Urteil des FG Köln vom 12.11.2007

FG Köln: eintragung im handelsregister, geschäftsführer, estrich, firma, unternehmen, gesetzlicher vertreter, original, vorsteuerabzug, steuerberater, anschrift

Finanzgericht Köln, 14 K 781/04
Datum:
12.11.2007
Gericht:
Finanzgericht Köln
Spruchkörper:
14. Senat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
14 K 781/04
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens werden der Klägerin auferlegt.
Tatbestand
1
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Vorsteuerabzug aus Subunternehmerrechnungen
im Hinblick auf die unbekannte Identität der tatsächlich Leistenden rückgängig zu machen ist.
2
Die Klägerin ist eine GmbH, deren Gegenstand der Betrieb eines Bauunternehmens ist. In ihrer
Umsatzsteuererklärung für das Streitjahr meldete die Klägerin Vorsteuerbeträge in Höhe von
214.707,39 DM an. Hiervon entfielen Teilbeträge von 79.527,52 DM auf Rechnungen, die unter
der Firmenbezeichnungen "B GmbH", ... (nachfolgend: B GmbH), und 43.126,74 DM, die unter
der Firmenbezeichnung "G GmbH", ... (nachfolgend: G GmbH), erstellt waren.
3
Im einzelnen liegen diesen Anmeldungen folgende Rechnungen zugrunde:
4
Datum Seite
Akte
Betrag
netto
USt Betrag
brutto
Unter-
schrift
Leistungsbezeichnung Anm.
5
DM*
DM*
DM*
pauschal
Aufmaß
6
* Beträge in vollen DM ohne Pfennigbeträge
B GmbH ...
7
8
1 30.03.
14.050 2.248 16.298 -
-
Trockenbauarb.
1.150 DM
Unterputz 258 qmx50
DM
2 04.04.
11.562 1.849 13.411 -
-
Rohbauarb.
Fertigbausteine
282 Std.x41DM
11.562 DM
3 14.04.
20.155 3.224 23.380 -
-
Unterputz 258 qm x
50DM Heizestrich 247,9
qm x11DM Sockel 88m x
7,20 DM Stufen 17,5 x
34 DM
2
Objekte
4 03.08.
16.687 2.670 19.357 -
-
Heizstrich 99qmx9 DM
Schwimmend-estrich
270x9,50 DM
Verbundestrich
1.110x8,90 DM
Schwimmend-estrich
350,40qm x9,80DM
2
Objekte
5 14.08
16.800 2.688 19.488 -
-
Estricharbeiten
6 24.08
10.797 1.727 12.525 -
-
Schwimmend-estrich
225qm x15,20DM
Schwimmend-estrich
180qmx10,20 DM
Verbundestrich 45qm x
8,70 DM Verbundestrich
459qm x11,22DM
3
Objekte
7 28.08
20.800 3.328 24.128 -
-
Innenputz
2.080qmx10DM
8 29.08 26 13.772 2.203 15.975 -
-
48 Std.x58 DM
2784 DM 22
Std.x58 DM
1.276 DM 24
Std.x58 DM
1.392 DM
Fliesenarbeiten 55qm x
65 DM Fliesenarbeiten
35qm x 65 DM
Fliesenarbeiten 38qm x
65 DM
3
Objekte
9 04.09. 23 29.000 4.640 33.640 -
-
Fliesenarbeiten
9.000 Fliesen- u.
Tapezierarbeiten
1. A-Konto-Zahl.
20.000
2
Objekte
keine
Schluss-
rechnung
10 06.09 27 37.444 5.991 43.435 -
-
Bausanierung
580 Std.x58 DM
33.640 DM 23
Std.x58 DM
1.334
Fliesenarbeiten 38
Std.x65 DM
2
Objekte
11 19.09
34.600 5.536 40.136 -
-
Trockenbauarb.
22.000
Innenputz 900qm x14
DM
2
Objekte
12 26.09. 28 24.175 3.868 28.043 -
-
Sanierung 24
Std.x58 DM
1.392
Maurerarbeiten
4.500
Demontage 276
Std.x58 DM
Fliesenarbeiten 35 qm x
58 DM
3
Objekte
13 10.10.
24.920 3.987 28.907 -
-
Innenputzarb. 880qmx14
DM Innenputzarb. 900
qm x 14 DM
2
Objekte
14 18.10. 24 20.000 3.200 23.200 -
-
Bürosanierung
Abschlagszahlg.
Keine
Schluss-
rechnung
15 30.10.
23.870 3.819 27.689 -
-
Sockelputz
4.500
Außenputz 298 qm x 65
DM
3
Objekte
16 02.11.
13.837 2.213 16.050 -
-
Schwimmend-estrich
256qm x14,50DM
Außenputz,
Scheibenputz 225 qm x
45 DM
2
Objekte
17 08.11.
34.720 5.555 40.275 -
-
Innenputz 2.480qm x 14
DM
18 14.11.
15.000 2.400 17.400 -
-
Stemm u.
Verputzarbeiten
Akontozahlung
19 21.11.
15.722 2.515 18.237 -
-
Estricharbeiten
884,28qm x 14,50 DM
Heizestrich 200qm
x14,50DM
2
Objekte
20 04.12.
16.071 2.571 18.643 -
-
Heizestrich 310,94 qm x
8,90 DM Schwimmend-
estrich 1.430,59 qm x
9,30 DM
2
Objekte
21 07.12.
18.466 2.954 21.421 -
-
Heizestrich 787,52qm x
8,90 DM 180,83 qm x
11,00 DM Schwimmend-
estrich 704,04 qm x 8,90
DM 344,40 qm x 9,30
DM
4
Objekte
22 18.12.
13.770 2.203 15.973 -
-
Schwimmend-estrich
338,41 qm x 9,30 DM
Verbundestrich
221,32qm x48DM
2
Objekte
23 01.12.
35.000 5.600 40.600 -
-
Außenputzarb.
Wärmedämm-
system
G GmbH ...
9
24 03.04.
17.250 2.760 20.010 W Trockenbauarb.
Versorgungs-
schächte u.
Dachschräge 4
Häuser 4.600
DM
15 Häuser
25 03.04.
