Urteil des FG Köln vom 13.11.2003

FG Köln: leistung des arbeitgebers, parkplatz, verfügung, parkraum, arbeitslohn, parkhaus, verkehrsmittel, dienstverhältnis, arbeitskraft, arbeitsstelle

Finanzgericht Köln, 2 K 4176/02
Datum:
13.11.2003
Gericht:
Finanzgericht Köln
Spruchkörper:
2. Senat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
2 K 4176/02
Tenor:
Der Haftungs- und Nachforderungsbescheid über Lohnsteuer,
Kirchensteuer und Solidaritätszuschlag 1996 bis 2000 vom 16.01.2001
und die Einspruchsentscheidung vom 02.07.2002 werden in Höhe von
142.053,17 DM aufgehoben.
Die Kosten des Verfahrens werden dem Beklagten auferlegt.
Das Urteil ist wegen der Kostenentscheidung ohne Sicherheitsleistung
vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch
Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des
Kostenerstattungsanspruchs der Klägerin abwenden, soweit nicht die
Klägerin zuvor Sicherheit in derselben Höhe leistet.
Tatbestand
1
Zwischen den Beteiligten ist streitig , ob die Zurverfügungstellung von Parkplätzen als
steuerpflichtiger Arbeitslohn der Arbeitnehmer der Klägerin oder als Leistung im
Interesse der Klägerin als Arbeitgeberin anzusehen ist.
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Anlässlich einer bei der Klägerin in der Zeit von Oktober 1999 bis Dezember 2000
durchgeführten Lohnsteuer-Außenprüfung für die Zeiträume Januar 1996 bis Dezember
1999 wurden folgende unstreitige Sachverhalte festgestellt:
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1. Die Klägerin überließ in den Jahren 1996 und 1997 (1.Halbjahr) 50 Mitarbeitern in
dem ihr gehörenden Parkhaus an der X, das allerdings von einem dritten
Unternehmen betrieben wurde, Parkplätze. Bei den betroffenen Mitarbeitern handelt
es sich ausschließlich um Mitarbeiter der X der Klägerin. Die Vergabe der Parkplätze
erfolgte entsprechend den betriebsinternen Richtlinien der Klägerin, auf die verwiesen
wird (Bl. 36 - 38 FG-Akte). Danach sind die Mitarbeiter zur Nutzung der Stellplätze
lediglich während ihrer oft unregelmäßigen Arbeitszeiten berechtigt.
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Der vom Pächter des Parkhauses verlangte reguläre Mietpreis betrug 145 DM
monatlich. Die Mitarbeiter der X der Klägerin zahlten hingegen einen monatlichen
Mietpreis von 70 DM (in drei Fällen) bzw. 35 DM.
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Die jeweiligen Differenzbeträge erfasste der Beklagte als geldwerten Vorteil und
unterwarf ihn damit als Arbeitslohn der Lohnversteuerung.
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Wegen der der Höhe nach unstreitigen Berechnung des Vorteils wird auf Tz. C.3.1
des Prüfungsberichts vom 12.1.2001 verwiesen.
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2. Außerdem bestand für die Mitarbeiter der Klägerin die Möglichkeit, Parkplätze in der
Tiefgarage des Y während der Dienstzeit zu nutzen. Das monatliche Entgelt hierfür
betrug bis zum 1.3.1997 monatlich 60 DM, danach 70 DM für überdachte Parkplätze.
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Mitarbeitern im Außendienst, die ihr Privatfahrzeug für mehr als 2000 Kilometer im
Jahr dienstlich nutzten, überließ die Klägerin die Parkplätze kostenfrei. Im Rahmen
der Lohnsteuer-Außenprüfung wurden die Fahrtenbücher dieser Beschäftigten
stichprobenweise überprüft. Anhand dessen wurde festgestellt, dass diese Mitarbeiter
nicht mehrfach an einem Tag ihren Arbeitsplatz verließen und wieder zur Dienststelle
zurückkehrten. Soweit diese Mitarbeiter überdachte Parkplätze nutzten, behandelte
der Prüfer den Wert dieser Parkplatznutzung ebenfalls als geldwerten Vorteil. Wegen
der der Höhe nach unstreitigen Berechnung des Vorteils wird auf Tz. C.3.2 des
Prüfungsberichts vom 12.1.2001 verwiesen.
