt es gemäß § 2
Abs. 2 Nr. 1 UStG, soweit natürliche Personen, einzeln oder zusammengeschlossen,
einem Unternehmen so eingegliedert sind, dass sie den Weisungen des Unternehmers
zu folgen verpflichtet sind. Der durch Auslegung ermittelte Inhalt dieser Vorschrift
entspricht der Definition des § 1 Abs. 2 der Lohnsteuer-Durchführungsverordnung –
LStDV -, wonach ein Dienstverhältnis dann vorliegt, wenn der Beschäftigte dem
Arbeitgeber seine Arbeitskraft schuldet, wenn er in der Betätigung seines geschäftlichen
Willens unter der Leitung des Arbeitgebers steht oder im geschäftlichen Organismus des
Arbeitgebers dessen Weisungen zu folgen verpflichtet ist (vgl. BFH-Urteil vom 2.
Dezember 1998 X R 83/96, BStBl II 1999, 534). Die Frage, wer Arbeitnehmer ist, ist
unter Beachtung dieser Bestimmung nach dem Gesamtbild der Verhältnisse zu
beurteilen. Das bedeutet, dass die für und gegen ein Dienstverhältnis sprechenden
Merkmale gegeneinander abgewogen werden. In diese Würdigung ist auch
einzubeziehen, wie das der Beschäftigung zugrunde liegende Vertragsverhältnis
ausgestaltet worden ist, sofern die Vereinbarungen ernsthaft gewollt und tatsächlich
durchgeführt worden sind. Für eine Arbeitnehmereigenschaft können insbesondere
folgende Merkmale sprechen:
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persönliche Abhängigkeit
Weisungsgebundenheit hinsichtlich Ort, Zeit und Inhalt der Tätigkeit
feste Arbeitszeiten
Ausübung der Tätigkeit gleichbleibend an einem bestimmten Ort
feste Bezüge
Urlaubsanspruch
Anspruch auf sonstige Sozialleistungen
Fortzahlung der Bezüge im Krankheitsfall
Überstundenvergütung
zeitlicher Umfang der Dienstleistungen
Unselbständigkeit in Organisation und Durchführung der Tätigkeit
kein Unternehmerrisiko
keine Unternehmerinitiative
kein Kapitaleinsatz
keine Pflicht zur Beschaffung von Arbeitsmitteln
Notwendigkeit der engen ständigen Zusammenarbeit mit anderen Mitarbeitern
Eingliederung in den Betrieb
Schulden der Arbeitskraft und nicht eines Arbeitserfolges
Ausführung von einfachen Tätigkeiten, bei denen eine Weisungsabhängigkeit die
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Regel ist (vergl. zu diesem Katalog: BFH-Urteil vom 14.6.1985 VI R 150-152/82,
BStBl II 1985, 661).
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Ein Indiz für die Selbständigkeit kann die Beschäftigung eigener Arbeitskräfte, die
Gestellung eigener Arbeitsgeräte oder das Unterhalten eines eigenen Büros durch den
Beauftragten sowie der geschäftliche Kontakt zu mehreren Auftraggebern sein (vergl.
Schmidt/Drenseck, EStG, 25. Auflage, § 19 Rz. 4 ff, Rz. 8).
86
Dies zugrundegelegt haben die Antragsteller bei summarischer Prüfung nicht
hinreichend glaubhaft gemacht, dass ihre Tätigkeit eine unternehmerische sein soll.
Dabei ist hier bei der Beurteilung dieser Frage nicht etwa von den Angaben der
Antragsteller bei der Gewerbeanmeldung auszugehen, sondern von den tatsächlichen
Verhältnissen, wie sie vom Antragsgegner bei den ersten beiden Aufträgen ermittelt
worden sind. Denn nur das so festgestellte Tätigwerden der Antragsteller lässt eine
Beurteilung ihrer zukünftigen Tätigkeit bei weiteren Vertragspartnern zu.
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Ausgehend hiervon sind sowohl die Tätigkeiten der Antragsteller bei der Fa. B als auch
die geplante Tätigkeit bei der Fa. E als nichtselbständige Tätigkeiten anzusehen. Beide
Tätigkeiten zeichnen sich dadurch aus, dass die Antragsteller ohne den Einsatz eigener
Arbeitsmittel nicht etwa einen Arbeitserfolg, sondern ausschließlich den Einsatz ihrer
Arbeitskraft schulden. Zudem ist ein Tätigwerden der Antragsteller ohne die
Eingliederung in den Betrieb dieser beiden "Auftragsgeber" nicht denkbar. Denn die
eigentliche Tätigkeit der Antragsteller besteht in der Verrichtung von Arbeiten innerhalb
der Leergutannahme ihrer Vertragspatrner und erforderten somit, dass die Tätigkeiten
innerhalb des jeweiligen Betriebs verrichtet wurden. Bei den wesentlichen Tätigkeiten,
nämlich Leergutannahme und Sortieren von Leergut sowie Reinigungsarbeiten handelt
es sich um einfachste Tätigkeiten, die vielfach auch von Aushilfskräften verrichtet
werden und denen deswegen eine Weisungsabhängigkeit immanent ist. Soweit die
Antragsteller geltend machen, eine solche Weisungsabhängigkeit bestehe nicht,
vermag der Senat dem nicht zu folgen, weil die Tätigkeit der Antragsteller beim
jeweiligen Vertragspartner hinsichtlich Ort, Zeit und Inhalt vorgegeben ist. Bestätigt wird
dies durch die Ermittlungen des Antragsgegners bei der Fa. E, wonach die GbR auf
Anforderung des Auftraggebers, vorwiegend am Wochenende tätig werden sollte.