15.480 2.476 17.956 W
Unterputz 258
qm x 60 DM
26 07.04. 29 2.580 412
2.992
./. 89
2.903
--
Oberputz 258
qm x 10 DM
27 07.04. 31 2.580 412
2.992
./. 89
2.903
--
Oberputz 258
qm x 10 DM
28 11.04. 33 4.386 701
5.087
./. 152
4.935
--
Oberputz
Spezialfertigung
258 qm x 17 DM
29 02.06.
13.719 2.195 15.914 W Fliesen Std. 21,
19, 21, 21, 21
Fliesen qm x 65
DM 27, 26, 28,
28, 26
5 Häuser in 2
Straßen
30 08.06.
10.046 1.607 11.653 W
Schwimmend-u.
-trennestrich
502qm x 8,50
DM 201qm x
7,40 DM 268qm
x11,20DM 41
qm x 7,40 DM
200qm x 8,50
DM
3 Objekte
31 15.05.
30.960 4.953 35.913 W
Unter- u.
Oberputz 2x
258qm x60DM
4 Häuser
32 19.05.
20.080 3.212 23.292 W Trockenbauarb.
Versorgungs-
schächte u.
Dachschräge 4
Häuser 4.600
DM
Unterputz incl.
Schienen 258
qm x 60 DM
4 Häuser
33 15.06.
25.800 4.128 29.928
./. 598
W.
Innenputz
2.150qm
10
29.329
x12DM
34 07.07.
30.000 4.800 34.800 W 1.
Akontozahlung
Umbau
Schlussrechnung
fehlt
35 11.07.
8.797 1.407 10.205 W.
Schwimmend-
estrich 430qm
x13,00DM
337qm x
9,50DM
2 Objekte
36 17.07.
8.500 1.360 9.860 -- Innenputz
37 24.07.
19.950 3.192 23.142 W
Schwimmend-
estrich 2100qm
x9,20DM
38 20.08.
16.161 2.585 18.746 W
Schwimmend-
estrich 370qm
x10,00DM
161qm
x11,20DM
1146qm
x9,30DM
3 Objekte
39 12.10.
10.866 1.738 12.605 W
Schwimmend-
estrich 700qm
x10,20DM
257qm
x14,50DM
2 Objekte
**W = W
G ...
11
40 13.03. 7.740 1.238 8.878 ./. 179
8.798
-
-
Außenputz 258 qm
x 30
41 13.03. 7.740 1.238 8.878 ./. 179
8.798
-
-
Außenputz 258 qm
x 30
42 21.03. 7.740 1.238 8.878
-
-
Unterputz 258qm x
30 DM
Selbe Leistung abgerechnet
mit Rg. 3
43 21.03. 7.740 1.238 8.878
-
-
Unterputz 258qm x
30 DM
12
Bis auf einen Fall enthalten die Rechnungen keine Angaben zur Leistungszeit.
13
Die Rechnungen der B GmbH liegen im Original vor. Dazu liegen drei handschriftlich
ausgefüllte Originalquittungen auf Zweckformformularen über Barzahlungen zu den
Rechnungen Nr. 1 bis 3 vor, die mit Firmenstempel und einer nicht leserlichen in den
Stempelaufdruck gesetzten Unterschrift versehen sind. Zu den anderen Rechnungen der B
GmbH liegen Kopien vor. Zu einer dieser Kopien ist handschriftlich vermerkt: "Originale im
Strafverfahren eingezogen". Auf allen Kopien sind der Stempelaufdruck und die darin
angebrachte Unterschrift identisch aufgebracht und entsprechen dem Original der Quittung zu
Nr. 2.
14
Die Rechnungen der G GmbH liegen im Original vor. Die Rechnungen enthalten, soweit sie
mit der Unterschrift des W versehen sind, unterhalb des Rechnungstextes und oberhalb der
Unterschrift den maschinenschriftlichen Zusatz "Rechnung am....Bar erhalten" unter jeweiliger
Angabe eines Datums. Dabei liegt dieses Datum jeweils einige Tage nach dem angegebenen
Rechnungsdatum und entspricht der Rechnungsnummer. Der Zusatz ist mit derselben
Maschine wie der übrige Rechnungstext geschrieben. Zusätzlich zu der Unterschrift ist
unterhalb des Zusatzes jeweils ein Stempelaufdruck der "G GmbH" angebracht. Soweit nicht
die Barzahlung auf den Rechnungen quittiert ist, hat die Klägerin teilweise Kopien von
Schecks und von Auszügen ihres Kontos über deren Verbuchung vorgelegt.
15
Im Rahmen einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung gelangte der Prüfer unter Berufung auf
Ermittlungen des Finanzamts für Steuerfahndung L und der Steuerfahndungsstelle des
Finanzamts I zu dem Ergebnis, dass die Firmen, unter deren Namen die Rechnungen
ausgestellt wurden, lediglich Strohmannfunktion gehabt hätten und der tatsächlich leistende
Unternehmer nicht bekannt bzw. dass es sich bei den Rechnungen um sog.
Abdeckrechnungen ohne tatsächliche Leistung handele. Der Vorsteuerabzug aus den
Rechnungen sei deshalb zu versagen. Die Fa. G GmbH sei eine "Strohmanngesellschaft", die
dazu genutzt werde, Schwarzarbeiterkolonnen mit Papieren auszustatten und Rechnungen zu
verkaufen. Es würden keine Baumaterialien gekauft. Arbeitnehmer würden nur zum Teil und
mit geringen Löhnen angemeldet. Bei einer Ortsbesichtigung in ... sei festgestellt worden, dass
es sich nicht um einen Firmensitz handeln könne.
16
Bei der Fa. B GmbH handele es sich nicht um ein in kaufmännischer Weise geführtes
Unternehmen. Bei der Anschrift in ... handele es sich um einen nicht besetzten Büroraum, also
eine Briefkastenadresse. Der Geschäftsführer, der an der selben Anschrift seinen
Hauptwohnsitz gemeldet habe, sei dort ebenfalls nicht erreichbar. Bei der Durchsuchung seien
dort keine Grundaufzeichnungen wie Verträge, Aufmaße etc. gefunden worden. Der für die
Zulassung als Handwerksbetrieb angegebene Handwerksmeister habe von den Baustellen
keine Kenntnis. Der Geschäftsführer sei für ihn nicht erreichbar gewesen. Es lägen
Anhaltspunkte dafür vor, dass die B GmbH nur als Tarnung gegründet worden sei, um
Schwarzarbeiter zum Einsatz zu bringen und fremde Schwarzarbeiterkolonnen mit Papieren
auszustatten. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Prüfungsbericht vom 14.1.2002
und den Zwischenbericht des Finanzamts I - Steuerfahndungsstelle - vom 6.3.2002 (s.
