Urteil des FG Köln vom 17.02.2006

FG Köln: firma, gegenleistung, verfügung, unternehmer, dienstleistung, werbung, unternehmen, unentgeltlich, sportverein, steuersatz

Finanzgericht Köln, 11 K 827/03
Datum:
17.02.2006
Gericht:
Finanzgericht Köln
Spruchkörper:
11. Senat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
11 K 827/03
Tenor:
Die Umsatzsteuerbescheide 1996 bis 1999 vom 21.10.2002 sowie die
hierzu ergangene Einspruchsentscheidung vom 16.1.2003 werden
aufgehoben.
Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kostenentscheidung gegen Sicherheitsleistung
durch die Klägerin in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs des
Klägers vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
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Kläger ist ein als gemeinnützig anerkannter Sportverein. Die Umsatzsteuer für die
Streitjahre wurde zunächst erklärungsgemäss festgesetzt.
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Aufgrund einer Kontrollmitteilung wurde dem Beklagten bekannt, dass die Firma
....................-.................... GmbH, ..........., dem Verein in den Streitjahren jeweils Trikots mit
Werbeaufdruck zur Verfügung gestellt hatte. Der Beklagte stellte sich auf den
Standpunkt, dem Verein seien aus der Zurverfügungstellung der Trikots
Werbeeinnahmen im Rahmen eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs zugeflossen, die
bei der Umsatzsteuer mit dem Regelsteuersatz zu erfassen seien. Er erließ daher am
........2002 Änderungsbescheide für die Streitjahre, in denen er die erklärten Umsätze um
die (Netto-)Beträge erhöhte, die die Firma ....................-.................... GmbH im jeweiligen
Streitjahr für die Trikots bezahlt hatte.
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Mit der hiergegen gerichteten Klage wendet sich der Kläger nach erfolglosem
Einspruchsverfahren (Einspruchsentscheidung vom ......2003) gegen die Annahme einer
steuerbaren Werbeleistung gegen Entgelt.
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Er macht geltend, die Firma ....................-.................... GmbH habe die Sporttrikots mit der
Werbeaufschrift der Jugendabteilung des Vereins geschenkt, ohne dass eine
Gegenleistung für die Überlassung der Trikots vereinbart oder erbracht worden sei. Es
sei keine Vereinbarung mit dem Verein über Werbemaßnahmen oder ein Werbevertrag
geschlossen worden. Vertragliche Beziehungen in mündlicher oder schriftlicher Form
bestünden nicht. Es sei weder vereinbart worden, dass die Trikots zwingend getragen
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werden müssten, noch sei eine andere Verpflichtung eingegangen worden. Auch die
Höhe des Kaufpreises der Sportbekleidung sei nicht bekannt gewesen. Die
Jugendabteilung sei froh, wenn sie Trikots geschenkt erhalte. Dadurch werde der
Spielbetrieb aufrechterhalten.
Eine Werbeleistung liege im Streitfall nicht vor. Die Jugendabteilung des Amateur-
Sportvereins entfalte keinerlei Werbewirksamkeit. Dies sei auch jeder Firma bekannt,
die entsprechende Trikots schenke; sie wolle insofern lediglich den Jugendsport im
Rahmen eines Sponsoring unterstützen. Dass der Sponsor damit rechne, dass die
Trikots tatsächlich getragen würden, könne eine Vereinbarung nicht ersetzen. In der
Jugendabteilung, für die die Trikotagen des Sponsors bestimmt gewesen seien, spielten
Jugendliche in einem Alter von 5 bis 18 Jahren. Die Spiele fänden im Erftkreis sowie in
den angrenzenden Kreisen statt. Der Sponsor sei ein Unternehmen der ....................-
...................., welches Deutschland- und wahrscheinlich auch europaweit tätig sei. Die
Firma habe die Trikots in einem Sportgeschäft gekauft und anschließend dem Verein
geschenkt, ohne dass eine Gegenleistung vereinbart und eine Werbeverpflichtungen
eingegangen worden sei.
