Urteil des FG Köln vom 14.08.2008

FG Köln: steuerliche vergünstigung, steuerfestsetzung, leistungsfähigkeit, haushalt, belastung, gleichheit, vergleich, behandlung, tarif, hausfrau

Finanzgericht Köln, 10 K 4217/07
Datum:
14.08.2008
Gericht:
Finanzgericht Köln
Spruchkörper:
10. Senat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
10 K 4217/07
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens tragen die Kläger.
Tatbestand
1
Die Beteiligten streiten einerseits über die Zulässigkeit einer Klage für eine auf 0,- Euro
lautende Steuerfestsetzung und der Sache nach über die Möglichkeit eines Vor- bzw.
Rücktrags oder einer negativen Einkommensteuer aus der Vorschrift des § 35 a EStG.
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Die Kläger sind Ehegatten und werden im Streitjahr zusammen zur Einkommensteuer
veranlagt. Der Kläger ist Rentner und bezieht Alterseinkünfte. Darüber hinaus ist er – in
geringem Umfang – selbstständig tätig. Die Klägerin ist Hausfrau.
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Im Streitjahr nahmen die Kläger für Renovierungsarbeiten umfängliche
Handwerkerleistungen in Anspruch, aus denen sich letztlich Aufwand i.H.v. 3.046,- Euro
errechnete. Für diesen Betrag wollten die Kläger die Ermäßigung nach § 35 a EStG in
Höhe von 600 Euro in Anspruch nehmen. Eine steuerliche Auswirkung ergab sich
jedoch deswegen nicht, weil aufgrund des zu versteuernden Einkommens der Kläger
keine Einkommensteuer festzusetzen war.
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Gegen den Einkommensteuerbescheid vom 20.06.2007 legten die Kläger Einspruch
ein, der jedoch mangels Beschwer als unzulässig zurückgewiesen wurde. Dagegen
erhoben die Kläger die vorliegende Klage, mit der sie Folgendes geltend machen:
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Sie seien entgegen der Auffassung des Beklagten beschwert, da ihnen nur weil sie
Rentner bzw. Hausfrau mit geringem Einkommen seien, die Begünstigung des § 35 a
EStG für bei in ihrem Haushalt durchgeführte Handwerkerleistungen versagt werde.
Dies stelle eine Ungleichbehandlung im Sinne des Art. 3 GG dar.
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Es handele sich um eine Entscheidung von grundsätzlicher Bedeutung, da es bisher
weder in der Literatur noch in der Rechtsprechung eine inhaltliche Auseinandersetzung
mit dieser Problematik gegeben habe. Die Kläger seien jedoch tatsächlich in ihren
Rechten verletzt, da sich die ihnen tatsächlich entstandenen Aufwendungen für
Handwerkerleistungen weder im Streitjahr steuermindernd auswirkten, noch sie diese
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Handwerkerleistungen weder im Streitjahr steuermindernd auswirkten, noch sie diese
vor- oder rücktragen könnten oder eine Erstattung möglich sei. Insoweit gehe ihnen
diese Ermäßigung endgültig verloren. Diese Tatsache, dass ein nicht ausgeschöpfter
Anrechnungsbetrag endgültig verloren gehe, ergebe sich aus der Ausgestaltung der
Norm als Tarifermäßigung und stelle einen gesetzgeberischen konstruktiven Mangel
dar, der der gesetzgeberischen Konstruktion zuwiderlaufe. Zudem sei dies in
gleichheitsrechtlicher Hinsicht zweifelhaft. Es hänge letztlich von bloßen Zufälligkeiten
der jeweiligen Abschnittsbesteuerung ab, ob sich dieser Betrag auswirke, ohne dass es
dafür sachliche Rechtfertigungsgründe gebe. Dies führe überdies dazu, dass
diejenigen, für die es keine Anrechnung gebe, sich letztlich für Schwarzarbeit
entschieden, um zumindest über den Preis eine gewisse Kompensation zu erreichen.
Um diesen verfassungsrechtlichen Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz
des Art. 3 Abs. 1 GG zu beseitigen, sei es geboten hinsichtlich des
Anrechnungsüberhangs zu einer Steuererstattung zu kommen. Anderenfalls werde das
Gesetzgebungsziel aufgrund der speziellen Einkommensermittlungsvorschriften nicht
erreicht. Mindestens sei jedoch ein Rück- und Vortrag des Anrechnungsüberhangs, wie
in der Norm des § 34 f EStG (§ 34 f Abs. 3 Satz 3 ff EStG) ehemals vorgesehen,
verfassungsrechtlich geboten.
