Urteil des FG Köln vom 19.07.2005

FG Köln: berechnung der steuer, erwerb, zuwendung unter lebenden, zusammenrechnung, erbschaft, steuerfestsetzung, schenkung, mehrbelastung, erlöschen, abgabe

Finanzgericht Köln, 9 K 1884/05
Datum:
19.07.2005
Gericht:
Finanzgericht Köln
Spruchkörper:
9. Senat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
9 K 1884/05
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.
Die Revision wird zugelassen.
T A T B E S T A N D :
1
Streitig ist, ob und in welcher Weise nach dem Gesetz über die strafbefreiende
Erklärung vom 23. Dezember 2003 (BGBl. I S. 2928 - StraBEG - ) erklärte
Vorschenkungen aus dem Jahr 2001 bei der Erbschaftsteuerveranlagung der Klägerin
zu berücksichtigen sind.
2
Die Klägerin ist Alleinerbein ihrer am 00.00.0000 verstorbenen Mutter W.T.. In ihrer am
00.00.0000 eingereichten Erbschaftsteuererklärung verwies die Klägerin hinsichtlich der
Frage nach etwaigen Vorschenkungen auf deren Deklarierung durch Abgabe einer
strafbefreienden Erklärung nach dem StraBEG. Ausweislich ihrer hierzu am 00.00.0000
nach amtlichem Vordruck eingereichten Anzeige hatte die Klägerin in 2001 von ihrer
Mutter - der Erblasserin - einen Geldbetrag i.H. von ....,- DM sowie einen gebrauchten
Pkw aus dem Nachlass ihres vorverstorbenen Vaters im Schätzwert von ...,- DM
unentgeltlich erhalten, für deren Erwerb sie ausgehend von zu Unrecht nicht
besteuerten Einnahmen i.S. des § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 StraBEG von ...,- Euro eine zu
entrichtende Abgabe i.H. von ...,- Euro errechnet und innerhalb der gesetzlich
vorgesehenen Frist bezahlt hatte. Wegen der Einzelheiten der Berechnung wird auf die
Ausführungen zum "Lebenssachverhalt" in der Anlage zur strafbefreienden Erklärung
vom 00.00.0000 Bezug genommen.
3
Mit Bescheid vom 00.00.0000 setzte der Beklagte wegen des Erwerbs der Klägerin von
Todes wegen nach ihrer verstorbenen Mutter unter dem Vorbehalt der Nachprüfung (§
164 Abs. 1 AO) Erbschaftsteuer i.H. von ...,- Euro gegen die Klägerin fest. Diese
ermittelte er unter Einbeziehung der strafbefreiend erklärten Vorschenkung(-en) aus
dem Jahre 2001 wie folgt:
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Erwerb durch Erbanfall (§ 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG) ...,- Euro
5
abzgl. Steuerbefreiung nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG 15.000,- Euro
6
zzgl. Vorerwerbe ...,- Euro
7
abzgl. Freibetrag nach Steuerklasse I 205.000,- Euro
8
= steuerpflichtiger Erwerb (abgerundet) ...,- Euro
9
x 19 v.H. ...,- Euro
10
abzgl. anrechenbare fiktive Steuer auf Vorerwerb ...,- Euro
11
= festgesetzte ErbSt ...,- Euro
12
Den hiergegen gerichteten Einspruch der Klägerin wies der Beklagte mit
Rechtsbehelfsentscheidung vom 00.00.0000, auf deren Inhalt Bezug genommen wird,
unter Beibehaltung des Nachprüfungsvorbehalts als unbegründet zurück.
