Urteil des FG Köln vom 24.06.2009
FG Köln: quellensteuer, ausländische steuer, brasilien, einkünfte, anleihe, inhaber, kapitalvermögen, schuldverschreibung, fälligkeit, einspruch
Finanzgericht Köln, 4 K 4802/06
Datum:
24.06.2009
Gericht:
Finanzgericht Köln
Spruchkörper:
4. Senat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
4 K 4802/06
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
1
Streitig ist die Anrechnung fiktiver Quellensteuer auf Stückzinsen.
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Der Kläger ist von Beruf selbständiger Rechtsanwalt. In der Anlage KSO zur
Einkommensteuererklärung 2000 erklärten der Kläger und die mit ihm
zusammenveranlagte Ehefrau Einnahmen des Ehemannes aus Kapitalvermögen i. H. v.
307.669,00 DM. In diesen Einnahmen waren ausländische Kapitalerträge aus einem bei
der Bank T unterhaltenen Wertpapierdepot i. H. v. 259.329,05 DM enthalten. In der
Anlage AUS zur Einkommensteuererklärung 2000 erklärte der Kläger hierzu die
folgenden steuerpflichtigen ausländischen Einkünfte aus Kapitalvermögen:
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Argentinien Brasilien Türkei
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DM DM DM
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Kapitalvermögen
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Einnahmen 94.630 81.534 37.161
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Werbungskosten 0 0 0
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Anzurechnende ausländische Steuer 14.194 16.307 3.716
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Die erklärte anzurechnende ausländische Steuer betrug danach insgesamt 34.217,00
DM.
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Das Finanzamt (FA) erließ den Einkommensteuerbescheid 2000 vom 27.05.2002 mit
dem es zunächst keinerlei ausländische Steuer anrechnete. Dieser Bescheid wurde
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durch Bescheide vom 11.07.2002, 28.03.2003, 29.07.2003, 31.03.2005, 01.06.2005 und
19.07.2005 geändert. Sämtliche Bescheide ergingen unter dem Vorbehalt der
Nachprüfung. Bereits in dem Bescheid vom 11.07.2002 hatte das FA ausländische
Steuer i. H. v. 33.065,00 DM angerechnet. Die Höhe dieser Anrechnung änderte sich in
den nachfolgenden Bescheiden nicht.
Die Differenz zwischen der erklärten und der veranlagten Anrechnung ausländischer
Steuer beruhte darauf, dass das FA für die Einnahmen aus Brasilien lediglich eine
Steueranrechnung von 20 % auf 75.775,00 DM i. H. v. 15.155,00 DM gewährt hatte. Bei
dem Differenzbetrag von 81.534,00 DM (laut Erklärung) und dem Betrag von 75.775,00
DM (laut Veranlagung) handelte es sich um vereinnahmte Stückzinsen i. H. v. 5.759,00
DM. Erstmals mit einem Einspruch vom 04.05.2005, der sich gegen den
Änderungsbescheid vom 31.03.2005 richtete, machte der Kläger geltend, es sei für ihn
nicht nachvollziehbar, warum die abzugsfähige ausländische Steuer um 1.152,00 DM
gekürzt worden sei. Der Steuerabzug für ausländische Einkünfte betrage 34.217,00 DM
und nicht wie vom FA angesetzt 33.065,00 DM.
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Am 12.05.2005 rief der Kläger den Sachbearbeiter des Beklagten an. Ausweislich eines
Aktenvermerks des Sachbearbeiters des Beklagten teilte der Kläger mit, die
ausländische Quellensteuer, die auf die brasilianischen Einnahmen entfalle, sei nicht in
vollem Umfang abgezogen worden. Ein Betrag von 1.152,00 DM sei unberücksichtigt
geblieben. Der Grund hierfür liege darin, dass Quellensteuer i. H. dieses Betrages nicht
(z. B. durch die Erträgnisaufstellung der Bank) nachgewiesen worden sei. Die Bank sei
auch nicht bereit gewesen, eine solche (fiktive) Quellensteuer zu bescheinigen. Denn
bei den Zinsen, auf die diese Quellensteuer entfallen sei, handele es sich um
Stückzinsen, die beim Verkauf der Anleihen durch den Kläger vereinnahmt worden
seien. Der Kläger vertrat in dem Telefonat die Auffassung, es könne steuerlich keinen
Unterschied machen, ob jemand Zinserträge aus der Einlösung eines Coupons oder
aus der Vereinnahmung von anteiligen Stückzinsen (bei Verkauf) erziele. Fiktive
Quellensteuer stehe auch dem Verkäufer, nicht nur dem Einlöser des Coupons zu.
