Urteil des FG Köln vom 22.05.2003

FG Köln: sozialhilfe, unterhaltsaufwendungen, unwiderlegbare vermutung, eheähnliche lebensgemeinschaft, zwangslage, belastung, aufenthaltserlaubnis, zusammenleben, begriff, anwendungsbereich

Finanzgericht Köln, 10 K 2444/01
Datum:
22.05.2003
Gericht:
Finanzgericht Köln
Spruchkörper:
10. Senat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
10 K 2444/01
Tenor:
Anmerkung: Die Klage wurde abgewiesen.
Tatbestand
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Die Beteiligten streiten über die Abziehbarkeit von Unterstützungsleistungen des
Klägers im Streitjahr 1999 an seinen Lebensgefährten als außergewöhnliche Belastung.
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Der Lebensgefährte des Klägers, Herr M, reiste 1986 als Flüchtling in die
Bundesrepublik Deutschland ein. Bis Juli 1999 bezog er Sozialhilfe. M hatte im
Streitjahr eine Aufenthaltserlaubnis beantragt, die im Hinblick auf einen Erlass des
Innenministers des Landes Nordrhein-Westfalen vom 4. Februar 1998 I B 2/43.33 zum
Führen einer gleichgeschlechtlichen Beziehung erforderlich war. Voraussetzung für die
Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis war die Verpflichtung zur vollständigen Übernahme
der Unterhaltskosten des M. Am 31. August 1999 schlossen der Kläger und sein
Lebensgefährte vor der Notarin E in L einen Partnerschaftsvertrag (Urk.-Nr. 898/1999).
Der Kläger verpflichtete sich darin, seinem Lebensgefährten Unterhalt zu gewähren. In
der Folgezeit verzichtete der Lebensgefährte des Klägers auf die Stellung eines
Folgeantrages zur Gewährung von Sozialhilfe; zu einer konkreten Kürzung öffentlicher
Leistungen kam es daher unstreitig nicht.
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Der Kläger erbrachte im Streitjahr Unterhaltsleistungen für seinen Lebensgefährten in
Form von Lebensunterhalt, Aufwendungen für Medikamente und anteiligen Mietkosten.
In seiner Einkommensteuererklärung 1999 machte der Kläger hierfür einen Betrag von
13.020 DM als außergewöhnliche Belastung geltend. Des Weiteren legte er eine
Bescheinigung der C vom 16. Juni 2000 vor. Danach sind M nach Abschluss des
Partnerschaftsvertrags keine Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz
gewährt worden, weil im Hinblick auf die Verpflichtungserklärung des Klägers kein
Anspruch auf solche Leistungen bestanden habe.
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Der Beklagte lehnte die Berücksichtigung der Unterhaltsaufwendungen im
Einkommensteuerbescheid 1999 vom 31. Juli 2000 ab. Der Einspruch blieb ohne Erfolg.
Zur Begründung führte der Beklagte in der Einspruchsentscheidung vom 22. März 2001
aus, dass Unterhaltsleistungen ab dem Veranlagungszeitraum 1996 nur bei gesetzlich
Unterhaltsberechtigten und diesen gleichgestellten Personen abzugsfähig seien. M sei
einem gesetzlich Unterhaltsberechtigten auch nicht gleichgestellt. Dies seien Personen,
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bei denen zum Unterhalt bestimmte öffentliche Mittel mit Rücksicht auf die
Unterhaltsleistungen des Steuerpflichtigen gekürzt würden. Eine solche Kürzung
komme für den Bereich der Sozialhilfe (§ 122 Bundessozialhilfegesetz -BSHG-) und der
Arbeitsförderung (§ 137 Abs. 2a Arbeitsförderungsgesetz -AFG-) bei eheähnlichen
Lebensgemeinschaften in Betracht. Der Anwendungsbereich dieser Vorschriften sei auf
das Zusammenleben von Personen verschiedenen Geschlechts beschränkt. Auch ein
Abzug der Aufwendungen nach § 33 EStG scheide aus, weil der Gesetzgeber den
Abzug von Unterhaltsaufwendungen in § 33 a Abs. 1 EStG abschließend geregelt habe.
