Urteil des FG Köln vom 06.10.2010

FG Köln (letter of intent, erwerb, anschaffungskosten, mit an sicherheit grenzender wahrscheinlichkeit, nebenkosten, höhe, spesen, gemeinsames ziel, zeitlicher zusammenhang, gutachten)

Finanzgericht Köln, 13 K 4188/07
Datum:
06.10.2010
Gericht:
Finanzgericht Köln
Spruchkörper:
13. Senat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
13 K 4188/07
Tenor:
Der Körperschaftsteuerbescheid 2001 vom 29. April 2005 in Gestalt der
Ein-spruchsentscheidung vom 2. Oktober 2007 wird dahingehend
abgeändert, dass bisher als Anschaffungskosten behandelte
Aufwendungen in Höhe von 10.000 DM als sofort abziehbare
Betriebsausgaben berücksichtigt werden. Dem Beklagten wird
aufgegeben, die geänderte Steuerfestsetzung zu errechnen, fer-ner der
Klägerin das Ergebnis dieser Berechnung unverzüglich mitzuteilen und
den Bescheid mit dem geänderten Inhalt nach Rechtskraft dieses Urteils
neu bekanntzugeben.
Die weitergehende Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
1
Die Beteiligten streiten im vorliegenden Verfahren über die Frage, ob Beratungskosten
als Nebenkosten der Anschaffung zu aktivieren oder sofort abziehbare
Betriebsausgaben sind.
2
Die Klägerin ist eine in den achtziger Jahren des vorangegangenen Jahrhunderts
gegründete Aktiengesellschaft. Gegenstand ihres Unternehmens ist die Beratung bei,
die Mitwirkung an und die Durchführung von Projekten zur Verbesserung und
Entwicklung von ... . Sie leitet darüber hinaus eine Gruppe von Unternehmen, die in den
vorgenannten Geschäftsfeldern tätig sind.
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Die Klägerin wurde zunächst auf Basis der abgegebenen Steuererklärungen im
Wesentlichen erklärungsgemäß zur Körperschaftsteuer 2000 bis 2002 veranlagt. Die
Bescheide standen durchweg unter dem Vorbehalt der Nachprüfung.
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Im Jahr 2004 führte das Finanzamt für Groß- und Konzernbetriebsprüfung H - Bp - bei
der Klägerin eine Außenprüfung für die Jahre 1999 bis 2002 durch. Die Außenprüfung
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führte zu diversen Feststellungen, die in wesentlichen Teilen zwischen den Beteiligten
des vorliegenden Rechtsstreites nicht umstritten sind. Streitig ist allein die Bewertung
der nachfolgend dargestellten Lebenssachverhalte im Kontext des späteren Erwerbs der
Anteile an der K Limited in O in Großbritannien - im Folgenden Ltd. - sowie der R BV
und T BV in den Niederlanden - im Folgenden BV.
Während die Klägerin die hinsichtlich ihrer betrieblichen Veranlassung zwischen den
Beteiligten unstreitigen Zahlungen als sofort abziehbare Betriebsausgaben behandelte,
hält der Beklagte die Aufwendungen für Anschaffungskosten.
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1. Ltd.
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Die Klägerin schloss unter dem 18. / 25. Januar 2000 mit der V M & Partner - M - einen
Beratungs- und Vermittlungsvertrag. Nach Abs. 2 dieses Vertrages beauftragte die
Klägerin M (zunächst exklusiv für die Länder Niederlande, Frankreich und
Skandinavien, später auf Unternehmen aus anderen Ländern erweitert) ihr
Unternehmen anzubieten, zu vermitteln und/oder sie bei Verhandlungen zu beraten. M
sollte dabei der Klägerin über die angebotenen Objekte Prüfungsunterlagen zur
Verfügung stellen, um eine Vorentscheidung treffen zu können. Der weitere Text des
Abs. 2 lautet:
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Für seine Bemühungen, geeignete Objekte zu identifizieren, zahlt der Auftraggeber
(Klägerin) dem Berater (M) einmalig eine Tätigkeitsvergütung in Höhe von DM
20.000,-. Diese Vergütung wird 15 Tage nach Unterzeichnung dieser Vereinbarung
fällig. Die bezahlte Tätigkeitsvergütung wird im Erfolgsfalle voll auf die Provision
angerechnet.
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Daneben werden dem Berater seine Barauslagen erstattet, und zwar in jeweils zu
genehmigenden Budgets in Höhe von DM 10.000,-. Die Unterzeichnung dieser
Vereinbarung beinhaltet die erste Genehmigung in Höhe von DM 10.000,-.
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In Abs. 4 des Vertrages war geregelt, dass die Klägerin M im Falle des Kaufs von
Unternehmen, Beteiligungen oder Immobilien eine Provision in Höhe eines
prozentualen Anteils des Entgeltes, mindestens 250.000 DM zuzüglich Mehrwertsteuer
zu zahlen hatte. Daneben war auch die Möglichkeit zu Pacht-, Nutzungs- oder
Zusammenarbeitsverträgen etc. zu kommen, vertraglich geregelt.
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Auf der Basis des Vertrages rechnete M in 2000 zunächst 20.000 DM zuzüglich
Umsatzsteuer ab. Unter dem 30. März 2001 erfolgten zwei weitere Rechnungen, von
denen eine Barauslagen in Höhe von 13.032,08 DM zuzüglich Mehrwertsteuer betraf.
Mit der zweiten Rechnung wurde die Erfolgsprovision gemäß Abschnitt 4 des Vertrages
in Höhe von 250.000 DM in Rechnung gestellt. Von der Erfolgsprovision wurde
vertragsgerecht die Zahlung von 20.000 DM gemäß Abschnitt 2 des Vertrages in Abzug
gebracht. Die Rechnung lautete daher auf 230.000 DM zuzüglich Mehrwertsteuer
(erfasst in 2001). Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Vertrag und die
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Rechnungen in den Prüferhandakten - BpHA - Bezug genommen.