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Das FA wies den Einspruch als unbegründet zurück. In der abweisenden
Einspruchsentscheidung führte das FA u. a. aus, nach § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 EStG
gehörten zu den Einkünften aus Kapitalvermögen auch Einnahmen aus der
Veräußerung von Zinsscheinen und Zinsforderungen, wenn die dazugehörigen
Schuldverschreibungen mitveräußert würden und dass Entgelt für die auf den Zeitraum
bis zur Veräußerung der Schuldverschreibung entfallenden Zinsen des laufenden
Zahlungszeitraums (Stückzinsen) besonders in Rechnung gestellt sei.
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Der Kläger habe im Laufe des Jahres 2000 ausländische – hier brasilianische –
Anleihen veräußert und damit Einnahmen einschließlich Stückzinsen erzielt, worauf
fiktive ausländische Quellensteuer i. H. v. 1.152,00 DM entfallen sei. Diese fiktive
Quellensteuer sei jedoch seitens der Bank T nicht ausgewiesen worden, da die
Anleihen vor dem Fälligkeitszeitpunkt veräußert worden seien. Erst bei Einlösung des
Zinscoupons am Fälligkeitstermin könne dem Einlöser (Inhaber) der gesamte Zinsertrag
sowie die darauf entfallende Quellensteuer bescheinigt werden. Nach dem BMF-
Schreiben vom 08.10.1996, IV C 6-S1301-41/96, BStBl I 1996, 1190 könne bei
mehrfacher Veräußerung innerhalb eines Besteuerungszeitraumes nur derjenige die
Anrechnung fiktiver Quellensteuer geltend machen, der zur Zeit der Zinsfälligkeit
Inhaber der Schuldverschreibung sei. Nach diesen eindeutigen Regelungen, an die das
FA gebunden sei, komme eine Anrechnung der in Rede stehenden 1.152,00 DM nicht in
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Betracht.
Hiergegen richtet sich die vorliegende Klage. Der Kläger vertritt die Ansicht, bei
Versteuerung von Stückzinsen, die bei der Veräußerung brasilianischer Anleihen
anfielen, sei entgegen der Auffassung des Beklagten die fiktive brasilianische
Quellensteuer anzurechnen. Zu Unrecht berufe sich der Beklagte auf das BMF-
Schreiben vom 8.10.1996, IV C 6 – S 1301 – 41/96, BStBl I 1996, 1190. Die dort
geäußerte Ansicht, dass dem Steuerpflichtigen kein fiktives Anrechnungsvolumen
zustehe, weil die Zahlung vor dem Zinsfälligkeitszeitpunkt und durch einen Dritten
erfolgt sei, sei unzutreffend. Wirtschaftlich erhalte er die Zinsen, weil er Inhaber einer
ausländischen Anleihe sei. Auch der Erlass regele, dass es sich bei den gezahlten
Stückzinsen wirtschaftlich um ausländische Einkünfte handele.
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Die Unrichtigkeit der Auffassung des FA ergebe sich auch daraus, dass dadurch dem
Erwerber häufig ebenfalls keine oder nur eine geringe fiktive Quellensteuer zustehe.
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Auch in der Literatur werde überwiegend die Auffassung vertreten, dass demjenigen,
der die Stückzinsen erhalte, auch die fiktive Quellensteuer zu gewähren sei. Wegen der
von dem Kläger genannten Literaturstellen wird auf die Klageschrift vom 11.12.2006
Bezug genommen.
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Die fiktive Quellensteuer sei deshalb zu gewähren, weil das
Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) selbst die Steueranrechnung dem Grunde und
der Methode nach in Art. 24 DBA Brasilien regele. Da Grund und Methode im DBA
selbst geregelt seien, könne auf die Anrechnungsmethode nach § 34 c Abs. 6 EStG i. V.
m. § 34 c Abs. 1 EStG nicht zurückgegriffen werden. Dies ergebe sich aus § 2 der AO,
wonach völkerrechtliche Verträge den deutschen Gesetzen vorgingen. Aus diesem
Grund greife auch das Verbot der Abzugsmethode nicht.
