Urteil des FG Köln vom 10.07.2002

FG Köln: grundstück, erwerb, anschaffungskosten, schenker, auflage, bemessungsgrundlage, schenkungsvertrag, haus, wohneigentumsförderung, eltern

Finanzgericht Köln, 10 K 5325/99
Datum:
10.07.2002
Gericht:
Finanzgericht Köln
Spruchkörper:
10. Senat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
10 K 5325/99
Tenor:
Anmerkung: Die Klage wurde abgewiesen.
Tatbestand:
1
Die Kläger sind in den Streitjahren zusammenveranlagte Eheleute. Mit notariellem
Kaufvertrag vom 18.12.1993 erwarben sie das bebaute Grundstück F-Weg in C zu
einem Preis von 280.000,-- DM. Das Haus nutzen die Kläger zu 60 % zu eigenen
Wohnzwecken, der Rest wird ab 1994 von der Mutter des Klägers genutzt.
2
In einem Schenkungsvertrag vom 28.12.1993 schenkte die Mutter des Klägers dem
Kläger einen Betrag von 90.000,-- DM. Dieser Betrag ist ein Teilerlös aus einem
Hausverkauf in E. In der Schenkungsvereinbarung ist bestimmt, dass "die Summe von
90.000,-- DM Verwendung finden soll im Erwerb eines neuen Hauses in C, F-Weg".
3
In den Einkommensteuererklärungen 1993 bis 1997 bezogen die Kläger den von der
Mutter des Klägers dem Kläger geschenkten Betrag von 90.000,-- DM in die
Anschaffungskosten des Hauses mit ein und machten jeweils einen entsprechenden
Abzugsbetrag nach § 10 e Abs. 1 EStG geltend. Der Beklagte kürzte die
Anschaffungskosten für das Grundstück um den geschenkten Betrag. Zur Begründung
gab er an, den Klägern seien in Höhe von 90.000,-- DM keine eigenen
Anschaffungskosten entstanden. Nach der Rechtsprechung des BFH liege eine
mittelbare Grundstücksschenkung nicht nur vor, wenn sich der Schenker im
Grundstückskaufvertrag zur Zahlung des Kaufpreises verpflichte, sondern auch dann,
wenn er einen Geldbetrag unter der Bedingung schenke, dass der Beschenkte diesen
Betrag für den Kauf eines bestimmten Grundstücks verwende.
4
Nach erfolglosem Einspruch haben die Kläger vorliegende Klage erhoben. Sie tragen
vor, der Beklagte habe im Streitfall zu Unrecht eine mittelbare Grundstücksschenkung
angenommen. Die Kläger hätten sich selbst zur Zahlung des Kaufpreises verpflichtet.
Die Schenkerin - die Mutter des Klägers - sei demgegenüber nicht dem Verkäufer zur
Zahlung des ganzen oder eines Teils des Kaufpreises verpflichtet gewesen. Vielmehr
habe sie den Schenkungsbetrag auf das Konto des Bedachten eingezahlt, so dass
dieser über den Betrag die Verfügungsgewalt gehabt habe. Die vertragliche Abrede,
dass der Betrag zum Erwerb des Hausgrundstückes Verwendung finden solle,
konkretisiere nur eine Schenkung unter Auflage. Die Schenkerin habe dabei noch nicht
5
einmal die Auflage dahin konkretisieren können, dass ein bestimmtes Grundstück habe
erworben werden sollen, weil die Kläger sich bereits vorher frei und unbeeinflußt zum
Erwerb eines Hauses entschlossen und sich selbst zur Zahlung des Kaufpreises
verpflichtet hätten. Diese Auffassung werde bestätigt durch das Urteil des
Finanzgerichts Münster vom 20. Oktober 1998 8 K 1010/96 E in EFG 1999, 228.
Die Kläger beantragen,
6
unter Änderung der Einkommensteuerbescheide 1993 bis 1997 vom 27.10.1998,
30.12.1998 und 11.03.1999 und Aufhebung der dazu ergangenen
Einspruchsentscheidung die Einkommensteuer 1993 bis 1997 unter
Berücksichtigung eines um 90.000,-- DM erhöhten Bemessungsbetrages im
Rahmen der §§ 10 e, 7 Abs. 4 EStG niedriger festzusetzen.
7
Der Beklagte beantragt,
8
die Klage abzuweisen.
9
Nach seiner Auffassung liegt im Streitfall eine mittelbare Grundstücksschenkung vor.
Wegen der Einzelheiten bezieht er sich auf die Einspruchsentscheidung.
