Urteil des FG Köln vom 02.05.2007
FG Köln: grundstück, grundbuch, erwerb, urkunde, personengesellschaft, steuerbefreiung, gesetzliche vermutung, stadt, wirtschaftliche verfügungsmacht, gesellschaftsvertrag
Finanzgericht Köln, 5 K 6275/03
Datum:
02.05.2007
Gericht:
Finanzgericht Köln
Spruchkörper:
5. Senat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
5 K 6275/03
Tenor:
Der Grunderwerbsteuerbescheid vom ......2003 in Gestalt der
Einspruchsentscheidung vom .......2003 wird aufgehoben.
Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.
Das Urteil ist wegen der Kostenentscheidung ohne Sicherheitsleistung
vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch
Sicherheitsleistung oder Hinterlegung des Kostenerstattungsanspruchs
der Klägerin abwenden, soweit nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in
derselben Höhe leistet.
Tatbestand
1
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Einbringung eines Grundstücks durch seine
im Grundbuch eingetragenen fünf Miteigentümer in die aus denselben Personen
bestehende Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) grunderwerbsteuerpflichtig ist oder
ob dieser Vorgang gemäß § 5 Abs. 1 des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG) in
vollem Umfang steuerbefreit ist.
2
Die Klägerin ist eine Eigentümergemeinschaft, bestehend aus Herrn I...C, Frau I......
T...C geb. C, Herrn J....C, Frau M..... C....-M..... und Herrn X......... T....... (im Folgenden:
die Klägerin). Laut notariell beurkundetem Tauschvertrag vom .......1991 (UR.-Nr. ... des
Notars Dr. ............. in .................) mit der Stadt ......... erwarben die an der Klägerin
beteiligten Personen zu je 1/5 Anteil das im Grundbuch von ......... Blatt 0004
eingetragene Grundstück ............ Flur 4 Nr. ..., Freifläche, ............. Straße ..., groß ... ar,
um auf diesem Grundstück eine Tankstelle zu errichten und zu betreiben.
3
Am .......1991 unterzeichneten die genannten Personen einen Vertrag zur Gründung
einer Gesellschaft des bürgerlichen Rechts (GbR) unter der Bezeichnung
"Eigentümergemeinschaft C.../T.......", mit dem erklärten Zweck (§ 1 des
Gesellschaftsvertrages), das vorgenannte Grundstück gewinnbringend zu verwalten und
zu vermieten. Nach § 1 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrages stellt das Grundstück
Gesamthandseigentum der GbR dar.
4
In das Grundbuch von .............. (Amtsgericht ......) wurden am .....1992 auf Antrag des
Notars Dr. ........... vom ........1991 die genannten Personen als Miteigentümer des
Grundstücks ......... zu je 1/5 Anteil eingetragen. Bei dieser Eintragung blieb es auch in
den Folgejahren.
5
Am .....1991 wurde von demselben Notar ein "Grundstückskaufvertrag (Teilfläche)"
beurkundet (UR.-Nr. ...). Mit diesem Vertrag übertrugen I...C, I....T...., J..... C,
M......C....M..... und X...T..... aus dem mit Urkunde ... erworbenen Grundstück eine
Teilfläche von 10 m2 zum Preis von 3.000 DM an das ... zwecks Errichtung einer
Transformatorstation. Wegen der Einzelheiten insoweit wird auf den Vertrag Bezug
genommen.
6
Am .....2003 ließen die an der Klägerin beteiligten Personen den in Streit stehenden
"Einbringungsvertrag" (UR.-Nr. ... des Notars Dr. ...... ....... in ....... ......) beurkunden. Der
Gesellschaftsvertrag vom ......1991 wurde als Anlage zu der Urkunde UR.-Nr. ...
genommen. Der "Einbringungsvertrag" nimmt unter I. Bezug auf die Eintragung der an
der Klägerin als Miteigentümer zu je 1/5 Anteil beteiligten Personen im Grundbuch.
Unter II. des Einbringungsvertrages wird Bezug genommen auf den GbR-
Gesellschaftsvertrag vom .....1991. Daran anschließend heißt es wie folgt: "Die
Beteiligten stellen fest, dass die Einbringung des z. Zt. in Bruchteilsgemeinschaft
gehaltenen Grundbesitzes in die Gesellschaft mit sachenrechtlicher Wirkung
versehentlich bisher nicht erfolgt ist, dass jedoch die Bruchteilsgemeinschaft ab dem
.....1991 wie eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts behandelt wurde". Unter III. des
Einbringungsvertrages wird vereinbart, dass jeder der an der Klägerin beteiligten
Personen seinen 1/5 Miteigentumsanteil an dem Grundstück in die zwischen ihnen
bestehende GbR unter dem Namen "Eigentümergemeinschaft C../ T......" einbringt.