Die Zahlungen erfasste der Beklagte nach Abschluss der Außenprüfung als zusätzliche
Anschaffungskosten der Beteiligung, 20.000 DM im Jahr 2000 und 230.000 DM sowie
13.032 DM in 2001.
14
Im Vorfeld des Vertragsabschlusses bezüglich des Kaufs der Anteile an der Ltd.
beauftragte die Klägerin sowohl die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft D als auch die
Anwaltsgesellschaft S mit der Erstellung von Gutachten. Schon im Oktober 2000
rechnete die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Abschlagszahlungen für die Beratung im
Zusammenhang mit den geplanten Akquisitionen in London ab. Die Auftragsbestätigung
für den Auftrag zur Erstellung einer "Finanziellen Due Dilligence" leitete die
Wirtschaftsprüfungsgesellschaft mit einem Hinweis auf das beabsichtigte finanzielle
Investment in die Ltd. ein.
15
Die Rechnungen der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft über 170.951 DM für die
Erstellung der Due Dilligence und für die Vertragsgestaltung sowie -begleitung in Höhe
von 21.784 DM erfasste der Beklagte nach der Bp als zusätzliche Anschaffungskosten
der Beteiligung im Jahr 2001.
16
Die Anwaltsgesellschaft wurde von der Klägerin mit der Erstellung einer "Rechtlichen
Due Dilligence" beauftragt. Neben der Erstellung dieses Gutachtens begleitete die
Anwaltsgesellschaft die Klägerin bei den Vertragsverhandlungen zum Erwerb der Ltd.
Wegen der einzelnen Tätigkeiten wird auf den Entwurf der Kostenrechnung vom 23.
Januar 2003, aus dem sich die wesentlichen Tätigkeiten der Anwaltsgesellschaft, wie
z.B. Vertragserstellung und Teilnahme an Vertragsverhandlungen, ergeben, verwiesen.
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Über die Leistungen rechnete die Anwaltsgesellschaft zunächst über brutto
180.249,34 € ab. Die Leistungsbeschreibung lautete auf "beratende Tätigkeit im
Zusammenhang mit dem Erwerb aller Anteile an der K Ltd.". In der vorliegenden
Fassung der Rechnung vom 23. Januar 2003 basierte der Gesamtbetrag auf einem
Nettohonorar von 120.669,47 € zuzüglich Auslagen englischer Gebühren von 40.272,75
€.
18
Der Beklagte erfasste im Rahmen der Erhöhung der Anschaffungskosten 2001 insoweit
lediglich 130.847 DM. Dies wird rechnerisch durch die Klägerin bestätigt, die ebenfalls
von (Netto-)Rechnungen vom 1. April 2003 über 66.901,01 € = 130.847 DM und
94.040,89 € = 183.928 DM ausgeht (vom Beklagten erfasst in 2002; Blatt 38 d. A.).
19
2. A Nederland B. V. (zuvor R BV und T BV-BV)
20
21
In den BpHA findet sich ein Anteilskaufvertrag hinsichtlich der Anteile an den beiden
BV. Der Vertrag ist von der Anwaltsgesellschaft S erstellt. Unter dem 1. April 2003 stellte
die Anwaltsgesellschaft unter der Rechnungsnummer ... eine Rechnung für Ihre
Tätigkeit in den Monaten Februar bis Juli 2001 im Zusammenhang mit dem Erwerb der
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Anteile an den beiden BV. Der Rechnungsbetrag lautete laut Kreditorenkonto auf
18.165 € brutto, was 15.659 € netto (30.627 DM) entspricht. Er wurde im Jahr 2001
erfasst.
Der Betriebsprüfer kam zu der Überzeugung, dass es sich bei den dargestellten
Zahlungen für Beratungen um Nebenkosten zum jeweiligen Beteiligungserwerb
handele und erhöhte demgemäß die bisher von der Klägerin aktivierten
Anschaffungskosten um die oben dargestellten Beträge sowie weitere Kosten, deren
steuerliche Behandlung zwischen den Beteiligten nicht streitig ist. Insoweit wird auf den
Betriebsprüfungsbericht vom 4. Januar 2005 insbesondere Textziffer 2.10 Bezug
genommen.
23
Der Beklagte folgte der Auffassung des Betriebsprüfers und erließ unter dem 29. April
2005 unter Aufhebung der jeweiligen Vorbehalte der Nachprüfung geänderte Bescheide
zur Körperschaftsteuer 2000 bis 2002. Gegen die geänderten Bescheide wandte sich
die Klägerin mit fristgerecht erhobenen Einsprüchen. Zur Begründung verwies sie im
Wesentlichen darauf, dass Kosten, die vor Erwerb des Vermögensgegenstandes
angefallen seien, insbesondere Aufwendungen, die erforderlich seien, um zu
entscheiden, ob man diesen oder einen anderen Vermögensgegenstand erwerben
wolle, dem später tatsächlich erworbenen Gegenstand nicht zugeordnet werden
könnten. Sie könnten daher auch begrifflich keine Anschaffungsnebenkosten, sondern
nur laufenden Aufwand darstellen. Um derartige Beratungskosten handle es sich im
Streitfall.
24
Unter Bezugnahme auf die Entscheidung des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 27. März
2007 VIII R 62/05, BFHE 217, 491, BStBl II 2010, 159 forderte der Beklagte die Klägerin
auf, durch Vorlage weiterer Unterlagen zu belegen, wann die grundsätzliche
Erwerbsentscheidung gefallen sei. Insoweit bat er insbesondere um die Übersendung
abgeschlossener Vertraulichkeitsvereinbarungen bzw. der Letter of Intent.
25
Nachdem die Klägerin darauf nicht reagiert hatte, erließ der Beklagte unter dem 2.
Oktober 2007 die Einspruchsentscheidung, mit der die Einsprüche hinsichtlich der Jahre
1999 bis 2002 als unbegründet zurückgewiesen wurden. Unter Bezugnahme auf die
Grundsatzentscheidung des Bundesfinanzhofs vom 20. April 2004 VIII 4/02, BFHE 205,
292, BStBl II 2004, 597 und die Entscheidung aus dem Jahr 2007 legte der Beklagte § 8
des Körperschaftsteuergesetzes - KStG - i. V. m. den §§ 6, 5, 4 des
Einkommensteuergesetzes - EStG - und § 255 Abs. 1 des Handelsgesetzbuches - HGB
- dahingehend aus, dass Beratungskosten, die nach Fassung der grundsätzlichen
Entscheidung zum Erwerb von Beteiligungen anfallen, als Nebenkosten der
Anschaffung zu qualifizieren seien. Die Aktivierung durch den Betriebsprüfer sei daher
zu Recht erfolgt. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Einspruchsentscheidung
Bezug genommen.