13
Mit der vorliegenden Klage rügt die Klägerin, der Beklagte habe die strafbefreiend
nacherklärten Vorschenkungen aus dem Jahre 2001 zu Unrecht nach § 14 ErbStG in
die Erbschaftsteuerfestsetzung einbezogen. Zur Begründung trägt ihr
Prozessbevollmächtigter im Wesentlichen vor:
14
Die Entrichtung des nach § 1 StraBEG zu zahlenden Betrags habe gemäß § 8 StraBEG
das Erlöschen der nach dem 31. Dezember 1992 und vor dem 1. Januar 2003
entstandenen Erbschaft- und Schenkungsteueransprüche zur Folge. Diese
Abgeltungswirkung werde trotz Anrechnung der fiktiven Steuer unterlaufen und de facto
eine Nachversteuerung der Vorerwerbe durchgeführt, wenn - wie im Streitfall - während
des genannten Zeitraums ausgeführte Schenkungen als Vorerwerbe über § 14 ErbStG
in die Steuerfestsetzung für den Nacherwerb einbezogen würden. Vorliegend ergebe
sich aus der Einbeziehung der strafbefreiend nacherklärten Zuwendungen des Jahres
2001 eine steuerliche Mehrbelastung der Klägerin von insgesamt ...,- Euro gegenüber
der Vergleichsberechnung ohne Berücksichtigung der Vorerwerbe, die zu einer
Gesamtsteuerlast von nur ...,- Euro führe.
15
Die Finanzverwaltung vertrete im Merkblatt zur Anwendung des Gesetzes über die
strafbefreiende Erklärung vom 3. Februar 2004 (BStBl. I 2004, 225) unter Tz. 3.6 die
Auffassung, § 14 ErbStG sei mit der Maßgabe anzuwenden, dass eine
früheren
innerhalb von zehn Jahren von derselben Person angefallenen Erwerben nicht erfolge.
Durch diese Handhabe komme es anders als im vorliegenden - zeitlich umgekehrten -
Fall definitiv zu einer Steuerersparnis. Diese Differenzierung sei nicht nachvollziehbar.
Wenn schon eine Zusammenrechnung wegen der Erlöschenswirkung nach § 8
spätere
strafbefreiend erklärten Schenkungen nachfolgende Erwerbe gelten. Aus dem StraBEG
selbst lasse sich jedenfalls die Anwendung des § 14 ErbStG auf Fälle der vorliegenden
Art nicht entnehmen.
16
Entgegen der Ansicht des Beklagten finde die Verwaltungsauffassung auch in § 13
StraBEG keine Stütze. Das dort normierte - eingeschränkte - Verwertungsverbot sei nur
dahin zu verstehen, dass die in der strafbefreienden Erklärung dargelegten
17
Lebenssachverhalte nicht ignoriert würden, sondern die Möglichkeit bestehe, z.B.
Kapitalerträge aus bisher nicht deklarierten Einkunftsquellen künftig steuerlich zu
erfassen. Für bereits durch die befreiende Erklärung besteuerte Sachverhalte könne §
13 Abs. 1 StraBEG wegen der Erlöschenswirkung der §§ 8,9 StraBEG nicht einschlägig
sein.
Die Klägerin beantragt,
18
unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung den angefochtenen
Erbschaftsteuerbescheid in der Weise zu ändern, dass die in 2001
vollzogenen Vorschenkungen nicht in die Besteuerung des Erbfalls
einbezogen werden,
19
hilfsweise
20
die Revision zuzulassen.
21
Der Beklagte beantragt,
22
die Klage abzuweisen,
23
hilfsweise
24
Zulassung der Revision.
25
Zur Begründung nimmt er Bezug auf seine Ausführungen in der
Einspruchsentscheidung vom 00.00.0000.
26
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der
Prozessakte sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten verwiesen.
27
E N T S C H E I D U N G S G R Ü N D E:
28
Die Klage ist unbegründet.