7
Ebenfalls am ....2003 ließen die an der Klägerin beteiligten Personen zur Regelung der
Unternehmensnachfolge einen "Kauf- und Übertragungsvertrag – GbR-Beteiligung"
beurkunden (UR.-Nr. ... des Notars Dr. ..... ....... in .............). Herr I...C, Frau I...C....T, Herr
J....C und Frau M......C...M...... schieden unter Übertragung ihrer GbR-Beteiligungen auf
ihre Kinder bzw. Nichten aus der Gesellschaft aus. An der GbR waren danach Herr X...
T...... zu 3/15 Anteil und Frau D......T......, Herr U T und Herr B.... T.... zu je 4/15 Anteil
beteiligt.
8
Unter Bezugnahme auf die notarielle Urkunde ... vom ......2003 setzte der Beklagte mit
Bescheid vom ......2003 gegenüber der Klägerin die Grunderwerbsteuer auf 18.470,-- €
fest. Hierbei ging er bezüglich der Bemessungsgrundlage von einem auf 350% erhöhten
Einheitswert von ... € aus, berücksichtigte die nach § 5 Abs. 1 des
Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG) vorgesehenen Steuerbefreiungen mit 40% = ... €
und legte einen Steuersatz von 3,5% zugrunde. Der Bescheid erging vorläufig gemäß §
165 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO) hinsichtlich der endgültigen
Bemessungsgrundlage. Hilfsweise sei bis zur Ermittlung des Bedarfswertes der
Einheitswert in Höhe von ... €, erhöht auf 350%, angesetzt worden.
9
Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin fristgerecht Einspruch ein. Sie machte
geltend, Anspruch auf Steuerbefreiung nach § 5 Abs. 1 GrEStG im Umfang von 100% zu
haben. Zur Begründung führte sie aus, dass mit dem Einbringungsvertrag (Urkunde
360/2003) nicht die Einbringung des Grundstücks in die GbR verwirklicht, sondern
lediglich eine Berichtigung des Grundbuchs veranlasst worden sei. Entgegen dem
10
Willen der Gemeinschafter seien diese als Bruchteilseigentümer des Grundstücks in das
Grundbuch eingetragen worden. Sie seien jedoch seit Errichtung der
Grundstücksgemeinschaft im Jahre 1991 immer davon ausgegangen, als GbR zu
handeln. Dies belege auch der Tauschvertrag vom .....1991 (UR.-Nr. ...). Danach habe
die GbR von der Stadt ..... das Grundstück erworben; das Eigentum daran sei
untereinander zu je 1/5 aufgeteilt worden. Alle Erklärungen und auch die
Steuererklärungen seien in der Folgezeit von der GbR abgegeben worden. Dass die
GbR nicht als solche im Grundbuch eingetragen worden sei, sei erst nach Jahren von
dem Urkundsnotar aufgedeckt worden. Dieser habe vorgeschlagen, die Angelegenheit
durch die Urkunde ... nachträglich zu berichtigen.
Mit Einspruchsentscheidung vom ......2003 wies der Beklagte den Einspruch als
unbegründet zurück. Die Voraussetzungen für eine vollständige Steuerbefreiung nach §
5 Abs. 1 GrEStG lägen nicht vor. Ausweislich der Urkunde ... habe die
Erbengemeinschaft, untereinander zu je 1/5 beteiligt, das Grundstück durch
Tauschvertrag erworben. Durch weitere Urkunde ... hätten die Beteiligten zu je 1/5 eine
Teilfläche an das ... zwecks Errichtung einer Transformatorstation veräußert. In keinem
der beiden Verträge habe eine GbR gehandelt. Auch in der hier streitgegenständlichen
Urkunde ..., die zudem ausdrücklich als "Einbringungsvertrag" bezeichnet sei, werde
von einer Bruchteilsgemeinschaft zu je 1/5 Anteil gesprochen. Auch im Grundbuch
seien die Beteiligten zu je 1/5 als Miteigentümer eingetragen worden. Dass die
Beteiligten untereinander von den Verhältnissen ausgegangen seien, wie sie im
Gesellschaftsvertrag vom .....1991 dargestellt seien, werde demnach durch die offiziellen
Dokumente – Grundbuch bzw. diverse notarielle Urkunden – eindeutig widerlegt.