Prüferhandakte) und das Schreiben des Finanzamtes für Steuerfahndung L vom 9.10.2001 (s.
Prüferhandakte) Bezug genommen.
17
Auf der Grundlage des Prüfungsergebnisses erging der geänderte Umsatzsteuerbescheid, mit
dem Vorsteuerbeträge abweichend von der Anmeldung (Jahreserklärung) nur noch in Höhe
von 92.053,10 DM berücksichtigt wurden. Die Steuer wurde auf 91.652,14 EUR (179.256,00
DM) erhöht. In der Abrechnung ergab sich unter Berücksichtigung der bereits erfolgten
Zahlungen ein Nachzahlungsbetrag von 62.691,40 EUR.
18
Mit dem Einspruch machte die Klägerin geltend, sowohl die G GmbH als auch die B GmbH
seien leistende Unternehmer gewesen. Sie hat Kopien folgender auf die Anschrift der B GmbH
in ... ausgestellter Unterlagen eingereicht, die ihr von der B GmbH vorgelegt worden seien: die
Gewerbeanmeldung vom 11.11.1999, die Betriebsnummernzuteilung der Bundesanstalt für
Arbeit vom 23.3.2000, die Unbedenklichkeitsbescheinigung der ... vom 13.4.2000, den
Aufnahmebescheid der ... vom 25.4.2000, die Erteilung USt-IdNr. durch das Bundesamt für
Finanzen vom 4.5.2000 und die Eintragung ins Handelsregister des I-Kreises vom 23.8.2000.
19
Über die G GmbH hat die Klägerin Kopien folgender Unterlagen eingereicht, die ihr von dieser
vorgelegt worden seien: Gewerbeanmeldung vom 4.2.2000 bei der Gemeinde ..., Mitteilung
über die Eintragung im Handelsregister vom 18.2.2000, Anmeldung des Wechsels des
Geschäftsführers zum Handelsregister vom 3.3.2000, Bescheinigung des Finanzamts O vom
9.5.2000, dass das Unternehmen seit dem 1.1.2000 geführt und die steuerlichen Pflichten bis
zum Tag der Ausstellung der Bescheinigung erfüllt habe.
20
Die Klägerin bestreitet, dass es sich um Strohmannfirmen gehandelt habe. Diese treffe
jedenfalls für ihre Geschäftsbeziehungen mit den beiden Firmen nicht zu. Sie habe alles in
ihren Möglichkeiten Stehende getan, um sich über ihre Subunternehmer zu informieren. Im
Hinblick auf die ihr vorgelegten Unterlagen, die bestehenden Kontakte und die
ordnungsgemäß erbrachten Leistungen habe sie guten Glaubens darauf vertrauen dürfen,
dass sich der Sitz der B GmbH in ... und derjenige der G GmbH in ... befunden habe. Die
Originalrechnungen erfüllten alle gesetzlichen Anforderungen.
21
Nach der Zurückweisung des Einspruchs als unbegründet verfolgt die Klägerin ihr Begehren
mit der Klage weiter. Ergänzend zu ihrem Vorbringen im Verwaltungsverfahren macht sie
geltend, sie habe an der Seriosität der beiden Subunternehmer nicht zweifeln können. Im
Computerzeitalter komme der Existenz fester Büroeinrichtungen nicht mehr eine derart
entscheidende Bedeutung wie noch vor einigen Jahren zu. Die 2001 getroffenen
Feststellungen der Steuerfahndung seien kein Beweis für die Verhältnisse des Jahres 2000.
22
Die Klägerin habe konkrete Anhaltspunkte dafür, dass die Firmen B GmbH und G GmbH die
der Klägerin in Rechnung gestellten Arbeiten auch tatsächlich ausgeführt habe. So habe die
Auftraggeberin der Klägerin für das Bauvorhaben in ..., die L Grundstücksverwaltung GbR, mit
Schreiben vom 08.08.2000 der Beauftragung der B GmbH als Nachunternehmerin für
Entkernungsarbeiten und die Innensanierung zugestimmt. Der Geschäftsführer der L
Grundstücksverwaltung GbR könne sich an zwei bis drei auf der Baustelle tätige Arbeitnehmer
in Overalls mit der Beschriftung "B" und ein von diesen genutztes Fahrzeug mit
entsprechender Beschriftung erinnern. Auf einer Baustelle in ... seien über einen Zeitraum von
drei Monaten ebenfalls Arbeitnehmer der B GmbH und auch der G GmbH tätig geworden. Dies
könne durch einen - namentlich benannten – Angestellten der Klägerin, der die Baustellen
wöchentlich beliefert und mit den Arbeitnehmern gesprochen und Terminvereinbarungen
getroffen habe, bestätigt werden. Auf der großen Baustelle in ... seien ebenfalls Arbeiter der G
GmbH eingesetzt worden. Auch der Bruder des Klägers könne sich an Arbeiter in
entsprechend beschrifteten Arbeitsanzügen erinnern. Dieser sei auch anwesend gewesen, als
gemeinsam mit dem Verantwortlichen der G GmbH das Aufmaß genommen worden sei. Der
Bruder des Klägers habe keine Zweifel daran gehabt, dass dieser berechtigt gewesen sei, für
die G GmbH zu handeln und nach erfolgter Abstimmung die Abschrift des Aufmaßes entgegen
zu nehmen. Telefonisch seien Absprachen mit Personen mit den Vornamen "N" und "T"
getroffen worden. Die Preise seien jeweils im Büro der Klägerin verhandelt worden. Dies
entspreche den üblichen Gepflogenheiten. Der Geschäftsführer der Klägerin habe mit
Scheinfirmen keinerlei Erfahrungen. Es seien nicht nur Bar-, sondern auch Scheckzahlungen
23
erfolgt. Diese seien den jeweils verantwortlichen Herren, die erkennbar zu deren
Entgegennahme befugt gewesen seien, teils direkt auf der Baustelle, teils im Büro der Klägerin
ausgehändigt worden. An die Klägerin dürften bezüglich der Nachweise keine unmöglich zu
erfüllenden Anforderungen gestellt werden. Aufgrund der vorgelegten Rechnungs- und
Zahlungsnachweise sowie des Schreibens der L Grundstücksverwaltung und der sonstigen
Unterlagen stehe fest, dass die zurückgeforderten Vorsteuerbeträge tatsächlich entstanden
seien und nicht auf Scheinrechnungen, Scheinfirmen oder Luftbuchungen beruhten.