26
Dagegen wandte sich die Klägerin mit der vorliegenden, zunächst die Jahre 2000 bis
2002 betreffenden Klage. Mit ihr verfolgt sie nach Abtrennung der Verfahren bzgl. der
Jahre 2000 und 2002 nur noch das Ziel der Minderung der Anschaffungskosten und
Erhöhung der laufenden Betriebsausgaben um 364.209 DM für das Streitjahr 2001.
27
Zum Ablauf der Anschaffungsvorgänge trägt die Klägerin ergänzend vor, dass sie und
die ursprüngliche Eigentümerin der Anteile an der Ltd. zu Beginn des Jahres 2001
Überlegungen über eine mögliche Zusammenarbeit beziehungsweise einen
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Zusammenschluss der Gesellschaften angestellt hätten. Vor Aufnahme konkreter
Gespräche hätten zunächst die finanziellen und rechtlichen Risiken überprüft werden
sollen. Daher seien die Wirtschaftsprüfungs- und die Rechtsanwaltsgesellschaft
beauftragt worden, ihre Gutachten zu erstellen. Die Gutachten hätten die Grundlage für
die Entscheidung bezüglich eines eventuellen Erwerbs darstellen sollen. Im Februar
2001 sei der Aufsichtsrat über die mögliche Akquisition in Kenntnis gesetzt worden.
Anfang April 2001 hätten die Gutachten vorgelegen. Danach hätten die Verhandlungen
über den möglichen Kauf der Ltd. begonnen, bei denen die Klägerin weiterhin durch die
Wirtschaftsprüfungs- und die Anwaltsgesellschaft beraten worden sei. Am 26. April 2001
habe der Aufsichtsrat der Klägerin den Beschluss gefasst, den Vorstand damit zu
beauftragen, die entsprechende Akquisition zu betreiben. Zu diesem Zeitpunkt sei der
Erwerb keineswegs eine beschlossene Sache gewesen. Allein die Dauer der
Aufsichtsratssitzung dokumentiere dies.
Infolge von Finanzierungsschwierigkeiten hätten sich die Verhandlungen bis in den Mai
2001 gezogen, in dem wegen neu aufgetretener Streitigkeiten über die Garantien ein
Scheitern des Vertrages möglich gewesen sei. Am 22. Mai 2001 sei die endgültige
Entscheidung zum Kauf der Anteile gefallen, am 23. Mai der Vertrag geschlossen
worden.
29
Auch hinsichtlich des Erwerbs der niederländischen BV sei zunächst die
Anwaltsgesellschaft zur Abgabe eines Gutachtens über die rechtlichen Verhältnisse der
niederländischen Gesellschaften aufgefordert worden. Der am 7. März 2001 zur
Verfügung gestellte Bericht sei die Entscheidungsgrundlage des Vorstandes der
Klägerin für den Kauf der Anteile gewesen. Der Aufsichtsrat der Klägerin habe in seiner
Sitzung vom 23. Februar 2001 einen Beschluss gefasst, den Vorstand dahingehend zu
mandatieren, Vertragsverhandlungen über den Erwerb der niederländischen
Beteiligungen zu führen und soweit der Vorstand dies für opportun halte, entsprechende
Verträge abzuschließen. Nachdem zwischenzeitlich erhebliche Differenzen zwischen
der Klägerin und den späteren Verkäufern aufgetreten seien, die ein Scheitern der
Verhandlungen möglich erscheinen ließen, sei erst kurz vor dem 27. März 2001 die
Entscheidung gefallen, die Anteile zu erwerben.
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In Übereinstimmung mit ihrem außergerichtlichen Vorbringen vertritt die Klägerin die
Auffassung, dass die streitbefangenen Beratungskosten nur dann
Anschaffungsnebenkosten darstellen könnten, wenn sie nach Fassung des endgültigen
Beschlusses über den Erwerb der Beteiligungen angefallen seien. Die endgültigen
Entscheidungen zum Erwerb der Gesellschaften seien jeweils erst kurz vor dem
Abschluss der Verträge gefällt worden. Die überwiegenden Beratungskosten seien
daher vor dem maßgeblichen Zeitpunkt angefallen. Wegen der weiteren Einzelheiten
wird auf die Klagebegründungsschrift vom 25. Februar 2008 Bezug genommen.
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Im Rahmen der mündlichen Verhandlung haben die Beteiligten auf Anregung des
Gerichts über die Behandlung der Kosten der Firma M Einigkeit erzielen können.
Hinsichtlich der Kosten für die allgemeine Beratung und Auffindung von Zielobjekten
oder Vertragspartnern für sonstige Zusammenarbeit wurde die Nähe zu einer
Marktstudie herausgestellt. Da die insoweit angefallenen Kosten unabhängig von
jeglichem Erfolg gezahlt werden mussten und auch nicht zwingend in einer Anschaffung
münden sollten, hat auch der Beklagte diese Aufwendungen dem Bereich der sofort
abziehbaren Betriebsausgaben zugeordnet. Hinsichtlich der zugehörigen Spesen
haben sich die Beteiligten tatsächlich dahingehend verständigt, dass ein Anteil von
32
10.000 DM der allgemeinen Beratung und ein Anteil von 3.032,08 DM der
Erfolgsprovision zuzuordnen sei. Hinsichtlich der weiteren Überlegungen, die im
Rahmen der mündlichen Verhandlung angestellt worden sind und die zur streitfreien
Erledigung des Rechtsstreits für die Jahre 2000 und 2002 geführt haben, wird auf das
Protokoll der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.
Die Klägerin beantragt,
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unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 2. Oktober 2007 und Änderung
des Körperschaftsteuerbescheides vom 29. April 2005 Beratungskosten in Höhe
von 364.209 DM in 2001 als sofort abziehbare Betriebsausgaben (zusätzlich) zu
berücksichtigen.