11
Gleichzeitig mit der Einspruchsentscheidung erging ein nach § 165 Abs. 2 AO
geänderter, nunmehr auf ... € lautender Grunderwerbsteuerbescheid, nachdem die
Bewertungsstelle des Beklagten eine Bedarfsbewertung des Grundstücks erstellt hatte.
12
Hiergegen richtet sich die vorliegende, fristgerecht bei Gericht eingegangene Klage, die
im Wesentlichen wie folgt begründet wird:
13
Die rechtliche Würdigung des unstreitigen Sachverhalts durch den Beklagten sei
unzutreffend. Es sei ein grundsätzliches Prinzip der Grunderwerbsteuer, dass nur der
Erwerb bzw. der Übergang des Eigentums an einem Grundstück besteuert werde. Wenn
sich durch einen Rechtsvorgang (Vertrag, Auflassung, Grundstücksberichtigung u.ä.)
keine materiellen Rechtsänderungen am Grundstück ergäben, so dürfe auch keine
Grunderwerbsteuer erhoben werden. Die Bezeichnung des entsprechenden
Rechtsvorgangs sei für die Grunderwerbsteuer unerheblich. Es sei ebenfalls
grunderwerbsteuerrechtlich nicht maßgebend, wie das Grundstück im Grundbuch
eingetragen worden sei. Für die Frage, ob ein Grundstück zu gesamthänderisch
gebundenem Gesellschaftsvermögen geworden sei, müsse auf die tatrichterlich zu
ermittelnde Willensrichtung der Gesellschafter abgestellt werden.
14
Im Streitfall habe durch den Einbringungsvertrag vom .....2003 (UR.-Nr. ...) nur der seit
1991 tatsächlich gewollte und auch praktizierte Zustand (Gesamthandseigentum der
Gesellschaft) im Grundbuch seinen Niederschlag finden sollen. Es habe sich somit
keine materielle Rechtsänderung ergeben, so dass der der Urkunde ...
zugrundeliegende Vorgang (Einbringung) kein grunderwerbsteuerbarer Vorgang sei.
Dass von Anfang an der Erwerb des Tauschgrundstücks durch die BGB-Gesellschaft
gewollt und diese am Beurkundungstermin bereits existent gewesen sei, ergebe sich
15
deutlich aus dem Protokoll der Gesellschafterversammlung der C.... KG vom .....1991.
Laut Tz. 2 dieses Protokolls gründeten "die fünf Gesellschafter mit dem
gemeinschaftlichen Erwerb des Grundstücks ....... Straße die BGB-Gesellschaft
Eigentümergesellschaft C:::/ T:::::".
Der Beklagte könne sich für seine Auffassung nur auf den Inhalt des Grundbuchs und
auf die Urkunde ... (Veräußerung eines Grundstücksteils an die ... zur Errichtung einer
Transformatorstation) stützen, in der ebenfalls von Bruchteilseigentum an diesem
Grundstück ausgegangen werde. Hierbei lasse er jedoch unberücksichtigt, dass das
Grundstück nach dem Willen und der Praxis der Beteiligten stets zum gesamthänderisch
gebundenen Vermögen der GbR gehört habe. Im Übrigen sei die gesetzliche
Vermutung der Richtigkeit des Grundbuchinhalts widerlegbar.
16
Soweit die Versagung der vollständigen Steuerbefreiung durch den Beklagten damit
begründet werde, dass zeitgleich mit der Einbringung in die GbR auch ein
Gesellschafterwechsel stattgefunden habe, berücksichtige der Beklagte nicht, dass § 5
Abs. 3 GrEStG nur auf seinen Sinn und Zweck beschränkt anwendbar sei (teleologische
Reduktion). Die Vorschrift sei vom Gesetzgeber im Jahre 1999 als
Missbrauchsbekämpfungsvorschrift eingeführt worden. Da das Grundstück – wenn auch
nicht im Grundbuch entsprechend eingetragen – seit ca. 12 Jahren zum
Gesamthandsvermögen der GbR gehört habe und sich dies auch in Zukunft
voraussichtlich nicht ändern werde, scheide eine Missbrauchsmöglichkeit aus. Deshalb
sei es, sofern man überhaupt von einer Steuerbarkeit des Einbringungsvertrages vom
......2003 ausgehen könne, geboten, die Steuerbefreiung nach § 5 Abs. 1 GrEStG zu
gewähren.
17
Hinzu komme Folgendes:
18
Zwar sei die aufgrund des Tausch- und Gesellschaftsvertrages vom .....1991 und
.....1991 vorgesehene Zurechnung des Grundstücks in das Gesamthandseigentum der
GbR mangels Eintragung in das Grundbuch sachenrechtlich nicht vollzogen worden.
