Urteil des FG Hessen vom 05.07.2005

FG Frankfurt: wiedereinsetzung in den vorigen stand, veranlagung, verlängerung der frist, verdeckte gewinnausschüttung, gesetzliche frist, direktversicherung, fristverlängerung, form, arbeitslohn

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Gericht:
Hessisches
Finanzgericht 11.
Senat
Entscheidungsdatum:
Streitjahr:
1998
Aktenzeichen:
11 K 1854/02
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 46 Abs 2 Nr 8 EStG 1997, §
110 AO 1977
(Fristverlängerungsantrag begründet keinen "Antrag" für
die Durchführung der Veranlagung)
Tatbestand
Die Kläger sind Eheleute und reichten am 12.04.2001 beim Finanzamt A für das
Streitjahr 1998 eine Einkommensteuererklärung ein, in der sie einen Verlustabzug
nach § 10d des Einkommensteuergesetzes - EStG - gemäß einem - nicht
ergangenem - Verlustfeststellungsbescheid zum 31.12.1997 von 2.176.410,-- DM
beantragten. Als Einkünfte erklärten die Kläger jeweils bezogenen Arbeitslohn aus
einer Anstellung bei der B-GmbH, wobei gemäß den Lohnsteuerkarten Lohnsteuer
nach der Steuerklasse IV einbehalten worden war. Der Arbeitslohn der Klägerin
resultierte aus ihrer Anstellung als Geschäftsführerin der B-GmbH, deren
Alleingesellschafterin sie zugleich war.
Nachdem die Kläger am 26.10.1999 an die Abgabe der Einkommensteuer 1998
erinnert worden waren, beantragten sie durch ihren Bevollmächtigten am
19.11.1999 Fristverlängerung bis zum 28.02.2000.
Die Kläger hatten zuvor beim Hessischen Finanzgericht eine Klage erhoben, mit
der sie begehrten, zum 31.12.1990 einen verbleibenden Verlust im Hinblick auf
einen angeblich entstandenen Auflösungsverlust nach § 17 EStG aus der
Beteiligung der Klägerin an der B-GmbH festzustellen. Mit Schreiben des
Bevollmächtigten der Kläger vom 22.09.2000 fragte dieser im Hinblick darauf, dass
das Konkursverfahren über das Vermögen der GmbH erst im Jahre 1998
abgeschlossen worden sei und unter Bezugnahme auf das Urteil des
Bundesfinanzhofs - BFH - vom 25. Januar 2000 VIII R 63/98 (BStBl II 2000, 343)
beim Finanzamt A an, ob dieses bereit sei, die Verluste nach § 17 EStG zu
berücksichtigen, wenn diese in der Steuererklärung 1998 geltend gemacht würden,
wobei auf den Wohnsitzwechsel der Kläger nach C hinwiesen wurde. Mit Verfügung
vom 08.11.2000 erwiderte das Finanzamt A, dass es bitte, die
Einkommensteuererklärung 1998 beim Finanzamt A einzureichen, das Finanzamt
werde den Vorgang dann an das Finanzamt C weiterleiten, welches darüber zu
entscheiden habe, ob der Verlust berücksichtigt werden könne. Ferner bat es um
Erledigung binnen 6 Wochen.
Mit Bescheid vom 17.10.2001 lehnte das beklagte Finanzamt den Antrag auf
Veranlagung zur Einkommensteuer 1998 unter Hinweis auf die Möglichkeit eines
Antrags auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand mit der Begründung ab, dass
die Einkommensteuererklärung nicht innerhalb der Antragsfrist des § 46 Abs. 2 Nr.
8 Satz 2 EStG von zwei Jahren nach Ablauf des betreffenden Kalenderjahres beim
Finanzamt eingegangen sei. Gegen diesen Bescheid erhoben die Kläger am
19.11.2001 Einspruch und beriefen sich auf § 46 Abs. 2 Satz 3 EStG und darauf,
dass nach dem Urteil des BFH in BStBl II 1987, 338, ein Antrag auf
Fristverlängerung als Antrag auf Veranlagung zu werten sei. Mit Schriftsatz vom
22.01.2002 beantragten die Kläger vorsorglich wegen etwaiger Fristversäumnis
Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, da erst mit der neueren Rechtsprechung
des BFH im Urteil vom 25. Januar 2000 klargestellt worden sei, dass der
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des BFH im Urteil vom 25. Januar 2000 klargestellt worden sei, dass der
Auflösungsverlust im Jahre 1998 entstanden sei. Im Übrigen seien die Fristen
gehemmt gewesen, nachdem die Verlustvorträge Gegenstand eines gerichtlichen
Verfahrens gewesen seien.