Der Kläger macht geltend, die Unterhaltsaufwendungen seien in entsprechender
Anwendung des § 33a Abs. 1 Satz 2 EStG zu berücksichtigen, zumal Homosexuelle im
Streitjahr keine Möglichkeit gehabt hätten, ihre Beziehung auf eine rechtliche Grundlage
zu stellen. Jedenfalls seien die Unterhaltsaufwendungen gemäß § 33 EStG abziehbar,
der wegen der erheblichen Einschränkungen, die § 33a Abs. 1 Satz 2 EStG durch das
Jahressteuergesetz 1996 erfahren habe, ohne weiteres anwendbar sei. Die
Zwangsläufigkeit dieser Aufwendungen aus sittlichen Gründen und damit die
psychische Zwangssituation für den Steuerpflichtigen zur Leistung von
Unterhaltsaufwendungen habe im Streitfall ebenso wie bei einer eheähnlichen
Lebensgemeinschaft bestanden.
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Der Kläger beantragt, den Einkommensteuerbescheid für 1999 vom 31. Juli 2000 in
Form der Einspruchsentscheidung vom 22. März 2001 dahin zu ändern, dass
Unterhaltsaufwendungen für den Lebenspartner des Klägers in Höhe von 13.020 DM
steuermindernd berücksichtigt werden.
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Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
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Entscheidungsgründe
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Die Klage ist unbegründet. Die Unterhaltsaufwendungen des Klägers sind mangels
konkreter Kürzung öffentlicher Leistungen nicht als außergewöhnliche Belastung
abziehbar.
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1. Ein Abzug gemäß § 33a Abs. 1 Satz 1 EStG kommt nicht in Betracht. Danach kann
die Einkommensteuer auf Antrag des Steuerpflichtigen dadurch ermäßigt werden, dass
Unterhaltsaufwendungen bis zur Höhe von 13.020 DM vom Gesamtbetrag der Einkünfte
abgezogen wurden, wenn einem Steuerpflichtigen Aufwendungen für den Unterhalt und
eine etwaige Berufsausbildung einer dem Steuerpflichtigen oder seinem Ehegatten
gegenüber gesetzlich unterhaltsberechtigten Person entstanden sind, für die weder der
Steuerpflichtige noch eine andere Person Anspruch auf einen Kinderfreibetrag oder auf
Kindergeld hat. Da nach bürgerlichem Recht nur Verwandte in gerader Linie (§ 1601
BGB) und Ehegatten verpflichtet sind, einander Unterhalt zu gewähren, hat M
gegenüber dem Kläger keinen gesetzlichen Unterhaltsanspruch.
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2. Auch ein Abzug der Unterhaltsaufwendungen nach § 33a Abs. 1 Satz 1 EStG i.V.m.
Satz 2 der Vorschrift ist nicht möglich. Gleichgestellt ist der gesetzlich
unterhaltsberechtigten Person danach eine Person, soweit bei ihr zum Unterhalt
bestimmte inländische öffentliche Mittel mit Rücksicht auf die Unterhaltsleistungen des
Steuerpflichtigen gekürzt werden. Im Streitfall kam es jedoch unstreitig nicht zu einer
Kürzung öffentlicher Mittel; den diese waren im Hinblick auf die Unterhaltsverpflichtung
gar nicht erst beantragt worden.
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a) Der BFH hat im Urteil vom 23. Oktober 2002 III R 57/99 (BFH/NV 2003, 387)
ausdrücklich offen gelassen, ob ein Abzug von Unterhaltsleistungen nach § 33a Abs. 1
Satz 1 EStG i.V.m. Satz 2 der Vorschrift voraussetzt, dass die unterhaltene Person
tatsächlich einen Antrag auf Gewährung öffentlicher Mittel für den Unterhalt gestellt hat
und die beantragten Mittel aufgrund der Unterhaltsleistungen einer anderen Person
gekürzt oder ggf. verweigert worden sind. Er hat dies damit begründet, die
Unterhaltszahlungen eines Steuerpflichtigen an bedürftige, nicht in seinem Haushalt
lebende Geschwister würden in keinem Fall von § 33a Abs. 1 Satz 2 EStG 1996 erfasst.
Gerade diese Erwägung gilt im Streitfall nicht, weil es um eine gleichgeschlechtliche
Lebensgemeinschaft geht, die in einem gemeinsamen Haushalt lebt.
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b) Nach § 2 Abs. 1 BSHG erhält keine Sozialhilfe, wer die erforderliche Hilfe von
anderen, besonders von Angehörigen bekommt (sog. Nachrang der Sozialhilfe).