Die Klägerin beantragt, den Umsatzsteuerbescheid vom 10.07.2000 und die
Einspruchsentscheidung vom 12.01.2004 aufzuheben.
24
Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
25
Ergänzend zu seinen Ausführungen im Vorverfahren beruft er sich auf die Stellungnahme der
Steuerfahndungsstelle des Finanzamts I vom 17.11.2004 (Bl. 47 ff. d.A.). Danach hat die B
GmbH keinen kaufmännisch eingerichteten Geschäftsbetrieb unterhalten, war der
Geschäftsführer an dem angegebenen Wohn- und Geschäftssitz nicht erreichbar und überdies
der deutschen Sprache nicht mächtig, der als Konzessionsträger beschäftigte
Handwerksmeister nicht tätig und hatte keinen Kontakt zum Geschäftsführer, die Arbeitnehmer
waren von dieser nicht kontrolliert oder angeleitet, Grundaufzeichnungen (Verträge, Aufmaße,
Bauzeichnungen) nicht vorhanden. Löhne wurden ausschließlich bar bezahlt. Die
kriminaltechnische Überprüfung der Schreibmaschine habe ergeben, dass nur zwei
Ausgangsrechnungen, jedoch auch fünf Eingangsrechnungen unter der Bezeichnung B GmbH
auf der in dem Geschäftsraum vorgefundenen Schreibmaschine geschrieben wurden. Über
das Konto der GmbH verfügte neben dem Geschäftsführer eine weitere Person als
Alleinverfügungsberechtigter. Der größte Teil der Einzahlungen wurde bar abgehoben.
26
Bezüglich der G GmbH beruft der Beklagte sich auf das gegen deren Geschäftsführer W
ergangene Strafurteil (Kopie Bl. 81 ff. d.A.). Er hat in der mündlichen Verhandlung die Abschrift
der Beschuldigtenvernehmung des W durch die Staatsanwaltschaft L1 – Az. ... – vom
20.04.2005 vorgelegt, die verlesen worden ist.
27
Die Klägerin hat zu den vom Beklagten nachgereichten Unterlagen nicht Stellung genommen.
Sie hat sich auch nicht zu den vom Berichterstatter mit Schreiben vom 14.03.2007 (Bl. 63 ff.
d.A.) dargelegten Bedenken gegen den Inhalt der vorliegenden Rechnungen bezüglich der
Leistungsbezeichnung geäußert. Weiter hat sie außer den Rechnungen und Zahlungsbelegen
die in dem Schreiben angeforderten Unterlagen (Vertragsunterlagen, Ausschreibungen,
Aufmaße, Stundenzettel etc.) nicht vorgelegt. Der Bevollmächtigte der Klägerin wurde am
09.11.2007 telefonisch auf die Identität der Stempelaufdrucke und Unterschriften auf den
Quittungskopien der B GmbH hingewiesen.
28
Die drei Originalquittungen und die Quittungskopien sind zum Gegenstand der mündlichen
Verhandlung gemacht worden. Der Geschäftsführer der Klägerin hat hierzu erklärt, er habe
diese Quittungskopien bisher nicht gesehen. Die Unterlagen hätten sich beim Steuerberater
befunden. Es müssten noch Originale zu den Kopien vorhanden sein. Auf Vorhalt, dass es
keine Originale zu den Quittungen geben könne, da diese gefälscht seien und die Unterlagen
auf irgendeine Weise zum Steuerberater gelangt seien, hat der Geschäftsführer der Klägerin
erklärt, er habe die Quittungskopien von der Firma B GmbH erhalten und an den Steuerberater
weitergegeben. Die Nachfrage des Gerichts, ob er Kopien als Quittungen akzeptiere, hat er
sodann nicht beantwortet. Die Klägerin hält trotz der zusätzlichen Bedenken, die sich aus den
Quittungskopien ergeben, auch soweit Vorsteuern aus Rechnungen unter der Bezeichnung
29
der Firma B GmbH betroffen sind, an ihrem Klagebegehren fest.
Zu dem Vorhalt, dass in den Rechnungen der B GmbH vom 14.04.2000 und derjenigen der G
GmbH vom 21.03.2000 dieselbe Bauleistung abgerechnet worden sei (Bauvorhaben ...,
Unterputz 258 qm) hat der Geschäftsführer der Klägerin in der mündlichen Verhandlung erklärt,
es habe eine Mängelrüge gegeben. Deshalb habe die Arbeit noch einmal ausgeführt werden
müssen. Auf den weiteren Vorhalt, dass die Klägerin mit dem Schreiben des Berichterstatters
vom 12.03.2007 aufgefordert worden sei, Unterlagen u.a. über Mängelrügen vorzulegen, hat er
sich nicht weiter geäußert.
30
Entscheidungsgründe
31
Die Klage ist unbegründet.
32
Der Beklagte hat im Ergebnis zu Recht die streitigen Vorsteuerbeträge in dem angefochtenem
Bescheid nicht mehr berücksichtigt. Die Voraussetzungen des Vorsteuerabzugs aus den
Rechnungen unter den Bezeichnungen B GmbH und G GmbH sind nicht erfüllt. Weder ist
nachgewiesen, wer tatsächlicher Rechnungsaussteller ist, noch dass der Klägerin überhaupt
bzw. die in den Rechnungen abgerechneten Bauleistungen erbracht worden sind. Teilweise
sind die rechnungsmäßigen Voraussetzungen des Vorsteuerabzugs nicht erfüllt bzw. nicht
nachgewiesen.