Mit Einspruchsentscheidung vom 30.04.2002, zur Post gegeben am 02.05.2002,
wies das beklagte Finanzamt den Einspruch unter Verneinung einer
Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zurück. Mit der am 31.05.2002 erhobenen
Klage begehren die Kläger das Finanzamt zu verpflichten, die Veranlagung zur
Einkommensteuer 1998 durchzuführen.
Die Kläger sind der Auffassung, für das Jahr 1998 sei eine Pflichtveranlagung zur
Einkommensteuer nach § 46 Abs. 2 Nr. 3 EStG durchzuführen, da die Klägerin zum
Personenkreis des § 10c Abs. 3 EStG gehört habe. Dies ergebe sich daraus, dass
die B-GmbH zum 01.06.1998 zugunsten der Klägerin, geboren im Jahre 1958, bei
einem Versicherungsunternehmen eine Direktversicherung in Form einer
kapitalbildenden Lebensversicherung mit Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung
mit einer Laufzeit von 25 Jahren mit einem Jahresbeitrag von 3.408,-- DM bei einer
Zahlung der Versicherung von 81.503,-- DM im Todesfall abgeschlossen habe. Im
Übrigen sei das Urteil des BFH vom 16.12.1986 nach wie vor anwendbar und auch
der Wiedereinsetzungsantrag begründet gewesen, da die Rechtslage zur
Berücksichtigung von Auflösungsverlusten nach § 17 EStG keineswegs eindeutig
gewesen sei, wie das Urteil des FG Hamburg vom 11.07.2001 VI 150/99
verdeutliche, wonach ein Auflösungsverlust nach § 17 EStG erst mit Löschung der
Gesellschaft im Handelsregister entstehe.
Die Kläger beantragen, den Beklagten unter Aufhebung des Ablehnungsbescheids
vom 17.10.2001 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 30.04.2002 zu
verpflichten, für das Jahr 1998 eine Einkommensteuerveranlagung durchzuführen.
Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Der Beklagte ist der Auffassung, die Voraussetzungen für eine Pflichtveranlagung
nach § 46 EStG lägen nicht vor. Die Aufforderung zur Abgabe einer
Einkommensteuererklärung 1998 vom 26.10.1999 bewirke gemäß Urteil des BFH
vom 8. Mai 1979 (BStBl II 1979, 676) keine Verlängerung der Abgabefristen.
Zudem sei der Antrag auf Fristverlängerung nicht als Antrag auf Veranlagung zur
Einkommensteuer zu werten; das Urteil des BFH vom 16.12.1986 sei nicht
einschlägig, da seit 1991 die Regelung des § 46 Abs. 2 Nr. 8 EStG ausdrücklich
vorsehe, dass der Antrag auf Veranlagung durch Abgabe einer
Einkommensteuererklärung zu stellen sei. Im Übrigen bedürfte es auch nach
diesem Urteil weiterer besonderer Umstände, um im allgemeinen
Fristverlängerungsantrag einen Antrag auf Veranlagung erblicken zu können.
Solche lägen nicht vor. Auch der im Klageverfahren vorgelegte
Versicherungsvertrag begründe keine Pflichtveranlagung nach § 46 Abs. 2 Nr. 3
EStG, denn es habe zu keinem Zeitpunkt im Streitjahr zugunsten der Klägerin ein
Anspruch auf eine ungekürzte Vorsorgepauschale bestanden.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze in der Akte
verwiesen.
Dem Gericht lag die für die Kläger beim Beklagten geführte Einkommensteuerakte
1998 einschließlich Rechtsbehelfsverfahren vor. Diese war Gegenstand des
Verfahrens.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist unbegründet.
Besteht - wie im Streitfall - das Einkommen ganz oder teilweise aus Einkünften aus
nichtselbständiger Arbeit, von denen ein Steuerabzug vorgenommen worden ist -
hier Lohnsteuerabzug -, so wird eine Veranlagung zur Einkommensteuer nur
durchgeführt, wenn eine der Voraussetzungen des § 46 Abs. 2 EStG in der im
Streitjahr gültigen Fassung erfüllt ist.