34
Der Beklagte beantragt,
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die Klage mit der Maßgabe abzuweisen, dass weitere 10.000 DM als sofort
abziehbare Betriebsausgaben berücksichtigt werden (Spesen M).
36
Er nimmt Bezug auf die Einspruchsentscheidung und die Entscheidung des BFH in
BStBl II 2010, 159. Nach der Entscheidung des BFH seien Nebenkosten, die nach dem
Entschluss des Steuerpflichtigen entstanden seien, eine Kapitalanlage zu erwerben, zu
aktivierende Anschaffungsnebenkosten. Dabei müsse die Erwerbsentscheidung nicht
gänzlich unumstößlich gefasst sein, sondern nur grundsätzlich. Eine Feststellung, dass
diese Voraussetzungen hinsichtlich einzelner Anschaffungen im Streitfall nicht gegeben
seien, könne mangels Vorlage der zur Klärung erforderlichen Unterlagen im Streitfall
nicht getroffen werden.
37
Entscheidungsgründe
38
Die Klage ist hinsichtlich der steuerlichen Behandlung der Spesen, die im
Zusammenhang mit dem allgemeinen Beratungsauftrag an die Firma M angefallen sind
(10.000 DM) begründet (1.), im Übrigen aber unbegründet (2.). Nur soweit der Beklagte
die bezeichneten Spesen als Anschaffungskosten und nicht als sofort abziehbare
Betriebsausgaben behandelt hat, ist der angefochtenen Körperschaftsteuerbescheid
rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 der
Finanzgerichtsordnung - FGO -).
39
1. Die im Zusammenhang mit dem allgemeinen Beratungsauftrag an die Firma M
angefallenen Spesen in einer (Teil)Höhe von 10.000 DM stellen entgegen der
bisherigen Behandlung durch den Beklagten sofort abziehbare Betriebsausgaben im
Sinne des § 8 Abs. 1 KStG i. V. m. §§ 6, 5, 4 EStG dar.
40
Zwischen den Beteiligten des Rechtsstreites besteht Einvernehmen, dass es sich bei
den von der Klägerin erstatteten Spesen um Betriebsausgaben im Sinne des § 4 Abs. 4
EStG, also um Aufwendungen, die durch den Betrieb der Klägerin veranlasst sind,
handelt. Insoweit handelt es sich bei den (Teil)Spesen der Firma M in Höhe von 10.000
DM auch nicht um nicht sofort abziehbare Nebenkosten der Anschaffung bzgl. der
Limited.
41
Anschaffungskosten sind diejenigen Aufwendungen, die geleistet werden, um einen
Vermögensgegenstand zu erwerben und ihn in einen betriebsbereiten Zustand zu
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versetzen soweit sie dem Vermögensgegenstand einzelnen zugeordnet werden können
(§ 255 Abs. 1 HGB). Zu den Anschaffungskosten gehören auch die Nebenkosten der
Anschaffung und die nachträglichen Anschaffungskosten (§ 255 Abs. 1 Satz 2 HGB; vgl.
z. B. Kulosa in Schmidt, EStG, § 6 Rdnrn. 33, 51 ff. m. w. N.).
Ungeachtet der erheblichen Differenzen in Rechtsprechung und Schrifttum zur
zutreffenden Abgrenzung von bloßen Vorbereitungsmaßnahmen, die zu sofort
abziehbaren Betriebsausgaben führen, und Aufwendungen, die für den Erwerb einer
Kapitalanlage gemacht werden und damit zu Anschaffungskosten führen, besteht
hinsichtlich der Aufwendungen zur Vorbereitung einer noch gänzlich unbestimmten und
später vielleicht noch zu treffenden Erwerbsentscheidung, wie z. B. bei Marktstudien,
Einigkeit in Rechtsprechung (vgl. BFH-Urteil vom 27. März 2007 VIII R 62/05, BFHE
217, 491, BStBl II 2010, 159 unter II. d.; BFH-Urteil vom 28. Oktober 2009 VIII R 22/07,
BFHE 228, 28, BStBl II 2010, 469 unter II. 1. b. bb), Literatur (vgl. zum Beispiel Hoffmann
in Littmann/ Bitz/ Pust, EStG, § 6 Rdnr. 166 m. w. N.) und Finanzverwaltung (vgl.
Klockner in Bonner Bp Nachrichten - B BPN - 02/2007, Gutachterkosten bei der
Anschaffung von Beteiligungen; Betriebsausgaben oder Aktivierung? unter III; Grümmer,
Anschaffungsnebenkosten auf die Kapitalgesellschaftsbeteiligung - Das Ende einer
langen Entwicklung?, B BPN 11/2008 unter IV; Janisch, Anschaffungsnebenkosten
beim Erwerb einer Beteiligung, B BPN 05/2010 unter 2.1.3 und 2.1.4), dass derartige
Aufwendungen zu sofort abziehbaren Betriebsausgaben und nicht zu
Anschaffungsnebenkosten führen.
43
Solche Aufwendungen liegen bei den erfolgsunabhängigen Aufwendungen im
Zusammenhang mit der ursprünglichen Beauftragung der Beratungsgesellschaft M vor.
Der Auftrag an die Beratungsgesellschaft zielte auf den Nachweis geeigneter
Zielobjekte. Dabei war unklar, ob das Ziel der Tätigkeit in einen Kauf, eine Beteiligung
an einer Zielgesellschaft oder in den Abschluss von Pacht-, Nutzungs- oder
Zusammenarbeitsverträgen etc. münden sollte oder würde (vgl. Abs. 4a und b des
Beratungs- und Vermittlungsvertrages).
44
Bei dieser ganz allgemeinen Aufgabenstellung ist ein konkreter Zusammenhang
zwischen den unabhängig vom Erfolg zu zahlenden Gebühren und Spesen und dem
späteren Ankauf der Anteile an der Ltd. nicht feststellbar. Die Aufwendungen dienten der
allgemeinen Marktaufklärung und dem Nachweis geeigneter Zielobjekte. Wie die
Regelungen in dem Vertrag zeigen, konnte die Tätigkeit der Beratungsfirma auch in
Lizenzverträgen oder Pachtverträgen enden. Die Tätigkeit der Beratungsfirma liegt
daher nach Überzeugung des erkennenden Senats insoweit im Bereich der
Maßnahmen zur Vorbereitung einer noch unbestimmten, erst später zutreffenden
Erwerbsentscheidung.