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Im Anschluss an die Rechtsauffassung des Lohnsteuer-Außenprüfers erließ der
Beklagte am 16.1.2001 einen Lohnsteuerhaftungs- und Nachforderungsbescheid über
insgesamt 178.236,63 DM. Von diesem Betrag entfallen auf die hier streitige
Parkplatzübelassung 142.053,17 DM (X-parkhaus: 45.212,61 DM; Y-haus: 96.840,56
DM).
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Den gegen diesen Bescheid eingelegten Einspruch wies der Beklagte als unbegründet
zurück (Entscheidung vom 2.7.2002).
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Die hiergegen erhobene Klage begründet die Klägerin - vom Beklagten
unwidersprochen - damit, dass die Parkplatzüberlassung an die Mitarbeiter der X im
ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse erfolge. Die Parkplätze würden
losgelöst von der Stellung oder Arbeitsleistung der Beschäftigten lediglich nach dem
Kriterium der Entfernung des Wohnsitzes vom Arbeitsplatz im Hinblick auf die
Funktionsfähigkeit des N-betriebs vergeben. Die Mitarbeiter der X hätten den Parkplatz
deshalb erhalten, weil ihre fahrplanmäßige Fahrtzeit von der Wohnung zur Arbeitsstätte
bei Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel mindestens 40 Minuten betragen habe. Mit der
Parkplatzgestellung sei nicht an die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers angeknüpft
worden, vielmehr habe die leichtere Erreichbarkeit der Arbeitsstelle der ausnahmslos
"auswärtig" Beschäftigten gewährleistet werden sollen.
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Die ganz große Mehrzahl der in den Streitjahren ca. 200 Mitarbeiter im X-betrieb habe
extrem unregelmäßigen Arbeitszeiten unterlegen. So sei die eigentliche Aufführung der
unproblematischste Teil. Im Vorfeld würden aber sich typischerweise verschiedenartige
Schwierigkeiten ergeben. So komme es sehr häufig vor, dass durch krankheitsbedingte
Ausfälle von Mitarbeitern andere, die eigentlich nicht Dienst hätten, unverzüglich
angefordert werden müssten. Außerdem seien die Dienstzeiten grundsätzlich zwar
vorgeplant, diese Planungen würden aber kurzfristig dadurch entwertet, dass externe
Künstler wie Bühnenbildner oder Regisseure besondere Anforderungen aufstellen
würden, die dann auch schnell und rechtzeitig erfüllt werden müssten. Außerdem
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müssten häufig nach Proben oder Aufführungen spät Abends oder gar Nachts noch
umfangreiche Umbauarbeiten im Bühnenbereich für den nächsten Tag vorgenommen
werden. Es komme auch vor, dass Mitarbeiter nach Hause geschickt werden müssten,
weil bestimmte Umbauarbeiten noch nicht fertig seien. Diese Mitarbeiter müssten dann
später - meistens Abends - wiederkommen. Für den X-betrieb sei es im Grunde typisch,
dass die festgelegten Dienstzeiten nicht eingehalten werden könnten. Deswegen habe
es auch häufiger Probleme mit dem Personalrat gegeben. Vor diesem Hintergrund sei
es unabdingbar, dass im X-parkhaus Plätze freigehalten würde. Denn sehr viele
Mitarbeiter kämen aus dem Bonner Umland; aufgrund der unregelmäßigen Dienstzeiten
verkehrten zum Dienstende des Nachts keine öffentlichen Verkehrsmittel mehr. Wenn
diesen Mitarbeitern keine Parkplätze gestellt werden könnten, würde sich kein
Arbeitnehmer mehr bereit erklären, diese kaum vorauszusehenden Arbeitszeiten zu
akzeptieren.
Die Parkplatzgestellung sei nicht nur einem kleinen Kreis von Beschäftigten zugute
gekommen. Alle Beschäftigten der X, die die Vergabekriterien erfüllt und einem
Parkplatz gewünscht hätten, hätten einen solchen auch erhalten. Den Benutzern sei
kein gekennzeichneter Parkplatz zur Verfügung gestellt wurden, sie hätten sich auf
einen im Parkhaus gerade freien Platz stellen müssen.
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Zu beachten sei, dass die Nutzung der Parkplätze nur während der Arbeitszeit erlaubt
sei; es sei lebensfremd anzunehmen, dass gerade die weit entfernt wohnenden
Mitarbeiter spät abends nach ihrem Dienst noch einmal in die Stadt P führen und dort
verbotswidirg kostenlos im Parkhaus an der X parkten.