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Sind damit wesentliche Kriterien erfüllt, die für eine nichtselbständige Tätigkeit
sprechen, fehlt es in Abgrenzung zu einer unternehmerischen Tätigkeit am Vorliegen
eines Unternehmerrisikos und einer Unternehmensinitiative bei den Antragstellern.
89
Das Vorliegen einer Unternehmerinitiative kann nicht etwa daraus hergeleitet werden,
dass die Antragsteller dergestalt den Erfolg der Tätigkeit durch die Bestimmung des
Umfangs des Arbeitseinsatzes beeinflussen könnten, dass sie mit dem Abschluss
weiterer Dienstleistungsverträge ihre Auslastung und damit das von ihnen erzielte
Entgelt über einen Mehreinsatz steigern ließe (vergl. hierzu: BFH-Urteil vom 2.
Dezember 1998 X R 83/96, a.a.O.). Eine solche Sicht der Dinge ginge an einer
zutreffenden Beurteilung der tatsächlichen Tätigkeit der Antragsteller vorbei, die im Kern
darin besteht, den jeweils zu aquirierenden Vertragspartnern ausschließlich ihre
Arbeitskraft für einfachste Tätigkeiten zur Verfügung zu stellen. Sollte es daher zu dem
Abschluss mehrerer "Dienstleistungsverträge" nebeneinander kommen, bedarf es bei
90
dieser Sachlage der Überprüfung, ob – in Abgrenzung zu einer unternehmerischen
Tätigkeit – es sich um mehrfache Arbeitsverträge handelt, innerhalb derer jeweils eine
nichtselbständige Tätigkeit vorliegt (vergl. dazu Schmidt/Drenseck, EStG, 25. Auflage, §
19 Rz. 9 m.w.N. auf BFH-Urteil vom 21. März 1975 VI R 60/73, BStBl II 1975, 513; vergl.
zu diesem Gesichtspunkt auch: Sächsisches Finanzgericht, Urteil vom 9. November
2005 2 K 2709/03, DStRE 2007, 285). Ergibt eine solche Überprüfung, dass mehrere
nichtselbständige Tätigkeiten parallel vorliegen, verbietet es sich, die
Unternehmerinitiative deswegen zu bejahen, weil durch das Nachgehen weiterer
nichtselbständiger Tätigkeiten sich eine Einnahmesteigerung erreichen ließe. Nach
Ansicht des Senats bedarf es dann vielmehr der Prüfung des Vorliegens einer
Unternehmerinitiative innerhalb jeder einzelnen Tätigkeit. Betrachtet man hier aber die
Tätigkeiten der Antragsteller bei der Fa. B und der Fa. E, ist nicht feststellbar, dass durch
Initiativen innerhalb dieser Vertragsverhältnisse Einnahmesteigerungen hätten erzielt
werden können. Insbesondere aus der Tatsache, das bei der Fa. E die Tätigkeit auf
Anforderung auszuführen war und aus der Tatsache, dass in beiden Verträgen auf
Stundenbasis abgerechnet wurde, ergibt sich vielmehr, dass die maximale Höhe des
erreichbaren Verdienstes innerhalb der jeweiligen Vertragsverhältnisses durch den
jeweiligen Vertragspartner der Antragsteller vorgegeben war.
Der Senat vermag auch nicht zu erkennen, dass die Antragsteller bei ihren Tätigkeiten
bei der Fa. B und bei der Fa. E ein Unternehmerrisiko getragen hätten. Zwar hat der
BFH in seinem Urteil vom 2. Dezember 1998 X R 83/96 das Vorliegen eines solchen
Unternehmerrisikos in Form eines Vergütungsrisikos bejaht, wenn die persönliche
Verhinderung dazu führt, dass keine Einnahmen erzielt werden können, weil
insbesondere kein Anspruch auf Lohnfortzahlung im Krankheitsfalle besteht. Der dort
entschiedene Fall ist aber mit dem vorliegenden nicht vergleichbar. Denn in dem vom
BFH entschiedenen Fall ging es um die Beurteilung der Tätigkeit von nicht in den
Betrieb des Auftragsgebers eingegliederten Rundfunkermittlern, hier hingegen um
Tätigkeiten, die typischerweise auch von Aushilfskräften unter Eingliederung in den
Betrieb des Vertragspartners durchgeführt werden. Bei einer solchen Tätigkeit kommt
bei der Würdigung des Gesamtbildes der Verhältnisse dem Fehlen der Lohnfortzahlung
im Krankheitsfall - entgegen der Auffassung der Antragsteller - keine ausschlaggebende
Bedeutung zu. Die Antragsteller irren deshalb, wenn sie meinen, Tätigkeiten der
vorliegenden Art, die typischerweise als unselbständige Tätigkeit ausgeübt werden,
alleine durch eine Vertragsgestaltung dahingehend, dass eine Vergütung für Fehlzeiten
nicht geschuldet wird, zu einer selbständigen Tätigkeit umqualifizieren zu können.