45
Hinsichtlich der Höhe der zu diesem Auftragsteil an die Beratungsfirma gehörenden
Spesen besteht zwischen den Beteiligten nach der entsprechenden tatsächlichen
Verständigung in der mündlichen Verhandlung Einigkeit.
46
Der Senat verzichtet auf weitere Ausführungen, da er sich mit seiner Entscheidung zu
den Kosten der Beratungsfirma M in Übereinstimmung mit beiden Beteiligten des
vorliegenden Rechtsstreites sieht. Der Beklagte hat durch den angekündigten
Abhilfebescheid zur Körperschaftsteuer 2000 und den eingeschränkten
Klageabweisungsantrag zum hier streitbefangenen Körperschaftsteuerbescheid 2001
deutlich gemacht, dass er insoweit mit dem erkennenden Senat übereinstimmt. Die
47
Klägerin hat korrespondierend durch ihre Einschränkung des Klageantrages bzgl. der
weiteren Kosten der Beratungsfirma (Erfolgsprovision und zugehörige Spesen)
ebenfalls die Übereinstimmung mit der Rechtsauffassung des Senats deutlich gemacht.
2. Die weitergehende Klage ist unbegründet.
48
Der Beklagte hat zu Recht die Kosten der finanziellen und der rechtlichen Due
Dilligence sowie die Kosten der Vertragsvorbereitung, -begleitung und -gestaltung im
Zusammenhang mit dem Erwerb der Ltd. und der BV dem Bereich der zu aktivierenden
Anschaffungsnebenkosten zugeordnet.
49
Wie bereits weiter oben ausgeführt, sind Anschaffungskosten diejenigen
Aufwendungen, die geleistet werden, um einen Vermögensgegenstand zu erwerben
und ihn in einen betriebsbereiten Zustand zu versetzen soweit sie dem
Vermögensgegenstand einzelnen zugeordnet werden können (§ 255 Abs. 1 HGB). Zu
den Anschaffungskosten gehören auch die Nebenkosten der Anschaffung (vgl. dazu
Kulosa in Schmidt, EStG, § 6 Rdnr. 51 ff. m. w. N.).
50
Der handelsrechtliche Begriff der Anschaffungskosten ist in Ermangelung einer
abweichenden Definition im EStG der Bewertung in der Steuerbilanz zugrunde zu legen
(vgl. die Nachweise in BFH, BStBl II 2010, 159 unter II. b; BFH-Urteil vom 26. April 2006
I R 49,50/04, BFHE 213, 37, BStBl II 2006, 656). Der Begriff der Anschaffungskosten ist
wegen des Einbezugs der Nebenkosten und nachträglichen Anschaffungskosten
grundsätzlich umfassend. Er beinhaltet - unter Ausschluss der Gemeinkosten - alle mit
dem Anschaffungsvorgang verbundenen Kosten (vgl. z. B. BFH-Urteil vom 17. Oktober
2001 I R 32/00, BFHE 197, 58, BStBl II 2002, 349 m. w. N.). Anschaffungskosten
jedenfalls in Form der Nebenkosten der Anschaffung i. S. d. § 255 Abs. 1 Satz 2 HGB
sind somit alle sonstigen Aufwendungen des Erwerbers neben der Entrichtung des
Kaufpreises, die in einem unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang mit der
Anschaffung stehen, insbesondere zwangsläufig im Gefolge der Anschaffung anfallen.
51
Die Frage, welche Kosten dem Anschaffungsvorgang im Einzelfall zuzuordnen sind, ist
nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten zu entscheiden (BFH, BStBl II 2002, 349 unter II.
3. a. m. w. N.). Dabei ist ein bloßer kausaler oder zeitlicher Zusammenhang mit der
Anschaffung nicht ausreichend, vielmehr kommt es auf die Zweckbestimmung der
Aufwendungen an. Für die Pflicht zur Aktivierung von Aufwendungen, deren Zweck der
Erwerb eines bestimmten Wirtschaftsgutes ist, muss es gemäß dem finalen Gehalt des
Begriffs der Anschaffungskosten notwendigerweise genügen, dass am Bilanzstichtag
mit der Anschaffung begonnen worden ist (vgl. BFH-Urteil vom 13. Oktober 1983 IV R
160/78, BFHE 139, 273, BStBl II 1984, 101).
52
Nach Überzeugung des erkennenden Senats ist dabei bei der Zuordnung der hier
streitbefangenen Gutachterkosten - Due Dilligence - wie auch der Kosten der
Vertragsvorbereitung, Vertragsgestaltung und -begleitung zu den
Anschaffungsnebenkosten darauf abzustellen, ob sie vor oder nach Fassung des
grundsätzlichen Erwerbsentschlusses angefallen sind. Der Senat folgt damit der
Rechtsprechung des VIII. Senats des BFH.
53
Die Zuordnung der im Kontext von Anschaffungen von Gesellschaftsanteilen häufig
anfallenden Beratungskosten, deren Behandlung auch im vorliegenden Verfahren
streitig ist, war in der jüngeren Vergangenheit mehrfach Gegenstand kontrovers
54
diskutierter BFH-Rechtsprechung. Der VIII. Senat des BFH hat in den vergangenen
Jahren mehrfach Entscheidungen zu der Frage der Qualifizierung von Beratungskosten
als Anschaffungsnebenkosten oder Werbungskosten getroffen. In der
Grundsatzentscheidung im BStBl II 2004, 597 ging es um die Beratungskosten für die
Erstellung eines Finanzierungsplanes und eines Businessplanes im Vorfeld eines
beabsichtigten, später gescheiterten Unternehmenserwerbs. Unter Bezugnahme auf
eine Entscheidungen zur fehlgeschlagenen Veräußerung einer im Privatvermögen
gehaltenen wesentlichen Beteiligung (vgl. BFH-Urteil vom 17. April 1997 VIII R 47/95,
BFHE 184, 275, BStBl II 1998, 102) führte der BFH aus, dass die im Streitfall zu
beurteilenden Beratungskosten als Nebenkosten des Erwerbs Anschaffungskosten der
Beteiligung seien. Es gelte für die streitbefangenen Beratungskosten nichts anderes als
für Makler-, Gutachter- oder Beurkundungskosten. Dies gelte allerdings uneingeschränkt
nur für Nebenkosten, die nach dem endgültigen Entschluss des Steuerpflichtigen, die
Kapitalanlage zu erwerben, entstanden seien (BFH a. a. O. unter II. 1. b).