29
Der angefochtene Erbschaftsteuerbescheid vom 00.00.0000 und die ihn bestätigende
Einspruchsentscheidung vom 00.00.0000 sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin
nicht in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO). Insbesondere hat der Beklagte die
strafbefreiend nacherklärte(-n) Schenkung(-en) aus dem Jahre 2001 zu Recht nach § 14
Abs. 1 Satz 1 ErbStG als Vorerwerb(-e) in die Ermittlung des Gesamterwerbswerts
einbezogen und bei Berechnung der Steuer für den Erwerb der Klägerin von Todes
wegen die fiktive Schenkungsteuer als Abzugsbetrag berücksichtigt (§ 14 Abs. 1 Satz 2
ErbStG).
30
Nach § 14 Abs. 1 Satz 1 ErbStG werden mehrere innerhalb von zehn Jahren von
derselben Person anfallende Vermögensvorteile in der Weise zusammengerechnet,
dass dem letzten Erwerb die früheren Erwerbe nach ihrem früheren Wert zugerechnet
werden. Von der Steuer für den Gesamtbetrag wird die Steuer abgezogen, die für die
früheren Erwerbe nach den persönlichen Verhältnissen des Erwerbers und auf der
Grundlage der geltenden Vorschriften zur Zeit des letzten Erwerbs zu erheben gewesen
wäre (§ 14 Abs. 1 Satz 2 ErbStG).
31
Die Tatbestandsvoraussetzungen dieser Vorschrift sind im Streitfall erfüllt. Die Klägerin
hat innerhalb eines Zeitraums von nur zwei Jahren mehrere Vermögensvorteile von
derselben Person - ihrer Mutter - erhalten, nämlich in 2001 im Wege der unentgeltlichen
Zuwendung unter Lebenden (§ 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG) einen Geldbetrag i.H. von ...,- DM
und einen gebrauchten Pkw im Schätzwert von ...,- DM sowie mit dem Tod ihrer Mutter
(Erblasserin) am 00.00.0000 Nachlassvermögen im Wert von ...,- Euro aufgrund des
Erwerbs durch Erbanfall (§ 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG i.V.m. § 1922 BGB). Ob es sich bei
den im Jahre 2001 vollzogenen Vermögensübertragungen, deren genauer
Ausführungszeitpunkt in der strafbefreienden Erklärung vom 00.00.0000 nicht
angegeben ist, um einen einheitlichen Erwerb mehrerer Zuwendungsobjekte oder um
zwei voneinander getrennte - rechtlich jeweils selbständig zu beurteilende - Erwerbe (=
Vorgänge, Steuerfälle) i.S. des § 14 ErbStG handelt, bedarf keiner Entscheidung, da die
Schenkungsteuer entsprechend dem Sinn und Zweck des § 14 ErbStG in beiden Fällen
identisch ist.
32
Die aus dem Vorliegen der Anwendungsvoraussetzungen des § 14 Abs. 1 Satz 1
ErbStG resultierende - mit der Klage gerügte - Rechtsfolge, dass der Erwerbswert der
strafbefreiend nacherklärten Schenkung(-en) aus dem Jahre 2001 mit dem Wert des in
... angefallenen Erbschaftserwerbs der Klägerin zu einem Gesamterwerbswert
zusammenzurechnen ist, wird durch die Vorschriften des Gesetzes über die
strafbefreiende Erklärung (Strafbefreiungserklärungsgesetz - StraBEG - vom 23.
Dezember 2003, BGBl. I S. 2928) nicht berührt. Insbesondere steht ihr die
Abgeltungswirkung (§§ 8, 9 StraBEG) des nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 5 StraBEG
zu entrichtenden, als Einkommensteuer geltenden (§ 10 StraBEG) Betrags nicht
entgegen.