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Die Kläger beantragen,
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das Verfahren auszusetzen und dem Bundesverfassungsgericht die Frage
vorzulegen, ob die Ausgestaltung des § 35 a EStG in Fällen einer auf Null Euro
lautenden Steuerfestsetzung verfassungskonform ist,
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hilfsweise eine negative Einkommensteuer von 600 Euro festzusetzen,
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hilfsweise einen vor- bzw. rücktragsfähigen Anrechnungsüberhang festzustellen,
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hilfsweise die Revision zuzulassen.
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Der Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Der Beklagte weist dazu auf die fehlende Beschwer und die Tatsache, dass die
Behandlung der Kläger durch das Finanzamt der geltenden Rechtslage des § 35 a
EStG entspricht.
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Entscheidungsgründe
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1. Die Klage ist zulässig.
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Die Kläger sind gemäß § 40 Abs. 2 FGO beschwert. Grundsätzlich fehlt zwar bei auf
Null Euro lautenden Steuerbescheiden regelmäßig die Beschwer (zuletzt: BFH-
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Beschluss vom 23. Februar 2007 VIII B 106/06, juris; vom 31. Januar 2007 X B 175/06,
juris; beide jeweils m.w.N. sowie Nachweise in Gräber/von Groll,
Finanzgerichtsordnung, 6. Auflage, § 40 Rz. 88).
Ausnahmen von diesem Grundsatz sind jedoch dann geboten, wenn sich die
Steuerfestsetzung nicht in der Konkretisierung des Steuerschuldverhältnisses erschöpft
(vgl. Gräber/ von Groll, a.a.O.). So liegt es im Streitfall. Die Kläger sind für das Streitjahr
2006 durch die Einkommensteuerfestsetzung beschwert, da sie statt einer
Einkommensteuerfestsetzung von "Null" die Festsetzung einer negativen
Einkommensteuer mit dem Ziel der Erstattung begehren. Mit der Steuerfestsetzung auf
Null im angefochtenen Bescheid ist die beschwerende Feststellung verbunden, dass
die gesetzlich nicht vorgesehene und aus Verfassungsgründen begehrte negative
Einkommensteuerfestsetzung verwehrt wird (vgl. dazu Urteil des Bundesfinanzhof vom
23. April 2008 X R 32/06, DStR 2008, 1582).
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2. Die Klage ist jedoch unbegründet.
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a. Die Entscheidung des Beklagten, keine negative Einkommensteuer festzusetzen, ist
rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO).
Die Festsetzung einer negativen Einkommensteuer in Höhe des verfallenden
Anrechnungsüberhangs aus § 35 a EStG ist gesetzlich nicht vorgesehen. Dieses
Ergebnis begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken.
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Nach § 35 a Abs. 2 EStG ermäßigt sich die Steuer für die Inanspruchnahme von
haushaltsnahen Dienstleistungen, die in einem inländischen Haushalt des
Steuerpflichtigen erbracht werden, vermindert um die sonstigen Steuerermäßigungen,
auf Antrag um 20 Prozent, höchstens 600 Euro, der Aufwendungen des
Steuerpflichtigen, die nicht Betriebsausgaben, Werbungskosten oder Aufwendungen für
eine geringfügige Beschäftigung im Sinne des § 8 des Vierten Buches
Sozialgesetzbuch darstellen und soweit sie nicht als außergewöhnliche Belastung
berücksichtigt worden sind. Ein solcher Steuerermäßigungsbetrag aus § 35 a EStG
kann im Streitjahr bereits deshalb nicht von der tariflichen Einkommensteuer abgezogen
werden, weil diese nach dem durchgeführten Verlustabzug gemäß bereits vor Abzug
des Ermäßigungsbetrages "Null" beträgt. Daher verfällt das Anrechnungsguthaben der
Kläger.
