Urteil des FG Köln vom 26.02.2003

FG Köln: grundstück, eigentümer, fristlose kündigung, wiederherstellung des ursprünglichen zustandes, ausübung der option, eintragung im handelsregister, kaufpreis, zerstörung, ordentliche kündigung

Finanzgericht Köln, 5 K 7923/98
Datum:
26.02.2003
Gericht:
Finanzgericht Köln
Spruchkörper:
5. Senat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
5 K 7923/98
Tenor:
Der angefochtene Grunderwerbsteuerbescheid vom ... und die dazu
ergangene Einspruchsentscheidung vom ... werden aufgehoben.
Die Kosten des Verfahrens werden dem Beklagten auferlegt.
Das Urteil ist wegen der Kostenentscheidung ohne Sicherheitsleistung
vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch
Sicherheitsleistung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs der
Klägerin abwenden, sofern nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in
derselben Höhe leistet.
Tatbestand
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Die Beteiligten streiten darüber, ob die Festsetzung der Grunderwerbsteuer gegenüber
der Klägerin durch Bescheid vom ... in Höhe von ... DM zu Recht erfolgt ist.
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Dem Streit liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
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Durch notariellen Vertrag vom ... UR-Nr. 1818/1994 des Notars Dr. A. ausE. hatte die L.I.
AG (AG), deren Rechtsnachfolgerin die Klägerin ist, das Grundstück mit aufstehendem
... B.-straße ... in B., eingetragen im Grundbuch beim Amtsgericht B. Bl...., Gemarkung B.
Flur ..., Flurstück ... und ... zum Preis von ... DM zuzüglich ... DM Umsatzsteuer, das heißt
für insgesamt ... DM an die L.Q. KG (KG) verkauft. Der Übergang von Nutzen und Lasten
sollte am ..., gleichzeitig mit Fälligkeit des Kaufpreises, stattfinden. Die AG verpflichtete
sich im Kaufvertrag, das seit dem ... auf dem Grundstück lastende Mietverhältnis mit der
L.X. AG zum Tage des Besitzübergangs in ein Untermietverhältnis umzuwandeln. -
Wegen weiterer Einzelheiten des Grundstückskaufvertrages wird auf Anlage 1 der
notariellen Urkunde vom ..., Bl. 46 - 53 der FG Akte, verwiesen.
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Gleichzeitig mit dem Grundstückskaufvertrag vereinbarten die AG und die KG ein
Ankaufsrecht der AG. Diese erhielt hierdurch gemäß § 1 des Ankaufsrechtsvertrages -
bezeichnet als Anlage 2 zur notariellen Urkunde vom ... Urk.Nr. 1818/1994 - gegen die
KG den Anspruch, den Abschluss eines Kaufvertrages bezüglich des von dieser
erworbenen, der AG einen Tag zuvor durch Immobilienleasingvertrag (LV) vom ... zur
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Nutzung überlassenen, Grundstückes verlangen zu können. Verfügungen über das
Ankaufsrecht wurden ausgeschlossen. Der Anspruch aus dem Ankaufsrecht soll nach
dem Vertrag erlöschen, wenn über das Vermögen des Berechtigten - seinerzeit der AG -
das Vergleichs- oder Konkursverfahren eröffnet oder die Eröffnung mangels Masse
abgelehnt wird. Den Ankauf des Grundstückes sollte gemäß § 2 des
Ankaufsrechtsvertrages die AG bzw. ein von ihr zu bennenender Dritter zum ... oder zum
... verlangen können. Als Kaufpreis wurde
nicht zustandekommt, unter § 3 des Ankaufsrechtsvertrages auf der Basis der
Gesamtinvestitionskosten ein Betrag von ... DM zum Ende der ersten Mietperiode laut
LV -...-errechnet; zum Ende der zweiten Mietperiode -...- soll der Kaufpreis ... DM
betragen. Der Kaufpreis soll jedoch mindestens dem steuerlichen Restwert des
Grundstücks nebst Baulichkeiten und Anlagen entsprechen, wie er sich beim (Ankaufs-
)Verpflichteten nach Abzug der linearen Abschreibungen von 3% zum ... bzw. ... ergibt.
Zum Kaufpreis sollte die gesetzliche Mehrwertsteuer hinzugerechnet werden, ebenso
wie diverse Aufwendungen des Verpflichteten. Unter § 5 des Ankaufsrechtsvertrages
bewilligte und beantragte die KG "zur Sicherung des bedingten
Übereignungsanspruches" der AG eine Vormerkung zu deren Gunsten einzutragen. Die
KG behielt sich jedoch vor, mit Rang vor der bewilligten Vormerkung Grundpfandrechte
bis zur Höhe von ... DM nebst 16 % Jahreszinsen und 6% einmaligen Nebenleistungen
eintragen zu lassen. - Wegen der Einzelheiten insoweit wird auf den
Ankaufsrechtsvertrag (Bl. 72-75 der FG-Akte) verwiesen.
Durch den LV vom ... - bezeichnet als Anlage 3 zur notariellen Urkunde vom ..., Urk.Nr....
- wurde der AG als Leasingnehmerin (LN), beginnend am ..., das von ihr am ... an die KG
als Leasinggeberin (LG) verkaufte Grundstück zur Nutzung überlassen. Grundlage für
die Berechnung der Mietzahlungen der AG an die KG sollten nach § 3 LV die
Gesamtinvestitionskosten sein.
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Berechnungsgrundlage für die Gesamtinvestitionskosten waren nach § 3 LV sämtliche
Aufwendungen, die dem LG aus dem Erwerb des Grundstückes und der Beschaffung
bzw. Errichtung des Leasinggegenstandes erwuchsen, unter anderem der Kaufpreis
einschließlich Erwerbsnebenkosten sowie Baukosten einschließlich öffentlicher
Gebühren sowie die dem LG von Dritten berechneten Kosten der Wertschätzung und
Beleihung. Darüber hinaus wurden zu den Aufwendungen gerechnet die
Grunderwerbsteuer und die Erschließungskosten. Ein Verwaltungskostenbeitrag von
0,1 % ist nach § 2 LV in den Gesamtinvestitionskosten enthalten. Die
Gesamtinvestitionskosten wurden - ebenso wie im Ankaufsrechtsvertrag - in der
Zusatzvereinbarung Nr. 1 zum LV Nr. 3.1. mit voraussichtlich ... DM beziffert, wovon
nach Punkt III des LV ein Betrag in Höhe von ... DM auf das Grundstück, ein Betrag in
Höhe von ... DM auf das Gebäude sowie ... DM auf sonstige Kosten entfallen. - Wegen
der sich daraus ergebenden, jährlich von der AG zu erbringenden Mietzahlungen -
errechnet aus einem zinsunabhängigen Mietanteil, einem Eigenkapital- und
Fremdzinsanteil sowie unter Berücksichtigung des vertraglich vereinbarten Restwertes -
wird auf die Zusatzvereinbarung Nr. 1 zum LV (Bl. 67 -- 70 der FG Akte) verwiesen.
Nach Feststellung der endgültigen Gesamtinvestitionskosten schlossen die AG und die
KG am ... einen Nachtragsvertrag zum LV unter Bezugnahme auf die
Zusatzvereinbarung Nr. 1 zum LV vom .... Danach gingen die Vertragsbeteiligten
weiterhin von Gesamtinvestitionskosten in Höhe von ... DM aus, im übrigen von
feststehenden Zinssätzen für die erste Mietperiode und drei variablen Zinssätzen für die
zweite Mietperiode. Der Restwert des Grundstückes zum Ende der ersten Mietperiode
verringerte sich jedoch auf ... DM, der Restwert zum ... blieb mit ... DM unverändert. -
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Wegen weiterer Einzelheiten insoweit wird auf Bl. 135 - 143 der FG Akte verwiesen.
Neben den auf der Grundlage der Gesamtinvestitionskosten errechneten Mietzahlungen
sind nach § 4 LV vom LN gegen Nachweis durch den LG Mietnebenkosten zuzüglich
Mehrwertsteuer zu zahlen. Hierzu zählen objektbezogene Steuern, Abgaben, Beiträge
und Gebühren sowie sonstige objektbezogene Lasten und Verpflichtungen aller Art,
insbesondere Grundtsteuer, Müllabfuhr, Straßenreinigungs- Kanal- und
Kaminfegergebühren, ebenso wie die beim LG bzw. dessen mittelbaren oder
unmittelbaren Gesellschaftern oder beim jeweiligen Organträger evtl. anfallende
Gewerbesteuer, Vermögensteuer und Körperschaftssteuer. Zu den Mietnebenkosten
zählen auch die Kosten für die in § 9 LV genannten, vom LN in Abstimmung mit dem LG
für dessen Namen abgeschlossenen Versicherungen (Allgefahrenversicherungen,
Haus- u. Grundbesitzerhaftpflichtversicherung, Gewässerschaden,
Haftpflichtversicherung). Hinsichtlich dieser Versicherung ist in § 9 LV bestimmt, dass
der LN alle Rechte und Ansprüche aus den Versicherungen dem LG abzutreten hat.