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Soweit in der Rechtsprechung steuerpflichtige Werbeleistungen bejaht worden seien,
seien die Fälle mit dem vorliegenden nicht vergleichbar. Mit dem BFH-Urteil vom
1.8.2002 (V R 21/01, BStBl II 2003, 438) sei über einen Sachverhalt entschieden
worden, in dem eine Firma einem Ballonverein einen Ballon mit Werbeaufdruck zur
Verfügung gestellt habe; allerdings sei dort die Vereinbarung getroffen worden, dass 30
Sport- und Aktionsfahrten in einem bestimmten Interessengebiet durchzuführen seien.
Dass dabei eine Gegenleistung gegeben sei, dürfte außer Frage stehen. Dem BFH-
Urteil vom 9.12.1981 (I R 215/78, BStBl II 1983, 27) habe ein Sachverhalt zugrunde
gelegen, in dem ein Spitzenverband des Sports sich gegen Entgelt verpflichtet habe, die
Spieler der Nationalmannschaft bei bestimmten sportlichen Veranstaltungen in
Sportschuhen eines bestimmten Herstellers auftreten zu lassen. Auch hier liege eine
Verpflichtung zugrunde, die eine Gegenleistung begründe. Dies sei im Streitfall gerade
nicht der Fall gewesen, so dass die Rechtsprechung nicht anzuwenden sei. Im Ergebnis
liege mangels Gegenleistung und mangels Werbeleistung kein umsatzsteuerpflichtiger
Vorgang vor.
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Der Kläger beantragt,
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die geänderten Umsatzsteuerbescheide 1996, 1997, 1998 und 1999 vom .....2002
in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom ......2003 aufzuheben.
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Der Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Der Kläger habe als Unternehmer Werbeleistungen an die Firma ....................-
.................... GmbH gegen Entgelt ausgeführt. Der Kläger habe sich als Unternehmer
betätigt, weil er durch zahlreiche Spiele mit den Spielertrikots Werbeleistungen erbracht
und als Gegenleistung die Trikots zur Nutzung erhalten habe. Er sei daher nachhaltig
zur Erzielung von Einnahmen tätig geworden.Der Kläger habe steuerbare
Werbeleistungen gegen Entgelt erbracht und zwar in der Gestalt tauschähnlicher
Umsätze (§ 3 Abs. 12 UStG). Das Entgelt für seine sonstige Leistung (Werbeleistung)
habe in der Nutzungsüberlassung der von der Firma ....................-.................... GmbH
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unentgeltlich zur Verfügung gestellten Spielertrikots bestanden.
Im Streitfall lägen zwar keine schriftlichen Vereinbarungen über die Nutzung der Trikots
vor. Aber selbst wenn der Kläger eine derartige konkrete Verpflichtung gegenüber der
Firma ....................-.................... GmbH nicht eingegangen sein sollte, liege auch ohne
eine solche Verpflichtung insoweit eine sonstige Leistung des Klägers vor. Darüber
hinaus sei nicht nachvollziehbar, dass eine derartige Verpflichtung nicht bestanden
haben sollte. Die Hingabe von Trikots mit Werbeaufschrift erfolge in der Regel in der
Erwartung, dass diese auch genutzt würden. Nach der allgemeinen Lebenserfahrung
würden die Trikots dann auch tatsächlich genutzt, und zwar nicht nur von einigen
Spielern, sondern von der gesamten Mannschaft, da der Verein ein einheitliches
Erscheinungsbild auf der Spielfläche darstellen müsse. Im übrigen würden die
Äußerungen des Klägers angezweifelt. Denn durch die unentgeltlich zur Verfügung
gestellten Trikots habe er entsprechende Kosten für die Anschaffung von Trikots
gespart.
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Bemessungsgrundlage für die Umsatzbesteuerung der sonstigen Leistung des Klägers
seien die bei der Firma ....................-.................... GmbH als Betriebsausgaben geltend
gemachten Anschaffungskosten der Trikots. Die Werbeleistungen unterlägen dem
allgemeinen Steuersatz nach § 12 Abs. 1 UStG, weil die Einnahmen im Rahmen eines
wirtschaftlichen Geschäftsbetriebes erzielt worden seien. Hierbei sei zu beachten, dass
nach § 67 a Abs. 1 AO die Werbung nicht zu den sportlichen Veranstaltungen gehöre,
bei denen es sich um einen Zweckbetrieb handeln könne, der gemäss § 12 Abs. 2 Nr. 8
a UStG dem ermäßigten Steuersatz unterliege.