1.
Die Voraussetzungen für eine Pflichtveranlagung nach § 46 Abs. 2 Nr. 3 EStG -
eine andere Variante der Pflichtveranlagung kommt ersichtlich nicht in Betracht -
lagen im Streitfall nicht vor. Nach dieser Vorschrift wird eine Veranlagung
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lagen im Streitfall nicht vor. Nach dieser Vorschrift wird eine Veranlagung
durchgeführt, wenn für einen Steuerpflichtigen, der zu dem Personenkreis des §
10c Abs. 3 EStG gehört, die Lohnsteuer im Veranlagungszeitraum oder für einen
Teil des Veranlagungszeitraumes nach den Steuerklassen I bis IV der allgemeinen
Lohnsteuertabelle (§ 38c Abs. 1 EStG) zu erheben war. Dies war im Streitfall nicht
gegeben. Denn weder gehörte - unstreitig der Kläger - noch die Klägerin zum
Personenkreis des § 10c Abs. 3 EStG. Die Klägerin unterlag als
Alleingesellschafterin und Geschäftsführerin zwar nicht der gesetzlichen
Rentenversicherungspflicht. Ihre Zugehörigkeit zum Personenkreis des § 10c Abs.
3 Nr.2 EStG - der allein im Streitfall in Betracht käme - scheitert jedoch daran,
dass sie nicht im Zusammenhang mit einer Berufstätigkeit auf Grund vertraglicher
Vereinbarung Anwartschaftsrechte auf eine Altersversorgung ganz oder teilweise
ohne eigene Beitragsleistung erworben hat. Denn die Prämienzahlungen der B-
GmbH an die Versicherungsgesellschaft erfolgten im Rahmen einer
Direktversicherung zugunsten der Klägerin. Dafür spricht schon die Bemessung
der Jahresprämie mit 3.408,-- DM, was es nach § 40b EStG dem Arbeitgeber
ermöglicht, die Lohnsteuer von den Beiträgen für die Direktversicherung mit einem
Pauschsteuersatz von 20 v.H. der Beiträge zu erheben. Aus der Regelung des §
40b EStG ergibt sich, dass es sich bei Leistungen des Arbeitgebers von Beiträgen
zu einer Direktversicherung zugunsten des Arbeitnehmers dem Grunde nach um
Arbeitslohn des Arbeitnehmers handelt. Damit stellen die Zahlungen an die
Direktversicherung Beitragszahlungen des Arbeitnehmers selbst dar, bei denen
lediglich der Zahlungsweg durch unmittelbare Leistung eines Dritten an das
Versicherungsunternehmen abgekürzt wird mit der Folge, dass die aus der
Direktversicherung erworbenen Anwartschaftsrechte auf Grund eigener
Beitragsleistung des Arbeitnehmers erworben wurden, selbst wenn nur eine
pauschale Lohnversteuerung erfolgt sein sollte (vgl. hierzu auch FG Rheinland-
Pfalz, Urteil vom 15. November 2001 4 K 2670/99, EFG 2002, 190, m.w.N.;
Hessisches FG, Urteil vom 24. August 2000 12 K 4188/98, juris). Soweit sich die
Kläger in der mündlichen Verhandlung auf das Urteil des BFH vom 16.10.2002 XI R
25/01, BStBl II 2004, 546, berufen haben, ergibt sich für den Streitfall nichts
anders. Dort hatte der BFH entschieden, dass eine dem Alleingesellschafter und
Geschäftsführer einer GmbH von der GmbH zugesagte Altersrente auch dann
durch eigene Beiträge des Gesellschafters erworben wird, wenn es sich bei der
Zusage um eine verdeckte Gewinnausschüttung handelt. Dies steht nicht im
Widerspruch zur Rechtsauffassung des Senats.
2.