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Nach § 5 LV sind die Zahlungen seitens des LN grundsätzlich ohne Rücksicht auf den
Zustand und die Gebrauchsfähigkeit des Leasinggegenstandes zu leisten. Auch bei
Mangelhaftigkeit oder Unbenutzbarkeit des Leasinggegenstandes ist der LN nicht
berechtigt, Zahlungen ganz oder teilweise zu mindern, zurückzubehalten oder gegen
diese aufzurechnen, es sei denn, es handelt sich um unbestrittene oder rechtskräftig
festgestellte Forderungen. Der LN kann aber Minderung seiner Leistungspflicht
verlangen, wenn der zufällige Untergang des Leasinggegenstandes oder die (teilweise)
Zerstörung von ihm nicht zu vertreten ist oder wenn die Nutzung des
Leasinggegenstandes aufgrund von ihm nicht zu vertretender Umstände langfristig
ausgeschlossen ist.
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Nach § 7 LV hat der LN den Leasinggegenstand auf seine Kosten in einem guten,
jederzeit funktionsfähigen, zum vertragsfähigen Gebrauch geeigneten Zustand zu
erhalten. Betriebs-, Unterhaltungs- und Erhaltungskosten sowie alle Reparaturen
einschließlich der Schönheitsreparaturen gehen zu Lasten des LN. Dieser ist auch bei
ganzer oder teilweiser Zerstörung des Leasingegenstandes zur Wiederherstellung bzw.
zum Wiederaufbau auf seine Kosten verpflichtet, es sei denn die Zerstörung ist von ihm
nicht zu vertreten. Die Gefahr des zufälligen ganzen oder teilweisen Untergangs des
Leasinggegenstandes trägt der LG. Der LN hat den LG von allen Ansprüchen Dritter
einschließlich staatlicher Institutionen freizustellen, die während der Besitzdauer des LN
oder während der Dauer des Vertrages in Zusammenhang mit der Planung, Herstellung,
dem Besitz und der Nutzung des Leasinggegenstandes entstehen.
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Nach § 8 LV kann der LN weder wegen Mängeln noch wegen mangelnder Nutzbarkeit
des Leasinggegenstandes Ansprüche gegen den LG geltend machen, es sei denn,
dieser hätte sie vorsätzlich oder grob fahrlässig verursacht. Der LG seinerseits tritt die
ihm gegen Dritte zustehenden Gewährleistungsansprüche sowie Ansprüche aus
positiver Vertragsverletzung an den LN ab. Der LG ist verpflichtet, die bei ihm
eingegangenen Zahlungen aus Gewährleistungsansprüchen und aus positiver
Vertragsverletzung entweder zur Wiederherstellung des Leasinggegenstandes zu
verwenden oder die Zahlungen des LN neu festzusetzen.
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Nach § 9 LV muss der LN im Schadensfalle den LG unverzüglich unterrichten und näher
bezeichnete Maßnahmen zur Schadensbegrenzung bzw. -beseitigung treffen. Der LG ist
verpflichtet, den vom Sachversicherer erlangten Ersatz in voller Höhe für die
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Wiederherstellung des Leasinggegenstandes zu verwenden oder ihn nach seiner Wahl
dem LN zu diesem Zweck zur Verfügung zu stellen. Die zusätzlich zu den
Versicherungsleistungen für eine vollständige Wiederherstellung des
Leasinggegenstandes noch erforderlichen Kosten trägt der LN, es sei denn, er hat die
ganze oder teilweise Zerstörung des Leasinggegenstandes nicht zu vertreten.
Nach § 10 LV sind Einbauten und Veränderungen ebenso wie Nutzungsänderungen
ohne Zustimmung des LG zulässig, sofern sie den Wert und die Funktionsfähigkeit des
Leasinggegenstandes nicht beeinträchtigen und alle erforderlichen öffentlich rechtlichen
Genehmigungen vor Ausführung vorliegen. Die Zustimmung zum Bau einer
Einkaufsmall wurde unter der Bedingung erteilt, dass beim LG keine Aktivierung
hierdurch ausgelöst wird. In allen sonstigen Fällen hat der LN die vorherige schriftliche
Zustimmung des LG einzuholen, die nur aus wichtigem Grunde versagt werden kann.
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Nach § 11 LV ist dieser grundsätzlich unkündbar. Sowohl der LN als auch der LG sind
jedoch berechtigt, den LV aus wichtigem Grunde fristlos zu kündigen. Ein solcher liegt
nach § 11 Nr.2 a) LV insbesondere dann vor, wenn der Erwerb oder die Errichtung des
Leasinggegenstandes endgültig unterbleibt aus Gründen, die der Kündigende nicht zu
vertreten hat, sowie nach § 11 Nr.2 b) LV, wenn die andere Partei ihre Zahlungen
einstellt oder über das Vermögen der anderen Partei das Vergleichs- oder
Konkursverfahren eröffnet oder die Eröffnung mangels Masse abgelehnt oder ein
anderes, der Schuldenregulierung dienendes gerichtliches oder außergerichtliches
Verfahren eingeleitet wird. Des weiteren ist nach § 11 Nr.2 c) LV eine fristlose
Kündigung möglich, wenn eine wesentliche Beeinträchtigung der Haftungsbasis der
anderen Partei gegenüber dem bei Vertragsabschluss gegebenen Zustand eingetreten
ist und dadurch Ansprüche der kündigenden Partei gefährdet werden. Darüber hinaus
ist der LG nach § 11 Nr.3 LV berechtigt, den Vertrag fristlos zu kündigen, wenn der LN
mit seinen Zahlungsverpflichtungen aus diesem Vertrag in Höhe von mindestens einer
Mietrate trotz schriftlicher Mahnung mehr als zwei Monate in Rückstand ist. Unter § 11
Nr. 5 LV ist für den Fall der fristlosen Kündigung vor Übernahme des
Leasingegenstandes geregelt, dass der LN, sofern er die Kündigung zu vertreten hat,
dem LG die in Durchführung des Vertrages entstandenen bzw. noch entstehenden
Investitionskosten erstattet. Desweiteren kann der LG vom LN verlangen, dass dieser in
alle vom LG in Erfüllung dieses Vertrages mit Dritten abgeschlossenen Verträge eintritt
und den LG von allen damit zusammenhängenden Verpflichtungen freistellt. Nach § 11
Nr. 6 LV ist für den Fall der Kündigung nach Übernahme des Leasingegenstandes
vereinbart, dass der LN dem LG bis zum Ablauf der vereinbarten Gesamtmietzeit zum
Schadensersatz verpflichtet ist, der aus der vorzeitigen Beendigung des Vertrages
entsteht.
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Nach § 12 Nr.1 LV ist dem LN die Untervermietung ohne vorherige Zustimmung des LG
gestattet. Der LN hat jedoch den LG diesbezüglich zu informieren. Zur Sicherung aller
Ansprüche des LG aus dem LV hat der LN seine gegenwärtigen und zukünftigen
Ansprüche aus Untermietverhältnissen, auch Gestaltungsrechte wie das Recht zur
Kündigung und auch das Vermieterpfandrecht abgetreten. Nach § 12 Nr.3 LV hat der LG
das Recht, den Leasinggegenstand zu üblichen Geschäftszeiten zu besichtigen. Nach §
12 Nr.4 LV ist der LN verpflichtet, einen dem Leasinggegenstand entsprechenden
Geschäftsbetrieb aufrechtzuerhalten.
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In § 12 Nr.5 LV ist vereinbart, dass der Leasinggegenstand bei Beendigung des LV in
bezugsfertigem Zustand und - soweit der LN das Vorhandensein zu vertreten hat - frei
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von umweltschädlichen Stoffen an den LG zurückzugeben ist. Nach § 12 Nr.6 LV
übberreicht der LN dem LG jährlich seinen Geschäftsbericht. Wesentliche
Veränderungen seiner Vermögens-, Wirtschafts- und Gesellschaftsverhältnisse sind
dem LG unaufgefordert und rechtzeitig bekanntzugeben.
Zu den übrigen Rechten und Pflichten des LN einerseits und des LG andererseits wird
auf den dem Gericht vorliegenden LV, Bl. 54 - 71 der FG Akte, verwiesen.
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Nachdem der Beklagte vom Abschluss des notariellen Vertrages vom ... Kenntnis
erhalten hatte, erließ er am... gegenüber der KG einen Grunderwerbsteuerbescheid,
wobei er als Steuerbemessungsgrundlage die Gegenleistung in Höhe des Kaufpreises
zuzüglich Mehrwertsteuer in Höhe von insgesamt ... DM zugrunde legte. Der
entsprechende, auf ... DM lautende Steuerbescheid wurde bestandskräftig.