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Auch die Tatsache, dass der Antragsteller N H einen Büromietvertrag abgeschlossen
hat, vermag ein Unternehmerrisiko der Antragsteller nicht zu begründen. Wenn damit
auch ein Kapitaleinsatz einhergeht und damit bei Ausbleiben von Aufträgen sogar das
Erzielen von Verlusten denkbar ist, vermag der Senat bei der hier gebotenen
summarischen Prüfung nicht zu erkennen, aus welchem Grund der Büroraum
angemietet wurde. Denn die Art der Tätigkeit der Antragsteller, die alleine durch die
Aufzeichnung der geleisteten Stunden abrechenbar ist, lässt nicht erkennen, weshalb
hierfür Büroraum notwendig wäre. Der Senat vermag daher nicht auszuschließen, dass
der Mietvertrag eigens nur deshalb abgeschlossen wurde, um eine selbständige
Tätigkeit zu begründen, der angemietete Raum tatsächlich aber gänzlich anderen
Zwecken dient und von den Antragstellern überhaupt nicht für die Durchführung ihrer
Tätigkeiten genutzt wird.
92
b.
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Der Senat ist bei summarischer Prüfung auch der Ansicht, dass die Vorschrift des § 14
Abs. 4 Nr. 2 UStG eine Befugnis der Finanzverwaltung eröffnet, bereits bei der
Beantragung einer Steuernummer überprüfen zu können, ob es sich bei dem
Antragsteller tatsächlich um einen Unternehmer handelt und entsprechend die Erteilung
der Steuernummer zu verweigern, wenn dies nicht der Fall ist. Der Senat schließt dies
aus dem Wortlaut der Vorschrift, die von einer dem leistendem Unternehmer vom
Finanzamt erteilten Steuernummer spricht und damit impliziert, dass bei Feheln der
Unternehmereigenschaft eine Steuernummer nicht erteilt wird. Dies entspricht auch dem
Zweck der Vorschrift, der darin besteht, eine bessere Kontrolle des Vorsteuerabzugs
durch die Erleichterung der Identifizierung des leistenden Unternehmers sicherzustellen
und Steuerhinterziehung zu vermeiden (vergl. dazu Wagner in Sölch/Ringleb, UStG, §
14 Rz 255 ff. m.w.N.). Dem entspricht es, Mißbräuche im Rahmen der Umsatzsteuer von
vornherein dadurch zu begegnen, dass - nach Prüfung erkannten - Nichtunternehmern
die Erteilung einer Steuernummer verweigert wird, um der Gefahr zu begegnen, dass
solche Nichtunternehmer durch die Ausstellung von Rechnungen eine
Vorsteuerabzugsmöglichkeit beim Rechnungsempfänger auslösen. Der Senat hält die
so verstandene Regelung auch durch die 6. EG-Richtlinie zur Harmonisierung der
Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern (77/388/EWG) - 6. EG-
Richtlinie – für gedeckt. Denn gemäß Artikel 22 Abs. 8 der 6. EG-Richtlinie können
Mitgliedstaaten unter Beachtung der Gleichbehandlung der von Steuerpflichtigen im
Inland und zwischen den Mitgliedstaaten bewirkten Umsätze weitere Pflichten
vorsehen, die sie als erfolderlich erachten, um eine genaue Erhebung der Steuer
sicherzustellen und Steuerhinterziehung zu vermeiden, sofern diese Pflichten im
Handelsverkehr zwischen den Mitgliedstaaten nicht zu Förmlichkeiten beim
Grenzübertritt führen. Das Erfordernis der Angabe der Steuernummer auf der Rechnung
gemäß § 14 Abs. 4 Nr. 2 fällt nach Auffassung des Senats hierunter, zumal Artikel 22
Abs. 3 Buchstabe b 3. Spiegelstrich ein Mehr vorsieht, nämlich die Angabe der
Umsatzsteueridentifikationsnummer auf der Rechnung. Die Versagung der Erteilung der
Steuernummer bei erkannter Nichtunternehmereigenschaft ist - wie dargelegt - auch
eine Maßnahme zur Vermeidung von Steuerhinterziehung und diskriminiert auch nicht
die innergemeinschaftlichen Umsätze gegenüber inländischen Umsätzen.
94
2.
95
Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
96