Urteil des FG Köln vom 05.05.2010

FG Köln (streitwert, einkünfte, höhe, thüringen, 1995, pauschal, antrag, sache, anfechtung, einkommen)

Finanzgericht Köln, 10 Ko 2581/09
Datum:
05.05.2010
Gericht:
Finanzgericht Köln
Spruchkörper:
10. Senat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
10 Ko 2581/09
Tenor:
Die im Verfahren 9 K 5032/03 zu erstattenden Kosten werden auf
4.026,61 € festgesetzt.
Die Kosten des Erinnerungsverfahrens hat der Erinnerungsgegner zu
tragen.
Gründe
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I. Die Beteiligten streiten über den im Rahmen der Kostenfestsetzung anzusetzenden
Streitwert.
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Die Erinnerungsführer stritten im Verfahren 9 K 5032/03 wegen Gewinnfeststellung für
1991. Der Erinnerungsgegner hatte im angefochtenen Bescheid u.a. einen Verlust aus
gewerblichem Grundstückshandel i.H.v. rd. 90.000 DM und Vermietungseinkünfte i.H.v.
rd. 770.000 DM angesetzt, die auf die Erinnerungsführer jeweils zur Hälfte entfielen. Die
Erinnerungsführer begehrten die Feststellung von reduzierten, vermögensverwaltenden
Vermietungseinkünften.
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Im Verfahren 9 K 6885/03 stritten die Erinnerungsführer wegen Gewinnfeststellung für
1995 und 1996. Der Erinnerungsgegner hatte im angefochtenen Bescheid für 1995 u.a.
einen Gewinn aus gewerblichem Grundstückshandel i.H.v. rd. 197.000 DM,
Vermietungseinkünfte i.H.v. rd. 57.000 DM DM sowie Kapitaleinkünfte aus stiller
Beteiligung in Höhe von rd. 253.000 DM angesetzt, die auf die Erinnerungsführer
jeweils zur Hälfte entfielen. Für 1996 waren u.a. ein Gewinn aus gewerblichem
Grundstückshandel i.H.v. rd. 800.000 DM, Vermietungseinkünfte i.H.v. rd. 87.000 DM
sowie Kapitaleinkünfte aus stiller Beteiligung in Höhe von rd. 102.000 DM angesetzt, die
auf die Erinnerungsführer jeweils zur Hälfte entfielen. Auch in diesem Verfahren
begehrten die Erinnerungsführer die Feststellung von reduzierten,
vermögensverwaltenden Vermietungseinkünften.
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Im Erörterungstermin vom 22. November 2007 verständigten sich die Beteiligten auf
Vorschlag des Berichterstatters auf eine Erledigung dahin, dass alle Grundstücke, die
innerhalb eines Zeitraums von 10 Jahren nach Anschaffung veräußert worden seien, als
gewerblicher Grundstückshandel behandelt und im Übrigen von einer privaten
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Vermögensverwaltung ausgegangen werde. Die Kosten der Verfahren 9 K 5032/03 und
9 K 6885/03 wurden mit Beschlüssen vom 3. Februar 2009 dem Erinnerungsgegner
auferlegt; die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren wurde für
erforderlich erklärt.
Der Kostenbeamte nahm im Verfahren 9 K 5032/03 einen Streitwert i.H.v. 25% des
insgesamt streitigen und auf die Erinnerungsführer je zur Hälfte entfallenden Betrags
von 121.230 DM an und errechnete so ausgehend von der Streitwerttabelle des FG
Thüringen, Beschluss vom 2. März 2007 IV 70082/06 Ko (EFG 2007, 954) einen
Streitwert i.H.v. 30.307,50 DM/15.495,97 €.
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Mit dem vorliegend angefochtenen Kostenfestsetzungsbeschluss vom 27. Juli 2009
wurden die den Erinnerungsführern im Verfahren 9 K 5032/03 zu erstattenden Kosten
auf der Basis eines Streitwerts von 30.307,50 DM/15.495,97 € auf 2.711,11 €
festgesetzt.