In der zwischen den Beteiligten diskutierten Entscheidung des BFH im BStBl II 2010,
159 ging es insbesondere um Gutachterkosten für eine durchgeführte Due Dilligence im
Hinblick auf eine von der Bank für die Gewährung der Finanzierungszusage bzgl. des
Erwerbs mehrerer Gesellschaften geforderte Begutachtung der Zielgesellschaften. Der
BFH bestätigte die Qualifizierung des Finanzgerichts, das die Kosten für das Gutachten
als Anschaffungsnebenkosten behandelt hatte. Er führte aus, dass die Aussage in der
Entscheidung BStBl II 2004, 597 nicht so zu verstehen sei, dass eine
Erwerbsentscheidung gänzlich unumstößlich gefasst sein müsse, um von
Anschaffungsnebenkosten auszugehen. Vielmehr reiche die Veranlassung durch eine
grundsätzlich gefasste Erwerbsentscheidung aus. Dies bestätigte der BFH in der
Entscheidung BStBl II 2010, 469. Nach dieser Entscheidung sind
Anschaffungsnebenkosten gegeben, wenn die Aufwendungen für ein Strategieentgelt
durch eine grundsätzlich gefasste Erwerbsentscheidung veranlasst sind, auch wenn die
Zielobjekte zu diesem Zeitpunkt noch nicht feststehen.
55
Insbesondere im Hinblick auf die Kosten einer Due Dilligence, die - wie im Streitfall -
erheblich sein können, haben die Entscheidungen des BFH kontroverse Reaktionen in
der Literatur ausgelöst. Die Entscheidung in BStBl II 2004, 597 fand weitgehende
Akzeptanz. Im Hinblick auf die Finalität des Anschaffungskostenbegriffes wurde
zwischen Aufwendungen, die der Entscheidungsfindung und Aufwendungen, die der
Anschaffung als solches gelten, differenziert (vgl. Engler, Kosten einer Due Dilligence -
Aufwand oder aktivierungspflichtige Anschaffungskosten?, Betriebs-Berater - BB - 2006,
747 mit umfangreichen Nachweisen zum Schrifttum).
56
Demgegenüber fand die Entscheidung im BStBl II 2010, 159 sehr unterschiedliche
Reaktionen. Neben reinen Darstellungen der Entscheidung (vgl. z. B. Steinhauff in Juris
Praxis Report - Steuerrecht 28/2007, Anm. 3) finden sich zustimmende Besprechungen
(vgl. z. B. Kanzler in Finanzrundschau - FR - 2007, 1184, der ausführt, dass eine Due
Dilligence stets etwas mit dem Unternehmenserwerb zu tun habe) und harsche Kritik
(vgl. Hoffmann in GmbH Rundschau - GmbHR – 2007, 782, der von unglücklicher
Begriffsakrobatik spricht). Teilweise wird die Frage zielorientierten
Sachverhaltsvorbringens und dessen Auswirkungen auf die Entscheidungsfindung
beleuchtet (vgl. Jahrbuch der Fachanwälte für Steuerrecht 2006/2007, 687 bis 693).
57
Überwiegend findet sich in der anlassbezogenen Literatur (vgl. z. B. Adolf,
Gutachterkosten im Zusammenhang mit der Anschaffung von GmbH-Geschäftsanteilen -
58
Anschaffungsnebenkosten oder Werbungskosten?, BB 2007, 1537; Lohmann/
Goldacker/ Achatz, Nebenkosten der Akquisition einer deutschen Kapitalgesellschaft -
hauptsächlich steuerliche Betriebsausgaben!, BB 2008, 1592; Peter/ Graser, Zu kurz
gegriffen: Due Dilligence-Kosten als Anschaffungsnebenkosten beim
Beteiligungserwerb, Deutsches Steuerrecht - DStR - 2009, 2032) der Versuch, anhand
der Erfahrungen in der Praxis von Unternehmenskäufen ein zweistufiges
Prüfungsschema zu entwickeln, das den Prozess in eine Vorbereitungsphase bis zur
grundsätzlichen Kaufentscheidung und eine Erwerbsphase untergliedert. Dabei werden
insbesondere die Kosten der Due Dilligence regelmäßig der Vorbereitungsphase
zugewiesen, da der mit der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften
Geschäftsleiters agierende Vertreter des erwerbenden Steuerpflichtigen ausschließlich
auf der Basis der durch das Gutachten erlangten Informationen eine sachgerechte
Erwerbsentscheidung treffen könne. Die Sorgfaltspflichten, wie sie in § 43 des GmbH-
Gesetzes oder in §§ 93 Abs. 1 Satz 1, 116 des Aktiengesetzes vorgegeben seien,
ließen eine frühere Erwerbsentscheidung nicht zu.