Die wirtschaftlichen Konsequenzen dieser Vorgänge seien jedoch gezogen worden: Die
GbR habe das Grundstück durch Vermietung genutzt und die Erträge seien in das
Gesellschaftsvermögen eingegangen. Ertragsteuerlich sei das Grundstück ebenfalls als
Gesamthandsvermögen der GbR behandelt worden. § 1 Abs. 2 GrEStG sehe jedoch für
die Fälle, in denen eine zivilrechtlich wirksame Übertragung scheitere, die
wirtschaftliche Verfügungsmacht aber übergegangen sei, eine Steuerpflicht bei
Übergang der wirtschaftlichen Verwertungsbefugnis vor. Voraussetzung hierfür sei, dass
nicht nur die Erträge aus der Nutzung, sondern auch mögliche Erträge aus einer
Verwertung auf diejenige Person oder Gesellschaft übergehe, die eigentlich
zivilrechtlicher Eigentümer habe werden sollen. Diese Voraussetzung sei im Streitfall
erfüllt. Da deshalb eine nach § 1 Abs. 2 GrEStG steuerbare wirtschaftliche
Grundstückseinbringung bereits in 1991 erfolgt sei, sei für die Anwendung der
Steuerbefreiung nach § 5 Abs. 1 GrEStG auf die Verhältnisse in 1991 abzustellen.
Diese seien 12 Jahre (bezogen auf 2003) und damit deutlich länger als die
steuerunschädliche Behaltensfrist nach § 5 Abs. 3 GrEStG unverändert geblieben. Die
Steuerbefreiung nach § 5 Abs. 1 GrEStG greife daher in vollem Umfang.
19
Die Klägerin beantragt,
20
den Grunderwerbsteuerbescheid vom .....2003 in Gestalt der
21
Einspruchsentscheidung vom .....2003 aufzuheben, hilfsweise die Revision
zuzulassen.
Der Beklagte beantragt,
22
die Klage abzuweisen, hilfsweise die Revision zuzulassen.
23
Er wiederholt im Wesentlichen seine Ausführungen im Vorverfahren. Ergänzend trägt er
wie folgt vor:
24
Die Klägerin könne sich nicht auf § 1 Abs. 2 GrEStG berufen, mit der Begründung, das
Grundstück sei von den Beteiligten wie Gesellschaftsvermögen behandelt worden, weil
die GbR das Grundstück durch Vermietung nutze und die entsprechenden Erträge der
GbR zuflössen. Die wirtschaftliche Verwertungsbefugnis müsse grundsätzlich durch
formwirksamen Rechtsakt verschafft werden. Die Verwertung werde nämlich nur dann
ermöglicht, wenn die Rechtsstellung des Berechtigten von der Rechtsordnung
anerkannt werde. Dies bedeute, dass eine privatschriftliche Vereinbarung wie der von
den Beteiligten der Klägerin abgeschlossene Gesellschaftsvertrag vom .....1991 dem
Formerfordernis nicht genüge, da bei Grundstücksgeschäften auch eine notarielle
Beurkundung erforderlich sei.
25
Die ertragsteuerliche Behandlung der Grundstückserträge sei grunderwerbsteuerlich
nicht maßgebend.
26
Ob der GbR-Gesellschaftsvertrag vom ...1991 gemäß § 1 Abs. 2 GrEStG steuerbar
gewesen sei oder nicht, könne letztlich dahingestellt sein. Jedenfalls habe der
Einbringungsvertrag vom .....2003 (UR.-Nr. ...) i.V. mit dem Kauf- und
Übertragungsvertrag vom selben Tage (UR.-Nr. ...) eine neue Grunderwerbsteuerpflicht
gemäß § 1 Abs. 1 i.V. mit § 5 Abs. 3 GrEStG begründet. Dies werde in § 1 Abs. 6
GrEStG ausdrücklich klargestellt.
27
Der der Einspruchsentscheidung vom .....2003 beigefügte Änderungsbescheid vom
gleichen Tage sei gemäß § 365 Abs. 3 Satz 1 AO zum Gegenstand des Verfahrens
geworden.
28
Mit Beschluss vom .....2007 hat der Senat angeordnet, Beweis zu erheben über die
Frage, ob die C../T..... GbR von vornherein durch den Grundstückskaufvertrag vom
.....1991 (UR.-Nr. ... des Notars Dr. ......... in ................ den im Tauschgang von der Stadt
...... erworbenen Grundbesitz als GbR erwerben sollte, durch Vernehmung des Notars
Dr. ............. und des Wirtschaftsprüfers Dr. ............ als Zeugen. Zum Ergebnis der
Beweisaufnahme wird auf die Anlage zum Protokoll über die mündliche Verhandlung
vom 2. Mai 2007 Bezug genommen.