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Weder nach dem gesetzgeberischen Wortlaut noch über eine Auslegung ist die
Festsetzung einer negativen Einkommensteuer wegen des Verfalls des
Anrechnungsüberhangs aus § 35 a EStG geboten. Das derzeit und auch im Streitjahr
2005 geltende Einkommensteuergesetz sieht die Festsetzung einer negativen
Einkommensteuer nicht vor. Nach § 2 Abs. 5 des EStG bildet das zu versteuernde
Einkommen die Bemessungsgrundlage für die tarifliche Einkommensteuer. Der in § 32a
EStG geregelte Tarif der Einkommensteuer sieht für Einkommen unterhalb des
Existenzminimums lediglich eine Nullzone (Grundfreibetrag) vor (§ 32a Abs. 1 Satz 2 Nr.
1 EStG), jedoch keine negative Einkommensteuerfestsetzung.
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Auch im Wege der Auslegung kann der Senat nicht zu einer Steuererstattung aus § 35 a
EStG kommen. Der Gesetzgeber hat diese Vergünstigung bewusst als
steuergesetzliche Regelung ausgestaltet. Die deutschen Steuergesetze kennen aber
keine negative Einkommensteuer. Da es sich um eine (absolute) Ausnahme im Rahmen
der einkommensteuerlichen Vorschriften handeln würde, vergleichbar nur noch der
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Steuervergünstigung in Form des Kindergelds, muss es dem Gesetzgeber überlassen
bleiben, eine "negative" Einkommensteuer ausdrücklich zu beschließen. Eine solche
entspricht nicht dem deutschen System, welches für Leistungsschwache Hilfen z.B. über
Sozialleistungen vorsieht, regelmäßig aber nicht über Steuern. Die Berücksichtigung
der Leistungsfähigkeit ist auch im Rahmen der Steuerfestsetzung grundlegend und wird
u.a. durch den Grundfreibetrag, den ansteigenden Tarif sowie die Berücksichtigung
bestimmter steuermindernder Aufwendungen gewährleistet.
Eine negative Einkommensteuer ist im Rahmen des § 35 a EStG auch
verfassungsrechtlich nicht geboten.
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c. Der Senat hält § 35 a EStG für verfassungskonform, auch soweit nicht nutzbares
gewerbesteuerliches Anrechnungsvolumen verfällt. Eine Verletzung des allgemeinen
Gleichbehandlungssatzes (Art. 3 Abs. 1 GG) aufgrund dieser Gesetzeslage liegt im
Streitfall nicht vor.
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aa) Bei der Prüfung einer Norm am Maßstab des Gleichheitssatzes ist zunächst davon
auszugehen, dass dem Gesetzgeber eine weitgehende Gestaltungsfreiheit zukommt
(BVerfG-Beschluss vom 8.Dezember 1970 1 BvR 95/68, BVerfGE 29, 327, 335). Eine
Verletzung des Gleichheitssatzes ist erst dann gegeben, wenn für eine vom
Gesetzgeber getroffene Differenzierung sachlich einleuchtende Gründe schlechterdings
nicht mehr erkennbar sind und die getroffene Regelung deshalb als willkürlich erscheint
(ständige Rechtsprechung des BVerfG und des BFH; vgl. BVerfG-Beschluss vom
6.Dezember 1983 2 BvR 1275/79, BVerfGE 65, 325; BFH-Urteil vom 14.Dezember 1978
IV R 98/74, BFHE 127, 45, BStBl II 1979, 284). Das bedeutet, dass bei der
verfassungsrechtlichen Prüfung einer Rechtsnorm am Maßstab des Gleichheitssatzes
nur die Einhaltung der äußersten Grenzen der gesetzgeberischen Freiheit nachzuprüfen
ist. Gegenstand der Prüfung ist dagegen nicht, ob der Gesetzgeber die gerechteste und
zweckmäßigste Lösung getroffen hat (BVerfG-Urteil vom 17.Dezember 1953 1 BvR
323/51, BVerfGE 3, 162, 182). Ist die vom Gesetzgeber gewählte Lösung mit dem
Gleichheitssatz noch vereinbar, so kommt es nicht darauf an, ob eine andere Lösung
gerechter oder vernünftiger gewesen wäre oder dem Gleichheitssatz noch besser
entsprochen hätte (BVerfGE 3, 162, 182).