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Am ... erließ der Beklagte darüber hinaus gegenüber der AG, nach deren vorheriger
Anhörung, einen Grunderwerbsteuerbescheid, weil nach seiner Auffassung durch den
Abschluss des LV vom ..., verbunden mit dem Abschluss des Ankaufsrechtsvertrages
vom ..., Grunderwerbsteuer entstanden ist. Unter Ansatz einer Gegenleistung von ... DM
setzte der Beklagte die Grunderwerbsteuer insoweit auf ... DM fest. Diesen Bescheid
hob der Beklagte durch Verfügung vom ... auf. Dabei ging er davon aus, dass die
Bekanntgabe des Bescheides vom ... gegenüber der AG unwirksam war, weil diese im
Zeitpunkt der Bekanntgabe nicht mehr existierte, da zwischen der AG und der Klägerin
eine mit Eintragung im Handelsregister am ... wirksame Verschmelzung stattgefunden
hatte.
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Der Beklagte erließ daraufhin am ... einen inhaltsgleichen Grunderwerbsteuerbescheid
gegenüber der Klägerin als Rechtsnachfolgerin der AG. Der Bescheid erging im
Hinblick auf die bei der Steuerermittlung zugrundegelegten Ge-samtinvestitionskosten
nach § 165 Abs.1 der Abgabenordnung vorläufig.
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Der dagegen eingelegte Einspruch wurde wie folgt begründet: Der LV vom ... stelle ein
sogenanntes Teilamortisationsleasing dar, bei dem die vom LN in der Grundmietzeit zu
leistenden Leasingraten die Investitionskosten des LG nicht voll abdeckten. Der LV
habe auch nicht zum Übergang wirtschaftlichen Eigentums auf den LN geführt. Der
Verbleib wirtschaftlichen Eigentums beim LG sei aber Indiz dafür, dass eine
Verwertungsbefugnis im Sinne des § 1 Abs. 2 des Grunderwerbsteuergesetzes
(GrEStG) nicht verschafft worden sei. Diese Rechtsauffassung werde gestützt durch das
Urteil des Bundesfinanzhofes -BFH- vom 17.01.1996 II R 47/93, BFH NV 1996, 579. Im
Streitfalle sei dem LN zwar die Nutzungsberechtigung an dem streitigen Grundstück
übertragen worden. Es fehle jedoch an der erforderlichen Substanzbeteiligung durch
eine rechtliche oder wirtschaftliche Verwertungsbefugnis. Eine rechtliche
Verwertungsbefugnis fehle, weil der LN das Objekt nicht weiter veräußern könne, da er
nicht Eigentümer geworden sei. Eine wirtschaftliche Verwertungsbefugnis fehle, da der
LN nicht in die Lage versetzt worden sei, sich den vollen Wert des Grundstückes nutzbar
zu machen. Eine Verwertungsbefugnis ergebe sich auch nicht aus dem Ankaufsrecht
des LN. Eine Verwertungsbefugnis des LN setzte voraus, dass diesem ein Kaufangebot
ohne hinausgeschobenen Anfangstermin gemacht wird, was diesem ermögliche, das
Nutzungsverhältnis jederzeit durch Annahme des Kaufangebotes zu beenden und
rechtliches Eigentum zu erwerben. Im Streitfalle habe der LN die Möglichkeit zum
Abschluss eines Kaufvertrages aber erstmals zum ..., dann erst wieder zum ... gehabt. Im
Übrigen werde auf die Ausführungen der Großbetriebsprüfungsstelle E. (GroßBp) in
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deren Bericht vom ... über eine Prüfung bei der KG für das Jahr ... verwiesen (Bl.76, 77
der FG-Akte), worin ausdrücklich festgestellt worden sei, dass eine Zurechnung des
verleasten Grundstücks auf den LN nicht in Betracht komme, da dieser mit der KG als
LG einen Teilamortisationsvertrag abgeschlossen habe (Bl.76, 77 der FG-Akte).
Der Beklagte wies den Einspruch gegen den Grunderwerbsteuerbescheid vom ... durch
Einspruchsentscheidung vom ... als unbegründet zurück. Zur Begründung führte er aus,
die Klägerin schulde die Grunderwerbsteuer, da sie wirtschaftlicher Eigentümer des
verleasten Grundstückes geworden sei. Die für das wirtschaftliche Eigentum
sprechenden Gründe der Verwertungsbefugnis durch unentziehbare Nutzung,
Übergang von Lasten und Gefahren und wirtschaftliche Zahlung eines Kaufpreises
durch Tragen der Gesamtinvestitionskosten gäben dem Gesamtvertragswerk das
entscheidende Gepräge. Dementsprechend seien die Voraussetzungen des § 1 Abs. 2
GrEStG erfüllt. Die Klägerin übe die wesentlichen Rechte wie ein Eigentümer über das
für ihre Zwecke hergerichtete ... aus und habe deshalb die dem Eigentümer
wesentlichen Verfügungsrechte. Die Klägerin sei zur uneingeschränkten Nutzung des
Objektes berechtigt und letztlich in der Lage, über das ... nach ihrem Belieben zu
verfügen. Sie sei berechtigt, Grundstück und Gebäude für ihre Zwecke zu nutzen, es zu
verwalten und unterzuvermieten. Insoweit stehe der KG lediglich ein Informationsrecht
zu. Zudem sei festzustellen, dass die AG zuvor Eigentümerin des nunmehr von ihr
geleasten Grundstückes gewesen sei. Das Grundstück sei auf die besonderen
Bedürfnisse des LN, der schon seit vielen Jahren ein ... in dem Objekt betreibe,
zugeschnitten. Alle weiteren Investitionen und damit verbundenen Veränderungen des
LG könnten nur mit Zustimmung des LN als Nutzungsberechtigtem erfolgen. Aufgrund
der speziellen Bedürfnisse des LN und dessen langjähriger Nutzung des Objektes sei
dieses für die Nutzung durch einen Dritten ungeeignet.
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Dementsprechend sei die Klägerin als heutiger LN als wirtschaftlicher Eigentümer des
streitigen Grundstückes anzusehen. Hinzu komme, dass der LV grundsätzlich
unkündbar sei und die Klägerin auch die wirtschaftlichen Lasten aus der Nutzung des
Grundstückes zu tragen verpflichtet sei. Die Klägerin müsse dem LG nicht nur alle
Nebenkosten erstatten, sondern auch die das Objekt betreffenden Versicherungen
abschließen bzw. die hieraus entstehenden Belastungen tragen. Auch die Kosten für
einen jederzeit funktionsfähigen und vertragsgemäßen Gebrauch des Grundstückes
sowie alle Betriebs-, Unterhaltungs- und Erhaltungskosten und Reparaturen seien von
der Klägerin zu übernehmen. Diese könne grundsätzlich keine Ansprüche gegen die
KG wegen Mängeln oder mangelnder Nutzbarkeit des Objektes gelten machen. Die
Klägerin habe somit nicht die Stellung eines Mieters, dessen Entgelt sich nach dem
Nutzungswert der Sache richte und dementsprechend nur auf Zeit das Recht zum
unmittelbaren Besitz habe. Im vorliegenden Falle richte sich das Entgelt, das die
Klägerin für das Leasingobjekt zu entrichten habe, alleine nach den
Gesamtinvestitionskosten der KG. Unbeachtlich sei demgegenüber, dass die Klägerin
das Ankaufsrecht frühestens zum ... ausüben könne. Die sofortige Verfügungsbefugnis
in Form der jederzeitigen Veräußerungsbefugnis sei nach der höchstrichterlichen
Rechtsprechung nicht zwingendes Erfordernis für die Annahme wirtschaftlichen
Eigentums im Sinne des § 1 Abs. 2 GrEStG. In dem sogenannten Ankaufsrechtsvertrag
sei für den Fall, dass eine Einigung über den Kaufpreis nicht zustande komme, der
Restkaufpreis ohne Rücksicht auf den tatsächlichen Marktwert im Zeitpunkt der
Beendigung der Mietzeit festgelegt, für den Fall, dass eine Einigung über den Kaufpreis
nicht zustande komme. Die Klägerin solle das Gebäude voll bezahlen, voll nutzen und
anschließend veräußern können. Dementsprechend enthielten die Verträge zwischen
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der AG und der KG auch keine Vereinbarungen darüber, was bei Nichtausübung des
Ankaufsrechtes seitens des LN gelten solle. Bei Gewichtung einerseits der Tatsache,
dass der LN die Gesamtinvestitionskosten als Gegenleistung zu erbringen habe und
andererseits der, dass der LN während der ersten Mietperiode von 10 Jahren kein
Erwerbsrecht habe, müsse letzteres zurückstehen.
Dagegen richtet sich die Klage. Zur Begründung führt die Klägerin folgendes aus:
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Der mit dem Abschluss des LV verfolgte wirtschaftliche Zweck diene der
Unternehmensfinanzierung. Das sogenannte Sale-and-lease-back-Geschäft sei
erforderlich gewesen, da die AG zur Finanzierung ihres operativen Geschäfts erhebliche
liquide Mittel benötigt habe. Diese Mittel hätten zwar auch am Kapitalmarkt beschafft
werden können. Das Darlehen hätte dann aber nur durch Immobiliarsicherheiten
besichert werden können. Dabei wäre zu berücksichtigen gewesen, dass die
Darlehensgewährung niemals 100 % des Wertes der Immobiliarsicherheit entspreche,
in der Praxis vielmehr davon auszugehen sei, dass bei hypothekarisch oder durch
Grundschuld gesicherten Darlehen lediglich ca. 60 - 65 % des sogenannten
Beleihungswertes besichert werden könnten. Für eine angestrebte Darlehenssumme
von 100 Geldeinheiten wären mithin Immobiliarsicherheiten in Höhe von mindestens
154 bzw. 176 Geldeinheiten als Kreditsicherheit zur Verfügung zu stellen gewesen.