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Ebenso stelle sich die Parkraumüberlassung im Y-haus als ein Vorteil dar, der im ganz
überwiegend eigenbetrieblichen Interesse gewährt werde. Dies werde bereits daraus
erkennbar, dass in der kostenfreien Gestellung von Parkraum ein Anreiz für die
Mitarbeiter liege, ihr privates Fahrzeug auch dienstlich zu nutzen; dadurch werde
vermieden, den eigenen Fuhrpark zu erweitern. Es sei jedoch unzweifelhaft, dass für
betriebseigene Fahrzeuge Parkraum bereit gestellt werden müsse. Die Belange der
Arbeitnehmer nach Parkraum seien zweitrangig; vielmehr werde der durch die eigenen
Aufgaben hervor gerufene zusätzliche Parkbedarf der Arbeitnehmer abgedeckt. Die
kostenfreie Überlassung hänge vom Maß und der Art der dienstlichen Erfordernisse ab.
Durch die kostenfreie Parkmöglichkeit werde die Mobilität der Arbeitnehmer
gewährleistet, Dienstfahrten mit dem Privatfahrzeug durchzuführen. Unerheblich sei, ob
ein Arbeitnehmer täglich mehrfach die Arbeitsstelle für die Erfüllung seiner Aufgaben
verlassen und wieder zurückkehren müsse.
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Im Y-haus seien die Parkflächen kostenlos an diejenigen Mitarbeiter zur Verfügung
gestellt worden, die ihren privaten PKW aus dienstlichen Gründen und auf Betreiben der
Klägerin für dienstliche Zwecke zur Verfügung gestellt hätten. Das kostenlose Parken
sei dabei nur solchen Beschäftigten gewährt worden, die ihren PKW mehr als 2000
Kilometer pro Jahr für dienstliche Zwecke zur Verfügung gestellt hätten. Durch diese
Grenze von mehr als 2000 Kilometer pro Jahr sei sicher gestellt, dass ein ganz
erheblicher Einsatz für dienstliche Zwecken vorliegen müsse. Betroffen seien
insbesondere Vollziehungsbeamte, Mitarbeiter des Ermittlungsdienstes des Ordnungs-
und Straßenverkehrsamtes sowie die so genannten Lebensmittelkontrolleure, die so
genannten Baustellenkontrolleure des Bauordnungsamtes, Mitarbeiter des städtischen
Hoch- und Tiefbauamtes, die bei städtischen Baumaßnahmen entweder die Kontrolle
der aktuell ausgeführten Baumaßnahmen hätten wahrnehmen oder im Zuge von
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Maßnahmen der Gebäudeunterhaltung - vielfach auf Anruf der Hausmeister in über 100
städtischen Schulen oder der Mieter in über 3.200 städtischen Mietwohnungen - sich
davon überzeugen müssen, ob gewünschte Reparaturen oder Sanierungsmaßnahmen
erforderlich seien bzw. ordnungsgemäß durchgeführt würden.
Des Weiteren sei die Annahme des Beklagten unzutreffend, dass das Eigeninteresse
des Arbeitgebers nur dann vorliege, wenn die Mitarbeiter nachweislich mehrmals täglich
An- und Abfahrten vornähmen. Das eigenbetriebliche Interesse werde vorliegend
bereits dadurch dokumentiert, dass die Zurverfügungstellung von Parkraum nur an
solche Mitarbeiter erfolgt sei, die ihren PKW in erheblichem Umfang für dienstliche
Zwecke eingesetzt hätten.
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Die Parkraumgestellung trage auch zu einer wirtschaftlichen Aufgabenerledigung bei
und liege somit eindeutig im Interesse des Arbeitgebers. Die betroffenen Mitarbeiter
seien durch den unmittelbaren Zugriff auf ihren privaten PKW jederzeit in der Lage, die
erforderlichen Fahrten durchzuführen und nicht darauf angewiesen, dass ihnen die
Fahrbereitschaft zu einem möglicherweise ungünstigeren Zeitpunkt Fahrzeuge zur
Verfügung stelle.
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Eine überschlägige Berechnung habe ergeben, dass mindestens 15 bis 20 neue eigene
Dienst-PKW hätten angeschafft werden müssen, wenn nicht auf die Fahrzeuge der
Arbeitnehmer hätte zurückgegriffen werden können. Dies sei um ein Vielfaches teurer
gewesen als die bisher geübte Praxis.