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Bei der Firma ....................-.................... GmbH handelt es sich nach den Angaben auf
ihrer Homepage um ein Unternehmen der ...............-Gruppe, dessen Tätigkeiten in der
Instandsetzung von Komponenten in der ........................................, dem Service, Vertrieb
und Handel von ....................anlagen bzw. –einzelteilen sowie der Neukonstruktion und
Erstellung von ....................aggregaten bestehen. Auf die diesbezüglichen Ausdrucke (Bl.
39, 40 FG-Akte), die den Beteiligten in der mündlichen Verhandlung übergeben wurden,
wird verwiesen.
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Entscheidungsgründe
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Die Klage ist begründet.
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Der Kläger hat durch die Nutzung der von der Firma ....................-.................... GmbH zur
Verfügung gestellten Trikots mit Werbeaufdruck keine steuerbaren Werbeleistungen
gegen Entgelt erbracht.
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Nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG unterliegen der Umsatzsteuer die Lieferungen und
sonstigen Leistungen, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines
Unternehmens ausführt.
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Eine Dienstleistung ist nur dann steuerpflichtig, wenn zwischen dem geleisteten Dienst
und der erhaltenen Gegenleistung ein unmittelbarer Zusammenhang besteht. Zwischen
dem Leistenden und dem Leistungsempfänger muss ein Rechtsverhältnis bestehen, in
dessen Rahmen gegenseitige Leistungen ausgetauscht werden (vgl. EuGH-Urteil vom
21.3.2002 Rs. C-174/00, Kennemer Golf & Country Club, UR 2002, 320, BFH-Urteile
vom 1.8.2002 V R 21/01, BStBl II 2003, 438, vom 13.11.1997 V R 11/97, BStBl II 1998,
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169, und vom 30.1.1997 V R 133/93, BStBl II 1997, 335).
Diese Voraussetzungen können grundsätzlich erfüllt sein, wenn ein gemeinnütziger
Sportverein, dem ein Unternehmer Gegenstände mit Firmenaufschriften zur Verfügung
gestellt hat, sich verpflichtet, diese im Rahmen seiner satzungsmäßigen sportlichen
Tätigkeit zu Werbezwecken einzusetzen. Der Verein erbringt durch die Nutzung dieser
Gegenstände eine sonstige Leistung im Sinne des § 3 Abs. 9 UStG gegen Entgelt. Die
sonstige Leistung besteht in diesen Fällen in der Benutzung der mit dem
entsprechenden werbewirksamen Firmenaufdruck versehenen Gegenstände, durch die
die Öffentlichkeit auf das betreffende Unternehmen und dessen Produkte aufmerksam
gemacht wird. Der Verein erbringt damit eine Dienstleistung in Form einer
Werbeleistung, für die er als Gegenleistung die betreffenden Gegenstände erhält (vgl.
hierzu BFH-Urteil vom 1.8.2002 V R 21/01, BStBl II 2003, 438).
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Im Streitfall kann indessen das Bestehen eines auf den Austausch gegenseitiger
Leistungen gerichteten Rechtsverhältnisses zwischen dem Kläger und der Firma
....................-.................... GmbH nicht festgestellt werden.
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Schriftliche Vereinbarungen über die Überlassung der Trikots und deren Nutzung liegen
nicht vor. Der Kläger bestreitet, sich im Gegenzug für die Überlassung der Trikots zu
deren Benutzung bei den Spielen der Jugendmannschaften verpflichtet zu haben. Er hat
hierzu in der mündlichen Verhandlung erläutert, zu der Schenkung der Trikots sei es –
ohne sein Zutun - gekommen, weil der Inhaber des ortsansässigen Sportgeschäfts der
Firma ....................-.................... GmbH dies vorgeschlagen habe.