Demgegenüber sei bei einem Sale-and-lease-back-Geschäft eine nahezu 100 %ige
Liquidität im Verhältnis zum Verkehrswert zu erreichen. Das Objekt werde zum
Marktwert veräußert und stehe in vollem Umfang ab dem Zeitpunkt der
Kaufpreiszahlung zur Verfügung. Da die weitere Nutzung des Objektes für das
Unternehmen von Bedeutung sei, erfolge gleichzeitig der Abschluss eines
Leasingvertrages, der über die gesamte Laufzeit zu einer Liquiditätsbelastung des
Unternehmens führe. Diese eventuell über 30 Jahre bestehende Belastung könne
jedoch regelmäßig aufgebracht werden, da das dem Unternehmen aus dem Verkauf zur
Verfügung stehende Kapital entsprechend eingesetzt werde und hieraus in den
Folgejahren idealtypisch entsprechende Erträge generiert würden. Die im Unternehmen
erzielbare Eigenkapitalrendite lasse eine Investition in den operativen Bereichen des
Unternehmens rentabler erscheinen als eine Investition im Bereich der Immobilien.
Aufgrund der Struktur ihrer Kapitalgeber habe die KG im Vergleich zum Marktzinssatz
auch eine Finanzierung zu günstigeren Konditionen anbieten können. Ferner sei zu
berücksichtigen, dass Sale-and-lease-back-Transaktionen im Jahr der Veräußerung des
Objektes regelmäßig das handelsbilanzielle Ergebnis des Unternehmens erhöhten, da
die in den Objekten vorhandenen stillen Reserven realisiert würden. Sale-and-lease-
back-Transaktionen als bilanzpolitische Maßnahmen würden auch als Instrument zur
Pflege des Aktienkurses genutzt. Darüber hinaus erfolge ein Sale-and-lease-back-
Geschäft zur Risikoverlagerung auf den LG. Der Wert eines Objektes hänge
entscheidend von seiner Nutzung ab. Der Marktwert einer gewerblichen Immobilie
orientiere sich weniger an der Substanz des Objektes, sondern am Mietertrag. Es mache
daher häufig Sinn, ein Objekt zu einem Zeitpunkt zu veräußern, in dem die Nutzung in
vollem Umfange erfolge. Die Situation würde sich demgegenüber verschlechtern, wenn
die Umsätze im Einzelhandel sinken, was unmittelbar Einfluss auf den Wert des
Objektes habe. Auswirkungen auf die Attraktivität des Standortes trage der LG durch das
Risiko der Wertentwicklung des Objektes. Demgegenüber könne der LN bei positiver
Standortentwicklung sein Ankaufsrecht ausüben. Der Rückerwerb des Grundstücks
durch die Klägerin sei derzeit aber keineswegs geplant bzw. sicher. Ob die durch den
Ankaufsrechtsvertrag eingeräumte Kaufoption ausgeübt werde, entscheide sich
unmittelbar erst vor dem Ende der ersten bzw. zweiten Mietperiode. Die Ausübung der
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Option hänge davon ab, wie sich der Standort aus betriebswirtschaftlicher Sicht
entwickle bzw. ob der Rückerwerb des Grundstückes durch die Klägerin wirtschaftlich
vertretbar erscheine. Nach Auskunft der KG hätten gerade im Geschäftsjahr ... einige LN
mit vergleichbaren LV von ihren Ankaufsoptionen keinen Gebrauch gemacht.
Dementsprechend sehe auch der in Streit stehende LV in § 12 Regelungen zur
Rückgabe des Leasingobjektes vor.
Entgegen der Auffassung des Beklagten habe die Klägerin durch den LV in Verbindung
mit dem Ankaufsrecht keine Verwertungsbefugnis am Leasingegenstand erlangt. Der
BFH habe in ständiger Rechtsprechung, zuletzt in seinem Urteil vom 28.05.1989 II B
75/97, BFH/NV 1998, 1523, entschieden, dass ein Rechtsvorgang dann der
Grunderwerbsteuer nach § 1 Abs. 2 GrEStG unterliege, wenn er es einem anderen ohne
Begründung eines direkten Anspruches auf Übereignung ermögliche, ein inländisches
Grundstück auf eigene Rechnung zu verwerten, das heißt, wenn es ihm ermöglicht
werde, über das Grundstück wie ein Eigentümer zu verfügen, es zu nutzen, zu
verwalten, zu belasten und zu übertragen. Dabei sei es nicht erforderlich, dass dem
Dritten jeweils alle für das juristische Eigentum charakteristischen Rechte übertragen
würden. Es reiche aus, wenn er von den, einem Eigentümer zustehenden
Verwertungsmöglichkeiten so viele und weitreichende Verwertungsmöglichkeiten
erhalte, dass er eine der Rechtsstellung des Eigentümers ähnliche rechtliche oder
wirtschaftliche Stellung in Bezug auf das Grundstück erlange. Dies sei regelmäßig der
Fall, wenn jemand an der Substanz eines Grundstückes beteiligt sei und an diesem
Grundstück Nutzungs- und Besitzrechte habe. Der Berechtigte müsse zumindest an den
Wertsteigerungen und -minderungen teilhaben und es müsse insoweit für ihn eine
gesicherte Realisierungsmöglichkeit bestehen. Dementsprechend könne - auch nach
Auffassung des erkennenden Senats - ein Rechtsvorgang nur dann unter § 1 Abs. 2
GrEStG subsumiert werden, wenn eine rein obligatorische Nutzung weit überschritten
werde.
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Entgegen der Auffassung des Beklagten sei das Urteil des BFH vom 30.09.1998 II R
13/96, BFH/NV 1999, 666 auf den Fall der Klägerin nicht übertragbar, da der vom BFH
zu beurteilende Sachverhalt ein völlig anderer sei als im Streitfalle. In dem vom BFH zu
beurteilenden Falle sei der LN konzeptionell nach dem LV wirtschaftlicher Eigentümer
des Grundstückes geworden, was im Streitfalle nicht zutreffe. Im Falle des BFH habe
der LN alle mit dem Grundstück verbundenen wirtschaftlichen Vor- und Nachteile zu
tragen gehabt, was im Streitfall ebenfalls nicht gegeben sei. So sei zum Beispiel der
Freistellungsanspruch des LG bezüglich Umweltschäden stark eingeschränkt; die
Klägerin trage als LN nicht das wirtschaftliche Risiko einer möglichen früheren
Kontamination. Die Klägerin habe auch Gewährleistungsansprüche wegen Mängeln
und mangelnder Nutzbarkeit des Leasinggegenstandes. Die Klägerin habe auch keine
Kostentragungspflicht, wenn die ganze oder teilweise Zerstörung des
Leasinggegenstandes nicht von ihr zu vertreten sei. Die Gefahr des zufälligen
Untergangs liege nicht bei der Klägerin, sondern bei der KG . Diese habe auch das
Recht, bei Beendigung des Mietvertrages die Wiederherstellung des ursprünglichen
Zustandes zu verlangen. Im BFH - Urteil sei der LN zu uneingeschränkter, nicht durch
Kündigung entziehbarer Nutzung berechtigt gewesen. Demgegenüber könne der
Klägerin das Nutzungsrecht zwar nicht durch ordentliche, wohl aber durch
außerordentliche, fristlose Kündigung entzogen werden. nur nicht durch ordentliche
Kündigung entzogen werden. Das Recht zur außerordentlichen Kündigung aus
wichtigem Grunde sei dem LG vorbehalten. Im BFH-Falle habe der LN zudem aufgrund
einer vormerkungsgesicherten Option das Leasingobjekt am Ende der Mietzeit lastenfrei
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zum Kaufpreis von nur ... DM zu Eigentum erwerben können. Demgegenüber müsse die
Klägerin das Objekt nach 10 Jahren zu einem Kaufpreis von rund ... DM zuzüglich
Umsatzsteuer, nach 30 Jahren zu einem Preis von ... DM zuzüglich Umsatzsteuer
erwerben, mindestens müsse aber der jeweilige steuerliche Restbuchwert gezahlt
werden.
Im Streitfalle werde der LV eindeutig von mietvertraglichen Komponenten bestimmt. Aus
§ 7 LV ergebe sich, dass der LN den LG nur hinsichtlich der Ansprüche freistelle, die
aus seinem Verantwortungsbereich resultieren. Auch bei einem normalen Mietvertrag
habe der Mieter nur die Zuführung von schädlichen Stoffen zu verantworten, die aus
seinem Verantwortungsbereich resultierten. Hätte die Klägerin eine einem Eigentümer
ähnliche wirtschaftliche Position inne, hätte sie auch das wirtschaftliche Risiko einer
möglichen Kontamination als einer der größten Gefahren einer gewerblich genutzten
Fläche zu tragen.
