Urteil des FG Köln vom 24.01.2007

FG Köln: stadt, nato, betriebsstätte, treu und glauben, geschäftsleitung, flughafen, gebäude, unbeschränkte steuerpflicht, steuersatz, anschrift

Finanzgericht Köln, 13 K 336/07
Datum:
24.01.2007
Gericht:
Finanzgericht Köln
Spruchkörper:
13. Senat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
13 K 336/07
Tenor:
Die Körperschaftsteuerbescheide 1990 bis 1993 werden unter
Aufhebung der hierzu ergangenen Einspruchsentscheidung vom
27.03.2002 mit der Maßgabe geändert, dass sich die Körperschaftsteuer
nach folgenden Steuersätzen bemisst:
1990: 43,21 %
1991: 43,21 %
1992: 40,01 %
1993: 40,01 %
Die weitergehende Klage wird abgewiesen.
Die Berechnung der Körperschaftsteuer wird dem Beklagten übertragen
(§ 100 Abs. 2 Satz 2 FGO).
Die Kosten des Verfahrens werden der Klägerin zu 90 % und dem
Beklagten zu 10 % auferlegt.
Die Revision wird zugelassen.
Das Urteil ist wegen der Kostenentscheidung gegen Sicherheitsleistung
durch die Klägerin in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs der
Klägerin vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
1
Streitig ist, ob die Klägerin in den Streitjahren beschränkt, unbeschränkt oder überhaupt
nicht in der Bundesrepublik Deutschland steuerpflichtig ist.
2
Die Klägerin ist eine mit Vertrag vom 17.10.1978 gegründete niederländische
Kapitalgesellschaft (Besloten Vennootschap – D-BV –). Alleinige Gesellschafterin ist die
CCC GmbH. Gesellschafter der CCC GmbH und Geschäftsführer beider Gesellschaften
ist Herr D, der seinen Wohnsitz seit 1977 im Ort I, J-Str. (Deutschland), hat.
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Die Klägerin hatte ihren statutarischen Sitz zum Gründungszeitpunkt in der Stadt H, S-
Weg (Niederlande). Ausweislich eines Auszugs aus dem Handelsregister von ... vom
24.06.1999 hatte sie später ihre Anschrift in der Stadt C, F-Weg (Niederlande). Wegen
der Einzelheiten wird auf den Gründungsvertrag und die Handelsregisterauskunft (...) in
der Vertragsakte und dem Aktenordner "D - B. V. Anlagen Eingangs-
/Ausgangsrechnungen 2000" verwiesen.
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Geschäftsgegenstand der Klägerin war in den Streitjahren die Reinigung von
Gebäuden, Maschinen und Anlagen. Neben Reinigungsarbeiten an Gebäuden in den
Niederlanden führte sie seit Juli 1991 Flugzeugreinigungen auf dem Flughafen T in der
Stadt P (Niederlande –NL-) durch. Für die mit diesen Aufgaben betrauten Mitarbeiter
führte sie Lohnsteuer und Sozialversicherungsbeiträge in den Niederlanden ab.
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Bereits seit Juli 1990 reinigte die Klägerin auf dem Nato-Flughafen in der Stadt M
(Deutschland) Flugzeuge der A-Serie. Die Klägerin war dabei als Subunternehmerin der
Firma M, der Hauptauftragnehmerin der Nato für Reinigungsleistungen auf dem
Flughafen der Stadt M, tätig. Die Rechte und Pflichten der Mitarbeiter der Klägerin auf
dem Flughafen sind in einem umfangreichen Vertrag mit der Firma M geregelt. Ein Büro
unterhielt die Klägerin auf dem Fluggelände nicht, Räumlichkeiten hatte sie nicht
angemietet. Überwacht wurden die Reinigungsarbeiten von einem Mitarbeiter der Firma
M.
6
Ausweislich eines Aktenvermerks über eine am 15.2.2005 durchgeführte
Ortsbesichtigung auf dem Fluggelände galten für die Arbeiten auf dem Nato-Stützpunkt
folgende Regelungen:
7
Das von der Klägerin ausgesuchte Personal (in den Streitjahren durchschnittlich 18
größtenteils in Deutschland ansässige Arbeitnehmer) unterzog sich einer
umfangreichen Sicherheitsuntersuchung durch Behörden in den Niederlanden und in
Deutschland. Bestanden keine Sicherheitsbedenken schloss die Klägerin
Arbeitsverträge mit den Arbeitnehmern ab. Das gesamte Reinigungspersonal für die A-
Flugzeuge war bei verschiedenen Unternehmen tätig. Die Einteilung des Personals und
die Überwachung und Überprüfung der Arbeiten erfolgten ausschließlich durch einen
Mitarbeiter der Firma M. Dieser sorgte durch Anrufe bei den zur Verfügung stehenden
Arbeitnehmern der verschiedenen Vertragsunternehmen für Ersatz in Krankheits- oder
Urlaubsfällen. Eine Meldung an die Klägerin erfolgte nur, wenn ein Arbeitnehmer
auffällig wurde. Ihre Arbeitnehmer verfügten über Sicherheitsausweise, mit denen sie zu
den Sicherheitsbereichen des Fluggeländes Zutritt hatten. Ferner verfügten sie über
einen weiteren Pass, um Reinigungsarbeiten in bestimmten Sicherheitszonen ausüben
zu können. Die Nato stellte dem Reinigungspersonal Räumlichkeiten zur Verfügung.
Hierbei handelte es sich um einen Aufenthaltsraum mit Kücheneinrichtung,
verschließbaren Schränken und Duschvorrichtungen. Ein Telefon- und Faxanschluss
konnte bei Bedarf genutzt werden. Für diesen Gebäudeteil erhielt jeder Arbeitnehmer
einen Schlüssel, mit dem er sich während der Bereitschaftsdienstzeit von 6.00 Uhr bis
23.00 Uhr Eingang zum Gebäude verschaffen konnte. Zur Reinigung der Flugzeuge
standen den Arbeitnehmern Nato-Fahrzeuge und Nato-Reinigungsmaschinen nebst
Putzmittel zur Verfügung. Auch zu diesen Lagerräumen hatten die Mitarbeiter der
Klägerin Schlüssel.
8
Wegen der Einzelheiten wird auf den Aktenvermerk über die Ortsbesichtigung des
Beklagten vom 15.02.2005 (Blatt 164, 165 der Akte) und auf die Bestätigung der Nato
9
Air-Base vom 14.12.2001 in der Rechtsbehelfsakte zum Klageverfahren 13 K 2238/02
verwiesen.
Unter dem Datum 18.12.1991 traf Herr D als Vertreter der CCC GmbH, diese als
Alleingesellschafterin der Klägerin, im Rahmen einer Gesellschafterversammlung
folgenden Beschluss:
10
"Top 1: Feststellung zum Ort der geschäftlichen Leitung der D - B. V.
11
Die Geschäfte der D - B. V. werden mit Wirkung vom 1. Januar 1992 an, vom
Verwaltungssitz der Muttergesellschaft, der CCC GmbH, E-Str. in T aus geleitet. In dem
hierfür erforderlichen Rahmen stellt die CCC GmbH (der) D - B. V. personelle und
sachliche Mittel zur Verwaltungsausübung zur Verfügung. Die D - B. V. wird eigenes
Personal bei weiterer geschäftlicher Entwicklung in der Stadt T einstellen. Die CCC
GmbH wird die hierfür erforderlichen Büromöglichkeiten schaffen."
12
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den auf den 18.12.1991 datierenden
Gesellschafterbeschluss in der Vertragsakte verwiesen.
13
Die CCC GmbH verlegte zum 1.3.1994 ihren Sitz von der E-Str. in T (Deutschland), in
das ehemaligen Zollamtsgebäude in dem Ort U. Für dieses Gebäude existieren
folgende Postanschriften:
14
V-Str., Ort U (deutsche Anschrift)
15
W-Str., Ort U (deutsche Anschrift)
16
W-Str., Ort X (niederländische Anschrift).
17
Das Gebäude ist auf deutschem Hoheitsgebiet in der Gemarkung ..., Flur ..., Flurnummer
...belegen.
18
Ab August 1996 verlegte die CCC GmbH ihren Sitz in das frühere Zollamt Y. Für dieses
Gebäude existieren folgende Postanschriften:
19
M-Str., Ort Z (deutsche Anschrift)
20
G-Str., Ort X (niederländische Anschrift).
21
Das Gebäude ist ebenfalls auf deutschem Hoheitsgebiet in der Gemarkung ..., Flur ...,
Flurnummer ...belegen.
22
Mieterin der vorgenannten Büros war die CCC GmbH.
23
Mit Gewerbeanmeldung vom 19.09.1994 meldete sich die Klägerin für die Tätigkeiten
Reinigung, Wartung und Instandhaltung von Gebäuden, Maschinen und Anlagen sowie
Verkehrsmittelreinigung und Versorgung von Verkehrsmitteln beim Gewerbeamt der
Gemeinde R an. Als Anschrift der Betriebsstätte gab sie V-Str., Ort U (Deutschland), als
Anschrift der Hauptniederlassung S-Weg, Stadt H (Niederlande) und als Anschrift der
früheren Betriebsstätte E-Str. in T(Deutschland) an. Als Datum des Beginns der
angemeldeten Tätigkeit erklärte sie den 01.01.1992. Auf dem "Fragebogen zur Prüfung
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der Betriebsstätteneigenschaft im Sinne des § 49 Einkommensteuergesetz – EStG –
und des Doppelbesteuerungsabkommens zur Erteilung einer Steuernummer" machte
die Klägerin am 12.01.1995 folgende Angaben:
1. Name, Anschrift und Art des Unternehmens D - B. V., V-Str, Ort U
25
Bankverbindung ... Bank
26
6.Tätigkeit in der Bundesrepublik Deutschland bzw. an den einzelnen Orten:
Beginn/voraussichtliches Ende 01.01.1992/b. a. w.