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Soweit der Beklagte im Hinblick auf das BMF-Schreiben vom 28.4.1994 - danach ist die
unentgeltliche oder verbilligte Abgabe von Parkraum lohnsteuerlich nicht zu erfassen -
davon ausgehe, dass dieses nur dann Anwendung finde, wenn ein Arbeitgeber der
Gesamtheit seiner Arbeitnehmer kostenlos und verbilligten Parkraum zur Verfügung
stelle, sei diese einschränkende Auslegung nicht vom Wortlaut des Schreibens gedeckt.
Unzutreffend sei ferner, dass nicht alle Arbeitnehmer den gleichen Bedingungen bei der
Vergabe der Parkplätze unterlegen hätten. Hiervon zu trennen sei, dass nicht alle
Arbeitnehmer tatsächlich einen verbilligten bzw. kostenlosen Parkplatz in Anspruch
nehmen könnten. Diese sei gerade Ausfluss der Vergabekriterien. Wie im Bereich der X
gelte auch für das Y-haus, dass alle Beschäftigten, die ihren PKW mehr als 2000
Kilometer pro Jahr dienstlich genutzt hätten, auch ein kostenlosen Parkplatz erhalten
hätten, wenn sie dies beantragt hätten.
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Die Klägerin beantragt,
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den Bescheid vom 16.1.2001 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom
2.7.2002 insoweit aufzuheben, als darin Beträge für Lohnsteuer, Kirchensteuer und
Solidaritätszuschlag in Höhe von 142.053,17 DM für die verbilligte bzw. kostenlose
Überlassung von Parkplätzen an bestimmte Mitarbeiter/-innen derX der Stadt P
bzw. der Stadtverwaltung P für die Jahre 1996 bis 1999 nachgefordert werden.
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Der Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Zur Begründung bezieht er sich auf seine Einspruchsentscheidung.
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Entscheidungsgründe
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Die Klage ist begründet.
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Der angefochtene Lohnsteuerhaftungs- und Nachforderungsbescheid vom 16.1.2001 ist
insoweit rechtswidrig und verletzt die Klägerin ihren Rechten, als der Beklagte den Wert
der Parkplatznutzung (142.053,17 DM) als geldwerten Vorteil und Arbeitslohn der
Lohnsteuer unterworfen hat.
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Nach § 19 Abs. 1 Nr. 1 EStG gehören zu den Einnahmen aus nichtselbstständiger
Arbeit auch Vorteile, die "für" eine Beschäftigung im öffentlichen oder privaten Dienst
gewährt werden. Arbeitslohn sind nach § 2 Abs. 1 LStDV aller Einnahmen, die dem
Arbeitnehmer aus dem Dienstverhältnis zufließen. Dabei ist unerheblich, unter welcher
Bezeichnung und in welcher Form die Einnahmen gewährt werden.
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Demgemäß ist Arbeitslohn jeder geldwerte Vorteil, der durch das individuelle
Dienstverhältnis veranlasst ist. Das ist der Fall, wenn der Vorteil nur deshalb gewährt
wird, weil der Zurechnungsempfänger Arbeitnehmer des Arbeitgebers ist, der Vorteil
also mit Rücksicht auf das Dienstverhältnis eingeräumt wird, und wenn sich die Leistung
des Arbeitgebers im weitesten Sinne als Gegenleistung für das Zurverfügungstellen der
individuellen Arbeitskraft des Arbeitnehmers erweist (Schmidt/Drenseck, EStG, 22. Aufl.
2003, § 19 Rn. 24 m.w.N.). Entscheidend ist, ob eine Zuwendung Ertrag der
Arbeitsleistung ist, was danach zu beurteilen ist, wozu die Zahlung erfolgte (BFH-Urteil
vom 26.05.1998 VI R 9/96, BFHE 186, 247, BStBl II 1998, 581).
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Diese Voraussetzungen sind im Streitfall nicht erfüllt. Die Parkplatzgestellung stellt sich
vorliegend nicht als Gegenleistung für die Zurverfügungstellung der individuellen
Arbeitskraft des Arbeitnehmers dar. Sie ist vielmehr im ganz überwiegend
eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers gewährt worden.