Freiwillige Unterhaltszahlungen mindern daher grundsätzlich den Anspruch der
unterstützten Person auf Sozialhilfe oder lassen ihn ganz entfallen. Vom möglichen
Wortsinn des § 33a Abs. 1 Satz 2 EStG 1996 wäre vor diesem Hintergrund auch eine
Auslegung dahin gedeckt, dass freiwillige Unterhaltsleistungen eines Angehörigen
abziehbar sind, die nach § 2 Abs. 1 BSHG zum Wegfall oder zur Minderung des
Anspruchs auf Sozialhilfe führen. § 33a Abs. 1 Satz 2 EStG ist jedoch aufgrund seiner
Entstehungsgeschichte, seiner Stellung im Gesetz sowie des mit der Änderung
verfolgten Zwecks einschränkend auszulegen. Unterhaltsleistungen an gesetzlich nicht
Unterhaltsberechtigte sind deshalb steuerlich nur dann zu berücksichtigen, wenn der
Unterhalt Leistende sich in einer vergleichbaren Zwangslage wie der gesetzlich zum
Unterhalt Verpflichtete befindet (BFH-Urteil vom 23. Oktober 2002 III R 57/99, BFH/NV
2003, 387).
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aa) Nach § 33a Abs. 1 i.V.m. § 33 Abs. 2 EStG i.d.F. vor dem JStG 1996 waren
Unterhaltsleistungen in bestimmtem Umfang abziehbar, wenn sie dem Steuerpflichtigen
aus rechtlichen, sittlichen oder tatsächlichen Gründen zwangsläufig entstanden waren.
Mit der Anknüpfung an die zivilrechtliche Unterhaltspflicht in § 33a Abs. 1 Satz 1 EStG
1996 sollte der Begriff der Zwangsläufigkeit bei Unterhaltsleistungen eingeschränkt
werden. Den Finanzbehörden sollte die aufwändige Prüfung erspart werden, ob eine
sittliche Verpflichtung besteht; gleichzeitig sollte mit der Änderung auch der
Einheitlichkeit der Rechtsordnung Rechnung getragen werden (BTDrucks 13/1686, S.
42).
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Wie der Hinweis in der Gesetzesbegründung auf nichteheliche Lebensgemeinschaften
zeigt (BTDrucks 13/1686, S. 42), knüpft § 33a Abs. 1 Satz 2 EStG 1996 an die
Rechtsprechung des BFH zum Abzug von Unterhaltszahlungen an den bedürftigen
Partner einer eheähnlichen Gemeinschaft an. Der BFH hatte die Unterhaltszahlungen
zum Abzug als außergewöhnliche Belastung zugelassen, wenn der unterstützte Partner
wegen seines Zusammenlebens mit dem unterstützenden Partner gemäß § 137 Abs. 2a
AFG (jetzt § 193 Abs. 2 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch -SGB III-) keine
Arbeitslosenhilfe oder gemäß § 122 BSHG keine Sozialhilfe erhalten hatte. Der BFH
war der Auffassung, der Bedürftige werde aufgrund dieser Vorschriften praktisch auf das
Einkommen seines Lebenspartners verwiesen; dieser sei deshalb sittlich verpflichtet, für
dessen Lebensunterhalt zu sorgen (vgl. BFH-Urteile vom 30. Juli 1993 III R 38/92,
BFHE 174, 19, BStBl II 1994, 442; vom 21. September 1993 III R 15/93, BFHE 172, 516,
BStBl II 1994, 236; vom 4. August 1994 III R 62/93, BFHE 175, 127, BStBl II 1994, 897).
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Ohne die Ergänzung durch Satz 2 hätten Unterhaltsleistungen an bedürftige Partner
einer eheähnlichen Gemeinschaft nach der Gesetzesänderung durch das
Jahressteuergesetz 1996 nicht mehr berücksichtigt werden dürfen. Deshalb wurden zur
Beseitigung der Diskrepanz zwischen Steuer- und Sozialrecht in Satz 2 den gesetzlich
Unterhaltsberechtigten diejenigen Personen gleichgestellt, deren Sozialleistungen "mit
Rücksicht auf die Unterhaltsleistungen des Steuerpflichtigen gekürzt werden". Da vom
Grundsatz her aber nur noch Unterhaltsleistungen abziehbar sein sollen, die aus
rechtlichen Gründen zwangsläufig sind, ist diese Formulierung dahin auszulegen, dass
"freiwillige" Unterhaltszahlungen steuerlich nur dann wie zivilrechtlich geschuldete
Unterhaltszahlungen zu behandeln sind, wenn für den Unterhalt Leistenden -
unabhängig von der Frage einer sog. "sittlichen Verpflichtung" - eine vergleichbare
Zwangslage wie bei einem gesetzlich Unterhaltsverpflichteten gegeben ist (BFH-Urteil
vom 23. Oktober 2002, BFH/NV 2003, 387; vgl. für Fälle gleichgeschlechtlicher
Lebensgemeinschaft bereits BFH-Urteil vom 12. April 1991 III R 85/89, BStBl II 1991,
518, BFHE 164, 82).