27
12. Werden in der Bundesrepublik Deutschland feste Geschäftseinrichtungen oder
Anlagen unterhalten? Ja und zwar V-Str, Ort U seit März 1994
28
13. Welche anderen dem Unternehmen dienenden örtlichen Einrichtungen oder
Anlagen sind in der Bundesrepublik Deutschland vorhanden? Keine
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14. Sind die Einrichtungen oder Anlagen zu 12. oder 13. genannten Art in der
Bundesrepublik Deutschland angemietet worden oder ist an solchen Einrichtungen oder
Anlagen eine nicht nur vorübergehende Verfügungsmacht eingeräumt worden? Ja, und
zwar Bürogebäude wurde gemeinsam mit der Firma CCC GmbH angemietet.
30
18. Erstreckt sich die wirtschaftliche Betätigung des Unternehmens ausschließlich auf
die Bundesrepublik Deutschland? Nein, Finanzamt Q, Steuernummer ... (NL)
31
20. Welche Umsätze und Gewinne werden voraussichtlich in der Bundesrepublik
Deutschland je Kalenderjahr-/Wirtschaftsjahr erzielt?
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Umsatz: 1,8 Mio. DM Gewinn: ca. 145.000,00 DM.
33
Auf der Unterschrift des Fragebogens ist ein Firmenstempel der Klägerin mit folgenden
Angaben aufgedruckt:
34
D - B. V. V-Str., Ort U Tel.: ... .
35
Diesen Firmenstempel und die darauf angegebene Adresse verwendete die Klägerin
auch in weiteren Schreiben, wie bspw. in Abtretungsanzeigen an den Beklagten vom
8.12.1995 – unterzeichnet in R – (abgeheftet in der Erlass- und Stundungsakte), in
einem Kurzbrief an den Beklagten vom 20.2.1995 und in einem Schreiben an den
Beklagten vom 9.11.1995 (jeweils abgeheftet in der Körperschaftsteuerakte 1992).
36
Wegen der Einzelheiten wird auf die Gewerbeanmeldung vom 19.09.1994 und den
Fragebogen vom 12.01.1995 in der Betriebsprüfungsakte 1992 bis 1993 und der
Vertragsakte verwiesen.
37
Buchführung und Bilanzen erstellte die Klägerin in den Streitjahren in niederländischer
Sprache durch einen niederländischen Steuerberater. Für den Veranlagungszeitraum
1994 erstellte sie überdies eine Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung in deutscher
Sprache. Für die Zeit vom 31.12.1993 bis 24.01.1995 und 31.12.1994 bis 30.11.1995
existieren zwei Rechnungen der CCC GmbH, die an die Klägerin unter der Adresse V-
Str., Ort U gerichtet sind. An die Klägerin gesandte Rechnungen anderer Unternehmen,
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insbesondere aus den Niederlanden, weisen in den Jahren 1993 bis 1995 die
Anschriften S-Weg, Stadt H bzw. Postbus ... (NL) und im Veranlagungszeitraum 2000 G-
Str., Ort X aus. Ausgangsrechnungen der Klägerin, die an verschiedene niederländische
Unternehmer, an die Nato und an die Firma M gerichtet sind, tragen in den Jahren 1993
bis 1995 die Anschriften S-Weg, Stadt H (NL), Postbus ... (NL) und vereinzelt W-Str., Ort
X (NL). Im Veranlagungszeitraum 2000 tragen sie die Anschrift G-Str., Ort X (NL).
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Bilanz zum 31.12.1994, die Rechnungen
in der Bilanzakte 1994 und auf die Ordner "Ein- und Ausgangsrechnungen der D - BV
1993 und 1995" und "D - B. V. Anlagen Eingangs-/Ausgangsrechnungen 2000 FG Köln
(13 K 5677/03)" verwiesen.
Die Klägerin wurde für die Streitjahre in den Niederlanden zur Körperschaftsteuer
veranlagt. Im Zuge dieser Veranlagungen bestand Streit über die Höhe der in den
Jahren 1990 bis einschließlich 1994 zu zahlenden Körperschaftsteuer. Am 18.11.1998
schloss die Klägerin mit der niederländischen Finanzverwaltung einen
Festsetzungsvertrag über die endgültige Behandlung der Steuerproblematik. Hierin
regelten die Klägerin (bezeichnet als Partei A) und der niederländische Fiskus –
ausweislich einer Übersetzung des Festsetzungsvertrages – u. a.:
39
Die "Parteien vereinbaren, dass Partei A bis 31. Dezember 1993 ihren Hauptsitz in den
Niederlanden hatte mit einer festen Einrichtung in der Stadt M, Deutschland. Vom 1.
Januar 1994 an ist die Hauptniederlassung von Partei A in Deutschland mit einer festen
Einrichtung in der Stadt P (NL). Durch die Verlegung der tatsächlichen
Geschäftsführung und eines Teils der Unternehmensaktivitäten vereinbaren Parteien,
dass für die verlegten Unternehmensaktivitäten von Partei A ein
Endabrechnungsgewinn berücksichtigt werden soll. Dieser Endabrechnungsgewinn
wird von Parteien festgesetzt auf hfl 225.000,00".
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Wegen der Einzelheiten wird auf die Übersetzung des Festsetzungsvertrags (Blatt 117 –
121 der Akten) verwiesen.
41
Für die streitigen Veranlagungszeiträume 1992 und 1993 reichte die Klägerin ab 1995
Steuererklärungen ein, in denen in der Zeile: "Sitz der Geschäftsleitung" E-Str. in T
(1992) und V-Str. (1993) im Ort U (Deutschland) eingetragen ist. In allen
Veranlagungszeiträumen erklärte sie die Vollausschüttungen der erzielten Gewinne.
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Zu der Steuererklärung 1992 hatte der frühere, mittlerweile verstorbene steuerliche
Berater der Klägerin, Rechtsanwalt Dr. S, wie folgt Stellung genommen:
43
"Die D - B. V. hat den Ort ihrer Geschäftsleitung in R (Deutschland) genommen. Sie ist
daher eine ausländische Kapitalgesellschaft mit Geschäftsleitung im Inland. .... das
Ergebnis der unbeschränkten Steuerpflicht in der Bundesrepublik Deutschland
entspricht dabei auch der Rechtauffassung der Betriebsprüfung des Finanzamts Q
(NL)...".
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In einem weitern Schreiben vom 30.8.1995 führt Dr. S aus:
45
"... Die niederländische Betriebsprüfung bei der D - B.V. bezieht sich zwar auf die Jahre
1990, 1991 und 1992. Erst zum 01. Januar 1992 ist jedoch die geschäftliche Leitung und
Oberleitung der D - B.V. nach R verlegt worden. Im Einzelnen ergibt sich dies aus
folgendem Sachverhalt:
46
Die Verwaltung der D - B.V. befindet sich am Sitz der Muttergesellschaft, der CCC
GmbH, in deren derzeitigen Verwaltungsräumlichkeiten, V-Str., Ort U.
47
Buchhaltung, Sekretariat und Vertrieb der Gesellschaft nutzen die
Verwaltungseinrichtungen der CCC GmbH, so dass von einer integrierten Verwaltung
gesprochen werden kann.
48
Der Geschäftsführer der D - B.V., Herr D, ist zugleich Geschäftsführer der CCC GmbH.
Die für Verwaltungsaufgaben der D - B.V. zuständige Frau L ist am Sitz der Gesellschaft
in R eigens für diesen Dienstort im Jahre 1992 eingestellt worden.
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Diese mit Wirkung vom 01. Januar 1992 erfolgte geschäftliche Verflechtung ist im
Vollzug des Beschlusses der Gesellschafterversammlung vom 18. Dezember 1991
eingetreten, so dass anlässlich der Betriebsprüfung des Finanzamtes Q (NL) davon
ausgegangen worden ist, dass zum Jahreswechsel 1991/1992 die Gesellschaft ihren
Wohnsitz in R im Sinne des deutsch/niederländischen Doppelbesteuerungsabkommen
genommen hat und dementsprechend ab 01. Januar 1992 der bundesdeutschen
Körperschaftsteuerpflicht unterliegt. ..."
50
Wegen der Einzelheiten wird auf die Schreiben des Dr. S an den Beklagten vom
24.02.1995 und 30.8.1995 in der Körperschaftsteuerakte 1992 verwiesen.
51
Mit Erstbescheiden vom 30.06.1995 und 19.09.1996 veranlagte der Beklagte die
Klägerin für die Veranlagungszeiträume 1992 und 1993 nach Maßgabe ihrer
Steuererklärungen als unbeschränkt steuerpflichtige Kapitalgesellschaft zur
Körperschaft-steuer, gleichzeitig erließ er Feststellungsbescheide nach § 47 des
Körperschaftsteuergesetzes – KStG –. Die Bescheide ergingen unter dem Vorbehalt der
Nachprüfung gem. § 164 der Abgabenordnung – AO –. Gegen die Steuerfestsetzungen
1992 und 1993 legte die Klägerin am 17.07.1995 und 08.10.1995 Einsprüche ein, die
sie damit begründete, dass mit der niederländischen Finanzverwaltung noch nicht
geklärt sei, bis wann eine Besteuerung in den Niederlanden und ab wann eine
Besteuerung in der Bundesrepublik Deutschland zu erfolgen habe.