Da die Voraussetzungen für eine Pflichtveranlagung im Streitfall nicht vorlagen,
war nach § 46 Abs. 2 Nr. 8 EStG eine Veranlagung nur durchzuführen, wenn diese
beantragt wurde. Nach § 46 Abs. 2 Nr. 8 Satz 2 EStG ist der Antrag bis zum Ablauf
des auf den Veranlagungszeitraum folgenden zweiten Kalenderjahrs durch Abgabe
einer Einkommensteuererklärung zu stellen. Mithin war die Veranlagung im
Streitfall bis zum 31.12.2000 durch Abgabe einer Einkommensteuererklärung für
1998 zu stellen. Dies ist nicht erfolgt, da die Kläger erst am 12.04.2001 - mithin
verspätet - eine Einkommensteuererklärung für 1998 eingereicht haben. Bei der
Frist nach § 46 Abs. 2 Nr. 8 EStG handelt es sich um eine gesetzliche
Ausschlussfrist, die nicht verlängert werden kann (BFH, Urteil vom 3. Juni 1986 IX R
121/83, BStBl II 1987, 421). Gegen die Verfassungsmäßigkeit dieser Frist bestehen
keine Bedenken (vgl. BFH, Urteil vom 8. April 1986 IX R 212/84, BStBl II 1986,
790).
Soweit die Kläger am 26.10.1999 zur Abgabe einer Einkommensteuererklärung für
1998 aufgefordert wurden, führte dies nicht zu einer Verlängerung der Antragsfrist
oder zu einer Pflicht zur Veranlagung vom Amts wegen. Denn eine Aufforderung
zur Abgabe einer Einkommensteuererklärung begründet weder eine bindende
Zusage für eine fristungebundene Antragsveranlagung noch hindert sie das Enden
der Antragsfrist (vgl. BFH, Urteil vom 8. Mai 1979 VIII R 78/77, BStBl II 1979, 676;
Beschluss vom 8. September 2003 VI B 165/02, BFH/NV 2004, 42).
Entgegen der Auffassung der Kläger war auch der Antrag auf Fristverlängerung
vom 19.11.1999 nicht ausnahmsweise als Antrag auf Veranlagung zu werten.
Soweit sich die Kläger hierbei auf das Urteil des BFH vom 16. Dezember 1986 IX R
149/85 (BStBl II 1987, 338) beziehen, war dieses Urteil nach dem Ergehen der
Gesetzesänderung in § 46 Abs. 2 Nr. 8 Satz 2 EStG zum Jahre 1991 auf den
Streitfall nicht mehr anwendbar. Denn das genannte Urteil beruht maßgeblich auf
dem Umstand, dass bis zum Jahre 1991 ein Antrag auf Veranlagung - mangels
gesetzlicher Bestimmung über die Form des Antrags - nicht nur durch Abgabe
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gesetzlicher Bestimmung über die Form des Antrags - nicht nur durch Abgabe
einer Einkommensteuererklärung gestellt werden konnte. Der BFH führte in der
vorgenannten Entscheidung aus, dass Voraussetzung für die Annahme eines
Antrags auf Veranlagung lediglich sei, dass das Begehren auf Durchführung der
Veranlagung zur Berücksichtigung von Verlusten hinreichend deutlich zum
Ausdruck gekommen sein müsse, was allerdings bei einem nur allgemein
gehaltenen Antrag auf Verlängerung der Frist zur Abgabe der
Einkommensteuererklärung grundsätzlich nicht der Fall sei, außer wenn das
Finanzamt bereits im vorangegangenen Veranlagungszeitraum eine
Antragsveranlagung durchgeführt hatte und auf Grund dessen annehmen konnte,
dass auch für die nachfolgenden Veranlagungszeiträume die materiellen
Voraussetzungen für eine Antragsveranlagung gegeben sind. Ob diese
Voraussetzungen im Streitfall überhaupt erfüllt gewesen wären - da lediglich ein
allgemeiner Fristverlängerungsantrag gestellt worden war - mag dahingestellt
bleiben. Denn jedenfalls ab dem Veranlagungszeitraum 1991 und damit nach
Ergehen der genannten BFH-Entscheidung hat sich die Rechtslage dahingehend
geändert, dass nach § 46 Abs. 2 Nr. 8 Satz 2 EStG von Gesetzes wegen
vorgeschrieben ist, in welcher Form ein Antrag auf Veranlagung - nämlich
zwingend durch Abgabe einer Einkommensteuererklärung - zu stellen ist.
3.
Eine Veranlagung zur Einkommensteuer 1998 war daher nur dann noch
vorzunehmen, wenn den Klägern gemäß § 110 der Abgabenordnung - AO - wegen
unverschuldeter Versäumnis der Antragsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen
Stand zu gewähren war. Dies war nicht der Fall.
Im Streitfall bedurfte es eines Antrags auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand.