33
1. Nach § 15 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG in der für das Streitjahr maßgeblichen Fassung kann der
Unternehmer die in Rechnungen im Sinne des § 14 UStG gesondert ausgewiesene Steuer für
Lieferungen oder sonstige Leistungen, die von anderen Unternehmern für sein Unternehmen
ausgeführt worden sind, als Vorsteuerbeträge abziehen. Nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 UStG
müssen die Rechnungen u. a. die Angabe des Namens und der Anschrift des leistenden
Unternehmens enthalten.
34
a) Aus dem Erfordernis der Angabe des Namens und der Anschrift des leistenden
Unternehmers wird hergeleitet, dass die Identität zwischen dem Rechnungsaussteller und dem
leistenden Unternehmer bestehen muss. Für die Bestimmung des tatsächlich leistenden
Unternehmers sind die zivilrechtlichen Leistungsbeziehungen maßgeblich. Demgegenüber ist
der bloße "Rechnungsschreiber", der selbst keine Lieferungen oder Leistungen außer dem
Schreiben der Rechnungen erbringt, nicht Leistender (ständige Rechtsprechung, z. B. BFH-
Urteil vom 04.09.2003, V R 10/02, BFH/NV 2004, 149 m. w. N.; Beschluss vom 15.07.2004 V B
164/03, BFH/NV 2004,1676).
35
b) Im Streitfall sind die rechnungsmäßigen Voraussetzungen des Vorsteuerabzugs bezüglich
der unter der Fa. B GmbH ausgestellten Rechnungen nicht erfüllt, weil die Identität des
Rechnungsausstellers nicht festgestellt werden kann.
36
aa) In Würdigung des Gesamtergebnisses des Verfahrens kann schon nicht festgestellt
werden, wer Rechnungsaussteller ist. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob es sich bei der Fa.
B GmbH um ein reines Scheinunternehmen oder um ein Unternehmen im Sinne des
Umsatzsteuerrechts – wozu auch ein reines Serviceunternehmen gehören würde – handelte.
Jedenfalls kann nicht festgestellt werden, dass die Rechnungen der Fa. B GmbH zugeordnet
werden könnten. Zwar weisen die Rechnungsformulare die Fa. B GmbH als
Rechnungsaussteller aus. Gleichwohl kann nicht festgestellt werden, ob die Rechnungen dem
Unternehmen – sollte es existiert haben – zuzurechnen waren. Es kann nicht festgestellt
werden, dass die Rechnungen von für die Firma vertretungsberechtigten Personen ausgestellt
37
wurden. Die Rechnungen tragen keine Unterschrift. Alleiniger gesetzlicher Vertreter der Fa. B
GmbH war nach der Eintragung im Handelsregister deren Geschäftsführer E. Die Klägerin hat
nicht dargelegt, dass dieser die Rechnungen ausgestellt habe oder ihr gegenüber aufgetreten
sei. Sie hat lediglich vorgetragen, sie habe telefonisch mit Personen mit den Vornamen "N"
und "T" verhandelt. Damit sind konkret identifizierbare Personen nicht hinreichend bezeichnet.
Insbesondere kann mangels näherer Angaben nicht unterstellt werden, dass es sich bei
diesem "T" um den Geschäftsführer E handelte. Dagegen spricht schon, dass dieser nach dem
Bericht der Steuerfahndungsstelle des Finanzamts I der deutschen Sprache nicht mächtig war.
Die Klägerin hat nicht dargelegt, dass sie mit "T" nicht auf deutsch sondern auf türkisch bzw.
nur unter Hinzuziehung dolmetschender Personen verhandelt habe. Sie hat lediglich in der
mündlichen Verhandlung geltend gemacht, dass es die Masche mancher Ausländer
gegenüber deutschen Behörden sei, Unkenntnis der deutschen Sprache vorzutäuschen. Damit
hat sie aber weder substantiiert dargelegt, dass der Geschäftsführer der Fa. B GmbH deutsch
konnte, noch dass sie tatsächlich mit diesem verhandelt hat.
bb) Zweifel daran, dass die vorgelegten Rechnungen tatsächlich von der Fa. B GmbH
ausgestellt worden sind, bestehen auch, weil nach den Feststellungen der Steuerfahndung die
meisten Rechnungen unter der Firmenbezeichnung nicht auf der in dem Geschäftsraum der
Firma vorgefundenen Schreibmaschine geschrieben worden sind.
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cc) Auch aus der behaupteten Abwicklung von Zahlungsvorgängen lässt sich nichts anderes
herleiten. Vielmehr kann nicht festgestellt werden, dass aufgrund der vorgelegten Rechnungen
überhaupt Zahlungen geleistet wurden.