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Aus § 8 LV ergebe sich, dass die Klägerin im Falle des vom LG zu verantwortenden
Nutzungsausfalles keiner Leistungspflicht unterliege. Die Klägerin habe im Falle der
grob fahrlässigen oder vorsätzlichen Verursachung von Mängeln einen vertraglichen
Anspruch gegen den LG. Hätte sie die Rechtsposition eines wirtschaftlichen
Eigentümers inne, hätte sie allenfalls die gesetzlichen Ansprüche gegen den
Veräußerer. Zwar sei die Klägerin auch bei einem vom LG zu verantwortenden
Nutzungsausfall verpflichtet, ihre Leistungen zu erbringen. Diese Leistungspflicht sei
aber wirtschaftlich dadurch gemindert, dass der LG der Klägerin alle gegen Dritte
zustehenden Ansprüche aus Gewährleistung oder positiver Vertragsverletzung abtrete.
Im Ergebnis führe dies daher zu einer verminderten Leistungspflicht der Klägerin im
Falle des Nutzungsausfalles. Die Klägerin sei auch nach § 5 LV bei zufälligem ganzen
oder teilweisen Untergang oder der Zerstörung des Objektes zur Minderung ihrer
Leistungspflicht berechtigt. Auch aus § 8 Ziffer 3 Abs. 2 LV ergebe sich, dass die
Klägerin sich nicht wie ein Eigentümer verhalten könne. Danach stehe es im Belieben
des LG, wahlweise den alten Zustand wieder herzustellen oder aber die Leasingraten
an die veränderten Gegebenheiten anzupassen. Wie mit dem Leasinggegenstand zu
verfahren sei, das entscheide also letztlich der LG. Auch die Regelungen in § 9 LV
könnten nicht als Anhaltspunkt für eigentümerähnliche Rechte der Klägerin
herangezogen werden. Hintergrund für diese Regelung sei, dass die Klägerin bei den
entsprechenden Versicherungen bessere Konditionen aufgrund der Größe des
Unternehmens erhalte als der LG. Würde dieser entsprechende Versicherungen
abschließen, wären die dabei anfallenden Kosten auf die Klägerin umlagefähig.
Wirtschaftlich hätte die Klägerin die Kosten daher ohnehin zu tragen, so dass die
Regelung in § 9 lediglich eine Zahlungswegverkürzung darstelle. Gleichzeitig trete aber
die Klägerin alle Rechte und Ansprüche aus dem Versicherungsverhältnis an den LG
ab. Auch ein Mieter sei in der Regel gezwungen, die Kosten der Objektversicherung
durch eine entsprechende Umlage wirtschaftlich zu tragen. Hinsichtlich
Schadensersatzleistungen aus dem Versicherungsverhältnis bleibe jedoch der
Eigentümer rechtlich und wirtschaftlich Berechtigter. Hätte die Klägerin eine
eigentümerähnliche Position inne, würde sie auch das Risiko einer vollständigen
Zerstörung der Sache durch einen nicht zu ermittelnden Schädiger tragen. Im Streitfalle
habe die Klägerin jedoch nach § 9 Nr.4 LV nur dann die die Versicherungsleistungen
übersteigenden Kosten zu tragen, wenn sie das schadensstiftende Ereignis
haftungsrechtlich zu vertreten habe. Nach § 7 Nr.1 LV trage der LG die Gefahr des
zufälligen ganzen oder teilweisen Untergangs des Leasinggegenstandes. Dieses Risiko
würde der Klägerin aufgebürdet werden, wenn sie wirtschaftliche Eigentümerin wäre.
29
Nach § 10 Nr.1 LV sei die Klägerin zu Veränderungen nur insoweit berechtigt, als diese
den Wert und die Funktionsfähigkeit des Grundstückes nicht berührten, sodass sie nur
die Position eines Nutzungsberechtigten habe. Nach § 10 Nr. 4 LV sei die Klägerin
verpflichtet, bei Beendigung des Leasingvertrages, den ursprünglichen Zustand auf ihre
Kosten wieder herzustellen. Derjenige, der eigentümerähnliche Rechtspositionen habe,
könne aber nach seinem Belieben mit dem Gegenstand verfahren. Auch die Regelung
in § 11 LV spreche gegen eine eigentümerähnliche Position der Klägerin, da ihr
jederzeit aus wichtigem Grunde gekündigt werden könne. Auch aus § 12 Nr.1 LV
ergebe sich, dass die Klägerin nicht wirtschaftliche Eigentümerin sei, da sie hierdurch
alle gegenwärtigen und zukünftigen Ansprüche aus einem Untermietverhältnis an den
LG abgetreten habe. Insbesondere das Recht zur Kündigung des
Untermietverhältnisses und auch das Vermieterrecht stehe damit dem LG zu, was
typische eigentümerähnliche Positionen seien. Im übrigen sei die Klägerin nach § 12 Nr.
3 LV verpflichtet, dem LG ein Besichtigungsrecht zu gewähren, was der Position einer
Eigentümerin widerspreche. Auch aus § 12 Nr.4 LV ergebe sich, dass die Klägerin nicht
die Position einer Eigentümerin innehabe, da der Eigentümer voll über die Nutzung des
Objektes entscheiden könne, die Klägerin aber eine Betreiberpflicht habe. § 12 Nr.5 LV
entspreche einer typischerweise in Mietverträgen verwendeten Regelung, wonach nach
Ablauf der Nutzungszeit das Objekt in bezugsfertigem Zustand und frei von
umweltschädlichen Stoffen zurückzugeben sei.
Dies berücksichtigend habe die Klägerin aufgrund der abgeschlossenen Verträge mit
der KG keine Verwertungsbefugnis erhalten. Eine rechtliche Verwertungsbefugnis
scheide bereits deshalb aus, weil die Klägerin das Grundstück mangels Eigentums nicht
veräußern könne. Eine wirtschaftliche Verwertungsbefugnis in Form einer
Substanzbeteiligung sei nicht gegeben, da die Klägerin sich die Substanz des
Grundstückes, das heißt dessen vollen Wert, nicht nutzbar machen könne.
Insbesondere könne die Klägerin das Grundstück nicht als Sicherheit verwenden, es
belasten oder beleihen. Auch das Ankaufsrecht habe zu keiner Verwertungsbefugnis
geführt. Die Klägerin könne das Ankaufsrecht nicht jederzeit ausüben. Zudem sei der
Klägerin das Grundstück nicht zu einem festen Kaufpreis angeboten worden. Dieser
müsse gesondert ausgehandelt werden. Nur bei Nichtzustandekommen einer
diesbezüglichen Einigung sei eine Kaufpreisberechnung auf Basis der
Gesamtinvestitionskosten möglich. Die Klägerin könne weder die Übereignung an sich
bewirken und das Grundstück dauerhaft in ihr Vermögen eingliedern oder es als
Sicherheit nutzen, noch könne sie sich die möglicherweise enthaltenen stillen Reserven
durch einen Weiterverkauf aneignen.
30
Eine Verwertungsbefugnis sei auch nicht durch Übertragung wirtschaftlichen Eigentums
entstanden. Wirtschaftliches Eigentum sei dem Grunderwerbsteuerrecht grundsätzlich
fremd, da dieses im Kern an bürgerlich rechtliche Vorgänge anknüpfe. Im übrigen sei
auch wirtschaftliches Eigentum nicht entstanden, da der abgeschlossene LV als
sogenannter Teilamortisationsleasingvertrag zu qualifizieren sei, was nach Auffassung
des BFH und auch des Finanzgerichts Köln nicht ausreiche.
31
Dass Teilamortisationsleasing gegeben sei, ergebe sich aus den dem Gericht
vorliegenden Berechnungen der Zahlungsverpflichtungen der Klägerin. Danach sei die
Summe der einzelnen Leasingraten deutlich geringer als die Gesamtinvestitionskosten.
In den ersten 10 Jahren seien Leasingraten mit nominal insgesamt ... DM zu zahlen,
was bei einer Abzinsung mit 7,642 % einem Barwert der
32
Leasingrate von ... DM entspreche. Dies seien nur ... % der Gesamtinvestitionskosten.
Die Leasingraten für die zweite Mietperiode betrügen jährlich ... DM. Nach Abzinsung
der Leasingraten mit 7,642 % ergebe sich nach 30 Jahren ein Barwert der Leasingraten
von insgesamt ... DM, das heißt... % der Gesamtinvestitionskosten. - Wegen der
Berechnungen im einzelnen werde auf die dem Gericht vorgelegten Unterlagen (Bl.143
der FG-Akte) verwiesen. Es dürften jedoch nur die zu erbringenden Leasingraten für die
ersten 10 Jahre herangezogen werden, da bei Abschluss des LV nicht festgestanden
habe, dass die Klägerin auch nach der ersten Mietperiode weitere Leasingraten werde
erbringen müssen. Da jedenfalls die Summe der Barwerte der Leasingraten nicht den
Gesamtinvestitionskosten entspreche, sei ein Vollamortisationsleasing zu verneinen.