Denn Wiedereinsetzung ohne Antrag kann gewährt werden, wenn die versäumte
Rechtshandlung innerhalb der Antragsfrist - binnen eines Monats nach Wegfall des
Hindernisses - nachgeholt wird, wobei auch innerhalb der Antragsfrist die
Tatsachen vorzutragen sind, welche die Wiedereinsetzung begründen; ist letzteres
nicht geschehen, kann Wiedereinsetzung nur gewährt werden, wenn der
Wiedereinsetzungsgrund gerichtsbekannt bzw. amtsbekannt oder offenkundig ist
(vgl. BFH-Beschluss vom 7. Januar 2004 X R 38/03, juris, zu § 56 Abs. 3 FGO; BFH-
Urteil vom 17. September 1987 III R 259/84, BFH/NV 1988, 681). Daher war im
Streitfall eine Wiedereinsetzung auch ohne Antrag allenfalls dann zu gewähren,
wenn dem Finanzamt bei Abgabe der Einkommensteuererklärung am 12.04.2001
solche Umstände bekannt - amtsbekannt oder offenkundig - gewesen wären, die
bereits eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand von Amts wegen gerechtfertigt
hätten. Dies war jedoch nicht der Fall. Insbesondere begründete der Umstand,
dass die Kläger über ihren Bevollmächtigten am 19.11.1999 einen allgemeinen
Fristverlängerungsantrag bis zum 28.02.2000 gestellt hatten, keinen besonderen
Vertrauenstatbestand zugunsten der Kläger, auf Grund dessen eine Abgabe der
Einkommensteuererklärung 1998 im Falle einer Antragsveranlagung über den
31.12.2000 hinaus als unverschuldet anzusehen gewesen wäre. Denn dieser
Fristverlängerungsantrag erfolgte im vereinfachten Verfahren gemäß den
gleichlautenden Erlassen der obersten Finanzbehörden der Länder (vgl. BStBl I
1999, 152), so dass auch für die beratenen Kläger ersichtlich vom Finanzamt bei
der Bearbeitung des Antrags im vereinfachten Verfahren die Frage, ob eine Pflicht
zur Veranlagung besteht, nicht geprüft wurde oder werden musste.
Nach § 110 Abs. 1 Satz 1 AO ist auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand
zu gewähren, wenn jemand ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche
Frist einzuhalten. Der Antrag ist innerhalb eines Monats nach Wegfall des
Hindernisses zu stellen, § 110 Abs. 2 AO. Vorliegend haben die Kläger nicht binnen
eines Monats nach Wegfall des Hindernisses unter Darlegung der
Wiedereinsetzungsgründe rechtzeitig die Wiedereinsetzung beantragt. Denn
bereits mit dem Bescheid vom 17.10.2001 lehnte das beklagte Finanzamt die
Veranlagung unter Hinweis auf die verspätete Abgabe der
Einkommensteuererklärung und unter Hinweis auf die Möglichkeit eines Antrags
auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ab. Damit aber war ein etwaiges
Hindernis spätestens mit Bekanntgabe des Ablehnungsbescheides vom
17.10.2001 weggefallen, so dass die Kläger gehalten waren, binnen eines Monats
Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu beantragen. Dies haben sie jedoch nicht
getan, sondern lediglich am 19.11.2001 Einspruch erhoben. Den Antrag auf
Wiedereinsetzung in den vorigen Stand haben sie erst mit Schriftsatz vom
22.01.2002 gestellt, mithin verspätet. Die Versäumnis der
Wiedereinsetzungsantragsfrist erfolgte ebenfalls nicht unverschuldet. Eine
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Wiedereinsetzungsantragsfrist erfolgte ebenfalls nicht unverschuldet. Eine
Fristversäumnis ist verschuldet, wenn der Steuerpflichtige die gebotene und ihm
mögliche Sorgfalt bei der Fristwahrung außer Acht lässt und dadurch die Frist
versäumt, vorausgesetzt, dass er die Versäumnis hätte voraussehen können und
ihm ein anderes Verhalten zuzumuten war (BFH, Urteil vom 4. März 1998 XI R
44/97, BFH/NV 1998, 1056). Hierbei sind die besonderen Umstände des Falles und
die persönlichen Verhältnisse des Betroffenen zu berücksichtigen ( vgl. zu § 173
AO: BFH, Urteil vom 3. Februar 1983 IV R 153/80, BStBl II 1983, 324). Vorliegend
waren die Kläger durch einen rechtskundigen, berufsmäßigen Bevollmächtigten
vertreten, dem gegenüber auch der Ablehnungsbescheid vom 17.10.2001 mit
einem Hinweis auf die Möglichkeit, einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den
vorigen Stand zu stellen, bekanntgegeben wurde. Diesem musste daher auch
bekannt sein, dass ein etwaiger Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand
binnen eines Monats zu stellen war. Insoweit erfolgte die Versäumnis der Frist zur
Beantragung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht unverschuldet und
war den Klägern nach § 110 Abs. 1 Satz 2 AO zuzurechnen.
