Urteil des FG Köln vom 28.10.2003

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Finanzgericht Köln, 9 K 1425/00
Datum:
28.10.2003
Gericht:
Finanzgericht Köln
Spruchkörper:
9. Senat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
9 K 1425/00
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger.
Tatbestand:
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Am ...........1995 verstarb der in ........... geborene ........................... (im folgenden kurz
Erblasser genannt). Alleinerbin aufgrund letztwilliger Verfügung wurde seine Ehefrau
................... Aus ihrer Ehe mit dem Erblasser sind zwei Söhne hervorgegangen, der
Kläger und sein Bruder ...................
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Im Anschluss an den Erbfall kam es zwischen der Alleinerbin und ihren Söhnen zu
Auseinandersetzungen über Pflichtteilsansprüche. In diesem Zusammenhang ließ der
Kläger durch die jetzigen Prozessbevollmächtigten seiner Mutter und Alleinerbin mit
Schreiben vom 13.12.1995 unter Bezugnahme auf ein früheres Schreiben vom
09.08.1995 u.a. folgendes mitteilen:
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"Namens und im Auftrage unseres Mandanten haben wir hiermit dessen
Pflichtteilsansprüche hinsichtlich des Nachlasses des Verstorbenen geltend zu
machen.
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Gem. § 2303 BGB sind Sie verpflichtet, unserem Mandanten den nach dem Gesetz
zustehenden Pflichtteil zu gewähren.
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Der Pflichtteil ist ein Geldanspruch und besteht in der Hälfte des gesetzlichen
Erbteils.
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Unser Mandat wäre kraft Gesetzes Erbe zu 1/4 nach seinem Vater geworden. Als
Pflichtteil steht ihm demgemäß 1/8 des gesamten Nachlasses zu.
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Maßgebend ist der Wert des Nachlasses am Todestag, mithin am .......1995."
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Ferner wurde in dem vorbezeichneten Schreiben, auf das wegen näherer Einzelheiten
Bezug genommen wird, von der Alleinerbin Auskunft über den Bestand des Nachlasses
verlangt.
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verlangt.
Nachdem die Alleinerbin diese Auskunft offenbar zunächst verweigert hatte, erhob der
Kläger, wiederum vertreten durch seine jetzigen Prozessbevollmächtigten, beim
Landgericht ........... eine unter dem Az.: 1 O 74/96 geführte Auskunfts- und
Zahlungsklage. In dem Klageschriftsatz vom 02.02.1996 heisst u.a. wörtlich wie folgt:
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"Der Kläger hatte mehrmals versucht, aussergerichtlich sich mit seiner Mutter über
den Pflichtteilsanspruch seines Vaters zu einigen. Eine Einigung konnte nicht
zustandekommen. Dementsprechend wurde die Beklagte nochmals mit Schreiben
vom 13.12.1995 zur Auskunft aufgefordert."
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Das zivilgerichtliche Verfahren wurde mit Teilurteil vom 29.04.1996 und einer
aussergerichtlichen Einigung abgeschlossen. Durch notariell beurkundete
Vereinbarung vom 19.06.1998 (UR-Nr. 874 R 1998, Notar ................ in ........) erkannte
schließlich die Alleinerbin einen Pflichtteilsanspruch des Klägers in Höhe von 400.000,-
- DM an.
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Dementsprechend setzte der Beklagte mit Bescheid vom 17.08.1999 gegen den Kläger
Erbschaftsteuer in Höhe von .............,-- DM fest. Als Erwerbszeitpunkt (Stichtag) nahm
der Beklagte dabei den 13. Dezember 1995 an und legte das Erbschaftsteuer- und
Schenkungsteuergesetz in der Fassung der Bekanntgabe vom 19.02.1991 (BGBl I
1991, 468 - ErbStG 1991) zugrunde. Demgemäß wurde dem Kläger nach § 16 ErbStG
ein Freibetrag von 90.000,-- DM gewährt, der in Verbindung mit dem anzuwendenden
Steuersatz (7 %) zu der festgesetzten Steuer führte.
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Dagegen wendet sich der Kläger nach erfolglosem Einspruchsverfahren mit der
vorliegenden Klage und trägt im Wesentlichen vor, der in Rede stehende
Pflichtteilsanspruch sei erstmals mit der zivilrechtlichen Klageerhebung im Februar
1996 ernstlich geltend gemacht worden. Demzufolge stünde ihm, Kläger, der zu diesem
Zeitpunkt bereits geltende höhere persönliche Freitag von 400.000,-- DM zu, wie in § 16
Abs. 1 Nr. 2 ErbStG in der Fassung der Bekanntmachung des Gesetzes vom 27.02.1997
(BGBl I S. 97, 378, BStBl I, 298 ErbStG 1997) vorgesehen.