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bb) Nach Ansicht des BFH in BFH/NV 2003, 387 ist eine solche vergleichbare
Zwangslage nur in Fällen anzunehmen, in denen gesetzlich unwiderlegbar vermutet
wird, dass der Unterhalt durch eine andere Person -z.B. den Partner einer eheähnlichen
Lebensgemeinschaft (vgl. § 122 BSHG) oder einen in der Haushaltsgemeinschaft
lebenden Verwandten oder Verschwägerten (vgl. § 16 BSHG)- sichergestellt ist. Diese
Einschränkung durch eine "gesetzlich unwiderlegbare Vermutung" teilt der erkennende
Senat nicht. Sie ergibt sich weder aus dem Gesetz und noch aus der
Entstehungsgeschichte der Vorschrift. Die Entwicklung der Vorschrift erlaubt lediglich
die Einschränkung, dass "freiwillige" Unterhaltszahlungen steuerlich nur dann wie
zivilrechtlich geschuldete Unterhaltszahlungen zu behandeln sind, wenn für den
Unterhalt Leistenden eine vergleichbare Zwangslage wie bei einem gesetzlich
Unterhaltsverpflichteten gegeben ist, sodass nicht alle Fälle in den Anwendungsbereich
des § 33a Abs. 1 Satz 2 EStG einzubeziehen sind, in denen der Anspruch des
Unterstützten auf Sozialhilfe infolge freiwilliger Unterhaltszahlungen nach § 2 Abs. 1
BSHG entfällt oder gemindert wird.
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Die Auslegung des § 33a Abs. 1 Satz 2 EStG in BFH/NV 2003, 387 dahin, dass eine
solche Zwangslage nur in den Fällen vorliegt, in denen gesetzlich unwiderlegbar
vermutet wird, dass der Unterhalt durch eine andere Person -z.B. den Partner einer
eheähnlichen Lebensgemeinschaft (vgl. § 122 BSHG) oder einen in der
Haushaltsgemeinschaft lebenden Verwandten oder Verschwägerten (vgl. § 16 BSHG)-
sichergestellt ist, ist daher jedenfalls dann zu weitgehend, wenn man den Begriff der
eheähnlichen Gemeinschaft in Vorschriften wie § 122 BSHG und § 137 Abs. 2a AFG
(jetzt § 193 Abs. 2 SGB III) auf das Zusammenleben von Personen verschiedenen
Geschlechts beschränkt (so BVerfG-Urteil vom 17. November 1992 1 BvL 8/87, BVerfGE
87, 234 im Hinblick auf § 137 Abs. 2 a AFG; BVerwG-Urteil vom 20. Januar 1977 V C
62.75, BVerwGE 52, 11, im Hinblick auf § 122 BSHG). Unabhängig von der Frage, ob
das BVerfG bei der Auslegung dieser Vorschriften angesichts der Regelung der
eingetragenen Lebenspartnerschaft auch heute noch dabei bleiben würde, dass eine
eheähnliche Lebensgemeinschaft auf das Zusammenleben von Personen
verschiedenen Geschlechts beschränkt ist, zeigen gerade die besonderen Umstände
des Streitfalls, dass die mit einer gesetzlichen Unterhaltspflicht vergleichbare
Zwangslage nicht nur bei eheähnlichen Gemeinschaften von heterosexuellen Partnern
vorliegen kann. Bei Letzteren wird die Unterhalts- und Beistandspflicht nur in
Ausnahmefällen vertraglich dokumentiert sein; dem Grunde nach sind Partner einer
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eheähnlichen Lebensgemeinschaft einander nicht zum Unterhalt verpflichtet. Daher wird
man eine entsprechende psychische Zwangslage jedenfalls in den Fällen
gleichgeschlechtlicher Lebensgemeinschaften nicht verneinen können, in denen sich
die Partner in einem notariellen Vertrag zu Unterhalt und Beistand verpflichtet haben,
weil dieser Umstand die Unterhaltsgewährung bei Würdigung der Gesamtumstände als
unausweichlich erscheinen lässt. Schließlich hat sich auch der BFH bereits im Urteil
vom 12. April 1991 III R 85/89 (BStBl II 1991, 518, BFHE 164, 82) für Übertragbarkeit der
für eheliche Lebensgemeinschaften geltenden Grundsätze auf gleichgeschlechtliche
Lebensgemeinschaften ausgesprochen, ungeachtet etwa vorhandener sozialethischer
Vorbehalte gegen derartige Verbindungen (für die Berücksichtigungsfähigkeit von
Unterstützungsleistungen in den seit dem 1. August 2001 eingetragenen
Lebenspartnerschaften auch im BMF-Schreiben vom 23. März 2002 IV C 4 - S 2285 -
16/03, DB 2003, 798).