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Dies ist der Fall, wenn sich aus den Begleitumständen wie Anlass, Art und Höhe des
Vorteils, Auswahl der Begünstigten, freier oder nur gebundene Verfügbarkeit,
Freiwilligkeit oder Zwang zur Annahme des Vorteils und seiner besonderen
Geeignetheit für den jeweiligen verfolgten betrieblichen Zweck ergibt, dass diese
Zielsetzung ganz im Vordergrund steht und ein damit einher gehendes eigenes
Interesse des Arbeitnehmers, den betreffenden Vorteil zu erlangen, deshalb
vernachlässigt werden kann (BFH-Urteil vom 30.5.2001 VI R 177/99, BFHE 195, 373,
BStBl II 2001, 671 m.w.N.).
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Nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens ist der Senat zu der Überzeugung gelangt,
dass der Wert der von der Klägerin einem Teil ihrer Arbeitnehmer zur Verfügung
gestellten Parkplätze nicht als Arbeitslohn zu versteuern ist. Denn bei objektiver
Würdigung aller Umstände erweist sich die Parkraumgestellung aufgrund der
Besonderheiten des Streitfalles als notwendige Begleiterscheinung betriebsfunktionaler
Zielsetzungen.
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1. Dies gilt zunächst für die verbilligte Überlassung der Parkplätze im X-parkhaus. Es
ist allgemein bekannt, dass insbesondere im Kulturbetrieb Arbeitszeiten vorherrschen,
die stark vom Üblichen abweichen. So erscheint es dem Senat vor allem im Hinblick
auf den "Schichtbetrieb" überzeugend, dass sowohl für Proben, die tagsüber
stattfinden, als auch für die eigentlichen Aufführungen zur Abendzeit zumindest für
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einen Teil der Bediensteten Parkplätze zur Verfügung stehen müssen, damit ein
ordnungsgemäßer Dienstbetrieb gewährleistet ist. Denn Störungen wären zumindest
nicht ausgeschlossen, eher sogar sehr wahrscheinlich, wenn Mitarbeiter sowohl zu
Tages- als auch zu Abendzeiten sich den in der Innenstadt bekannt knappen
Parkraum suchen müssten. Insoweit bestand nicht nur ein allgemeines Interesse der
Klägerin an einem pünktlichen Dienstbeginn. Vielmehr könnten gerade im Bereich der
X ganze Aufführungen empfindlich gestört werden, wenn z.B. die maßgeblichen
technischen oder künstlerischen Mitarbeiter nicht pünktlich erschienen.
Ferner ist von Belang, dass nach dem unwidersprochenen und überzeugenden
Vortrag der Klägerin im X-betrieb die zuvor festgelegten Dienstzeiten sehr häufig - z.B.
durch Erkrankungen, unvorhersehbare Anforderungen aus dem künstlerischen
Bereich, nicht immer planbare Umbauarbeiten - nicht eingehalten werden können.
Wenn sich dadurch das Dienstende bis weit in die Nacht in solche Zeiten verschiebt,
zu denen keine öffentlichen Verkehrsmittel mehr fahren, hat die Klägerin ein ganz
überwiegendes eigenbetriebliches Interesse an der Parkplatzgestellung für die
auswärtigen Mitarbeiter. Denn andernfalls würde sich die Bereitschaft der von den
überlassenen Parkplätzen profitierenden auswärtigen Mitarbeiter zur spontanen
Verlängerung bzw. Verlegung von - an sich vorgeplanten - Dienstzeiten auf ein für die
Klägerin nicht mehr tragbares Minimum reduzieren. Des Weiteren würden sich keine
oder zu wenige Mitarbeiter für den X-betrieb mehr finden, die derartige
Unwägbarkeiten in Kauf nehmen.
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Vor diesem Hintergrund ist von besonderer Bedeutung, dass eines der Kriterien zur
Vergabe der Parkplätze darin bestand, dass nur solche Arbeitnehmer Anspruch auf
einen verbilligten Parkplatz hatten, die mit öffentlichen Verkehrsmitteln eine effektive
Fahrzeit von mindestens 40 Minuten nachweisen konnten. Denn damit war
gewährleistet, dass gerade die weiter entfernt wohnenden Mitarbeiter auf ein
Parkplatzkontingent zurückgreifen konnten.