29
Entscheidungsgründe
30
Die Klage ist begründet.
31
Der angefochtene Grunderwerbsteuerbescheid ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin
in ihren Rechten (arg. § 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung – FGO – ). Der
Einbringungsvertrag vom ....2003 (UR.-Nr. ...) stellt keinen Grunderwerbsteuer
auslösenden Erwerbsvorgang im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG dar.
32
Gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG unterliegt der Grunderwerbsteuer ein Kaufvertrag oder
ein anderes Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Übereignung eines inländischen
Grundstücks begründet. Hierzu zählen auch sog. Einbringungsverträge, durch die die
Verpflichtung zur Übertragung eines zum eingebrachten Betrieb oder Teilbetrieb
gehörenden inländischen Grundstücks begründet wird (Pahlke in Pahlke/Franz,
Grunderwerbsteuer, 3. Aufl. 2005, § 1 Rz. 153). Hiervon ausgehend hat der Beklagte
unter Anwendung des § 5 Abs. 1 GrEStG eine Steuerbefreiung in Höhe von 40 vom
Hundert gewährt. Im Streitfall liegt jedoch entgegen der ausdrücklichen Bezeichnung als
"Einbringungsvertrag" in diesem Vorgang kein Rechtsgeschäft vor, das einen Anspruch
auf Übereignung eines Grundstücks begründet. Denn zu diesem Zeitpunkt war die
Klägerin bereits Eigentümerin des Grundstücks. Es handelt sich vielmehr um eine
Maßnahme mit dem Ziel, die fehlerhafte Eintragung des Eigentums einer
Bruchteilsgemeinschaft in das Grundbuch aus dem Jahre 1991/1992 zu korrigieren.
Dies ergibt sich aus Folgendem:
33
Gemäß § 5 Abs. 1 GrEStG wird beim Übergang eines Grundstücks von mehreren
Miteigentümern auf eine Gesamthand die Steuer nicht erhoben, soweit der Anteil des
einzelnen am Vermögen der Gesamthand Beteiligten seinem Bruchteil am Grundstück
entspricht. Diese Vorschrift hat der Beklagte auf den "Einbringungsvertrag" vom ....2003
angewendet und die teilweise Steuerbefreiung betreffend den ursprünglichen
Grunderwerbsteuerbescheid vom .....2003 hierauf gestützt. § 5 Abs. 1 GrEStG ist im
Streitfall jedoch nicht anwendbar. Denn mit der Urkunde ... sollte nicht der Übergang
eines Grundstücks von mehreren Miteigentümern auf eine Gesamthand beurkundet
werden. Vielmehr war das Eigentum an dem Grundstück bereits im Jahre 1991 auf die
Gesamthand C../T..... GbR übertragen worden.
34
Durch den "Einbringungsvertrag" vom .....2003 konnte das hier in Rede stehende
Grundstück deshalb nicht von mehreren Miteigentümern auf eine Gesamthand
übertragen werden, weil es bereits durch den Tauschvertrag vom .....1991 (UR.-Nr. ...) in
das Eigentum der BGB-Gesellschaft C.../ T..... (der Klägerin) übergegangen war. Hierfür
spricht Folgendes: Erwerben mehrere Personen ein Grundstück, ist vorrangig
festzustellen, ob es sich bei diesen mehreren Personen um eine Personengesellschaft
handelt. Denn bei einer Personengesellschaft können Gesamthandsvermögen und
Bruchteilseigentum nebeneinander bestehen. Entsprechend dem gesetzlichen
Regelstatut des § 718 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches – BGB – besteht eine
tatsächliche Vermutung des Inhalts, dass ein von Gesellschaftern gemeinsam
erworbenes Grundstück in Gesamthandseigentum erworben werden soll. Denn die
Zurechnung von Gesamthandsvermögen auf einen "besonderen Rechtsträger" hat die
Funktion, das Gesellschaftsvermögen im Interesse von Zweckverfolgung und –
erreichung zu binden (Bundesfinanzhof – BFH – Urteil vom 4. April 1974 III R 168/72,
Bundessteuerblatt – BStBl – II 1974, 598; Fischer in Boruttau, Grunderwerbsteuer, 15.
Aufl. 2002, § 1 Rdnr. 106; Pahlke in Pahlke/Franz, Grunderwerbsteuergesetz, 3. Aufl.