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Es träfe auch nicht zu, dass auf Stückzinsen keine Quellensteuer erhoben werde. Denn
aus § 43 Abs. 1 Nr. 8 EStG ergebe sich, dass Stückzinsen dem
Kapitalertragsteuerabzug unterlägen.
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Der Kläger beantragt sinngemäß,
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den Beklagten zu verurteilen, die Einkommensteuerschuld gemäß dem
Einkommensteueränderungsbescheid vom 19.07.2005 in der Gestalt der
Einspruchsentscheidung vom 16.11.2006 um 1.152,00 DM sog. fiktive
Quellensteuer zu reduzieren; hilfsweise, die Revision wegen grundsätzlicher
Bedeutung zuzulassen.
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Der Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Der Beklagte vertritt die Ansicht, die Anrechnung fiktiver Quellensteuer i. H. v. 1.152,00
DM auf brasilianische Stückzinsen könne nicht gewährt werden. Gleiches gelte auch für
die alternativ begehrte Anwendung der Abzugsmethode.
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Eine Anrechnung von fiktiver Quellensteuer erfolge nur bei dem Steuerpflichtigen, der
im Zeitpunkt der Fälligkeit Gläubiger der Zinsen gewesen sei (vgl. BMF-Schreiben vom
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8.10.1996, IV C 6 – S 1301 – 41/96, BStBl I 1996, 1190). Dies ergebe sich aus der
Überlegung, dass die fiktive Anrechnung nur ein Ersatz für eine tatsächlich erhobene
ausländische Quellensteuer sei. Die fiktive Steueranrechnung solle – wie die
Anrechnung einer tatsächlich erhobenen Quellensteuer – nur demjenigen zustehen, der
zum Zeitpunkt der Zahlung der Zinsen durch den Schuldner der Forderung Eigentümer
des Wertpapiers sei. Da auf Stückzinsen keine Quellensteuer erhoben werde, sei die
Anrechnung fiktiver Quellensteuer auf Stückzinsen ebenfalls ausgeschlossen. Auch ein
Abzug fiktiver Quellensteuer bei der Ermittlung der Einkünfte des Klägers sei nicht
möglich (§ 34 c Abs. 6 Satz 2, 2. Halbsatz EStG).
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
27
Die Klage ist unbegründet. Der Kläger kann für die ihm zugeflossenen Stückzinsen
keine Anrechung fiktiver brasilianischer Quellensteuer auf seine Einkommensteuer
verlangen. Es steht ihm auch kein Abzug dieser Steuer bei der Ermittlung seiner
Einkünfte zu.
28
1.
29
a)
auch Einnahmen aus der Veräußerung von Zinsscheinen und Zinsforderungen, wenn
die dazugehörigen Schuldverschreibungen mitveräußert werden und das Entgelt für die
auf den Zeitraum bis zur Veräußerung der Schuldverschreibung entfallenden Zinsen
des laufenden Zinszahlungszeitraums (Stückzinsen) besonders in Rechnung gestellt ist.
30
Der Kläger erhielt im Streitjahr Stückzinsen i. H. v. 5.759,00 DM aus der Veräußerung
brasilianischer Anleihen, denn in dieser Höhe entfiel das besonders in Rechnung
gestellte Entgelt auf die auf den Zeitraum bis zur Veräußerung der Schuldverschreibung
entfallenden Zinsen.
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2.
32
a)
Brasilien stammende Einkünfte (Einnahmen).