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Die Erinnerungsführer sind der Ansicht, aufgrund der Höhe ihrer Einkünfte könne nur ein
Streitwert von 50% der streitigen Einkünfte infrage kommen. Der Streitwertansatz des
FG Thüringen sei fehlerhaft und nicht nachvollziehbar zu niedrig.
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II. Die Erinnerung ist begründet.
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1. Gemäß §§ 7, 8 BRAGO i.V.m. § 13 Abs. 1 Satz 1 GKG in der für den Streitfall
geltenden Fassung ist der Streitwert in Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-,
Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit grundsätzlich nach der sich aus dem Antrag des
Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.
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Deshalb bemisst sich der Streitwert bei der Anfechtung von Steuerbescheiden
regelmäßig nach dem Unterschiedsbetrag zwischen dem festgesetzten Steuerbetrag
und der vom Kläger begehrten Steuerfestsetzung (BFH-Beschlüsse vom 9. April 1990 III
E 3/89, BFH/NV 1991, 551, vom 17. Februar 1994 VII E 3/93, BFH/NV 1994, 819; BFH-
Urteil vom 28. Februar 1961 I 114/60 S, BStBl III 1961, 287).
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2. Soweit es um die Anfechtung von Gewinnfeststellungsbescheiden gemäß § 180 Abs.
1 Nr. 2 Buchst. a AO geht, bestimmt sich der Streitwert folglich nach der sich aus dem
Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen des
Gerichts. Der Streitwert richtet sich deshalb grundsätzlich nach der typisierten
wahrscheinlichen steuerlichen Auswirkung, die die streitigen Feststellungen auf die
Einkommen- bzw. Körperschaftsteuer der Verfahrensbeteiligten haben können. Dabei
anerkennt die Rechtsprechung, dass die Auswirkungen nicht exakt berechnet werden
müssen, sondern mit Hilfe eines Pauschalsatzes geschätzt werden können. Sofern die
Feststellung des laufenden, nicht tarifbegünstigten Gewinns streitig ist, ist die
vermutliche einkommensteuerliche Auswirkung deshalb grundsätzlich pauschal mit 25
% des streitigen Gewinns oder Verlustes zu schätzen (BFH-Beschluss vom 16.
Dezember 1998 IV E 1/98, BFH/NV 1999, 807, vom 21. September 1994 VIII E 1/94,
BFH/NV 1995, 254: Steuergeheimnis). An dieser pauschalen Ermittlung des Streitwerts
ist aus Gründen der Gleichbehandlung selbst dann festzuhalten, wenn im
Gewinnfeststellungsverfahren die tatsächlichen einkommensteuerlichen Auswirkungen
bei den (oder bei einzelnen) Beteiligten bekannt geworden sind (BFH-Beschluss vom 4.
September 2008 I E 5/08, BFH/NV 2008, 2041; FG Köln, Beschluss vom 8. Dezember
2008 10 Ko 2250/08, EFG 2009, 512).
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3. Nur soweit ohne besondere Ermittlungen im Verfahren der einheitlichen
Gewinnfeststellung erkennbar ist, dass der Satz von 25 % den tatsächlichen
einkommensteuerlichen Auswirkungen nicht gerecht wird, kommt der Ansatz eines
angemessen erhöhten oder verringerten Prozentsatzes in Betracht. In erster Linie ist
dabei an Fälle gedacht, in denen die angestrebten Gewinnminderungen entsprechend
höhere einkommensteuerliche Auswirkungen haben, weil die Mitunternehmer dem
Spitzensteuersatz unterliegen. Dies gilt entsprechend, wenn höhere Verlustanteile
festgestellt werden, die auf ein entsprechend hohes Einkommen der Gesellschafter
hindeuten. Dabei hält der beschließende Senat grundsätzlich eine pauschale
Berechnung anhand grob eingeteilter Streitwerttabellen etwa in Anlehnung an den
Beschluss des FG Thüringen vom 2. März 2007 IV 70082/06 Ko (EFG 2007, 954 mit
Anm. Müller, EFG 2007, 956) für zulässig, ohne allerdings nach einzelnen
Feststellungsbeteiligten zu differenzieren; vielmehr wird der streitige Gesamtbetrag
durch die Anzahl der Feststellungsbeteiligten dividiert und der auf dieser Grundlage
ermittelte Pauschalsatz herangezogen (ständige Rechtsprechung; BFH-Beschluss vom
4. September 2008 I E 5/08, BFH/NV 2008, 2041, vom 28. Februar 2001 VIII E 5/00,
BFH/NV 2001, 1035, zuletzt BFH-Beschlüsse vom 5. November 1997 VIII E 3/97,
BFH/NV 1998, 621, vom 16. Dezember 1998 IV E 1/98, BFH/NV 1999, 807; ferner BFH-
Beschluss vom 7. Dezember 1992 I E 2/92, BFH/NV 1993, 377 und FG Köln, Beschluss
vom 8. Dezember 2008 10 Ko 2250/08, EFG 2009, 512; vgl. ferner FG Köln, Urteil vom
1. April 2004 10 K 5777/98, EFG 2004, 1402: 40 % für einen Fall, in dem es einerseits
um Beträge im Millionenbereich ging, es sich aber andererseits um ausländische
Beteiligte handelte).