33
Soweit § 8 Abs. 1 Satz 1 StraBEG bestimmt, dass mit dessen fristgerechter Zahlung
nach dem 31. Dezember 1992 und vor dem 1. Januar 2003 entstandene Erbschaft- und
Schenkungsteueransprüche erlöschen, betrifft diese Regelung erkennbar nur die
Schenkungsteuerforderung(-en) des Beklagten, die mit Ausführung (§ 9 Abs. 1 Nr. 2
ErbStG) des/der nachdeklarierten (Vor-)Erwerbs/-e in 2001 und mithin innerhalb des am
31. Dezember 2002 endenden Amnestiezeitraums begründet worden ist/sind. Der
weitergehenden Annahme der Klägerin, die Abgeltungswirkung des nach § 1 Abs. 1
Satz 1 Nr. 2 StraBEG zu entrichtenden Betrags sperre auch die Anwendung des § 14
ErbStG bei der Steuerfestsetzung für spätere - nach dem 31. Dezember 2002
stattfindende - Erwerbe, vermag sich der erkennende Senat nicht anzuschließen.
34
§ 14 ErbStG ist eine Tarifvorschrift, mit deren Hilfe verhindert werden soll, dass durch
die Aufteilung einer beabsichtigten Zuwendung in mehrere zeitlich aufeinander folgende
Teilübertragungen durch Mehrfachgewährung der persönlichen Freibeträge und durch
Vermeidung der Steuerprogression Steuervorteile erlangt werden. Die von der
Bestimmung angeordnete Zusammenrechnung gewährleistet, dass die Freibeträge
innerhalb des zehnjährigen Zusammenrechnungszeitraums nur einmal zur Anwendung
gelangen und sich für mehrere Erwerbe gegenüber einer einheitlichen Zuwendung in
gleicher Höhe kein Progressionsvorteil ergibt (vgl. BTDrucks. VI/3418, 69 zu § 14, BFH-
Urteile vom 30. März 1977 II R 68/76, BStBl. II 1977, 664, und vom 30. Januar 2002 II R
78/99, BStBl. II 2002, 316, m.w.N., Meincke, Erbschaft- und Schenkungsteuergesetz,
Kommentar, 14. Auflage, § 14 Rz. 2, und Kapp / Ebeling, Erbschaftsteuer- und
Schenkungsteuergesetz, Kommentar, § 14 Rz. 1.2, m.w.N.). Um dieses Regelungsziel
zu erreichen, werden mehrere innerhalb von zehn Jahren von derselben Person
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anfallende Vermögensvorteile in der Weise zusammengerechnet, dass dem letzten
Erwerb die früheren Erwerbe nach ihrem früheren Wert zugerechnet und von der Steuer
für den Gesamterwerb die Steuer abgezogen wird, die für die früheren Erwerbe zur Zeit
des letzten Erwerbs zu erheben gewesen wäre. Die Vorschrift ändert jedoch nichts
daran, dass die einzelnen Erwerbe als selbständige steuerpflichtige Vorgänge jeweils
für sich der mit Verwirklichung des gesetzlichen Tatbestands (§§ 3, 7, 9 ErbStG i.V.m. §
38 AO) entstehenden Steuer unterliegen (BFH-Urteile vom 17. April 1991 II R 121/88,
BStBl. II 1991, 522, und vom 7. Oktober 1998 II R 64/96, BStBl. II 1999, 25, jeweils
m.w.N., und BFH in BStBl. II 2002, 316, sowie Meincke, a.a.O., § 14 Rz. 3 und 9). Weder
werden die früheren Steuerfestsetzungen mit der Steuerfestsetzung für den letzten
Erwerb zusammengefasst noch werden die einzelnen Erwerbe innerhalb eines
Zehnjahreszeitraums zu einem einheitlichen Erwerb verbunden. Die Vorschrift trifft
lediglich eine besondere Anordnung für die Berechnung der Steuer, die für den letzten
Erwerb innerhalb des Zehnjahreszeitraums - hier den Erbschaftserwerb der Klägerin
vom 21. Mai 2003 - festzusetzen ist (BFH in BStBl. II 1999, 25, und in BStBl. II 2002,
316). Die rechnerische Erhöhung der Steuer auf die Vorerwerbe ist somit lediglich Teil
der Steuer auf den letzten Erwerb, um dessen Besteuerung allein es geht (BFH-Urteil
vom 31. Mai 1989 II R 110/87, BStBl. II 1989, 733, und Kapp / Ebeling, a.a.O., § 14 Rz.