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In der Zeit vom 04.11.1996 – 03.11.1997 und 16.06.1997 – 03.11.1997 fanden bei der
Klägerin zwei Betriebsprüfungen für die Zeiträume 1990 – 1993 (PrüB-Nr.: 96/0455) und
den Veranlagungszeitraum 1994 (PrüB-Nr.: 97/0356) statt. Der Betriebsprüfer vertrat die
Auffassung, nach Würdigung aller Umstände habe die Klägerin den Ort ihrer Leitung bis
einschließlich August 1994 in den Niederlanden gehabt. Ab Oktober 1994 habe sich der
Sitz der Geschäftleitung in Deutschland befunden. Überdies habe die Klägerin mit der
Aufnahme der Reinigungsarbeiten auf dem Flugplatz in der Stadt M ab Juli 1990 eine
inländische Betriebsstätte unterhalten. Ebenso begründe die Tätigkeit auf dem
Flughafen T in der Stadt P ab Juli 1991 eine Betriebsstätte in den Niederlanden. Nach
Artikel 5 Abs. 2 des Doppelbesteuerungsabkommens Deutschland/Niederlande – DBA-
NL – seien die Einkünfte der Betriebsstätte zuzuweisen, in der sie erzielt worden seien.
Wegen derEinzelheiten wird auf die Betriebsprüfungsberichte vom 03.11.1997 nebst
Anlagen in den Betriebsprüfungsakten verwiesen.
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Am 06.01.1998 hob der Beklagte die Körperschaftsteuer- und Feststellungsbescheide
1992 und 1993 auf. Basierend auf den Annahmen der Betriebsprüfung erließ er am
15.01.1998 für die streitigen Veranlagungszeiträume 1990 und 1991 erstmalige und für
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die Streitjahre 1992 und 1993 erneute Körperschaftsteuerbescheide, in denen er die
Klägerin als beschränkt steuerpflichtige Kapitalgesellschaft veranlagte. Ferner erließ er
für die Veranlagungszeiträume 1991 bis 1993 Feststellungsbescheide gem. § 47 Abs. 2
KStG. Wegen der Einzelheiten wird auf die Verwaltungsakte (Bl. 28 – 35 d.A.)
verwiesen.
Gegen die Körperschaftsteuerbescheide 1990 bis 1993 und die Feststellungen gem. §
47 Abs. 2 KStG 1991 und 1993 legte die Klägerin am 13.02.1998 Einsprüche ein. Zur
Begründung führte sie aus, die veranlagten Gewinne seien Gegenstand der
niederländischen Besteuerung und es verbiete sich, sowohl in Deutschland als auch in
den Niederlanden Körperschaftsteuer festzusetzen. Da es auch im
Rechtsmittelverfahren bislang nicht gelungen sei, die niederländische
Körperschaftsteuer abzuwehren, sei es erforderlich, die steuerliche Doppelbelastung
durch Einleitung eines Verständigungsverfahrens entsprechend dem DBA NL zu
vermeiden.
55
Die Einsprüche gegen die Steuerbescheide der Veranlagungszeiträume 1992 und 1993
wies der Beklagte mit einer zusammengefassten Einspruchsentscheidung vom
01.03.1999 als unbegründet zurück.
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Hiergegen war unter dem Aktenzeichen 13 K 2118/99 vor dem erkennenden Senat ein
Rechtsstreit anhängig, der nach Aufhebung der o.g. Einspruchsentscheidung von
beiden Beteiligten übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt wurde. Auch
hier hatte die Klägerin als Anschrift M-Str., Ort Z angegeben. Wegen der Einzelheiten
wird auf das Protokoll des Erörterungstermin vom 13.12.2000 (Blatt 77 der Akte 13 K
2118/99) verwiesen.
57
Mit einer erneuten Einspruchsentscheidung vom 27.03.2002 wies der Beklagte die
Einsprüche wegen Körperschaftsteuer 1990 – 1993 und der Feststellungen gem. § 47
Abs. 2 KStG 1991, 1993 als unbegründet zurück.
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Zur Begründung führte er aus, mit der Klägerin sei davon auszugehen, dass eine
unbeschränkte Steuerpflicht erst ab Oktober 1994 bestehe. Bis einschl. September 1994
habe die Klägerin auf dem Flugplatz in der Stadt M eine inländische Betriebsstätte
unterhalten. Bis zu ihrer Sitzverlegung nach R im Oktober 1994 sei sie daher beschränkt
steuerpflichtig. Zwar habe die Klägerin auf dem Nato-Gelände kein eigenes Büro
unterhalten. Das sei aber auch nicht erforderlich. Ausreichend sei, dass ihr ein
unentgeltliches Nutzungsrecht zugestanden habe, das ihr ohne ihre Mitwirkung nicht
mehr ohne Weiteres hätte entzogen werden können. Ihrem Personal hätten aufgrund
des Auftragsverhältnisses ständig Aufenthaltsräume zur Verfügung gestanden, die auch
tatsächlich genutzt worden seien. Die Räumlichkeiten hätten damit dauernd der
Ausübung ihrer gewerblichen Tätigkeit gedient. Daraus leite sich eine tatsächliche
Verfügungsmacht von nicht nur vorübergehender Dauer ab. Unerheblich sei, dass sich
die Geschäftsleitung nicht in diesen Räumen befunden habe. Denn für das
Vorhandensein einer Betriebsstätte genüge es, dass gewisse betriebliche Handlungen,
seien sie auch verhältnismäßig nebensächlich und untergeordnet, in den Räumen
ausgeübt würden. Im Übrigen habe auch die Klägerin das Vorliegen einer inländischen
Betriebsstätte zunächst nie in Frage gestellt und noch im Jahr 1998 mit den
niederländischen Finanzbehörden eine Vereinbarung getroffen, bis zum 31.12.1993
eine beschränkte Körperschaftsteuerpflicht aufgrund fester Einrichtungen in
Deutschland anzunehmen. Wenn die Klägerin nun erstmals das Vorliegen einer
59
inländischen Betriebsstätte bezweifle, handele sie treuwidrig im Sinne des § 42 AO.
Am 22.04.2002 hat der frühere steuerliche Berater und Prozessbevollmächtigte der
Klägerin (u.a.) wegen Körperschaftsteuer 1990 – 1993 und den Feststellungen gem. §
47 Abs. 2 KStG 1991 – 1993 Klage erhoben.
60
Die Klägerin vertritt die Auffassung, keine Betriebsstätte in der Bundesrepublik
Deutschland unterhalten zu haben. Wie zwischen den Beteiligten unstreitig sei, habe
sie auf der Air-Base weder ein Büro noch andere Räumlichkeiten unterhalten. Auch die
für die Innen- und Außenreinigung der Flugzeuge erforderlichen Hilfsmittel und
bewegliche Wartungsgegenstände hätten – was zwischen den Beteiligten unstreitig ist
– nicht in ihrem Eigentum gestanden. Übrig bleibe daher allein, dass ihre Angestellten
die Pausen- und Umkleideräume auf dem Flughafengelände hätten nutzen dürfen. Das
reiche nicht aus, eine inländische Betriebsstätte zu bejahen. Denn dazu sei eine feste
Geschäftseinrichtung, die in räumlicher Hinsicht einen Bezug zu einem bestimmten
Punkt der Erdoberfläche habe, erforderlich. Ein Dachdecker, der vom Eigentümer zur
Erneuerung des Dachs beauftragt werde und für die Dauer der Beschäftigung Pausen-
und Sanitätsräume des Eigentümers nutzen dürfe, unterhalte noch keine Betriebsstätte.
In gleicher Weise sei die Nutzung der Pausen- und Sanitärräume durch ihre
Angestellten zu beurteilen. Da auch die zu reinigenden Flugzeuge keinen festen
Bezugspunkt zur Erdoberfläche hätten, fehle es auch unter diesem Gesichtspunkt an
einer Betriebsstätte. Eine beschränkte Steuerpflicht lasse sich auch nicht wegen einer
etwaigen Vertreterbetriebsstätte begründen. Ihr Geschäftsführer, Herr D, wohne zwar
seit vielen Jahren im Inland, er sei als Organ jedoch kein Vertreter im Sinne des § 13 AO
oder des Artikels 2 Abs. 1 Nr. 2 c DBA NL. Außerdem sei für eine Vertreterbetriebsstätte
erforderlich, dass der Vertreter seine Tätigkeit mit einer gewissen Intensität im
Betriebsstättenstaat ausübe. Daran fehle es, weil Herr D weder Vertragsabschlüsse
getätigt noch sonstige wesentliche Tätigkeiten im Inland ausgeübt habe. Die
Geschäftsführertätigkeit habe sich allein in der Überwachung der Vertragsdurchführung
beschränkt.
61
Auch eine unbeschränkte Steuerpflicht sei zu verneinen. Hierzu behauptet die Klägerin,
ihre Geschäftsleitung zu keinem Zeitpunkt von den Niederlanden nach R verlegt zu
haben. Geschäftsleitung sei nach § 10 AO der Mittelpunkt der geschäftlichen
Oberleitung, d. h. der Ort an dem der für die Geschäftsführung maßgebliche Wille
gebildet werde. Das sei der Ort, an dem die Tagesgeschäfte geführt würden.
Hinsichtlich des inländischen Teils ihrer Aktivitäten, der allein Streitgegenstand sei,
hätten sich die Geschäftshandlungen auf rein nachgängige Kontrolltätigkeiten
beschränkt, da ihren Arbeitnehmern die Arbeitsbedingungen bis ins Detail von der Nato
vorgeschrieben worden seien. Auf die Arbeitsbedingungen und den Einsatz ihrer
Mitarbeiter habe sie keinen Einfluss gehabt. Sie haben in der Regel erst nachträglich
durch eingereichte Stundenzettel und Abrechnungen der Nato Kenntnis davon erlangt,
welche Arbeitnehmer wann und wie lange gearbeitet hätten. Wenn
Geschäftsführungsmaßnahmen zu treffen gewesen seien, habe ihr Geschäftsführer
diese von ihrem Stammsitz in der Stadt C (Niederlande) aus getroffen. Auch habe sie
über keine Büroräume im Inland verfügt. Mieterin der Räumlichkeiten in den ehemaligen
Zollamtsgebäuden, V-Str. und M-Str./Zollamt Y in Ort U und Ort Z, sei allein die CCC
GmbH gewesen. Von diesem Ort habe ihr Geschäftsführer die Geschäfte ihrer
Muttergesellschaft geführt. Sie selbst habe dort nur ihre Korrespondenzarbeit
abgewickelt. Mehr sei nicht notwenig gewesen, weil aufgrund der besonderen
Umstände ein Tagesgeschäft im herkömmlichen Sinne nicht zu verrichten gewesen sei.