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4. Nach diesen Grundsätzen muss der im Streitfall anzusetzende Wert mit pauschal
50% der streitigen Beträge gemessen werden. Das ergibt sich zwar nicht unmittelbar
aus der Höhe der streitigen Beträge selbst, worauf der Kostenbeamte unter
Bezugnahme auf den Beschluss des FG Thüringen vom 2. März 2007 IV 70082/06 Ko
(EFG 2007, 954) zu Recht hinweist. Im Streitfall ist jedoch zu berücksichtigen, dass sich
bereits aus den Feststellungsbescheiden unstreitige, den Erinnerungsführern
zuzurechnende Einkünfte weit oberhalb der Spitzensteuersatz-Grenze ergaben. So
waren für die Streitjahre 1991 und 1996 festzustellende Einkünfte von jeweils über
500.000 DM unstreitig und auch für das Jahr 1995 waren festzustellende Einkünfte von
über 300.000 DM unstreitig. Bei einer derartigen Höhe allein der festzustellenden
Einkünfte kann sich ein Steuersatz unterhalb des Spitzensteuersatzes nur in dem
Sonderfall von anderweitig zuzurechnenden Verlusten ergeben. Dafür ergaben sich bei
den Erinnerungsführern (Geschwister, die ihr gemeinschaftlich geerbtes Vermögen
verwalteten) jedoch keine unmittelbar erkennbaren Anhaltspunkte, so dass die
voraussichtliche einkommensteuerliche Auswirkung pauschal mit 50% der streitigen
Beträge zu schätzen waren.
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5. Die zu erstattenden Kosten berechnen sich demnach wie folgt:
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Vorverfahren (StW = 60.615 DM):
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8/10 Geschäftsgebühr, § 41 Abs. 3 StBGebV 1.364,00 DM
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Anteil an 10/10 Besprechungsgebühr, § 42 StBGebV 811,42 DM
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(10/10 von 206.550 DM = 2.765 DM; Anteil = 811,42 DM)
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Auslagenpauschale 40,00 DM
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Zwischensumme 2.215,42 DM
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16 % USt (58,33%) 206,76 DM
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Summe 2.422,18 DM
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= 1.238,44 €
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Klageverfahren (StW = 30.991,95 €):
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10/10 Prozessgebühr, § 31 Abs.1 Nr. 1 BRAGO 830,00 €
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10/10 Erörterungsgebühr, § 31 Abs. 1 Nr. 1 BRAGO 830,00 €
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10/10 Erledigungsgebühr, § 24 BRAGO 830,00 €
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Auslagenpauschale 20,00 €
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Zwischensumme 2.510,00 €
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19% USt (58,33%) 278,17 €
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Summe 2.788,17 €
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Gesamtsumme: 4.026,61 €
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6. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 der FGO. Die Entscheidung über die
Erinnerung gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss ergeht gerichtsgebührenfrei, weil
das Kostenverzeichnis (Anlage 1 zum Gerichtskostengesetz) eine Gebühr für diesen
Beschluss nicht vorsieht. Die Pflicht zur Kostentragung beschränkt sich demgemäß auf
die Auslagen des Gerichts und die außergerichtlichen Kosten.
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