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Auch bei einer derartigen Konstellation kann der erforderliche unmittelbare
Zusammenhang zwischen dem Erhalt von Trikots mit Werbeaufdruck einerseits und der
Erbringung einer Dienstleistung andererseits angesichts der mit der Nutzung der Trikots
im Rahmen der sportlichen Veranstaltungen verbundenen Werbewirkung generell nicht
ausgeschlossen werden. Die Zuwendung von Trikots mit Werbeaufdruck erfolgt in der
Erwartung, dass diese bei den sportlichen Veranstaltungen des Vereins benutzt werden
und durch den Werbeaufdruck in der Öffentlichkeit auf die Firma und ihre Produkte
aufmerksam gemacht wird. Dass die Überlassung der Trikots nicht nur zur Förderung
der sportlichen Zwecke, sondern auch mit dem Ziel der Werbung für die zuwendende
Firma erfolgt, ist aufgrund des Werbeaufdrucks ersichtlich. Werden die Trikots bei
sportlichen Veranstaltungen von den Spielern getragen, nimmt der Verein deshalb
konkludent das Angebot der Nutzung gegen Ausführung einer Werbeleistung an. Einer
darüber hinausgehenden ausdrücklichen Verpflichtungserklärung des Vereins, die
Spieler die Trikots bei bestimmten Veranstaltungen tragen zu lassen, bedarf es für die
Annahme eines unmittelbaren Zusammenhangs zwischen der Dienstleistung
(Werbeleistung) und dem erhaltenen Entgelt (Trikots) nicht.
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Im Streitfall besteht aber die folgende Besonderheit: Es ist nicht erkennbar, dass mit der
Verwendung der Trikots bei den Spielen der Jugendmannschaften eine Werbewirkung
für die Fa. ....................-.................... GmbH verbunden sein bzw. erwartet werden konnte.
In der mündlichen Verhandlung ist seitens des Klägers klargestellt worden, dass die
fraglichen Trikots für die Bambini sowie die D- bis F-Jugendmannschaften bestimmt
waren, die in der Kreisliga spielten; die A- bis C-Jugendmannschaften, die in der
Verbandsliga spielten, erhielten keine Trikots. Bei der Prüfung, ob durch das Tragen der
Trikots eine Werbeleistung erbracht wurde, ist zu berücksichtigen, dass die Spiele der
fraglichen Mannschaften – abgesehen von Angehörigen der Spieler und betreuenden
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Vereinsmitgliedern – wenig bis gar kein Publikum anziehen. Auch Berichte in den
Medien mit Bildern dieser Mannschaften stellen eine Ausnahme dar. Zusammen mit der
räumlichen Begrenzung durch das Spielen in der Kreisliga schränkt dieser Umstand die
Öffentlichkeitswirkung einer entsprechenden Werbemaßnahme erheblich ein. Dies mag
die Wirksamkeit der Werbung für einen ortsansässigen Einzelhändler, der seine Kunden
aus dem näheren Umfeld akquiriert, entscheidend beeinträchtigen. Im Streitfall ergeben
sich zusätzlich aber weitere Beschränkungen der Werbewirksamkeit aus dem
Geschäftsgegenstand der Firma ....................-.................... GmbH. Deren Tätigkeiten und
Produkte zielen ersichtlich nicht auf den Bedarf von "Otto Normalverbraucher" ab.
Ferner beschränkte sich das Leistungsangebot weder auf den örtlichen oder regionalen
Bereich noch hatte es dort seinen Schwerpunkt. Anhaltspunkte dafür, dass die Firma
davon ausging bzw. ausgehen konnte, dass sich unter den (wenigen) zu erwartenden
Zuschauern Personen befinden würden, die als potentielle Kunden durch die
Werbeaufschrift angesprochen werden könnten, bestehen deshalb nicht. In der
Benutzung der Trikots bei den Spielen eine Werbeleistung zu sehen, erscheint unter
diesen Umständen eher lebensfremd.
Die Änderungsbescheide waren deshalb aufzuheben.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO, die Entscheidung über die
vorläufige Vollstreckbarkeit aus §§ 151 Abs. 1 und 3, 155 FGO in Verbindung mit § 709
ZPO.
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