In der handelsrechtlichen Literatur findet sich kein einheitliches Bild. Während
Winnefeld die Aufwendungen aktivieren will, die im finalen Bezug auf den Erwerb des
Gegenstandes bzw. zur Herstellung der Betriebsbereitschaft aufgewendet werden und
dabei insbesondere Vermittlungsgebühren, Kosten der Begutachtung und
Beurkundungskosten einbezieht (Bilanzhandbuch, Rdnr. 435), weisen Forster u. a. in
Adler/ Düring/ Schmaltz, Rechnungslegung und Prüfung der Unternehmen, § 255 HGB,
Rdnrn. 22, 35 dem Anschaffungsvorgang vorgelagerte Aufwendungen der
Entscheidungsfindung, wie z. B. Kosten eines Bewertungsgutachtens beim Erwerb von
Beteiligungen, nicht den Anschaffungsnebenkosten zu. Derartige Kosten stünden nicht
in unabdingbarem Zusammenhang mit dem Erwerb und bildeten daher keinen
Bestandteil der Anschaffungsnebenkosten. Knop/ Küting in Küting/ Weber, Handbuch
der Rechnungslegung, § 255 HGB, Rdnrn. 27, 28 wollen die Anschaffungsnebenkosten
an den Beginn des Anschaffungsvorgangs anknüpfen. Mit der ersten Handlung zum
Erwerb eines bestimmten, konkreten Gegenstandes werde die Grenze zwischen der
Vorbereitungsphase und dem Anschaffungsvorgang gesetzt. Ellrodt/ Brendt im
Beck'schen Bilanzkommentar, § 255 HGB, Rdnrn. 71, 325 wollen danach abgrenzen, ob
die Beratungskosten vor oder nach dem Entschluss zum Erwerb eines konkreten
Vermögensgegenstandes angefallen sind. Aufwendungen in der Entscheidungsphase
sollen keine Anschaffungskosten sein.
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Ebenfalls uneinheitlich stellt sich die einkommensteuerliche Kommentarliteratur dar.
Während z. B. Ehmcke in Blümich, EStG, § 6 Rdnr. 260 Kosten für Gutachten,
unabhängig davon, ob bereits eine endgültige Kaufentscheidung getroffen worden ist,
den Anschaffungsnebenkosten zuweist, will Hoffmann in Littmann/ Bitz/ Pust, EStG, § 6
Rdnr. 166 Bewertungsgutachten der Vorbereitungsphase und damit nicht den
Anschaffungsnebenkosten zuordnen. Kulosa in Schmidt, EStG, § 6 Rdnrn. 52, 54 will
BFH, BStBl II 2010, 159 folgen (wohl anders Weber-Grellet a.a.O. § 20 Rdnr. 253
"Beratungskosten"), Fischer in Kirchhof, EStG, § 6 Rdnr. 40 weist Kosten der
Begutachtung eines anzuschaffenden Wirtschaftsgutes den zu aktivierenden
Anschaffungsnebenkosten zu. Korn/ Strahl in Korn, EStG, § 6 Rdnr. 73 wollen
Gutachterkosten nur dann den Anschaffungsnebenkosten zuordnen, wenn sie sich
bereits konkret auf den Anschaffungsvorgang beziehen, nicht soweit sie der
Entscheidungshilfe dienen. Stobbe in Herrmann/ Heuer/ Raupach, EStG, § 6 Rdnr. 293
weist ausdrücklich auch vor der Erwerbsentscheidung angefallene Kosten, die einem
späteren konkreten Erwerb zugeordnet werden können, den zu aktivierenden
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Erwerbsnebenkosten zu. Auch Werndl in Kirchhof/ Söhn/ Mellinghoff, EStG, § 6
Anmerkung B 81 ff., 86 will vorperiodische Aufwendungen im Rahmen der
Entscheidungsvorbereitung als Anschaffungsnebenkosten in die Aktivierungspflicht
einbeziehen.
Auch im Lichte der Einwendungen eines Teils der Literatur gegen die Entscheidungen
des BFH sieht der erkennende Senat keinen Grund von dem Abgrenzungskriterium
"Veranlassung durch eine grundsätzlich gefasste Erwerbsentscheidung", wie es der
BFH in den oben zitierten Entscheidungen ausgeführt hat, abzuweichen. Die
Entscheidungen des BFH beruhen auf der Auslegung des § 255 HGB, wonach
"Aufwendungen die geleistet werden, um einen Vermögensgegenstand zu erwerben",
zu Anschaffungskosten führen. Dies setzt keine endgültige, unwiderrufliche
Erwerbsentscheidung voraus, sondern lediglich eine grundsätzliche Entscheidung.
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Die Einwendungen der Literatur beruhen überwiegend auf Abweichungen hinsichtlich
der Definition der Erwerbsentscheidung, die nicht überzeugen können. Soweit in der
Literatur vorgetragen wird, die Letter of intent und die Due Dilligence dienten lediglich
der Vorbereitung einer noch unbestimmten, zukünftig zu treffenden
Erwerbsentscheidung, liegt dies in dem Bereich der dem BFH - nach Überzeugung des
Senats zu Unrecht - vorgeworfenen Begriffsakrobatik. Letter of intent wird in die
Gerichtssprache am ehesten mit Vorvertrag oder Absichtserklärung übersetzt (vgl. z. B.
Leo, Deutsch-Englisches Wörterbuch). Es bedarf sprachlicher Verrenkungen, um nach
einem Vorvertrag die Auffassung zu vertreten, es bestehe keine grundsätzliche
Erwerbsabsicht, die grundsätzliche Erwerbsentscheidung sei nicht gefallen.
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Auch bei einer Due Dilligence ist regelmäßig davon auszugehen, dass eine derartige
grundsätzliche Erwerbsentscheidung gefallen ist. Es ist lebensfremd, anzunehmen,
dass ein Zielunternehmen einem Interessenten derartig weitgehenden Zugriff auf die
Unternehmensinterna eröffnet, ohne dass die Geheimhaltung und ein gemeinsames Ziel
(z. B. Kauf, Verschmelzung etc.) vereinbart ist. Dies gilt in noch höherem Maße für die im
Streitfall ebenfalls umstrittenen Kosten der Vertragsvorbereitung, Vertragsgestaltung
und -begleitung. Derartige Aufwendungen betreffen die Frage, "wie" der geplante und
gewollte Erwerb gestaltet wird und nicht, "ob" erworben werden soll.
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Gegen eine derartige Abgrenzung sprechen auch nicht die Sorgfaltsvorschriften des
Aktien- und GmbH-Gesetzes. Der sorgfältige Geschäftsleiter wird die aufwändigen
Gutachten nicht in Auftrag geben, wenn er nicht grundsätzlich zum Erwerb der
Zielgesellschaften entschlossen ist.