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In den Büros der Muttergesellschaft hätten zwei ihrer Beschäftigten gearbeitet. Da die
ehemaligen Zollgebäude telefonisch sowohl von der deutschen als auch von der
niederländischen Telekom versorgt worden seien, hätten die Mitarbeiter ankommende
Gespräche aus beiden Ländern bearbeiten können. Das Büro in der M-Str., Ort Z sei
insgesamt mit sechs Personen besetzt gewesen. Für die CCC GmbH hätten dort Frau
Q, Frau V, Herr H und ihr Geschäftsführer gearbeitet. Für sie selbst seien dort Frau L
und Herr X tätig gewesen. Herr X habe ausschließlich für ihren niederländischen
Unternehmensteil "D - BV/NL-Stadt P" und Frau L sowohl für den niederländischen Teil
als auch für die CCC GmbH gearbeitet. Neben ihrem Geschäftsführer hätten 1990 bis
2000 Frau T, Frau L, Frau G, Frau D und Herr E für sie gearbeitet. Ihr Geschäftsführer
sei mit der Führung der CCC GmbH betraut gewesen. Das habe seine Anwesenheit in
der Stadt R erforderlich gemacht. Ihre eigenen Geschäfte habe er von den
Betriebssitzen in Stadt H und der Stadt C aus geführt. Wenn der Betriebsprüfer Krüchten
nach einer Inaugenscheinnahme behauptet habe, das Gebäudes in der Stadt C sei als
Abstellplatz für aussortierte Büromöbel und Oldtimer-Fahrzeuge genutzt worden, treffe
dies nur für einen Teil des Gebäudes zu. Der Betriebsprüfer K habe am
Besichtigungstag in dem Gebäude die Betriebsprüfung fortgeführt, was nicht möglich
gewesen wäre, wenn sich dort lediglich alte Möbel und Oldtimer befunden hätten.
Die Lohnbuchhaltung für die beim Nato-Verband in der Stadt M tätigen deutschen
Arbeitnehmer seien von der CCC GmbH für ihre Rechnung ausgeführt worden. Hierbei
handele es sich jedoch nicht um ein Tagesgeschäft der Geschäftsleitung. Gelder seien
auf ein niederländisches Konto geflossen. Ein deutsches Konto sei lediglich zur
Abwicklung des Zahlungsverkehrs mit dem deutschen Fiskus unterhalten worden.
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Die inländischen Adressangaben auf den Rechnungen eines verbundenen
Unternehmens oder auf Steuerformularen seien magere Indizien für das Vorliegen eines
inländischen Betriebssitzes. Relevanz komme solchen Angaben auch nur insoweit zu,
als sie mit den Fakten übereinstimmten. Das sei nicht der Fall. Die Verwendung einer
inländischen Adresse gegenüber der deutschen Finanzverwaltung und im internen
Geschäftsverkehr sei lediglich auf Drängen der Finanzverwaltung zurückzuführen. Ihr
Schriftverkehr sei über die Korrespondenzadressen G-Str, Ort X (NL) und W-Str., Ort X
(NL) abgewickelt worden. Dort sei die Verwaltung und Buchhaltung der Klägerin und
der deutschen CCC GmbH "unter einem Dach" zusammengelegt worden. Ferner habe
das Gebäude den Vorteil des doppelten Telefonanschlusses geboten. Mit der
Verlagerung des Schwerpunkts der betrieblichen Tätigkeit in die Niederlande sei die
Buchhaltung später wieder an den Sitz des Unternehmens in der Stadt C (NL)
zurückverlegt worden.
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Die monatlichen Berichte über die auf dem Flugplatz der Stadt M von ihren Mitarbeitern
abgerechneten Stunden zeigten, dass die Abrechnungen durch Angehörige der Nato
und der Firma M nachträglich unterschrieben worden seien. Sie – die Klägerin – habe
erst im Nachhinein davon Kenntnis erlangt, wann und wie lange welche ihrer
Arbeitnehmer gearbeitet oder krankheits- oder urlaubsbedingt gefehlt hätten. Ferner
habe sie erst nachträglich erfahren, wie hoch die monatlichen Gesamtleistungen
gewesen seien. Diese Unterlagen dokumentierten, dass sie kein Direktionsrecht
hinsichtlich ihrer auf dem Flughafen tätigen Mitarbeiter gehabt habe. Aufgrund der
besonderen Umstände habe sie auf die Arbeitsbedingungen, Arbeitsabläufe und das
Verhalten des Leistungsempfängers keinen Einfluss gehabt.
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Entgegen der Vermutung des Beklagten sei ihr Büro in der Stadt H (NL) zur
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Unternehmensführung durchaus geeignet gewesen. Ausweislich der
Buchungsunterlagen habe die Jahresmiete 3.000 hfl betragen. Ferner belegten die
Rechnungen über Porto-, Telefon- und Gas-, Wasser- und Stromkosten (Beträge
zwischen 1.108,15 € und 14.130,83 €), dass das niederländische Büro Betriebs- und
nicht lediglich reine Postanschrift gewesen sei. Die Rechnungen zeigten überdies, dass
ihre Rechnungsanschrift durchweg S-Weg, Stadt H (Niederlande) gewesen sei.
Wenn der Beklagte die Gewerbeanmeldung in Deutschland zu einer "Verlegung der
Geschäftsleitung" hochstilisiere, mache er einen Fehler. Die Gewerbeanmeldung habe
zu keiner Änderung der tatsächlichen Verhältnisse geführt. Über den realen Ort der
Geschäftsführertätigkeit sage sie nichts aus. Die Gewerbeanmeldung sei auf Druck
deutscher Behörden wegen der Lohnsteuerpflicht ihrer inländischen Arbeitnehmer
erfolgt. Denn zur Abführung von Lohnsteuern – so die Auskunft der Finanzverwaltung –
müsse eine deutsche Steuernummer vergeben werden.
67
Auch aus dem Abschluss des Festsetzungsvertrages mit dem niederländischen Fiskus
– der im Übrigen 1998 und damit weit außerhalb des Streitzeitraums vereinbart worden
sei – dürfe der Beklagte ein inländisches Besteuerungsrecht nicht herleiten. Der
Festsetzungsvertrag sei geschlossen worden um die Fortsetzung eines jahrelangen
Streits mit dem niederländischen Fiskus zu beenden. In diesem Vertrag habe sie
erhebliche Zugeständnisse machen müssen, die zu hohen Mehrsteuern in den
Niederlanden geführt hätten.
68
Die Ausführungen ihres früheren steuerlichen Beraters im Schreiben vom 28.09.2004
sprächen entgegen der Rechtsauffassung des Beklagten ebenfalls nicht für das
Vorliegen einer inländischen Geschäftsleitung. Zur Frage der Verlegung der
Geschäftsleitung gebe das Schreiben lediglich die persönliche, mit ihr zuvor nicht
abgestimmte Rechtsauffassung des früheren Beraters wieder. Im Übrigen sei der
Beklagte der in dem erwähnten Schreiben geäußerten Einschätzung des früheren
Beraters selbst nicht gefolgt. Denn er habe die Verlegung des Orts der Geschäftsleitung
erst zum Oktober 1994 bejaht und diese Annahme auf andere als vom Vorberater
mitgeteilte Tatsachen gestützt.
69
Der Beklagte könne sich zur Begründung einer Steuerpflicht auch nicht darauf berufen,
dass die CCC GmbH ihr anteilige Kosten für Lohnabrechnung, Geschäftsführertätigkeit,
Dienstreisen und allgemeine Verwaltungs- und Nebenkosten in Rechnung gestellte
habe. Denn das beruhe auf einer Anweisung des Betriebsprüfers Hug. Dieser habe ihre
Betriebsergebnisse in einen in Deutschland steuerpflichtigen südlichen und einen in
den Niederlanden steuerpflichtigen nördlichen Teil aufgesplittet. Die in Rechnung
gestellten Pauschalsätze seien Vergütung für Arbeiten, die auf den vom Betriebsprüfer
festgelegten südlichen Teil entfielen. Eine inländische Betriebstätte könne hierdurch
nicht begründet werden.
70
Der Nachweis einer inländischen Geschäftsleitung obliege dem Beklagten, der diesen
Nachweis bislang schuldig geblieben sei.
71
Schließlich könne sich der Beklagte auch nicht auf Treu und Glauben berufen. Denn es
gehe um die zutreffende Ermittlung eines Sachverhalts, der möglicherweise in der
Vergangenheit fehlerhaft beurteilt worden sei.