c) Die Entscheidung des Streitfalls hängt deshalb davon ab, ob ein Abzug von
Unterhaltsleistungen nach § 33a Abs. 1 Satz 1 EStG i.V.m. Satz 2 der Vorschrift
voraussetzt, dass die unterhaltene Person tatsächlich einen Antrag auf Gewährung
öffentlicher Mittel für den Unterhalt gestellt hat und die beantragten Mittel aufgrund der
Unterhaltsleistungen einer anderen Person gekürzt oder ggf. verweigert worden sind (so
Hessisches FG, Urteil vom 23. September 1999 11 K 1056/99, EFG 2000, 436; FG Köln,
Urteil vom 19. September 2002 3 K 5313/00 nicht veröffentlicht, für eine
Verpflichtungserklärung zur Erreichung einer Aufenthaltserlaubnis bei einer
heterosexuellen Lebensgemeinschaft). Für diese Auslegung spricht der im Streitjahr
noch geltende Wortlaut "soweit bei ihr ... gekürzt werden". Die Formulierung "soweit" ist
erst durch Art. 1 Nr. 16 des StÄndG 2001 vom 20. Dezember 2001 (BGBl I 2001, 3794)
durch die Formulierung "wenn" ersetzt worden. Mit dieser Gesetzesänderung sollte
erreicht werden, dass es nur noch auf die Kürzung als solche ankommt und nicht mehr
auf ihre Höhe, um zu einheitlichen Höchstbeträgen für Leistungen an
Unterhaltsberechtigte und Gleichgestellte zu gelangen. Ferner sollten sowohl Fälle
erfasst werden, in denen wegen der Unterhaltsleistungen überhaupt kein Anspruch auf
Sozialleistungen besteht als auch Fälle, in denen Sozialhilfe - wie im Streitfall - nicht
beantragt worden ist (BR-Drucks. 399/01, 44); die Finanzbehörden haben den
Kürzungstatbestand somit für Veranlagungszeiträume ab 2002 nur noch dem Grunde
nach zu prüfen. Für Veranlagungszeiträume bis einschließlich 2001 hingegen ist die
konkrete Kürzung öffentlicher Mittel im Hinblick auf die Unterhaltsleistungen
unverzichtbar (Schmidt/Glanegger, EStG 21. Aufl., § 33a Rz 22).
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d) Da im Streitfall im Hinblick auf die Unterstützungsleistungen vonseiten des Klägers
erst gar keine Sozialleistungen beantragt worden sind, konnte es zu keiner konkreten
Kürzung von Sozialleistungen kommen. Dies wäre aber jedenfalls für das Streitjahr
unabdingbare Voraussetzung für die Abziehbarkeit der Unterstützungsleistungen beim
Kläger gewesen. Eine Berücksichtigung gemäß § 33a Abs. 1 EStG scheidet daher aus.
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3. Entgegen der Ansicht des Klägers ergibt sich schließlich auch aus § 33 EStG auch
dann keine Grundlage für die Abziehbarkeit der getätigten Aufwendungen, wenn man
eine sittliche Verpflichtung des Klägers zur Unterhaltsleistung unterstellt. Für die
Fallgruppe der typischen Unterhaltsaufwendungen enthält § 33a EStG 1996 eine
abschließende Regelung (BFH-Urteil vom 23. Oktober 2002 III R 57/99, BFH/NV 2003,
387; ferner BFH-Urteile vom 4. Juli 2002 III R 53/98, BFH/NV 2003, 20 und vom 4. Juli
2002 III R 8/01, BFH/NV 2002, 1529 für im Ausland lebende Angehörige). Hintergrund
der Regelung durch das Jahressteuergesetz 1996 war unter anderem, dass den
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Finanzbehörden die aufwendige Prüfung erspart werden sollte, ob eine sittliche
Verpflichtung besteht. Die Zielvorstellung dieser verfassungsrechtlich nicht zu
beanstandenden Regelung (vgl. dazu BFH-Urteil vom 4. Juli 2002 III R 8/01, BFH/NV
2002, 1529) würde in ihr Gegenteil verkehrt, wenn der Abzug typischer
Unterhaltsleistungen über § 33 EStG zugelassen würde. Dies hat der Gesetzgeber
letztlich durch die Neufassung des § 33a Abs. 5 EStG (Art. 1 Nr. 11 des Gesetzes zur
Familienförderung vom 22. Dezember 1999, BGBl I 1999, 2552) klargestellt.
5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
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