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Die Parkplatzüberlassung führt auch nicht schon deshalb zu Arbeitslohn, weil nicht
alle Beschäftigten der X in den Genuss des verbilligten Zugangs zum Parkhaus
gekommen sind. Denn entgegen der Ansicht des Beklagten kann nach Überzeugung
des Senats hinsichtlich der Zuteilung der Parkplätze schon aus Gründen der Kapazität
nicht auf alle Beschäftigten der X abgestellt werden. Diesbezüglich hat die Klägerin
eine sich an abstrakten Kriterien orientierende Vergabeliste erstellt. Deshalb kann nur
auf solche Arbeitnehmer der Klägerin abgestellt werden, welche die einschlägigen
betriebsinternen Merkmale erfüllen. Diesbezüglich hat die Klägerin unwidersprochen
vorgetragen, dass alle Mitarbeiter, die diese Kriterien erfüllt haben, auch einen
verbilligten Parkplatz erhalten haben. Daher sind alle Arbeitnehmer und nicht nur ein
ausgewählter Kreis bedacht worden.
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Eine Lohnbesteuerung der Parkraumgestellung folgt vorliegend auch nicht daraus,
dass möglicherweise einige Arbeitnehmer der Klägerin verbotswidrig die Parkplätze
außerhalb der Dienstzeiten genutzt haben. Für eine verbotswidrige Nutzung sind
keine Anhaltspunkte ersichtlich und vom diesbezüglich feststellungsbelasteten
Beklagten auch nicht vorgetragen. Der Senat kann deshalb dahinstehen lassen, ob
dem Arbeitgeber insoweit überhaupt eine entsprechende Überwachungspflicht
obliegt, bei deren Verletzung erst ein lohnwerter Vorteil in Betracht käme.
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1. Auch die Parkplätze in der Garage im Y-haus wurden im ganz überwiegend
eigenbetrieblichen Interesse der Klägerin kostenlos an ausgewählte Arbeitnehmer
überlassen.
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Nach Auffassung des Senats folgt dieses Ergebnis insbesondere daraus, dass der
Vorteil betreffend die Tiefgarage im Y-haus nur einem besonderen Personenkreis
zugute gekommen ist. Denn gerade die Auswahl der Arbeitnehmer, die dort einen
kostenlosen Stellplatz erhalten haben, spricht dafür, dass die Klägerin ganz
überwiegend in ihrem eigenen betrieblichen Interesse gehandelt hat. Denn nicht
anders ist es zu erklären, dass gerade Mitarbeiter im Außendienst in den Genuss des
kostenlosen Stellplatzes gekommen sind. Hierbei ist nach Ansicht des Senates ohne
Bedeutung, dass nicht jeder dieser Bediensteten jeden Arbeitstag tatsächlich Fahrten
im Außendienst unternommen hat. Denn das eigenbetriebliche Interesse der Klägerin
erstreckt sich gerade darauf, dass die betreffenden Personen jederzeit in der Lage
sind, mit ihrem privaten PKW dienstliche Aufgaben wie z.B.
Verwaltungsvollstreckungshandlungen, Baustellen- und Lebensmittelkontrollen sowie
Ermittlungshandlungen im Ordnungs- und Straßenverkehrsbereich ohne Zuwarten auf
Dienstfahrzeuge jederzeit durchführen zu können. Der Senat misst hierbei auch dem
Gesichtspunkt der aktuellen Gefahrenabwehr eine besondere Bedeutung zu. Insoweit
besteht zwischen der kostenlosen Überlassung von Parkraum und der Tätigkeit der
Außendienst-Mitarbeiter der Klägerin ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen
dem eingeräumten Vorteil und der ausgeübten Tätigkeit.
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Hinzu kommt, dass es für die Klägerin zur Erfüllung der ihr obliegenden Aufgaben von
besonderer Bedeutung ist, Mitarbeiter für den Außendienst zu gewinnen. Ein Anreiz
dazu ist auch, dass im Hinblick auf die bekannt problematische Parkplatzsituation in
Innenstädten Mitarbeiter für den Außendienst nur gewonnen werden können, wenn
diese auch für ihre Innendienst-Tätigkeiten, die nach den von der Klägerin genannten
Betätigungen ohne Vorankündigung im Laufe eines Tages anfallen, einen Parkplatz
zur Verfügung haben. Die Gewinnung von Mitarbeitern, die eine Außendienst-
Tätigkeit ausüben, ist indessen ein originäres eigenbetriebliches Interesse der
Klägerin, hinter das der Vorteil der einzelnen betroffenen Arbeitnehmer an einem
kostenlosen Parkplatz zurücktritt. Denn insoweit steht der "Betrieb" der Klägerin als
Ganzes gegenüber dem individuellen Entlohnungsinteresse des Arbeitnehmers im
Vordergrund.
