Urteil des FG Köln vom 23.05.2003

FG Köln: steuerpflichtiger, einkünfte, unterliegen, aussetzung, veranlagung, anfechtungsklage, steuerfestsetzung, einspruch, vergütung, quellensteuer

Finanzgericht Köln, 14 K 3494/98
Datum:
23.05.2003
Gericht:
Finanzgericht Köln
Spruchkörper:
14. Senat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
14 K 3494/98
Tenor:
Das Verfahren wird ausgesetzt. Die Aussetzung endet mit Ergehen einer
abschließenden Entscheidung des Einspruchsverfahrens und eines
eventuell nachfolgenden Klageverfahrens des Klägers gegen den
Einkommensteuerbescheid für 1997 des Finanzamts Bergheim für den
Kläger, spätestens mit der Bestandskraft dieses Bescheids.
Gründe:
1
I.
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Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Einnahmen des Klägers aus einer
"Sponsorshipvereinbarung" mit der Beigeladenen dem Steuerabzug nach § 50 a Abs. 4
EStG unterliegen.
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Im Januar und im März 1997 zahlte die Beigeladene zwei Honorare an den Kläger aus,
nämlich einmal aufgrund der Vergütungsregelung in 3a. und 3d. der Vereinbarung,
daneben als Garantiemindestvergütung für die Veräußerung von Z-Produkten mit dem
Namen des Klägers. Am 03.04. bescheinigte die Beigeladene die Vergütungen nach §
50 a Abs. 5 Satz 7 EStG wie folgt:
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Höhe der Vergütung ... DM ... DM
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Einbehalten und abgeführt durch
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Steuerabzug nach § 50 a Abs. 5 EStG ... DM ... DM
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Einbehalten und abgeführte
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Solidaritätszuschlag ... DM ... DM.
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Beim Ansatz der Bruttovergütungen berücksichtigte die Beigeladene auch die
Umsatzsteuer, die indes nicht angemeldet und erhoben wurde, weil zwischen der
Beigeladenen und dem Kläger die sogenannte Nullregelung angewandt wurde. Die
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Abzugsbeträge führte die Beigeladene an den Beklagten ab. Im Rahmen des
Verfahrens wegen Aussetzung der Vollziehung erstattete der Beklagte 80 % dieser
Beträge an den Kläger.
Gegen die Anmeldung und den Einbehalt der Quellensteuer legte der Kläger Einspruch
ein. Er machte geltend, die Voraussetzungen des § 50 a Abs. 4 EStG lägen nicht vor.
Ein Quellensteuereinbehalt nach § 50 a Abs. 4 Nr. 1 EStG i. V. m. § 49 Abs. 1 Nr. 2 d
EStG scheide aus, weil die Leistungen des Klägers für die Beigeladene mit keiner
inländischen sportlichen Darbietung im Zusammenhang ständen. Ein Abzug nach § 50
Abs. 4 Nr. 3 komme nicht in Betracht, weil der Kläger keine Rechte zur Nutzung
überlasse, sondern mit seiner Werbetätigkeit Einkünfte aus Gewerbebetrieb erziele.
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Der Kläger unterliege der erweiterten beschränkten Steuerpflicht nach § 2 a EStG und
werde beim Finanzamt ... geführt.
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Der Kläger beantragt,
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den Bescheid (Anmeldung) über die Einkommensteuer und Solidaritätszuschlag
über die von der Beigeladenen angemeldete Quellensteuer vom 03.04.1997 und
die Einspruchsentscheidung vom 06.04.1998 aufzuheben,
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hilfsweise, im Wege der Fortsetzungsfeststellungsklage die Rechtswidrigkeit des
Bescheids (Anmeldung) festzustellen.
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Die Beigeladene stellt keinen Antrag und hat sich nicht zur Sache geäußert.
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Der Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Er nimmt Bezug auf die Einspruchsentscheidung.
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Die Beteiligten sind in der mündlichen Verhandlung darauf hingewiesen worden, daß
das Einspruchsverfahren des Klägers beim Finanzamt ... gegen die
Einkommensteuerveranlagung als erweitert beschränkt steuerpflichtiger einer
Aussetzung des Verfahrens erforderlich machen könnte bzw. die
Einkommensteuerveranlagung zu einer Erledigung der Anfechtungsklage geführt haben
könnte.
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II.
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Die Verhandlung war bis zur Entscheidung des Einspruchs des Klägers gegen den
Einkommensteuerbescheid des Finanzamts ... für 1997 auszusetzen.
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1. Nach § 74 FGO kann das Gericht, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits ganz
oder zum Teil von dem Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses
abhängt, das dem Gegenstand eines anderen anhängigen Rechtsstreits bildet oder von
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einer Verwaltungsbehörde festzustellen ist, anordnen, daß die Verhandlung bis zur
Entscheidung des anderen Rechtsstreits oder bis zur Entscheidung der
Verwaltungsbehörde auszusetzen sei. Im Streitfall hängt die Entscheidung des
Rechtsstreits vom Bestehen oder Nichtbestehen des
Einkommensteuerrechtsverhältnisses des Klägers als beschränkt
Einkommensteuerpflichtigen ab, das den Gegenstand eines Einspruchsverfahrens beim
Finanzamt ... bildet.