2005, § 1 Rz. 36). Ob ein Grundstück zu Bruchteilseigentum i.S. der §§ 741 ff. BGB oder
zu Gesamthandseigentum i.S. des § 718 Abs. 1 BGB erworben werden soll, ist – worauf
die Klägerin zutreffend hingewiesen hat – von der tatrichterlich zu ermittelnden
Willensrichtung der Gesellschafter abhängig (Fischer in Boruttau, Grunderwerbsteuer,
15. Aufl. 2002, § 1 Anm. 106).
35
Bezogen auf den Streitfall ergibt sich bezüglich der Willensrichtung der Vertragsparteien
des Tauschvertages vom ......1991 mit der Stadt ..... aufgrund der vorgelegten Urkunden
36
und nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme Folgendes:
Die N.....C.... KG, an der die aus vier Personen bestehende Erbengemeinschaft C.....
sowie Herr X....T...... beteiligt waren, betrieb auf dem Grundstück ............ (B .) in .... ...........
eine .........-Tankstelle. Wegen des Tunnelbaus in ............ war eine Verlegung der
Tankstelle an die ......... Straße erforderlich. Laut Protokoll der
Gesellschafterversammlung der C..... KG vom .....1991 waren die Gesellschafter der
Erbengemeinschaft C.... und die Gesellschafter der C..... KG zusammengetreten, um in
Anbetracht der am .......1991 zu unterzeichnenden Urkunde verschiedene Beschlüsse zu
fassen. Hierzu gehörte auch der Beschluss, "mit dem gemeinschaftlichen Erwerb des
Grundstücks ............ Straße die BGB-Gesellschaft ‚Eigentümergesellschaft C.../ T...... zu
gründen". Diese sollte die noch zu errichtende Tankstelle auf dem am nächsten Tage
von der Stadt ..... im Tauschwege zu erwerbenden Grundstück an der ....... Straße
betreiben.
37
Ob die BGB-Gesellschaft bereits am .....1991 gegründet wurde, wie der Zeuge Dr. .......
zunächst ausgesagt hat, oder ob sie erst am nächsten Tag ipso iure mit dem Erwerb des
Tauschgrundstücks existent wurde, kann dahingestellt bleiben. Jedenfalls kommt durch
das Protokoll der Gesellschafterversammlung der C..... KG vom .....1991 und durch die
Aussage des Zeugen Dr. ....... der Wille der Herren I.... und J......C..., X.... T..... und der
Damen I..... T....... und M....C...M....... klar zum Ausdruck, ab dem .....1991 in
gesamthänderischer Verbundenheit handeln zu wollen, um in dieser Eigenschaft das
Tauschgrundstück von der Stadt ..... zu erwerben und hierauf – ebenfalls in
gesamthänderischer Verbundenheit – eine Tankstelle zu betreiben. Dass das
Tauschgrundstück tatsächlich in das Vermögen der BGB-Gesellschaft übergehen sollte,
wird auch durch die in Tz. 2 des Protokolls der Gesellschafterversammlung vom
......1991 vereinbarte Ausgleichspflicht einzelner Gesellschafter bezüglich des Kapitals
der BGB-Gesellschaft deutlich. Dass es offenbar keine Einladung zur
Gesellschafterversammlung der BGB-Gesellschaft gegeben hat, ist ebenso unerheblich,
wie der Umstand, dass der BGB-Gesellschaftsvertrag erst am ......1991 privatschriftlich
geschlossen wurde. Denn Personen, die sich rechtsverbindlich zum gemeinsamen Kauf
einer Sache zusammentun, bilden allein hierdurch eine Gesellschaft bürgerlichen
Rechts (Karsten Schmidt, Gesellschaftsrecht, 4. Aufl. 2002, § 58 III 6. a). Gleiches gilt
auch dann, wenn der Erwerb eines Grundstücks im Tauschwege erfolgen soll. Der
hierfür grundsätzlich erforderliche Gesellschaftsvertrag kann indes formlos, also auch
konkludent abgeschlossen werden (Karsten Schmidt, a.a.O., § 59 I 2. a). Der Wille der
Gesellschafter, sich als BGB-Gesellschaft zusammentun zu wollen, ist in dem Protokoll
vom .....1991 und dem am nächsten Tag vollzogenen Grundstückstausch hinreichend
dokumentiert.