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Diese weitgehende Gestaltungsfreiheit gilt auch für steuerliche Regelungen. Das
BVerfG hat zwar wiederholt ausgesprochen, dass der Gesetzgeber durch den
Gleichheitssatz an den Grundsatz der Steuergerechtigkeit gebunden ist (Beschlüsse
vom 22.Februar 1984 1 BvL 10/80, BVerfGE 66, 214, 223, BStBl II 1984, 357; vom
4.Oktober 1984 1 BvR 789/79, BVerfGE 67, 290, 297, BStBl II 1985, 22; vom 17.Oktober
1984 1 BvR 527/80, BVerfGE 68, 143, 152). Das Gebot der Steuergerechtigkeit verlangt
jedoch nicht in jedem Fall Gleichheit der steuerlichen Belastung (BVerfG-Urteil vom
22.Mai 1963 1 BvR 78/56, BVerfGE 16, 147, 185). Steuergesetze verfolgen nicht nur
den Zweck, Haushaltsmittel zu beschaffen; sie werden vielfach auch zur Erreichung
anderer Ziele (wirtschafts-, gesellschafts- und sozialpolitischer Art) eingesetzt. Die in
diesem Zusammenhang getroffenen Regelungen können steuerliche Differenzierungen
zugunsten oder zuungunsten einer Gruppe enthalten, ohne dass hierdurch der
Gleichheitssatz verletzt wird (Urteil in BVerfGE 16, 147, 185).
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Ob und ggf. in welcher Form und welchem Umfang steuerliche Erleichterungen gewährt
werden sollen, steht im Ermessen des Gesetzgebers (BVerfG-Beschluss vom 6.Februar
1968 1 BvL 7/65, BVerfGE 23, 74, BStBl II 1968, 133).
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Im Bereich des Steuerrechts, insbesondere des Einkommensteuerrechts, wird die
Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers nach der ständigen Rechtsprechung des BVerfG
vor allem durch zwei eng miteinander verbundene Leitlinien begrenzt: Durch das Gebot
der Besteuerung nach der finanziellen Leistungsfähigkeit und durch das Gebot der
Folgerichtigkeit (BVerfG-Urteil vom 6. März 2002 2 BvL 17/99, BVerfGE 105, 73, 125;
BVerfG-Beschlüsse in BVerfGE 110, 412, 433; vom 4. Dezember 2002 2 BvR 400/98,
1735/00, BVerfGE 107, 27, 46; in BVerfGE 116, 164, 180, und vom 7. November 2006 1
BvL 10/02, BVerfGE 117, 1, 30). Im Interesse verfassungsrechtlich gebotener
steuerlicher Lastengleichheit muss darauf abgezielt werden, Steuerpflichtige bei
gleicher Leistungsfähigkeit auch gleich hoch zu besteuern (horizontale
Steuergerechtigkeit), während (in vertikaler Richtung) die Besteuerung höherer
Einkommen im Vergleich mit der Besteuerung niedrigerer Einkommen angemessen
ausgestaltet werden muss (vgl. BVerfG-Beschlüsse in BVerfGE 107, 27, 47; in BVerfGE
112, 268, 279, jeweils m.w.N.). Dabei muss eine gesetzliche Belastungsentscheidung
folgerichtig im Sinne von Belastungsgleichheit umgesetzt werden (vgl. BVerfG-
Beschlüsse in BVerfGE 107, 27, 47; in BVerfGE 116, 164, 180.). Ausnahmen von einer
solchen folgerichtigen Umsetzung bedürfen eines besonderen sachlichen Grundes (vgl.
BVerfG-Beschlüsse vom 30. September 1998 2 BvR 1818/91, BVerfGE 99, 88, 95; vom
11. November 1998 2 BvL 10/95, BVerfGE 99, 280, 290; in BVerfGE 107, 27, 47; in
BVerfGE 116, 164, 180; BVerfG-Urteil in BVerfGE 105, 73, 126). Genauere Maßstäbe
und Kriterien dafür, unter welchen Voraussetzungen der Gesetzgeber den
Gleichheitssatz verletzt, lassen sich nicht abstrakt und allgemein, sondern nur in Bezug
auf die jeweils betroffenen unterschiedlichen Sach- und Regelungsbereiche bestimmen
(vgl. BVerfGE 105, 73 <110>; 107, 27 <45 f.>; 112, 268 <279>).
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bb) Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze greifen die von den Klägern geltend
gemachten verfassungsrechtlichen Bedenken im Ergebnis nicht durch.