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Die Zahlungen zu den vorgelegten Rechnungen wurden nach dem Vorbringen der Klägerin
bar geleistet. Hierzu liegen drei Original-Quittungen auf Zweckformformularen vor (zu den
Rechnungen Nrn. 1 bis 3 der Liste im Tatbestand). Diese sind mit Stempelaufdruck der Fa. B
GmbH versehen. Die in den Stempelaufdruck gesetzte Unterschrift ist nicht leserlich. Die
Klägerin hat auch keine Person benannt, der diese Unterschrift zugeordnet werden könnte. Die
Angabe der Klägerin, sie habe die Zahlung den jeweils verantwortlichen Herren, die erkennbar
zu deren Entgegennahme befugt gewesen seien, auf der Baustelle oder in ihrem Büro
geleistet, ist unsubstantiiert und deshalb nicht überprüfbar. Insbesondere kann nicht festgestellt
werden, dass die nach Vortrag der Kläger für die Fa. B GmbH aufgetretenen nicht namentlich
benannten Personen vertretungsbefugt waren. Der Umstand allein, dass diese Personen,
unterstellt dass der Vortrag der Klägerin zutrifft, für die Firma B GmbH aufgetreten sind,
begründet noch nicht die Vertretungsbefugnis, da sie als Vertreter ohne Vertretungsvollmacht
aufgetreten sein können. Jedenfalls hat die Klägerin nicht dargelegt und zu Beweis gestellt,
dass eine rechtsgeschäftliche Vertretungsbefugnis bestand. Ein Handeln als Vertreter ohne
Vertretungsmacht wäre der Firma B GmbH indessen nur zuzurechnen, wenn das Auftreten
entweder nachträglich genehmigt worden ist (siehe § 177 Abs. 1 BGB in der für das Streitjahr
gültigen Fassung) oder die Firma B GmbH nach den Grundsätzen der Duldungs- oder
Anscheinsvollmacht zuzurechnen gewesen wäre. Beides ist weder dargelegt oder aus den
Akten anderweitig ersichtlich noch zu Beweis gestellt. Eine Genehmigung wird von den
Klägern nicht behauptet. Eine Duldungs- oder Anscheinsvollmacht würde voraussetzen, dass
die Firma B GmbH durch aktives Verhalten oder durch ihr zurechenbares Nichteinschreiten
den Rechtsschein dafür gesetzt hätte, dass die Rechnungsaussteller für sie vertretungsbefugt
waren. Dies behauptet die Klägerin aber jedenfalls nicht substantiiert. Sie hat vielmehr jegliche
Identitätsprüfung unterlassen und Kontakte nach eigenen Angaben lediglich mit ihr namentlich
nicht bzw. nur mit Vornamen bekannten Personen unterhalten. Die Vorlage von Kopien von
Unbedenklichkeitsbescheinigungen und anderen Unterlagen allein ist nicht geeignet, einen
Anschein zu begründen, da solche Unterlagen auch ohne Kenntnis des gesetzlichen
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Vertreters der Fa. B GmbH in Umlauf gelangt sein können. Auch das behauptete Auftreten von
Arbeitern in Overalls mit der Aufschrift "B" und die Nutzung eines entsprechend beschrifteten
Fahrzeugs kann ohne größere Schwierigkeiten von Dritten inszeniert worden sein. Hierfür
bedarf es eines ähnlich geringen Aufwands wie für die Erstellung von Rechnungsvordrucken.
Kleidung kann schon für geringe Beträge bedruckt werden, Fahrzeugbeschriftungen erfolgen
heute üblicherweise kostengünstig und einfach im Folienverfahren.
Für die übrigen Rechnungen wurden dem Gericht Zahlungsquittungen in Kopie vorgelegt, bei
denen es sich um offensichtliche Fälschungen handelt. Dies folgt aus dem Umstand, dass der
Stempel und die Unterschrift auf allen Kopien völlig identisch sind. Es ist aber bei original
gestempelten Belegen ausgeschlossen, dass der Stempel immer stets an derselben Stelle
angebracht ist. Erst recht ist es unmöglich, eine Unterschrift immer identisch und zudem an der
selben Stelle zu leisten. Nach dem Erscheinungsbild ist die Originalquittung zur Rechnung Nr.
2 der Liste des Tatbestands als Grundlage für die Quittungskopien verwandt worden. Die
Fälschungen können nur zu dem Zweck angefertigt worden sein, den Beklagten und das
Gericht darüber zu täuschen, dass tatsächlich Zahlungsbelege nicht vorhanden sind. Der
Geschäftsführer der Klägerin hat zwar in der mündlichen Verhandlung behauptet, die
Unterlagen so vom Steuerberater erhalten zu haben und nicht zu kennen. Das Gericht sieht
dies jedoch als bloße Schutzbehauptung an und hält es insbesondere für unwahrscheinlich,
dass die Fälschungen vom Steuerberater ausgeführt worden sind. Die Vorlage gefälschter
Zahlungsbelege rechtfertigt Zweifel dahingehend, dass die geltend gemachten Zahlungen an
die Fa. B GmbH überhaupt erfolgt sind.
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c) Für die Vorsteuerbeträge aus den Rechnungen G GmbH kann, soweit sie unter der
Sitzangabe ... erstellt sind, ebenfalls die Identität des Rechnungsausstellers nicht festgestellt
werden. Entsprechendes gilt für die Rechnungen unter der Sitzangabe ... Nrn. 26 bis 28 der
Aufstellung des Tatbestands. Es kann nicht festgestellt werden, dass diese Rechnungen der
Fa. G GmbH – deren Existenz als Unternehmen unterstellt – zugerechnet werden können. Die
Rechnungen sind nicht unterschrieben. Bestellter Geschäftsführer der Fa. war W. Legt man
zugrunde, dass dieser – entgegen seiner Aussage gegenüber der Staatsanwaltschaft –
tatsächlich Geschäfte der Fa. G GmbH geführt hat, kann nicht unterstellt werden, dass der
Rechnungen von ihm ausgestellt worden sind. Dagegen spricht schon, dass er die anderen
Rechnungen unter der Fa. G bzw. den dort angebrachten Quittungsvermerk unterschrieben
hat. Die Klägerin hat keine substantiierten Angaben dazu gemacht, wer die Rechnungen
geschrieben hat. Sie hat auch nicht dargelegt, wem die Schecks, mit denen sie ihrem Vortrag
nach zur Bezahlung ausgestellt hat, übergeben wurden und wem die Beträge zugeflossen
sind. Im übrigen gelten die nachfolgenden Ausführungen auch für die Rechnungen ohne
Unterschrift.
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d) Für die Rechnungen unter der Fa. G GmbH kann, auch soweit sie die Unterschrift des W
tragen, insgesamt nicht die Identität zwischen dem leistenden Unternehmen und dem
Rechnungsaussteller festgestellt werden.
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aa) Der Aussage des W bei der Staatsanwaltschaft vom 20.04.2005 folgend war die Fa. G
GmbH nicht selbst mit Arbeitnehmern auf irgendwelchen Baustellen tätig. Ihre Aufgabe habe
darin bestanden, Arbeitnehmer mit Papieren auszustatten. Er selbst hatte lediglich die
Funktion, als Scheingeschäftsführer aufzutreten und musste vereinnahmte Gelder weiterleiten.
Es kann dahingestellt bleiben, ob die Firma danach überhaupt Unternehmer i.S. des UStG war.
Jedenfalls hat sie danach nicht die in Rechnung gestellten Bauleistungen erbracht.