2. Das Verfahren der Steueranmeldung nach § 50 a Abs. 4 i. V. m. § 73 e EStDV 2000
ist im Streitfall durch den Einkommensteuerbescheid des Finanzamts ... für das
Streitjahr, mit dem der Kläger als erweitert beschränkt Steuerpflichtiger veranlagt wurde,
erledigt worden.
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a) Grundsätzlich gilt die Einkommensteuer für Einkünfte, die dem Steuerabzug aufgrund
des § 50 a EStG unterliegen, bei beschränkt Steuerpflichtigen gemäß § 50 Abs. 5 Satz 1
EStG durch den Steuerabzug als abgegolten. Gemäß § 2 Abs. 5 Satz 2 AStG ist § 50
Abs. 5 EStG bei Personen, die nach § 2 Abs. 1 AStG erweitert beschränkt steuerpflichtig
sind (Wegzugsbesteuerung) auf Einkünfte, die dem Steuerabzug aufgrund des § 50 a
EStG unterliegen, indes nicht anzuwenden. Dementsprechend sind die Einkünfte, die
dem Steuerabzug nach § 50 a Abs. 4 EStG unterliegen, bei der
Einkommensteuerveranlagung erweitert beschränkt Steuerpflichtiger zu erfassen und
die durch Steuerabzug nach § 50 a Abs. 4 EStG erhobene Einkommensteuer nach § 36
Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 Satz 1 EStG auf die Einkommensteuer anzurechnen (ebenso BMF-
Schreiben v. 11.07.1974, BStBl I 1974, 442, Tz. 2.53.4). Mit Ergehen eines
Einkommensteuerbescheids unter Anrechnung der durch Steuerabzug erhobenen
Steuer ist grundsätzlich das Rechtsschutzbedürfnis für eine Klage des
Vergütungsgläubigers gegen die Steueranmeldung des Vergütungsschuldners nach §
73 e EStDV entfallen. Ziel der mit der Anfechtung der Steueranmeldung begehrten
Aufhebung der Anmeldung ist die Erstattung der Vergütungsbeträge an den
Vergütungsschuldner mit dem weiteren Ziel, daß dieser den Erstattungsbetrag als Teil
der Vergütung an den Vergütungsgläubiger auszahlt (vgl. BFH-Beschlüsse vom
17.05.1995 I B 183/94, BStBl II 1995, 781; vom 13.08.1997 I B 30/97, BStBl II 1997, 700;
vom 24.03.1999 I B 113/98, BFH/NV 1999, 1314). Diese Zielsetzung ist aber bereits
durch die Steueranrechnung im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung realisiert
worden. Die Aufhebung der Steueranmeldung und -erstattung der abgeführten
Steuerbeträge an den Vergütungsschuldner hätte aber zur Folge, daß diese
Anrechnung entfiele, weil sie eine durch Steuerabzug erhobene Einkommensteuer
voraussetzt. Der Vergütungsgläubiger könnte dann den entsprechenden
Erstattungsbetrag nur erlangen, indem er seinen Anspruch gegenüber dem
Vergütungsschuldner geltend macht und ggf. im Zivilrechtsweg durchsetzt.
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b) Der Senat sieht sich in seiner Ansicht zu der im Streitfall zu entscheidenden Frage
des Verhältnisses zwischen Steueranmeldung nach § 73 e EStDV i. V. m. § 50 a Abs. 4
EStG und dem Einkommensteuerbescheid gegenüber einem erweitert beschränkt
Steuerpflichtigen, die bisher - soweit ersichtlich - weder Gegenstand der
Rechtsprechung noch von Erörterungen im Schrifttum war, durch die Parallelität zum
Lohnsteueranmeldungsverfahren und der Einkommensteuerveranlagung des
Arbeitnehmers bestätigt. Auch insoweit nimmt die Rechtsprechung an, daß das
Rechtsschutzbedürfnis für eine Klage des Arbeitnehmers gegen die
Lohnsteueranmeldung mit Durchführung der Einkommensteuerveranlagung unter
Berücksichtigung der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit entfällt (FG München,
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Urteil vom 27.04.2001 8 K 3699/98, EFG 2002, 623, Revision eingelegt - Aktenzeichen
des BFH VI R 152/01; FG Hamburg, Urteil vom 16.10.2001 VI 108/00, EFG 2002, 343,
Revision eingelegt - Aktenzeichen des BFH: VI R 165/01; vgl. auch BFH-Urteil vom
12.10.1995 I R 39/95, BStBl II 1996, 87). Für die Übertragbarkeit dieser Rechtsprechung
auf den Streitfall spricht insbesondere, daß sich die Anrechnung sowohl der Lohnsteuer
als auch der durch den Steuerabzug nach § 50 a EStG erhobenen Einkommensteuer im
Rahmen der Einkommensteuerveranlagung nach derselben Bestimmung, nämlich § 36
Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 Satz 1 EStG richtet. Im übrigen hat die Rechtsprechung auch in
anderem Zusammenhang auf die Parallelität der Verfahren hingewiesen (siehe BFH-
Beschluß in BStBl II 1997, 700, 702 unter 4.; Beschluß vom 25.11.2002 I B 69/02, BStBl
II 2003, 189 unter II.3.b)bb).