Auch ungeachtet des Umstandes, dass bereits der Antrag auf Wiedereinsetzung in
den vorigen Stand schuldhaft verspätet gestellt worden war, wäre im Streitfall eine
Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen des Versäumnisses der Frist zur
Beantragung einer Veranlagung auch nicht in Betracht gekommen. Denn insoweit
erfolgte diese Fristversäumnis ebenfalls nicht unverschuldet. Denn den durch
einen berufsmäßigen Vertreter vertretenen Klägern hätte auf Grund des
eindeutigen Wortlauts des § 46 Abs. 2 Nr. 8 Satz 2 EStG bekannt sein müssen,
dass die Berücksichtigung eines Verlustes nach § 17 EStG im Rahmen der
Einkommensteuerveranlagung 1998 nur dann in Betracht kommt, wenn
rechtzeitig, d.h. bis zum Ablauf des Jahres 2000 eine Steuererklärung eingereicht
würde. Da die Kläger bereits mit Schriftsatz vom 22.09.2000 eine Berücksichtigung
des Verlustes nach § 17 EStG im Jahre 1998 zumindest ernsthaft in Erwägung
gezogen hatten, musste sich ihnen auch aufdrängen, dass die Berücksichtigung
eines solchen Verlustes im Rahmen einer Einkommensteuerveranlagung des
Jahres 1998 zwingend eine Antragsveranlagung erfordert und daher der Antrag
rechtzeitig durch Abgabe einer Einkommensteuererklärung zu stellen war. Auch
wenn es für die Kläger - trotz der von ihnen zitierten einschlägigen Entscheidung
des Bundesfinanzhofs vom 25.01.2000 - damals noch unklar gewesen sein sollte,
ob der Verlust tatsächlich im Jahre 1998 zu berücksichtigen ist, war diese
Unklarheit im Ergebnis nicht ursächlich für die Versäumnis der Antragsfrist. Denn
insoweit war für die steuerlich beratenen Kläger im Hinblick auf die Regelung des §
46 EStG ersichtlich, dass ein Verlust im Rahmen der
Einkommensteuerveranlagung 1998 - wenn überhaupt - nur im Wege eines
fristgebundenen Antrags auf Veranlagung zu berücksichtigen war. Da sie bereits
im September 2000 ernsthaft erwogen haben, dass der Verlust im Jahre 1998 zu
berücksichtigen sein könnte, waren sie daher unter Beachtung der ihnen
obliegenden Sorgfaltspflicht gehalten, rechtzeitig eine Einkommensteuererklärung
1998 bis zum 31.12.2000 beim Finanzamt einzureichen.
Auch das Schreiben des Finanzamts A vom 08.11.2000 war nicht geeignet, einen
etwaigen Vertrauenstatbestand gegenüber den Klägern hinsichtlich einer über den
31.12.2000 hinausgehenden Möglichkeit der Stellung eines Antrags auf
Veranlagung zu begründen. Denn in diesem Schreiben wurde lediglich im Hinblick
auf das Schreiben der Kläger vom 22.09.2000 gebeten, die
Einkommensteuererklärung binnen 6 Wochen - und mithin noch im Jahre 2000 -
einzureichen.
Mithin war den Klägern wegen der Versäumnis der Antragsfrist zur Abgabe der
Einkommensteuererklärung 1998 keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu
gewähren. Das Finanzamt hat auch nicht verfahrensfehlerhaft die beantragte
Veranlagung abgelehnt, da es im Einspruchsverfahren die Frage einer etwaigen
Wiedereinsetzung in den vorigen Stand geprüft hat.
Daher war die Klage abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.
die obersten Bundesgerichte erfolgt.