72
Im Termin zur mündlichen Verhandlung hat der Geschäftsführer der Klägerin ergänzend
73
vorgetragen, die CCC GmbH führe seit den 70-er Jahren Innen- und Außenreinigungen
von Flugzeugen durch und sei hierbei ständig expandiert. 1990 sei die Firma M wegen
der Reinigung der A-Flugzeuge an ihn herangetreten. Die Arbeiten hätten durch ein
niederländisches Unternehmen ausgeführt werden müssen, weil die Firma M Aufträge
für Dienstleistungen auf dem Nato-Flughafen nur an Unternehmen aus Nato-
Mitgliedsstaaten im Verhältnis der nationalen Mitgliedsbeiträge zum Gesamtbeitrag aller
Mitgliedsstaaten habe vergeben dürfe. Daher habe sich angeboten, die
Reinigungsarbeiten durch die bereits in den Niederlanden existente Klägerin
durchzuführen. 1991 seien dann die Reinigungsarbeiten auf dem Flughafen T in der
Stadt P (NL) hinzugekommen. Dort hätten die Flugzeuge im Gegensatz zu den A-
Flugzeugen tagsüber und nicht nachts gereinigt werden müssen. Er habe das Geschäft
in der Stadt B (NL) aufgebaut und die Belegschaft in der Folgezeit von 15 auf 120
Beschäftigte aufgestockt.
Auf dem Nato-Flughafen würden die Flugzeuge von innen und außen gereinigt und
zusätzlich von außen poliert. Das geschehe in einer hierfür vorgesehenen
Reinigungshalle, in der das Schmutzwasser aufgefangen werden könne. Die Klägerin
unterhalte mit wechselnden Beschäftigten eine 24-Stunden Dauerbereitschaft. Er selbst
habe lediglich die Beschäftigten ausgesucht und angestellt. Unmittelbar auf dem
Flughafengelände habe er keine Geschäftstätigkeit ausgeübt. Im Gegensatz zu den
Reinigungskräften habe er den Flughafen nicht einmal betreten dürfen, ohne sich zuvor
den für Besucher geltenden Sicherheitskontrollen unterziehen zu müssen.
74
Die CCC GmbH habe das ehemalige Zollgebäude im Ort U (Deutschland) seinerzeit mit
einer Kaufoption angemietet. Nachdem die Stadt R (Deutschland) ein Vorkaufsrecht an
dem Gebäude geltend gemacht habe, sei ihm vom Bundesvermögensamt als Ausgleich
das ehemalige Zollgebäude Y in Ort Z (Deutschland) zur Miete angeboten worden. Da
das Gebäude sowohl für die CCC GmbH als auch für die Klägerin als Standort gut
geeignet gewesen sei, habe er sich zur Anmietung entschlossen und dort die
Verwaltung der Klägerin (Buchführung, Statistik, etc.) untergebracht. Jeden Monat
zwischen dem 1. und dem 5. habe er sich mit den Mitarbeitern zusammengesetzt und
geplant, welche geschäftlichen Maßnahmen durchgeführt und welche Aktivitäten
entfaltet werden sollten. Die eigentliche Geschäftsführungstätigkeit sei nach seinem
Rechtsverständnis allerdings nicht dort, sondern auf den Flugplätzen bei den Kunden
ausgeübt worden. Sie könne nicht mit der Verwaltung der Klägerin gleichgesetzt
werden. Er habe sich mehr in Holland als in Deutschland aufgehalten, weil es in der
Stadt B Probleme zu lösen gab. Auf dem Nato-Flughafen seien die Reinigungsarbeiten
von Nato-Offizieren beaufsichtigt worden, sein Eingreifen sei dort nicht von Nöten
gewesen. Auch während der Betriebsprüfung sei er kaum anwesend gewesen.
75
Entgegen den Angaben des Beklagten sei Frau L auch nicht einzig und allein für den
deutschen Teil des Unternehmens in R eingestellt worden. Sie habe vielmehr bereits
seit 1992 in den Niederlanden für die Klägerin gearbeitet.
76
Die Klägerin beantragt,
77
den Körperschaftsteuerbescheid 1990, die Körperschaftsteuerbescheide 1991 bis 1993
einschließlich der Feststellung gemäß § 47 Abs. 2 Körperschaftsteuergesetz alle vom
15.1.1989 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 27.3.2002 aufzuheben.
78
Der Antrag wird um den Antrag auf Aufhebung des Bescheides gemäß § 47 Abs. 2
79
Körperschaftsteuergesetz auf den 31.12.1990 ergänzt.
Der Beklagte beantragt,
80
die Klage abzuweisen.
81
Er vertritt die Auffassung, die Klägerin habe auf dem Nato-Flughafen eine inländische
Betriebsstätte unterhalten und sei somit für die Streitjahre körperschaftsteuerpflichtig.
Das ergebe sich aus dem Umstand, dass sie auf dem Flughafengelände in einer fest mit
dem Grund und Boden verbundenen Reinigungshalle ihre vertraglich geschuldete
Leistungen erbracht habe.
82
Überdies habe sie mit der niederländischen Steuerverwaltung einen Vertrag
geschlossen, aus dem sich ergebe, dass sie bis zum 31.12.1993 eine feste Einrichtung
in der Bundesrepublik Deutschland unterhalten habe. Unter den vorgenannten
Voraussetzungen verstoße ihr nunmehriges Bestreiten gegen den Grundsatz von Treu
und Glauben.
83
Selbst wenn die Klägerin in den Streitjahren keine feste Geschäftseinrichtung auf der
Nato-Airbase genutzt habe sollte, habe sie inländische Einkünfte im Sinne des § 49
Abs. 1 Nr. 2 a EStG erzielt, für die der Bundesrepublik Deutschland nach Artikel 5 Abs. 1
DBA NL das Besteuerungsrecht zustehe. Der alleinige Geschäftsführer der Klägerin
habe seinen Wohnsitz seit Juni 1977 in Deutschland. Unter der Adresse der CCC
GmbH habe Herr D auch den Sitz der Klägerin angemeldet. Diese Tatsache beweise,
dass sich Herr D im streitgegenständlichen Zeitraum ganz überwiegend in Deutschland
aufgehalten und somit für die Klägerin Geschäftsführerentscheidungen überwiegend im
Inland getroffen habe. Bei dieser Annahme sei auch von Bedeutung, dass die CCC
GmbH in derselben Branche tätig sei.
84
Dass die Klägerin den Sitz ihrer Geschäftsleitung nach R verlegt habe, ergebe sich
auch aus dem Schreiben des seinerzeitigen steuerlichen Beraters der Klägerin,
Rechtsanwalt und Notar Dr. S vom 30.8.1995 (Bl. 125 bis 127 der Akte). In zeitlicher
Hinsicht folge das Finanzamt den dort gemachten Angaben nicht. Vielmehr müsse
davon ausgegangen werden, dass die Verlegung der Geschäftsleitung erst ab dem
1.1.1994 erfolgt sei. Aufschlussreich sei jedoch die Mitteilung des früheren
Steuerberaters, die Verwaltung der Klägerin befinde sich am Sitz der Muttergesellschaft.
Für die Buchhaltung, das Sekretariat und den Vertrieb würden die
Verwaltungseinrichtungen der Muttergesellschaft genutzt, so dass von einer integrierten
Verwaltung gesprochen werden könne. Die Verwaltungsaufgaben der Klägerin tätige
die an dem Sitz in R eigens für diesen Dienstort eingestellte Frau L.
85
Aus dem Schreiben ergebe sich, dass die Klägerin in der Person von Frau L in
Deutschland einen ständigen inländischen Vertreter im Sinne des Artikels 2 Abs. 1 Nr. 2
c des DBA NL gehabt habe. Ob für die Zeit davor eine andere Person diese Aufgaben
am Sitz der Muttergesellschaft wahrgenommen habe, bedürfe der weiteren Aufklärung.
86
Bei dem Büro in der Stadt H (NL) müsse berücksichtigt werden, dass die
Räumlichkeiten ab 1994 an die K - B.V. untervermietet worden seien. Die Mietzahlung
für das Jahr 1994 in Höhe von 5800 hfl sei nachträglich erfolgt. 1995 betrage der Saldo
0,00 hfl. Der gesamte Betrag in Höhe von 7810 hfl sei ausgebucht worden, weil er der
Klägerin zugestanden habe.
87
Auch die weiteren von der Klägerin angesprochenen Buchführungsposten widerlegten
nicht die Annahme, die Klägerin habe bis 1993 eine inländische Betriebstätte und ab
1994 darüber hinaus einen inländischen Geschäftssitz unterhalten.
88
So betreffe der von der Klägerin aufgeführte Aufwand für Briefmarken und Portokosten
beide Unternehmensteile. Für die Jahre 1993 und 1995 liege nicht das gesamte Konto
vor. Die ausgewiesenen Saldovorträge (2355,60 hfl und 1933,15 hfl) seien daher nicht
nachprüfbar.
89
Das Konto über Telefonkosten liege nicht vollständig vor. Da sowohl die Stadt H (NL)
als auch der Ort X (NL) die gleiche Landeskennzahl (46) hätten, lasse sich durch
Telefonrechnungen der holländischen Telekom nicht nachweisen, wo der tatsächliche
Telefonanschluss gewesen sei. Zudem sei auch in dem Büro in Ort Z ein
Telefonanschluss der niederländischen Telekom installiert gewesen. Nach der
Rechnung der niederländischen Telekom vom 30.3.1995 sei dies auch in dem Ort U (W-
Str. = altes Zollamt in dem Ort U) der Fall gewesen, wo die Klägerin kurzfristig ihren Sitz
gehabt habe. Aus der Rechnung der niederländischen Telekom vom 23.8.1995 über die
Installation eines Telefaxanschlusses sei nicht ersichtlich, wo dieser Anschluss
eingerichtet worden sei. Das Zahlenwerk für die Jahre 1994 und 1995 weise darauf hin,
dass zwei Telefonanschlüsse abgerechnet worden seien.
90
Der Energiekostenaufwand habe ausschließlich das Büro in der Stadt H betroffen. Eine
Weiterberechnung an die K - B.V. sei offensichtlich nicht erfolgt. Der von der Klägerin für
das Jahr 1995 aufgeführte Aufwand (3169,24 hfl) sei unzutreffend, weil der gesamte
Saldo ausgebucht worden sei. Grund dafür sei der Umstand, dass der Aufwand den
deutschen Teil betroffen habe. Der Aufwand betrage damit 0,00 hfl.