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Die Tatsache, dass trotz der grundsätzlich gefasste Erwerbsentscheidung diverse
Gründe dazu führen können, dass es letztendlich nicht zu einem Erwerb kommt, spricht
nicht gegen die dargestellte Abgrenzung. Natürlich kann trotz Erwerbsabsicht wegen
Streitigkeiten z. B. über den Preis, die Weiterbeschäftigung von Arbeitnehmern oder
auch durch eine rechtliche Due Dilligence aufgedeckte Produktrisiken ein Ankauf
scheitern. Dies ändert aber nichts daran, dass die zuvor aufgewendeten Kosten auf dem
zunächst gefassten Erwerbsentschluss beruhten. Sie sind ihrem Wesen nach zunächst
Anschaffungskosten. Wenn das Anschaffungsgeschäft letztlich nicht zu Stande kommt,
werden sie zu verlorenem Aufwand und damit je nach Einkunftsart ggf. erfolgswirksam.
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Der Senat hat auch im konkreten Streitfall keine Zweifel, dass die streitbefangenen
Kosten nach der grundsätzlichen Erwerbsentscheidung bezüglich der Ltd. und der
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beiden BV ausgelöst und angefallen sind.
Es ist unstreitig, dass für beide Ankaufsverfahren Letter of intent existieren, deren
Vorlage durch die Klägerin aber - trotz mehrfacher Aufforderung - abgelehnt worden ist.
Der Beklagte ist insoweit zu Recht davon ausgegangen, dass die entsprechenden
Vorverträge keine Anhaltspunkte dafür enthalten, dass eine grundsätzliche
Erwerbsentscheidung im Zeitpunkt der Auslösung der weiteren Kosten noch nicht
getroffen war. Die Nichtvorlage der in die Beweissphäre der Klägerin fallenden
Unterlagen kann insoweit nur zum Nachteil der Klägerin gewertet werden.
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Auch die vorliegenden Unterlagen machen deutlich, dass die grundsätzliche
Erwerbsentscheidung vor Anfall der streitbefangenen Kosten lag.
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Die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft leitet die Vorlage der Due Dilligence damit ein,
dass sie beauftragt worden sei, im Hinblick auf das beabsichtigte finanzielle Investment
in die Ltd. tätig zu werden. In der Due Dilligence wird ausgeführt, dass der Verkäufer
sich von seinem Investment in die Ltd. trennen wolle, weil er eine Konzentration auf sein
Kerngeschäft plane. Schon Rechnungen aus dem Oktober 2000 weisen Beratungen im
Zusammenhang mit der geplanten Akquisition in London aus. Die hier streitbefangene
Rechnung enthält keine gegenläufigen Inhalte. Sie verweist lediglich auf die erstellte
Due Dilligence bei der Ltd. Die weitere streitbefangene Rechnung wurde für die
Begleitung bei der Übernahme der Ltd. gestellt.
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Die Anwaltsgesellschaft leitet die Übergabe ihrer Due Dilligence im Hinblick auf die Ltd.
mit dem Hinweis auf eine Absprache über Verkauf und Kauf der Anteile an der Ltd. ein.
Aus Punkt 2.1 der Unterlagen ergibt sich, dass die bisherigen Inhaber die Anteile an der
Ltd. verkaufen und die Klägerin die Anteile kaufen wollten. Entsprechendes gilt für die
Unterlagen über Verkauf und Ankauf der Anteile an den beiden BV. Auch die
Rechnungen der Anwaltsgesellschaft machen deutlich, dass jeweils die Erstellung der
Due Dilligence und die Vertragsbegleitung und -gestaltung Gegenstand der
streitbefangenen Aufwendungen der Klägerin war.
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Anhaltspunkte dafür, dass die grundsätzliche Erwerbsentscheidung der Klägerin erst
später, insbesondere wie die Klägerin vorträgt, stets erst unmittelbar vor Abschluss des
Kaufvertrages getroffen worden ist, finden sich in den vorgelegten Unterlagen nicht. Der
Senat hält das dahingehende Vorbringen auch für lebensfremd. Die grundsätzliche
Entscheidung für einen Ankauf fällt vor Vertragsabschluss, sie kann allerdings bis zur
Unterzeichnung des Vertrages wieder entfallen.
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Auch Probleme mit der Zuordnung zu den angeschafften Beteiligungen sieht der
erkennende Senat nicht. Vielmehr sind die Aufwendungen als
Anschaffungsnebenkosten derjenigen Beteiligung zu erfassen, zu deren Bewertung
oder zu deren Ankaufsverträgen sie angefallen sind.
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Der Senat hat gemäß § 100 Abs. 2 Satz 2 FGO dem Beklagten die Ermittlung des
Steuerbetrages im Hinblick auf die zu berücksichtigenden Veränderungen bei der
Gewerbesteuerrückstellung übertragen.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 136 Abs. 1 Satz 3 FGO. Trotz des relativ hohen
Streitwertes von ca. 70.000 € waren im Hinblick auf die Obsiegensquote der Klägerin
von deutlich unter 2% die Kosten der Klägerin ganz aufzuerlegen. Der Senat geht bei
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Obsiegensquoten von unter 2% von dem Vorliegen eines geringfügigen Unterliegens
der Gegenseite zumindest dann aus, wenn unter Zugrundelegung üblicher
Beraterstundenhonorare der Aufwand zur Geltendmachung des Erstattungsanspruches
den Erstattungsanspruch mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit übersteigt.
Der Senat hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1
FGO zugelassen. Die Entscheidungen des BFH, die im Zusammenhang mit dem
vorliegenden Verfahren thematisiert worden sind, sind jeweils zu Überschusseinkünften
ergangen. Es erscheint geboten, dass zu den teilweise durch Sondervorschriften wie
§ 8b KStG geprägten Gewinneinkünften, die insbesondere im Zusammenhang mit dem
Erwerb von Beteiligungen eine große Bedeutung entfalten, eine - weitere -
Leitentscheidung des Bundesfinanzhofs ergeht. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass
sich Abweichungen zwischen den Gewinneinkünften und den Überschusseinkünften
auch daraus ergeben können, dass vergebliche Aufwendungen für den Erwerb eines
Wirtschaftsgutes des Privatvermögens grundsätzlich nicht zu berücksichtigen sind (vgl.
BFH, BStBl II 2004, 597 unter II. 1. c. aa).
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