Hinzu komme, dass die Klägerin nach Ablauf der ersten bzw. zweiten Mietperiode ihr
Opitionsrecht nur gegen Zahlung von rd. ... DM bzw. ... DM ausüben könne.
33
Die Klägerin beantragt,
34
den Grunderwerbsteuerbescheid vom ... und die dazu ergangene
Einspruchsentscheidung vom ... aufzuheben,
35
hilfsweise die Revision zuzulassen.
36
Der Beklagte beantragt,
37
die Klage abzuweisen,
38
hilfsweise die Revision zuzulassen.
39
Zur Begründung verweist er auf seine Ausführungen in der Einspruchsentscheidung.
40
Er stellt jedoch klar, dass das streitige Objekt nicht von der Klägerin bzw. zuvor von der
AG als ... genutzt werde bzw.genutzt worden sei, sondern von einer anderen
Gesellschaft, an die das Objekt (unter-)vermietet worden sei.
41
Im Übrigen hat sich der Beklagte zur Frage der Gegenleistung dahingehend geäußert,
es sei zutreffend, dass die Leasingraten abzuzinsen seien. Die ungewisse Tatsache, ob
die Klägerin das Ankaufsrecht zum Ablauf der ersten Mietperiode nach 10 Jahren
bereits ausübe oder nicht, könne durch eine insoweit vorläufige Steuerfestsetzung
berücksichtigt werden. Im übrigen bleibt der Beklagte dabei, dass eine
Verwertungsbefugnis der Klägerin anzunehmen sei.
42
Entscheidungsgründe:
43
Die Klage ist begründet.
44
Entgegen der Auffassung des Beklagten löst der Abschluss des LV vom ... in
Verbindung mit dem Ankaufsrechtsvertrag vom ... keine Grunderwerbsteuerpflicht aus.
45
Die Voraussetzungen des § 1 Abs. 2 GrEStG - nur diese Vorschrift kommt als
gesetzliche Grundlage ernsthaft in Betracht - sind nicht erfüllt. Voraussetzung für die
Annahme einer Grunderwerbsteuerpflicht nach § 1 Abs. 2 GrEStG ist ein
Rechtsvorgang, der es ohne Begründung eines Anspruches auf Übereignung einem
anderen rechtlich oder wirtschaftlich ermöglicht, ein inländisches Grundstück auf eigene
46
Rechnung zu verwerten. Dieser Tatbestand ist erfüllt, wenn es einem Dritten, der durch
den maßgeblichen Rechtsvorgang keinen Anspruch auf Eigentumsübertragung erhält,
rechtlich oder wirtschaftlich ermöglicht wird, über ein bestimmtes Grundstück wie ein
Eigentümer zu verfügen. Verfügungsmöglichkeit in diesem Sinne bedeutet, dass er das
Grundstück mit Auswirkung zu seinen Lasten und Gunsten besitzen, verwalten, nutzen,
belasten und schließlich veräußern kann, ohne dass jeweils alle, für das Eigentum
charakteristischen Rechte übertragen werden müssten (Urteil des BFH vom 17.01.1996
II R 47/93, BFH/NV1996, 579). Dem "Erwerber" des Grundstücks müssen
diesbezügliche Einwirkungsmöglichkeiten gewährt werden, die über diejenigen eines
Pächters hinausgehen, aber andererseits nicht die Stellung eines Eigentümers
erreichen, was nur dann gegeben ist, wenn dem "Erwerber" über die bloßen Besitz- und
Nutzungsrechte hinaus Einwirkungsmöglichkeiten auf den ganzen Substanzwert des
Grundstücks gewährt werden (Urteil des BFH vom 29.07.1998 II R 71/96, BStBl II 1999,
796 m.w.N.). Ausgehend davon, dass einem unbeschränkten Grundstückseigentümer
grundsätzlich zwei Möglichkeiten der Verwertung, nämlich die Nutzung und
Veräußerung, zur Verfügung stehen, kann der Tatbestand des § 1 Abs. 2 GrEStG
dadurch verwirklicht werden, dass einem Nicht-eigentümer eine Kombination aus
Nutzungs- und Veräußerungsbefugnis an einem Grundstück gewährt wird, welche noch
nicht dem rechtlichen Eigentum gleicht, diesem aber wirtschaftlich nahekommt.
Vereinbaren "Veräußerer" und "Erwerber" des Grundstücks - ausdrücklich oder
konkludent -, dass letztgenannter wirtschaftlicher Eigentümer sein soll, das heißt, dass
er alle wirtschaftlichen Vor- und Nachteile wie die Lasten- und Gefahrtragung sowie alle
Instandhaltungskosten zu tragen hat, so kann dies ein Indiz für die Übertragung der
Verwertungsbefugnis sein. Kann dem insoweit Berechtigten und Verpflichteten zudem
die Nutzung des Grundstücks nicht durch Kündigung entzogen werden und kann er
seinerseits jederzeit, das heißt nur gegen Erbringung eines geringen oder
symbolischen, jedenfalls weit unter dem Wert des Leasinggegenstandes liegenden,
Kaufpreises Übereignung des von ihm genutzten Grundstückes verlangen, so ist in der
Regel § 1 Abs. 2 GrEStG erfüllt (Urteil des BFH vom 17.01.1996 II R 47/93 a.a.O.; Urteil
des BFH vom 30.09.1998 II R 13/96, BFH/NV 1999, 666).
Dies berücksichtigend gilt für einen vordergründig auf Gebrauchsüberlassung
gerichteten LV grundsätzlich folgendes: Enthält der Vertrag mehr Elemente eines Miet-
/Pachtvertrages als solche, die auf eine Teilhabe/Einwirkungsmöglichkeit des LN an der
Substanz des Grundstückes gerichtet sind, dürfte § 1 Abs. 2 GrEStG in der Regel nicht
erfüllt sein. Erlangt demgegenüber der LN aufgrund des LV eine ihm nicht entziehbare,
nur aufgrund der eigenen Gefahrtragung eingeschränkte Position dahingehend,
jederzeit und ohne weiteres verlangen zu können, als Eigentümer eingesetzt zu werden,
spricht alles für eine, bereits bei Abschluss des LV eingeräumte, mit einem Eigentümer
vergleichbare Stellung des LN.
47
Die ertragsteuerliche Bewertung eines Vorgangs durch die Finanzbehörde ist für die
grunderwerbsteuerliche Behandlung des betroffenen Grundstückes unerheblich, weil
eine Bindung insoweit nicht besteht (Urteil des BFH vom 02.07.1975 II R 49/74, BStBl II
1975, 863). Sie kann für die grunderwerbsteurliche Beurteilung eines Vorgangs
allenfalls als Indiz verwertet werden.
48
Dies vorausgeschickt, kann im Streitfalle keine Verwertungsbefugnis der Klägerin im
Sinne des § 1 Abs. 2 GrEStG festgestellt werden. Dabei geht der erkennende Senat
davon aus, dass der von der Klägerin dargestellten, vom Beklagten, nicht bestrittenen
ertragsteuerlichen Behandlung des streitigen Grundstückes keine maßgebliche
49
indizielle Bedeutung zukommt. Denn abgesehen davon, dass das Gericht an die im
Erlass des Bundesministers der Finanzen IV B 2/F 2170/115/91 vom 23.12.1991, BStBl
I 1992, Seite 13 niedergelegten, von den für die ertragsteuerliche Bewertung
zuständigen Finanzbehörden zugrunde gelegten Verwaltungsvorschriften nicht
gebunden ist, hängt danach die nach Ansicht der Klägerin indizielle ertragsteuerliche
Zurechnung einer Immobilie nicht alleine von der Frage ab, ob ein
Teilamortisationsleasingvertrag abgeschlossen wurde. Die im Erlass genannten, für
eine ertragsteuerliche Zurechnung maßgeblichen weiteren Kriterien sollen aber eine an
der Leistungsfähigkeit orientierte Besteuerung ermöglichen, was für die im anhängigen
Klageverfahren streitige Grunderwerbsteuer als Verkehrssteuer unbeachtlich ist.
Der erkennende Senat sieht jedoch unabhängig von der von der Finanzverwaltung
vorgenommenen ertragsteuerlichen Zurechnung des streitigen Grundstückes auf die KG
die Voraussetzungen des § 1 Abs. 2 GrEStG als nicht erfüllt an. Ausgehend von den
zuvor dargestellten, von der Rechtsprechung entwickelten Kriterien zur
grunderwerbsteuerlich relevanten Verwertungsbefugnis sind die
Einwirkungsmöglichkeiten der Klägerin auf das von ihr genutzte Grundstück eher mit
denen eines Mieters/Pächters vergleichbar als mit denen eines Eigentümers.