91
Die Unterlagen für Personalaufwendungen seien unvollständig. Für den
Veranlagungszeitraum 1994 fehlten die Kontokarten. Für das Jahr 1995 sei der von der
Klägerin ausgewiesenen Betrag in Höhe von 1007,05 hfl unzutreffend. Es handele sich
nicht um den Saldo des Kontos, sondern um die Summe der Soll- und Haben-
Buchungen. Außerdem seien zwei Ausbuchungen erfolgt, die den deutschen Teil der
Unternehmung beträfen. Als Saldo ergebe sich 1995 bei den Personalkosten kein
Aufwand, sondern ein Ertrag in Höhe von 183,40 hfl.
92
Nach den Feststellungen der 2002 bis 2004 bei der Klägerin durchgeführten
Außenprüfung seien in den Büros in dem Ort U und dem Ort Z umfangreiche
Instandhaltungsarbeiten durchgeführt und Büroeinbauten vorgenommen worden. Der
deutsche Unternehmensteil sei mit 7002 hfl für Instandhaltungskosten belastet worden.
Die von der Klägerin aufgewendeten Beträge für den Büroumbau hätten 33.504,13 DM
betragen. Die Klägerin habe diese Beträge aktiviert und auf eine Nutzungsdauer von
zehn Jahren abgeschrieben.
93
Dass die CCC GmbH der Klägerin Lohnabrechnungen, Dienstreisen des Herrn D,
anteilige Geschäftsführertätigkeit sowie allgemeine Verwaltungs- und Nebenkosten
(1995 monatlich 850 DM) in Rechnung gestellt habe, zeige, dass die inländischen
Büros nicht bloße Korrespondenzanschriften gewesen seien. Das treffe hingegen für die
Anschrift in S-Weg, Stadt H (NL), zu.
94
Im Rahmen der steuerlichen Außenprüfung sei bei der Besichtigung des Büros F-Weg,
95
Stadt C (NL) festgestellt worden, dass Teile des Gebäudes lediglich als Lagerraum für
ausgediente Möbel und als Abstellplatz für Oldtimer gedient hätten. Der Sitz der
Geschäftsleitung habe sich dort nach Ansicht des Außenprüfer nicht befunden.
Die monatlichen Abrechnungen mit der A widerlegten nicht das Vorhandensein einer
inländische Betriebstätte auf dem Nato-Flughafen in der Stadt M.
96
Die Klägerin hat schriftsätzlich für ihren Tatsachenvortrag, dass ihren Arbeitnehmern die
Bedingungen der Arbeitseinsätze detailliert von der Nato vorgeschrieben worden seien,
so dass sich ihre Geschäftsaktivitäten auf eine reine nachgängige Kontrolltätigkeit
beschränkt habe, dass ihre Geschäfte von dem Sitz ihrer Geschäftsleitung in der Stadt
C/Niederlande aus geführt worden seien, und dass Frau L vom 7.9.1992 bis 1999
Angestellte des niederländischen Teils des Unternehmens – der "D - BV/NL – Stadt P
(NL)" – gewesen sei und sich nicht um inländische Belange der Klägerin gekümmert
habe, verschiedene Beweismittel angeboten. Wegen der Einzelheiten wird auf die
Beweisanträge in den Schriftsätzen vom 10.1.2005 (Bl. 144 ff d.A.) und 23.6.2006 (Bl.
263 ff d.A.) verwiesen.
97
Die Beweisanträge hat sie in der mündlichen Verhandlung vom 24.1.2007 wiederholt.
98
Entscheidungsgründe
99
Die Klage ist insoweit begründet, als sich die Körperschaftsteuer in den Streitjahren
nach Steuersätzen i.H.v. 43,21 % (Veranlagungszeiträume 1990 und 1991) und 40,01 %
(Veranlagungszeiträume 1992 und 1993) statt mit 46% bemisst. Insoweit verletzen die
Körperschaftsteuerbescheide die Klägerin in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 der
Finanzgerichtsordnung – FGO –). Die darüber hinausgehende Klage ist unbegründet.
100
Entgegen der Auffassung der Klägerin war sie in allen Streitjahren in der
Bundesrepublik nach § 2 Abs. 1 KStG i.V.m. § 49 Abs. 1 Nr. 2 a EStG unter Beachtung
des Art. 5 Abs. 1 DBA-NL körperschaftsteuerpflichtig.
101
Nach § 2 Abs. 1 KStG sind Kapitalgesellschaften ohne Sitz oder Geschäftsleitung im
Inland mit ihren inländischen Einkünften in Deutschland beschränkt körperschaft-
steuerpflichtig.
102
Die Klägerin war in den Streitjahren 1990 bis 1993 eine Kapitalgesellschaft ohne Sitz
oder Geschäftsleitung im Inland. Zwar fasste die Alleingesellschafterin der Klägerin
unter dem Datum 18.12.1991 den Beschluss, die Geschäfte der Klägerin ab dem
01.01.1992 vom Verwaltungssitz der CCC GmbH in der E-Str. in T (Deutschland) aus zu
leiten. Es fehlt jedoch - auch nach Ansicht der Beteiligten - an objektiven Kriterien, die
den Schluss rechtfertigen, die Klägerin habe diesen Beschluss bereits in einem der
Streitjahre umgesetzt. Tatsachen, die eine solche Annahme rechtfertigen könnten, hat
keiner der Beteiligten vorgetragen. Sie sind auch nach Aktenlage nicht feststellbar.
Wegen der weiteren Einzelheiten hinsichtlich des Zeitpunkts der Sitzverlegung von den
Niederlanden in die Bundesrepublik Deutschland wird auf das Urteil des erkennenden
Senats vom heutigen Tage im Parallelverfahren 13 K 2238/02 für die Streitjahre 1994,
1995 und 1999 verwiesen, mit dem der Senat erkannt hat, dass die Verlegung des
Sitzes der Geschäftsleitung in das Inland erst zum 1.3.2004 feststellbar ist.
103
Demzufolge ist die Klägerin als ausländische Kapitalgesellschaft nur mit ihren
104
inländischen Einkünften steuerpflichtig. Solche Einkünfte hat sie auf dem Nato-
Flughafen in der Stadt M erzielt. Zu den inländischen Einkünften zählen nach § 49 Abs.
1 Nr. 2 a EStG u. a. gewerbliche Einkünfte, die in einer inländischen Betriebsstätte
erzielt werden. Nach der Legaldefinition in § 12 AO ist unter Betriebsstätte im Sinne des
nationalen Rechts jede feste Geschäftseinrichtung oder Anlage zu verstehen, die der
Tätigkeit eines Unternehmens dient.
Geschäftseinrichtungen sind dabei insbesondere Gebäude oder einzelne Räume
innerhalb eines Gebäudes (vgl. Urteil des Bundesfinanzhof – BFH – vom 03.02.1993 I R
80-91/91, BFHE 170, 263, BStBl II 1993, 462, 465). Eine solche Geschäftseinrichtung
stand der Klägerin im Streitfall auf dem Nato-Flughafen in der Stadt M zur Verfügung.
Denn nach den Angaben ihres Geschäftsführers in der mündlichen Verhandlung hat sie
dort Flugzeuge in einer hierfür vorgesehenen Reinigungshalle von innen und außen
gereinigt. Ferner standen ihren Arbeitnehmern auf dem Flughafen Aufenthaltsräume mit
Kücheneinrichtung, verschließbaren Schränken und Duschvorrichtungen zur Verfügung.
105
An diesem Gebäude bzw. diesen Gebäudeteilen hatte die Klägerin auch ein
ausreichendes Nutzungsrecht. Nach der vom Senat geteilten ständigen
Rechtsprechung des– BFH --, reicht allein die faktische Möglichkeit, ein Gebäude zu
nutzen, für das Vorliegen einer Betriebsstätte nicht aus. Vielmehr ist es erforderlich,
dass der Unternehmer eine gewisse, nicht nur vorübergehende Verfügungsmacht über
die betreffende Einrichtung besitzt (BFH-Urteile vom 11.10.1990 I R 77/88, BFHE 158,
499, BStBl II 1990, 166; vom 30.10.1996 II R 12/92, BFHE 181, 356, BStBl II 1997, 12;
vom 08.03.1988 VII R 270/81, BFH/NV 1988, 735). Verfügungsmacht in diesem Sinne
erfordert nach der Rechtsprechung des BFH, der sich der Senat auch in diesem Punkt
anschließt, eine Rechtsposition des Unternehmers zur Gebäudenutzung, die gegen
seinen Willen nicht ohne Weiteres beseitigt oder verändert werden kann (vgl. BFH-
Urteile vom 17.03.1982 I R 189/79, BFHE 136, 120, BStBl II 1982, 624; vom 23.05.2002
III R 8/00, BStBl II 2002, 512). Dabei ist es ausreichend, dass dem Unternehmer aus
tatsächlichen Gründen irgendein für seine Tätigkeit geeigneter Raum zur ständigen
Verfügung gestellt wird, auch wenn es an einer ausdrücklich vereinbarten
Rechtsposition fehlt (BFH-Urteil vom 03.02.1993 I R 80-81/91, a. a. O.). Auch ist es nicht
erforderlich, dass der Unternehmer das Recht oder die Möglichkeit zur alleinigen
Nutzung der Geschäftseinrichtung hat. Ausreichend ist vielmehr eine über die bloße
Möglichkeit zur Mitbenutzung hinausgehende tatsächliche dauerhafte
Nutzungsmöglichkeit, die insbesondere dann vorliegt, wenn die Mitbenutzung der
Erfüllung einer vertraglichen Verpflichtung gegenüber dem Gebäudeberechtigten dient
(BFH-Urteil vom 14.07.2004 I R 106/03, a. a. O). Auch diese Voraussetzung ist im
Streitfall zu bejahen. Ausweislich des Aktenvermerks über die am 15.02.2005
durchgeführte Ortsbesichtigung auf dem Flughafengelände hatten die Arbeitnehmer der
Klägerin mit ihren Sicherheitsausweise Zutritt zu den Sicherheitszonen des Flughafens,
um dort die von der Klägerin geschuldeten Reinigungsarbeiten auszuüben. Die Nato
stellte dem Reinigungspersonal nach den Angaben des Geschäftsführers in der
mündlichen Verhandlung hierfür neben den Sozialräumen eine Reinigungshalle zur
Verfügung. Grundlage hierfür war der mit der Firma M geschlossene Reinigungsvertrag,
den die Klägerin dem Gericht nicht in einer nach § 184 des Gerichtsverfassungsgesetz
zugelassenen Sprache vorgelegt hat. Obwohl es dem Gericht aus diesem Grunde nicht
möglich war, den Vertragsinhalt zur Kenntnis zu nehmen, geht der Senat bei
lebensnaher Würdigung der Rechtsbeziehungen zwischen den an der
Flugzeugreinigung beteiligten Personen davon aus, dass die Nato aufgrund ihrer
eigenen vertraglichen Beziehungen zur Firma M als Hauptauftragnehmerin und
106
aufgrund der vertraglichen Beziehungen der Firma M zu ihren Subunternehmer
verpflichtet war, der Klägerin Zugang zur Reinigungshalle und zu den Aufenthalts- und
Bereitschaftsräumen zu gewähren. Eine solche Verpflichtung war nach Überzeugung
des Senats zumindest solange zu bejahen, wie die Klägerin die von ihr zu leistenden
Arbeiten ordnungsgemäß unter Berücksichtigung des Sicherheitsinteresses der Nato
durchführte. Denn die vertragliche Verpflichtung zur Reinigung der Flugzeuge
begründete aus Sicht der Klägerin gleichzeitig ein vertragliches Recht, diese Arbeiten in
den hierfür vorgesehenen Gebäuden auszuüben.