3. Trotz der Anrechenbarkeit der durch Steuerabzug erhobenen Einkommensteuer im
Einkommensteuerveranlagungsverfahren ist die vom Kläger erhobene
Anfechtungsklage nicht entscheidungsreif. Denn eine endgültige Erledigung tritt erst ein,
wenn die Einkommensteuerfestsetzung bestandskräftig wird. Sofern der Einspruch
gegen den Einkommensteuerbescheid oder eine sich eventuell anschließende Klage
zur Aufhebung dieses Bescheids führte, entfiele auch die Anrechnung der
Abzugssteuer. Gleichzeitig lebte mit Wegfall einer Veranlagung als beschränkt
Steuerpflichtiger die durch § 2 Abs. 5 Satz 2 AStG suspendierter Abgeltungswirkung der
Abzugssteuer nach § 50 Abs. 5 EStG wieder auf. Dann bestände auch wiederum ein
Rechtsschutzbedürfnis für die Anfechtung der Steueranmeldung der
Vergütungsschuldnerin.
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Aber auch dann, wenn die Anfechtung der Einkommensteuerveranlagung nicht zu einer
Aufhebung des Einkommensteuerbescheids, sondern lediglich zu einer Herabsetzung
der Steuerfestsetzung führte, könnte das Rechtsschutzbedürfnis für die Anfechtung der
Steueranmeldung wieder aufleben. Dies folgt daraus, daß die Einkommensteuer, die
gegenüber dem erweitert beschränkt Steuerpflichtigen festgesetzt wird, nach § 50 a Abs.
5 Satz 3 EStG die Steuerabzugsbeträge nach § 50 a EStG nicht unterschreiten darf. Die
Steuerabzugsbeträge bilden insoweit die Mindeststeuer für die Veranlagung des
erweitert beschränkt Steuerpflichtigen. Diese Mindeststeuer ist stets von Bedeutung,
wenn die im Rahmen der Veranlagung ermittelte Steuer insgesamt die
Steuerabzugsbeträge unterschreitet. In diesem Fall wiederum ist die Steueranmeldung
als Grundlage der Steuerabzugsbeträge vorgreiflich für die Veranlagung als erweitert
beschränkt Steuerpflichtiger. Dementsprechend würde das Rechtsschutzbedürfnis für
eine Anfechtung der Steueranmeldung wiederaufleben, wenn im Streitfall die
Anfechtung der Einkommensteuerfestsetzung ansich zu einer Steuer unterhalb der
Höhe der Steuerabzugsbeträge führte. Der Umstand, daß eine niedrigere
Steuerfestsetzung auch im Wege des besonderen Nachweises nach § 2 Abs. 6 AStG
erreicht werden kann, steht dem nicht entgegen. Denn die Anfechtung der
Steueranmeldung ist grundsätzlich auch ohne einen solchen Nachweis möglich und
damit von anderen weniger engen Voraussetzungen abhängig.
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4. Der Senat konnte auch nicht über die hilfsweise erhobene Fortsetzungs-
Feststellungsklage entscheiden. Die Entscheidung über einen Hilfsantrag ist nur zu
treffen, wenn eine Klage mit einem Hauptantrag ganz oder teilweise keinen Erfolg hat.
Im Streitfall konnte über den Hauptantrag aus den dargelegten Gründen indes noch
nicht entschieden werden.
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5. Der Senat hält die Beschwerde gegen diesen Beschluß für statthaft und erteilt
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demzufolge eine entsprechende Rechtsbehelfsbelehrung. Nach § 128 Abs. 1 FGO steht
den Beteiligten gegen die Entscheidung des Finanzgerichts, die nicht Urteile oder
Gerichtsbescheide sind, also insbesondere gegen Beschlüsse, die Beschwerde zu. In
den Ausnahmeregelungen in § 128 Abs. 2 bis 4 EStG sind Beschlüsse über die
Aussetzung des Verfahrens nicht erwähnt. Allerdings wird im Schrifttum die Auffassung
vertreten, daß solche Beschlüsse als prozeßleitende Verfügungen anzusehen seien
(Tipke/Kruse, AO/FGO, § 128 FGO Tz. 25). Diese Auffassung ist indes nicht unbestritten
(zur gegenteiligen Auffassung Gräber/Ruban, FGO, § 128 Rdn. 5). Im Hinblick auf die
fehlende gesetzliche Einschränkung hält der Senat unter dem Gesichtspunkt effizienten
Rechtsschutzes die Auffassung, daß die Beschwerde statthaft sei, für zutreffend.