50
So kann die Klägerin als LN das Grundstück zwar besitzen, verwalten und nutzen. Ein
Recht, im Vorgriff auf das ihr eingeräumte Ankaufsoptionsrecht das Grundstück zu
belasten bzw. zu veräußern, steht ihr jedoch nicht zu. Der LV sieht weder vor, dass die
Klägerin das Grundstück kraft eigenen vertraglich eingeräumten Rechts belasten oder
veräußern können soll, noch soll dies mit Zustimmung oder Genehmigung des LG
möglich sein. Auch die zugunsten der Klägerin im Grundbuch eingetragene Vormerkung
im Hinblick auf das ihr eingeräumte Ankaufsrecht ist nicht mit der Berechtigung
verbunden, das Grundstück schon während der Laufzeit des LV zu ihren Gunsten
belasten zu können. Belasten kann das Grundstück nach § 5 des
Ankaufsrechtsvertrages vielmehr in nicht unbeachtlichem Umfange nur die KG. Die
insoweit fehlende Einwirkungsmöglichkeit der Klägerin berücksichtigt offenbar die
Tatsache, dass sie -als Rechtsnachfolgerin der AG- nur eine Option erworben hat, unter
weiteren Voraussetzungen vom LG den Abschluss eines Kaufvertrages über das
Grundstück verlangen zu können, nicht dagegen ein Recht, das es ihr ermöglichen
würde, durch einseitige Erklärung den Kaufvertrag, verbunden mit einem
Grundstücksübereignungsanspruch, zur Entstehung gelangen zu lassen. Die KG als LG
hat durch die Nichteinräumung einer Belastungs-/Veräußerungsbefugnis an die
Klägerin einerseits und dem Vorbehalt in § 5 des Ankaufsrechtsvertrages andererseits,
wonach sie das der Klägerin zur Nutzung überlassene Grundstück mit
Grundpfandrechten in großem Umfange belasten kann, deutlich gemacht, dass der
Klägerin eine Einwirkungsmöglichkeit und damit eine Teilhabe an der Substanz des
Grundstückes nicht gewährt werden sollte, der substanzielle Grunstückswert vielmehr
allein ihr als Eigentümerin zustehen soll. Insoweit ist die Rechtsposition der Klägerin
vergleichbar mit der eines Mieters/Pächters, dem Nutzungs- aber keine
Substanzeinwirkungs- oder Verwertungsrechte eingeräumt werden.
51
Für eine Mieter/Pächterstellung der Klägerin spricht auch die Tatsache, dass die KG
während der Laufzeit des LV -neben dem Belastungs-/Veräußerungsrecht- hinsichtlich
des Leasinggegenstandes Entscheidungen treffen kann, die die Klägerin nicht
akzeptieren müsste, wenn sie wie ein Eigentümer auf eigene Rechnung über das
Grundstück verfügen könnte.
52
So hat im Schadensfalle nicht ausschließlich die Klägerin das Recht, darüber zu
entscheiden, ob sie den Leasinggegenstand für ihre Nutzungszwecke wiederherstellt.
Nach § 9 Nr. 4 LV ist vielmehr die KG berechtigt, wahlweise zu entscheiden, ob sie den
vom Sachversicherer erlangten Ersatz selbst für die Wiederherstellung verwendet, oder
aber ob sie den Ersatz der Klägerin Verfügung stellt, damit diese die Wiederherstellung
vornehmen kann. Ein diesbezügliches Bestimmungsrecht der KG ist Ausruck deren
Befugnis, mit dem in ihrem Eigentum stehenden Grundstück nach Überlegungen zu
verfahren, auf die die Klägerin keinen Einfluss hat.
53
Das gilt auch in Bezug auf von der Klägerin geplante Veränderungsmaßnahmen am
Grundstück. Nach § 10 Nr. 1 LV sind Einbauten und Veränderungen am
Leasinggegenstand nur dann ohne Zustimmung der KG zulässig, wenn sie den Wert
und die Funktionsfähigkeit des Leasinggegenstandes nicht beeinträchtigen. Zwar kann
die ansonsten einzuholende Zustimmung der KG nur aus wichtigem Grund versagt
werden. Letztlich führt aber auch dies dazu, dass die Klägerin bei wesentlichen Bau-
oder Veränderungsmaßnahmen von der Entscheidung der KG abhängig ist und nicht
wie ein Eigentümer mit dem ihr zur Nutzung überlassenen Grundstück verfahren kann.
54
Auch kann die Klägerin des geleasten Objektes nicht nach Belieben untervermieten
bzw. den einmal abgeschlossenen Untermietvertrag im eigenen Interesse durchführen.
Zwar ist nach § 12 Nr. 1 LV die Untervermietung ohne vorherige Zustimmung der KG
gestattet. Neben der Pflicht der Klägerin, die KG insoweit zu informieren, musste aber
bereits bei Abschluss des LV die AG als Rechtsvorgängerin der Klägerin der KG im
voraus alle Ansprüche aus dem Untermietvertrag einschließlich der Gestaltungsrechte,
wie zum Beispiel das Recht zur Kündigung, zur Sicherheit abtreten. Die Klägerin ist
somit zwar in Bezug auf den Akt der Untervermietung frei. Die KG wurde jedoch im
voraus in die Untervermietung umfassend eingebunden bzw. faktisch in die (Unter-)
Vermieterposition eingesetzt, um deren Ansprüche gegen die Klägerin abzusichern.
Hierdurch wird deutlich, dass die KG als LG der Klägerin als LN zwar ein mehr oder
weniger selbstbestimmtes Nutzungsrecht am Grundstück eingeräumt hat, jedoch nur
unter gleichzeitiger Absicherung ihrer Ansprüche auf Grund der Grundstücksnutzung
durch die Klägerin, das heißt unter Sicherstellung des aus der Grundstücksnutzung
erzielbaren Ertrages zu ihren Gunsten. Auch dieses spricht gegen die Annahme, die
(Substanz-) Verwertungsbefugnis der KG als Eigentümerin sei bereits während der
Dauer des LV auf die Klägerin übergegangen.
55
Soweit die KG nach § 12 Nr.3 LV ein Besichtigungsrecht geltend machen kann, führt
dies bei der Klägerin zur Beobachtung/Kontrolle durch ihren Leasingvertragspartner,
wofür grundsätzlich nur dann Anlass besteht, wenn die KG eine Nutzung des
Leasinggegenstandes in ihrem Sinne dauerhaft sicherstellen will, was wiederum nur
dann gerechtfertigt ist, wenn Substanz- und Wertminderungen zu ihren, nicht dagegen
zu Lasten, das heißt auf Rechnung der Klägerin gehen. Auch dies spricht gegen eine
Verwertungsbefugnis der Klägerin, vielmehr für deren, einem Mieter/Pächter
vergleichbare Stellung. Ein Mieter/Pächter muss sich regelmäßig -nach vorheriger
Ankündigung- auf Besichtigungen seitens des Vermieters/Verpächters einstellen, um es
diesem zu ermöglichen, grundstücksbezogene Eigentümerdispositionen treffen zu
können.
56
Die konsequente Fortsetzung bzw. Bestätigung der Vermieter-/Verpächterposition der
KG ergibt sich aus § 12 NR. 4 LV. Danach ist die Klägerin als LN verpflichtet, einen dem
Leasinggegenstand entsprechenden Geschäftsbetrieb aufrechtzuerhalten. Die Klägerin
57
kann also nicht eigenmächtig über die Art der Nutzung des Grundstücks entscheiden.
Sie ist vielmehr durch den LV an die Nutzung gebunden, die die KG aufgrund der
tatsächlichen Gegebenheiten bei Abschluss des LV erwartet hat bzw. auch weiterhin
erwartet, welche den Ertrag und den Wert des Grundstücks nicht beeinträchtigen.
Darüber hinaus ist die Klägerin nach § 12 Nr. 6 LV verpflichtet, der KG ihren jährlichen
Geschäftsbericht vorzulegen. Sie muss zudem nach dieser Vereinbarung wesentliche
Veränderungen ihrer Vermögens-, Wirtschafts- und Gesellschaftsverhältnisse der KG
unaufgefordert und rechtzeitig bekanntgeben. Es ist bereits bei einem Miet-
/Pachtverhältnis grundsätzlich nicht üblich, dass der Mieter/Pächter dem
Vermieter/Verpächter regelmäßig seine geschäftlichen Aktivitäten bzw. das hieraus
resultierende Ergebnis, sowie seine finanziellen und wirtschaftlichen Verhältnisse
offenlegen muss, jedenfalls nicht, solange keine Gefahr für die Erfüllung der Miet-
/Pachtzinszahlungen besteht. Erst recht dürfte eine entsprechende Vereinbarung dann
nicht ernsthaft in Betracht kommen, wenn dem Grundstücksnutzer eine Position
eingeräumt wäre, die es diesem ermöglichte, jederzeit die Verschaffung des Vollrechts
verlangen zu können.
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Die Regelung des § 12 Nr. 6 LV kann denn auch nur im Zusammenhang gesehen
werden mit § 11 LV, in dem die vorzeitige Beendigung des Vertrages geregelt ist, was
gegen eine, auf unentziehbare Nutzung gegründete Verwertungsbefugnis der Klägerin
spricht. Nach § 11 Nr. 2 b) LV kann jede Partei fristlos kündigen, nicht nur bei
Zahlungseinstellung oder Eröffnung des Vergleichs-/Konkursverfahrens - heute
Insolvenzverfahren - des anderen, sondern nach § 11 Nr. 2 c) LV auch bei wesentlicher,
die Ansprüche des Kündigenden gefährdenden Beeinträchtigung der Haftungsbasis.