9).
Soweit die Klägerin der Einbeziehung des/der strafbefreiend nacherklärten Vorerwerbs/-
e im Rahmen des § 14 ErbStG entgegenhält, infolge der dadurch - trotz Anrechnung der
fiktiven Schenkungsteuer - entstehenden steuerlichen Mehrbelastung von immerhin ...,-
Euro werde de facto eine die Abgeltungswirkung unterlaufende Nachversteuerung der
Vorerwerbe durchgeführt, überschätzt sie den Umfang der sachlichen
Abgeltungswirkung, die sich - wie oben dargelegt - nur auf diejenigen Steueransprüche
bezieht, die durch Verwirklichung der strafbefreiend nacherklärten Erwerbstatbestände
begründet worden sind. Denn nur diese - in den Amnestiezeitraum fallenden - Erwerbe
sind Regelungsgegenstand des StraBEG. Zwar trifft es zu, dass infolge der
Zusammenrechnung des Vorerwerbs mit dem Nacherwerb dieser höher besteuert wird,
als es ohne Berücksichtigung des Vorerwerbs der Fall wäre (vgl. hierzu Meincke, a.a.O.,
§ 14 Rz. 3 a.E.). Dieser Effekt ist jedoch im Hinblick auf den vorab dargestellten
Normzweck des § 14 ErbStG, der auch im Geltungsbereich des StraBEG zu beachten
ist, gewollt. Wertungswidersprüche zwischen § 14 ErbStG und § 8 Abs. 1 i.V.m. § 1 Abs.
1 Satz 1 Nr. 2 StraBEG sieht der erkennende Senat nicht. Das dem StraBEG zugrunde
liegende Ziel, bisher Steuerunehrlichen einen Anreiz zur freiwilligen Rückkehr in die
Legalität zu bieten, erfordert keine über den gesetzlich geregelten Umfang
hinausgehende Privilegierung steuerunehrlicher Personen gegenüber gesetzestreuen
Steuerpflichtigen. Es besteht daher trotz des jeder Amnestie innewohnenden
Gedankens, Umkehrwilligen den Schritt in die Steuerehrlichkeit zu erleichtern, und der
damit notwendig verbundenen - verfassungsrechtlich hinzunehmenden (BVerfG-
Beschluss vom 27. Juni 1991 2 BvL 3/89, DStR 1991, 975) - steuerlichen
Ungleichbehandlung kein Anlass, diese über den Regelungsbereich des StraBEG
hinaus noch dadurch zu verschärfen, dass der Steuerunehrliche, der für den
nacherklärten Erwerb ohnehin schon einen die reguläre Steuer deutlich
unterschreitenden Abgeltungsbetrag zu entrichten hat, bei nachfolgenden Erwerben
zusätzlich in den Genuss des Progressionsvorteils kommt, der dem Steuerehrlichen
durch den Regelungsmechanismus des § 14 ErbStG vorenthalten bleibt.