33
aa)
und der Föderativen Republik Brasilien zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf
dem Gebiet vom Einkommen und vom Vermögen (DBA Brasilien) bestimmt, dass soweit
nicht Art. 24 Abs. 1 DBA Brasilien anzuwenden ist, auf die von den aus Brasilien
stammenden Einkünften zu erhebende deutsche Einkommensteuer und
Körperschaftsteuer einschließlich der Ergänzungsabgabe zur Einkommensteuer und
Körperschaftsteuer die brasilianische Steuer angerechnet wird, die nach
brasilianischem Recht und in Übereinstimmung mit diesem Abkommen gezahlt worden
ist. Der anzurechnende Betrag darf jedoch nicht den Teil der vor der Anrechnung
ermittelten deutschen Steuer übersteigen, der auf diese Einkünfte entfällt (Art. 24 Abs. 2
Satz 2 DBA Brasilien). Für die Zwecke der in Art. 24 Abs. 2 DBA Brasilien erwähnten
Anrechnung wird davon ausgegangen, dass die brasilianische Steuer bei Zinsen im
Sinne des Artikels 11 Absatz 4 DBA Brasilien 20 vom Hundert der Zinsen beträgt (Art.
24 Abs. 3b DBA Brasilien).
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bb)
zugeflossenen Stückzinsen gemäß Art 24 Abs. 2 und 3b DBA Brasilien kommt im
Streitfall nicht in Betracht. Zwar ist Art 24 Abs. 2 DBA Brasilien für den
Quellensteuerabzug von Zinsen dem Grunde nach einschlägig, da Zinsen nicht unter
die Vorschrift des Art. 24 Abs. 1 DBA Brasilien fallen. Eine Anrechnung fiktiver
brasilianischer Quellensteuer scheidet jedoch aus, da die dem Kläger zugeflossenen
Stückzinsen keine aus Brasilien stammenden Einnahmen i. S. d. Art 24 DBA Brasilien
darstellen (gegen BMF-Schreiben vom 8.10.1996, IV C 6 – S 1301 – 41/96, BStBl I
1996, 1190).
35
b)
Anleihekäufer aufgewandten Kaufpreises.
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Diese Stückzinseinnahmen stammten nicht aus dem ausländischen Vertragsstaat (im
Streitfall Brasilien) sondern von dem Konto des Anleihekäufers. Der erhaltene Stückzins
war kein Ertrag der verkauften Anleihen, sondern der Gegenwert aus der Veräußerung
noch nicht fälliger Zinsforderungen. Für diese Beurteilung spricht nicht nur der
eindeutige Wortlaut des § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 EStG sondern auch die Tatsache, dass
seit dem Wegfall des Satzes 2 in § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 EStG ab dem
Veranlagungszeitraum 1994 durch das "Missbrauchsbekämpfungs- und
Steuerbereinigungsgesetz" (BGBl I, 1993, 2310) die Papierbezogenheit gezahlter
Stückzinsen abgeschafft ist. Während vorher der Stückzinsaufwand nur mit der
Versteuerung des Zinsertrags als Aufwand geltend gemacht werden konnte, werden ab
1994 bezahlte Stückzinsen im Jahr der Zahlung abgezogen, auch wenn der Zinsertrag
erst im nächsten Jahr anfällt. Diese Handhabung spricht dafür, zu- und abgeflossene
Stückzinsen losgelöst vom Ertrag der Anleihe zu beurteilen. Aus dieser Beurteilung folgt
weiter, dass der Nettoertrag der einzelnen Anleihe nicht die Besteuerungsgrundlage des
Anleihezinses ist. Er beeinflusst daher auch nicht die Höhe der anrechenbaren fiktiven
Quellensteuer. Bemessungsgrundlage für Anleihezinsen und fiktive Quellensteuer ist
der volle Jahreszins der Anleihe (vgl. Wellmann, Vorgezogener Stückzinsaufwand und
fiktiven Quellensteuer beim Erwerb von Auslandsanleihen während des Zinsjahres,
DStZ 1997, 842).
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Das entspricht auch dem Sinn und Zweck der fiktiven Quellensteuer. Sie sind erfüllt,
wenn dem Inhaber der Jahreszinsabrechnung die fiktive Quellensteuer für das volle
Zinsjahr auf seine Einkommensteuer angerechnet wird. Die völkerrechtliche
Vereinbarung einer fiktiven Quellensteuer in einem DBA ist Entwicklungshilfe. Der
Vorteil der fehlenden ausländischen Besteuerung soll ausnahmsweise dem deutschen
Investor zugute kommen. Für ihn hat dieser Vorteil den Charakter einer Risikoprämie.
Das Risiko trägt, wer die Anleihe im Zeitpunkt der Fälligkeit von Zins und Kapital besitzt.