Das bedeutet für die Klägerin, dass ihr Nutzungsrecht von ihrer wirtschaftlichen
Situation abhängig ist. Stellt die KG - nach entsprechender Information nach § 12 Nr.6
LV - eine, aus ihrer Sicht wesentliche Beeinträchtigung ihrer Gläubigerposition fest, so
kann sie fristlos kündigen, ohne dass die Klägerin Rechte am Grundstück geltend
machen kann. Unbeachtlich ist in diesem Zusammenhang die Tatsache, dass die
Klägerin der KG nach § 11 LV ihrerseits fristlos kündigen kann. Denn auch in diesem
Falle wäre die Nutzungsberechtigung der Klägerin beendet, ohne dass ihr
grundstücksbezogene Rechte zustehen. Sie hat im Falle der fristlosen Kündigung auch
keinen vertraglichen Anspruch auf Ersatz etwaiger, auf das Grundstück getätigter
Aufwendungen. Hier bleiben allenfalls gesetzliche Ansprüche aus dem Eigentümer-
/Besitzerverhältnis. Im Gegenteil ist die Klägerin nach § 11 Nr. 6 LV bei fristloser
Kündigung, die sie zu vertreten hat, - wobei sich die Frage stellt, ob und inwieweit
veränderte wirtschaftliche Verhältnisse zu vertreten sind - zum Ersatz des der KG
entstandenen Schadens wegen vorzeitiger Beendigung des Vertrages verpflichtet. Auch
hieraus ergibt sich, dass die Klägerin keine grunstücksbezogenen unerziehbaren
Rechte hat. Sie steht vielmehr wie ein Mieter/Pächter unter Aufsicht bzw. Kontrolle der
KG, um dieser die Möglichkeit zu geben, das Leasingverhältnis außerhalb der ersten
oder zweiten Mietperiode - aus deren Sicht - schadensverhütend zu beendigen.
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Hinzu kommt, dass die Klägerin nach § 7 LV bei ganzer oder teilweiser, von ihr nicht zu
vertretender, Zerstörung des Leasinggegenstandes auch nicht zur Wiederherstellung
bzw. zum Wiederaufbau auf ihre Kosten verpflichtet ist. Sie kann in diesem Falle -nicht
zu vertretende/r Zerstörung/Untergang des Leasinggegenstandes- auch Minderung ihrer
Leistungspflicht verlangen, § 5 Nr. 1 Abs. 2 LV. Unter Berücksichtigung der Tatsache,
dass ein - auch nur wirtschaftlicher - Eigentümer die Last der Zerstörung bzw. des
Untergangs immer zu tragen hat, spricht auch diese Regelung klar für eine, einem
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Mieter/Pächter vergleichbare Stellung der Klägerin.
Aber nicht nur die vorangegangenen, am LV selbst ausgerichteten Ausführungen zur
Vergleichbarkeit der Stellung der Klägerin mit der eines Mieters/Pächters sprechen für
das Fehlen einer Verwertungsbefugnis im Sinne des § 1 Abs. 2 GrEStG. Auch das im
Ankaufsrechtsvertrag der Klägerin eingeräumte Optionsrecht lässt nicht den Schluss auf
die Verschaffung einer Verwertungsbefugnis zu. Die Klägerin kann die ihr aufgrund des
LV zugewiesene Position in Bezug auf das von ihr genutzte Grundstück nach dem
Ankaufsrechtsvertrag nicht jederzeit und ohne weiteres durch Wechsel in die
Eigentümerposition überführen. Sie kann erstmals nach Ablauf von 10 Jahren, danach
erst wieder 20 Jahre später, von der KG verlangen, mit ihr einen Grunstückskaufvertrag
abzuschließen. Dieser Kaufvertrag ist zudem kein Rechtsgeschäft, das ohne weitere
Hindernisse zur Entstehung gelangen könnte, insbesondere nur die Zahlung eines nur
symbolischen Kaufpreises erforderte. Vielmehr liegt der Kaufpreis nach 10 Jahren bei
rund ... DM, nach 30 Jahren immerhin noch bei ... DM, muss aber nach § 3 des
Ankaufsrechtsvertrages mindestens dem steuerlichen Restbuchwert, das heißt
mindestens, sofern die aufstehenden Gebäude nach 30 Jahren abgeschrieben sein
sollten, dem Anschaffungswert für den Grund und Boden von rund ... Mio. DM
entsprechen. Trotz einer nicht unbeachtlichen Zahlungsbelastung von nominal rund ...
DM in den ersten 10 Jahren und weiteren ... DM in den nächsten 20 Jahren kann die
Klägerin somit eine Eigentümerposition hinsichtlich des Grundstückes erst erlangen,
wenn sie zu den laufenden Leasingraten über 10 bzw. 30 Jahre mit einem von der KG
für Zwecke ihrer Amortisationsüberlegungen berechneten Barwert von ... % bzw. ... %
der Gesamtinvestitionskosten von rund ... DM zusätzlich rund ... % bzw. rund ... % der
Gesamtinvestitionskosten der KG aufbringt. Der Abschluss des LV einerseits und des
Ankaufsrechtsvertrages andererseits haben somit der Klägerin keine Position verschafft,
die ihr nach 10 bzw. 30 Jahren eine Teilhabe an der Grundstückssubstanz der Gestalt
vermitteln sollte, dass unter Hinweis auf die bereits erbrachten Leasingratenzahlungen
der Akt der Vollrechtsübertragung nur noch Symbolcharakter haben sollte. Die Position
der Klägerin ist vielmehr auch insoweit der eines Mieters/Pächters vergleichbar, dem
nach jahrelanger Nutzung die Möglichkeit zum Erwerb des Miet-/Pachtgegenstandes
eingeräumt wird, ohne dass der Vermieter/Verpächter Anlass hat, die bereits erfolgten
Miet-/Pachtzahlungen auf den Preis für den Erwerb ganz oder überwiegend
anzurechnen. Die Klägerin wird nach 10 bzw. 30 Jahren Laufzeit des LV vor die Wahl
gestellt, den im Ankaufsrechtsvertrag vereinbarten Kaufpreis zu zahlen, oder aber das
Leasingvertragsverhältnis zu verlängern (nach 10 Jahren) bzw. auslaufen zu lassen
(nach 30 Jahren), wobei in letztgenanntem Falle nach § 12 Nr. 5 des LV -wie beim Miet-
/Pachtverhältnis- der Leasinggegenstand in bezugsfertigem Zustand zurückzugeben ist.
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Der Verneinung einer Verwertungsbefugnis der Klägerin steht nicht die Tatsache
entgegen, dass diese neben den Leasingraten nicht unerhebliche sogenannte
Mietkosten im Sinne des § 4 LV, insbesondere die der KG aus dem LV möglicherweise
entstehenden (Mehr-) Belastungen im Sinne des § 4 Nr. 4 LV zu zahlen, im Übrigen
nach § 4 Nr.1 i.V.m. § 9 LV mögliche Risiken der KG durch umfassende Versicherungen
abzudecken verpflichtet ist. Dasselbe gilt, soweit in § 5 LV die Klägerin bei
Mangelhaftigkeit oder Unbenutzbarkeit des Leasinggegenstandes in Bezug auf ihre
Rechte, Zahlungen zu mindern, zurückzubehalten oder aufzurechnen, eingeschränkt ist.
Wenngleich sich diese Regelungen mit Sicherheit von den Mietkostenvereinbarungen
bzw. Vereinbarungen für den Fall der Mangelhaftigkeit des Miet- oder
Pachtgegenstandes in üblichen Miet- oder Pachtverträgen erheblich unterscheiden, so
reichen diese, im wesentlichen auf Zahlungsbelastungen der Klägerin beschränkte,
62
nicht mit Substanzteilhaberechten verbundenen, Vereinbarungen alleine im Verhältnis
zu den zuvor dargestellten schwerwiegenden Kriterien, die gegen eine
Verwertungsbefugnis sprechen, nicht aus, diese bei Gesamtbewertung der Umstände
zu bejahen.
Im Ergebnis ist daher das Vorliegen einer Verwertungsbefugnis im Sinne des § 1 Abs.2
GrEStG zu verneinen, so dass der Klage stattzugeben war.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO).
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Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 151 FGO in
Verbindung mit §§ 708 Nr. 10, 711 der Zivilprozeßordnung.
65
Die Revision war nicht zuzulassen, da die hierfür erforderlichen Voraussetzungen
gemäß § 115 Abs. 2 FGO nicht erfüllt sind. Der erkennende Senat weicht nicht von der
Rechtsprechung des BFH ab, im Übrigen beruht die Entscheidung auf der Beurteilung
von einzelfallbezogenen Verträgen, hat also keine grundsätzliche Bedeutung.
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