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Soweit die Klägerin unter Hinweis auf Tz. 3.6 des Merkblatts zur Anwendung des
StraBEG (BMF-Schreiben vom 3. Februar 2004 - IV A 4 - S 1928 – 18/04 -), an dessen
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Regelungen die Gerichte ohnehin nicht gebunden sind, die Auffassung vertritt, der dort
frühere
mit dem strafbefreiend nacherklärten Erwerb müsse konsequenterweise auch für den
zeitlich umgekehrten Fall gelten, dass zu Unrecht nicht besteuerte Erwerbe dem regulär
versteuerten Erwerb vorangingen, der strafbefreiend nacherklärte Erwerb also der
spätere
Die Tarifvorschrift des § 14 ErbStG enthält - wie bereits dargelegt - eine besondere
letzten
Zehnjahreszeitraums festzusetzen ist (BFH in BStBl. II 1999, 25 und in BStBl. II 2002,
316). Die rechnerische Erhöhung der Steuer auf die Vorerwerbe ist somit lediglich Teil
letzten
"späteren"
hier erst nach Ablauf des Amnestiezeitraums entstanden, finden die privilegierenden
Regelungen des StraBEG keine Anwendung. Dies ergibt sich auch aus § 13 Abs. 1
StraBEG. Nach dieser Vorschrift, die dem Schutz des Erklärenden und anderer
Betroffener vor negativen Konsequenzen dient (vgl. Tz. 14.1. des Merkblatts zur
Anwendung des StraBEG), darf der Inhalt einer strafbefreienden Erklärung (geschützte
Daten) vorbehaltlich der in Abs. 2 normierten - hier nicht einschlägigen - Regelung ohne
Einwilligung des Betroffenen nur zur Durchführung des StraBEG sowie für Verfahren i.S.
des § 30 Abs. 2 Nr. 1 a und b AO, die sich auf Besteuerungszeiträume und –zeitpunkte
nach 2002 beziehen, verwendet werden. Die Verwendungsbeschränkung gilt danach
nicht ad infinitum, sondern nur bis zum Ablauf des am 31. Dezember 2002 endenden
Amnestiezeitraums. Da die Steuer für den Erwerb der Klägerin von Todes wegen (§ 3
Abs. 1 Nr. 1 ErbStG i.V.m. § 1922 BGB) gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG erst mit dem
Erbfall - am 00.00.0000 - und mithin nach Ablauf des Jahres 2002 entstanden ist,
unterlagen die Angaben der Klägerin in ihrer strafbefreienden Erklärung vom
00.00.0000 der uneingeschränkten Verwertung in dem streitbefangenen
Erbschaftsteuerfestsetzungsverfahren.
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Der angefochtene Erbschaftsteuerbescheid ist abgesehen davon, dass der Senat zu
einer verbösernden Entscheidung nicht befugt ist (§ 96 Abs. 1 Satz 2 FGO), auch
insoweit rechtlich nicht zu beanstanden, als der Beklagte bei der Zusammenrechnung
mit dem/den Vorerwerb(-en) die hierauf entfallende fiktive Schenkungsteuer i.H. von ...,-
Euro als Abzugsbetrag berücksichtigt hat.
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Die nach § 1 Abs. 5 StraBEG tatsächlich gezahlte Steuer von (nur) ...,- Euro kann schon
deswegen nicht in Anrechnung gebracht werden, weil diese nicht - wie § 14 Abs. 1 Satz
3 ErbStG voraussetzt - höher als die fiktive Steuer nach § 14 Abs. 1 Satz 2 ErbStG ist.
Außerdem handelt es sich bei der Steuer "für den früheren Erwerb" im Falle einer
Anzeige nach dem StraBEG nicht um Schenkungsteuer, sondern um eine Steuer, die
nach §10 Abs. 1 StraBEG als Einkommensteuer gilt (vgl. hierzu auch Heidemann, ZEV
2004, 186, 189 f).
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Da sonstige Einwände gegen die angefochtene Erbschaftsteuerfestsetzung nicht
vorgetragen und Anhaltspunkte für etwaige Fehler nach Lage der Akten nicht ersichtlich
sind, ist die Klage mit der Kostenfolge des § 135 Abs. 1 FGO abzuweisen.
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Der Senat hat die Revision gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO wegen grundsätzlicher
Bedeutung der Rechtsfrage zugelassen, ob und in welcher Weise nach dem StraBEG
angezeigte Vorerwerbe bei der Erbschaft- oder Schenkungsteuerfestsetzung für
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nachfolgende, nicht in den Amnestiezeitraum fallende Erwerbe im Rahmen des § 14
ErbStG zu berücksichtigen sind.