Die hieraus für die Klägerin resultierende Verfügungsmacht ist ungeachtet der Tatsache,
dass ihre Mitarbeiter die Geschäftseinrichtung erst nach einer entsprechenden
Sicherheitskontrolle durch das Flughafenpersonal betreten durften, ausreichend um
eine Betriebsstätte zu bejahen. Denn eine vorherige Sicherheitskontrolle ist nach der
Rechtsprechung des BFH, der sich der Senat auch in diesem Punkt anschließt, für das
Vorliegen einer Betriebstätte jedenfalls immer dann unschädlich, wenn der Unternehmer
seine vertraglichen Verpflichtungen nur durch das regelmäßige Aufsuchen der
zugewiesenen Räumlichkeiten erfüllen kann. Denn in einem solchen Fall bedeuten die
Kontrollmaßnahmen keine Beschränkung des Zugangsrechts in dem Sinne, dass es
dem Nutzer nur von Fall zu Fall und nach Gutdünken des Gebäudeberechtigten
gestattet wäre, die Geschäftseinrichtung aufzusuchen. (vgl. zu diesen Grundsätzen
BFH-Urteil vom 14.07.2004, I R 106/03, a. a. O.). Bei lebensnaher Interpretation der
vertraglichen Beziehungen hätte den Mitarbeitern der Klägerin vorliegend allenfalls im
Einzelfall ein Zugang zu der Reinigungshalle und den Aufenthaltsräumen aufgrund
militärischer Sicherheitsinteressen versagt werden können. Das ist für das Vorliegen
einer Betriebsstätte nach nationalem Recht unschädlich.
107
Das der Bundesrepublik Deutschland nach § 2 Abs. 1 KStG i.V.m. § 49 Abs. 1 Nr. 2a
EStG zustehende Besteuerungsrecht wird im Streitfall nicht durch das DBA-NL
eingeschränkt. Da die Klägerin auf dem Flughafen in der Stadt M auch eine
Betriebsstätte in abkommensrechtlicher Hinsicht unterhielt, weist Art. 5 Abs. 1 DBA-NL
dem deutschen Fiskus das Besteuerungsrecht für diese Einkünfte zu.
108
Nach Art. 5 Abs. 1 DBA-NL hat ein Vertragsstaat, auf dessen Gebiet sich die Wirkungen
eines in dem anderen Vertragsstaat ansässigen Unternehmens erstrecken das
Besteuerungsrecht für Einkünfte, die auf eine in diesem Staat belegene Betriebsstätte
entfallen.
109
Artikel 2 Abs. 1 Nr. 2 DBA-NL definiert den Begriff der Betriebsstätte in
abkommensrechtlicher Hinsicht und normiert dabei schärfere Voraussetzungen als § 12
AO. Nach der Vorschrift liegt eine Betriebsstätte im Gegensatz zu nationalem Recht
nicht bereits dann vor, wenn die Geschäftseinrichtung der Tätigkeit des Unternehmens
dient; erforderlich ist vielmehr, dass die Tätigkeit des Unternehmens in der
Geschäftseinrichtung ganz oder teilweise ausgeübt wird.
110
Dabei erfasst das Tatbestandsmerkmal "Geschäftseinrichtung" im Sinne dieser
Regelung wie § 12 AO u.a. alle fest mit dem Boden verbundene Gebäude und
Räumlichkeiten (zur weitergehenden Auslegung auch auf Plätze ohne Gebäude und
Räumlichkeiten vgl. die Ausführungen des OECD-Fiskalausschusses im Kommentar
zum OECD Musterabkommen – OECD-MA – Artikel 5, Tz. A.4). Eine solche
Geschäftseinrichtung ist – wie bereits ausgeführt wurde – in der Reinigungshalle und
den Aufenthalts- und Sozialräumen zu sehen.
111
In dieser Geschäftseinrichtung hat die Klägerin ihre Tätigkeit auch ganz oder teilweise
ausgeübt. Eine Tätigkeit wird in der Geschäftseinrichtung verrichtet, wenn in ihr über
bloße Vorbereitungshandlungen und Hilfstätigkeiten hinausgehenden Arbeiten
durchgeführt werden (vgl. Schaumburg, Internationales Steuerrecht, 2. Auflage, 1998 §
16 Doppelbesteuerungsabkommen-Unternehmensgewinne Rz. 16.242 m.w.N. aus der
Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs und des BFH). Für die Reinigungshalle liegt das
im Streitfall auf der Hand, denn in diesem Gebäude hat die Klägerin ihre vertragliche
Hauptpflicht, das Reinigen der Flugzeuge, zur Gänze ausgeübt.
112
Aber auch hinsichtlich der Aufenthalts- und Sozialräume liegt die im Vergleich zum
nationalen Recht verschärfte Voraussetzung der Tätigkeitsausübung in der
Geschäftseinrichtung zumindest in dem hier zu betrachtenden Einzelfall vor. Zwar
dienen Sozialeinrichtungen für die Belegschaft dem Geschäftsgegenstand des
Unternehmens regelmäßig nur mittelbar und sind deshalb ungeeignet, eine
Betriebsstätte in abkommensrechtlichem Sinne zu begründen (Schaumburg, ebenda, m.
w. N. aus der Literatur). Anders verhält es sich nach der vorgenannten
Betriebsstättendefinition in Art. 2 Abs. 1 Nr. 2 DBA-NL allerdings dann, wenn der
Unternehmer in diesen Räumen zumindest einen Teil seiner vertraglichen Betätigung
ausübt. Das ist vorliegend zu bejahen. Nach den Angaben des Geschäftsführers der
Klägerin in der mündlichen Verhandlung war die Klägerin verpflichtet, einen
Bereitschaftsdienst für die Reinigung der Nato-Flugzeuge einzurichten. Wenn aber die
Klägerin als vertragliche Pflicht Arbeitskräfte in Form einer Bereitschaftsreserve
vorzuhalten hatte, übten ihre Mitarbeiter in den Aufenthalts- und Sozialräumen diese von
der Klägerin geschuldete Leistung aus, so dass auch hinsichtlich dieser Gebäudeteile
eine Betriebsstätte nach dem DBA-NL vorliegt.
113
Wie bei § 12 AO steht dem Vorliegen einer Betriebsstätte in abkommensrechtlicher
Hinsicht nach Auffassung des Senats nicht entgegen, dass die Klägerin kein
ausschließliches Nutzungsrecht an den Räumen hatte und dass es der Nato u.U.
möglich gewesen wäre, den Ort der Reinigungsarbeiten in ein anderes Gebäude zu
verlegen. Denn es ist nicht ersichtlich, dass das DBA-NL hinsichtlich der Qualität der
Verfügungsmacht höhere Anforderungen an das Vorliegen einer Betriebsstätte stellt als
das nationale Recht.
114
Im Ergebnis steht der Bundesrepublik Deutschland daher das Besteuerungsrecht
hinsichtlich der auf dem Nato-Flughafen erzielten Einkünfte sowohl nach deutschem als
auch nach internationalem Recht zu. Andere Einkünfte hat der Beklagte in den
Streitjahren nicht in die Besteuerung einbezogen. Gegen die Höhe des auf die
inländische Betriebsstätte entfallenden Gewinns hat die Klägerin keine substantiierten
Einwendungen vorgebracht.