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Der Senat sieht keine gleichheitswidrige Behandlung der Kläger, die dazu führen
müsste, dass diese Entscheidung dem Bundesverfassungsgericht vorgelegt werden
müsse. Der Gesetzgeber ist grundsätzlich frei, Steuervergünstigungen auszugestalten
und nicht verpflichtet, eine aus bestimmten wirtschaftspolitischen Gründen gewährte
Steuervergünstigung so auszugestalten, dass sie auch dann genutzt werden kann,
wenn keine Steuerschuld anfällt (vgl. auch BFH-Urteil vom 30. Januar 2008 X R 1/07,
BStBl II 2008, 520).
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Der Gesetzgeber hat die Norm des § 35 a EStG bewusst so ausgestaltet, dass ein
Abzug von der Steuerschuld vorgenommen wird (vgl. dazu auch Bundestagsdrucksache
15/77 S. 4f). Das dabei vom Gesetzgeber gewählte Unterscheidungsmerkmal und seine
Zielrichtung sind bei § 35 a EStG mit dem Gleichheitssatz zu vereinbaren.
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Bei einem Vergleich der Gruppe der Einkommensteuerzahler mit denjenigen, für die
keine Einkommensteuer anfällt, sieht der erkennende Senat einen Unterschied von
solcher Art und solchem Gewicht, dass eine Ungleichbehandlung durchaus
gerechtfertigt erscheint. Bei der einen Gruppe wird das erzielte Einkommen durch einen
Abfluss an den Staat in Höhe von mindestens 19 % (zzgl. Solidaritätszuschlag und ggfs.
Kirchensteuer) geschmälert. Den anderen bleibt das, was sie an Zahlungen erhalten, in
vollem Umfang. Im Rahmen dieses Eingriffs steht es dem Gesetzgeber frei, diejenigen,
die er mit der Zahlung von Steuern belastet und einschränkt dadurch zu entlasten, dass
er gewisse Aufwendungen zur Minderung dieser Steuerzahlungspflicht anerkennt.
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Insofern bezieht sich die von den Klägern behauptete Ungleichbehandlung nicht nur auf
die Norm des § 35 a EStG, sondern auf jede andere steuerliche Vergünstigung, z.B.
Versicherungsbeiträge, Spenden, Ausbildungsfreibeträge, Kosten einer Scheidung,
Kosten einer Behinderung. Diese Unterschiede sind jedoch systemimmanent und
begründen mangels Gleichheit der Adressaten keine Verletzung des Art. 3 GG.
Es handelt sich insoweit auch nicht um einen konstruktiven Mangel. Vielmehr ist sowohl
aus der klaren Formulierung auf Seite 5 der Bundestagsdrucksache 15/77 "Der private
Haushalt erhält .... für die Inanspruchnahme hauswirtschaftlicher Dienstleistungen einen
Abzug von der Steuerschuld. Diese Ermäßigung wirkt sich regelmäßig erst im Rahmen
der Veranlagung zur Einkommensteuer aus ...". als auch aus der Stellung des § 35 a
EStG eindeutig zu erkennen, dass der Gesetzgeber diese Vergünstigung ganz bewusst
als Steuerermäßigung in Form der Steueranrechnung ausgestaltet hat.
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b. Bezüglich der beantragten Feststellung eines rück- oder vortragsfähigen
Anrechnungsüberhangs ist die Klage unbegründet. Zu Recht hat der Beklagte eine
solche Feststellung zugunsten der Klägerin nicht getroffen.
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Ob eine solche Feststellung überhaupt im Rahmen der Einkommensteuer möglich ist
oder nicht vielmehr eines gesonderten Feststellungsbescheids bedarf, muss der
erkennende Senat vorliegend nicht entscheiden, da –anders als in der früheren Norm
des § 34 f EStG – gerade kein Vor- oder Rücktrag für den Fall vorgesehen ist, dass die
Steuerschuld geringer ist als die beantragte Ermäßigung (darauf weist auch hin BFH-
Urteil vom 30.01.2008 a.a.O.). Schon aus diesem Grund wie aus den oben unter a.
dargestellten Gründen zur Verfassungskonformität der Regelung des § 35 a EStG ist in
der Sache keine Entscheidung zugunsten der Kläger zu treffen ist.
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2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
3. Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen § 115 Abs. 2 Nr.
1 FGO.
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