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bb) Allerdings lässt sich dem Strafurteil gegen W nicht entnehmen, dass er dieses Geständnis 45
in der Strafverhandlung wiederholt hätte. Das Urteil stützt sich zwar auf dessen Geständnis,
enthält aber keine näheren Angaben zu dessen Inhalt. Soweit das Urteil aufführt, die Fa. G
GmbH sei nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt gewesen, ist dem Urteil nicht zu entnehmen,
auf welchem konkreten Sachverhalt diese Annahme beruht. Indes braucht der Senat nicht von
Amts wegen die konkrete Tätigkeit des W aufzuklären. Die Klägerin hat selbst nicht behauptet,
dass sie mit diesem in Kontakt getreten sei. Sie hat vielmehr ihre Kontaktpersonen weder
benannt noch identifizierbar beschrieben. Hinzu kommt, dass unter der Bezeichnung Fa. G
GmbH unter zwei angeblichen Firmensitzen Rechnungen geschrieben wurden, die keinen
Hinweis auf W enthalten. Weiter wurde kein für eine Bauunternehmung erforderlicher Betrieb
geführt, insbesondere war kein Betriebsgelände vorhanden, auf dem Baufahrzeuge hätten
abgestellt und Baumaterial hätte gelagert werden können. Schließlich weisen die
Rechnungen, soweit sie von W unterschrieben sind, die Auffälligkeit auf, dass die Zahlung
schon im Voraus mit dem Rechnungstext unter Angabe eines späteren Datums quittiert wurde.
All diese Gesichtspunkte begründen gewichtige Zweifel daran, dass die Fa. G GmbH
tatsächlich leistende Unternehmerin war.
Es hätte der Klägerin oblegen, diesen Zweifeln durch substantiierten Vortrag zu begegnen.
Insbesondere hätte die Klägerin die näheren Umstände der Auftragsvergabe und -abwicklung
darlegen müssen, wozu sie ausdrücklich mit Schreiben des Berichterstatters vom 12.03.2007,
unter 3.c, aufgefordert worden ist. Entsprechendes Vorbringen ist aber unterblieben.
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e) Soweit die Rechnungsaussteller bzw. die Identität zwischen Rechnungsaussteller und
leistendendem Unternehmer nicht festgestellt werden können, trägt die Klägerin die
Feststellungslast. Dies folgt schon aus der unterbliebenen Mitwirkung bzw. der Vorlage
gefälschter Unterlagen. Weiter ergibt sich die Feststellungslast aus den allgemeinen
Beweislastregeln, da die Klägerin die Berücksichtigung steuermindernder Umstände begehrt.
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2. Die Klage kann auch deshalb keinen Erfolg haben, weil nicht festgestellt werden kann, dass
die Firmen B GmbH und G GmbH – ihre Unternehmereigenschaft unterstellt – die in Rechnung
gestellten Bauleistungen tatsächlich erbracht haben. Zwar dürften die Bauleistungen, mit
denen die Klägerin ihrerseits als (Sub-)Unternehmerin beauftragt worden ist, tatsächlich
erbracht worden sein. Es kann jedoch nicht festgestellt werden, dass die Firmen B GmbH und
G GmbH als Subunternehmer für die Klägerin tatsächlich tätig geworden sind. Es lässt sich
schon nicht feststellen, dass die Firmen über eine Unternehmensstruktur verfügten, die die
Erbringung solcher Bauleistungen ermöglicht hätte. Die örtlichen Feststellungen der
Steuerfahndungen bezüglich der Geschäftssitze deuten darauf hin, dass Einrichtungen für
unternehmerische Leistungen im Bausektor von einem gewissen Umfang nicht vorhanden
waren (s. auch o. 1.d.bb). Gravierender ist indes, dass mangels Vorlage von Ausschreibungs-
und Abrechnungsunterlagen in keiner Weise nachvollziehbar ist, welche Leistungen die
Klägerin vertragsgemäß zu erbringen hatte und welche Leistungen davon weitergegeben sein
sollen. Dies begründet hinreichende Zweifel dahingehend, dass Firmen B GmbH und G GmbH
überhaupt irgendwelche Bauleistungen erbracht haben.
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Die Zweifel werden dadurch bestärkt, dass auch keine der Rechnungen detaillierte
Einzelleistungen aufführt, wie es bei tatsächlich erbrachten Bauleistungen üblich und für eine
Nachprüfung unerlässlich ist. Anhand der Rechnungen ist nicht nachvollziehbar, wie die stets
nur in der Gesamtsumme ermittelten Flächen ermittelt wurden. Die Behauptung des
Geschäftsführers in der mündlichen Verhandlung, es sei zusammen mit dem jeweiligen
Vertreter der Firmen B GmbH und G GmbH vor Ort das Aufmaß genommen worden, ist nicht
nachvollziehbar. Umfangreichere Aufmaße erfordern detaillierte Aufzeichnungen in der Regel
nach Maßgabe der Verdingungsordnung für Bauleistungen – VOB. Solche Aufmaße hat die
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Klägerin aber weder vorgelegt noch behauptet erstellt zu haben. Keine der Rechnungen nimmt
auf solche Unterlagen Bezug. Entsprechendes gilt für die angegebenen Arbeitsstunden.
Stundenaufzeichnungen hat die Klägerin nicht vorgelegt. Bis auf eine Rechnung enthalten die
Rechnungen auch nicht die Angabe der Leistungszeit, was insbesondere Zweifel daran
begründet, dass nach Stundensätzen abgerechnete Leistungen tatsächlich erbracht worden
sind. Schließlich ist es bei tatsächlich erbrachten Bauleistungen völlig unüblich, mehrere
Bauvorhaben in einer Rechnung abzurechnen, da dies die Zuordnung zum einzelnen
Bauvorhaben erschwert.