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1. Die Annahme von steuerpflichtigem Arbeitslohn kann auch nicht damit begründet
werden, dass die jeweiligen Arbeitnehmer mit der Nutzung des Parkplatzes
Aufwendungen ersparen. Denn es liegt in der Natur der Sache, dass die
Bediensteten auch bei Annahme eines ganz überwiegenden eigenbetrieblichen
Interesses der Klägerin reflexartig begünstigt sind. So entspricht es auch der ganz
überwiegenden Auffassung in der Literatur, dass die Überlassung von Parkraum
durch den Arbeitgeber beim Arbeitnehmer nicht zu einem Lohnzufluss führt
(Pflüger in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, § 19 EStG Anm. 186; Giloy in
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Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 19 Rn. B 353, B 1000 (Parkplatzgestellung);
Thürmer in Blümich, EStG u.a., § 19 EStG Rn. 170, 280 (Parkplätze); Barein in
Littmann/Bitz/Pust, EStG, § 19 Rn. 261; Herrmann in Frotscher, EStG, § 19 Rn. 81;
Stache in Bordewin/Brandt, EStG, § 19 Rn. 896; Heuermann/Wagner, Das
gesamte Lohnsteuerrecht, D 1 (Parkplatz), 91; Hartz/Meeßen/Wolf, ABC-Führer
LSt, Parkgebühren (Parkpkatz)).
1. Nach all dem kann der Senat dahin stehen lassen, ob er der in den von der
Klägerin herangezogenen Verwaltungsanweisungen (FinMin Nordrhein-Westfalen
S 2351 - 1 - V B 3 17.12.80, BB 1981, 101; FinMin Bayern 32 - S 2353 - 11/18 - 16
870/81 16.4.82, DStR 1982, 381) geäußerten Auffassung, dass die unentgeltliche
oder verbilligte Zurverfügungstellung eines Parkplatzes durch den Arbeitgeber
eine steuerfreie Annehmlichkeit darstelle, folgen könnte (kritisch hierzu Kettler,
DStZ 2001, 667). Denn vorliegend kommt es aufgrund der Besonderheiten des
vorliegenden Falles wegen des ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesses
der Klägerin als Arbeitgeber an der Parkplatzgestellung darauf nicht mehr an.
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Der erkennende Senat hat keine Veranlassung gesehen, dem Antrag auf Zulassung der
Revision stattzugeben; ein Revisionsgrund i.S.d. § 115 Abs. 2 FGO liegt nicht vor.
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Der Sache kommt keine rechtsgrundsätzliche Bedeutung i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1
FGO zu. Der Senat weicht zum einen nicht von Verwaltungsanweisungen ab. Zum
anderen handelt es sich bei der Prüfung des ganz überwiegenden eigenbetrieblichen
Interesses des Arbeitgebers um eine typische Einzelfallentscheidung.
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Die im vorliegenden Verfahren aufgeworfene Rechtsfrage ist nicht durch den
Bundesfinanzhof klärungsbedürftig, da sie keine neuen Gesichtspunkte betrifft, die nicht
schon in der neueren höchstrichterlichen Rechtsprechung behandelt worden sind und
die damit eine erneute Entscheidung rechtfertigen könnten (zu dieser Voraussetzung
grundsätzlicher Bedeutung vgl. BFH vom 07.03.1994 V B 95/93, BFH/NV 1995, 650
m.w.N.). Es bestehen keine über das Interesse des Beklagten am Ausgang dieses
Verfahrens hinausreichende, allgemein interessierende, klärungsbedürftige und in
diesem Rechtsstreit klärungsfähige Rechtsfragen (hierzu BFH-Beschluss vom
23.06.2003 X B 165/02, BFH/NV 2003, 1147 m.w.N.).
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Schließlich sieht der Senat im Hinblick auf den Einzelfallcharakter des Streitfalles auch
nicht die Notwendigkeit der Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer
einheitlichen Rechtsprechung i.S. § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO. Die Entscheidung zur
vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 155 FGO i.V. mit §§ 708 Nr.10, 711 S.1 ZPO.
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