38
Es steht dem Erwerb des Tauschgrundstücks durch die Gesamthand auch nicht
entgegen, dass der Urkundsnotar den Tauschvertrag so formuliert hat, als würden die
Mitglieder der Erbengemeinschaft C.... und Herr X..... T....... das Tauschgrundstück als
Bruchteilsberechtigte erwerben. Denn wenn ein rechtsgeschäftlicher Erwerb in
Gesamthandseigentum nicht gegen einen diesbezüglichen Willen der Erwerber
eintreten kann (Fischer in Boruttau, Grunderwerbsteuer, § 1 Rdnr. 106), so gilt vor dem
Hintergrund der tatsächlichen Vermutung, dass ein von Gesellschaftern erworbenes
Grundstück grundsätzlich in Gesamthandseigentum erworben werden soll, auch die
Umkehrung dieses Satzes: Wenn ein Grundstück rechtsgeschäftlich in
Gesamthandseigentum erworben werden soll, scheitert der Erwerb durch die
Gesamthand nicht daran, dass – von den Gesamthändern unerkannt – der Erwerb zu
39
Bruchteilseigentum beurkundet wurde.
Dem steht auch nicht entgegen, dass der Notar Dr. ....... als Zeuge ausgesagt hat, ihm
sei im Beurkundungstermin der Beschluss vom ......1991 nicht bekannt gewesen und er
habe einen Erwerb durch eine Bruchteilsgemeinschaft "vor Augen gehabt". Wie in den
beiden mündlichen Verhandlungen deutlich geworden ist, handelt es sich bei der von
den Erwerbern am .....1991 abgegeben Auflassungserklärung um einen weder von dem
Notar noch von der Stadt ...... erkannten Erklärungsirrtum der Erwerber über die
rechtliche Bedeutung des Ausdrucks "Eigentümergemeinschaft C...../.T........". Diesen
war das Auseinanderfallen ihres Erklärungswillens und des Erklärungsinhalts bei der
Beurkundung nicht bewusst. So hat auch der Zeuge Dr. ........ in seiner Vernehmung
eingeräumt, eine – aus heutiger Sicht – gebotene Rückfrage bei dem Wirtschaftsprüfer
Dr. ...... unterlassen zu haben, warum dieser die in dem ursprünglichen Vertragsentwurf
verwandte und zu einem deutlich früheren Zeitpunkt auch noch so gewollte
Formulierung "Bruchteilsgemeinschaft" handschriftlich abgeändert hatte in
"Eigentümergemeinschaft C.../T......". Wie der Streitfall eindrucksvoll zeigt, besteht über
das Rechtsinstitut "Miteigentum" vielfach Unklarheit. Das Eigentum an einer Sache
kann mehreren Personen zustehen. Sofern nicht ausnahmsweise eine
Gesamthandsgemeinschaft gegeben ist, steht das Miteigentum mehreren zu Bruchteilen
zu, d.h. jeder Miteigentümer hat einen bestimmten ideellen (nicht realen) Anteil an der
Sache. Für das Miteigentum nach Bruchteilen gelten die Vorschriften über die
Gemeinschaft (§§ 741 ff. BGB). Im Streitfall war aber gerade dies nach dem klar
dokumentierten Zweck des Tauschvertrages vom 29.1.1991 von den Erwerbern nicht
gewollt, sondern ein Erwerb durch die zumindest gleichzeitig entstandene BGB-
Gesellschaft. Diese vielfach anzutreffende Unklarheit über die Rechtsnatur einer
Eigentümergemeinschaft kommt nicht nur in der Rechtsauffassung des Zeugen Dr. ........
zum Ausdruck, der erklärtermaßen in der "Eigentümergemeinschaft C...../T........." eine
BGB-Gesellschaft gesehen hatte, sondern auch in dem Bericht des Beklagten vom
13.5.1992 über die bei der "Eigentümergemeinschaft C..../T......." durchgeführte
Umsatzsteuer-Sonderprüfung, wo die Rechtsform des Unternehmens als "Gesellschaft
bürgerlichen Rechts" bezeichnet ist.
40
Auch die am .....1992 erfolgte Eintragung der fünf Erwerber als Bruchteilsberechtigte im
Grundbuch hindert nicht die Annahme eines Erwerbs durch die BGB-Gesellschaft. Denn
die Eintragung in das Grundbuch bewirkt nicht konstitutiv das Eigentum des
Eingetragenen, sondern gibt nur die durch die Auflassung herbeigeführte materielle
Rechtslage wieder. Ist – wie im Streitfall – die Auflassung hinsichtlich der Person der
Erwerber fehlerhaft erklärt worden, führt dies zur Unrichtigkeit des Grundbuchinhalts i.S.
des § 894 BGB. Eine solche Unrichtigkeit eines Grundbuchs besteht, wenn die durch
den Grundbuchinhalt dargestellte Rechtslage bezüglich Eigentum etc. nicht mit der
wirklichen Rechtslage übereinstimmt (Palandt/Bassenge, BGB, 65. Aufl. 2006, § 894
Rz. 2). Ob der von der Klägerin auf Anraten des Notars Dr. Schmidt gewählte Weg,
durch den Einbringungsvertrag vom 13.2.2003 die fehlerhafte Eigentumseintragung aus
dem Jahre 1992 zu korrigieren, aus grunderwerbsteuerrechtlicher Sicht zweckmäßig
war, bedarf keiner Entscheidung.