10
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
11
Die Klage ist nicht begründet.
12
Der Beklagte hat zu Recht bei der Berechnung der Bemessungsgrundlage für den
Abzugsbetrag gemäß § 10 e Abs. 1 EStG die Bemessungsgrundlage um die
13
90.000,-- DM gekürzt, die die Eltern des Klägers dem Kläger zugewandt haben.
14
§ 10 e Abs. 1 EStG begünstigt die Anschaffungs- und Herstellungskosten einer
Wohnung im eigenen Haus oder eine Eigentumswohnung zuzüglich der Hälfte der
Anschaffungskosten für den dazugehörenden Grund und Boden. Die Voraussetzungen
dieser Vorschrift liegen hier nicht vor. Nach ständiger Rechtsprechung des
Bundesfinanzhofs ist der unentgeltliche Erwerb einer eigengenutzten Wohnung nicht
nach § 10 e EStG begünstigt (vgl. BFH-Urteil vom 4. Dezember 1991 X R 89/90, BStBl II
1992, 295). Ein unentgeltlicher Erwerb liegt auch bei einer sog. mittelbaren
Grundstücksschenkung vor. Die von der Rechtsprechung im Schenkungsteuerrecht zur
mittelbaren Grundstücksschenkung entwickelten Grundsätze gelten auch für das
Einkommensteuerrecht und somit auch für § 10 e EStG (vgl. BFH-Urteil vom 8. Juli 1994
X R 51/91, BStBl II 1994, 779).
15
Da sich der Gegenstand, um den der Beschenkte bereichert ist, zivilrechtlich nicht "in
derselben Gestalt" im Vermögen des Schenkers befunden haben und wesensgleich
übergehen muß (keine notwendige Identität von Entreicherungs- und
Bereicherungsgegenstand), kann schenkungsteuerrechtlich die Hingabe von Geld zum
Erwerb eines Grundstücks oder eines Teilgrundstücks als Grundstücksschenkung zu
beurteilen sein. Das setzt voraus, dass der Beschenkte im Verhältnis zum Schenker
nicht über das Geld, sondern (erst) über das Grundstück verfügen kann, denn in diesem
Fall ist der Beschenkte nicht um die Geldsumme, sondern um das mit den überlassenen
Geldmitteln erworbene Grundstück bereichert (vgl. BFH-Urteil vom 13. März 1996 X R
16
51/95, BStBl II 1996, 548 m.w.N.) mit der Folge, dass der Wert des
schenkungssteuerpflichtigen Erwerbs nach den für Grundstücke geltenden
Bewertungsvorschriften zu ermitteln ist.
Bei entsprechender Anwendung dieser Grundsätze auf die Wohneigentumsförderung
nach § 10 e EStG ist der Erwerber daher zu Inanspruchnahme der Grundförderung nur
berechtigt, wenn er einen Geldbetrag zur freien Verfügung geschenkt bekommt und mit
den geschenkten Mitteln eine eigengenutzte Wohnung anschafft. Kann er dagegen nicht
über den geschenkten Betrag, sondern erst über die damit erworbene Wohnung
verfügen, ist Gegenstand der Schenkung nicht der Geldbetrag, sondern die Wohnung.
Will der Schenker dem Beschenkten nur einen Teil eines bestimmten Grundstücks
zuwenden und stellt er lediglich einen Teil der Anschaffungskosten zur Verfügung, gilt
der Teil der Wohnung als zugewendet, der dem Verhältnis des zugewendeten
Geldbetrags zum Gesamtkaufpreis entspricht.
17
Nach dieser Rechtsprechung des BFH, der das Gericht folgt, durften im Streitfall die
Kläger den geschenkten Betrag nur zum Kauf eines bestimmten, im Schenkungsvertrag
genau bezeichneten Grundstücks verwenden; bei der Verwendung für einen anderen
Zweck hätten sie den geschenkten Betrag zurückzahlen müssen. Die Mutter des
Klägers wollte somit dem Kläger keinen Geldbetrag, sondern einen Teil des erworbenen
Grundstücks zuwenden. Die Kläger konnten letztlich erst über das Grundstück, nicht
aber über die geschenkten Geldmittel frei verfügen. Unerheblich sind die Beweggründe
der Beteiligten für dieses Vorgehen. Das Gericht folgt nicht dem Urteil des
Finanzgerichts Münster vom 20. Oktober 1998 8 K 1010/96 E, a.a.O., weil es von der
höchstrichterlichen Rechtsprechung abweicht.
18
Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
19