Indiz gegen die tatsächliche Durchführung der Bauleistungen ist auch, dass die gleichen
Bauleistungen von Firmen B GmbH und G GmbH wiederholt zu unterschiedlichen Preisen
abgerechnet wurden, etwa Schwimmendestrich für zwischen 8,90 DM und 15,20 DM/qm,
Unterputz zwischen 30,00 und 60,00 DM/qm. Bei tatsächlicher Durchführung wären solche
Preisdifferenzen nicht ohne weiteres akzeptiert worden. Schließlich ist in einem Fall
(Rechnungen Nrn. 3 und 42 der Liste laut Tatbestand) eine identische Leistung doppelt
abgerechnet worden. Die Behauptung des Geschäftsführers in der mündlichen Verhandlung,
es seien Mängelrügen erfolgt, ist trotz der Aufforderung im Schreiben des Berichterstatters vom
12.03.2007 nicht durch Vorlage entsprechender Unterlagen belegt worden. Gegen diese
Behauptung spricht, dass nach den Rechnungen ein anderes Unternehmen beauftragt wurde.
Wären aber die Leistungen des zunächst ausführenden Unternehmens, im Streitfall nach dem
Rechnungsinhalt wohl die Fa. G GmbH, so mangelhaft gewesen, dass ein anderes
Unternehmen beauftragt werden musste, ist nicht erklärbar, weshalb die Fa. G GmbH weiterhin
für entsprechende Leistungen beauftragt wurde und weshalb keine Zahlungskürzungen erfolgt
sind.
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Auf für die tatsächliche Erbringung der abgerechnete Bauleistungen trägt die Klägerin die
Feststellungslast. Die Ausführungen unter 1.e gelten entsprechend.
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3. Schließlich war der Vorsteuerabzug auch zu versagen, soweit die vorgelegten Rechnungen
nicht die Anforderungen an ordnungsgemäße Rechnungen erfüllen.
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a) Nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 UStG müssen die Rechnungen die Menge und die
handelsübliche Bezeichnung des Gegenstands der Lieferung oder die Art und den Umfang der
sonstigen Leistung und nach Nr. 4 den Zeitpunkt der Lieferung oder sonstigen Leistung
enthalten.
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Dem Erfordernis des § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 UStG genügen nur solche Bezeichnungen, die
eine eindeutige und leicht nachprüfbare Feststellung der Leistung ermöglichen, über die
abgerechnet worden ist (ständige Rechtsprechung, z. B. BFH-Urteile vom 23.04.1993 V R
118/89, BFH/NV 1994, 584; vom 17.09.1992 V R 41/89, BStBl II 1993, 205; vom 10.11.1994 V
R 45/93, BStBl II 1995, 395; vom 26.04.2001 V R 50/99, BFHE 194, 536; Beschlüsse vom
02.07.1999 V B 171/98, BFH/NV 1999, 1652; vom 29.11.2002 V B 119/02, BFH/NV 2003,
518). Eine eindeutige und leicht nachprüfbare Identifizierbarkeit ist nicht möglich, soweit eine
Rechnung lediglich pauschale Angaben zur Leistung oder Gattungsbezeichnungen ohne
nähere Beschreibung enthält. Dies gilt insbesondere wenn es sich um höherpreisige
Leistungen handelt. Dementsprechend hat die Rechtsprechung es als nicht ausreichend
angesehen, wenn eine Abrechnung über Bauleistungen lediglich die Angabe "für Bauarbeiten
berechnen wir ihnen lt. Vertrag nach gemeinsamen Aufmaß" enthält (BFH-Urteil in BStBl II
1995, 395) oder lediglich Leistungen "nach Absprache" ohne Terminangaben und ohne
weitere eindeutige Beschreibung abgerechnet werden (BFH-Beschluss vom 22.12.2002 V B
53/02, BFH/NV 2003, 522) oder wenn höherpreisige Uhren und Armbänder mit Kaufpreisen
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von jeweils 5.000 DM und mehr mit den bloßen Gattungsbezeichnungen "Uhren" und
"Armbänder" abgerechnet werden (BFH-Beschluss in BFH/NV 2003, 518).
Allerdings ist die genaue Bezeichnung in der Rechnung als solche entbehrlich, wenn in der
Rechnung auf andere Geschäftsunterlagen verwiesen wird. Aber auch in diesen Fällen liegt
eine hinreichende Leistungsbezeichnung in der Rechnung nur vor, wenn die in Bezug
genommenen Unterlagen eindeutig bezeichnet werden (ständige Rechtsprechung, z. B. BFH-
Urteile vom 24.09.1987 V R 50/85 und V R 125/86, BStBl II 1988, 688 und 694; Urteile in BStBl
II 1995, 395; Urteile vom 01.08.1996 V R 9/96, BFH/NV 1997, 381; vom 12.12.1996 V R 16/96,
BFH/NV 1997, 717; Beschluss in BFH/NV 2003, 518).
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b) Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze scheidet der Vorsteuerabzug aus Rechnungen
zu Nr. 2, 8 bis 10, 12, 14, 15, 18, 23, 24, 29, 34, 36 der Liste laut Tatbestand ganz aus. Die
Rechnungsangaben sind jeweils zu pauschal, um angesichts der Höhe der abgerechneten
Beträge eine konkrete Leistung feststellen zu können. Bezeichnungen wie "Rohbauarbeiten
Fertigbausteine", "Estricharbeiten", "Bausanierung", "Sanierung", "Maurerarbeiten",
"Bürosanierung" etc. ohne nähere Aufmaßangaben, Leistungszeit oder andere Einzelangaben
bezeichnen keine näher konkretisierbaren Gewerke. Eine Bezugnahme auf andere
Unterlagen, die eine Konkretisierung ermöglichen könnte, fehlt in den Rechnungen. Soweit
Rechnungen über Abschlagszahlungen erteilt wurden (Nrn. 9, 18, 29), fehlen die zur
Konkretisierung erforderliche Schlussrechnungen. Bei den Rechnungen über Fliesenarbeiten
(Nrn. 9, 10) wurden nebeneinander Stunden- und Quadratmetersätze abgerechnet, was nur
schlüssig wäre, wenn Material geliefert wurde oder nach Zeit abzurechnende
Sonderleistungen erbracht wurden. Hierzu fehlen indes jegliche Angaben.
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In den Rechnungen zu Nrn. 11, 15 und 32 entsprechen mangels hinreichender Konkretisierung
Teilbeträge über 22.000 DM ("Trockenbauarbeiten"), 4.500 DM ("Sockelputz") und 4.600 DM
("Trockenbauarbeiten Versorgungsschächte und Dachschräge" für vier Häuser) nicht den
zwingenden Rechnungsanforderungen.
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4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
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