41
Mit der Erkenntnis, dass das hier in Rede stehende Grundstück bereits im Jahre 1991 in
das Eigentum der BGB-Gesellschaft übergegangen ist, steht es auch im Einklang, dass
in der Folgezeit – dem eingetragenen Eigentum der Bruchteilsgemeinschaft zuwider
und von dem Beklagten unbeanstandet – die Ergebnisse der Fruchtziehung aus dem
erworbenen Grundstück der BGB-Gesellschaft zugeordnet wurden. Zwar ist die
42
einkommensteuerrechtliche Behandlung von Erträgen für die
grunderwerbsteuerrechtliche Frage nicht unmittelbar erheblich; ihr kommt aber indizielle
Bedeutung zu (vgl. Fischer in Boruttau, Grunderwerbsteuer, 15. Aufl. 2002, § 1 Anm. 688
m.w.N. zur BFH-Rechtsprechung). Es handelt sich angesichts der Besonderheiten des
Streitfalles auch nicht um die bloße Überlassung eines Grundstücks durch einen
Gesellschafter an seine Personengesellschaft mit der Folge, dass das Grundstück
grunderwerbsteuerlich selbst dann nicht der Personengesellschaft zuzurechnen ist,
wenn das Grundstück in die Bilanz der Gesellschaft aufgenommen wurde (Fischer in
Boruttau, Grunderwerbsteuer, 15. Aufl. 2002, § 1 Anm. 744 m.w.N. zur BFH-
Rechtsprechung). Vielmehr wollten die Erwerber das Grundstück bewusst und gezielt
zur Erreichung des angestrebten gemeinschaftlichen Zwecks – Betrieb einer Tankstelle
– als notwendiges Betriebsvermögen von der Stadt ...... in das Eigentum der
Personengesellschaft übernehmen.
Es liegt auch kein anderer, die Grunderwerbsteuer auslösender Tabestand,
insbesondere nicht § 1 Abs. 2a GrEStG, vor.
43
Durch den "Kauf- und Übertragungsvertrag (GbR-Beteiligung)" ebenfalls vom .....2003
ist zwar ein wesentlicher Wechsel im Bestand der Gesellschafter einer
Personengesellschaft i.S. des § 1 Abs. 2a GrEStG i.d.F. des Steuerentlastungsgesetzes
1999/2000/2002 vom 24.3.1999 (BGBl. I 1999, 402) eingetreten. Die Voraussetzungen
für eine Festsetzung von Grunderwerbsteuer nach dieser Vorschrift liegen jedoch nicht
vor. Gehört zum Vermögen einer Personengesellschaft ein inländisches Grundstück und
ändert sich innerhalb von fünf Jahren der Gesellschafterbestand unmittelbar oder
mittelbar dergestalt, dass mindestens 95 vom Hundert der Anteile am
Gesellschaftsvermögen auf neue Gesellschafter übergehen, gilt dies als ein auf die
Übereignung eines Grundstücks auf eine neue Personengesellschaft gerichtetes
Rechtsgeschäft (§ 1 Abs. 2a GrEStG). Eine Grunderwerbsteuerfestsetzung nach dieser
Vorschrift scheitert im Streitfall jedoch daran, dass der Gesellschafterwechsel nicht
innerhalb von fünf Jahren, gerechnet ab dem Erwerb des Grundstücks im Jahre 1991
durch die BGB-Gesellschaft, eingetreten ist.
44
Da § 1 Abs. 1 Nr. 1 i.V. mit § 5 GrEStG somit als Grundlage für den geltend gemachten
Grunderwerbsteueranspruch ausscheiden und ein Austausch des Besteuerungsobjekts
in Bezug auf den Vorgang im Jahre 1991 nicht möglich ist, erweist sich der
angefochtene Grunderwerbsteuerbescheid als unheilbar rechtswidrig, weshalb er mit
der Kostenfolge aus § 135 Abs. 1 FGO aufzuheben war.
45
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 151 Abs. 3, 155
FGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 10, 711 der Zivilprozessordnung.
46