115
Allerdings ist die Klage hinsichtlich der Höhe der festgesetzten Steuern begründet. Der
Beklagte hat die Steuer gem. § 23 Abs. 3 i. V. m. Abs. 2 Satz 1 und § 2 Nr. 1 KStG in der
für die Streitjahre geltenden Fassung nach einem Steuersatz in Höhe von 46 %
bemessen. Diesen Steuersatz hat der Gerichtshof der Europäischen Union – EuGH –
durch Urteil vom 23.02.2006, Rs C-253/03, ABlEU 2006, Nr. C131, 4 als mit Artikel 52
des EG-Vertrags (nach Änderung nunmehr Artikel 43 EG-Vertrag) und Artikel 58 EG-
Vertrag (nunmehr 48 EG-Vertrag) unvereinbar erklärt. Diese Entscheidung ist aufgrund
des Anwendungsvorrangs gemeinschaftsrechtlichen Primärrechts (und damit der
gemeinschaftlichen Grundfreiheiten) vor nationalem Recht verbindlich (vgl. BFH-Urteil
116
vom 09.08.2006 I R 31/01, BFH/NV 2007, 158).
Der EuGH hat es in seiner Entscheidung den nationalen Gerichten überlassen, den
Steuersatz, der auf die Gewinne einer Zweigniederlassung anzuwenden ist, nach
Maßgabe des Steuersatzes zu ermitteln, der im Falle der Ausschüttung der Gewinne
einer Tochtergesellschaft an die Muttergesellschaft insgesamt anzuwenden wäre.
117
Für die Ermittlung des danach zutreffenden Steuersatzes folgt der erkennende Senat
der im Anschluss an das EuGH-Urteil ergangenen Rechtsprechung des BFH im Urteil
vom 09.08.2006 I R 31/01, wonach der sich der Steuersatz für im Gemeinschaftsgebiet
ansässige beschränkt steuerpflichtige Kapitalgesellschaften nach der für inländische
Tochtergesellschaften maßgeblichen Ausschüttungsbelastung bemisst, die jedoch um
die auf die – fiktive – Gewinnausschüttung entfallende Quellensteuer zu erhöhen ist.
118
Die Ausschüttungsbelastung nach § 27 Abs. 1 KStG betrug in allen Streitjahren 36%.
Der Quellensteuersatz nach Artikel 13 DBA-NL betrug in den Streitjahren 1990 und
1991 10 % und in den Streitjahren 1992 und 1993 nach dem durch Art. 1 Nr. 44 des
Steueränderungsgesetzes 1992 vom 25.2.1992 (BGBl 1992, Seite 297) eingeführten §
44 d EStG 5 %.
119
Daraus errechnen sich folgende Steuersätze:
120
1990 und 1991
121
Ausschüttungsbelastung:
36 %
Kapitalertragsteuer 10 % x Ausschüttungsbetrag (64%):
6,4 %
Summe:
42,4 %
122
1992 und 1993
123
Ausschüttungsbelastung:
36 %
Kapitalertragsteuer 5 % x Ausschüttungsbetrag (64%):
3,2 %
Summe:
39,2 %
124
Der BFH hat es in seinem Urteil vom 09.08.2006 I R 31/01 offengelassen, ob dieser
tarifliche Steuersatz zu erhöhen ist, weil bei der zur Ermittlung des korrekten
Steuersatzes zu unterstellenden Vollausschüttung einer Tochtergesellschaft an ihre
125
Muttergesellschaft die Körperschaftsteuer ihrerseits nicht abziehbar ist und deswegen
nach wie vor dem Steuersatz für beschränkt steuerpflichtige Personen unterliegt. Nach
Auffassung des erkennenden Senats hat eine solche Erhöhung zu erfolgen. Denn
Artikel 52 i. V. m. Artikel 58 EG-Vertrag ist nach der Rechtsprechung des EuGH in dem
Urteil vom 23.02.2006, Rs C-253/03 (a. a. O.) dahingehend auszulegen, dass es gegen
das Recht auf freie Niederlassung verstößt, wenn der von einer ausländischen EU-
Kapitalgesellschaft durch eine Zweigniederlassung in Deutschland erzielte Gewinn
einer höheren deutschen Körperschaftsteuerbelastung unterliegt als der voll
ausgeschüttete Gewinn einer in Deutschland unbeschränkt
körperschaftsteuerpflichtigen Tochtergesellschaft einer im Gemeinschaftsgebiet
ansässigen Kapitalgesellschaft. Nach Auffassung des erkennenden Senats besteht
hingegen kein Grund, den Gewinn einer inländischen Zweigniederlassung gegenüber
dem Gewinn einer inländischen Tochtergesellschaft steuerlich zu privilegieren. Da die
Körperschaftsteuer im Falle einer vom EuGH geforderten Vollausschüttung einer
Tochtergesellschaft an ihre Muttergesellschaft nicht abziehbar wäre, ist der zuvor
genannte Steuersatz daher – bezogen auf die nicht abziehbare Körperschaftsteuer – um
die Differenz zwischen dem Steuersatz für beschränkt steuerpflichtige Personen und
dem Thesaurierungssteuersatz für unbeschränkt steuerpflichtige Personen zu erhöhen.
Bei dem in den Streitjahren geltenden Thesaurierungssteuersatz i.H.v. 50 % und dem
für beschränkt steuerpflichtige Personen geltenden Steuersatz i.H.v. 46 % beträgt diese
Differenz 4 Prozentpunkte. Daher erhöht sich der Steuersatz um 4 % von 36% x 36/64 =
0,81 %.
126
Der anzuwendenden Steuersatz beträgt für die Veranlagungszeiträume 1990 und 1991
mithin 43,21 % und in den Streitjahren 1992 und 1993 40,01 %.
127
Da sich für die Klägerin bereits nach dem zwischen den Beteiligten unstreitigen
Sachverhalt eine beschränkte Steuerpflicht ergibt, kommt es auf die von ihr
vorgebrachten Beweisangebote nicht an, so dass der Senat von einer Beweiserhebung
abzusehen hatte.
128
Die Klage hinsichtlich der Feststellungsbescheide gemäß § 47 Abs. 2 KStG ist
hinsichtlich der Feststellungen 1991 und 1992 unzulässig.
129
Für die Klage bzgl. der Feststellung 1991 fehlt das Rechtsschutzbedürfnis, da diese
Feststellung nur Auswirkungen auf die für beschränkt steuerpflichtige
Kapitalgesellschaften nicht durchzuführende Feststellung nach § 47 Abs. 1 KStG haben
konnte.
130
Für die Klage hinsichtlich der Feststellung 1992 fehlt eine Sachurteilsvoraussetzung, da
kein Vorverfahren durchgeführt worden ist (§ 44 FGO).
131
Hinsichtlich der Feststellung 1993 ist die Klage unbegründet, da der abweichende
Steuersatz keine Auswirkung auf das Einkommen hat und die übrigen Feststellungen
nur Auswirkungen auf die für beschränkt steuerpflichtige Kapitalgesellschaften nicht
durchzuführende Feststellung nach § 47 Abs. 1 KStG haben konnten.
132
Auf den Antrag der Klägerin, den Feststellungsbescheid gem. § 47 Abs. 2 KStG auf den
31.12.1990 aufzuheben, hat das Gericht – ohne Kostenfolge für die Beteiligten –das
Rubrum des Verfahrens hinsichtlich dieses Streitgegenstandes berichtigt.
133
Der Sachantrag der Klägerin ging ins Leere, weil ein solcher Feststellungsbescheid
nicht existiert. Das Körperschaftsteuergesetz in der bis zum 31.12.1990 geltenden
Fassung sah nur die gesonderte Feststellung der nach § 30 KStG ermittelten
Teilbeträge des verwendbaren Eigenkapitals und des für Ausschüttungen
verwendbaren Teils des Nennkapitals im Sinne des § 29 Abs. 3 KStG vor (§ 47 Abs. 1
KStG). Die zu eigenständig anfechtbaren Feststellungen führende Funktion eines
Grundlagenbescheids hinsichtlich der in § 47 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 bis 3 KStG genannten
Besteuerungsgrundlagen erhielt der Körperschaftsteuerbescheid erst durch § 47 Abs. 2
KStG in der Fassung des Artikels 8 Nr. 8 des Steueränderungsgesetzes 1992 vom
25.02.1992 (BGBl I, Seite 297). Der nicht existente Feststellungsbescheid nach § 47
Abs. 2 KStG auf den 31.12.1990 ist folgerichtig weder Gegenstand der
Einspruchsentscheidung vom 27.03.2002 noch von der Klägerin in ihrer Klageschrift
vom 22.04.2002 angefochten worden. Die Aufnahme dieses Streitgegenstandes in das
Rubrum beruht vielmehr auf einem Eingabeversehen bei der elektronische Erfassung
der Streitgegenstände. Allein dieses Versehen hat die Klägerin veranlasst, zu dem nicht
existenten Verwaltungsakt in der mündlichen Verhandlung einen Klageantrag zu
stellen. Deshalb hält es der Senat es für sachgerecht, auf diesen Antrag hin das Rubrum
hinsichtlich der Feststellung nach § 47 Abs. 2 KStG zu berichtigen.
134
Die Kostenentscheidung beruht auf § 136 FGO, die Entscheidung über die vorläufige
Vollstreckbarkeit nach § 155 FGO i. V. m. § 709 ZPO.
135
Der Senat hat die Revision nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO zur Fortbildung des Rechts
und zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zugelassen. Die Frage, unter
welchen Voraussetzungen auf militärischem Sperrgelände eine Betriebsstätte in
abkommensrechtlichem Sinne (DBA-NL) zu bejahen ist, ist höchstrichterlich bislang
ebenso wenig entschieden wie die Frage, ob der Steuersatz nach § 27 Abs. 1 KStG zu
erhöhen ist, weil bei der vom EuGH unterstellten Vollausschüttung einer
Tochterkapitalgesellschaft an ihre Muttergesellschaft die Körperschaftsteuer nicht
abziehbar ist und daher nach wie vor dem niedrigeren Steuersatz für beschränkt
steuerpflichtige Personen unterliegt.
136