Wer sie vorher verkauft, und sei es kurz vor Fälligkeit, reicht das Risiko weiter. Der
Erwerber trägt das Risiko der Zahlungsunfähigkeit des ausländischen Schuldners nicht
zeitanteilig, sondern voll (vgl. Wellmann, Vorgezogener Stückzinsaufwand und fiktiven
Quellensteuer beim Erwerb von Auslandsanleihen während des Zinsjahres, DStZ 1997,
842). Wird der ausländische Staat, etwa infolge politischer Unruhen, unmittelbar vor
dem Fälligkeitstermin von Zins und Kapital zahlungsunfähig und kommt es nicht zu
einer Bedienung der Anleihe, ist für eine Anrechnung fiktiver Quellensteuer kein Raum.
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c)
dem Kapitalerstragsteuerabzug unterlagen. Denn zwischen der Verpflichtung zum
Einbehalt deutscher Kapitalertragsteuer und der Befugnis fiktive ausländische
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Einbehalt deutscher Kapitalertragsteuer und der Befugnis fiktive ausländische
Quellensteuer anzurechnen besteht kein Zusammenhang.
d)
Verwaltungsauffassung dem Erwerber der Anleihe ebenfalls keine oder nur eine
geringe Quellensteueranrechnung zustehe. Da der Erwerber die gezahlten Stückzinsen
als negative Einnahmen ansetzen müsse, erhalte er folglich nicht die komplette 20 %ige
Anrechnung auf die Einnahmen, da die Stückzinsen die Einkünfte verringerten. Blieben
in diesem Fall dann auch noch die Einkünfte, was häufig der Fall sei, unter dem
Freibetrag, habe der Erwerber keine Einkünfte und könne demzufolge auch keine fiktive
Quellensteuer anrechnen. Da ab 1994 grundsätzlich nur das Anrechnungsverfahren
nach § 34 c Abs. 1 EStG gelte, laufe deshalb im Falle der Veräußerung von Anleihen
die Quellensteuer leer. Dies widerspreche dem Sinn und Zweck und der Intention der
fiktiven Steueranrechnung. Sinn und Zweck der fiktiven Quellensteuer seien erfüllt,
wenn dem Inhaber der Jahresabrechnung die fiktive Quellensteuer für das volle Zinsjahr
auf seine Einkommensteuer angerechnet werde.
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Auf diese von dem Kläger vorgetragenen Einwendungen ist zu erwidern, dass die von
ihm geschilderten Folgen nicht zwingend sind. In welchem Umfang die Anrechnung
fiktiver Quellensteuer dem Erwerber einer Anleihe nutzt, hängt entscheidend davon ab,
welche sonstigen Einkünfte der Erwerber der Anleihe im Jahr der Fälligkeit hatte.
Hierbei ist auch zu berücksichtigen, dass die bezahlten Stückzinsen bereits im Jahr der
Zahlung negative Einnahmen darstellen, auch wenn der Zinsertrag erst im nächsten
Jahr anfällt. Ebenso ist es nicht zwingend, dass dem Veräußerer der Anleihe die fiktive
Quellensteuer, falls sie ihm zustehen würde, einen Vorteil bringen würde. Denn auch
bei Ihm hängt dieser Vorteil entscheidend davon ab, welche sonstigen Einkünfte ihm im
Jahr der Veräußerung zufließen.
41
e)
Finanzverwaltung sie Stückzinsen ausländischer Anleihen als ausländische
Einnahmen ansehen würde, stünde dem Kläger keine Anrechnung der fiktiven
brasilianischen Quellensteuer zu. Denn es ist kein einleuchtender Grund erkennbar,
weshalb die fiktive Quellensteuer als Ersatz für eine tatsächlich erhobene ausländische
Quellensteuer anders behandelt werden sollte als Letzere.
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3.
seiner Einkünfte zu. Dieser scheitert ebenso wie die Anrechnung brasilianischer
Quellensteuer bereits daran, dass es sich bei den Stückzinsen der veräußerten
brasilianischen Anleihen nicht um aus Brasilien stammende Einnahmen handelte.
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4.
grundsätzlicher Bedeutung der Sache zuzulassen (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO).
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