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Der Kläger beantragt,
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den Erbschaftsteuerbescheid vom 17.08.1999 und die dazu ergangene
Einspruchsentscheidung vom 24.01.2000 aufzuheben.
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Der Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Entscheidungsgründe:
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Die Klage ist unbegründet.
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Der angefochtene Erbschaftsteuerbescheid vom 17.08.1999 ist rechtlich nicht zu
beanstanden. Zutreffend hat der Beklagte im Streitfall das ErbStG 1991 angewendet
und dem Kläger bei der Besteuerung seines Pflichtteilsanspruchs gemäß § 16 Abs. 1
Nr. 2 ErbStG alter Fassung - a.F. - lediglich einen persönlichen Freibetrag in Höhe von
90.000,-- DM zugebilligt. Der vom Gesetzgeber seit dem 01.01.1996 auf 400.000,-- DM
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angehobene Freibetrag (vgl. §§ 16 Abs. 1 Nr. 2, 37 Abs. 1 ErbStG 1997) steht dem
Kläger nicht zu.
Wie § 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG u.a. vorsieht, gilt als Erwerb von Todes wegen der geltend
gemachte Pflichtteilsanspruch (§§ 2303 ff. BGB), für den § 9 Abs. 1 Nr. 1 b ErbStG die
Erbschaftsteuer mit dem Zeitpunkt der Geltendmachung entstehen lässt.
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Entgegen der Auffassung des Klägers hat dieser den ihm zustehenden
Pflichtteilsanspruch nicht erst mit der Klageerhebung im Februar 1996, sondern bereits
im Jahre 1995 geltend gemacht und unterliegt damit noch den bis zum 31.12.1995
maßgebenden alten Freibetragsregelungen des ErbStG 1991.
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Die Geltendmachung des Pflichtteilsanspruchs durch den Kläger ergibt sich im Streitfall
zunächst klar und eindeutig aus dem Schreiben seiner jetzigen
Prozessbevollmächtigten vom 13.12.1995 an seine alleinerbende Mutter, in dem die
Bevollmächtigten des Klägers dessen "Pflichtteilsansprüche" gem. § 2303 BGB
umschreiben und einfordern. Demnach beschränkt sich das in dem Schreiben
enthaltene Begehren nicht bloß auf ein für die Steuerentstehung unschädliches
Auskunftsersuchen über den Bestand des Nachlasses (vgl. auch hierzu Viskorf, FR
1999, 664, 666; Kapp/Ebeling, ErbStG, § 3 Rz. 212), sondern stellt sich als ein
ernstliches Erfüllungsverlangen dar, das den Steueranspruch des Beklagten auslöst
(vgl. rechtskräftiges Urteil des Finanzgerichts München vom 16.10.2002 - 4 K 5391/00,
FG 2003, 248 und die dort zitierten Fundstellen aus Rechtsprechung und Literatur sowie
Urteilsanmerkung von Fumi). Die fehlende Bezifferung des Anspruchs in dem
vorgenannten Schreiben ist in diesem Zusammenhang ohne Bedeutung, weil die
Ermittlung des Nachlasswerts als Grundlage für die Berechnung des Pflichtteils in die
Verantwortung des Erben fällt (§ 2314 BGB) und die einen vollwirksamen Anspruch
voraussetzenden zivilrechtlichen Verzugsfolgen (§§ 284, 288 BGB) auch dann eintreten,
wenn der angemahnte Anspruch nicht beziffert ist (BGH-Urteil vom 09.04.1981 - IV a ZR
144/80, NJW 1981, 1732).
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Über das Schreiben vom 13.12.1995 hinaus lassen auch die Ausführungen der
Prozessbevollmächtigen des Klägers in dem anschließend beim Landgericht .............
(Az.: 1 O 74/96) eingereichten Klageschriftsatz vom 02.02.1996 nur den Schluss zu,
dass es der Kläger auch schon vor dem erwähnten Aufforderungsschreiben wiederholt
unternommen hatte, den ihm nach seinem verstorbenen Vater gebührenden
Pflichtteilsanspruch im Wege aussergerichtlicher Einigung mit seiner Mutter geltend zu
machen.
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Nach alledem war die Klage mit der Kostenfolge aus § 135 Abs. 1 der
Finanzgerichtsordnung abzuweisen.
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